1881 / 290 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 10 Dec 1881 18:00:01 GMT) scan diff

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Baden. Karlsruhe, I. Dezeulzer. (W. T. B.) Der „Karlsruher Zeitung“ zufolge schreitet die Genesung des Großherzogs in erfreulicher Weise fort. Die neuralgischen Beschwerden haben si seit einer Woche nit mehr eingestellt. Der Großherzog verbringt den größten Theil des Tages außerhalb des Krankenzimwmers und versu@t seit drei Tagen zu gehen. Die hierbei Anfangs auftretende Schmerzhastigkeit und Ermüdung weichen größerem Kraftgefühl. Da die Un- gunst der Jahreszeit den unmittelbaren Genuß freier Luft nicht zuläßt, haben die Aerzte die Möglichkeit eines vorüber- gehenden Aufenthalts im Süden erwogen.

Der Markgraf Max, Oheim des Großherzogs, be- ging gestern, 8, die Feier seines 85. Geburt3tages.

Elsaß - Lothringen. Straßburg, 8. Dezember. Die Ansprache, welche der Statthalter gestern Abend an die Mitglieder des Ober-Konsistoriums, die Professoren der evangelisch - theologishen Fakultät der Kaiser Wilhelms- Universität, das Kapitel des St. Thomasstiftes und die ältesten Pfarrer der Straßburger protestantischen Kirchen, ge- halten, hatte nah der „Els.-Lothr. Ztg.“ folgenden Wortlaut :

Geehrte und Hohwürdige Herren!

Ich spreche Jhnen, Herr Präsident, und den Herren des Dber- Konsistoriums zuvörderst mein aufrihtiges Bedauern aus, daß es mir nicht me war, den gestrigen Abend in Ihrer Mitte zu verleben, aber ich bin genöthigt, A auf meine Gesundheit zu nehmen, die Niemandem drückender e als mir. Geehrte und Hochwürdige

erren, ih befinde mich Ihnen gegenüber in peinlicher Lage. Jch er- lebe hier das Schwerste, was mir noch in meinem ganzen Leben ge- worden das Mißtrauen meiner eigenen Glaubensgenossen. Ver- Le ich durch Crklärungen dieses Mißtrauen zu bannen, so abe ich Kampf mit meiner ganzen Individualität , denn ih Liebe es nicht, mi zu vertheidigen, und spreche ich über die religiösen und die Schulfragen, so gewinnt es immer den Anschein, als ob ich mich vertheidigte. Jedennoch ist die Sache so ernst, und die immer aufs Neue in das Land geworfenen Agitationen gefährden die Einig- keit in unserer evangelischen Kirche in solchem Maße und schaden der Beruhigung des Landes in solhem Grade, daß ih das dium der Vertheidigung auf mich nehmen will. Jch will versuchen, die That- sachen zu berühren, welche das Mißtrauen der evangelischen Geistlich- Teit und der Universität in Straßburg haben hervorrufen können.

Als ih in das Land kam, habe ih den geistlichen Herren, welche mich hier begrüßten, meinen Glauben an die Gottheit Christi aus- gesprochen und habe von den Herren nicht den Eindruck erhalten, daß sie dem nicht beistimmten. Später ist mir wiederholt gesagt worden, daß dieser Glaube von vielen Geistlihen im Lande nicht getheilt werde. Da ih gern mir selbst Kenntniß von den Dingen verschaffe, habe ih die ersten Geistlichen, die ich zu bestätigen hatte, gefragt, ob sie an die Gottheit Christi glaubten ; sie haben sämmtlich mit Ja geantwortet! Es ist möglih, daß dieser Frage über ihre Bedeutung hinaus Auslegungen gegeben sind. ann sind es der Hatkenshe und der Münstersche Fall. Daß bei dem leßteren die Bestätigung niht gleich erfolgte, is, wie ih aus den Blättern ersehen, wieber dahin ausgelegt worden, daß dogmatishe Gründe die Veranlassung hiervon wären! Wie konnte das sein? Der betreffende Pfarrer amtirte ja bereits in einer Gemeinde und es war alfo nur von einer Verseßung, nicht von einer Neuernennung die Rede. Die Verzögerung lag daran, daß ih Auskunft über die Beachtung der für Pfarrernennungen gegebenen Bestimmungen gefordert hatte. Woher Koryphäen unserer Universität Veranlassung genommen, Resolutionen zu be ließen, hat mi viel denken machen. Das Bedürfniß, Grundsätze aufzujitellen und zu proklamiren, kann doch nur aus der Ueberzeugung hervorgehen, daß diese Grundsäße bisher niht befolgt worden sind, oder aus der Befürchtung, da sie in der Folge niht beachtet werden. Ich habe, soviel mir erinnerlih, bisher n einen Gymnasialdirektor ernannt und glaube nit, daß in dieser Exnennung eine Abweichung von den früheren Grundsäßen gelegen hat; bezogen

ih die Resolutionen aber auf die Zeit vor meiner Verwaltung, fo

ätten die Universität und die die Resolutionen unterzeichnet habenden pern ja früher gesprochen. Es kann si daher nur um den zweiten

all handeln, und jene Befürchtung kann sih wieder nur auf meine religiöse Auffassung und deren Uebertragung in mein amtliches Handeln gründen, oder auf die Shwäche meines Charakters, der dem Andringen auf Umänderungen in unserm höheren Schulwesen nit zu widerstehen vermöhte, Was meine religiösen Auffassungen und deren Uebertragung auf mein amtliches Handeln betrifft, so kann ih versichern, daß ih nie und nimmer in den politischen Fehler verfallen werde, Staatsgewalt und Glaubensrichtung zu iden- Üfiziren und jene anzuwenden, um dieser Geltung zu verschaffen; und was meine Charakters{hwäche anbelangt, so bin ih den Herren aller- dings fremd und deshalb möchte ih das Urtheil meines ersten Re- giments-Commandeurs über mich erzählen. Es war dies einer unserer ausgezeinetsten und genialsten Kavallerie-Offiziere, der verstorbene General-Lieutenant von Barner. Dieser sagte im Jahre 1827, als ih noch nit Offizier war, es sei ihm noch nie ein so selbständiger Charakter vorgekommen, als der des Dragoners Manteuffel. Inzwischen bin ih allerdings 53 Jahre älter geworden, aber ih glaube, ih habe mir meine Selbständigkeit bewahrt und glaube, daß Sie meine Schwäche nit zu fürhten brauchen. Ja, geehrte und Hohwürdige Herren, ih mae die Seminare und Präparandenschulen konfessionell, aber ih thue es nit auf Andrängen de qui que ce soit, sondern aus meiner inneren protestantischen Ueberzeugung. Ich kann mir nämlich gar nit denken, daß ein evangelisher Volksschullehrer tüchtig aus- gebildet werden kann, dem Doktor Martin Luther nit in seiner ganzen kernigen Persönlichkeit vorgetragen worden ist. Ebenso beruht es in meiner inneren protestantishen Ueberzeugung, daß dem Re- ligion8unterricht in den Schulen Pflege gewidmet werden muß, Ver- fichern kann ih aber, daß im Schooße der Regierung noch nie von der Errichtung eines fkatholishen Gymnasiums in Straßburg oder der Umwandlung des Lyceums in ein folches die Rede gewesen ist. Was nun die Anstellung der Lehrer im Allgemeinen anbelangt, so ist allerdings in Ueberlegung gezogen worden, ob bei den Seminarien und Praparandensculen, wo die überwiegende Anzahl der Schüler evangelischen oder katholishen Glaubens wären, es niht wünschens- werth sei, bei den Geschichtslehrern hierauf Rücksicht zu nehmen. Weiter ist meine Einwirkung auf Anstellung von Lehrern nie ge- gangen und noch nie habe ih mich mit der Frage na der Konfession der einzelnen Lehrer beschäftigt. Hier komme ih wieder an meine Vergangenheit zurück. Jch habe fast neun Jahre die Personalien der Armee bearbeitet und den Spruch, den Schiller Wallenstein in den Mund legt: „Und war der Mann nur sonsten brav und tüchtig, so pflegt ih eben niht nach seinem Stammbaum, noch nach seinem Katechismus viel zu fragen“, habe ich immer festgehalten. Jh Ne gen Grundgedanke ist im Einklang mit der neu aufgestellten

esolution.

Und nun den Fall, der wohl die meiste Aufregung hervorgerufen hat, die Hattenshe Pfarrwahl. Da vermag ih nicht über alle Details uskunft zu geben, denn da müßte ih innere Amtsbeziehungen ilden Regierung und Direktorium berühren und das ist nit zu- lässig. Das kann ih aber anführen, daß der betreffende Geistliche, als er um meine Bestätigung bat, mit der Versicherung begann, er

laube si verläumdet, er glaube an die Gottheit Christi. Hätte es ih um d e Glaubensfrage gehandelt, so war diese erledigt, aber zu anderen Gründen gewann ih auch die Ansicht, das dieser Geistliche nicht geeignet sei, Frieden in eine große, in religiöse Parteiungen ge- spaltene Gemeinde zu bringen, Keine dogmatischen, rein politische ünde haben mich hier geleite, Jch erinnere mich sehr wohl aus den Studien meiner Jugend der Entwickelung der evangelischen Kirche in Straßburg und wie sie unter dem Einflusse der Schweiz fich selbständiger gestaltete, als es im Norden Deutsch- lands stattfand, und ebenso, wie sie, als König Ludwig XIV. Druck ausübte, um die katholishe Kirche zur Herrschaft zu bringen, um so

sorgsältiger über die r Selbständigkeit wachte. Jh hüte mi, dieser historishen Entwicktelung entgegenzutreten und in die Selbst- ständigkeit der Kirche eingreifen zu wollen. Aber die Rechte des Staates wahre ih der evangelischen Kirche ebenso wie der katholischen gegenüber. Die protestantische Welt bewegt heute der Kampf über den Begriff von der Gottheit Christi. Jch mödhte da an die fsubtilen Streitigkeiten über die Abendmahlslehre erinnern, welche zu den Zeiten Luthers und Zwingli's die Protestanten veruneinigte. War es ein Unglück, daß Luther und Zwingli \sih nit einigen konnten? Ich bin Lutheraner, aber ih denke, daß zur freien Weiterentwickelung des menschlichen Geistes es gehörte, daß diese Einigung nicht stattfand, und daß die protestantische Kirhe mcht allein in Eng, Mee Ne Lehre eingeengt wurde. Gott gebe, daß die heutigen Streitfragen nicht zu so gehässig persönlichen Ae angen führen, als es der Streit über die Abendmahlslehre gethan. Nie habe ih mi zum Richter Andersglaubender aufgeworfen. Gönnen Sie aber auch mir, den Glauben, den ih bereits auf dem Schooße meiner seligen Mutter eingesogen und der mich dur viele Stürme des Lebens geführt hat, den „an die Gottheit des Mensch gewordenen Gottsohnes und an die alleinige Rechtfertigung durch den Glauben an ihn“ für den Abend meines Lebens in Ruhe und Friede zu bewahren.

Und nun leere ih dieses Glas auf die Einigkeit unserer evan- gelishen Kirche in allen ihren Ricbtungen, damit sie stark bleibe gegen die Kämpfe, die ihr von vielen Seiten bevorstehen!

Desterreich-Ungarn. Wien, 9. Dezember. (W. T. B.) Im Abgeordnetenhause gedenkt der Präsident mit Worten wärmster Theilnahme der furchtbaren Katastrophe im Ring-Theater und bemerkt, er glaube ntcht, daß das Msi heute in der Verfassung sei, zu berathen. (Allgemeine ustimmung.) Eduard Süß dankt dem Präsidenten im Namen der Vertreter Wiens für dessen sympathishe Worte. (Beifall.) Rieger ist gleihfalls mit Schließung der Sitzung einverstan- den, Angesichts des Unglücks, welches die Stadt betroffen, in welcher die Abgeordneten gastlihe Aufnahme gefunden. Redner hofft, das menschliche Mitleid werde sich zur Linderung der materiellen Noth geltend machen. (Beifall.) Nächste Sißung morgen.

Pest, 8. Dezember. Der „Pest. L.“ meldet: „Bezüglich

der Abreise Jhrer Majestäten nah Wien ist bisher noch keine endgültige Disposition getroffen. Jhre Majestäten dürsten wahrscheinlih bis zum 19., 20. in Gödöllö bleiben und sich erst dann nach Wien begeben. Das Kron- prinzliche Paar trifft am 11. d. von Prag în Wien ein. Der Minister des Aeußern Graf Kalnoki wird in den nächsten Tagen in Budapest eintreffen und hier von Sr. Majestät empfangen werden ; Graf Kalnoky wird hier mehrere Tage verweilen.“

9, Dezember. (W. T. B.) Das Abgeordnetenhaus hat den provisorishen Handelsvertrag mit Frankreih, ferner die wegen Gewährung gegenseitiger Rechtshülfe und wegen gegenseitiger Auslieferung gemeiner Verbrecher mit Serbien abgeshlossenen Verträge, sowie den Konsularvertrag mit Ser- bien genehmigt.

Großbritannien und Jrland. London, 10. De- zember. (W. T. B.) Die Mo rgenbläter veröffentlichen einen Aufruf zu Gunsten einer nationalen Sub- N behufs Wahrung der Eigenthumsrechte in

rland. +

Frankreich. Paxis, 9. Dezember. (W. T. B.) Die Deputirtenkammer berieth heute den 'französi\ch- italienishen Handelsvertrag. Jm Laufe der Ver- handlungen erklärte der Handels-Minister Rouvier: die Regierung wünsche eine abermalige Verlängerung der Handelsverträge nicht eintreten zu lassen; die über Handels- verträge noch schwebenden Verhandlungen würden an dem Punkte wieder aufgenommen werden, wo sie stehen geblieben seien; die Regierung hoffe, die Verhandlungen noch vor dem 15. k. M. beendigen zu können. Während der Ferien könne die kompetente Kommission die Verträge prüfen und dieselben könnten nah Maßgabe des Ergebnisses dann unterzeichnet werden. Es sei der Wunsch der Regierung, der Ungewißheit der kommerziellen Lage ein Ende zu machen und möglichst ras{ch einen stabilen Zustand herbeizuführen. Der Deputirte d'Autresme beantragte die Vertagung der Be- rathung. Dieselbe wurde jedoch abgelehnt und nach längerer Debatte der Vertrag genehmig.

Italien. Rom, 9. Dezembcr. (W. T. B.) Die Deputirtenkammer seßte heute die Berathung des Budgets für |das Ministerium des Auswärtigen fort. Anläßlich einer dabei von Crispi herbeigeführten De- batte über die angebliche Existenz einer Note des Fürsten Bismarck bezüglih des Garantiegeseßes erklärte der Minister des Auswärtigen, Mancini, daß eine solhe Note nicht existire, Zugleich bat derselbe, daß man von der Diskussion derartiger Gegenstände Abstand nehmen möge. Er sei glüclih, der Kammer mittheilen zu können, daß er vor einigen Stunden ein Telegramm erhalten habe, in welhem Fürst Bismarck mit großer Courtoisie ihm danken lasse für die vorgestern von ihm in der Kammer ab- gegebenen Erklärungen über die Aeußerungen des deutschen Reichskanzlers im Reichstage. Die Auffassung dieser Aeußerungen dur den Minister Jtaliens, habe Fürst Bismarck hinzugefügt, stehe vollständig im Einklange mit der Auffassung Desjenigen, der sie gethan. Man könne wohl nicht zweifeln weder an den freundschaftlihen Gefühlen und Absichten des Fürsten Bismarck Jtalien gegenüber, noch auch an der Aufrichtigkeit seiner Wünsche für die erlauhte, mit dem deutschen Kaiserhause so eng verbundene italienishe Dynastie. Der Minister {loß seine Mittheilung mit dem Ausdruck der Hoffnung, daß die Jtaliener, nachdem jede unnüge Diskussion in der Kammer und im Lande aufgehört habe, sih allesammt vereinigen würden in den Gefühlen der Sympathie und der Freundschaft für Deutschland und in den Gefühlen ruhigen Vertrauens und der Achtung für die hohe Weisheit und die

Seelengröße des erhabenen Staatsmannes, der an der Spihe der deutschen Reichsregierung stehe. ;

Der Senat begann die Berathung des Gesetzentwurfs über die Wahlreform.

Rumänien. Bukarest, 9. Dezember. (W. T. B.) ger verlautet, daß das Wiener Kabinet der rumänischen egierung keineswegs das Recht bestreitet, ihre Jnteressen in der onaufrage zu vertheidigen, wohl aber Genug- thuung dafür verlangt, daß die Donaufrage in der rumä- nischen Thronrede in einer dem diplomatishen Gebrauch nicht entsprechenden Weise und in einem gegen Oesterreih-Ungarn nahezu feindseligen Tone besprohen worden is. Die rumänische Regierung ist für diesen Fall aber ganz disponirt, der österreihish-ungarishen Regierung die entsprechende Ge-

nugthuung zu geben. Sonach nimmt7man an, daß die Unter-

brechung des regelmäßigen diplomatishen Verkehrs zwischen Oesterreih:Ungarn und Rumänien in nit langer Frist ihre Endschaft finden werde.

Nußland und Polen. St. Petersburg, 9. Dezember, (W. T. B.) Kaiser Alexander hat an den Deutschen Kaiser anläßlih des St. Georgsfestes ein Telegramm gerichtet, in welchem der älteste gefeiertesie Georgsritter be: glückwünscht wird.

_ 10. Dezember. (W. T. B.) Nach einer im „Re- glerungsanzeiger“ veröffentlichten Bekanntmachung der eigenen Kanzelei der Kaiserin hat der St. Petersburger Pupillenrath beschlossen, Demjenigen, welcher zur Wiedererlangung der am 15. November in Moskau entwen- deten, dem dortigen Findelhause gehörenden 307 711 Rubel die erforderlihen Wege angiebt, als Belohnung 10 Proz. von der wiedererlangten Geldsumme auszuzahlen. Die deutshe „St. Petersburger Zeitung“ erfährt, das Finanz-Ministerium beabsichtige sür das kommende Jahr zur Tilgung der Staatsschulden und Verzinsung der Anleihen 193 776 000 Rubel anzuweisen.

« Dánemark. Kopenhagen, 7. Dezember. (Hamb. Corr.) Das Folkethin g beendete gestern die erste Lesung des Budgets, Nach dem Führer der Radikalen, Berg, sprachen einige Mit- glieder der Rechten und alsdann der Conjseils: Präsident Estru p. Dieser bezweifelte die Zweckmäßigkeit der immer wiederkehrenden Klagen der Linken darüber, daß das Ministerium noch auf seinem Plage sei. Mit Berg stimme er vollständig darin üker: ein, daß die jeßige Situation unerträglich sei ; aber diese Ueber- einstimmung höre auf, sobald festgestellt werden solle, wo die Ver- antwortlihkeit dafür liege. Bezüglich der angeregten Zollreform erklärte er, augenblicklih niht näher auf die Sache eingehen

zu wollen, da er hoffe, binnen Kurzem das Vergnügen zu

haben, die Angelegenheit mit dem Thing diskutiren zu können. Sodann wies der Minister auf gegebene Veranlassung die Behauptung mehrerer Redner zurück, daß die Minister ver- pflichtet seien, jegliche Bemerkung, die während der Berathung gemacht werde, zu beantworten. Der Abz. Rimestad (von der Rechten) hielt es für gerechtfertigt, daß das Ministerium in diesem Jahre das Budget pro 1881/82 nicht wieder vorgelegt habe, worauf der frühere Justiz-Minister Klein (Nechte) erklärte, daß man das Grundgeseß nihts aus Nücksicht darauf bei Seite seßen könne, was man augenblicklich für passend halte. Schließlih wurde ohne Abstimmung der Uebergang zur zwei- ten Lesung des Budgets und auf Antrag Bojsens Ueber- weisung des Budgets an einen aus 15 Mitgliedern bestehen- den Aus\huß beschlossen. Jn der heutigen Sißung wurde die Wahl der Mitglieder des Budgetausschusses vorgenommen. Der Ausschuß konstituirte sih unmittelbar nah der Wahl und

wählte Bojsen (moderat) zum Vorsißenden und Dam zum Sekretär.

Die Nr. 49 des Central-Blatts für das Deutsche Rei, herausgegeben im Reichsamt des Innern, hat folgenden Inhalt : Allgemeine Verwaltungssahen: Bekanntmachung, betreffend Rinder- pest, Pr und Steuerwesen: Veränderungen im Bestande und in den Befugnissen von Zoll- und Steuerstellen. Justizwesen: Nachweisung der zur Vertretung des Militärfiskus bei Pfändung des Diensteinkommens von Militärpersonen berufenen Militärbehörden im Ressort der Königlich sächsishen Militärverwaltung. Polizet- wesen: Ausweisung von Ausländern aus dem Reichsgebiete.

Nr. 45 des Justiz-Ministerial-Blatts hat folgenden Inhalt: Allgemeine Verfügung vom 6. Dezember 1881, betreffend die Geschäftsergebnisse der preußischen Justizbehörden aus dem Jahre 1880.

Nr. 37 des „Centralblatt der Bauverwaltung“, heraus- gegeben im Ministerium der öffentlihen Arbeiten, hat folgenden Inhalt: Amtliches: Cirkularerlasse vom 19. und 26. November 1881, Personalnachrihten. Nichtamtliches: Ueber architektouische Terracotten in Griechenland und seinen italishen Kolonien. Die medizinischen Lehrinstitute der Universität in Halle a. S. (Fortsetzung und Schluß). Cölner Stadterweiterung: Zur Erhaltung des Hahnenthores. Die neue Leuchtbake in Swinemünde. Ucbcr das Wort „Tramway“. Ueber Unterhaltung und Dauer von Draht- seilhängebrücken. Vermischtes: Das neue Reichstagsgebäude. St. Servatii-Schloßkirhe in Quedlinburg. Elektrische Beleuch- tung des Bahnhofs in Straßburg i. E. Elektrishe Beleuchtung der Großen Oper in Paris. Technische Hochschule in Berlin. Technische Hochschule in Hannover Technische Hochschule in Karls- ruhe. Cölner Stadterweiterung: Zur Erhaltung des Hahnenthores, Bücherschau.

Neichstags - Angelegenheiten.

Dem Reichstage ist von dem Reichskanzler folgender Antrag, betreffend die Errichtung eines Neichstag3gebäudes, vorgelegt worden :

Der Reichstag wolle beschließen, daß

1) das Reichstagsgebäude auf dem in dem anliegenden Situations- plane roth umgezogenen Platze zu errichten sei,

2) die Mittel zu dem erforderlichen Grunderwerb aus dem Reicht- tagsgebäude-Fonds durch einen Nachtrag zu dem Reichshauthalts- Etat zur Verfügung zu stellen seien, 5

3) der Reichskanzler zu ermächtigen sei, im Einverständniß mit einer aus Mitgliedern des Bundesraths und Reichstags ge- bildeten Kommission die für den Grunderwerb und die Aus führnng des Baues nothwendigen weiteren Vorbereitungen zu treffen.

Begründung.

In der Sitzung vom 10. Juli 1879 hatte der Reichstag be- \{losjen, den Reichskanzler um Ermittelungen darüber zu ersrchen, ob der sogenannte kleine Königsplaß zwischen Siegessäule und Alsen- brüdcke zur Baustelle für das Reichstagsgebäude \sich eignen, und ob und unter welben Bedingungen der Platz zu erwerben sein würde.

Von dem Bundesrath war dieser Beschluß unter dem 13. Juli 1879 dem Reichskanzler überwiesen worden. Es sind demgemäß un- verweilt mit der Königlich preußisden Staatsregierung Verhandlun- ves eingeleitet worden, welche die Erledigung der von dem Reichstag undgegebenen Wünsche bezweckten. Der Ausgang der Verhandlungen war die Erklärung, daß jener“ Plaß der ihm bereits gegebenen Be- stimmung nicht entzogen und zu dem fraglihen Zwecke nicht über- lassen werden könne.

Der Beschluß des Reichstags vom 10. Juli 1879 hatte nur eine vorläufige Erledigung des im Namen der verbündeten Regierungen unter dem 21. Juni 1879 Drucksachen des Reichstags Nr. 289 an den Reichstag gebrachten Antrags herbeigeführt, welcher für das Reichstagsgebäude die Ostseite des Königsplaßes in Aussicht nahm. Eine endgültige Ablehnung des Gedankens, daß unter den obwaltenden Verhältnissen diese Seite des Königsplatzes für die Errichtung des Reichstagsgebäudes am meisten geeignet sei, ist in dem Beschlusse nit zu erkennen. Man konnte daher niht umhin, nahdem der von dem Reichstag angeregte Versuch einer anderweiten Lösung der Plaßbfrage gescheitert war, auf den früheren Vorschlag zurüdck- ugehen, zumal von allen Lösungen, welhe für die Plat- rage im Laufe des seit ihrem Enkstehen nun \{chon ver-

flossenen Jahrzehntes ernstlich in Betrabt gezogen worden waren, der in jenem Vorschlag vertretene Gedanke der einzige is, welcher bisher von keiner Seite eine endgültige Abweisung erfahren hat. Es darf hierfür auf den Verlauf der Verhandlungen seit dem Jahre 1871 Bezug genommen werden, (von welchen in der Anlage T. der leichteren Vebersiht wegen eine gedrängte Zusammenstellung ge- eben 1st. : Z 9 Der Vorschlag, das Reichstagsgebäude auf der Ostseite des Königsplates zu erbauen, ist daber einer nochmaligen Erörterung unterzogen worden. Die deshalb eingeleiteten Verhandlungen führten zunächst zu der Feststellung, daß die Königlich preußische Staats- regierung nit gewillt ist, einen Theil des Königsplates selbst für die Zwecke des Baues an das Reih zu überlassen. ‘Diejenige fiskalische Fläcbe, deren Hergabe von Preußen erwartet werden darf, \hneidet nah Westen hin mit einer Linie ab, welche durch die Front der Häuser am Königsplaß Nr. 1, 2 (Graf Raczynski) und 3 läuft. Die künstlerishen und technischen Erwägungen, welche für die Entschließung der Königlich preußishen Regierung vorzugsweise in Betracht gekommen sind, finden sich niedergelegt in einem Namens der Abtheilung für das Bauwesen in dem Königlich preußischen Ministerium der öffentlichen Arbeiten abgegebenen Gutachten (das, \o- weit es die einschlagenden Fragen berührt, in Anlage 11. mitgetheilt ist). Das Gutachten erörtert zugleich die Frage, wie unter den \o veränderten Verhältnissen der Bau des Reichstag8gebäudes an der Ostseite des Königsplaßes anzuordnen sein würde und bringt zu dem Behufe eine etwas veränderte Gestalt für den Bauplayß in Vorschlag. Das ursprüngliche Programm hatte für den Bauplaß zu dem Gebäude einshließlich der in dasselbe aufzunehmenden Räume für Wohnungen und Feslsaal, eine Breite von 150 m und eine Tiefe von 115 m, also eine Grundfläche von 17 250 qm höcbstens in Anspruch

genommen. Auf die durch den Beschluß des Reichstags vom 7. Fe--

bruar 1876 gegebene Anregung hat die durch diesen Beschluß zur weiteren Prüfung der Frage berufene Kommission in dem unter dem 13. Dezember 1876 erstatteten Berichte Drucksachen des Reichs- tags Nr. 128 eine Verkleinerung des Bauplaßzes, unter Aus\chei- dung der Wohnung des Präsidenten des Reichstags sowie des Fest- faales, bis auf eine Breite von 110 m, eine Tiefe von 105 m, mit- hin eine Grundfläche von 11 550 qm für zulässig erachtet. Das Gut- achten der Abtheilung für das Bauwesen befürwortet zwar nicht eine weitere Verminderung der letzteren Ziffer, bringt vielmehr eine Grund- fläche von 12920 am in Rechnung, es empfiehlt dagegen unter der Annahme, daß das Gebäude weder Festsaal noch Wohnungen enthal- ten soll, die Breite des Plaßes etwas größer, mit 136 mw, die Tiefe etwas geringer, mit 95 m, anzuseten.

Vermöge der Wabl dieser Maße brauht für den Bauplay, welcher in Folge der Entschließung der Königlich preußischen Regie- rung einer beträchtlichen Zurücklegung nach Often hin bedarf, weniger weit in den östlich von der Sommerstraße belegenen Privatbesiß ein- gegriffen zu werden. :

Der vorgelegte Situationsplan läßt die Lage und Größen- verhältnisse des Bauplates nah den technischen Vorschlägen ersehen. Cs wird anzuerkennen sein, daß die so veränderte Gestaltung des Bauterrains ihre Vortheile hat. Auch kann für dasselbe auf der Ostseite des Königsplatzes bei der einmal nah Westen hin gegebenen ed eine andere Anordnung nicht in Vorschlag gebracht werden.

Die Ausführung des Baues unter den vorbezeichneten Maßgaben würde zunächst einen erheblichen Grunderwerb bedingen. Es ommt dabei ein theils bebautes, theils unbebautes fiskalishes Terrain, ein städtischer Straßenzug und eine Anzahl von Privatgrundstücken in Betracht, wie der Situationsplan dies näher ersehen läßt. A

Der Erwerb des fiskalishen Terrains, Nr. 1 bis 3 am Königs- play nebst den bis an die Sommerstraße reichenden Umgebungen, und der Erwerb des unter Nr. 2 am Königsplatz errichteten Hauses des Grafen Raczynski, wird Schwierigkeiten nicht bereiten. Nach den im Namen der Königlich preußischen Regierung abgegebenen Erklä- rungen follen die bebauten Grundstücke am Königsplat Nr. 1 und 3 gegen Vergütung des im Wege der Abscbhätzuug ermittelten Werthes von 1 435 000 M, die nicht bebauten Flächen dagegen unter Vor- ausfeßung der dazu etforderlichen Zustimmung des Landtags unentgelt- lich dem Reich zur Verfügung gestellt werden. Mit dem Grafen Naczynski ist das unter dem 15. März 1879 abgeschlossene, der Vorlage an den Reichstag vom 21. Juni 1879 Drucksachen Nr. 289 beigefügte Abkommen, nach welchem der Besißer seine Nechte an Gebäuden und Grundstück gegen Zahlung von 1100 000 X dem Reich abzutreten sih verpflitet hatte, mit der Geltungsfrist bis zum 1. April 1882 erneuert. Ebensowenig wird der Erwerb des Straßenlandes, näm- lih das von dem Ausgang der Dorotheenstraße an nordwärts laufende Stück der Sommerstraße, auf Anstände stoßen können, nachdem die Stadtgemeinde Berlin sich zur unentgeltlichen Ueberlassung desselben unter der Bedingung bereit erklärt hat, daß das Reich die Kosten der Verlegung der Straßenanlagen , insoweit die Errichtung des Reichstagsgebäudes eine _solche bedingt, einshließlich der hierzu nothwendigen Grundstückserwerbungen übernimmt. Die Grundflächen, deren Erwerb außerdem noch in Frage kommt, liegen auf der östlichen Seite der Sommerstraße zwischen der Dorotheenstraße einerseits und dem im Eigenthum des Reichs befindlichen und für andere Zwecke nicht in Anspru genom- menen Grundstücke Sommerstraße 10 andererseits. In welhem Um- fange der hier belegene Privatbesiß von Seiten des Reichs in An- \pruch zu nehmen sein wird, darüber ist ebenfalls von der Abtheilung für das Bauwesen in dem Königlich preußischen Ministerium der öffentlichen Arbeiten ein Gutachten erfordert worden (dessen wesent- libe Erwägungen die Anlage 111. wiedergiebt). Das Gutachten legt die Annahme zu Grunde, daß für den Präsidenten und einige Beamte des Reichstags ein besonderes Wohnhaus in der Nähe des Neichstags- gebäudes aufgeführt werden solle und daß ein solches Haus am zweck- mäßigsten an der Sommerstraße der Mitte des Reichstagsgebäudes gegenüber, seinen Platz finden würde, Von dieser Annahme aus ist der Erwerb folgender Grundstücke als nothwendig bezeichnet worden :

Dorotheenstraße Nr. 46 und 47, 5 2

Sommerstraße Nr. 5 und 6 nebst dem ostwärts anstoßenden, zu Dorotheenstraße Nr. 45 gehörigen, unbebauten Hinter- land, und

Sommerstraße Nr. 7 bis 9, einschließli eines hinten anstoßenden, zu Dorotheenstraße Nr. 44 gehörigen Theilstücks, jedo aus- \chließlich der nad Norden belegenen, an die Spree stoßenden Parzellen.

Besißerin der Grundstücke Sommerstraße Nr. 7 bis 9 und Dorotheenstraße Nr. 44 war bisher die Deutsche Eisenbahnbaugesell- \chaft. Dem Vernehmen nach ist in den leßten Tagen ein Theil dieses Besites im Wege der Zwangsvollstreckung an die Königlich preußishe Seehandlung übergegangen. Es darf angenommen werden, daß sowohl mit dieser, als auch mit der Deutschen Cisenbahnbau- gesellschaft eine Verständigung wegen Ueberlassung der Grundstücke an das Reich gegen angemessene Entschädigung si erzielen lassen wird. Die Besitzer der Grundstücke Sommumerstraße Nr. 5 und 6 sowie Dorotheenstraße Nr. 47 bis 45 haben den Verkauf entweder über- haupt abgelehnt oder nur zu Preisen angeboten, welche das Ergebniß der auf amtliche Veranlassung durch Sachverständige vorgenommenen Abschäbungen beträchtlih überschreiten. Voraussihtlich wird das Reich daher in den Besiß dieser Grundstücke nur auf dem landes- geseßlich zulässigen Wege der Enteignung gelangen können. :

Der Werth des gesammten, hier in Betracht fogenen Privat- besißes ist nach den vorliegenden sachverständigen Abshäßungen auf etwa 5 600000 M zu veransclagen. Einschließlich der nah dem oben Bemerkten für die Grundstücke am Königsplatz Nr. 1 bis 3 zu zah- lenden Entschädigungen von 1435000 4- 1 100 000 = 2 535 000 M würden demgemäß, um das geeignete Bauterrain zu gewinnen, an Grunderwerbungs osten 8 135 #6 aufzuwenden sein, Der Reichs- tagsgebäudefonds gestattet, diesen Betrag zu entnehmen, ohne die

eckung der der für die Bauten selbst erforderlichen Aufwendungen zu gefährden. Der dur Gesey vom 8. Juli 0E NNEEDRRO S. 217) in Höhe von 24 000 000 K gebildete Fonds ist vermöge des bis zum Jahre 1877 Gese vom 11. Mai 1877, Reichs-Geseßbl. S. 495

ibm zugeshlagenen Zingeertrages bis auf 29593 573,85 M ange- wachsen. Eine Namens der Abtheilung für das Bauwesen in dem Königlich preußischen Ministerium der öffentlichen Arbeiten abgege- bene gutahtliche Aeußerung (welche als Anlage IV. anges{lofsen ist), hat die sämmtlichen Kosten des Baues, einsließlich des Baues eines Wohnhauses, für den Präsidenten u. |. w., sowie einsc{ließlich der Straßenverlegung, auf 14400000 Æ geschäßt. Auch nachdem die Kosten des Grunderwerbs dem Fonds entnommen sind, wird derselbe sonach noch einen Bestand von rund 21 458 000 ( und nach Ausführung der Bauten noch einen Ueberschuß von 7058090 M aufweisen. : L

Es. erscheint gegenwärtig noch nicht an der Zeit, über die ggrage, ob ein besonderes Wohnhaus für den Präsidenten des Reichs- tags u. st. w. gebaut werden, welbe Stelle dasselbe erhalten und wieweit in Verbindung damit das östliß von dem neuen Zuge ver Sommerstraße, an dieser und an der Dorotheenstraße belegene Privat- terrain für Reichszwecke in Anspruch genommen werden soll, eine Entschließung zu fassen. Diese Gragen werden ohne die Mit- wirkung des Reichstags nicht zu erledigen sein. Sollte sih der Reichstag für die Wahl des nunmehr in Vorschlag gebrachten Bau- plaßes für das Reichstagsgebäude entscheiden, so wird zunächst die Berufung einer aus Mitgliedern des Bundesraths und Reichstags gebildeten Kommission nothwendig werden, welche bei den weiteren Vorbereitungen für den Bau in maßgebender Weise mitzuwirken und dabei insbesondere auch über die vorher berührten Bau- und Terrain- fragen mit zu entscheiden haben würde.

Bei dieser Lage der Sache ist es zur Zeit auch noch nicht mög- li, zu übersehen, bis auf welche Höhe bereits im Laufe des nächsten Etatsjahres der Reichstag8gebäude-Fonds wird in Anspru genommen werden müssen.

Die Höhe derjenigen Zahlungen, welche, wenn der hiermit vor- gelegte Antrag die Zustimmung des Reichstags erhält, bis zum 1. April 1883 zu leisten sind, wird sich vielmehr erft bemessen lassen, nachdem die eben erwähnten Bau- und Terrainfragen ihre Lösung gefunden haben. Sobald leßteres gesehen, werden die erforderlichen Mittel im Wege eines Nachtrages zu dem Reichshaushalts-Etat für das nächste Etatsjahr flüssig gemacht werden können.

Bei der Nahwahl im Wahlkreise Minden-Lübbecke ist der Landrath von Oheimb mit 10125 gegen 5894 Stimmen, welche der Rittergutsbesißer Hoepker erhalten hat, zum Mitgliede des Reichstags gewählt worden.

Mainz, 9. Dezember. (W. T. B.) Nach dem jeßt vollständig vorliegenden Resultat erhielten bei der hiesigen Nachwahl zum Reichstage Phillips (Fortschr.) 6500, Bebel (Soz.) 5488 und Frank (Centrum) 4847 St. Es ist somit eine Stihwahl zwischen Phillips und Bebel erforderlich.

Braunschweig, 8. Dezember. (Magdb. Ztg.) Das Herzog- lihe Staats-Ministerium hat nunmehr bestimmt, daß die dur den Tod des Hrn. v. Heinemann nöthig gewordene Nahwahl für den Reichstag nicht, wie zuerst angeordnet war, am 21.,, sondern am 30. Dezember d. J. stattfinden soll.

Landtags- Angelegenheiten.

Der zum Senats-Präsidenten beim Ober-Landesgericht zu Cassel beförderte bisherige Ober-Landesgerichts-Rath Dr. Petri hat sein Mandat zum Hause der Abgeordneten für den 2. Wiesbadener Wahl- kreis niedergelegt.

Statistische Nachrichten.

Uebersicht über dic Zahl der Studirenden auf der Königlichen Georg -August-Un iversität zu Göttinse gen im Winter - Semester 1881/82, Im vorigen Se- mester sind immatrikulirt gewesen (1002+ 7=) 1009. Davon find abgegangen 268. Es sind demna geblieben 741. Hierzu sind in diesem Semester gekommen 330. Die Gesammtzahl der imma- trikulirten Studirenden beträgt daher 1071, Die evangelis{-theolo- gishe Fakultät zählt Preußen 126, Nicht-Preußen 41, zusammen 167. Die juristische Fakultät zählt Preußen 141, Nicht-Preußen 49, zusammen 190. Die medizinishe Fakultät zählt Preußen 126, Nicht-Preußen 35, zusammen 161, Die philofophishe Fakul- tät zählt: a. Preußen mit dem Zeugniß der Reife 369, b. Preußen ohne Zeugniß der Reife nach §8. 36 des Reglements vom 2. Juni 1834 64, Preußen 433, ec. Nicht-Preußen 120, zusammen 553. Einzelne Vorlesungen besuchen außerdem noch 11, Es nehmen mithin an den Vorlesungen überhaupt Theil 1082.

Die Zeitschrift des Vereins Concordia veröffentlicht seit Anfang des vorigen Jahres in vierteljährlichen Zwischenräumen statistishe Erhebungen über die Preise der Wohnungen, der für die Arbeiter wichtigsten Lebensmittel bei dem üblichen Bezug im Kleinen und über die Höhe der Arbeitslöhne in den verschiedensten Gegenden im ganzen Bereiche des Vaterlandes. Wiederholt ist {on auf das Zweckmäßige dieser Veröffentlichungen hingewiesen worden, Mit dem steigenden Interesse, welches diesen Zusammenstellungen von den ver- \chiedensten Seiten zugewendet wird, steigt die Zahl der Orte und Gegenden, aus denen die einzelnen Mittheilungen fließen, von Quartal zu Quartal. Die erste Tabelle pro 1. Januar 1880 umfaßte 52 Orte, die vom 1. April 1880 130, die Doppeltabelle pro 1. Juli und 1, Oktober 1880 146, die Zujammenstellung pro 1. Januar 1881 {hon 232, jene vom 1. April 1881 271, die vom 1. Juli 1881 276 und die soeben veröffentlichte Tabelle pro 1. Oktober d. Js. gar 340, An Einzelstaaten und, soweit Preußen und Bayern in Betracht kommen, Provinzen, sind vertreten: a. Preußen: Provinz Ostpreußen, Weslpreußen, Brandenburg, Pommern, Posen, Scblesien, Sachsen, Scch{leswig - Holstein, Hannover, Westfalen, Hessen - Nassau, Rheinland, Lauenburg; b, Bayern: Ober- bayern, Niederbayern, Pfalz, Oberpfalz (Rheinbayern), Ober- franken, Mittelfranken, Unterfranken, Schwaben, e, Sachsen, d, Württemberg, e. Baden, f. Hessen, g. Sachsen - Meiningen, h. Sachsen - Weimar, i. Mecklenburg - Schwerin, k. Melenburg- Strelilz, 1, Oldenburg, m. Braunschweig, n. Sacsen-Altenburg, 0. Sachsen-Coburg-Gotha, p. Anhalt, q. Schwarzburg - Sonders- hausen, ,r. Reuß ältere Linie, s. Reuß jüngere Linie, t. Lippe, u. Bremen, v. Hamburg, w. Elsaß-Lothringen. Von den größeren Städten, aus welchen Angaben vorliegen, sind zu nennen: Aachen Burtscheidt, Barmen, Berlin, Bonn, Bremen, Charlottenburg, Cöln, Danzig, Darmstadt, ‘Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Erfurt, Er- langen, Frankfurt a. M., Frankfurt a. O., Gießen, Halle, Hamburg,

annover, Heilbronn, Kaiserslautern, Karlsruhe, Kassel, Königsberg, Leipzig, Ludwigshafen, Magdeburg, Mainz, Mannheim, Metz, Mün- ben, Nürnberg, Offenbach a. M., Passau, Potsdam, Saarbrücken, Siegen, Speyer, Stettin, Stralsund, Straßburg i. E., Stuttgart, Tilsit, Ulm, Wiesbaden, Worms, Würzburg. Zwickau 2c. 2c. Der genannte Verein ist bemüht, die Orte und Gegenden noch zu vermehren und zu vervollständigen, um diese Veröffentlichungen zu einem bedeutungs- und werthvollen Material zu gestalten.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Publikationen aus den Königlih preußischen Staatsarchiven. Veranlaßt und unterstüßt durh die Königliche Archivverwaltung. Leipzig. Verlag von S. Hirzel. 1881, 8. Band: Preußen und Frankreich von 1795 bis 1807, Dipl oma- tische Korrespondenzen, herausgegeben von Paul Bailleu, Königl. Archivsekretär. Erster Theil (1795—1800). Die in diesem ersten Theile veröffentlichten Korrespondenzen bieten für die Ge- \c{hichte des Ursprungs und Verlaufs des großen Krieges, in dem das alte Breiden unterging, eine umfassende urkundlihe Grundlage, denn sie enthalten namentlich die Aktenstücke, welche die Beziehungen Prenvens und Frankreihs zwischen den Friedenss{lüssen von Basel und Tilsit beleuchten. Es fehlen jedoch au diejenigen Schriftstücke

nit, welche, ohne darauf unmittelbaren Bezug zu haben, dur origi- nale Mittheilungen unsere Kenntniß von den leitenden Perfönlich- keiten und den Zuständen beider Länder bereichern. Nur so ist es möglich, die Ursachen und den Ausgang des Konflikts ret zu verstehen. Der größte Theil des mitgetheilten Urkundenmaterials entstammt dem Geheimen Staatsarchiv, welches namentlih in den Kabinetspapieren König Friedri Wilhelms 111. wihtige noch unbekannte Schriftstücke bot, die über die Krisis des Jahres 1799 ein helleres Licht verbreiten. Ergänzt werden dieselben durchÞ Stücke aus den Archiven zu Wien und Weimar. Ein ganz besonderes Interesse aber beanspruchen die hier z»m ersten Male veröffentlichten, auf die behandelte Epoche be- züglichen Akten des französishen Ministeriums des Auswärtigen, welche der vormalige Minifter Hr. de Freycinet auf Vermittelung der deutschen Botschaft in Paris dem Herausgeber bereitwilligst zugäng- lih machte. Aus denselben sind in erster Linie der Schriftwecsel Talleyrands mit den französischen Gesandten und Agenten in Deutsch- land sowie seine Berichte an das Direktorium und an Napoleon wichtig. Aus diesen Schriftstücken, namentlich den Denkschriften Talleyrands und seinem Briefwechsel mit Sieyès ergeben si die Ursachen die zn dem Kriege von 1806 führten. Der Herausgeber commentirt das mitgetheilte Urkundenmaterial in folgenden 5 Abschnitten: Preußens deutsche Politik im Jahre 1795; Der Berliner Vertrag vom s. August 1796; Französishe Allianz-Anträge (1797 und 98); Die Sendung Sieyès’ nah Berlin 1798; Das drohende Zerwürfniß zwischen Preußen und Frankreih 1799; Die Wiederannäherung 1800. Auf die an- gehängten Urkunden wird im Text verwiesen, fo daß sie als lebendige Jllustration dazu dienen.

Das seit dem Jahre 1880 in Klindworth's Verlage in Hannover erscheinende „Wirthschaftsbuch für deutsche Beamte“ ist kürzlich in dem Jahrgange für 1882 ausgegeben worden. . Ein Vorwort aus der Feder des Direktors im Reichsamte des Innern, Hrn. N. Bosse, über die Ordnung der Privatwirth- schaft mit besonderer Rückssiht auf den Haushalt der Beamten, führt das Buch ein und giebt zugleich eine Anleitung zum zweckmäßigen Gebrauche desselben. Das Bu beginnt, abgeschen von den sonstigen Beigaben, deren Nütlich- keit sih von selbst ergiebt, mit einem nab Monatstagen das ganze Jahr umfassenden Notizkalender. Da man das Wirthschaftsbuch täglich in die Hand nehmen muß, so liegt die Annehmlichkeit, eine derartige Registrande unmittelbar zur Hand zu haben, nahe. Die- selbe ist niht nur zur Notirung wihtigerer Tage, wie z. B. der Ge- burtstage der Familiengliceder und dergleichen zu benutzen, fondern sie kommt wirthschaftlich namentlich in Betracht, um die Fälligkeits- termine gewisser im Voraus feststehender Zahlungen zu notiren. Im Uebrigen kann man diesen Theil des Buchs als Terminkalender oder auch zu wichtigeren tagebuchartigen Notizen anwenden. So ist der Notizkalender eine nüßlihe und angenchme Beigabe des Haushalts- buchs. Recht eigentlih die Grundlage der ganzen Wirthschaft bildet dagegen der Voranschlag (Wirthschaftsplan, Wirthschastsetat). Er enthält die im Voraus bemessene Eintheilung des Jahreseinkommens auf die einzelnen Rubriken der im Laufe des Jahres voraussichtlich zu bestreitenden Ausgaben. Je vollständiger und je gewissenhafter der Voranschlag aufgestellt wird, je geschickter er die überflüssigen und entbehrlihen Ausgaben von den wirklich nothwendigen und berech- tigten ausscheidet und die Befriedigung der letzteren auf die verfüg- baren Mittel vertheilt, desto sicherer ist der Anhalt, welchen er für die wirkliche Wirthschaft bietet, und desto größer ist die Wahrschein- lichkeit, daß das Ergebniß der leßteren \sich günstig gestalten werde. Wird das Jahresbudget mit der erforderlichen Sorgfalt und Ge- nauigkeit festgestellt, so ist damit die Hauptgrundlage für eine erfreu- liche und gedeihlihe Wirthschaftsführung gewonnen. Die Kontrole über die Crreichung des wirthschaftlihen Zwecks aber liegt in der Rechnungsführung, in der Verzeichnung der wirklichen Einnahmen und Ausgaben nach den einzelnen Rubriken des Voranschlags. Zu einer solchen geordneten und sicheren Rechnungsführung enthält das Wirthschaftsbuch folgende zweckmäßige Folmulare: zum Vor- anslag der Einnahmen und Ausgaben; zur Vergleichung des Vor- anschlags mit der Wirklichkeit; zu Kassenabschlüssen der wirklichen Einnahtne und Ausgabe; zur Einnahme- und Ausgabe-Nechnung für das Jahr 1882 und zu Notizen über ausnahmsweise unberichtigt ge- bliebene Ausgabebeträge, über Darlehen, sowie für besondere Bere- nungen, Abschlüsse und dergleihen, Als nütliche Beigaben enthält das Buch: geneologishe und stalistiswe Notizen über das Deutsche Reich und andere europäish- Länder; Post- und Telegraphie- Nachrichten sowie in cinem Anhange: Zinstabellen ; Vergleichungs- Tabellen früherer Maße und Gewichte gegen die neuen Reichsmaße und Gewichte und auf dem Umschlage eine Münz- und Zeitver- gleichungs-Tabelle. Möge das Wirthschaftsbuch für deutsbe Beamte wie bisher, so auch ferner in recht vielen deutschen Häusern eine Stätte finden.

Die günstige Aufnahme, welche das eben genannte Buch in Beamten- kreisen gefunden, hat dieVerlagshandlung veranlaßt, ein ähnliches, einfaches und für die Zwecke einer Beamtenhausbaltung eingerichtetes „Wirth - \chaftsbuch für deutshe Beamtenfrauen“ berauszugeben, das in seinem ersten Jahrgange für 1882 jetzt ebenfalls vorliegt. Das Buch wird sicher einem weitverbreiteten Wunsche in den betreffenden Kreisen entsprehen, Denn in jedem woblein- gerihteten Haushalte wirthschaftet niht nur der Hausherr, sondern auch die Hausfrau. Jn der Regel wird der Hausherr eine bestimmte Quote seiner Einnahmen in die Hand der Frau legen, um damit den Haushalt im engeren Sinne, die Ausgaben für den Tisch, für Küche und Keller zu bestreiten. Eine gute und sorgsame Haus- frau wird das Bedürfniß fühlen, ihre Wirthschaftsausgaben auf- zuschreiben und über den Verbleib ihres Wirthschaftsgeldes Rechnung zu führen. Sie muß wünschen, einen Uecber- bli über den Bedarf ihres Haushalts zu gewinnen. Diesem Bedürfnisse genügt das bloße chronologisde Aufschreiben der einzelnen täglihen Ausgaben nit vollständig. Wer sein Geld ret eintheilen will, muß auch übersehen können, wieviel er in gewissen Zeiträumen auf die einzelnen Wirthschaftsbedürfnisse verwendet hat. Dieses Wirthschaftëbub für deutsbe Beamtenfrauen wird dazu dienen, diesen Ueberblick zu gewähren. Die Einrichtung des Buches i} eine recht zweckmäßige. Sie berubt, wie das Vor- wort sagt, auf- der langjährigen Erfahrung einer Hausfrau, die sih biéher ein solhes Buch alljährlid felbst eingeribtet hatte. Jede Hausfrau, die sih die kleine Mühe nit verdrießen läßt, nab diesem Buche Nechnung zu führen, wird bald den Segen der Ord- nung empfinden, der auf dieser Mühewaltung ruht. Sie wird Freude an ihrem Wirtbschaftsbucbe- haben und au gute Erfolge für dic Sparsamkeit des Haushalts sehen.

Von Bethlehem nachGolgatha. Das Leben unseres Herrn und Heilandes Jesu Christi nach den vier Evan- gelisten. Mit Bildern von Bernhard Plockbhorst, Vignetten von E. Keppler und F. Wanderer und Gedichten von Carl Gerof. (Stuttgart. Verlag der Gebrüder Kröner.) Preis in Prachtband gebunden 10 M Dieses rei illustrirte Leben Jesu enthält in fort- laufender Darstellung die Thaten und Reden unseres Heilandes und {ließt sich getreu an den Wortlaut der vier Evangelisten an. Es zerfällt in 9Haupt- abschnitte, nämlih: 1) Bethlehem, 2) Nazareth, 3) Galiläa, 4) Hinauf nach Jerusalem, 5) In Jerusalem, 6) Im Iüngerkreise, 7) Gethsemane, 8) Golgatha, 9) Auferstehbung und Himmelfahrt. Jeder dieser Abschnitte wird durch ein längeres Gedicht von Gerok andachtstimmungsvoll eingeleitet. Die zahlreichen Freunde dieses Dichters werden sich freuen, hier neuen Liedern von ihm zu begegnen, welche seinen früheren an tiefreligiösem hobpoetishen Gehalte nit nacbsteber. In jeder Beziehung würdig und künstlerisch bedeutend ist aber au die illustrative Ausstattung des Werkes. Jeder - der genannten 9 Hauptabscbhnitte bringt, abgesehen von den vielen \tilvollen Orna- menten und Vignetten, mit welchen jede Seite des Tertes aufs Reichste verziert ift, ein großes Bild von dem dur seine Gemälde bibliswen Inhalts wohlbekannten Bernhard Plockborst. Die bervor- ragendsten haben zum Gegenstande: die Geburt Jesu, den 12 jährigen Jesus im Tempel, die Taufe Jesu, Jesus und Nicodemus, Jesus und die Sünderin, Jesus auf dem Meere, „Lasset die Kindlein zu mir fommen“, Einzug in Jerusalem, Auferweckdung des Lazarus, das