1881 / 307 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 31 Dec 1881 18:00:01 GMT) scan diff

Jhre Kaiserlichen und Königlichen Hoheiten der Kron- prinz und die Kronprinzessin ertbeilten um 4?/ Uhr dem neuernannten Königlich belgishen Gesandten Grafen van der Straaten-Ponthoz Audienz. : :

Se. Kaiserliche Hoheit wohnte Abends einer von Jhrer Majestät der Kaiserin und Königin im Ministerium des König- lihen Hauses abgehaltenen Sißung des Comités für die all- gemeine Ausstellung für Hygiene und Rettungswesen bei.

Diejenigen Personen, welche Jhrer Majestät der Kaiserin und Königin aus Veranlassung des eintretenden els ihre Glückwünsche darbringen möchten, haben ihre Karten am 31. d. Mts. bei der Ober-Hofmeisterin Gräfin von Perponcher abzugeben.

Der Fürsterzbishof von Prag, Kardinal Fürst von Schwarzenberg, hat den Fürsterzbishöflihen Notar und Konsistorial-Rath Franz Nitschke, Pfarrer in Rengerédorf, zum Großdechanten und Fürsterzbishöflihen Vikar in der Grafschaft Glaß ernannt, nahdem von dem Fürsterzbishof zu dieser Ernennung die landesherrlihe Genehmigung nach- gesuht und die leßtere unterm 19. Dezember d. J. ertheilt worden ist. Der Großdechant und Fürsterzbishöflihe Vikar in der Grafschaft Glaß is nach Maßgabe der bestehenden S gen zugleih Ehrendomherr an der Domkirche zu

eslau.

Das Königliche Staats-Ministerium hat unterm 22. De- zember d. J. gemäß Artikel 4 des Geseßes vom 14. Juli 1880 beschlossen, die Wiederaufnahme der auf Grund des Geseßes vom 22. April 1875 eingestellten Staats- Teistungen für den Umfang des preußischen Antheils der Erzdiözese Prag anzuordnen.

Das Kriegs-Ministerium macht in einer Verfügung vom 23. d. M. darauf aufmerksam, t der in der Verfügung des Militär-Oekonomie-Departements an die Königlichen &zntendanturen vom 3. Februar 1842 ausgesprochene Grund- jaß, wonach in den Fällen, in denen bei amtlichen Ver- handlungen mit Privatpersonen von den Trupven oder von einzelnen Dffizieren die in der Allerhöchsten Kabinets- Ordre vom 28. Oktober 1836 angeordnete Stempel- Ordnungsstrafe verwirkt worden, diese Ordnungsstrafe von der Diensl- und Disziplinarbehörde der Betheiligten festzuseßen ist, unverändert in Kraft besteht.

Matt in einem Strafverfahren ein vor der Haupt- verhandlung vom Untersuchungsrichter vernommener Zeuge in der Hauptverhandlung von seinem Rechte, das Zeugniß zu verweigern, Gebrauch, so kann nah einem Urtheil des

eihsgerits,T. Strafsenats, vom 1. November d. J., das Gericht den Untersuhungsrihter über die Angaben dieses Zeugen zeugeneidlih vernehmen.

Ein großjähriger Haussohn scheidet na einem Urtheil des Reichsgerichts, 1. Civilsenats, vom 12. November d. R ira Geltungsbereih des Preußischen Allgemeinen Landrechts da- bur aus der väterlihen Gewalt, daß er in eine mit auskfömmlichem Gehalt ausgestattete, dauernde Stellung als Handlungêëcommis eingetreten ist, auch wenn er noch fernerhin im väterlihen Hause wohnt und verpflegt wird. Nimmt da- gegen ein Haussohn nur vorübergehend die mit ausfkömm- ihem Gehalt verbundene Stellung als Commis an, um nah Ablauf dieser Zeit wieder in das väterlihe Haus vollständig zurüdzukehren, so wird dadur die väterlihe Gewalt nicht aufgehoben.

Der General der Kavallerie Graf von Branden- burg, General-Adjutant Sr. Majestät des Kaisers und Königs und Commandeur der Garde-Kavallerie-Division, ist von Urlaub aus Schlesien hierher zurückgekehrt.

Se. Durchlaucht Heinrich X111, Prinz Reuß, General-Major, General à la suite Sr. Majestät des Kaisers und Königs und Commandeur der 11. Kavallerie Brigade, ist aus Breslau hier angekommen.

S. M. S. „Carola“, 10 Gesbütße, Kommdt. Korv.- Kapt. Karcher, ist am 30. Dezember cr. in Capstadt eingetroffen und “*itnein as am 5. Januar 1882 nah Sidney in See zu gehen.

Oesterreich-Ungarn. Wien, 31. Dezember. (W. T. B.)

Die „Wiener Zeitung“ publizirt das Gesetz, betreffend den

Veredelungsverkehr mit dem deutschen Zoll-

ee und die betreffende Ausführungsverordnung des sammt-Ministeriums.

Großbritannien und Jrland. London, 29. De- zember. (Allg. Corr.). Wichtige Maßregeln des Vize- Königlichen Geheimen Raths vonFJrland, welche in der Dubliner amtlichen Zeitung veröffentliht worden sind, zeigen, daß die Zustände des Landes noch immer solche sind, welche die Anwendung außerordentliher Anordnungen und Vorsichtêmaßregeln zur Nothwendigkeit machen. Die wichtigste derselben betrifft das Verfahren bezüglich der Zustellung gericht- licher Dekrete, wodurch der Exekutive eine wesentliche Stüße in der Beshüßung von Leben und Eigenthum zuwachsen wird, Hutfelge der bisherigen Vorschriften, welche si unter den ge-

en Zuständen des Landes als hinderlich für promptes Gerichts-

ahren sowie als gefährlich für den öffentlichen Frieden und außerdem als sehr kostspielig für die Parteien erwiesen haben, r die persönliche Zustellung dur den- Gerichtsdiener, wie in anderen Ländern, Grundbedingung zur Gültigkeit des ge- rihtlihen Prozeßverfa rens. Während der ganzen Dauer der en narchie ist die Beobachtung dieser Vor- rist eine beständige Quelle der Störung des öffentlichen iedens, von Ruhestörungen , Gemwaltthätigkeiten und Ver- lgungen gewesen, und thatsäcli lassen sih die meisten der ufruhrscenen und der verübten ewaltthaten, welhe Gegen-

d allgemeinen Schreckdens gewesen sind und die Aufgabe der

hörden zur Erhaltung der Ruhe und Ordnung zu einer höchst s{wierigen gemacht haben, auf die Gehässigkeit und Gefahr für

b und Leben hervorrufenden Amtsverrichtungen der Gerichts- diener zurücführen. Jn sehr vielen Bezirken konnten die- ee ihre {hon an sih unangenehmen Pflichten nur unter

SÔqute und dem Beistande der Militär- und Polizeimacht und im Beisein der an Ort und Stelle residirenden Ma-

gistratsperson erfüllen, wozu sie zuweilen Tage, dabei auf Schritt und Tritt von aufgeregten, mit Knitteln und Spaten versehenen drohenden Volkshaufen, welhe \sih auf das Läuten der Sturmglocken zusammenfanden, umgeben, ge- brauhten. Nach der nunmehr getroffenen Einrichtung, welhe rom 2. Januar 1882 an in Krast tritt, können die Zustellungen rehtêgültig durch Zusendung mittels der Post mit gleichzeitiger Aufgabe einer Abschrift der Vorladungen oder sonstigen Erlasse der richter- lihen Behörden bei dem zunächst gelegenen Polizeiamte statt- finden, woraus den Exekutivbehörden eine bedeutende Er- leihterung erwachsen wird, mit gleichzeitiger Beseitigung der Gefahren und Bedrohungen, welchen die Zustellunasbeamten der Gerichte fast ohne Ausnahme ausgeseßt waren. Die nächste wichtige Maßregel des Geheimen Raths hat eine Beschrän- kung des Besißes von Waffen, ohne spezielle Erlaubniß dazu, zum Zweck. Zu diesem Ende sind die Stadt und die Graf- haft Dublin, die Grafschaften Carlow, Kildare, Wexford und Widlow unter der Friedensschußacte unter Jnterdict gestellt worden, nebst Proskribirung der Grafschaft Westmeath als im Aufruhrzustande und Unterstellung derselben unter besondere Polizeiaufsiht. Eine weitere Maßregel ist die Eintheilung der Bezirke im Süden und Westen von Jrland, wo die Ruhe- störungen herrschen, in fünf Magistratskreise unter der Ober- aufsicht eines für jeden einzelnen derselben besonders ernannten Polizeirihters mit unbeschränkter Kontrole über die Militär- und Polizeimaht sowie über die lokalen Magistratsbehörden in dem betreffenden ihnen untergebenen Kreise, ein Experi- ment, dessen Wirkung als einer Vereinfachung der Verwal- tungsmaschine mit großem Jnteresse entgegengesehen wird.

Frankreich. Paris, 28. Dezember. (Fr. Corr.) Der „Voltaire“ veröffentliht an der Spiße seiner heutigen Nummer folgenden Artikel :

Die gegenwärtige Finanzlage muß jeden unbefangenen Beob- achter höhlich überrashen In einem Augenblicke, da die überall in Europa eingetretene Beschwichtigung, sowie die außerordentliche Ent- wickelung der Elemente unseres inneren Wohlstandes, welche si namentlich in den Steuereinnahmen bekundet, unsere öffent- lihen Werthe in Gunst s\eßen sollte, fallen dieselben immer mehr in Ungnade. Warum ist unser Rentenmarkt so erschüttert und warum ist er, statt das Schauspiel eines blühenden Aufschwungs zu bieten, immer mehr einem wachsenden Un- behagen preisgegeben? Sollte diese Erscheinung O dadurch erklären laffen, daß Hr. Allain-Targé Finanz-Minister ist und

r. Gambetta an der Spiße der auswärtigen Angelegenkbeiten steht ? Ist der Kreuzzug, dem wir beiwohnen, gegen die eine oder die andere dieser Persönlichkeiten und gegen die Pläne, die man thnen zuschreibt, gerichtet? Wir glauben, daß die heutige Störung in den Finanzen verschiedene Ursachen hat, und werden in dem Nachstehenden auf diejenigen hinweisen, welhe s{ch am meisten bemerklich machen. Als das Ministerium kurz nach seinem Amtsantritte beshloß, den Bankgouverneur Denormandie durch Hrn. Magnin zu erseßen, legten einige Finanzarößen darüber sehr lebhafte Unzufriedenheit an den Tag. Man drang in den neuen Conseil-Präsidenten, daß er den Gedanken wieder aufgäbe. Da er fih gegen eine solche Zumuthung ablehnend verhielt, wurde eine Campagne in Szene gesetzt, in Folge deren die französishen Renten binnen weniger Wochen eine Entwerthung erfuhren, wie nan eine ähnlihe nur in den Tagen unserer \{limmsten politishen Wirren findet. Dieses Sinken der Rente steht in keinem Verhältniß zu der wahren Lage des Marktes; sie zeugt nur von der Koalition mehrerer Gruppen und dem Bestehen unpatriotischer Manöver. Der Verwaltungs- rath ver Bank vón Frankreich erhob und erbielt zum großen Schaden des Handels und der Gewerbe seinen Diskont auf fünf Prozent, während dreieinhalb oder höchstens vier Prozent dem heutigen Geldstande viel angemessener waren. Und dieses Hinderniß wird dem Handels- verkehr gerade am Ende des Jahres, wenn das Geld mit verdoppelter Rührigkeit fließen sollte, in den Weg gelegt! Die Geschäftswelt könnte versucht sein, die Regierung für eine solche Lage verantwort- lih zu machen, Die leßten Ausweise der Bank deuten auf einen stets zunehmenden Gewinn hin, sowie auf eine starke Mehrung der Goldinkassos. Die Ausrede, daß zugleih auch immer mehr Anleihen auf Titel gemacht werden, kann die Diskonterhöhung nit recht- fertigen, da es der Bank imner freisteht, ihre Operationen auf diesem Gebiete zu beschränken. Die Bank von Frankreich ist haup:sählich dazu da, den Handelsverkehr zu fördern, und wir protestiren daher im Interesse des Handels und der Industrie geaen ihren übertriebenen Diskontsay. Wir wollen auch auf die Anhäufung einer Summe von nahezu einer Million auf Rechnung des Staatsschaßes bei der Bank aufmerksam machen. Diese Summe rührt von den Ueberschüssen der Steuern und instesonders von Aus- zahlungen für die imAnfang dieses Jahres eröffnete amortisirbare Anleihe von ciner Milliarde her. Sie wird am 25. Januar noch um 200 Millionen, dem Betrag der letzten Einzahlung jener Anleihe, ver- mehrt werden. Diese Gelde: sollten unseres Ermessens alsobald in Umlauf gesetzt werden, indem man sie für öffentlicbe Bauten ver- wendet. Das Sinken der Rente hängt also, wie man bestimmt versichern darf, keineswegs mit einem Mißtrauen des französisch:n Kapitals zusammen, sondern beweist ganz einfa, daß einige verbündete Gruppen von Eantenten auf anderen Werthea \pekuliren, Sie werden aber eine Campagne, bei der das öffentliche Interesse nihts zu gewinnen hat, ohne Zweifel bald aufgeben müssen. Was aber den Verwaltungs- rath der Bank von Frankreich betrifft, so wird er seine wahce Rolle nicht länger verkernen dürfen. Er muß über den Kämpfen der Parteien stehen uad sich vor Allem hüten, das moralische Ansehen eines Regimes zu verringern, zu dessen Einseßung ganz Frankrei beigetragen hat. i

Einem im „Fournal officiel“ ershienenen Dekret zufolge soll ein aus 32 Mitgliedern bestehender Aus\{huß gebildet werden, welcher die jeßige Lage der Kunstgewerbe genau zu untersuchen und die zu ihrer Hebung nöthigen Reformen vorzushlagen haben wird. Ja dem Berichte, der dem Dekret vorangeht, führt der Minister der Künste aus: die berufensten Per- sönlichkeiten hätten seit 30 Jahren nah jeder Weltausstellung die unerfreulihe Thatsache konstatiren müssen, daß das französishe Kunstgewerbe mit viel bedeutenderen Leistungen auftreten fönnte, wenn die Arbeiter “einen besseren beruflihen Unterricht erhielten Als fernere E der ungenügenden Entwickelung eines sür das Land so wich- tigen Jndustriezweiges bezeihnet Hr. Antonin Proust die Ver- drängung der ein individuelles Gepräge tragenden utt dur die Maschinen und die gegenwärtige Centralisirung der Arbeit unter der Leitung von verhältnißmäßig wenigen großen Unternehmern. Er beabsichtige, sagt er, nit nur einen gründ- lihen Unterriht zur Förderung der Kunstgewerbe ins Leven zu rufen, sondern auch im Verein mit dem Unterrichts- Minister dahin zu wirken, daß das Zeichnen als ein obliga- torishes Fach in allen Volksschulen eingeführt werde. :

29, Dezember. (Fr. p Die Erfahrungen in Algier haben das Projekt, aus den Eingeborenen eine Armee zu bilden, wieder sehr ernstlih auf die Tagesordnung gestellt. Die Aufgabe, eine solhe Armee zu schaffen, soll dem Mari:e- Ministerium zufallen, und ein höherer Flottenoffizier befindet sih in London, um sih mit den Einrihtungen der x pro Sepoy-Armee bekannt zu machen. Auch die A*‘tersversor- gungskasse für Arbeiter wird als eines der Probleme

genannt, welche die gesehgebende Körperschaft beschäftigen

sollen. Jn erster Linie der geseßgeberishen Arbeiten steht natürlih das Geseg über die Umgestaltung des Senats.

30. Dezember. (W. T. B.) Die Handels- und Schiffahrtsverträge mit Shweden und Norwegen sind heute Vormittag unterzeihnet worden.

Spanien. Madrid, 30. Dezember. (W. T. B.) Jn der heutigen Sißung der Cortes verlas der Minister-Prä- sident Sagasta ein Dekret des Königs, durch welches die Session geschlossen wird. Die Cortes werden voraus- sihtlih im März wieder zusammentreten. -

Numänien. Bukarest, 31. Dezember. (W. T. B.) Der „Romanul“ bespricht die Beilegung des öster- reihisch-rumänishen Zwischenfalls und shreibt: Unsere Beziehungen zu dem benachbarten Kaiserreiche sind wieder hergestellt. Beide Staaten befinden \sih in der Position, welche sie vor dem Zwischenfalle hatten und fahren fort, jeder für si, für die Vertheidigung seiner Interessen auf der Grund- lage thätig zu sein, welche er für sie zu besißen vermeint.

Serbien. Belgrad, 29. Dezember. (Pol. C.) Die Session der Skupschtina dürfte erst in der zweiten Hälfte des Januar und zwar mit einer bedeutsamen Thronrede eröffnet werden. Die Skupschtina wird in Folge der leßten Ersaßwahlen 122 fortschrittlihe Mitglieder (Regierungspartei), 40 Radikale und 8 Liberale zählen... Der serbische Gesandte in St. Petersburg Oberst Horvatovié wird, da seine Gesundheitsverhältnisse ihn zu einem Aufenthalte im südlichen Klima nöthigen, die rvssishe Hauptstadt demnächst mit län- gerem Urlaube verlassen. Die Uebersiedlung des ehemaligen Metropoliten Michael aus Belgrad in ein Kloster dürfte demnächst erfolgen.

Amerika. New-York, 30. Dezember. (W. T. B.) An der Westküste ist eine Pockenepidemie ausgebrochen. Man glaubt, daß die Krankheit durch Dampfer mit Auswan- derern eingeschleppt worden ist und sollen die Auswanderer deshalb Quarantäne halten.

Aus dem Wolfsschen Telegraphen-Bureau.

St. Petersburg, Sonnabend, 31. Dezember, Das „Journal de St. Pétersbourg“ protestirt gegen das Arran- gement, durch welches die Tribute von Bulgarien und Ostrumelien den Bondholders zuertheilt werden sollen. Das Blatt betont, daß die Kosten für die Unter- haltung des russishen Ofkkupationscorps zuvor bezahlt werden müßten. Rußland könne wohl auf die dur die neue Organisation hervorgerufenen Verlegenheiten Rücksicht nehmen, seine Toleranz müsse aber den befreiten Völkex- schaften zu Gute kommen und nit den Bondholders,- denen gegenüber die Priorität Rußlands in Betreff jener Zahlung si durchaus und evident auf der Basis des Berliner Ver- trages befinde.

Zeitungsstimmen.

Die „Nordd. Allgem. Ztg.“ bringt einen Jahres- bericht über Handel, Jndustrie und Börse für 1881. Darin wird gesagt: i 24 E

„Was die deutsche Industrie betrifft, so ist die Zoll- und Steuer- reform zum ersten Male zu voller Wirkung gekommen. Daß dies nicht schon îm vorhergegangenen Jahre der oe war, fand seine Be-

ründang nebcn vem Druck, den die in kolossalen Massen vor der Finführung der neuen Zölle in Deutschland aufgestapelten fremden Waaren und Produkte übten, wesentlih in dem s{lechten Gebrauch, de: die deut‘he Industrie von der Wohlthat der neuen Zollpolitif machte. De gewaltige Ueberproduktion, zu der sich die deutshe In- dustrie fofert bei den ersten Symptomen des wirthschaftlihen Äuf- {wunges hinreißen ließ, hat sich empfindlih gestraft und manche Hoffnungen, die berechtigter Weise gehegt werden durften im Keime erstickt. Anders im Jahre 1881. Es läßt sih der Industrie die Anerkennung nicht versagen, daß sie diesmal das Gescbenk der Schutzzölle besser zu verwerthen verstanden hat und die Folgen der Mäßigung haben sih in glänzender Weise dokumen- tirt. Seit fast drei Viertelr des Jahres sehen wir die Preise der meisten Industrie-Erzeugnisse in ruhiger, aber konstanter Aufwärts- bewegung begriffen; zum ersten Male seit vielen Jahren, wenn die kurze \pekulative Hausse des Jahres 1879 außer Betracht bleibt, welche mehr Schaden als Nuten gebracht hat, arbeiten die aus\{laz- gebenden Branchen, die Eisen- und Kohlenindustrie mit befriedigen- dem Nußen, der sih auch in der vielfach zu konstatirenden Erhöhung der Arbeitêlöhne ausspricht. Im Inlande dur die neuen Zölle gegen die Konkurrenz des Auslandes in genügender Weise E fonnte die deutsbe Industrie in Ruhe und mit Erfolg den Kampf gegen die übrigen Nationen im Auélande aufnehmen, und wie weit ihr dies gelungen ist, mag aus der Thatsache hervorgehen, daß sih der Export aus Deutschland nah den Vereinigten Staaten von 354 Millionen Doll. im Fiékaljahre 1878/79 auf 53 Millionen Doll. im Fiskaljahre 1880/81 gehoben hat, eine Steigerung von 50% in der Zeit von

zwei Ichren, Bleiben diesem auf natürlichen Bedingungen beruhenden .

Aufshwunge die spekulativen Uebertreibungen, welhe ihm im Borjahre ein so s{nelles Ende bereiteten, diesmal fern, dann darf für die deutsche Industrie eine lange Periode des Gedeihens in Aussicht genommen werden. Im engsten Zusammenhange mit dem industriellen Aufschwunge und der Ausdehnung des Handelsverkehrs steht die glänzente Ent- wickelung, welche der Eisenbahnverkehr im Dare 1881 gewonnen hat. Die überwiegende Mehrzahl der deutschen Bahnen hat bedeutende Mehreinnahmen gegen das Vorjahr erzielt, aus denen für die Aktio- nâre eine erheblihe Steigerung des Erträgnisses resultiren wird. Brachten diese Mehreinnahmen und die Dividendensteiaerung {hon eine bedeutende Vorliebe des Kapitals für Eisenbahnwerthe zu Wege, so war dies in noch wesentlich gesteigertem Maße der Fall durÞ die Wiederaufnahme der Eisenbahnver- slaatlihung in Pceußen, Nachdem im Jahre 1879 Bahn- fomplere im Umfange von 5500 km in den Besiy des Staates übergegangen waren, und das Staatsbahnnetz dadur eine Ausdehnung von 18000 km erlangt hatte, konnte es {on im vorigen Jahresbericht als eine zweifello]e Thatsache bezeichnet werden, daß die Verstaatlichung sämmtlicher irgendwie wichtiger Bahnen im Prinzipc beslossen und nur eine Frage der Zeit sci, wenn auch aus Opportunitätägründen die praktishe Durchführung dieses Prinzips im Jahre 1880 geruht hatte. Man darf in dem Prozeß der Eijenbahn- verstaatlihung einen der bedeutendsten Vorgänge des modernen Wirth- schaftslebens erblicken, und es ift erstaunlih, mit welcher Gewalt \sih diese Idee in den meisten europäischen Ländern Bahn gebrochen hat,“ Weiter heißt es in dem Berichte -dann : : Neben der erfreulihen Entwicktelung der Industrie und des Eisen- bahnrerkehrs haben auch die übrigen Faktoren des wirthschaftlichen Gedeihens dazu beigetragen, das verflossene Jahr als ein durchaus günstiges erscheinen zu lassen. Politishe Störungen blieben Deutsch -

wirthschaftlichen

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[and vollständig e.spart; von den Ereignissen, welhe die Börsen zeit- weilig beunruhigten, dem türkish-griechishen Grenzkonflift, den fran- zösischen Ministerkrisen, den Vorgängen in Egypten und Tunis, der Ermordung des russisen Kaisers, erregte nur das letztere furchtbare Ereigniß die lebhafteste Theilnahme des deutschen Volkes, das dagegen in der im Herbst stattgehabten Zusammenkunft des Deutschen Kaisers mit dem Nacbfolger des ermordeten russischen Kaisers ein freudig begrüßtes Unterpfand für die fortdauernd guten Beziehungen zwischen den beiden Reichen erhielt. Die Ernte des Jahres 1881 war mit Ausnahme einiger weniger Landstriche in Deutschland eine durchaus zufrieden- ftellende, eine doppelt erfreulihe nah der Mißernte des Jahres 1880. Auch die Länder, welbe den Bedarf West-Curopas zu decken haben, lieferten ein sehr befriedigendes Resultat, wenn auch die Ernte in Rußland nit ganz die überschwänglihen Hoffnungen erfüllt hat, die im Sommer gehegt wurden. Daß die Getreidezölle in Deutschland zu bescheiden sind, um auf die Gestaltung der Preise einen maß- gebenden Einfluß zu üben, daß von einer Vertheuerung des Getreides dur dieselben keine Rede sein kann, hat das verflossene Jahr wohl zur Evidenz erwiesen.

„Aus einem Kreise von Jndustriellen eingesendei“ veröffentliht der „Schwäbische Merkur“ eine längere Auslaffung mit folgender Einleitung:

„Der gegenwärtig zuschends fortschreitende Aufs{wung der deut- cen Gewerbsthätigkeit, das vermehrte Leben in allen Zweigen deut- {er Industrie ist zur unwiderleglichen Thatsache geworden. Ebenso sehr ist es Thatsache, daß wir diese glückliche Wendung der heutigen Wirthschaftspolitik des Fürsten Reichskanzlers „zu verdanken haben. Eine die vollste Würdigung verdienende Bestätigung davon sind die Kundgebungen der neuesten Zeit aus der Mitte der bedeutendsten industriellen Vereine Deutschlands. Insbesondere ist es eine an den Fürsten Reichskanzler gerichtete, aus dem Centralverbande deutscher Industrieller hervorgegangene Reso- lution. Als Beitrag zu diesen Beweismitteln verdient aber au ganz besonders der Umstand Erwähnung zu finden, daß der wohl am tief- sten gedrückte Industriezweig, die mechanische Weberei in rohen, glatten und façonnirten Baumwollgeweben, nicht nur bereits einen ganz außerordentlichen Aufs{wung genommen hat, sondern sich au in der Bahn weiterer noch mehr wacsender Prosperität zu befinden scheint, troß- dem gerade für diesen Zweig eine so große Schädigung aus der Erhöhung der Garnzölle befürhtet und prophezeit wurde. Keiner der hier betheilig- ten Industriellen ist mehr der Ansicht, daß die Garnzölle seiner lohnenden Gewerbthütigkeit ein Hinderniß seien. Es ist diese Thatsache dem reichlichen und namentlich für mittlere und grobe Gewebe aus- reichenden Schuße zu verdanken, der bei der neu aufblühenden Prosperität Deutschlands die ausländische Konkurrenz in genügenden Maße zurückhält und die Befriedigung des wachsenden Begehrs nach den bezüglichen Fabrikaten der deutschen Arbeitskraft zuweist. Weit hinter der Weberei zurück steht in der Entwikelung ihrer Prosperität gegenwärtig die Baumwollspinnerei, deren heute noch insbefondere für die feinen Nummern ungenügende Zölle dem Auslande gestatten, den deutschen Markt fernerhin in erheblichem Maße mit der deutschen Spinnerei zu theilen.

Der Bielefelder „Wächter“ reibt : :

„Die Erweiterungsbauten unserer Industriellen der Nähmaschinen-, Seiden-, Woll-, Leinen- 2c. Fabrikation geben Zeugniß von der Neu- belebung der örtlihen gewerblichen Thätigkeit. Das mächtige Rauchen und Dampfen, Pfeifen und Zischen aus allen Etablissements verkündet einen neuen Aufschwung der Stadt. Mit dieser \{chönen Bescheerung tritt der Bürger Bieleselds frohen Muthes in das bevorstehende neue Jahr 1882,“

Aus Cosel wird der Schlesischen Zeitung ge-

meldet, daß sih in der Zahl der Subhastationen ländlicher

Grundstücke erfreuliherweise eine Abnahme bemerklich mache. Sei es infolge Einführung der Wuchergeseße, sei es, weil sih die bäuerlihen Verhältnisse durch die diesjährige gute Ernte wesentlich gebessert hätten, jedenfalls könne eine wesent- lih günstige Aenderung konstatirt werden. Während früher bei dem Königlichen Kreisgeriht zu Cosel stets 100 bis 120 Subhastationen ländliher Besißungen im Gange gewesen seien, würden jeßt beim Königlichen Amtsgericht, dessen Be- zirk jeßt dieselben Ortschaften wie das Kreisgericht umfasse, nur 17 Stellen subhastirt.

Die „Deutsche Landwirthschaftlihe Presse“ enthält ein2n NRückblick auf das Jahr 1881, in welchem die Hoffnung ausgesprochen wird, daß die große wirthschastliche Krise ihr Ende erreicht habe:

Alle Anzeichen sprechen dafür, daß unsere Verhältnisse sich im glücklichen Aufschwunge befinden. Das „Deutsche Handelsblatt", das Organ des deutschen Handelstages, hat vor Kurzem eine eingehende Betrachtung über die deutsche Handelsbilanz im ersten bis dritten Quartal 1881, verglichen mit der Handelsbilanz des vorigen Jahres, gebracht und dabei konstatirt, daß unsere Bilanz sehr günstig steht, daß überall die wohlthuendste Entwickelung des wirthschaftlichen Lebens wiederzukehren scheint. Neben einer günstigen Handelsbilanz sind die industriellen Arbeitëlöhne namhaft gestiegen, beispielsweise auf dem Bochumer Werk von 912 im Jahre 1877 auf 960 4 im Jahre 1881, bei der Dortmunder Union von 802 pro Kopf im Jahre 1873/79 auf 884 Æ im Jahre 1881. Die Produktion der Bergwerke, Salinen und Hütten hat eine Steigerung erfahren, die sehr erheblih ist, und zwar sowohl in den Produktionsmengen als in den Verkaufswerthen. Die Einlagen in die Lebensversicherungs- Gesellschaften weisen einen namhaften Zuwachs auf, was ein beson- ders erfreuliches Zeichen für die Konsolidirung unserer Verhältnisse ist, Auch der Bierkonsum hat \ih gehoben, nachdem er 5 Jahre lang herabgegangen war. Der Eisenbahnfrachtverkehr hat in diesem Jahre so große Anforderungen an die Tranêportmittel der Eisenbahnen gestellt, daß dieselben den Anforderungen kaum mehr aerecht werden konnten. Die Zukerindustrie hat si in den leßten Jahren zu einer solcben Höhe emporgehoben, daß sie alle Länder überflügelt hat. Das Er- gebniß der Campagne 1880/1881 liegt zwar noch nicht vor, doch schäßt man die Produktion dieses Jahres im deutschen Zollgebiet um 2 Millionen Centner höher, als diejenige des Vorjahres. In der Zeit vom 1. September 1880 bis zum 30, Juni 1881, also innerhalb 9 Monaten des Campagnejahres, betrug die gesammte Ausfuhr ein- \{ließlich des Niedeclageverkehrs 1 103 857 Ctr. harten Zucker und 4 318 780 Centner Rohzucker. Danach wäre also in den ersten 9 Monaten des laufenden Jahres mehr als das Doppelte des Vor- jahres ausgeführt, Es ist dies um fo erfreulicer, als in Deutschland die ben (derfabrikation cin rein landwirthschaftlihes Gewerbe ge- lieben ift.“

Nr. 31 des Armee-Verordnungs-Blatts hat folgenden Znbalt: Abänderung einiger Bestimmungen der Scicß-Instruktion für die Infanterie bezw. derjenigen für die Fuß-Artillerie und Pioniere. Verfahren bei Festseßung von Stempel-Ordnungsstrafen wider Militärpersonen. Marschverpflegungs-Vergütung für 1882. An- zeigen über Seuchen. unter den Pferden der Truppen. Verwaltung der Lebensversicherungs-Anstalt für die Armee und Marine. Sektion gefallener oder getödteter Pferde von Offizieren 2c., sofern sie deren Eigenthum sind. Eröffnung einer neuen Eisenbahn. Vergütungs- säße für Brod und Fourage und Vergütungspreis für den aus preußisben Magazinen an Kadetten-Anstaltea verabreicten Roggen

pro_1. Semester 1882. Extraordinâre Verpflegungszuschüsse pro 1. Quartal 1882, pflegungszuschüsse p

._Nr. 52 des Deutschen Handels-Arcivs, Wochenschrift für Handel und Gewerbe, herausgegeben im Reichsamt des Innern, enthält: Berichte: Großbritannien :

Manchestec (Bericht über die *

Baumwollindustrie während des dritten Quartals des Jahres 1881.) Oesterreih-Ungarn: Schiffahrtsbewegung in Ragusa und Gravosa während des Jahres 1880. Türkei: Bulgarien: Ein- und Ausfuhr in der Zeit vom 1./13. Januar 1879 bis zum 1./13. März 1880. Niederlande: Handel, Schiffahrt und Industrie in Amsterdam im Jahre 1880: Handelsberiht aus Harlingen für 1880.

Nr. 48 des Justiz-Ministerial-Blatts hat folgenden Inhalt: Allgemeine Verfügung vom 27. Dezember 1881, betreffend die Einrichtung der Erbschaftssteuerämter. Erkenntniß des Reichs- gerichts vom 10. Oftober 1881, betreffend die Versteuerung der zum Kapital zuzuschlagenden Zinsen bei Fideikommißstiftungen.

Nr. 40 des «Centralblatt der Bauverwaltung“, heraus- gegeben im Ministerium der öffentlichen Arbeiten , hat folgenden Inhalt: Amtliches: Personalnacbrihten. Nichtamtliches: Die elektrische Beleuchtung der großen Oper in Paris. Transportkosten bei Erdarbeiten mit Berücksichtigung der Transportarten und Stei- gungsverhältnifse. (Fortseßung). Petroleumkeller. Ueber Pro- fanbauten der Renaissance in Danzig. (Schluß.) Verwendung der Grundshwellen zur Regulirung der Ströme. Vermischtes: Die erste Probefahrt auf der Berliner Stadtbahn. Dcs neue Reichs- tagsgebäude. Konkurrenz für eine Heizungs- und Ventilationsanlage in der Berliner Börse. Preisaufgaben zum Schinkelfest 1882. Ausgaben im Staatsbahnwesen des Großherzogthums Baden. Zum Brande des Ring-Thoaters in Wien. Geleiskarren zum Transport von Oberbaumaterial. Winterbebuschung von Deichen. Die Ge- hörsstörungen des Lokomotivpersonals und deren Einfluß auúf die Be- triebssicherheit der Eisenbahnen. Leitungen für elektrische Beleuch- tung und für Dampfheizung in New-York. Tunnel unter der 1 s von Messina. Deutsches Archäologisches Institut in

en.

Statistische Nachrichten. Summarische Uebersicht über die Zahl der Stu-

direnden an der Königlichen vereinigten Friedrichs- Universität Halle-Wittenberg im inter-Semester 1881/82, Im Sommer-Semeste: 1881 sind immatrikulirt ge- wesen 1293, nach Aufstellung der betreffenden Nachweise wurden noch immatrifkulirt 14; zusammen 1307, Davon sind abgegangen 369. Es sind demnach geblieben 938, Dazu sind in diesem Semester gekommen 413. Die Gesammtzahl der immatrikulirten Studirenden beträgt daher 1351, Die evangelisch-theologisce Fakultät zählt Preußen 319, Nichtpreußen 50; zusammen 369. Die juristishe Fa- kultät zählt Preußen 112, Nichtpreußen 7; zusammen 119, Die medizinishe Fakultät „zählt Preußen 166, Nichtpreußen 25; zu- sammen 191, Die philosophische Fakultät zählt a. Preußen mit dem Zeugniß der Reife 379, b, Preußen ohne Zeugniß der Reife auf Grund des §. 3 der Vorschriften vom 1. Oktober 1879 153; zu-

sammen 532, c. Nichtpreußen 140; zusammen 672. Summa 1351, |

Außer diesen immatrikulirten Studirenden besuchen die Universität als Hospitanten 38. Es nehmen mithin an den Vorlesungen über- haupt Theil 1389.

Summarische Uebersicht über die Zahl der Stu- direnden auf der Königlichen Akademie zu Münster im Wintersemester 1881/82, Im Sommersemester 1881 sind (ein nahträglich Aufgenommener eingerechnet) immatrikulirt gewesen 301, davon sind abgegangen 97, es sind demnach geblieben 204, dazu sind in diesem Semester gekommen 71, die Gesammtzahl der immatri- kfulirten Studirenden beträgt daher 275. Die theologiscbe Fakultät zählt: Preußen 75, Nichtpreußen 10, zusammen 85. Die philo- sophische Fakultät zählt: a. Preußen mit vem Zeugniß der - Meife 183, b. Preußen ohne Zeugniß der Reife nah §. 3 der Vorschriften vom 1. Oktober 1879 2, zusammen 185, e. “Nichtpreußen 5, Summa 190. Gesammtzahl der Studirenden somit 275. Auzer diesen immatrikulirten Studirenden besuchen die hiesige Akademie als nur zum Hören der Vorlesungen kerechtigt, mit spezieller Geneb- migung des zeitigen Rektors 10; die Gesammtzahl der nit imma- trikulirten Zuhörer is demna 10. Es nehmen mithin an den Vor- lesungen überhaupt Theil 285,

(Gem.-Ztg. für Elf.-Loth.) Die nachstehenden Ergebnisse über Produktion und Besteuerung von Tabak in Elsaß- Lothringen sind auf Grund der Ermittelungen der Steuerbehsr- den zusammengestellt. Die Abweichungen einzelner dieser Zahlen von den vom Kaisferlicen Statistishen Amt veröffentlichten (September- heft 1881, Seite 47) erklären \sih, was die Erntemenge und den Durchschnittsertrag anbelangt, durd nachträgliche Berichtigungen der Steuerbehörden, welhe vom Statistischen Amte nit mehr benußt werden konnten, Bei den Durcschnittspreisen ist die Differenz da- durch entstanden, daß das Statistische Amt den Steversat von 16 M4 pro 100 kg fermentirten Tabak zugeschlagen hat. Hieraus, sowie aus der eben erwähnten Verschiedenheit der Erntemengen, erklärt \ih denn au, daß vom Stotistishen Amt in Berlin andere Gesammt- werthe der Tabakernte berechnet worden sind.

Im Erntejahr 1880 wurde in Elsaß-Lothringen in 596 Gemeinden Tabak gebaut. Die Zahl der Pflanzer betrug 20 682, diejenige der bepflanzten Grundstücke 35 716, Der Umfang der Pflanzungen geht aus folgenden Flächenabstufungen hervor. Es batten mit Tabak be- stellt: eine Gesammtfläche bis zu 1 a 8826 Pflanzer, über 1 a bis 9 a 1240 Pflanzer; über 5 bis 10 a 1190 Pflanzer; über 10 bis 25 a 4875 Pflanzer; über 25 a bis zu 1 ha 4267 Pflanzer; über 1 ha 284 Pflanzer. Im Ganzen wurden 317747 a mit Tabak bestellt, während der Tabakbau im Jahre 1879 nur einen Umfang von 246 385 a und im Jahre 1878 nur einen solchen von 218072 a ge- habt hatte. Diese bedeutende Zunahme des Tabakbaues wurde ciner- seits dur die außerordentlih hohen Verkaufspreise für das 1879er egen herbeigeführt, andererseits beruht dieselbe darauf, daß im Jahre 1880 noch nit der volle Steuersatz für inländischen Tabak Anwendung zu finden hatte.

Auf je 1 ha wurden durscnittlich 2574 kg Takak in dacb- reifem trockenem Zustande geerntet (2141 kg im Vorjahr); es ergiebt dies eine gesammte Erntemenge von 8 181247 kg, welche diejenige des Jahres 1879 um 2 905 585 kg und diejenige des Jahres 1878 um 53797997 kg überschreite, Für 100 kg getrocknete Blätter wurde abzüglich der vom Pflanzer entrichteten Flächensteuer ein durschnittliher Preis von 54,21 M erzielt. Hiernach i} der Ge- sammtwerth der Tabakernte auf 4435 498 Æ zu veranschlagen.

Von der mit Tabak bepflanzten Fläche unterlagen 312 022 a der Gewichtssteuer und nur 572% a der Flächensteuer. Die leßtere Besteuerungsart fand größtentheils in Lothringen Anwendung, wo- selbst nur sporadisch Tabak gebaut wird. Den Pflanzern wurden nach Maßgabe der von der Steuerverwaltung ermittelten Ernte- mengen 1296284 Æ Gewichtssteuer zur Last geseßt. Davon waren jedo bei Berücksichtigung der in das Ausland ausgefübrten, oder auf Niederlagen verbrahten Tabakmengen thatsählib nur 735713 M zum Soll zu stellen. Hierfür haiten zumeist die Tabakkäufer aufzu- kommen, während die Pflanzer selbst nur mit 35861 K belastet wurden. Für die der Fläcbensteuer unterworfenen Grundstücke wurde die Abgabe zu 10940 A festgesetzt.

In dem Zeitraum vom 1. Juli 1880 bis zum 30. Juni 1881 ergaben si aus der Besteuerung des Tabaks folgende Einnahmen: Zölle 673 453 # (im Vorjahr 278 314 a ; Gewichtssteuer 726 966 M; xlächensteuer 10 508 G (im Vorjahr, für welches noch das frühere Gesetz in Geltung stand, 171 462 ). Für ausgeführten Tabak wur- den 473 M zurückvergütet. Es verblieb sohin eine Nettoeinnahme von 1410454 #4 Im Vorjahr hatte dieselbe nur 431 050 X betragen. Tabaksurrogate kamen nicht zur Versteuerung.

In der gleichen Zeitperiode wurden bei den Zollämtern Elsaß- Lothringens die nacbezeihneten Mengen zum Eingang verzollt und beziehungsweise zur Ausfuhr in das Zollausland angemeldet :

Einfuhr: Ausfuhr ; Unbearbeitete Tabakblätter und Abfälle vos Tae a e ee C08 kir 1000 A E 1E: 372 Cigarren L e S C O 27 669 E 3 392 993 S 6735 8 882 E 398 1105 Rauchtabak und andere Tabakfabrikate 21855 , 33423 Gegenüber dem Vorjahr ift hinsihtlih der Einfuhr eine recht beträchtlihe Steigerung eingetreten; dieselbe betrug bei Rohtabak 365 364 bg. Es dürfte daraus zu \{ließen sein, daß die vor Ein- tritt der Zollerhöhung außerordentlich vergrößerten Lagervorräthe nunmehr ihren normalen Stand wieder erreiht haben. Andererseits ist die Ausfuhr bedeutend hinter dem Vorjahr zurüctgeblieben. Bei Rohtabak ergiebt sich ein Minus von 464 068 kg wohi eine Folge der lebhaften Nachfrage der inländischen Fabrikanten nah dem vorübergehend einem niedrigeren Steuersaß unterliegenden Landesprodukte.

Athen, 22. November. (Allg. Ztg.) Das Ministerium des Innern hat jüngst cinen starken Band: „Die Statistik Griechen- lands“, herausgegeben, welchem wir folgende allgemein wichtige An- gaben entnehmen (bis Ende des Jahres 1879). Die Einwohnerzahl Griechenlands belief si 1879 auf 1679 470 Individuen, wies mithin gegen das Jahr 1870 eine Vermehrung von 221 576 Seelen 24 651 oder 1,69 %/% auf. Im Peloponnes wohnen 709 245; auf dem Fest- lande 441 033; auf den jonishen Inseln 244 433; auf den Kykladen 132 020; auf Gubâa 83 352; auf verschiedenen kleineren Jnseln 43 684 Menschen. Der Flächeninhalt des Königreichs beträgt 50 211 qkm (2695 der der jonishen Inseln), so daß auf den Quadratkilometer in ganz Griechenland dur\{nittlich 32,94 Einwohner kommen (auf den jonischen Inseln 90,70; im übrigen Königreich 29,66). 1879 gab es in ganz Griechenland 335,159 Häuser, von welchen 316 300 Wohn- häuser und 18859 Gebäude zu verschiedenem Gebrauch, Kirchen, Schulen, Kasernen u. f. w. Kirchen zählte man T7518. Jedes Wohnhaus enthält somit 1,13 Familien oder 5,23 Seelen. Merk- würdig stellt sih das Verhältniß der Geshlechter: Griechenland ent- bält 880952 männlihen und 798518 weiblichen Geschlechts (52,45 */9 zu 47,55 9/9); verheirathet find 554 462, nämli 277 758 männlichen und 276704 weiblihen Geschlechts, unverheirathet 986 683 Personen, nämlich 552 519 männlichen und 434 164 weib- lichen Geschlechts. Im verwittweten Stande lebten 112 334 Personen, und zwar 24694 Männer und 87 640 Weiber. Unter den Bewoh- nern sind 1 331 472 ohne Schulbildung und 318 949 mit Schulbil- dung. Orthodoxe Christen zählte man 1 635 698, Christen anderer Konfessionen 14 677; Juden, Mohammedaner 2c. 3392. Die Ein- wohnerzahl der Stadt Athen belief sih ohne die Soldaten (3460 Mann) auf 63374 Personen, von denen 34205 männlichen und 29 169 weiblichen Ges{lechts.

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Kunst, Wifenschaft und Literatur.

Publikationen aus den Königlich preußischen Staatsarchiven. Veranlaßt und unterstüßt durch die Königliche Archivverwaltung. X. Band. Preußen und die katholi sche Kirche seit 1640. Nach den Akten des Geheimen Staatsarchivs von Mar Lehmann. 2. Theil: von 1740 bis 1747. Leipzig, 1881. Verlag von S. Hirzel. Der vorliegende zweite Theil dieser Publi- kation beginnt mit dem Negierungsantritt Friedrichs des Großen und {ließt mit dem Tode des Kardinal-Bischofs Sinzendorf und zugleich der Anknüpfung eines direkten diplomatischen Verkehrs mit der Kurie. Die mitgetheilten Akten nehmen eit a0 nicht nur an Zahl und Umfang, sondern auch an Bedeutung zu. Die Mehrzahl entstammt naturgemäß der Kabinets-Registratur, viele aber auch, in Ermangelung der vernichteten Originale, den sogenannten Kopirbüchern. Gänzlich verschwunden sind die Kabinets-Akten über die {lesische Grundsteuer-Regulirung von 1742 und 1743 sowie über die Coadjutor-Nomination von 1744, Einige Kopirbücher befinden sih in Privatbesiß; es sind dieselben, aus welchen Preuß das Haupt- material zu dem Urkundenbuche seiner Biogravhie des großen Königs geschöpft hat. Da wichtige kircenpolitisbe Verhandlungen erst dicht vor ihrem Absc{lufse zur Kenntniß des Monarchen gelangt sind, so war es nöthig, au die Akten der Ministerien heranzuziehen: nament- li kamen das „Auswärtige Departement“ (das „Kabinets-Mini- sterium“), das „Justiz-Departement“, das „geistliche Departement“ und das sclesishe Provinzial-Ministerium in Betracht. Die Re- gistraturen der drei erstgenannten Behörden werden, abgesehen von den nach Aurich gelangten Stücken, die der vierten bis auf einige im Geheimen Staats-Arcbive und im Kriegs-Archive des Großen Generalstabes befindlide Brucbstücke, im Staats- Arciv zu Breslau aufbewahrt. Dieselben sind ziemli vollständig erhalten und mitgetheilt; nur beim Justiz-Departement bat sich ein größerer, das Jahr 1744 betreffender Verlust herausgestellt. Ferner sind aber auch die Akten der Regierungen von Breslau und Glogau durhfors{cht worden, da bei der Neuordnung des \{lesisben Kirchen- wesens den damaligen Ober-Amteéregierungen daselbst eine hervor- ragende Nolle zufiel. Die päpstlichen Archive und die des Bischofs von Breslau sind nicht benutzt, die Lücken, die dur diesen Mangel entstanden wären, aber einigermaßen aus den von A, Theiner in seiner Schrift: „Zustände der katholischen Kircbe in Schlesien“ gemachten Mittheilungen ausgefüllt worden. Eingeleitet wird die Urkundensammlunc durch eine Statistik des katholischen Kirchenwesens in Preußen um das Jahr 1740, der zufolge die Zahl der Koatholiken ir der Provinz Branden- burg damals höcstens 1 Prozent betrug, und nur in Berlin, Frankfurt, Potsdam, Spandau 1nd Stendal Bethäuser beziehungsweise Kapellen bestanden. Am größten war der Prozentsaß in Geldern, nämli fat 100%, in Lingen etwa 97 9%, und in Cleve etwa 609%. Dann folgzn die Urkunden in chrono- logisher Reihenfolge. Besonders interessant sind die Randverfügungen und mündlichen Resolutionen des Königs zu den Immediatberichten der Behörden, Eingaben 2c. aus seinen ersten Regierungsjahren. Der oft citirte Ausspruch des Königs zu Gunsten religiöser Toleranz findet sih am Rande eines Immediatberichts des Geistlichen Departements, datirt aus Berlin vom 22, Juni 1740 und lautet wörtlich: „Die Religionen müssen alle toleriret werden und muß der Fiscal nur das Auge darauf haben, daß keine der andern Abbruch thue, denn bier muß ein Jeder nah sciner Façon selig werden.“ Die einleitende Uebersiht zu diesem Bande verspriht der Verfasser später nachzu- liefern. Um jedo auc ohne diese die Benutzung zu erleichtern, ist dem Bande ein kurzes orientirendes Register beigegeben. i

Der fkürzlich ausgegebene XLVI. Jahrgang der Jahr- bücher des Vereins für mecklenburgishe Geschichte und Alterthumskunde (gegründet vom Geh, Archiv-Rath Dr. G. C. F. Lisch, fortgeseßt vom Acchiv-Nath Dr. F. Wigger, erstem Sekretär des Vereins. Jn Kommission in der Stillerichen Hofbuchhandlung zu Schwerin) enthält eine ‘chr verdienstliche umfangreiche etymologiscbe Arbeit über die flavishen Ortsnamen in Mecklenburg, vom Gymna- siallehrer P. Kühnel in Neubrandenburg. Dieselbe \{ickt eine Skizze der chemals in Mecklenburg seßhaft gewesenen slavischen Volksstämme und ihrer Sprache voraus und bietet sodann ein Verzeichniß sämmt- licher altslavishen Sprachstämme, von denen die Ortênamen gebildet sind. Besonders werthvoll aber ist das weiter folgende alphabetiscz geordnete Negister sämmtlicher mecklenburgiscdben Ort#namen slaoiscber Perm Sie Petbige Arbeit wird gewiß auch außerhalb Mecklenlb urgs von in ähnlicher Richtung bestrebten Sprachforschern mit Anerkennung dbe- grüßt werden. -—— Vieles rechtsge\{ich{chtlich Merkwürdige bietet die Fortseßung der Beiträge zur Geschichte der Großherzoglichen Justiz- kanzlei zu Schwerin, von dem verstorbenen Geheimen Hofrath A. 3, C. zur Nedden. Ferner hat Geh. Archiv-Rath von Mülverstedt În Magdeburg einen interessanten Beitrag über die Fürstin Mirislawa von Wenden geliefert, welche (eine Tochter des Fürsten JFobanr, VL) im leßten Jahrzehnt des 14. Jahrhunderts im Stift zu Yuedlinburg

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