1882 / 12 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 14 Jan 1882 18:00:01 GMT) scan diff

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Loxten. 4) Antrag des Baltischen Vereins zur Beförderung der Landwirthschaft, betreffend Vergrößerung des Landgestütes zu Labes. Referent: Lösewitz-Lentshow. 5) Antrag des Landwirthschaftlichen Provinzialvereins für Posen, betreffend einen \echsjährigen Turnus der landwirthschaftlichen Ausstellungen. Referent: Korn - Breélau.

Die nächste (10.) Plenarversammlung des Deutschen Land- wirthschaftsrathes beginnt am 13. Februar cr. Die Tages- ordnung enthält folgende Positionen: 1) Antrag der Königlichen Land- wirthschaftsgesellshaft in Hannover, die Währungsfrag. betreffend. Referent: Professor Richter-Tharand. 2) Viehstatistik. Referent : Professor Dr. Orth-Berlin; Korreferent: Gutsbesiter von Scbilcher- Dietramszell. 3) Erlaß eines neuen Aktiengesetes. Referent: Oekonomiec-Rath Nobbe-Niedertopfstedt; Korreferent: Eeneral-Land- \chafts-Rath Richter-Königsberg. 4) Erlaß eines neuen Genofssen- \chastégesetes. Referent: Dekonomie-Rath Märklin-Karlstruhe; Korreferent: Freiherr von Nordeck zu NRabenau-Friedelhausen. 5) MReichsversicherungs8wesen, insbesondere Gesetzgebung über Unfallversiherung. Bericht der Kommission. 6) A. Eisenbahntarif- frage. Referent: Gutsbesißer Uhlemann-Görliß. 6) B. Dringlicher Antrag des Landwirthschaftlichen Hauptvereins im I11. Verwaltungs- bezirk des Großherzogherzogthuins Weimar, die Verlängerung der Ausladefrist betreffend. Referent: Gutsbesitker Uhlemann-Görlit. 7) Stand der Fäcalfrage. Bericht der Kommission. 8) Frage der Wetterprognose bezw. deren telegraphische Verbreitung. Referent: Gercralsekretär von Langsdorff-Dresden. 9) Antrag der Königlichen Landwirthschaftsgesellscha\ft in Hannover, betreffend Abwendung der den Deichländereien am Unterlaufe der großen deutschen Ströme zuaefügten Schädigungen. Referent: Graf Berthold von Bernstorff - Gartow; Korreferent: Freiherr von Hammerstein - Loxten. 10) Antrag des land- und forstwirthschaftlihen Hauptvereins in Hildesheim, die Ver- tilgung der Maikäfer beircffeud. Referent: Geh. Ober-Forstrath Dr. Judeich - Tharand. 11) Stand des Hagel- und Feuerversicherungs- wesens. Referent: Professor Richter-Tharand. 12) Antrag des lippc- schen Hauptvereins in Lemgo, betreffend die Veranstaltung einer Enqucte zur Ermittelung des der Landwirthschaft dur den Moor- rauch erwachsenen Schadens. Referent: Freiherr von Hammerstein- Lorten ; Korreferent : Dekonomie-Rath Nobbe-Niedertopfstedt.

Gewerbe und Handel.

Als ein Zeichen, daß die Lage der Eisenindustrie auch

in der Wetlarer Gegend gegenwärtig eine wesentlich bessere eworden ist, erwähnt die „Rhein- und Nuhr-Zeitung“, daß vor einigen Ven der zweite Hochofen der bei Burgsolms an der Lahn belegenen, dem Fürsten Georg zu Solms-Braunfels gehörigen Georgshütte an- geblasen worden ist, Es haben dadurch ca. 90 Arbeiter für längere Zeit lohnenden Verdienst gefunden, da das gesammte von der Hütte im ersten Halbjahre 1882 zu produzirende Eisen bereits zu den jebigen guten Preisen verkauft ift. lit tete

Von Seiten des Westfälischen Grubenvereins geht uns die Mittheilung zu, daß um die Mitte Dezember“auf Zeche Hansa eingetretene Betriebsstörung jet so weit beseitigt ist, daß vom näch- sten Montag ab die ganze Belegscbaft wieder aufahren kann und von diesem Tage ab der Betrieb in früherer Weise aufgenommen wer- den wird.

Nürnberg, 12. Januar. (Hopféenmarktbericht von Leopold Held.) Das Hopfengeschäft bewegt sih fortgeseßt in mäßigen Grenzen. Die Umsäte betragen durschniltlich 100 Ballen pro Tag, und die Zufuhren crreichen die gleiche Ziffer. Die Preise sind in Folge der langsamen Frage etwas gedrückt. Gesucht sind vornehmlich billige Sorten zum Preise von 85—95 #4 Die Stimmung des Marktes ift sehr ruhig.

Ne w-York, 13. Januar. (W. T. B) Baumwollen - Wochenbericht. Zufuhren in allen Unionshäfen 104 000 B., Aus- fuhr nah Großbritannien 72000 B., Ausfuhr nah dem Kontinent 62000 B., Vorrath 1 144 000 B.

Verkehrs-Anstalten.

Der Schiffahrtsverkehr des Hamburger Hafens hat im verflossenen Jahr wiederum einen erheblichen Aufschwung genommen; es kamen, wie wir der „Berl. Börfen-Ztg.“ entnehmen, an Seeschiffen an 5975 Stück von 2 805 605 Reg.-Tonnen, gegen 6024 Schiffe von 2766806 t in 1880 und 5671 Schiffe mit 2 492 905 t. Abgegangen sind in 1881 6022 Schiffe von 2 848 749 t gegen 6058 Schiffe von 2762370 t in 1880 ünd 5649 Schiffe von 2489 148 t in 1879, Unter den angekommenen Schiffen befanden sih im Jahre 1881 3382 Seedampfer, gegen 3387 in 1880 und 3168 in 1879, Von Nordamerika kamen 93, von Westindien 52, von Südamerika 71, von Asicn, Afrika, Australien 44; die Zahl der Dampfer im transatlantishen Verkehr hat gegen 1880 um 23, gegen 1879 um 86 Stück zugenommen; am stärksten ist die Zunahme im Verkehr mit Südamerika, bia Afrika und Australien, Der Nationalität der Schiffe nah nahmen Deutsche mit 2687 Stück die erste Stelle ein; englische Schiffe kamen 2375 cin; der Rest mit 963 Stück ver- theilt sich auf verschiedene Flaggen. Ein Maßstab der Bedeutung des Hamburger Hafens ergiebt ih am Besten aus dem Vergleich mit dem Verkehr des Londoner Hafens. Nach Aufstellung des bri- tishen Handelsaints sind im Jahre 1881 nah dem Auslande aus- flarirt 6322 Schiffe von 2686 982 t mit Ladung und 1759 Sciffe von (91278 t in Ballaft, zusammen 4 478 260 t; dazu kommt aller- dings der noch sehr erheblihe Küstenverkehr. Immerhin wird aber der Seeverkehr Hamburgs mehr als halb fo groß sein als der Londons,

Verlíin , 14. Januar 1882,

Die heurige Saison der Königlichen Hofjagden fan gestern ihren Abschluß mit cin Galata lagen fand Auf den Feldmarken von Brig, Mariendorf, Buckow und Lichtenrade wurden zwei Vorstehtreiben genact. Zwischen beiden Treiben lag das Dejeuner in Bukow. “Die Prinzen des Königlichen Hauses n:hmen an der Jagd Theil, und ergab dieselbe cin Resultat von 472 Hasen und 1 Fuchs, wovon Se. Kaiserlihe und Königliche Hoheit der Kronprinz 115 Hasen und 1 Fuchs, Prinz Wilhelm 71, Prinz Carl 31, Prinz Friedri Carl 63 und Prinz August von Württemberg 31 Hasen zur Strecke brahten. Der Hosjägermeister vom Dienst Frhr. von Heintze führte die Jagd.

Su déx Sitzung des wissenschaftliben Kunstvereins am 21, Dezember v, F, ward über die Haudzeibnungen Sr. Majestät des Königs Friedrich Wilhelm 1V,, welche der Verein in Facsimiledrucken herauszugeben gedenkt, verhandelt.

,_ Namentlich trug Prof. Jessen den von ihm verfaßten Entwurf einer Einleitung dazu, etwa dieses Inhalts, vor: „Die bildende Kunst stand au Ende des. vorigen Jahrhunderts im Allgemeinen auf ciner sehr niedrigen Stufe, indem selbst der letzte Ueberrest der Renaissance die sogenannte Zopfzeit immer mehr in bloße Nachahmung verfiel. Für die Baukunst war nicht blos die Kunst, fondern selbst die Ausführung eine sehr kläglihe geworden. Unter den preußischen Königen hatte aber, wenn man einzelne großartige Werke Friedrichs des Großen ausnimmt, keiner ein bedeutendes persönliches Interesse an dem öffentlihen Bauwesen gezeigt. Daß dies bei Friedrich Wil- helm I1V. der Fall war, würde {hon allein auf das Gedeihen der Kunst von großem Einflusse gewesen sein , selbst wenn seine eigenen Arbeiten über den Charakter des Dilettantis- mus nicht hinauégegangen wären. Aber nicht dieser Gesichtspunkt soll hier erörtert werden, sondern im Gegentheile: ob, abgesehen von dem hohen Einflusse der Stellung, die Zeichnungen an und für sich als Werke eines Künstlers angesprochen werden dürften. Dafür aber

Baumeister, pflegt seine Entwürfz nicht obne Rücksicht auf die pekuniôöre Ausführbarkeit ¿u entwerfen. Ein Baumeister aber, _der zugleich ein Fürst ist, wird, unwillkürlich oder mit Bewußtsein auß Königliche Ansprüche zu befriedigen suchen, zumal da sie, wie Friedrich Wilhelm I1V. zu sagen pflegte, „auf dem Papier doch nichts kosten.“ Man darf daher seinen Entwürfen, die in der That von Königlicher Großartigkeit find, darum nicht von vornherein den Vorwurf des Phantastisben macken und entdeckt dann sehr bald, daß sie in allen Details prafktisch erwogen und verständig durcgeführt sind, so daß die Nnnabme einer dilettantenhaften Unklar- heit und der Phantasterei nirgends einen Anhalt findet.

___ Doch einer anderen Erklärung bedürfen die von ibm gewählten einfacen, dem fklassisben Baustyl sih anschließenden Formen. Man kann dies freilich abmachen mit dem Worte: er zog eben diese den Noccocoformen vor, aber dies ist nichts\agend, und die Ursache liegt viel tiefer. Das Roccoco geht nicht auf Formen, \ondern auf Ver- zierungen von Formen aus. Er wollte jede Form für den flüchtigsten Blick interessant machen durch An- und Aus- wühse, welde die Einfachheit der Formen verdeckten, deshalb war er in Formlosigkeit ausgelaufen und am (Ende des vorigen Jahrhunderts hatten \trebende Künftler absolut keine Formen und keine Maße dafür, das heißt, keine Verhält- nisse. Schlüter hat den Versuch gemacht, im Roccoco solche zu schaffen. Aber nur indem er sie vereinfahte und dadurch ihnen neue Energie verlieh, gelang es ibm, in seiner Kurfürstenstatue dur einen großen Schnörkelzug am Piedestal, die Nebengestalten als Untergebene unter die Hufe des Pferdes zu bringen, und in seinen Deckenverzierungen die buntesten Farben durch Schnör- al E E C u untetoden Darüber hinaus führt die Nichtung niht. Seine Kunst freiliß hat hier in Berlin bis auf den beutigen Tag noh keiner wieder aufgefunden. Maß- gebende Verhältnisse konnten seine Arbeiten nur etwa in Einzel- heiten liefern. Verhältnisse waren aber der Zeit fast unbekannte Größen. Klar und einfach waren sie nur in der Antike enthüllt, und dorthin flüchtete, was das Ende des vorigen und der Anfang des jeßigen Jahrhunderts an Kunstsinnigen und Kunstbegabten hatte, von Winkelmann und Carstens bis Thorwaldsen. In Berlin aber fanden auf Gillys ersle Anregung Schinkel und Friedrich Wilhelm 1V, Verhältnisse für die moderne Baukunst. Diese beiden Namen gehören hier zusammen, nicht als Meister und Schüler, son- dern Schinkel als der besonnene, maßvolle und maßgebende Meister der Wauten, Friedrich Wilhelm als der geniale, unerschöpflihe und unermüdlich schaffende Künstler. Von dem Reichthum seines künst- leriswen Schöpfungsgeistes und den strengen Grenzen in denen er seine Ideen ausführte, giebt die Mannigfaltigkeit seiner Entwürfe einen unwiderleglichen Beweis.

Die baulichen Einrichtungen und der Betrieb der Stadtbahn.

(Berl. Act.) Die eigentliche Stadtbahn erstreckt sich, wie bekannt, ron dem Schlesishen Bahnhof in vielfachen, zum Theil starken Krümmungen durch den ëstlichen und inneren Stadttheil hindur, an der Weiden- dammerbrücke, dem Lehrter Bahnhof und am Zoologischen Garten vorbei bis zum Bahnhof Charlottenburg, welcher südli von der Stadt Charlottenburg neu angelegt ist.

Dieser Bahnhof bildet den Aus8gangspunkt vers{iedener Bahn- linien, welche theils den Verkehr der Berliner Ningbahn mit der Stadtbahn vermitteln, theils die Züge der Berlin-Hamburger, Berlin-Lehrter, Berlin-Weklarer, Berlin-Potsdam-Magdcburger und Berlin-Dresdener Bahn bis in das Innere der Stadt zu führen gestatten.

Die Stadtbahn hat vier Geleise, von denen zwei für die Ertern- züge, d. h. die den durchgehenden, insbesondere auch den internatio- nalen Verkehr vermittelnden Züge der vorgedachten Bahnen fowie der Ostbahn und der Niederschlesis{-Märkishen Bahn, bestimmt find. Die beiden anderen Geleise (Lokalgeleise), welche die nördliche Seite der Bahn einnehmen, dienen dagegen dem engeren Verkehr im Innern der Stadt und mit deren näherer Umgebung. Auf den- selben fahren Lokalzüge zwischen dem Schlesischen Bahnhof einerseits und dem Zoologischen Garten und Westend andererseits, ferner Nord- ring- und Südringzüge und endlih sogenannte Vorortzüge. Die Vorortzüge follen - den Verkehr aus dem Herzen der Stadt in den verschiedensten Richtungen, vorerst bis nah Erkner und umgekehrt dem- näcbst auch nach Spandau, Wannsee und Potsdam vermitteln. Die Gröffnung des Betriebes auf den beiden Lokalgeleisen steht in Kurzem bevor, während die Einführung des durchgehenden Verkehrs in die Stadtbahn erst mit dem Sommerfahrplan (15, Mai 1882) in Aussicht genommen ist.

In Bezug auf den Lokal- uud Vorortverkehr ift zu bemerken, daß der Villetverkauf im Parterregeshoß der Bahnhöfe stattfindet in welchem auch die Wartesäle liegen. In den leßteren find Nestau- rationen nicht etablirt; es liegt hierzu augenscheinlich kein Bedürfniß vor, zumal sih annehmen läßt, daß in der Nähe der Stationen sich ausreicende Gelegenheit zur Cinnahme von Erfrischungen bieten wird.

Die bei weitem größere Mehrzahl der Reisenden wird kaum die Wartesäle aufsuchen, sich vielmehr direkt nach dem in der oberen Etage befindlichen Perron begeben. Das Auffinden der zu diesem hinaufführenden Treppe in den ziemlich ausgedehnten unteren gewölbten Räumen wird dadurch erleichtert, daß ein in der Näbe des Eingangs oder des Schalters postirter Portier und Aufscbriften an den entsprechenden Stellen das Publikum zurechtweisen.

An der Treppe, welhe im Perron unter einer bedeckten Halle ausmündet, trifft man den Billetshaffner, welcher die Billets coupirt und nur den mit gültigen Billets versehenen Personen den Zutritt gestattet. 7

: Der Perron liegt zwischen den beiden Lokalgeleisen. Zur Drientirung darüber, nach welcher Richtung der näcbste Zug geht, erinnern wir daran, daß nah den allgemein auf den preußiscen Bahnen durchgeführten Grundsäßen bei einer zweigeleisigen Bahn jeder Zug stets das in sciner Fahrrihtung rechtsliegende Geleis be- fährt. Alle Züge, welhe vom Swlesischen Bahnhof dur die Stadt nah dem Zoologisden Garten und Wetjtend fahren werden daher auf demjenigen Geleise verkehren, welchbes von den vier auf dem Viadukt liegenden Geleisen sich am nördlihsten Rande Brose Aen tare O man für eine Fahrt nah dem Slesischen

ahnhose i jenigen Geleise einzusteigen, weldes neben den Erterngeleisen liegt.

Die Abfahrtszeiten der einzelnen Züge sind für den Verkehr auf der Strecke zwischen dem Schlesischen Bahnhofe und Zoologischen Garten derartig geregelt, daß es der zuvorigen Einsicht des Fahrplans kaum bedarf, Die Züge folgen einander auf dieser Strecke in dem geringen Zeitabstande von 10 Minuten.

…_ An dem ankommenden Zuge selbst ist die Nichtung, welche der- selbe eins{hlägt, und das Endziel durch eine vorn aa der Lokomotive angebrachte große Tafel kenntlich gemalt. Kleinere Tafeln mit der- selben Anschrift sind außerdem an der unteren Hälfte der Seiten- wand des ersten und des letzten Wagens und eine Tafel mit der ettung der Zuggattung „Nordringzug“, „Südringzug“, „Stadt- gaanzug es „Borortzug“ oben an der Stüirnseite des ersten Wagens vesestigt. „Endlich zeigt ein Wegweiser in Form eines Arms, welcher in der Nähe der Telegraphentude an einer mitten auf dem Perron stehenden Säule angebracht ist, nach dem Geleise hin, auf welchem der Zug abgehen soll. Auch auf diesem Arm ist die Richtung und das Endziel des Zuges angegeben,

us Der Zug selbst wird in kürzester Frist zum Stehen gebracht. Während das Anhalten des Zuges sonst in der Weise erfolgt, daß der Lokomotivführer mit der Dampfpfeife das Signal zum Bremsen giebt und das Zugperfonal darauf die Bremsen fo lange anzieht, bis der Zug still steht, wird auf der Stadtbahn der Zug dur den Loko- motivführer selbs in der einfadsten Weise in etwa 20 Sekunden mittelst einer fontinuirlihen Bremse zum Stillstand gebracht.

„__ Mit Rücksiht auf diese Einrichtung wird denn auch bei jedem Zuge außer dem Lokomotivpersonal nur noch ein Zugführer thätig

fällt ein anderer Umstand ins Gewicht. Ein Künstler, zumal ein

L E auf die vorschriftêmäßige Führung des Zuges zu

Das Oeffnea der Coupéthüren beim Eiu- und Ausfteigen ist den Reisenden überlassen. Selbstverständlich hat der Zugführer, soweit es seine Zeit erlaubt, hierbei hülfreide Hand zu leisten und Auskunft zu ertheilen, namentli aber muß er die Thüren rechtzeitig wieder ließen, soweit nicht die Passagiere dies bereits gethan haben. Das kbci den übrigen Eisenbahnen üblihe Signal mit einer Perrongloke zum Einsteigen wird nicht gegeben. Die Perronglocke kommt vielmehr gänzlich in Wegfall, weil ihre Anwendung bei der häufigen Auf- einanderfolge und Kreuzung der Züge das Publikum nur verwirren und außerdem die Anwohner der Bahnhöfe wesentlich belästigen würde. Statt dessen giebt der Zugführer, sobald die Abfahrtszeit gekommen ist, dem Lokomotivführer durch zwei kurze Pfiffe mit der Mundpfeife ein Zeichen zur Abfahrt. Der Zug seßt sih sodann sofort in Be- wegung. Das Einsteigen in einen {on in Bewegung befindlichen Zug kann unter keinen Umständen gestattet werden; es würde solches auc für* den Reisenden doppelt gefährlich sein, weil die nur eine geringe Acsenzahl führenden Züge sofort eine stark bes{leunigte Bewegung annehmen.

Die Revision der Billets beim Einsteigen in die Coupés kann unter den angegebenen Umständen nicht stattfinden. Der Passagier, welcher mit seinem Billet an der Zugangsftation auf dem Perron zugelassen worden ist, hat selbst darauf zu abten, daß er auf derjenigen Station, wohin er nach Ausweis seines Billets zu reisen beredtigt ist, aus- steigt. Auch der Bahnhof darf nur auf dem vorgeschriebenen und als Ausgang besonders kenntlib gemachten Wege verlassen werden. Ein an diesem Ausgang postirter Billetshaffner nimmt die Billets ab und ver- anlaßt die mit ungültigen Billets versehenen Passagiere zu dec vor- ges{riebenen Nachzahlung, unter Umständen zur Entrichtung einer Strafe. Es hat daher jeder Passagier dafür zu sorgen, daß er bis zum Verlassen des Bahnhofs im Besiße scines Billets bleibt.

Die außergewöhnliche Revision während der Fahrt erftreckt ich insbesondere darauf, daß der Passagier nicht eine höhere, als die ihm nah seinem Billet zustehende Wagenklasse benußt und nit über die Bestimmungsstation, auf welche das Billet lautet, hinausfährt.

Da, wie aus vorstehender Darstellung sich ergiebt, niht rings um die Stadt in ununterbrochenen Zügen, sondern in einem Nord- ring und Südring gefahren wird, so kann man nicht direkt und ohne umzusteigen von einer der nördlihen Stationen der MRingbahn zwiscben Moabit und Friedrichsberg nah einer der südlihen Ring- bahnstationen zwischen Treptow und Grunewald reifen. Indessen sind die Südring- und Nordringzüge so gelegt, daß man bei den Südringzügen, welche vom Potsdamer Bahnhof nach dem Schlesischen Bahnhof fahren, in Stralau-Rummelsburg einen von der Stadt kommenden Nord- ringzug antrifft, mit welchem man nach jeder nördlichen Ringbahn- station gelangen kann ; au die von dem Schlesischen Bahnhof über Treptow nach dem Potsdamer Bahnhof fahrenden Südringzüge kreuzen in Stralau-Rummelsburg mit einem Nordringzuge und bieten den von den Stationen des Nordrings kommenden Reisenden Gelegen- heit, na den südlichen Ringbahnstationen zu gelangen. ;

Gbenfo sind die Ankunsts- und Abgangszeiten der Süd- und Nordringzüge in Westend so gelegt worden, daß man mit Unisteigen aus einem Zuge in den anderen im Stande ist, alsbald von einer südlichen Ringbahnstation nach einer nördlichen Ringbahnstation und umgekehrt weiter fahren zu können.

_Da indessen doppelt soviel Nordringzüge (in einftündigen Inter- vallen) verkehren werden als Südringzüge, so bietet von den Nord- ringzügen immer nur ein Zug um den anderen Gelegenheit, in Stralau-Nummelsburg oder Westend auf einen Südringzug überzugehen.

Von den Bahnhöfen der in Berlin einmündenden Bahnen sind dur die Züge der Stadt- und Ringbahn nur einzelne zu erreichen, nämlih der Schlesishe, der Lehrter und der Potsdamer Bahnhof, sowie der Bahnhof Gesundbrunnen der Berliner Nordbahn. Bei der großen Zahl der Züge, welche zwischen dem Schlesischen und Lehrter Bahnhof täglich verkehren, werden für diejenigen Personen, welcbe aus der inneren Stadt auf der Nieder- \chlesis{-Märkischen oder Lehrter Bahn nah auswärts reisen wollen, die Stadtbahnzüge ein billiges und bequemes Mittel bieten, die Bahnhöfe jener Bahnen zu jedem Zuge zu erreihen. Bei dem Potódamer Bahnhof und dem Bahnhofe Gesundbrunnen wird dies nur bei einzelnen Zügen thunlich sein, weil nach diesen Bahnhöfen weniger Züge verkehren und cs niht möglich ist, überall passende Anscblüsse herzustellen. Für die Südringzüge wird die Berlin-Potédam-Magdeburger Bahn, soweit sich dies durch Verschie- bung der zwischen Berlin und Zehlendorf verkehrenden Lokalzüge wird erreichen lassen, in der Weise Anschlüsse in Schöneberg und- im Potsdamer Bahnhof herstellen, daß man von Zehlendorf, Steglitz und Friedenau die Stationen der Ringbahn und vermittelst dieser leßteren die Stadtbahnstationen erreihen kanu, und ebenso in um- gekehrter Richtung von decn Stationen der Stadt- und Ringbahn nach Friedenau, Stegliß und Zehlendorf zu fahren Gelegenheit findet. S

Cöln, 13. Januar. (W. T. B,)® Bei der heutigen Ziehung der Dombaulotterie fie: der Hauptgewinn von 75 000 M auf Nr. 325 002; 15 000 M fielen auf Nr. 181 539.

Auf dem „Lindenhoff“ in Züri foll, wie die „Allg, Ztg.“

meldet, ein Zwin gli-Denkmal erribtet werden, und zwar in Form cines überlebens8großen Standbildes. Es ift eine allgemeine Bewerbung ausgeschrieben, an der sich bis zum 1. Juni d. Is Künstler aller Länder betbeiligen können. Die Kosten sollen 80 000 Fr. nit übersteigen. _ London, 13. Januar. (W. T. B.) Nach hier eingegangener amt- licher Meldung hat am 22. November in der Höhe der cbilenischen Küste an Bord des „Triumph“, des Flaggenschiffes des Pacific- Geschwaders, eine Explosion stattgefunden, dur welche 3 Mann getödtet und 7 Mann verwundet wurden. i

„Das Königliche Schauspielhaus brate gestern Schillers „Räuber zur Aufführung, zur Erinnerung an die erste Darstellung des Trauerspiels auf der National-Bühne in Mannheim, am 13. Ja- nuar 1782, Hundert Jahre waren gestern verflossen, seitdem in dieser genialen Jugendarbeit Schiller sich als ein gottbegnadeter Dichter dem deutschen Volke offenbarte. Jn sehr würdiger Weise wurde der Gedenktag vom Königlichen Schauspielhause begangen. Ein s{wungyvoller Prolog, von Julius Wolf verfaßt, von Frl. Schwarz meisterlih gesprochen, rief die Erinnerung an die Bedeutung dieses Tages wach. Er gedachte der Innigkeit und Unzertrennlichkcit, mit welcher gerade Siller mit allen Schichten der Nation verwachsen ist; er gedenkt der Vielen, die sich in diesen hundert Jahren an dem lebendigen Dichterborn, der in Schillers Räubern sprudelt, ecrquickt und begeistert haben, und Derer, die nach uns dieselbe Wehmuth und dasselbe Entzücken dabei durhströmen wird, Die gestrige Auf- führung des Trauerspiels entsprach scenish jener ersten in Mannheim. Franz Moor erdrofselt sich nicht selbst, sondern wird lebendig der Rächer- hand scines Bruders überliefert, Vor 100 Jahren \pielte Jffland den ¿ranz von Moor, den uns gestern Hr. Kahle mit bekannter realisti- scher Meisterschaft verkörperte. Hr. Ludwig gab die Rolle des Karl von Moor, der verirrten großen Seele mit weicen und leidenschaft- lien Tönen, die das innerste Herz erbeben machten. Diesen beiden Hauptdarstellern wurde auch der stürmische Beifall des Publikums in sehr reihem Maße zu Theil. Frl. Barkany gab an Stelle des Frl. Meyer die Rolle der Amalia mit gutem Erfolg. Unter den andern VDarstellern sind noch die Herren Berndal (Pastor Moser), Oberländer (Pater) und Krause (Spiegelberg) hervorzuheben.

Redacteur: Ri G Berlin: add edel A

Vorlag der Expedition (Kes\- l). Druck: W. Elsner. Fünf Beilagen

(eins{ließlich Börsen-Beilage).

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Srste Beilage

zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlih Preußischen Staais-Auzeiger.

N 12.

Berlin, Sonnabend, den 14. Januar

1882

Deutsche Nacchwe

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der Einnahme an Wewhselstempelsteuer im Deutschen Reiche für die Zeit vom 1. April bis zum Schlusse des Monats Dezember 1881.

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: Einnahme im Monate Dezember.

Á t. p h t.

Ober-Post-Direktions-Bezirke.

Hierzu Einnahme in den Vormonaten.

3; 4 a en j E O innahme in dem- Q: selben Zeitraume In 1881 des Vorjahres -+ mehr (Spalte 4). weniger S Á. | t. Er Á. |

Zusammen.

I. Im Reichs-Postgebietc.

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3). Danzig .

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6) Franffurt a./D. .

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8) Köslin .

9) Posen :

10) Bromberg . .

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12) Liegnitz .

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16 704 1 059 11 006 71 996 180

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2 379 9 388 992 92 632 T2 2187 22120 1938 | 75 647 | 85 9031 | 15 36 743 | 90 10 592 | 60 20221 80 1.9423 | 00 430 | 90 20 2410 | 80 4512 | 20 21 880 | 45 8508 | 95 1.141 | 50

| 40 26 554 | 25 495 | 30 | 30 108231 | 97 224 | 85

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130757 | 45

314 251

107 435 | 60 98 404 315 927 | 05 979 183 142 519 | 50 131 926

34 591 |8 34 474

164 079 589 136 147 040

159 767

155 549 | 75

Summe I. 542 427 | 05 Ie 40 890 | 40 ITL. Württember( 18 670 | 30

3970969 | 315 876 | 10 356 766 | 50 143 584 | Ö

HEEETFFLFEFEFTEHT+HT H T T4 T+E+F++T+F T +FT+++++

4d 513 396 | 50 4 391 278 162 117 | 75 344 941 + 11825 | 20 159 695 + 29559 | 20

20 162 254 | 50

Veberhaupt Berlin, im Januar 1882.

601 987 | 75 |

4 430 429 | 75

5032417 | 50 4 899 915 | î

| + 176502 | 15 l

Haupt-Buchhalterei des Neichs\haß-Amts.

Nichtamtliches.

Preußen. Berlin, 14. Januar. Jm weiteren Verlaufe der gestrigen (24) Sißung seßte der Neichstag die zweite Berathung des Reichshaushalts- Etats des Etatsjahres 1882/83 mit der Diskussion des der Kommission wiederholt zur Berathung überwiesenen Titel 1 (Zölle) Kap. 1 der Einnahmen (Anlage XVI, Zölle und Verbrauchssteuern) fort. Nah dem Abg. Dr. Barth ergriff der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Direktor im Reichsschaß- amte, Burchard, wie folgt das Wort:

Meine Herren! Es kann nit meine Aufgabe sein, hier einzu- gehen auf alle die theoretisch reflektirenden Behauptungen und Aus- cinandersetzungen, die die Herren Vorredner bezüglih der Güte oder des Unwerths des geltenden Zolltarifs gesprochen haben. Die Re- gierung hat sich wahrlich in den leßten Jahren der Verpflichtung nicht entzogen, die Prinzipien der Zollgeseßgebung, wo die Gelegenheit es angezeigt erscheinen ließ, eingehend zu vertreten. Fch darf Sie daran erinnern, daß noch im vorigen Jahre dem Hause eine Denkschrift zugegangen ist, welche sih_ausschießlich und prinzipieU über die Vorzüge des jeyt herrschenden Systems der indirekten Be- \teuerung und über den Werth einer Weiterführung dieses Systems ausspricht. Ich unterlasse es deshalb auch, jeßt auf die allgemeinen Auseinanderseßzungen der Herren näher einzugehen. Ih möchte nur cinige Punkte berühren, weil mir dieselben doch zu offen- fundig der Wirklichkeit zu widerspretßen scheinen oder weil sie Behauptungen betreffen, die ih in der vorigen Sitzung mir zu machen erlaubte.

Was zunächst die Auseinanderseßzungen des Hrn. Abg. Oechel- häuser betrifft, so bin ich schr erfreut gewesen, und habe es auch nicht anders vorausgesetzt, daß der verehrte Herr auf Grund der offenfundigen Thatsachen niht anstand anzuerkennen, daß unscr Export in der leßten Zeit \sich gesteigert hat und daß im Allgemeinen das gewerblihe Leben im Aufblühen begriffen ist. Er ift allerdings im Laufe sciner Nede zu Schlußfolge- rungen gekommen, die meines Dafürhaltens diese erste Behauptung, dieses erste Zugeständniß vollständig vergessen lassen. Er fumulirte sih namentlich in der Behauptung, daß, wenn au das wirtbscaft- lihe Leben im Allgemeinen fortgeschritten sei, unsere Export- industrie sich nur über Vertheuerungen zu beklagen habe, daß diese Exportindustrie, auf die der Hauptnachdruck unseres wirth- \chaftlichen Lebens zu legen sci, zurückgegangen sei. Ja, meine Herren, den Bewcis für diese Behauptungen ist er uns in der That völlig \culdig geblieben. Man würde nah seiner Rede den Eindruck be- fommen: ja, iun Innern ist der Absatz flott gewesen, aber nach Außen fönnen wir nit aufkommen, Diesen Behauptungen stehen aber doch entgegen die Zahlen, die in der offiziellen MONE uns vorliegen.

Nun sagt uns der verehrte Hr. Abg. Barth, man muß es eben verstehen, Statistik zu lesen, die Zahlen beweisen nichts. Ja, meine Herren, ih glaube doch, daß die Zahlen für denjenigen, der si be- müht, daraus etwas zu verstehen, die einzige Basis bilden, die über- haupt berechtigt ersheint. Jch werde mir aber auch erlauben, dem verchrten Herrn Urtheile entgegenzuhalten von Sachverständigen, die scinem Urtheil in dieser Bezichung gradezu wider- spreben, nämlich die Urtheile der Handelskammern und zwar nach dem Auszuge aus den Handelskammerberichten, der in schr dankens- werther Weise ausgearbeitet ift. E S

Zunächst möchte ih aber kurz zurückkommen auf die Zahlen, wie sie die Statistik selbs angiebt, Jch glaube, auch ohne mich auf das Urtheil in den Berichten der Handelékammern zu berufen, daß diefe Zahlen beweisen, daß in der That unser Export im lebhaften Auf-

\{chwung begriffen is. Jch muß zu diesem Zweck allerdings einige Zahlen näher anführen.

Nach der Handelsstatistik ist in der Zeit von Anfang Januar bis Ende November 1881, also fast im ganzen Laufe des vergangenen Jahres, gegenüber der gleichen Zeit des Vorjahres die Einfuhr ge» stiegen von fsolchen Artikeln, die einerseits dem Konsum dienen und die andererseits Rohstoffe für die Fabrikation Vila, G3 diet 0. Ma E tenen eis Cine größere Konsumtionsfähigkeit und zweitens ein größerer Bedarf an Nohbartikeln, die zu keinem andern Zweck dienen können als zur Fabri- kation. Die Einfuhr ist gestiegen, wenn ih absehe von Weizen und Hafer, bei Malz um 42 9/9, bei Salpeter um 58 9/0, bei Thee um 65 °/a, bei Palmöl um 43 °%/9, bei Petroleum um 42 9/0, bei Flachs von 34 9/0, bei Hanf um 35 °/. Meine Herren, es sind das sehr bedeutende Steigerungen, und ih möchte dem Hrn. Abg. Oechelhäuser durchaus bestreiten, daß in früheren Jahren derartige Steigerungen häufiger vorgekommen sind.

Auf der andern Seite ist die Einfuhr bezüglich der Industrie- produkte gefallen, dagegen ist die Ausfuhr an solchen Produkten unserer Industrie ganz außerordentlich gestiegen, in weit größerem Umfange, als in früheren Jahren. Ich erlaube mir auch in dieser Beziehung einige Zahlen anzuführen.

Die Ausfuhr von Anilinfarben und anderen Tbeerstoffen ist um 24 %/ gestiegen, von Noheisen aller Art um 15%, von Eisenbahnschienen um 17%, von Eisenbahnlaschen um 48°%/, von Eisendraht um 53%, von Draht- stift um 37%, von groben Eisenwaaren um 23", von Glas und Glaswaaren um 8°/0, von feinen Holzwaaren um 36%, von Waaren aus Nickel und Alfenid um 35"/o, von feinen Lederwaaren um 27%/o, von Branntwein um 48%/9, von Töpfergescbirren um 29/6, von Zink und Zinkwaaren um 47% und von Papierwaaren um 12°%/6.

Meine Herren! Wenn Sie die sich hieraus ergebende Gesammt- lage unserer gewerblichen Verhältnisse ins Auge fassen, dann kann man doch diesen Zablen gegenüber in der That nicht daran zweifeln, daß nit blos unjere innere Gewerbthätigkeit, sondern auch die Er- portthätigkeit in besonders hohem Maße gestiegen ist. Das wird ja auch bestätigt, wie ih mir {hon vorhin anzudeuten erlaubte, durch die Mittheilungen, welhe nah den Jahresberihten der Handels- kammer im deutschen Wirthschaftsjahr 1880 von dem Generalsekretariat des deutschen Handelstages veröffentlicht worden sind. Jch kann aller- dings hier nicht auf das Einzelne dieser Zusammenstellung eingehen, ih glaube aber, daß ich von Seiten derjenigen, welche sich die Mühe genommen haben, sie durczulesen, keinen Widerspruch erfahren werde, wenn ih behaupte, daß auch nah diesen Mittheilungen der Gesammt- cindruck der Handelskammerkberichte der ist, daß sie niht mit der An- erkennung zurückhalten, daß, abgeschen von einzelnen Jndustrie- zweigen, unser gewerbliches Leben eincn unverkennbaren Aufschwung genommen hat.

Der geehrte Hr. Abg. Barth hat nun an einem Beispiel ver- sult, den Beweis zu führen, daß das nicht der Fall wäre, er hat, wenn ich ihn recht verstanden habe, angeführt, eine Nadelfabrik wäre nidt im Stande gewesen, nach Einführuag des Zolls flott weiter zu exportiren. Nun, ih weiß nicht, vorauësichtlih wird dies eine andere Nadelfabrik sein, als hier in dem von mir bezecihneten Buche ange- führt ist; hier steht als Auszug aus dem Handelslammerbericht von Iserlohn : S ;

Bezüglich der Nadelindustrie in Wesifalen nämli, ih weiß nicht, ob das die Heimath des Herrn Abgeordneten ist es wurden etwa 2400 Millionen Nadeln im Werthe von

2 150 000 M angefertigt, das Geschäft war im AUgemeinen gut, der Export sehr lebhaft. e J eas j

Das ist allerdings etwas, was s{nurstracks demjcnigen wider-

spricht, was der gechrte Herr Abgeordnete bezüglih einer anderen

Fabrik vorgetragen hat. Ich meine, daß man aus folchen Beispielen in der That keine Rücks{chlüsfse ziehen könne auf unfer gesammtes wirthschastlihes Leben. Betreffs der Ausführung des Hrn. Abg. Oechelhäuser, daß man nicht auf die Statistik zurüdck- gehen müsse, sondern auf die Handelkammerberichte, habe ich, wenn ich nit irre, {on im vorigen Jahre Gelegenheit gehabt, mich auszusprehen. Die Handelskammerberichte geben nur Detailbilder, die niht in den Rahmen einer vergleihenden Zu- sammenstellung mit den Mittbeilungen der anderen Handelskammer- berichte zu bringen sind, es ist also unmögli, die Resultate der eee so zusammenzustellen, daß man daraus ein eweisfkräftiges Resultat [chöpfen kann, ih halte das für ziemlich aus- ges{lossen. In der That muß doch die Statistik wozu haben wic denn die Statistik uns das Material an die Hand geben zur Be- urtbeilung derjenigen Fragen, welche für die wirthschaftliche Geset- gebung maßgebend sind.

Meine Herren, ih möchte dann noch eingehen auf die An- führungen, die der Hr. Abg. Barth bezüglich derjenigen Be- hauptungen gemaht hat, welche ih bei der letzten Berathung des Etats ausgesprochen babe. Ih muß offen gestehen, ih war sehr gespannt darauf, als der geehrte Herr Abgeordnete das russishe Ge- treide besprach, welche Gründe er geltend machen würde, die den unwiderleglibhen Beweis führen sollten, daß ih unrecht habe. Ich habe folhe Gründe eigentlih gar nicht vernommen oder wenigstens in so kurzer Weise, daß ich außer Stande gewesen bin, mir selbst flar zu werden, ob ih na diesen Ausführungen unrecht gehabt habe. Ich glaube auch, der geehrte Herr Abgeordnete befindet sich dem russischen Getreidegeshäft gegenüber ungefähr in derselben Lage, wie er meint, daß ich dem Tabakgeschäft gegenüber mi befände. Ich glaube in der That,{daß die russische Getreide-Einfuhr, welche auf der Weichsel und dem Niemen in Deutschland eingeht, und auf den deutschen Markt angewiesen ift, keineswegs unbedeutend ist; darüber existirt aber doch tein Zweifel, daß diejenigen Händler, welche von den rufsi- schen Bauern oder von den russis{hen Unterhändlern derartiges Ge- treide auflaufen, diesen alle die Spesen auferlegen, die nothwendig sind, um das Getreide bis zum Absatßort, also bis zum Königsberger oder Danziger Markt zu bringen, und daß unter diesen Spesen sich auch der Zoll befindet; daß also derjenige Russe, der fo sein Getreide abseten will, auch den Zoll tragen muß.

Was die Behauptung des Herrn Abgeordneten betrifft, daß ih mich vollständig im Irrthume befinde in Bezug auf die Tabakspreise, so weiß ih nicht, ob ih gesagt habe, die Tabakspreise seien seit Jahren gefallen; ih glaube nicht, daß ich das gesagt haben kann, es würde das meiner Kenntniß der Verhältnisse widersprechen. Ich habe blos gesagt, daß in der letzten Zeit ein Preisrückgang ein- getreten ist; ich wage natürlich nicht, die Autorität des geehrten Herrn Abgeordneten auf diesem Gebiete anzuzweifeln, habe aber doch eine Grundlage für meine Behauptung, und zwar wiederum diejenige, welcbe der Herr Abgeordnete als vorzüglich anerkennt, nämlich die Handels- kammerberichte. Darin stebt bezüglich der Tabakspreise : „Es trat an man- hen Orten eine Geschäftsstille ein, die zunahm; der hiermit naturgemäß eintretende Preisrückgang war ein so erheblicher, daß, während im Dezember 1879 1878er Umblatt mit 66 4. bezahlt wurden, solches im Iuni 1880 auf 61 #4 zurückging.“ Noch \{lechter wurden die Preise im Ivli; soweit ih gehört habe, ist in der rüctschreitenden Be- wegung der Tabakspreise ein Stillstand bisher nicht eingetreten, ich laube aber, die ganze Auseinanderseßzung hat für die jeßige Dis- fussion nur eine hocbst untergeordnete Bedeutung.

Ich möchte dann noch mit einigen Worten zurückkommen auf die Bescheidung des Königlich preußishen Herrn Handels-Ministers an das Danziger Vorsteheramt der Kaufmannschaft. Meine Herren, ih habe ausdrücflih damals gesagt, daß es nicht meine Aufgabe sein könnte, den Bescheid hier irgendwie im Allgemeinen zu berühren, das ist von anderer Seite geschehen. Jch habe aber angeknüpft an die Behauptung des Danziger Berichts, daß nämlich in der Vorlage, be- treffend die Erhöhung des Mehlzolls das Anerkenntniß enthalten f ci, der Inländer trage den Mehlzoll, während bei der Regierung früher eine andere Anschauung bestanden hâtte. Meine Herren, daß diese Behauptung fals ift, halte ih auch jeßt noch den Ausführungen des geehrten Herrn gegenüber vollständig aufrecht. Es ift in der ganzen Gesetzesvorlage niht mit einem Wort von dieser Frage ge- handelt worden, fondern es is blos untersucht worden: was ist vortheilhafter für den Jmportanten bei dem Mehlzoll von 2 M, wenn man Getreide oder Mehl einführt? Es ift dargelegt worden, daß es bei diesem Zollsatz vortheilhafter wäre, Mehl einzu- führen , daß es also einer Erhöhung des Zolles bedürste, um diesen Bortheil des Importanten vers{winden zu lassen. Es ift also do immer nur von demjenigen gesprochen, der importirt, und wenn über- haupt irgendwie die Frage, wer die Zölle trägt, in der Vorlage be- rührt worden ift, fo ist sie nur in dem Sinne berührt worden, daß der Ausländer den Zoll trägt und nit der Jualänder.

Meine Herren! Jch möcte dann auf die sogenannte Zollkuriosen kommen. Es bildet ja dieser Gegenstand in der leßten Zeit einen fast ständigen Artikel in den Zeitungen, und es ist das natürlich ein Unstand, der die Aufmerksamkeit der Regierung schr auf sich ge- lenkt hat, zumal bei der leßten Verathung des Etats der Zölle und Verbrauchssteuern auch aus der Mitte des Hauses heraus dieses Thema eingehend behandelt worden ist. Es ist damals Veranlaffung genommen worden, die neuen Mittheilungen in den Zeitungen ctwas näher zu prüfen. Dem Bundesrath lagen bisher nur drei Fälle vor, die, wie ih nachher noch auseinanderzujetzen die Ehre haben werde, von ihm ordnungëmäßig behandelt worden sind. Es war natürlich sehr unerwünscht, daß fortwährend in den Zeitungen geklagt wurde Uber Zollbedrückungen im Einzelnen, und es wurde deshalb bei der ersten Zeitungémittheilung Veranlassung genommen, die Wahrheit derselben zu prüfen.

Es fand sih Ende Dezember in der „Hamburger Börsenhalle eine Mittheilung folgenden Inhalts:

Von China werden mancherlei Essenzen, Fruchtsäfte, Liqueure in Gläsfern eingeführt, die mit einem dünnen Seidenstoff überzogen sind, auf welchem sid chinesishe Buchstaben befinden. Die Zoll- behörde hat in neuester Zeit ihre Aufmerksamkeit auf diefe Um- hüllung gerihtet und fordert jeßt die Verzollung dieser Effenzen zu dem Bruttogewicht inklusive Glas als Seidenatlas. S j

Es wurde also in Hamburg angefragt, worauf sib diese Mit- theilung begründete. Darauf kam die offizielle Antwort zurück, in Hamburg wäre solch ein Fall nit passirt, es rühre diese Nachricht aus Berlin her. Es sind darauf an der bezeicneten Stelle, von welcher diese Einsendung herrührie, in Berlin Ermittelungen angestellt worden, und da bat sich ergeben, daß dieser Fall nicht in diesem Jahre, auch nicht im vorigen Jahre, vorgekommen ist, au nit unter der Herrschaft des neuen Zolltarifs, sondern noch unter der Herrschaft des alten Zolltarifs im Jahre 1879, daß die Mittheilung also in der That eine geflissentlich unrichtige Darstellung enthält. Die Details sind nit mehr festzustellen, der Betreffende hat sih auchß nit beschwert,

| es ist also der Fall in der höheren Jnstanz nicht geprüft worden ; es | ist damals der Zollsa für Kurzwaaren, also nicht für Seidenwaaren, in Ansay gekommen. Ob das richtig war oder nicht, bin ih zur | Stelle außer Stande zu sagea; der Betreffende hat diese Entschei- | dung niht angefochten. Den Gegenstand dieser Tarifabfertigung hier | zu seben, dürfte für diejenigen Herren, die sich so cingehend für das | Detail der Materie interessiren, do am Ende von Werth sein. Meine Herren, cs ist natürlich der Regierung sehr unangenchm,