1881 / 281 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 30 Nov 1881 18:00:01 GMT) scan diff

Die Ausstellung steht unter dem Schuße des Staates und genießt die Unterstüßung der Stadt Bordeaux und der dortigen Handelskammer.

Nach einer Cirkularversügung des Finanz-Ministers vom 25. d. M. unterliegen sogenannte Abstimmungs- (Post-) Karten folgenden Jnhalts :

1) Per ultimo dieses Monats

Von Ihnen abzunehmen : Stck A Kredit-Aktien

E L Franzosen E Lombarden (u. ; w.) Abgeschlossen inkl E cr. h : Falls obige Aufstellung niht genau mit Ihren Büchern stimmt, ersuben um sofortige Nachricht. Mit Achtung (Unterschriften.)

2) Berlin, Datum des Poststempels. Der Saldo unserer Differenzen per ultimo dieses Monats be- trägt nah unsern Büchern A. zu unsern Gunsten. Wir

werden uns erlauben , falls Sie niht umgehend reklamiren, diesen Betrag am Zahlungstage per Kassenverein von Ihnen einzu- ziehen. Achtungsvoll

(Unterschriften.)

der Stempelabgabe nah Tarifnummer 4b. des Reichsgeseßes vom 1. Zuli d. Js.

Bei der Majestätsbeleidigung finden, nah einem Urtheil des Reichsgerichts, 11. Strassenats, vom 4. Okto- ber d. J., die Strafausschließungsbestimmungen der §8. 193 und 194 des Strafgesezbuches, nah welchen bei Beleidigungen die Wahrnehmung berechtigter Jnteressen durch herabwürdi- gende Aeußerungen die Strafbarkeit derselben aus\chließt und

St(ck. . Stck. . Stck..

| Ihnen zu liefern: j |

und

der Mangel eines Strafantrages eine Strafverfolgung über- |

haupt ausschließt, keine Anwendung. Durch dasselbe Urtheil hat das Reichsgeriht au ausgesprochen, daß die wahrheits- getreue Zeitungsberichhterstattung über eine öffent- lihe Gerihtsverhandlung in einer Beleidigungssache niht ohne Weiteres die Verfolgung des Redacteurs wegen Beleidigung der in der Strassache als Beleidigter figuriren- den Person ausschließt; Sache des Redacteurs ist es daher, im einzelnen Falle zu erwägen, ob die öffentliche Wiedergabe der Beleidigung von Seiten eines Anderen eine neue Belei- digung des Betreffenden begründet, und dies wird insbeson- dere dann der Fall sein, wenn ohne jeden sonst ersichtlichen rechtsertigenden Zweck die Beleidigung selbst ihrem {hwer ver- LeYERDEN Wortlaute nach in die Publikation mit aufgenommen wird.

Der Disziplinarhof für nihtrihterlihe Be- amte trat heute zu einer Sißung zusammen.

E Ca o E T S A

S. M. Kanonenboot „Wolf“, 4 Geshüße, Komman-

dant Korvettenkapitän Strauch, ist am 3. Oktober cr. in New- hwang eingetroffen.

Sachsen. Dresden, W. November. (Dr. J.) Jn der heutigen Sißung der Zweiten Kammer, wurden die Kapitel 108 und 109 des ordentlihen Staatshaushaltsetats, Wartegelder, Pensionen und außerordentliche Unterstüßungen betreffend, in der geforderten Höhe von 53536 # bezw. 2 795 260 6 Zuschuß einstimmig bewilligt. Ebenso geneh- migte die Kammer den in Titel 4 des außerordentlichen Staatshaushalisetats zur Vervollständigung des Transport- materials bei den Staatseisenbahnen etatisirten Betrag von 1 003 390 M ohne Abstrih. Hierbei wurde vom Abg. Bebel die Einführung des \{chweizerish-amerikanishen Wagensystems E N N aus Gründen der Bequemlich- eit der Reisenden und der Verminderung der Berufsgefahren der Schaffner angeregt, vom Staats-Minister Freiherrn von Könneriy und den Abgg. Uhlemann, Philipp, Kirbach u. A. die gegen diese Einrihtung sprehenden Argumente gel- tend gemacht und der Wunsch ausgesprochen, das gegen- wärtige Coupésystem beizubehalten. Die nächste Sißung findet am Donnerstag statt.

Baden. Baden-Baden, 29. November. (W. T. B.) Nach dem heute veröffentlihten Bulletin macht die Genesung des Gr 00e rzogs nicht unerhebliche Fortschritte. Der Appetit ist recht befriedigend. Der Großherzog kann reihlihere Kost gut vertragen. Nachts, und mitunter auch am Tage machen ih noch rheumatish-neuralgishe Schmerzen im linken Bein bemerkbar, welche indessen stets bald wieder vershwinden. Die Kräfte nehmen langsam aber stetig zu. Der Großherzog konnte {hon wiederholt des Nachmittags einige Stunden auf dem Ruhebette im Nebensalon zubringen.

1A Up R T N S DP E 0A ° Hessen. Darmstadt, 28. November. (Cöln. 9 Die Frage der Erbauung von Sekundärbahnen, welche auf dem vorigen Landtag durch eine Reihe von Anträgen aus den drei Provinzen angeregt worden ist, bildet jeitdem unausgeseht bei der Regierung den Gegenstand eingehendster Prüfung und wird in nicht ferner Zeit zu einer an die Stände gelangenden Vorlage führen. Es soll dabei zunähst nur versuchsweise, d. h. in dem Sinne vorgegangen werden, daß für jede der Provinzen vorerst nur eine Linie, welhe vorher rücksihtlih ihrer Rentabilität einer genauern Berehnung unterworfen worden ist, zur Auéführung vorgeschlagen wird. Die Beschluß- fassung bezüglich demnächst weiter auszuführender Linien bleibt der Zukunft vorbehalten. Aller Wahrscheinlichkeit nah wird die Regierung bei den eben erwähnten Bruce mnen den Bau auf Staatskosten empfehlen, und da die desfallsigen Kosten nicht unerheblich uno aus den bereiten Mitteln des Staates nicht zu bestreiten sind, so sollen die veranschlagten Summen durch Benußung des Staatskredits aufgebracht werden.

Elsaß - Lothringen. Straßburg, 28. November. (Els.-Lothr. Ztg.) Dur Ministerialerlaß vom 18. d. M. wird das Ober-Konsistorium der evangelishen Kirche Augsb. Konf. auf den 6. Dezember d. J. und die folgenden Tage zu seiner ordentlichen Jahressession von 1881 zusammen- berufen. Tagesordnung: 1) Prüfung der stattgehabten Wah- len zur theilweisen Erneuerung des Ober - Konsistoriums. 2) Generalberiht des Direktoriums. 3) Bericht des Direkto- riums über die tres der geistlihen Jnspektoren. 2 Vorlage der Rehnungen und Budgets der Stiftungen

t. Thomä und Hohe Schule pro 1880,81. 5) Entwurf einer Klassifizirung der Pfarreien. 6) Wahl einer Finanz- kommission. 7) Wahl cincs Mitgliedes des Direktoriums.

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Oesterreich-Ungaru. Wien, 29. November. (W. T. B.) Die „Wiener Abendpost“ \{hreibt: Die erfreulichsten Nach- rihten, welhe heute vörliegen, sind jene über die in dem Be- finden des Kaiser s Wilhelm eingetretene Besserung, welche dem greisen Monarchen bereits wieder gestattete, eine Spazier- fahrt zu unternehmen. Die bezüglichen Berichte find um so willkommener, als sie beweisen, daß die Besorgnisse, welchen verschiedene Blätter in den leßten Tagen in Folge vager und ungünstiger Meldungen Ausdruck zu geben si veranlaßt sahen, glücklicher Weise unbegründet waren.

Großbritannien und Jrland. London, 29. November.

(W. T. B.) Das Parlament ist auf den 7. Februar 1882 |

einberufen worden. :

30. November. (W. T. B.) Michael Boyton, der vor einiger Zeit wegen seiner Thätigkeit bei Organisation der Landliga gefançen geseßt worden war, ist seiner mißlichen Gesundheit halber wieder auf freien Fuß geseßt worden. Jn der Grafschaft Limerick ist ein Massenstrike gegen die Bezah- lung der Pachtgelder organisirt worden, und stehen in Folge dessen gegen 300 Exmissionen von Pächtern bevor.

(Allg. Corr.) Bei den am leyten Freitag in allen irishen Städten stattgehabten Munizipalraths- wahlen haben im Allgemeinen die gemäßigteren An- \hauungen huldigenden - Kandidaten über die von den Landligisten aufgestellten gesiegt. Namentlich war dies in Cork der Fall, wo die Landligisten fast in jedem Bezirke--unterlagen.- Jn Dragheda ward der Bürgermeister von einem in Hast befindlihen „Verdächtigen“ besiegt, während in Dublin die Liberalen erfolgreih waren und die Munizipalräthe erseßten, welhe gegen die Verleihung des Ehrenbürgerréechtes an-Parnell und Dillon gestimmt hatten.

Frankreich. Paris, 29. November. (W. T. B.) Die Gruppe der „Union républicaine“ des Senats hat sich für eine Revision der Verfassung ausgesprochen. Die Kommission für die Berathung des französis ch- italienishen Handelsvertrages hat beschlossen, die Annahme des Vertrages ohne jede Modifikation zu empfehlen, und wird ihren Bericht am Donnerstag vorlegen. Der Fisenbahnverkehr zwishen Ventimiglia und Bor- dighera ist in olge von UÜebershwemmungen unter- brochen ; eine Brücke is eingestürzt. i

Nachrichten aus Tunis zufolge, ist eine französische Kolonne in Nefta, an der Südgrenze von Tunis, ange- kommen und hat daselbst proklamirt, daß Frankreich das Protektorat übernehme und die Anhänger Frankreihs, welche E den Ausständischen geplündert worden, schadlos halten werde. i

29. November, Abends. (W. T. B.) Jules Simon hat die Leitung des Journals „Gaulo is“ übernommen. Jn seinem heute veröffentlichten Saa spricht sich Simon gegen eine Revision der Verfassung aus und verlangt Ge- wissensfreiheit und Religionsfreiheit. Er will nicht, daß man eine antiklerikale Jntoleranz an Stelle der klerikalen Jntole- ranz seße; die Partei, welche die Freiheit für Alle in dieser Beziehung wolle, sei für die Jnteressen der Republik die an- gemessenste. Das Journal „Le Siècle“ bestätigt, daß der KultussMinister einen Geseßentwurf vorbereîte, durch welchen die Beziehungen zwischen Kirhe und Staat geregelt werden. Der Entwurf nehme als Basis das Konkor- dat und die organischen Artikel und beseitige den Boden der Erklärung vom Jahre 1692 sowie die seit 1802 cingeführten Geseße und Dekrête, durch welhe die Privilegien der Kirche vergrößert wurden.

Türkei. Konstantinopel, 29. November. (W. T. B.) Der italienishe Botschafter Graf C orti überreichte heute dem Sultan das Collier des Annunciaten-Ordens. Eine amtliche Depesche erklärt die Nachricht von dem Auf- treten der Pest in der Umgegend von Erzerum für unbe- gründet. i

Die gesirige Delegirtensißung der Bond- holders beschäftigte sich mit der Frage der Tabakregie. Server Pascha erklärte, die Pforte lasse die Regie im Prin- zipe zu, ohne sich jedo zu verpflichten, das beantragte Regie- projekt anzunehmen, das die Pforte mit dem Administrations- rathe der Bondholders berathen wolle. Außerdem erklärte Server Pascha, die Pforte werde den Bondholders, mit Aus- nahme des zur Vervollständigung der den Titelbesißern huldigen 800 000 Pfund nothwendigen Theilbetrages, keinerlei Antheil an dem Erträgnisse der Regie gewähren. Die euro- päischen Delegirten lehnten einstimmig leßtere Erklärung ab, da diese Beschränkung die Rechte der Titelbesißzer berühre und behielten sich die Ablehnung in der nähsten Sißung zu be- gründen vor. Die Kommission beschloß, daß der Maximal- werth für die behufs Amortisirung zurückzukaufenden Titel während der Zeit, wo die Verzinsung zu 1 Proz. erfolge, mit 50 bis 60 Proz. festgestellt werde.

Numänien. Bukarest, 29. November. Das amtliche Blatt veröffentlicht die Ernennung von[Pherekides zum ru- mänischen Gesandten in Paris.

Bulgarien. Sofia, 8. November. (Wien. Z.) Die unter dem Vorsize des Exarchen stattgehabte bulga- rishe Synode beschloß, daß der niedere Klerus in Hin- kunft von der Regierung oder von den Gemeinden besoldet werden solle. Jn Folge dieses Beschlusses erwägt der Kultus- Minister die Mittel, um diese Maßregel auch auf den niederen muselmännishen Klerus auszudehnen. Der diplomatische Agent Oesterreich-Ungarns reiherr von Biegeleben wird dem Fürsten Mittwoch seine Kreditive überreichen.

Schweden und Norwegen. Stockholm , 25. November. (Hamb. Corr.) Die Landesvertheidigungskommission dürfte in diesen Tagen die Frage der Kosten des neuen etre dye r wege entscheiden. Jedoch stehen noch ehr lebhafte Debatten zu erwarten, bevor es zu einem desi- nitiven Beschlusse kommt. Die militärishen Mitglieder der Kommission sind aufgefordert worden, ihr leytes Wort in Betreff des Kostenbetrages, bis zu welchem sie im äußersten Falle gehen würden, zu sagen. Nach eingehender Erwägung erklärten dieselben, daß der ursprüngliche Kostenanschlag von 271/z Millionen Kronen um etwa 1 Million würde re ujirt werden können. Ein Theil der solcherweise beantragten Ver- änderungen und Reduktionen wurde von der ajorität des Ausschusses gut geheißen , dagegen aber fand man es niht zweckmäßig, die für die Wehrpflichtigen wäh- rend der Uebungszeit beantragte Löhnung von 20 Oere per Tag auf 10 Oere oder die Tagegelder für die beiden ersten

Stammklassen von 40 auf 30 Oere zu reduziren. Jn Folge dessen und um andere mögliche Reduktionen ausfindig zu

machen, durch welche eine Million erspart wird, welches Er- sparniß das Centrum der Kommission absolut verlangt, ist der Entwurf nochmals dem Aus\{huß überwiesen worden. Man hof, daß zwischen den militärishen Mitgliedern und dem Centrum eine Vereinbarung erzielt werden wird, und würde si in solchem Falle eine Majorität von 19 Stimmen ergeben, denen eine Minorität von 6 Mitgliedern, nämlich die Herren C. Jsoarsson, Hedlund, Sven Andreasson, Liss Olof Larsson, C. À. Larsfon und Ola Andersson, gegenübersteht, die nur 24—241/, Mill. Kronen bewilligen will. Für die leßtge- nannten Herren erübrigt dann nur eine Reservation, und diese wird auch sicher erfolgen.

Dänemark. Kopenhagen, 29. November. (W. T. B.) Der Reichstag ist heute wieder zusammengetreten. Die Budget- vorlage weist in Einnahmen 49 886 000, in Ausgaben 52 501 000 Kronen auf.

Neichstags- Angelegenhcite:

Definitives Nahwahlresultat nah Meldung des „W. T. B.“ Reg.-Bez. Hessen. : Worms. Abgegeben 12345 Stimmen, davon für Prof. Dr. D rquardsen (natlib.) 7350, für Dr. Ebner Fortschr.) 4946 immen.

Wolfenbüttel, 29. November. (W. T. B.) Der Reichstags- Abgeordnete Gymnasial-Direktor von Heinemann ist gestorben.

Die VI. Kommission des Reichstags zur Vorberathung des Entwurfs eines Gesetzes, betreffend den Beitrag des Reichs zu den Kosten des Anschlusses der freienund Hansestadt Hamburg an das deutsche N a hat sich wie folgt, konstituirt: Dr, Bamberger, Vorsißender, Dr. Reichensperger (Olpe), Stellver- treter des Vorsißenden, Dr. Barth, Schriftführer, Graf von Adel- mann, Stellvertreter des Schriftführers, Graf von Behr-Negendank, Büsing, Dr. Hänel, Dr. Karsten, von Kleitßz-Reßow, Dr. Lasker, Leu\schner (Eisleben), Meier (Bremen), Dr. Meyer (Jena), Freiherr von Minnigerode, Sandtmann, Dr. Schwarzenberg, Dr. Freiherr von Schorlemer-Alst, Staudy, Graf von Waldburg-Zeil, Freiherr von Wangenheim, Dr. Windthorst.

Zufolge der Bestimmung im §. 28 Absatz 2 des Gesetzes gegen die gemeingefährlihen Bestrebungen der Sozialdemokratie vom 21. Oktober 1878 ist dem Reichstage über die Anordnungen Rechenschaft zu geben, welche von der Königlich preußischen Regierung auf Grund des ersten Absaßes des §. 28 a. a D. unter dem 25. d. M. mit Genehmigung des Bundesraths getroffen worden sind.

Demgemäß ist dem Reichstag folgende Darlegung zugegangen:

Das Königlich preußische Staats-Ministerium hat auf Grund des 8. 28 des Geseßes gegen die gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie vom 21. Oktober 1878 mit Genehmigung des Bundesraths für die Stadt Berlin und die angrenzenden Bezirke dieselben Anordnungen, welche am 28. November 1878 getroffen und am 28. November 1879, fowie am 27. November 1880 erneuert worden waren, mittelst der in der Anlage beigefügten Bekanntmachung A November d. J. auf die Dauer Eines Jahres von Neuem erlassen.

Diese Anordnungen, welhe in Nr. 277 des „Reichs-Anzeigers“ und auf die für landespolizeiliche Verfügungen vorgeschriebene Weise publizirt worden sind, rechtfertigen sih durch die Erwägung, daß die den vorgedachten Gebietstheilen durch die \ozialdemokratischen Be- strebungen drohende Gefahr für die öffentlihe Sicherheit auh jeßt keîneswegs als beseitigt zu erachten ist.

In der Motivirung der von dem Königlich preußischen Staats- Ministerium für die Städte Harburg und Altona, sowie deren Um- gebungen auf Grund des §. 28 des Gesetzes vom 21. Oktober 1878 getroffenen Maßregeln is bereits darauf hingewiesen worden, daß die \ozialdemokratishe Bewegung in Deutschland os der sie hemmenden Wirkungen des gedachten Geseßes weder an Umfang noch an Stärke eine erhebliche Einbuße erlitten hat, sondern nur in gewisse Schranken gebannt und insbesondere mehr aus der Oeffentlichkeit zurüd-

gedrängt ift. i SFnzwischen baben auc die leßten Neichstagswahlen einen neuen

Beweis dafür geliefert, daß die Organisation der Partei durch die er-

griffenen Beapregein keineswegs wirksam durchbrochen ift. ;

Die Verhandlungen in dem unlängst vor dem Reichsgericht zu Ende geführten Hochverrathëprozeß haben ferner ersehen lassen, daß die hauptsählich von dem Auslande ausgehenden agitatorischen Be- strebungen der ertremen Partei in Deutschland bereits erheblichen An- klang gefunden haben.

Die Beschlüsse des sozialrevolutionären Londoner Kongresses sind feinc8wegs nur theoretisher Natur geblieben, sondern ihre Ausführung wird bereits vorbereitet. Es werden Vorlesungen über die Anfertigung und Anwendung von Explosivstoffen veranstoltet, Berathungen wegen Beschaffung größerer zu Agitationszwecken bestimmter Geldmittel ge- pflogen und zahlreiche Emissäre insbesondere auch nah Deutschland auêgesendet und zwar behufs Bildung geheimer Zirkel und Begehung von Gewaltthaten bei sich darbietender günstiger Gelegenheit. In einer vor kurzer Zeit abgehaltenen gemeinsamen Sißzung des Londoner Propagandistenklubs und des omi wurde mit TelTteiguas konstatirt, as die Bildung revolutionärer Klubs und die Verbreitung von Flugschriften überall erhebliche Fort- {ritte macbe, daß bedeutende Geldmittel zur Verfügung stehen und ein großer Vorrath von Erxplosivstoffen bereits vorhanden sei.

Neuerdings hat au der bekannte Agitator Hasselmann wieder Verbindungen mit Europa angeknüpft, Gelder na London geschickt und vorgeschlagen, hierfür Höllenmaschinen zu beschaffen. _ E

Die auf dem internationalen Kongreß zu Chur gefaßten Re!o- lutionen der sogenannten gemäßigten Darhes in welchen beispielswet]e den russishen revolutionären Sozialisten die vollste Sympathie des Kongresses ausgedrückt wird und die wiederholte Hinweisung auf die Revolution als legitimes Kampfmittel gegen die bestehende Staats- und Gesellshaftsordnung enthalten ist, beweisen die nahe Verwandk- haft der Mostshen und Bebel-Liebknehtshen Richtung.

Die Rückwirkung dieser allgemeinen Entwickelung der Bewegung auf die Hauptagitationszentren trat besonders auch in Berlin und Umgegend zu Tage. Die Berliner Sozialdemokratie ist noch_ immer in der in den früheren Begründungen geschilderten Weise fest orga- nisict und hat sich ihre Beziehungen zu der Parteileitung fortwäh- rend zu erhalten verstanden, wie hinsichtlih der Anhänger der extremen Partei in Nr. 12 der „Freiheit“ ausdrücklich bezeugt wird. Mag auch zeitweise ein gewisser Mangel an befähigten leitenden Kräften in Berlin selbst si Kiblbar maden, so ist diese Erscheinung einerseits do nur eine vorübergehende und andererseits bei der Disziplin, an welche die Parteigenossen dur langjährige Uebung gewöhnt sind, auch nur von untergeordneter Bedeutung. :

Aus der Thatsache, daß bei den leyten Reichstagswahlen bedeu- tend weniger Stimmen für sozialdemokratishe Kandidaten abgegeben sind, als im Jahre 1878, darf auf einen dauernden Rückgang der Partei in Berlin nit ges{lossen werden, weil fih ein großer heî der Anhänger von Most, der aus London gegebenen Weisung getreu, der Wahl enthalten haben. Im Gegentheil beweist die außerordent- lie Rührigkeit, mit welber die Vorbereitungen zur Wabl und int“ besondere zu den engeren Wahlen von der Sozialdemokratie etroffen worden sind, und die troy aller Beschränkungen erzielten 2 esultate in zwei Wahlkreisen, daß an cin Zurükgehen der Bewegung vor der Hand nit zu denken ist. j L

Die im Auslande erscheinenden deutschen Parteiblätter und # lug schriften des aufreizendsten Jnhalts werden nah wie vor nach V rlin eingeführt. Auf die versbiedenste Art und Weise, zum Beispie: durch Verpackung in Kinderspielzeug, in unverdächtigen Zeitungen u. ]. w-

Kongreß-Exekutivkomités

versubt man, denselben ungehinderten Eingang zu verschaffen. Grö- ßere Quantitäten dieser Druckschriften wurden insbesondere in der ersten Hälfte dieses Jahres in Berlin und Umgegend mit Beschlag belegt. Ein Theil der Exemplare des auf Grund des Sozialisten- esetzes verbotenen Flugblatts „Neujahrsgruß“ erwies \ich als in Berlin gedruckt. L

Es werden jeßt wie früher Geldsammlungen zur Förderung der Parteibestrebungen theils im Geheimen von Hand zu Hand, theils öfentlih unter dem Vorwande der mannigsahsten unverdächtigen Zwecke veranstaltet.

Wiederholt mußte zur Auflösung öffentliher Versammlungen wegen der in denselben zu Tage tretenden, unter den §. 1 des Gesetzes vom 21. Oktober 1878 fallenden sozialdemokratishen Bestrebungen geschritten werden, und zwar betrafen diese Auflösungen mehrfah Versammlungen anderer Parteien, in welche Sozialdemokraten - sich eindrängten, um ihre Grundsäße zu entwickeln und ihren eigenen Kandidaten zu proklamiren.

Ein Einschreiten gegen Vereine und Kassen auf Grund der 88. 1—3 des -Geseßes vom 21. Dftober 1878 hat sich zwar in dem verflossenen Jahr nicht als erforderlih erwiesen, dagegen hat bezüglich einer erst in diesem Jahre gegründeten hiesigen Hülfs-Kranken-Unter- \tüßungskafse, deren Mitglleder und Vorstand zum größten Theil der sozialdemokratishen Partei angehören , eine besondere Kontrole ange- ordnet werden müssen. i

Auch in der letzten Periode des Ausnahmezustandes sind Aufent- haltsversagungen nicht zu vgrmeiden gewesen. Troßdem haben, wie in zweifelloser Weise festgestellt ist, zur Besprechung wichtiger Partei- angelegenheiten nah wie vor Zusammenkünfte der Parteileiter inner- halb und außerhalb Berlins in zahlreichen &allen stattgefunden.

Bei dieser Sachlage und bei der aus derselben fh ergebenden prf der Gefahr für die öffentlicbe Sicherheit konnte auf die ernere Anwendung aller zulässigen Mittel der Abwehr und der Sicherung für Berlin und seine Mugerung, insbesondere auf den wiederholten Erlaß der in §. 28 des Geseßes vom 21. Oktober 1878 vorgesehenen Anordnungen nicht verzichtet werden.

In Betreff der vorläufigen Einschränkung dieser Maßregeln auf die Pans und auf gewisse Beschränkungen hinsichtlich des Tragens und des Besißes von Waffen, sowie in Betreff der ein- jährigen Zeitdauer und der Ausdehnung der Anordnungen auf die Umgebung Berlins wird auf die bezüglichen auch für die in Rede stebende Verlängerung des Ausnahmezustandes zutreffenden Ausfüh- rungen des Rechenschaftsberichts für die Periode 1878/79 mit dem Hinzufügen Bezug genommen, daß sich das Gel- inngsgebiet in seiner bisherigen Ausdehnung als zweckmäßig abge- grenzt erwiesen hat und daß die Vorausseßungen des §. 28 des Ge- 1e vom 21. Oktober 1878 für Verhängung der Ausnahmemaßre- geln nah wie vor hinsichtlih des gesammten in der Bekanntmachung vom 25, November d. J. bezeichneten Bezirks bestanden haben.

Landtags- Lngelegenheiien.

Im 2. Stralsunder Wahlbezirk ist an Stelle des zum Landrath ernannten Grafen von Behr - Behrenhoff der Professor Dr. Bierling zu Greifswald mit 185 gegen 148 Stimmen, welche der Professor Dr. Susemihl zu Greifswald erhalten hat, zum Mit- gliede des Hauses der Abgeordneten gewählt worden.

Statistische Nachrichten.

Der Uebersicht über die Zahl der bei dem Land heere und bei der Marine in dem Etats3jahre 1880/81 eingestellten preußi- {chen Mannschaften mit Bezug auf ihre Schulbildung ent- nehmen wir nach dem „Centralbl.“ folgende Daten: 1) Provinz Ostpreußen: Es wurden Rekruten eingestellt beim Landheere mit Schulbildung in der deutschen Spr che 6026, nur in der nicht- deutshen Muttersprahe 583, zusammen 6609, ohne Schulbildung 501 (7,05 %/6) überhaupt 7119 Mannschaften; bei der Marine mit Sqgulbildung in der deutschen Sprache 253, nur in der niht- deutshen Muttersprahe 29, zusammen 282; ohne bildung 22 (7,24 9/0), überhaupt Mannschaften 304. 2) Pro- vinz Westpreußen: Es wurden eingestellt Mannschaften bei dem Landheere mit Schulbildung in der deutschen Sprache 4192, nur in der nichtdeutschen Muttersprahe 506, zusam- men 4698, ohne Schulbildung 465 (9,01 /.), überhaupt 5163; bei der Marine mik Schulbildung in der deutshen Sprache 229, nur in der nihtdeutshen Muttersprache 11, zusammen 240; ohne Schul- bildung 11 (4,38 9/0), überhaupt 251. 3) Provinz Brandenburg: Es wurden eingestellt an Mannschaften bei dem Landheere mit Schulbildung in der deutshen Sprache 8733, nur in der nichtdeutschen Muttersprache 6, zusammen 8739, ohne Schulbildung 28 (0,32 %/o), überhaupt 8767; bei der Marine mit Schulbildung in der deutshen Sprache 101, ohne Schulbildung 0; überhaupt 101. 4) Provinz Pommern: Es wurden eingestellt Mannschaften beim Landheere mit Schulbildung in der deutschen Sprache 5262, nur in der nihtdeutschen Aer rae 4, zusammen 5276, ohne Schul- bildung 24 G Le überhaupt 5290; bei der Marine mit Schul- bildung in der deutschen Sprache 553, ohne Schulbildung 1 (0,18'//), überhaupt 554. 5) Provinz Posen: Es wurden eingestellt Mann- schaften beim Landheere mit Schulbildung in der deutshen Sprache 3395, nur in der nihtdeutshen Muttersprache 2295, zusammen 5690, ohne Schulbildung 628 (9,94 /o), überhaupt 6318; bei der Marine mit Schulbildung in der deutschen Sprache 30, nur in der nicht- deutschen Muttersprache 8, zusammen_38, ohne Schulbildung 6 (13,65 9%), überhaupt 44. 6) Provinz Schlesien: Es wurden ein- gestellt Mannschaften im Landheere mit Schulbildung in der deutshen Sprache 11 581, nur_in der nichtdeutscben Muttersprache 2827, zusammen 14 408, ohne Schulbildung 346 (2,35 9%), überhaupt 14 754 ; bei der Marine mit Schulbildung in der deutshen Sprache 193, nur in der nihtdeutshen Muttersprache 14, zusammen 207, ohne Sculbildung 2 (0,96 9/9), überhaupt 299. 7) Provinz Sachsen: Es wurden eingestellt Mannschaften im Landheere mit Sculbildung in der deutshen Sprache 7393, ohae Schulbil- dung 21 (0,28 9/0), überhaupt 7414; bei der Marinemit Schulbildung in der deutsden Sprache 93, ohne Schulbildung 0 (0,00 %/), überhaupt 93. 8) Provinz Schleswig - Holstein: Es wurden eingestellt Mannschaften im ‘Landheere mit Schulbildung in der deutshen Sprache 3324, nur in der nichtdeutschen Muttersprache 67, zusammen 3391, ohne Schulbildung 8 (0,23 °/6), überhaupt 3399; bei der Marine mit Schulbildung in der deutshen Sprache 368, ohne Schulbildung 1 (0,27 9/9), überhaupt 369. 9) Provinz Hannover: Es wurden eingestellt Mannschaften im Landheere mit Schulbil- dung in der deutshen Spracbe 6843, nur in der nihtdeutscen Muttersprache 1, paatts 6844, ohne Schulbildung 28 (0,41 °%/), überhaupt 6842; bei der arine mit Schulbildung in der deutshen Sprache 276, ohne Sc{ulbildung 1 (0,36 9%), über- haupt 277. 10) Provinz Westfalen: Es wurden einge- slelt Mannschaften im Landheere mit Schulbildung in der deutschen Sprache 6228, nur in der nihtdeutscen Muttersprache 5, zusammen 6233, ohne Sculbildung 38 (0,61 %%/), überhaupt 6271, bei der Marine mit Schulbildung in der deutschen Sprahe 82, ohne Sculbildung 0 (0,00 ‘/6), überhaupt 82. 11) Próvinz Hessen-Nnassau: Es wurden eingestellt Mannschaften im Landheere mit Schulbildung in der deutshen Sprache 5208, nur in der nichtdeuts{ben Muttersprache 2, zusammen 5210 ohne Schulbildung 12 (0,23 ‘/»), überhaupt 5222; bei der Marine mit Schulbildung in der deutshen Sprache 61, ohne Sculbildung 0 (0,00 9%), überhaupt 61, 12) Provinz Rheinprovinz: Es wurden Iingestellt Mannschaften beim Landheere mit Schulbildung in der deutschen Sprache 12 285, und in der nihtdeutsden Muttersprache 21, zusammen 12 306, ohne Schulbildung 28 (0,23 °/o), überhaupt 12 334; bei der Marine mit Schulbildung in der deutschen Sprache 149, ohne Schulbildung 1 (0,66 %/o), überhaupt 150. 13) Provinz Hohen- ¿ollern: Es wurden eingestellt Mannschaften: im Landheere mit

Schulbildung in “der déutschen Sprache 255, ohne Schulbildung 0 (0,00 9/0), überhaupt 255; bei der Marine mit Schulbildung in der deutschen Sprache 4, ohne Schulbildung 0 (0,00 °/6), - über- haupt 4. In der ganzen preußischen Monarchie wurden 1880/81 Mannschaften eingestellt mit Schulbildung 89 466, ohne Schulbildung 2172 E 9%), N L E rfe f

Das Herzoglich anhaltische statistishe Bureau hat Nr. 29 und 30 seiner „Mittheil un gen“ veröffentliht. Die- selben berihten über die Ernte-Erträge im Herzogthum Anhalt im Jahre 1879 und über den prozentualen Durhschnittsertrag in den einzelnen Kreisen daselbst während der angegebenen Zeit, stellen sodann eine Vergleicung zwischen den Grnte-Erträgen der wichtigeren Fruchtarten in den Jahren 1878 und 1879 an und melden {ließlich die Srnte-Grträge der wichtigeren Frubtarten im Jahre 1880 daselbst. Außerdem. geben diese beiden Veröffentlihungen Nachricht über die Eheschließungen, Geburten und Sterbefälle im Herzogthum Anhalt in den Jahren 1875—79, sowie über das definitive Ergebniß der Volkszählung am 1. Dezember 188 im H erzdatdiunt An- halt und ort8anwesende Bevölkerung daselbst zuu der angegebenen Zeit, nah der Staatsangehörigkeit unterschieden. Diesen fstatistishen Mittheilungen über das Herzogthum Anhalt entnehmen wir nachfolgende Daten: Am 1. De- zember 1880 befanden sich im genannten Herzogthum 268 unbewohnte und 29 757 bewohnte Wohnhäuser, sowie 43 sonstige Wohnstätten ; ferner 52 381 Haushaltungen. Die orts8anwesende Bevölkerung be- trug daselbst zu der angegebenen Zeit 115079 männl. und 117 513 weibl. Personen, zusammen 232 592 Pers, (am 1. Dezember 1875 213 565 Pers, es fand sona seit 1875 eine Zunahme von 19 027 Pers. oder von 8,9 % ftatt.) Von dieser ortsanwesenden Bevölkerung am 1. Dezember 1880 waren ledig 68 241 männl. und 64 613 weibl, zus. 132 854 Pers. ; verheirathet 43286 männl. und 42 612 weibl, zus. 85 898 Pers. ; verwittwet 3439 männl. und 10016 weibl., zus. 13 455 Pers.; geschieden 113 männl. und 272 weibl, zus. 385 Pers. ; evangelisch 111460 männl. und 114781 weibl., zus. 226 241 Pers. ; fatholisch 2762 männl. und 1779 weibl., zus. 4541 Perf.; jüdisch 818 männl. und 934 weibl., zuf. 1752 Pers. ; andersgläubige 39 männl. und 19 weibl., zuf. 58 Pers. Was die Staat®angehörigkeit der aus 232 592 Pers. bestehenden ortsanwesenden Bevölkerung im Herzogth. Anhalt am 1. Dezember 1880 betrifft, so betrug daselbst die Anzahl derselben aus Anhalt 199 500, die aus anderen deutschen Staaten 32 732, aus sonstigen europäischen Staaten 330, aus außereuroyäishen Staaten 30. Die Bevölkerungsverhältnisse im Herzogthum Anhalt in den Jahren 1875—1879 anlangend, so betrug die Zahl der Eheschließun- gen in den (11) Städten 4888, auf dem Lande 4710, zusammen 9598, im döjährigen Durchschnitt in Summa 1919,6, in Prozenten 100,00; die Zahl der Geburten 43 669, im sjährigen Durchschnitt in Summa 8733,8, in Prozenten 100,00; davon waren männlih 22 382, weiblich 21 287, im öjährigen Durchschnitt in Summa 4257,4, in Prozenten 48,75; unehelich geboren 4106, im 5jährigen Durchschnitt in Summa 821,2, in Prozenten 9,40; todtgeboren 1735, im öjährigen Durchschnitt in Summa 347, in Prozenten 3,97. Die Sterbefälle beliefen fich in der Zeit von 1875—1879 in den Städten auf 15024 Personen, im djährigen Durchschnitt in Summa auf 3004,8, in Prozenten auf 56,83, die Sterbefälle auf dem Lande auf 11415, im Ssjährigen Durchschnitt in Summa auf 2283, in Prozenten auf 43,17, in Summa auf 26 439 R im 5 jährigen Durchschnitt in Summa auf 5287,8, in Prozenten auf 100,00. Von den in der Zeit von 1875 bis 1879 Gestorbenen waren 13 873 männliche, 12566 weibliche Per- sonen. Vergleicht man die Bevölkerung Anhalts mit Berlin, so befanden sich am 1. Dezember 1875 Personen im Alter von 0—10 Jahren in Anhalt 24,9%/6, in Berlin 20,3%/0; im Alter von 10—20 Jahren in Anhalt 20,1°/o, in Berlin 17,2%; im Alter von 20—30 Jahren in Anhalt 15,7%/0, in ‘Berlin 24,5%/9; im Alter von 30—40 Jahren in Anbalt 12,8%/6, in Berlin 16,6%/; im Alter von 40—50 Jahren in Anhalt 10,6%, in Berlin 10,7%/0; im Alter von 50—60 Jahren in Anhalt 8,69/0, in Berlin 5,8%/0; im Alter von 60—70 Jahren in Anhalt 4,8°/o, in Berlin 3,4%/; im Alter über 70 Jahre in Anhalt 2,59/0, in Berlin 1,59/o.

über die

Kunft, Wissenschaft und Sitevalus:

Von dem bei Woldemar Urban in Leipzig herausgegebenen „Reallerikon der ‘deutshen Alterthümcr“, Hand- und Nachschlagebuch für Studierende und Laien, bearbeitet von Ernft Gökßinger, ist nunmehr das 6. Heft erschienen. Dasselbe reicht von „Geschichtshreibung“ bis zu „Grobianus“ und enthält, wie {on die voraufgegangenen Hefte, über die wir früher berichtet, eine Reihe interessanter Artikel, wie z. B. die längeren Aufsäße über „gothische Baukunst", „gothishe Bildnerei“, „Götterdämmerung“, „Gottes- urtheile*, „Gral“. -=- Die einzelnen Hefte dieses nützlichen und inter- essanten Werkes erscheinen ziemlich rasch nach einander; jedes Heft loftet 1 M

Der Wahhtelkorb, Erzählung von Otto Glaubert, (Rudolf Oefer) ist in zweiter Auflage im Verlage von Carl Flem- ming in Glogau erschienen. Der „Wachtelkorb“ ift ein altes, den Armen überlassenes Gebäude, welches wegen seiner vogelbauerartigen Gestalt diesen Namen erhalten hat. Seine bunt zusammengewürfelte zahlreiche Bewohnerschaft mit ihren mancherlei kleinen Schwächen, aber au vielen guten Eigenschaften wird dem Leser in unterhaltender Weise am Faden der spannenden Erzählung vorgeführt, in der es sich um den Kampf des Bösen gegen das Gute handelt, welch leßteres endlih den Sieg erringt. Die Erzählung hat unter dem Humor, der sie würzt, einen tief sittlih {christlihen Kern, der überall zu Tage tritt, und eignet ih daher besonders zur Weihnachtsgabe für die rei- fere Jugend. Die Verlagshandlung hai dem Buche eine dem ent- sprechende glänzende Ausstattung gegeben, wobei besonders die kleinen in den Tert eingedrucktten Illustrationen von Hugo Kauffmann und die von Franz Widnmann entworfenen Intitialen hervorzuheben sind.

Die neue, 13. Auflage von „Brocckhaus' Konver- sations-Lexikon* schreitet rasch und regelmäßig vorwärts, ganz dem Prospekt entsprebend, wonach monatlich 3—4 Hefte veröffent- lit werden sollen. So sind in den lezten Wochen das 3., 4. und 5. Heft, bis zum Artikel Alaun reichend, în kurzen Zwischenräumen zur Ausgabe gelangt. Sie enthalten eine Fülle wohl- geordneten Wissenstoffs, namentli® aus den Gebieten der Botanik, Chemie und ckcemis{en Technologie; ferner seien hervorgehoben die großen geographisch-ethnographischen Artikel : Afghanistan, Afrika, Egypten (von Prof. von Klöden, Frhrn. von Fircks, Prof. F. Müller und Geh. Reg.-Rath Prof. Dr. Lepsius), in denen auch die wichtigen Ergebnisse der neuesten Forschung ver- arbeitet wurden. JIllustrirt werden diese Hefte dur mehrere in den Text gedruckte Holzschnitte und durÞ 5 ganzseitige Bildertafeln : Egyptishe Arcbitektur, Antilopen 11, Afrikanishe Menschen- flämme, Amerikanishe Alterthümer, Altane und Balkone, sowie durÞh 2 sorgfältig ausgeführte Karteu: Antillen, und physikalishe Karte von Nordamerika. Die Hefte 1—d5 liegen übrigens auch zu einem stattlihen Drittelband vereinigt vor (20 Bogen mit 11 Bildertafeln und 3 kolorirten Karten enthaltend); diese Erscheinungsform in Drittelbänden wird gewiß vielen Kreisen willkommen sein, besonders der sid zu einem Weihnachtsgeschenk son trefflich eignende 1, Drittelband, in dem ih eine ges{mackvoll aus- gestattete „Anweisung“ auf das ganze Werk befindet.

Otto Harrassowiy, Antiquar în Leipzig, hat unter dem Titel: „Katalog Nr. 81, Americana, Aeltere Geographie und Reisewerke*, einen Bücherkatalog veröffentliht, der 309 Schriften aufführt, die sich theils auf Geographie im Allgemeinen und auf Schriften über Entdeckungsreifen überhaupt, theils und zwar vorzugsweise auf Amerika, die nad Amerika unternommenen Reisen, die Geschihte Amerikas im Allgemeinen und auf die einzelnen Länder und Staaten Amerikas, theils endlich aud auf die alten Bewohner Amerikas, deren Geschichte Sprache und sonstigen Verhältnisse beziehen. Die Sbriften find in deutscher, lateinischer, italienischer, spaniser, portugiesisher, hollän- discher, französischer oder, und zwar vorwiegend, in englisher Sprache abgefaßt. Unter denselben befindet fih eine Menge wichtiger und

zum Theil bös seltener Werke; 2 sind aus dem 15., 20 aus dem 16., 41 aus dem 17., 9 aus dem 18., die übrigen aus dem 19. Jahr- hundert. Sämmtliche 309 Schriften sind unter folgende 5 Rubriken vertheilt : Zeitschriften und Sammelwerke (12 Nrnu.), Bibliographie, Geographie im Allgemeinen, Geschichte der Entdeckungen, neuere Reisewerke 2c. (34 Nrn.), Druckwerke von 1493—1750 in {chrono- logischer Folge (108 Nrn.), neuere Geschichte 2c. Amerikas von 1750 an (99 Nrn.), Indianer, thre Geschichte und Sprache. (54 Nrn.)

i Gewerbe und Sande!.

___ Nath einer aus Moskau hierher gelangten Mittheilung hat E Wollstofffabrik M. Katzen stein ihre Zahlungen ein- gestellt.

Die Generalversammlung der Bergbaugesellschaft Louise Tiefbau vom 28. d. M. genehmigte die Bilanz, ertheilte der Verwaltung Decharge und seßte die Dividende auf 1% fest, E Paras [No Mar (EN. 3tg.)

ortmund, 28. November. f. Ztg.) Im Eisfengeschäft besteht die feste Tendenz der Vorwochen fort. Die Hochofenwerke sind für längere Zeit stark engagirt und is gegenwärtig ganz beson- ders Puddelroheisen schr gesucht, so daß dasselbe fortwährend im Preise anzieht und bereits zu 66—67 # pro Tonne notirt, wie auch Luxemburger Roheisen weiter auf 55 Frcs. pro Tonne gestiegen ist. In Walzwerkfabrikaten, Eisen wie Stahl, erhöht sich die Nacfrage stetig in erfreulicher Weise. Die betreffenden Etablisse-. ments sind darin so beseßt, daß nur bei Bewilligung längerer Liefer- fristen darin mit neuen Bestellungen anzukommen ist. Außer Stab- eisen und Façoneisen find besonders Bleche sehr gut gefragt. Bei der andauernd günstigen Witterung ist die Thätigkeit im Schiffsbau noch immer sehr lebhaft und der Bezug von shweren Blechen und fonsti- gen Sciffsbaurequisiten fortwährend sehr belangreih, wie auch die Kesselschmieden bei zunehmender Beschäftigung beträchtlihe Posten von Kesselblechen verarbeiten. Wie die {weren Bleche, sind nun auch die Feinblebe um 5 #4 pro Tonne im Preise erhöht worden. Walzdraht ift andauernd gut gefragt, auch für das Ausland, und ver- folgt daher steigende Tendenz. Die Stalwerke sind sämmtlich sehr stark beschäftigt und in der Lage, die volle Beschäftigung bis zum 2. Semester n. J. aufrecht zu erhalten. Für die zweite Hälfte desselben liegen indessen auch {on belangreiche Aufträge vor und manche derselben reichen gar bis in das Jahr 1883. Abgesehen von Stahlschienen und andern Oberbaumaterialien für die Eisenbahnen ist auch die Nachfrage in Bessemerblöcken und Martinblöcken be- merkenswerth, wofür vorzugsweise Amerika beständig ein Markt bleibt. Die Lokomotivfabriken und ebenso die Waggon- fabriken, die Jahre lang nur mäßig beseyt gewesen, haben in der leßten Zeit ganz beträchtlihe Aufträge erhalten und eine weitere Vermehrung des rollenden Materials ist für verschiedene Eisenbahnen no zu erwarten. Die Königliche Cisenbahndirektion zu Magdeburg hat bereits die Lieferung einer nicht unbedeutenden Zahl von Loko- motiven, Güter- und Personenwagen in Submission ausgeschrieben. Die Maschinenfabriken erhalten noch fortwährend Zuwachs von Auf- A indem die industriellen Werke bei der bessern Konjunktur mehr und mehr dazu übergehen, lange erforderliche Reparaturen und Neuanlagen von maschinellen Einrichtungen in Bestellung zu geben. Aus demselben fließen auch den Dampfkesselfabriken in der leßten Zeit viele Aufträge zu. Im Kohlengeschäft erhält sich eine lebhafte Nachfrage bei steigenden Preisen,

__ Amsterdam, 29. November. (W. T. B.) Die Nieder- ländische Bank hat den Diskont von 4 auf 4F "/g erhöht.

London, 29. November, (W. T. B.) In der gestrigen Wollauktion waren Preise für Kapwollen, besonders für fehler- hafte scoured, etwas s{wächer.

Glasgow, 29. November. (W. T. B.) Die Verschiffungen von Roheisen während der leßten Woche betrugen 7131 gegen 8062 Tons in derselben Woche des vorigen Jahres.

Havre, 29, November. (W. T. B.) Wollauktion. An- geboten waren 1970 B., verkauft 1068 B. Preise bei belebtem Geschäft 5 höher.

New-York, 28. November. (W. T. B.) Weizenverschif- fungen der leßten Woche von den atlantischen Häfen der Ver- einigten Staaten nach England 94000, do. nah dem Konti- nent 50000, do. von Kalifornien und Oregon nach England

100 000 Qrtrs. Verkehrs-:Nnftalten.

Plymouth, 30. November. (W. T. B.) Ueber den Unfall des Dampfers „Lessing“, welcher, wie bereits gemeldet, auf der Fahrt nach New-York das Ruder verloren hat und deshalb hierher zurückkehrte, wird weiter berichtet: Der Dampfer war am 19. d. M. von Havre nach New-York mit 800 Passagieren weiter- gegangen und unterwegs von fehr heftigen Stürmen über- fallen worden, in welchen das Ruder {wer beschädigt wurde. Der Dampfer lag mehrere Tage beigedreht, be- fand \sih in großer Gefahr und kehrte {ließlich unter großen Schwierigkeiten nah Plymouth zurück, wo er zur Reparatur ins Dotck geht. Der Lloyddampfer „Herrmann“ ist von Bal- timore bier cingetroffen. Derselbe hatte eine äußerst stürmische Ueber- fahrt. In Folge Kohlenmangels mußte die Maschine mit Tabak ge- heizt werden. Eine große Menge Baumwolle wurde über Bord ge- worfen, um das Schiff zu erleichtern.

London, 29. November. (W. T. B.) Der Hamburger Postdampfer „Lessing“ hat auf der Fahrt nah New- York das Nuder verloren und ist nach Plymouth zurückgekehrt.

Southampton, 29. November. (W. T. B.) Der Dampfer des Norddeutschen Lloyd „Donau“ ift hier eingetroffen.

Verlin, 30, November 1881,

Stolzesher Stenographen - Verein. Donnerstag, Abends 8 —10 Uhr, bei Hohmann, Hauksvoigteiplaß 2: Lese-Abend. Circa 80 stenographische Zeitungen aller Sprachen und Systeme sowie die neuesten stenographisben Literatur-Erzeugnisse liegen zur freien Benutzung für Anhänger aller Systeme aus.

Die Königlihe Oper hat Richard Wagners Musikdrama „Tristan und Isolde“, welches mehrere Jahre lang niht mehr auf dem Repertoire ershienen war, neu einstudirt, und am Montag wieder zur Aufführung gebracht. Der früher dem großartigen Werke so heftig bestrittene Erfolg wurde diesmal auch nicht im Leisesten mehr angefochten, sondern hatte sich in Enthusias- mus verwandelt. Die viel wverspottete Zukunftsmusik ift eben inzwischen zur Musik der Gegenwart geworden, und die Theorien des Meisters haben, nachdem sie uns in so überzeugender Weise verwirklicht in dem Nibelungenfestspiel vorgeführt worden sind, nichts Abschreckendes mehr. Die Aufführung war unter Leitung des Kapell- meisters Radecke cine ganz vorzügliche. r. Niemann als Tristan war überraschend gut diéponirt und entledigte sih au der s{wie- rigen lyrishen Aufgaben im 2. Akte mit Glück, Die Isolde der Fr. von Voggenhuber hat durch weiteres Studium der außerordentli an- strengenden Partie ebenfalls an Vertiefung und Durchbildung gewonnen, und die Leistungen des Frl. Brandt als Brangäne und der Herren Betz (Marke) und Schmidt (Kurwenal) sind von früher her rühmlih bekannt. Das Publikum überschüttete die Darsteller mit Beifall und rief au Hrn, Radecke am Schluß auf die Bühne.

Im Friedrih-Wilhelmstädtishen Theater findet am Freitag zum Besten einer Weihnachtsbescheerungfürarme Kinder der umliegenden Stadtbezirke die vorläufig letzte Aufführung der Operette „Capitain Nicol“ statt, an deren Stelle bereits am Sonnabend die Gesangsvosse: „Criminalschulze“" von H. Tornauer und W. Köhler tritt. Den musikalischen Theil dieser Novität liefert Kapellmeister Raida, durch vielfahe Kompositionen dem Berliner Publikum bereits bekannt. Die nächste Novität auf dem Gebiete der Operette wird ein Opus des englishen Komponisten Sullivan

sein. Dasselbe führt den Titel „Amor an Bord“ und ist von Ernst Dohm für die deutsche Bühne bearbeitet.