1881 / 282 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 01 Dec 1881 18:00:01 GMT) scan diff

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übrigen Theile Europas und der Dampfschiff-Verbindungen mit außer- europäischen Ländern, bearbeitet im Kursbureau des Reichs-Postamts (mit einer Karte von Deutschland und Skizzen fremder Länder. Ver- lag von Julius Springer, Berlin) ift die Ausgabe Nr. 8, Winter - fahrdienst 1881—82, ausgegeben am 1. Dezember 1881, erschie- nen. (Preis 2 #4) :

Von den „Nachrichten über Industrie, Handel und Verkehr aus dem „statistischen Departement des K. K. Handelsministeriums* bringt das kürzlich erschienene 4. Heft des XRI]I. Bandes die Hauptergeb- nisse der österrcihischen Eisenbahnstatistik im Jahre 1880. Das gemeinsame und österreichische Eisenbahnnet erreihte am 31. Dezember 1880 die Linge von 13 966 195 km. Hiervon kamen auf die

emeinfamen Eisenbahnen 5 271 438 km und auf die österreichischen

isenbahnen 8 694 757 km. An dem auf die österreichischen Eisenbahnen entfallenden Antheile partizipiren die Staatsbahnen mit 976 293 km und die Privatbahnen mit 7718464 km. Von der Gesammtlänge der ge- meinsamen Eisenbahnen entfallen auf die öfterreich. Linien 2625005 km und auf die ungarischen Linien 2 646 433 km. Die für Privatzwecke bestimmten Eisenbahnen (Industriebahnen) hatten eine Länge von 568 037 km. In der vorliegenden Statistik sind nun die Verthei- lung dieser Bahnstrecken auf die einzelnen Kronländer, ihr Anlage- kapital, die Betriebsmittel und Betriebsergebnisse, Einnahmen und Ausgaben, die verschiedenen Frachtgattungen, die geförderten Tonnen- kilometer, Nuß- und Acbskilometer, wie ‘auch die Bahnunfälle tabel- larisb auéführlich und übersicbtlich dargestellt. Der Gesammtbetrag des für alle Eisenbahnen bis Ende 1880 verwendeten Anlagekapitals betrug 2372 713 834 Fl., worunter der auf die Staatsbahnen ver- wendete Kapitalsbetrag mit 75 669 595 Fl. beziffert ist. Auf den ge- meinsamen und österreichishen Eisenbahnen waren im Berichts- jahre 2973 Lokomotiven, 6132 Personen- und 68 882 Lastwagen im Betriebe, und es wurden damit 34 698 398 Personen und 47 879 645 t Fracht. befördert. Die aus diesem Verkehre resultirenden Cinnahmen haben 185 145 308 Fl. betragen, während die Gesammteinnahmen aller gemeinsamen und österreichischen Eisenbahnen, einschließli der übertragenen Ucberschüsse früherer Jahre, der Zinsen und sonstigen Einnahmen, des Erfordernisses aus dem Titel der staatlichen Garantie (22459 150 FL.) 2c. sich auf 229 661 069 Fl. beliefen. Von diesen wurden zur Bestreitung der eigentlichen Betrieb8aus8gaben 80 914 866 Fl., als Beitrag zum Reserve- und Erneuerungsfonds 2 837 717 Fl., zu sonstigen Ausgaben 26 096 392 Fl., zur Tilgung des Anlagekapitals 7 253 509 Fl., zur Verzinsung desselben 97 928 676 Fl., zur Zahlung der d R s 10 968 098 8L., im Ganzen also 225 999 258 Fl. verwendet.

Berlin, 1. Dezember 1881.

Nach zweimaliger Verlegung um acht und resp. vier Tage haben die Hofjagden in der Kolbiß-Lebßlinger Haide nunmehr am 29. und 30. vorigen Monats stattgefunden, je- doch ohne die so sehr erhoffte Gegenwart Sr. Majestät des Kaisers und Königs, Allerhöhstwelhe Se. Kaiser- liche und Königliche Hoheit den KronpÞprinzen mit der Ver- tretung betraut hatten.

Alles verlief, vom s{hönsten Wetter begünstigt, genau nah dem Programm. Mit einem am Schwarzen Sohl der Oberförsterei Leßlingen Obersörster Salemon hergerich: teten Kontrajagen ward die Jagd am 29, eröffnet. Kugeln und Hunde brachten 148 Sauen zur Strecke, während das darauf folgende, im Schmerfeld der Oberförsterei Planken Oberförster Bekuhrs mit Kammern und 2 Läufen in hohem Zeuge, im Uebrigen mit Lappen verrichtete Treiben 102 Schaufler und 221 Stück Damwild lieferte.

Am 30. begann die Fagd mit einem im Apothekerholz der Oberförstereien Leßlingen und Jäveniß Oberförster Salem on und Mechow in hohem Zeuge mit Doppellauf abgestellten Jagen, welches 94 Schaufler und 134 Stück Dam- wild crgab, und endete gegen 3 Uhr mit der Strecke des freien Triebes im Darenstedt der Oberförsterei Leblingen, welche 39 Schaufler und 10 Stück Damwild lieferte. Se. Kaiserlihe und Königliche Hoheit der Kronprinz streckte 20 Schaufler und 8 Sauen, Se. Königliche Hoheit Prinz Wilhelm 12 Schaufler, 19 Stück Damwitd und 7 Sauen, Se. König- liche Hoheit der Prinz Carl 9 Schaufler, 15 Stück Damwild und 8 Sauen, Se. Königliche H heit Prinz Friedrih Carl 23 Scaufler, 12 Stück Damwld und 4 Sauen, Se. Königliche Hoheit der Prinz Heinrich 13 Schaufler, 15 Stück Damwild und 14 Sauen, Se. Königliche Hoheit der Prinz August von Würt- temberg 9 Schaufler und 20 Stück Damwild, Se. Hoheit der Herzog von Sachsen - Coburg - Gotha 54 Scausfler, 8 Stück Damwild und 13 Sauen, Se. Hoheit der Herzog von A. .halt-Dessau 8 Schaufler, 17 Stück Dam- wild und 4 Sauen, Se. Hoheit der Herzog Paul von Mecklen- burg-Sd- werin 2 Schaufler, 11 Stück Danwild und 3 Sauen, Se. Hoheit der Herzog Johann Albrecht von Mecklenburg- Schwerin 5 Schaufler, 13 Stück Damwild und 3 Sauen und Se. Hoheit der Prinz Albert von Sachsen-Altenburg 8 Schaufler, 27 Stück Damwild und 1 Sau; die übrige zahlreihe Jagdgesellschaft, in welher \sich der regierende Graf zu Stolberg-Wernigerode und der kfomman- dirende General des IV. Armee-Corps, General der Jnfanterie von Blumenthal, befanden, dagegen 72 Schaufler, 208 Stück Damwild und 83 Sauen, so daß die Gesammtstrecke beider Tage sih auf 235 Schaufler, 665 Stück Damwild und 148 Sauen stellt.

Die Leitung der Jagd lag, in Vertretung des Oberst- Jägermeisters Fürsten von Pleß, dem Hof - Zägermeister vom Dienst Freiherrn von Heinye, dem Ober- Forstmeister von Kleist und Forstmeister Cochius ob.

Morgen, Freitag, den 2. Dezember, findet Königliche Parforcejagd statt, Rendez-vous Vittags 1 Uhr zu Jagd- {loß Grunewald.

Das unter dem Protektorat Jhrer Majestät der Kaiserin stehende Elisabeth-Kranken- und Diakonissenhaus beging am Mittwoch Abend in feiner festlich erleuhteten und von prächtigen Guirlanden ges{müdckten Kapelle sein Jahresfest. Ein von Diako- nissinnen gebildeter Chor sang das „Hallelujah“, worauf General- Superintendent Dr, Bücsel, unter Zugrundelegung der Worte aus dem Evangelium Johannis: „Ohne mich könnt ihr nichts thun“, die Festpredigt hielt. Dem alsdann von dem Prediger Kuhls, Pastor an dem Krankenhause, erstatteten Jahresbericht ist Folgendes ent- nommen: Das Krankenhaus zählt gegenwärtig 55 Diakonissinnen, 19 Novizen und 13 Probeschwestern. Es wurden im ver- gangenen Jahre 15 Personen in insgesammt 759 Tagen zu ermäßigten beziehungéweise halben Preisen und 127 Patienten in insgesammt 1864 Tagen unentgeltlid verpflegt, Außerhalb des Krankenhauses haben Diakonissinnen der “Anstalt 141 Mal Tag und Nacht Hülfe gelcistet, Ferner haben diese Diakonissinnen 18 Tag- und 36 Nachtwachen gestellt, Zu dem Krankenhause zählen 15 aus- wärtige Krankenanstalten, Die Einnahmen sind leider in diesem Jahre bedeutend geringer gewesen als im vergangenen. Im vorigen Jahr betrugen die Einnahmen 8660 K, in diesem Jahre 7200 M Dagegen sind die Kosten des Krankenhauses erheblich gestiegen. Glück- liberweise hat ein edler Woblthäter, Dry. Harm, in diesem Zahre 9500 Thaler dem Krankenbause geschenkt, Abermal8 into-

nirte der Chor: „Bleibe bei uns, Herr, denn es ist Abend worden,“ und darauf {loß die Feier mit Gebet und Segen.

Auf Anregung der Berliner Gesellschbaft der Gartenfreunde sind unter Vorsiß des Baumschulenbesiters Späth Delegirte der hiesigen und der benachbarten Gartenbauvereine zu einem Comité zusammen- getreten, um eine für das Jahr 1883 geplante große gemein- ssame Gartenbauausstellung ins Leben zu rufen. Als Lokale für die Ausstellung, die nach jeder Richtung hin alles Bisherige über- treffen soll, sind der Lehrter Bahnhof, der Wintergarten des Cen- tralhotels und das Exerzierhaus in der Karlstraße in Aussicht ge- nommen, Die Dauer der Ausstellung, die in der ersten Hälfte des bei ihren Anfang nehmen soll, ist vorläufig auf etwa 5 Tage

emessen.

_ Barmen, 29. November. (Rh. Westf. Post.) In der gestrigen Sibung der Stadtverordneten machte der Vorsißende Mittheilung über die Vermächtnisse des verstorbenen Hrn. Ludwig Ringel. Hr. Ringel hat der Stadt folgende bedeutende Legate zugewandt: 1) Dem Gymnasium in Barmen 20000 4 mit der Bestimmung, daß die Zinsen derselben zur Förderung der wissenschaftlichen Ausbil- dung bedürftiger, würdiger Zöglinge der Anstalt dienen sollen. Diese Unterstüßung soll in der Regel auf drei Jahre den von dem Herrn Di- rektor und den beiden Oberlehrern des Gymnasiums vorge)clagenen Kindern Barmer Eltern gewährt werden. Für den Fall, daß keine den Bedingungen entsprehende Kinder vorhanden sind, werden die Zinsen dem Kapital zugefügt. 2) Der Realschule erster Ordnung ebenfalls 20000 M, unter denselben Bedingungen, wie vorstehend beim Gymnasium angesührt. 3) Der höheren und niederen Gewerbe- schule 15 000 M, deren Zinsen zur Ausbildung tüchtiger und fleißi- ger, aber unbemittelter Schüler, die sich dem Handwerkerstande wid- men wollen, verwendet werden sollen. Im Falle eines etwaigen Ein- gehens der Gewerbeschule soll das Kapital auf eine andere derartige Anstalt übertragen werden. 4) 60000 # dem Stiftunsfonds der Stadt als unangreifbares Kapital, dessen Zinsen für die städtische Anstalt für verlassene Kinder verwendet werden s\ollen, in den Fällen, wo Hülfe und Unterstüßung wünschenéwerth ist, diese aber aus städti- schen Mitteln niht gewährt werden kann. 5) Weitere 50000 M

dem städtischen Stiftungsfonds, deren Zinsen für zwei Kleinkinder- *

\hulen bestimmt und nah der Anzabl der Kinder vertheilt werden sollen, 6) 40000 Æ zum Zwecke der Aufnahme kranker Kinder unbe- mittelter Barmer Bürger in das Kinderkrankenhaus. 7) 20000 4, deren Zinsen hülfsbedürftigen Invaliden aus den Feldzügen von 1866 und 1870—71 zugute kommen soll. 8) 80000 Æ zur Grün- dung einer dreiklassigen Taubstummenschule in Verbindung mit einer Anstalt für blödsinnige und {wach begabte Kinder, zunächst für Kin- der aus Barmen. 9) Ferner hat der Testator verfügt, daß der Ueber- rest seiner Naclassenschaft, soweit darüber niht anderweitig bestimmt ist, dem Wohlthätigkeitsfonds der Stadt Barmen zufallen solle. 10) 100 000 Æ für ein Verpflegungshaus für verpflegungsbedürftige Männer aus Barmen, die über 65 Jahre alt sind. 11) 100 000 M für ein Verpflegungshaus verpflegungsbedürftiger Frauen aus Barmen, die über 65 Jahre alt sind. 12) 10000 X dem Verein für Ferien- tolonien, Es ergiebt das außer dem Ueberrest aus seiner Hinter- lassenschaft cine Summe von 515 000 4 Allein das ist, wie Hr. Ober-Bürgermeister Wegner in seiner Mittheilung fortfuhr, nicht Alles, was der Verstorbene, der jahrelang als Bürger in hervor- ragender Weise in unserer Stadt gewirkt hat, der Stadt Barmen vermacht hat; derselbe hat vielmehr auch anderen Instituten, die mit der Stadt in Zusammenhang stehen, bedeutende Legate zugewandt. Hr, Beigeordneter Jacger machte von diesen weiteren Vermächtnissen Mittheilung: Unterbarmer Gemeinde zum Bau einer Kirche 400 000 MÆ, für ein Waisen- und Armenhaus 42 000 (, Errichtung einer Kleinkindershule in Unterbarmen 45 000 4, Barmer Verschö- nerungsverein 100 000, dem Vaterländischen Frauenverein, dem Barmer Kunstverein und der Konzertgesellshaft je 20000 Æ, der Missionsgesellschaft für ein Heim für die Lutfielehvendeit Missionare ebenfalls 20 000 4, dem fkatholischen Waisenhaus 10000 M, dem Diakonissenhaus die gleihe Summe, vier verschiedenen Wittwen- und Waisenkassen je 3000 #, dem Barmer Zweigverein der Gustav-Adolf-Stiftung 6000 und den gleih hohen Betrag der Barmer Badeanstalt. Zählt man alle diese Stiftungen zusammen, so ergiebt sih eine Summe von nicht weniger als 1226 000 4, und wahrlich niht dankbar genug kann man dem Dahingeschiedenen sein für cine so seltene edle Hochherzigkeit. Der Ober-Bürgermeister Wegner gab diesem Gefühle Ausdruck und die Versammlung erhob sich von den Sißten.

London, 29. November. (Allg. Corr.) Ueber den orkan- artigen Sturm, welcher vom Sonnabend Nachmittag bis Sonn- tag Abend die ganze Insel heimgesucht, liegen jetzt ausführliche Be- richte vor, aus denen ersichtlich ist, daß derselbe von furtbarer Wir- kung gewesen und allenthalben fast unberehenbaren Schaden ange- ribtet hat. Jn London wurden Hunderte von Häusern gänzlih oder theilweise abgedeckt und sehr viele Personen erlitten dur herabfallende Schornsteine oder Dachziegel mehr oder weniger erhebliche Verleßungen. In den öffentlichen Hospitälern allcin wurden über 40 Verleßzte ver- bunden. Stellenweise wurden die Telegraphendrähte niedergeweht. In Dover ward der zur Aufnahme der 84 t {weren Kanonen bestimmte Thurm am Admiralitätêpier {wer bes{chädigt. In dem benacbarten Folkestone spülte das erregte Meer die zur Verlängerung der neuen Landungsbrücke bestimmten Pfeiler weg. Jn Ventnor, Insel Wight, wurde die in das Meer hinausgebaute Brücke wegges{wemmt und fast gänzlich zerstört. Der dadurch angerihtete Schaden wird auf 4000 Pfd. Sterl. veranschlagt. Arge Verheerungen hat das Unwetter auch in Hastings, Brighton und anderen Seebadeorten an der Küste von Sussex, sowie in Southampton, Plymouth, Penzance, Cardiff 2c. verursaht. Aus den Binnenbezirken werden große Üebers{hwemmun- gen gemeldet, da der Sturm dort von heftigen Regengüssen begleitet war, in Folge dessen die Flüsse austraten, Die Zahl der gemeldeten Scbiffsunfälle ist sehr groß und vermehrt sich mit jeder ankommenden Post, Der Leucbtthurm auf dem Calffelsen bei Castletown-Bere- haven, etwa 10 Meilen von der Bantrybai, wurde durch den Sturm zerstört, wobei angeblich sechs Personen ihr Leben verloren.

Der Tonkünstler-Verein veranstaltete am Freitag, den 25, d. M., im Saale der Singakademie einen Novitätenabend. Es gelangten zur Aufführung cine Festouvertüre von Philipp Schar- wenka, ein Klavierkonzert von Xaver Scharwenka, 5 Lieder von Al- bert Bedker für Tenor und eine Symphonie von E. Munzinger.

Die erste Pièce mußten wir leider versäumen, hörten aber nur Rühmenêwertbes über dieselbe. Das Klavierkonzert, welches der Komponist Hr. Xaver Scharwenka meisterhaft vorführte, errang wohl- verdienten Beifall des Publikums.

Es folgte hierauf der Vortrag der fünf Belkershen Lieder, deren Tert dem Wolffshen Rattenfänger entnommen ist, Die Lieder sind fein empfunden und wohl durchdacht komponirt, und hoffen wir, denselben von nun an öfter zu begegnen, do stellen sie große An- forderungen an Umfang und Kraft der Stimme. Der Sänger, Hr. Jul. Sturm, trug die Lieder mit Verständniß und Wärme vor, und gefiel uns namentlih dur die sehr deutliche Aussprache, ein Vorzug, der wenigen Sängern nachzurühmen ist.

Den Scluß bildete die Symphonie von E. Munzinger, „Nero*“ betitelt. Dieselbe zeigt von großem Fleiß und nit unbedeutendem Talent und versprechen wir uns in Zukunft von dem Komponisten Bedeutendes auf dem Gebiete der Orchestermusik. Ausführende und Komponisten wurden durch Beifall des Publikums ausgezeichnet.

Literarische Neuigkeiten und periodishe Schrijten

Sammlung gemeinnütziger Vorträge. Herausgegeben vom Deutschen Vereine zur Verbreitung gemeinnütziger Kenntnisse in Prag. Nr, 70: Die Formen derErdoberfläche. Von Dr. Albrecht Penck in München.

Das militärische Turnen der Jugend. Einige Worte an die Staatsmänner und Lehrer Deutschlands. Zugleich als Vor- wort zu der Lehrer-Ausgabe des Handbuches für den Turn- und Waffenunterriht der deutsben Jugend von Scheibert und Hönig. Leipi Os von S D 1882, Stutt

reußifches erwaltungs-Blatt. Wowenschrift für Verwaltung und Verwaltungsrech{tspflege in Preußen. N Dr. jur. Binseel. Verlag und Expedition: Otto Drewitz in Berlin N., Monbijou-Plaß 10. Jahrgang II1. Nr. 9. Inhalt: Ein- tragungen Über das Ableben ungetaufter Kinder in das Sterberegister. Zu S. 57, 59, 49 Reichsgewerbeordnung. Zur Konzessionirung von Pferdebahnen. Zum Verkehr mit Arzneimitteln. Zur Klafsen- steuerveranlagung in den Gutsbezirken. Reihs-Stempelabgaben von Lotterieloosen. Errichtung gemeinscaftliher Armenhäuser. Ver- botwidriges Versenden von Revolverpatronen. Polizeiliche Kontrole des Steinbruchbetriebes. Gewerbebetrieb im Umherziehen. Lohn- beschlagnahme, insbesondere wegen Alimentenansprüche. Haftung von Korporationen für widerrechtliche Handlungen ihrer Beamten. Befreiung der Beamtenwittwen von Kommunalsteuern. Bedeutung der Anstellung des Gemeindeerhebers. Eigen- thum und Nußzungsrecht an Ränder und Böschungen \o- wie an Baumanlagen der Kommunikationswege. Zu S8. 22, 23 des Schulreglements für Schlesien. Hergabe von Materialien zu Bauten und Reparaturen der Kirche Seitens des Patrons. Veräußerlichkeit von bäuerliben Hofgerechtigkeiten. Schadensersaßanspruch wegen Wilbschaden. Bedeutung unbeanstandeter Uebernahme von Bau- werken, Bezugnahme auf den Thatbestand des erstinstanzlichen Urtheils im Urtheile zweiter Instanz. Eintragung der auf Grund- stücken haftenden Kirhen- und Pfarrlasten in das Grundbu. Nothlage im Sinne des Wuchergeseßes. Verbreitung verbotene sozialdemokrati\cher Druckschriften. Verbotene Waffen im Sinne des H. 28 des Sozialistengeseßes. Kompetenz des Gemeindevorstehers zur Ausübung der Jagdkontrole. Atteste der Fleischbeschauer. Polizeiverordnung betreffend die Beseitigung der Ofenklappen. Kosten für die verschiedenen Straßenpflasterung8arten. Anlage von Röhren und Leitungen unter dem Straßenpflaster. Schlachten im öffentliden Shlachthause. Errichtung von Shlachthof und Wasser- leitung, Ueberlassung der Fäcalien an die Stadtgemeinde. Ent- schädigung für trichinose Schweine.

Deutsche Bauzeitung, Verkündigungsblatt des Verban- des deutscher Architekten- und Ingenieurvereine, Redacteure K. E. O. Fritsch und F. W. Büsing, XV. Jahrgang. Nr. 96. Inhalt: Üeber die Einführung der Eisenbahnen in Großstädte. (Schluß.) Bauchronik. Patentschau. Vermischtes: Statistik der König- lichen Technischen Hocbschule zu Berlin vro Wintersemester 1881/89. Aufwendungen für Straßenbauzweke in Paris und Berlin. Zum Elmer Bergsturz. Konkurrenzen: Kunstgewerbliche Kons- kurrenzen des Kunstgewerbe-Museums und der permanenten Bauaus- stellung zu Berlin. Personalnachrichten. Brief- und Fragekasten.

Gewerbeblatt aus Württemberg, herausgegeben von der Königlichen Centralstelle für Gewerbe und Handel. Nr. 48, Inhalt: Aus8zeichnungen. Verfügung sämmtlicher Ministerien, be- treffend die Schreibweise mehrstelliger Zahlen. Vom 9. November 1881. Kündigung des Handelsvertrags mit Mexiko. Kündigung des Handels- und Sciffahrsvertrags mit Spanien. Ausstellung für Hygiene und Rettungswesen in Berlin 1882. Der naturgemäße Schuh. (Schluß.) Ankündigung.

Deutsche Töpfer- und Ziegler-Zeitung. Begründet von A. Türrshmiedt. Redigirt von Friedr. Hoffmann. Organ des Ziegler- und Kalkbrenner-Vereins. Berlin. XI]I, Jahrgang. Nr. 48. Wasserdurchlässigkeit der Falzziegel resp. Falzziegeldächer. Einiges über den Bau und Betrieb der partiellen Ringöfen. Allgemeine Deutsche Ausftellung auf dem Gebiete der Hygiene (Gesundheispflege und Gesundheitstechnik) und des Rettungëswesens Berlin 1882. Patentberiht. Vermischtes. Brief- und Fragekasten. Sub- mission. Anzeigen.

Milch-Zeitung. Organ für die gesammte Viehhaltung und das Molkereiwesen. Begründet von Benno Martiny. Unter Mit- wirkung von Fachmännern herausgegeben von C. D Oeko- nomic-Rath, in Eutin (Fürstenthum Lübeck). Verlag von M. Heinsius in Bremen. Nr. 48. Inhalt: Höhe der Verwerthung durch Käsefabrikation und Schweinemast mit Molken und Butter- milch. Von F. Meier, Molkereibeamter in Murchin. Das Koppen und dessen Vorbeugungsmittel bei Pferden. Von Ableitner. Verschiedene Mittheilungen: Deutschland. Berlin. Ersatz für trichinöse Schweine. Schafzüchterwette. Oldenburg (Großherzog- thum). Milchkuranstalt. Mainz. Preisaus\chreiben. Brieg. Molkereigenossenschaft, Ansteckende Hausthierkrankheiten: Deutsch- land. Rinderpest. Oesterreich-Ungarn. Rinderpest. Erfahrun- gen in der Praxis. Ernährung der Pferde mit Fleisch. Lefeldts neueste Centrifuge und das Verkäsen der mitkelst ihr gewonnenen Magermilch, “Von Labesius, Geschäftsabshluß der Molkerei- Genossenschaft Kulmsee. Von Carl Simpson. Verdaulichkeit einiger Arten von Delkuchen. Ochsenmastung mit Heu und Kör- nern. Literatur: Kalender. Bericht über die landwirthschaft- liche Ausftellung in Malmö (Schweden). Sprewsal : Vorsicht beim Ankauf von Kraftfutter. Von Prof. Kaltenegger. WMarkt- und Ausftellungékalender. Marktberihte. Anzeigen.

Sprech-Saal, Organ der Porzellan-, Glas- und Thon-

waaren-Industrie; offizielle Zeitschrift für den Verband keramischer Ge- werke in Deutsbland und den Verband der Glasindustricllen Deutsch- lands. Redacteur: Fr. Jac, Müller in Coburg. Mitredacteur : Dr. E. Benrath. Nr. 47. Inhalt: Verband keramischer Gewerke in Deutschland. IV. Generalversammlung zu Berlin am 4, und 5. Ok- tober_1881, (Fortsetzung.) Ueber Anlage, Einrichtung und Betrieb von Ofenfabriken und Töpfereien. Von H. Mordhorst. (Fortsetzung.) Ein Wort an unsere Maler. (Sbluß,) Verwerthung des Brandschiefers zu keramischen Produkten. Bedruckte und emaillirte Fliesen von Menin. Mittheilung von der Großherzoglich badischen Gewerbehalle. Gesetz, betreffend die Bezeichnung des Raumgehaltes der Schankgefäße. Vom 20. Juni 1881. Beschreibung deutscher Reichéspatente, Eintragungen in vol eer ge Anmeldung deutscher, der Tendenz des Blattes entsprechender Reichspatente., Vom 15. Oktober bis 14, November 1881. Patent-Anmeldungen und -Ertheilungen in England. Vom 10. bis 31, Oktober 1881.

Deutsche Rhederei- Zeitung, Verlag von Scharnweber u. Knoop in Hamburg. Nr. 9. Inhalt: Erplosion an Bord des Dampfschiffes „Astronom“. Bemerkungen über verschiedene See- häfen. Bemerkungen über die Route von Samarang ostwärts durch die Balistraße in N. W.-Monsfun. Nachrichten für See- fahrer. Seeunfälle. Scbifféfrahten. Sprecsaal. Ver- mischtes, Patentliste. Vom Büchertish. Umwandlungs- tabelle von engl. Faden in Meter und Metern in engl. Faden. Dampf- und Segelscbiffahrt. —— Anzeigen.

Das Swiff, Wochenschrift für die gesammten Interessen der Binnenschiffahrt, herausgegeben unter Mitwirkung von Arthur von Erudnih, Dresden. (Viert ljährl. 2 4) Nr. 87. Inhalt : Die Wasserstraßen in Oesterreih-Ungarn. Der Erfinder der Dampf- \{iffahrt. Der Hafen in Düsseldorf. Senkrehte Hebung von Kanalschiffen. Zur Frage des Endpunktes des Oder-Spreekanals. Aus Küstrin. Schleppverträge. Wasserstandsnachrichten. Wasserbau. Häfen. Schiffbau. Güterschiffahrt. Schiff- fahrtsbetrieb. Unfälle. Polizei und Gericht. Vom Fradhten- markt. Geschäftsberichte. Briefkasten. Wasserstand. Lite- ratur. Course. Inserate.

Redacteur: Riedel. Verlag der Expedition (Kessel). Druck: W. Elsner. Fünf Beilagen (eins{ließlich Börsen-Beilage).

Berlin:

Nichkamtlicßes.

Preußen. Berlin, 1. Dezember. In der ge fstri- gen (6.) Sitzung seßte der Neichsta g die zweite Be- rathung des Entwurfs eines Gesetzes fort, betreffend die Fest- stellung des Reihshaushalts-Etats für das Etatsjahr 1882/83 und zwar zunächst mit dem Spezialetat (Ausw är- tiges Amt, Ordinarium der Ausgaben 6 676 775 M). Bei Kap. 4, „Fortdauernde Ausgaben des Auswärtigen Amts, of. Besoldungen“, Titel 1, Staatssekretär 50 000 4 ein- shließlih 14 000 (4 Repräsentationskosten, richtete der Ubg. Dr, Virhow an den Reichskanzler die Bitte, über die der- zeitigen Beziehungen zu Rom möglihst Auskunft zu geben. Im Allgemeinen sei man in Deutschland gewohnt, sich mit den auswärtigen Angelegenheiten dem Reichskanzler gegenüber ret wenig zu beschästigen, da man mit Vergnügen sehe, daß der Kanzler den Frieden niht blos in Europa, sondern in der Welt im Allgemeinen fördere. Aber in einem Punkt folge das Land mit einer gewissen Unruhe dem was die offizióse Presse von Zeit zu Zeit transpiriren lasse. Von dem Reichskanzler erwarte er nicht, daß {derselbe dem, Reichstage scine geheimen Gedanken entwidele, welchze die Grundlage der Verhandlungen seien. Junbefsen liege es doch, wie die Sachen jeßt lägen, im Jnteresse des Landes, wenn der Kanzler Einiges über seine Aufsassung der Situation, namentlich in Bezug auf die Stellung des Papstthums, und was den Papst selbst betresfe, mittheilen wolle. Wie fehr Deutschland diese Frage innerlich berühre, habe der Reichskanzler selbst angedeutet, der Abg. Reichensperger habe gestern sogar die Fahne des Kreuzes gegen alle Ungläubigen auf der linlen Seite des Hauses entfaltet seit langer Zeit sei wohl nicht in fo herber Weise der Religionskrieg im eigenen Lande N worden. Vom höchsten Jnteresse wäre es, wenn dieje Frage der inneren Politik sich mit einer Frage der äußeren vereinigen und die Frage des Papsithunzs, seiner weltlichen Mat über den inneren Frieden Deutschlands sich verbreiten sollte. Vielleicht verschaffe der Reichskanzler dem Neichstage, soweit

3 das Juteresse der Geschäste gestatte, darüber einige Klarheit.

Hierauf ergriff ver Reichskanzler Fürst von Bismarcl das Wort: : O L ;

In dem Budget, über das wir diskutiren, befindet sich eine Po- sitien, welche zu einer Interpellation über Beziehungen des Reiches zum Papst Anlaß geben könnte, nicht. Jch kann jedo dessen- ungeachtet die Anfrage des Herrn Vorredners dahin beantworten, daß Verhandlungen des Deutschen Neiches mit dem römischen Stuhl über- haupt nicht stattfinden. Ich kann seine Ansicht nicht theilen, daß es dem Lande oder dem Neiche nüßlich wäre, die Beziehungen, in denen beispielsweise das Königreich Preußen, au andere Bundesstaaten, zu Rom stehn, hier zum Gegenstand der Diskussion zu machen. Die konfessionellen Fragen gehören nit zu den unter Art. 4 der Neichs- verfassung aufgeführten, und ih halte es für nüßlich, den Streit darüber auf diejenigen Grenzen zu beshränken, in die er mög- liherweise eingegrenzkt werden kann. Die Beziehungen, die dem Herrn Vorredner vorsweben , sind wohl nicht die des Reiches, sondern die Preußens, und ich wäre gern bereit, näher auf die Frage cinzugèßen, wenn er mir im preußischen Landtage eine ähnliche Anfrage vorlegte, dann würde ih über die Absichten der preußischen Regierung dort Auskunft geben. Der König von Preußen sowohl, wie andere Mitglieder des Reiches ih meine wie andere Bundesstaaten haben ein wesentlihes Interesse oder fühlen die Pflicht, können sie fühlen, und der König von Preußen fühlt fie jedenfalls, die Interessen ihrer katholischen Unterthanen in Rom auch vom Standpukte der weltlichen Gewalt wahrzunehmen, und deshalb ist die Absicht, demnächst in das preußisde Budget eine Position einzufügen, die den Zweck hat, direkte Beziehungen und Verhandlunaen über die vielen Personal- und anderen Frogen, die vorkommen, über vicle Lokalfragen, aub über wictigere und prinzipiellere Fragen, wieder direkt möglich zu machen, Die Aufhebung derjenigen Gesandtschaft, die von Preußen auf den Norddeutschen Bund und dann noch auf das Deutsche Reich übergegangen war, die früher in Nom bestand, hat an und für sich prinzipielle Gründe, die mit dem, was man Kulturkampf in Preußen neunt, in einem logischen Zusammenhange ständen, niht. Sie werden si aus den Verhandlungen erinnern, daß wir damals empfindlich berührt wurden durch die Tonart der Sprache, die von Rom aus in Bezug auf die preußische Regierung, respektive den Kaiser, der ja gleichzeitig König von Preußen ist, geführt wurde, und daß das der Grund war, warum wir zuerst die Verhandlungen abbrahen und demnächst die Gesandtschaft niht wieder in Ansaß brachten. Dieses Motiv der Verstimmung unsererseits ist seitdem weggefallen. Wir stechen inden höflihsten und freundlihsten Beziehungen mit dem jetzigen Inhaber des römischen Stubles, uud es liegt kein Grund mehr vor, die Interessen der ka- tbolishen Unterthanen der einzelnen Staaten nicht wahrzunehmen. Wenn diese Aufgabe nah meiner! Auffassung zunächst dur den preu-

ischen Staat mehr, als durch das Deutsche Neich zu erfüllen ist, fo eitet mi dabei kein prinzipielles Bedenken, sondern nur die Logik der geschäftlihen Lage. Das Neich hat die konfessionellen Fragen und den Schuß der Eingesessenen der einzelnen Länder, die Vertretung und Befürwortung ihrer Interessen in Rom, die ja von evange- lischen und fkatholishen Staaten seit Jahrhunderten immer siatt- gefunden hat, in einer eingestandenen oder offiziösen Form das Neich hat sie unter seinen Attributionen in der erfassung nit aufgezählt. Es würde das an sich kein Hinderniß scin, da au andere Landesinteressen, die mehreren Bundeëstaaten gemein- sam sind, wie diese, unter Umständen durch Beamte des Reichs wahrgenommen werden, und das Interesse, mit dem höchsten Priester der katholishen Kirche, welber ein so wesentlicher Theil der deut- {en Unterthanen angehört, direkt zu verhandeln, ist gescäftlih nicht nur in Preußen vorhanden, es ist in allen deutschen Staaten vor- handen, welche katholische Unterthanen haben. Von Bayern wird es dur cinen eigenen bayerischen ständigen Gesandten wahrgenommen, und logisch zunäcst lag mir die Sache in der Form nahe, daß der König von Preußen die Interessen seiner Unterthanen selbst wahrzunehmen )abe, Das würde niht hindern, wenn S Ptetoweils, was bisher niht der all gewesen ist, in Sachsen, in Wöürttem- berg, in Baden, in cen die gleihe Auffassung der Dinge bestände, daß tieselbe Vertretung auch von Seiten des Reiches stattfinden könnte, niht als eine Vertretung bei einer auswärtigen Macht, sondern als cine Vertretung bei dem Haupte einer Kirhe. Jch habe mir dabei die Frage vorgelegt: kann ich die fatholishe Kirche in Deutscbland als eine ausländische Institution etrahten, die dem rein diplomatischen Verkehr unterworfen ist ?

habe geglaubt, diese Frage verneinen zu sollen. Ich rechne die Vekenner der katholischen Kirche zu unseren gleichgestellten Landleuten und die Institution der fkatholishen Kirche in Deutschland mit- sammt der päpstliben Spiye, die zu ihr gehört, für eine cinbeimische Institution der deutschen Bundeéstaaten, respektive

Erste Beilage zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlich Preußischen Staats-Anzeiger.

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Berlin, Donnerstag, den 1. Dezember

des Deutschen Reiches, und insofern komme ih in Folge der Logik der Thatsachen, nicht durch irgend ein Prinzip, immer nur dahin, daß ich die Einzelvertretung zunächst indizirt halte, ah, ih aber die Ge- \sammtvertretung derjenigen Bundesstaaten, die* hierin ein gleiches Interesse haben, durch das Neich nicht ausgeschlossen finde. Die \chwebenden Verhandlungen haben bisher keine Tragweite, die selbst den Herrn Vorredner beunruhigen könnte. Wir wünschen, daß nicht blos im Reiche, welches kcinen Kulturkampf hat, sondern auc in den ein- zelnen Bundesstaaten wir dem Frieden näher und näher kommen und so nahe kommen, wie es irgend mit der traditionellen und seit Jahr- hunderten den Gegenstand des Kampfes bildenden staatliben Unab- hängigkeit, auf die der Staat bestehen muß, verträglih ift. Dieje Quadratur des Zirkels wird #ch in Vollkommenheit niemals lösen lassen und hat sich nie lösen lassen, aber wir hoffen, daß ein für beide Theile annehmbarer modus vivendi dur cine direkte Ver- tretung bei Nom möglich und nüßlich ist. Wir haben bisher diese Vertretung im Sinne und im Namen des Einzelstaates Preußen ins Auge gefaßt, wir könnten aber von dort, wenn es der Wunsch der übrigen Regierungen notabene ist, die darüber doch zuerst zu hefinden haben, wie sie ihre Interessen vertreten zu schen wünschen, wir könnten aus dieser Situation, wie wir R A in jedem 08 und an jedem Tage leiht in die der Reichsvertretung über- gehen.

Veber den materiellen Stand der Verhandlungen mit dem röômi- {hen Stuhle hier Ausdru zu geben, beabsichtige tch nicht, ih theile, wie gesagt, die Ansicht des Herrn Vorredners nit, daß es dem Reiche oder dem Lande nüßlich wäre, wenn ih es thäte.

Der Abg. Dr. Windthorst bemerkte, nach den Erklärun- gen des Neichskanzlers würde er an sich keinen Anlaß haben, heute auf die vom Abg. Virchow angeregte Angelegenheit näher einzugehen. Er sei der Meinung, daß, wenn man Be- ziehungen zum päpstlichen Stuhle wieder anknüpfen wolle, die nah seinem Dafsürhalten niemals hätten abgebrochen werden sollen, es am naturgemäßesten gewesen wäre, da wieder anzu- knüpfen, wo man abgeschnitten habe. Es habe zu der Zeit in Rom eine deutshe Gesandtschaft bestanden und es wäre nah seiner Ansicht durhaus korrekt gewesen, dieselbe wieder herzuslellen. Diese seine Ansicht habe ihn auch zu Erwägungen gesührt, inwiefern es rathsam sein kónne bei dem gegenwärtigen Etat dahinzielende Anträge zu stellen. Da er jedoch wahrzunehmen glaube, daß die Regierungen, sowohl die Reichsregierung wie die preußische Negierung, welche leßtere zunächst hier in Prage sei, vorzieche, eine preußische Gesandtschaft er betone das mit dem Îieichs- kanzler zunächst herzustellen, so habe er, ohne auf seine Ansicht zu verzichten, geglaubt, die Jnitiative der Regierung erwarten zu müssen. Denn er halte dafür, es könnten durch Anträge seinerseits oder Anträge seiner Freunde die Wege schwieriger werden, welhe man gaufsuhe, um zu cinem Verständuiß zu gelangen. Er erkenne e3 seinestheils #s{hon sehr daukbar an, wenn er ver- nehme, daß man überhaupt solche Wege ernsthaft suche. Deshalb werde er die Frage der Gesandtschaft jeßt hier nicht weiter verfolgen, Er erwarte das, was im Abgeordneten- hause des Königreichs Preußen darüber vorkommen werde. Was den Abg. Dr. Virchow betreffe, so wundere es ihn nicht, daß derselbe gerade dicse Sache angeregt habe, und es wundere ihn au nicht, daß derselbe es in der jeßt gehörten Weije ge- than habe. Er sei leider seit längerer Zeit gewöhnt, daß dieser sonst so ausgezeihnete Mann und Gelehrte es sich zur Aufgabe mach, die Fahne des Kulturkampfes höher noch zu tragen, als irgend ein anderer, und er begreife seine Beängsti- gung, wenn derselbe lese, denn derselbe habe sich ja ausdrüd- lih auf Zeitungen bezogen daß denkbarer Weise ein Frieden stehen könne. Das sei das Maß der Freiheit, welches dec Hauptfühcer der Fortschrittspartei anerkenne, daß man nicht im Lande frei und ungehindert seine Gewissenêspflihten erfüllen solle, daß man niht der Kirche Naum lasse, die Religion zu lehren und zu üben. Es sei das eine ganz neue, moderne Auffassung der Freiheit, und er sei gespannt, wie lange die übrigen Mitglieder der Fortschrittêpartei, dieses besondere Erbe deutscher Professoren, die JFntoleranz, weiter fortpflanzen wollten. Der Abg. Virchow habe gemeint, es sei ein großer Krieg zu erwarten, wenn man Anschauungen vertrete und verbreite, wie sie hier ausgesprochen worden seien. Von einem solchen Krieg sei hier gar niht die Rede. Auch der Abg. lr. Hänel, der in diesen Dingen mit seinem Kollegen Virhow rühmlih zu welteifern bemüht sei, habe gestern ganz Uehnliches verlautbart und gemeint, er (ber Abg. Hänel) würde den Katholiken gegenüber das protestantische Be- wußtsein aufrufen. Der Aufruf könne bei Protestantenverecin- lern vielleicht Anklang finden, bei den gläubigen Protestanten finde derselbe ihn niht. Er werde dem verehrten Herrn, wenn derselbe es wünsche, gerade in diesem Augenbli fei er dazu in den Stand geseyzt worden eine Sqchrist aus ciner protestantishzn Feder überreichen, in der terselbe ganz andere Jdeen entwickelt finden würde, als sie in Kiel noch üblich zu sein schienen. Um was handele es sich in dem Kampfe, den die Herren in die Diskussion hin- einzögen? Um gar nichts anderes als darum, daß die Katholiken für ihre Kirche und für ihre Gewissensfreiheit in Anspruch nähmen, was ihnen zu allen Zeiten, durch alle Verträge, durch die Geschichte zugestanden worden sci, und wenn sie dieses verlangten, so verlangten sie gar nihts, was sie niht den evangelischen Mitbrüdern voll und ganz gewähren würden. Er sei weit N der evangelischen Kirche in irgend welher Weise zu nahe treten zu wollen. Das Centrum habe zu allen Zeiten die Rechte dieser Kirche ebenso vertreten, wie die der cigenen, und scine Partei werde niemals irgend etwas sagen oder unternehmen, was die Gewissens- sreiheit der christlihen Mitbrüder kränken könnte. ber die Katholiken wollten enolichch zur Ruhe kommen und wollten im Deulschen Reiche Sicherheit haben für ihre Kirche und ihre Gewissensfreiheit und die müßte und sollte man den Katholiken gewähren für alle Zeit. Wenn es ih um Verfassungen in Deutschland gehandelt habe, habe man sich jeder Zeit bemüht, für beide Religionetheile die nöthigen Siterheiten herbeizuschaffen, und die Protestanten hätten zu der Zeit, wie sie in der Minderheit gewesen seien, es vollkom: men verstanden, sih diese Sicherheiten zu verschaffen. : Centrum gegenüber weise die Linke auf Majoritäten hin, drohe das Centrum mit Majorükten, wie gestern der Abg.

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Dr, Hänel gethan Habe. Sei das Gleichheit des Rechts? Weit entfernt, irgendwelhen Unsfrieden stisten zu wollen, - sage das Centrum: gebe man den Katholiken ihr Recht, das Centrum werde das -Necht der Protestanten nié antafsten, und sollte es angetastet werden, fo werde das Centrum es mit derselben Energie vertheidigen, mit dex es das seinige vertheidigt habe. (Nuf links: Tirol!) Man fei hier in Deutsch= land und nicht in Tirol, und wenn in Tirol irgend ctwas versehen sei, jo könnten die Herren sih darauf verlaffen, daß das nie seine Billigung gehabt habe, und er könne nachweisen, daß er seine Stimme dagegen erhoben habe. Uebrigens, wenn die Linke ihn nah Tirol weise, dann weise er diefelbe nah dem Gustav-Adolf-Land, nah Shweden. Er dächte, daß Allen das Heil des Deutschen Reiches am Herzen liege, und wenn der Fall sei, dann sage er: Wolle man das Deutsche Neich fesier gründen, als es heute stehe, so mache man dem reli- giösen Zwiespalt ein Ende und säe man nicht täglich neuen Saninen der Zwictracht aus, wie es heute dex Abg. Dr. Virchow gethan habe.

Der Abg. Dr. VirWow bemerkte, so komme er zu der Rolle eines Säemanns, während er dem Neichskanzler Ge= legenheit zu geben geglaubt habe, über diese Sache sich auszu- sprehen und dadurch Frieden im Lande auszubreiten. Man sei jet dahin gekommen, daß religiöse Fragen in politische konvertirt würden. Dies habe auch der Reichskanzler früher anerkannt, indem derselbe die Bildung des Centrums als politische Partei getadelt habe. Jetzt scheine der Kanzler si dessen freilih nicht mehr zu erinnern, weil auf der Rechten eine Art kirchlicher Organisation der politishen Parteien statt= finde. Der Abg. Reichensperger habe gesagt, die Herren würden Eünstig unter dem Banner des Kreuzes einherziehen. Diese Organisation politischer Parteien finde nicht jowohk nach religiösen, als nah hierarchishen Gesichtspunkten statt. Nicht um Religion, um die Hierarchie handele es sich; das politische Leben in Deutschland werde mit diesen Religions- kämpfen vergiftet, in den Debatten höre man immer vom Kulturkampfe, weil das Centrum sich hier als kirhlihe Partei geltend machen wolle und man könne dadur dahin kommen, daß die Kultur vergangener Jahrhunderte gefährdet werde. Es sei komisch, wenn der Abg. Windthorst seiner Partei Fn- toleranz vorwerfe. Solche unschuldige Aeußerungen kämen aus einem etwas verhüllten, aber innerlich etwas wilden Gemüthe Toleranz werde zur Fntoleranz und Fntoleranz zur Teleranz gemacht. Der Abg. Windthorst behaupte, derselbe sei gegen die Tiroler Sachen gewesen, derselbe wende aber dadurch die von seiner Kirche in neuester Zeit in Tirol bewiesene Jntoleranz niht ab. Es gebe kein Land, ws nicht seine Kirche intolerant gewesen sei. Und wenn sih die protestantische und katholische Kirche zu Trägerinnen der poli- tischen Bewegung verbänden und von der Regierung als folhe anerkannt würden dann würden alle zu Kreuze kciehen müssen. Er lehne die Verantwortlichkeit für die Folgen des Kulturkampfes ab. Dieser Kampf sollte nicht zur Jutoleranz, noch zur Verfolgung Einzelner führen, sondern zur größeren Freiheit der Fndividuen. Er lasse sih nicht in die Schuhe schieben, was der Kulturkampf auhch für ihn Peinliches und Unangenehmes gebraht habe und was er gewünscht hätte vermieden zu schen. Er habe für Alles gestimmt, weil er geglaubt habe, der Reichskanzler würde kon- sequenter sein, als derselbe gewesen sei. Er habe geglaubt, derselbe würde die wirklihe Befreiung der Schule von der Kirche herbeiführen und die leßtere auf wirklicher Gewissens- freiheit aufbauen lassen. Es hätten sich auch Andere getäuscht. Er habe Unrecht gehabt und hätte er die gegenwärtige Situa=- tion vorhergesehen, so hätte er Nein! gesagt. Er habe damals die Anbahnung einer friedlihen Entwickelung der Verhältnisse aller Religionsbekenntnisse im Reiche erhofft. Darauf müsse man jeßt verzichten, er hose aber auf eine bessere Zukunft und wolle durch die Swritte der Gegenwart nicht zu viel präjudiziren lassen. Aus der Bemerkung des Reichskanzlers, es sei mit dem Papjte ri ht wie mit einer auswärtigen Macht zu verhandeln, ersehe er, daß die Fabel von seiner Unterstüßung des Papsithums zur Wiedererlangung der weltlichen Macht hinfällig sei, Denn die Nichtanerkennung des Papstthums als eine auswärtige Macht schließe die Anerkennung der weltlihen Machtsiellung derselben aus. Von diesem Standpunkte aus sei ihm der Gedanke einer besonderen Vertretung beim Papste nicht \ympathish. Doch wolle er davon erst im Abgeordnetenhause: sprechen. Er sage nur folgendes : Die Liberalen hielten die Stellung des Kaisers dur die Neichsverfassung für zw sehr beengt und so sei es auch in Bezug auf die diplomat1- hen Vertretungen nah außen. Es wäre kein glüd- liches Beispiel, wenn durch eine solhe Fnaugurivung einer diplomatischen Vertretung Preußens außerhalb Deutschlands ein anderer Staat in noch ausgedehnterer Weise zur Sen- dung einer diplomatischen Vertretung sih veranlaßt sähe. Er stimme mit dem Reichskanzler überein, daß das Reich nah außen die volle Einheit erkennen lassen müsse, deehalb sei ihm diese Vertretung beim Papst nicht sympathisch. Wenn man aber-

ar den Papst mit der Kurie nach Deutschlaud bekommen ollte, dann werde die Aussicht allerdings doppelt unheimlich. Wenn es dazu käme und das Deutsche Reich ficg bei einem Manne, der in Deutschland residire, vertreten. lc.ssen müßten, so läge das außerhalb der Bestrebungen, d‘ er und seine politishen Freunde im Jnteresse des Reichs und der Nation für wünschenswerlh halte.

Darauf nahm der Reichskanzler Fürst von Bismarck, wie folgt, das Wort. as ,

Der ‘Herr Vorredner hat ja vollständig Net, wenn er sagt, daß dieser Bani: den er selbst Kulturkampf genannt hat, seine wesentli politishe Seite hat. Die römijhe Kirche ist von jeher nicht blos ein geistliche und kirchliche, sondern av eine politishe Macht gewesen, und der Herr Vorredner hat uns darüber nichts Neues ge- jagt, die wir unsere deutshe Geschicz)e tausend Jahre rückwärts rennen. Das Papstthum ist, wie jede. Kirche gelegentli, cine schr starke politishe Macht gewesen. Rein konfessionelle Kämpfe würde ih überhaupt nicht führen; wenn der politische Beisaß, die Macbtfrage niht wäre, cine Machtfrage, die au in der vorchristliben Zeit sich zwischen Königen und Priestern kenntlich gemacht hat, =- wenn die

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