1882 / 18 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 21 Jan 1882 18:00:01 GMT) scan diff

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Landtags- Angelegenheiten.

_Die I. Kommission des Herrenhauses für die Ge- \chäftsordnung besteht aus den Herren: von Bernuth, Vorsitzen- der. Graf von Brübl, Stellvertreter des Vorsitzenden. Adams, Schriftführer. von Wiedebab, Stellvertreter des Schriftsührers. von Simpson-Georgenburg. Eggeling. Graf zu Lynar. Freiberr von Minnigerode. Dr. Baumstark. von Kröcher. von Rath. von Bandemer. Becker. Dr. Beseler. von Waldow und Reitenstein.

Die 11. Kommission für die Petitionen besteht aus den tren Dr. Sulzer, Vorsißender. Dr. Wever, Stellvertreter des

orsißenden. von Wiedebah, Schriftführer. von Schöning, Stell- vertreter des Schriftführers. Graf von Radolin - Radolinski. Reichert. Doetsch. von Pfuel. Graf Udo zu Stolberg-Wernigerode. Graf zu Eulenburg. Fürst zu Putbus. Graf von Brühl. von Gruner. von Winterfeld. von Neumann.

1II. Kommission für den Staatshaushalts-Etat und Finanz-Angelegenheiten. von Schuhmann, Vorsitzender. von Dechend, Stellvertreter des Vorsitenden. von Pfuel, Schrift- führer. Beer, Stellvertreter des Vorsitzenden. Freiherr von Boden- hausen. Bürgers. Mölling. Graf von Bieten-Schwerin. Dr. Baum- stark. von Brand. Graf von der Schulenburg-Angern. Freiherr Senfft von Pilsach. Dr. Stepkan. Graf zur Lippe. Freiherr von Tettau.

L Kommisston Ur Justiz - Angelegenheiten. von Bernuth, Vorsitender. Graf zur Lippe, Stellvertreter des Vor- sißenden. Adams, Schriftführer. von Scböning, Stellvertreter des Schriftführers. Graf von S@werin. Pr. Dernburg. Eggeling. von der Osten. Graf von Borke. von Rath. Dr. Friedenthal. Meyer (Berlin). Graf von der Sculenburg-Beetendorf. Dr. Beseler. Dr. Wever.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Bon cinem im Verlage von Heinrich Schmidt und Carl Günther in Leipzig erscheinenden neuen Prachtwerk: „Griechenland in Wort und Bild : eine Schilderung des hellenisen Königreiches von Amand von Schweiger-Lerchen feld, (Mit ca. 200 Jllu- strationen. In 20 Lieferungen à 14 M), liegt die erste Lieferung vor. Das Werk will dem Leser in großen, aber erschöpfenden Zügen ein Gemälde der hellenischen Welt (foweit sie mit dem beutigen Königreiche identisch ist) vorführen, und zwar vorwiegend, wie sie sich heute darstellt. Auf dieser reellen Unterlage soll dann die Er- innerung an das antike Leben ihre verschollenen Herrlichkeiten auf- bauen, die Landschaften beleben, den Zusammenhang der Erscheinungen zwischen Ereigniß und Schauplatz herstellen und die Lüe zwischen Vorstellung und Wirklichkeit überbrücken. Es foll also in erster Linie das landschaftliche Element zur Geltung kommen. Die un- zähligen, von der Sage, Kultur und Geschichte verklärten, alten Orte sollen dem Leser bildlih zur Anschauung gebracht und hierbei geistig mit dem reichen Shmuck der Vergangenheit versehen werden. Auf diese Weise soll der Leser in diesem Werke kein antikes Denkmal, kein berlhm- tes Bauwerk, keine denkwürdige Stätte vermissen. Allen Bildern sollen vorzügliche Originalaufnahmen und Photographien zu Grunde liegen, Die erste Lieferung beginnt mit Athen und enthält folgende Ab- bildungen : Der Piraeus (Ansichten), Ansicht von Athen, die Pro- pyläen, der Tempel der Nike Apteros, der Areovag, die Akropolis von Athen (2 Ansichten), die Pnyx, das Kay Sunion, Athene-Tempel auf Kap Sunion, Sulioten aus der Umgegend von Athen. Der Ver- fasser s{ildert in lebhaften Farben den Piräus und die Akropolis, Die Ausstattung des Werkes ist ebenso vorzüglih wie die der an- deren von der Verlagshandlung herausgegebenen Prachtwerke.

Von Ferd. Raabe's Nahf. Eugen Heinrich, dem Inhaber eines Antiquariats und einer Buwhandlung in Königs- berg i. Oftpr., sind vor Kurzem 2 Verzeichnisse seines anti- quarishen Bücherlagers erschienen. Kat. 57 enthält unter dem Titel „Außerdeutscbe und außereuropäishe Geschichte mit Aus\ch{chluß des Orients“ -die 6. Abtheilung des Verzeich- nisses der in dem genannten Antiquariat vorräthigen Bibliotheca historica und führt 1566 Schriften auf, welcbe die Geschichte der Länder Europas, mit Aus\{luß des Orients, sowie Amerika und Australien betreffen und unter folgende Rubriken vertheilt find: Y Frankreich (548 Nrn.), 2) Italien (202 Nrn.), 3) Spanien und Portugal (98 Nrn.), 3) Großbritannien (196 Nrn.), 4) Niederlande (49 Nrn.), 5) Dänemark, Schweden und Norwegen (84 Nrn. im Ganzen) ; 6) Nußland, Polen, Griechenland, mitEins{luß vonNumänien, Bulgarien, Serbien und Montenegro (im Ganzen 229 Nrn.), 3) Amerika und Australien (160 Nrn.). In allen Abtheilungen dicser werthvollen Sammlung finden \sich mehr oder weniger wichtige und interessante Werke aufgeführt, bei weitem am reichhaltigsten ist das Verzeichniß von Schristen über Frankrei. Viele derselben betreffen Napoleon I., Napoleon 111. und Paris, andere die große französische Revolution, sowie andere Ereignisse der französiscben Geschichte. Nächst Frankreich ist besonders die Literatur über Großbritannien werthvoll. Bei der Abtheilung über Rußland 2c. machen wir besonders auf die vielen Karten aufmerksam. Der 2. Kat., Nr. 98, bringt unter der Ueber- schrift: „Bibliothek Nesselmann. Orientalia. Sprache und Geschichte®* ein Verzeicbniß der den Orient betreffenden Schriften aus der Bibliothek des vor cinem Jahre verstorbenen Pro- fessor der orientalishen Sprachen in Königsberg Nesselmann, die Eug. Heinrih an sich gebrabt hat. Diescs Verzeichniß, im Ganzen 1362 Nummern umfassend, bietet eine höch#t werthvolle Sammlung von vielen wichtigen, interessanten und .zum Theil seltenen Werken über den Drient im Allgemeinen, seine verscbiedenen Landschaften, seine ver- schiedenen Sprachen, die vielen Reifen, die von verschiedenen Forscern nah den verschiedenen Ländern des Orients zu verschiedenen Zeiten unternommen wurden, sowie über deren Geschichte, außerdem auc ziemlih viele aus den verschiedenen Sprachen des Orients übersette Werke, poetische und prosaische. Der Inhalt des Katalogs gruvpvirt sih na folgenden Rubriken: 1) allgemeine und vergleichende Spracl- wissensbast, Polyglotten, Zeitschriften, der Orient im Allgemeinen (190 Nummern im Ganzen); 2) Indien mit den Inseln, Sansékrit (248 Nummern im Ganzen); 3) Keilschrift, Zend, Persisb, Armenisc,

ssyrisch (im Ganzen 71 Nummern); 4) Arabis (148 Nummern); 9) das hebrâisbe Volk (451 Nrn.): a. alt- und neubhebräishe Philo- logie (115 Nrn.), b, die heiligen Schriften (78 Nrn.), ec. alte und neue Literatur der Juden, sowie Archäologie, Ritus, Iudenfrage (196 Nrn. im Ganzen), d. Geschichte der Juden und das heilige Land (im Ganzen 62 Nrn.); 6) Aramäisc, Chaldâäish, Syrisb, Samari- tanish, Phöônizisb, Punis, Maltesisc (im Ganzen 72 Nrn.); 7) die türkis-tartarish-mongolisben Völker (65 Nrn.); 8) China, Japan und Tibet (im Ganzea 46 Nrn.); 9) Egypten, Pierogliphen, Koptisch (im Ganzen 60 Nrn.); 10) Aetbiopisch, Amharish, Abessinien (im Ganzen 16 Nrn.); 11) das übrige Afrika (51 Nrn.); 12) orientalisc{be Münzkunde (23 Nrn.); 13) Natrag (21 Nrn.)

Land- und Forstwirthschaft.

Mastvieh-Ausstellung am 10, und 11, Mai 1882 in Berlin. Jn der am d. Dezember unter Vorsitz des Kammerherrn von Behr-Sch{chmoldow abgehaltenen Sitzung des Aus- stellungs-Comités wurde na Erledigung geschäftlicher Angelegenheiten der OVekonomierath Hauéburg, Direktor des städtischen Central- Viehbofs, zum Mitgliede des Comité gewählt. Der Antrag Kiepert, für die Lämmer unter 6 Monaten mebrere Unterabtheilungen ein- zurihten, wie für die älteren Schafe, wurde dahin erledigt, daß wie der Abtbeilung Schweine auch derjenigen für Lämmer, mehrere gleihwerthige Preise zur Verfügung gestellt werden sollen, um die verschiedenen Kreuzungen (Southdown-Kreuzung und Kreuzung anderer englisher Rassen) gleihartig beachten zu fônnen. Um das silberne Schaf als Chrenpreis für Merinoschafe

Lucius gebeten werden, neben dem jährlien Staatszus{huß für Preise dem Comité au einige Abgüsse der Bebmershen Schafstatuctte zur Verfügung zu stellen. Auf die Anfrage Noodt's, welche Stellung das Comité zu einem ev. hierselbst zu errichtenden Tattersall für deutsches Zuchtvieh (Pferde ausgenommen), wie derselbe von dem Gebeimen Regierungs-Rath Professor Settegast in einem kürzlib im Klub der Landwirthe gchaltencn Vortrage gezeichnet sei, nehmen werde, wurde bes{lossen, diese Idee der Preisrichterkommission der 8. Aus- stellung zu unterbreiten, um die Ansicht der zahlreich in derselben vertretenen Herren Züchter über diese Frage kennen zu lernen. In diese Preisrihterkommission wurden gewäblt für die Abth. A. 1—5, Rindvieh, die Herren: von Boltenstera-Battlewo, Brehmer-Wehre, Fleck-Kerkow, Jank-Dreéden, Klopfer-Schänitz, Pepper-Amalienhbof, Scharmer-Horstreihe, von Sydow-Baerfelde, Vielhaak-Segeletz; für Abth. A. 5—7, Rindvieh, die Herren : Barchewitz-Märzdorf, Christiani- Kerstenbru, von Langermann-Erlenkamp-Lubin, Knust-Stendell, Koch- Berlin, Olde-Hamburg, Peters-Siedenbollentin, Pfaff-Roitzs{, Voigt- Berlin, Witt-Charlottenburg; für Abth. B,, Schafe, die Herren: Gaudich- Ilkendorf, vonHomeyer-Ranzin Meyer-Brießnitz,Nowack-Berlin,Poehn- Gr. Borrek, Stolze-Markee, Waldeyer-Bökerhof; für Abth. Schweine ie Herren: Bergmann-Berlin, von Blücher-Jürgensdorf, Bohn- amburg, von dem Borne-Berneuchen , d'Heureuse - Schmekdorf, Kutschcr - Wobesde, Lübben - Sürwürden, Sponholz - Berkenbrügge, von Thünen-Tellow. Auch in diesem Jahre wird mit der Schau eine Ausstellung von Maschinen und Gerätben für die Landwirth- schaft und das Schlächtergewerbe verbunden sein, zu welcer die bedeu- tendsten Firmen dieser Branchen bercits ihre Betheiligung zugesagt haben. Programm und Armeldeformulare sind durch das Augs- stellungsbureau im Klub der Landwirthe, Berlin NW., Dorotheen- straße 95/96, zu beziehen. Die Anmeldungen müssen daselbst bis zum 1, April bewirkt werden.

Gewerbe und Sandel.

Mew Dor 20 Saniar, (Q. T. B) Baumwollen- Wochenbericht. Zufuhren in allen Unionshäfen 95 000 B., Aus- fuhr nah Großbritannien 46 000 B., Ausfuhr na dem Kontinent 16000 B., Vorrath 1 159 000 B.

Verkehrs-Anstalten.

6 L L a W L B) Dex Dampfer „Deélvekta " von der National-Dampfschiffs-Comvacnie (C. Messingsche Linie) ift Hier eingetroffen. Ï das

20. Januar. (W, T. B) Der Damvfer „Greece* von der National-Dampfschiffs-Compagnie (C. Messingsche Linie) ist hier angekommen.

Berlin , 21. Januar 1882,

Preußische Klassenklotterie. (Dhne Gewähr.)

Bei der heute fortgeseßten Ziehung der 4. Klasse 165. Königlich preußischer Klassenlotterie fielen :

1 Gewinn von 30 000 (4 auf Nr. 81 317.

1 Gewinn von 15 000 4 auf Nr. 78 604.

N Gewinne von 6000 4 auf Nr. 37 579. 45 707. 62 S 72 867.

46 Gewinne von 3000 /4 auf Nr. 983. 2193. 2458. 4807. 8762, 9828. 10 141. 10 876. 10916. 11 440. 12 380. 14 038, 18 300. 18440, 19974. 20336. 23121. 24 251. 30 009. 381494, 31649, 34247. 35197, 35 447. 41 772, 44308. 49471. 50805. 50878. 57 931. 58911, 60 944, 61 375. 62 538. 68767. 72148. 74865, 76 219. 80 736. 80 929, 82537. 82608. 83659, 85 021. 89 042. 91 744,

46 Gewinne von 1500 Qu V 1400, 3210. 38641, 0/41. 6855. 6721. 14327. 15611: 15 022. 19 802, 22 367. 242156. 24390. 25171. 25295. 27 416. 27 639, 32 409. 33 944, 40155. 40277. 42012. 44365. 46 536. 48 331. 48 5562, 50560. 510065. 51637. 52 646. 52 757, 59 226, 60521 (1130. 72179. 79779. 73/908 73 605. 75 739, 80 839, 85 566. 86 977. 89 839. 90 130. 92188. 94195. 72 Gewinne von 600 4 auf Nr. 3856. 5554, 7412. 10104 12190 12207 13190 13184. 14417. 14496. 14950. 14985. 15062. 16 319. 16 949. 17430. 17 527. 1/612, 177906. 19478 20457 971 2/8. 21606. 21 705. 2e 900, 25 878, 31951. 33 067. 34445, 39 812, 42 098. 42129. 42649, 43191. 48 204. 52 340. 52 997. 56 405. 56 726. 57 302. 58 203. 63 444. 64060. 65 570. 66 523, 0/090, (1811. 74213. 75020. 75792 75 829. 76 038, 77 835. 79480. 81831. 82433. 83 119. 83 785. 84 347. 84 578. 85 258. 86031. 86526. 87 534, 88 504. 89 163. 89 293. 90406. 91179. 91958. 93 2719, 93 683.

Die bisherigen Nachrichten über den U ntergang der „Jean- nette“ werden in dem geographischen Monatsbericht des Januarbefts von „PetermannsMittbeilun gen“ wie folgt zusammengefaßt: Die eJeannette“ wurde am 23, Juni 1881 in 7709 15‘ n. Br. und 1570 östl, L. v. Gr. von Eismassen eingeschlossen und zerdrückt. Die Man:schaft verließ das Schiff auf zwei Kuttern und einem Wal fisch- boot ; sie wendete sich der sibirischen Küste zu und hatte, theilweise mit Hülfe von Schlitten, eine gute Reise bis 50 Meilen nordwestlic von dem Lena-Delta, wo die Fahrzeuge dur Stürme und Nebel von einander getrennt wurden. Das Walfishboot mit den Offizieren G, W. Melville, J. W. Dannenhauer, R. L, Newcomb und acht Matroser gelangte am 26. September an das Kap Barkin, die nordöstlihe Landspiße des Lena - Deltas, und am 29. September in die östlibe oder Bykowéki'she Mündung der Lena, wo es bei einem Dorfe nihtrufsiscer Eingeborener von Eis aufgehalten wurde. Ingenieur Meslville seßte si, sobald die Eisdecke des Flusses ge- {lossen war, mit dem Kommandanten von Bulun, der nördlichsten Vrtschaft an der Lena, in Verbindung, und dieser \cbidckte sogleich die nöthige: Hülfe; au befand sich die Besatzung des Walfischbootes bei guter Gesundheit, sodaß man sie als Geborgene betraten fann. Am 10, November kamen ferner zwei Matrosen des ersten Kutters nah Bulun mit der Nachricht, daß derselbe an der nördlichen Mündung der Lena gelandet sei und \ich die Bemannung in sehr traurigem Zu- stande befinde: es fehle ihr an dem Nöthigsten; mebrere Personen hâtten erfrorene Glieder und \{webten in großer Gefahr. Än Bord dieses Kutters waren der Führer der „Jeannette“, Lieutenant de Long, die Offiziere Dr. Ambler, J. J. Collins und neun Matrosen. Zu ihrer Unterstützung ist, ebenfalls von Bulun aus, eine Expedition abgegangen. Von dem zweiten Kutter, auf dem sih Lieutenant Ch. W. Chipp mit dem Cispiloten W. Dunbar und sechs Matrosen be- fand, fehlt jede Nachricht. Die Telegramme geben noch keine Andeu- tung über den Cours der „Jeannette*“ und wo sie die beiden Winter zugebracht hat. Daraus aber, daß auf Wrangelland und an der T\uktschenküste keine Spur von ihr zu finden war, geht mit Wahr- sceinlihkeit hervor, daß sie Wrangelland im Norden umfuhr, also die Insularität desselben zuerst ermittelte. Die Stelle, wo sie zu Grunde ging, liegt nordöstlih von den neusibirischen Inseln. Trotz der beiden Ueberwinterungen waren noch alle 31 Mann am Leben, als sie verlassen wurde. Auch darf man noch nicht alle Hoffnung auf die Rettung der 8 Personen auf dem zweiten Kutter sinken lassen; es werden keine Anstrengungen und Kosten gescheut, um sie aufzusuchen, sür den Fall, daß sie an einem Punkte der sibirishen Küste gelandet sein follten.

Nach einem Telegramm aus Washington \ind Lieutenant

auch fernerhin gewähren zu können, wird der Staats-Minister Dr.

Marineselreiäc angewiesen wordén, in Jakutsk zu bleiben, um die Nadbsuchungen nach der noch fehlenden Mannschaft zu unterftüßzen

Die periodisben Ausstellungen des Rheinischen Kunstverein 8s für das Jahr 1882 werden stattfinden während der Monate März zu Hanau, April zu Darmstadt, Mai zu Mainz Iuni zu Mannheim, Juli zu Heidelberg, August zu Karlérubhe, Sep- tember zu Freiburg i. B., Oktober zu Baden-Baden. Die Kunst- vereine zu Baden-Baden, Karlsrubße und Heidelberg, veranstalten außerdem während des ganzen Jahres permanente Ausstellungen, Näheres wird dur die einzelnen Kunstvereine oder den Präsidenten des Rheinischen Kunstvereins, Geheimen Ober-Baurath Dr. Müller zu Darmstadt, bereitwilligst mitgetheilt werden.

Seit Donnerstag giebt das Sriedrih-Wilhelmstädt ie Theater die neueste Operette von Johann Strauß: „Der lustige Krieg“. Das Libretto ift von den Herren F. Zell und R. Genée ver- faßt und nicht gerade bedeutend. Mit Mühe erkennt man aus dem Chaos, das sie geschaffen haben, die leitende Handlung heraus. Zu den ersten Aufführungen des „lustigen Krieges“ ist der Komponist von Wien nah Berlin gekommen, und die Erwartung des Publikums war dadur auf das Höchste gespannt. Jn der That erregte dieses neueste Werk des berühmten Walzerkomponisten auh an dem zweiten Abend der Vorstellung ungeheueren Beifall. Die gefälligen Melodien, die in Überaus großer Zahl unfer Ohr um- \{meicheln, nehmen Herz und Sinn gefangen. Mit Anmuth und Grazie reihen die Weisen sih aneinander. Der Komponist hat

herrscht und dem er immer seine Lorbeeren verdankte. Wie ein {chimmerndes, farbenprächtiges Vand zieht sih der Rythmus des

rückend mit unaufhörlichen luftigen und leichten Melodien, deren Ueberzaþ[ freilih manchmal durch Gleichförmigkeit ermüdend wirft. Nach unserer Ansicht erreicht dec „lustige Krieg“ jedo trotz allen Melodienreichthums des Komponisten früheres Werk, „Die Fledermaus“ nicht. Was die Aufführung betrifft, so mußten viele von den reizenden Liedern wiederholt werden, wie das Antrittslied Sebastiano’s mit dem Nefrain „Der Klügere giebt nah!“ und auth sein Sololicd im zweiten D Der Sclußsaß des zweiten Aktes fand ebenfalls aroßen Beifall und wurde auf den lebhaften Wunsch des Publikums wiederholt. Die Darstellung der weiblichen Hauptrolle, „Violetta“, hatte Frl. Kopka übernommen; die Dame hat cine frische hübsche Stimme, die au bedeutend erstarkt ist seit ihrem Scheiden aus Berlin. Frl. Kopka spielte und sang ihre Nolle mit Sicherheit und Gewandtheit, doch fehlt ihr bier und da der launige Üebernmuth einer Soubrette. Frl. Grdösy war in Gesang und Spiel cine reizende „Else“, die ihre Partie wirkungsvoll gestaltete. Frl, Schmidt zeichnete sich wie immer durch ihren drastishen Humor aus. Eine überaus fomische Figur hatte Hr. Wellhof aus dem Tul venzüchter Baltha- sar geschaffen; Hr. Swoboda fand als Sebastiano mehrfach Gelegenheit, teine übermüthige Laune, verbunden mit feinem Vortrage, zur Gel- tung zu bringen. Der Komponist und die Darsteller erfreuten {ih häufigen Hervorrufes nach jedem Aktshluß. Am Schluß haben wir noch der farbenprächtigen Dekorationen und der malerischen Kostüme Erwähnung zu thun.

Im Wilhelm- Theater findet am Montag bereits die 38, Aufführung der Posse „Ueber Land und Meer“ ftatt.

__ Uls zweites Abonnements-Concert brachte die Gesellschaft der Sing-Akademie bierselbst am gestrigen Abend als Novität für Berlin: „Alarih“ von A. Fitger, für Soli, Chor und Orchester kom- ponirt von Georg Vierling. Zwei Typen stehen sich in diesem Werke gegenüber: das welke Nömerthum und die jugendlih trotige germanische Volkskcaft. Die erste Scene verseßt uns vor die alte Basilika Skt. Peters. Das Volk hat die Kunde von den heranziehen- den Barbaren vernommen und strömt mit einem Bußgesange dem Heiligthume zu. Jn der zweiten Scene dringt uns das Volks- heer der Gothen entgegen. Siegesfreudig preisen sie das \chöne Land Italien, um dessentwillen ‘sie ihre kalte nor- dische Heimath verlassen haben. Aus diesem Getümmel hebt sih Alarihs Gestalt hervor, die von einem unwidersteblichen inneren Dâmon zur Zerstörung Roms getrieben wird. Jn- ¿wischen hat in Rom die fromme Zerknirshung einer bacchantish auflodernden Lebenslust Platz gemacht. In der Villa der Nömertin Clytia wird ein üppiges Gastmahl gefeiert, Die sagenhafte tausend- jährige Greisin Sibylla Tiburtina tritt in deu Kreis der trunkenen entarteten Römer, um sie zu neuer Sendung vorzubereiten: ebe aber dieselben jedoch diese Mahnung begriffen, stürmen die Gothen die Porta Salaria. Der Sieg der germaniscen Kraft {ließt den ersten Theil. Alarich, von der Majestät der ewigen Stadt ergriffen, kann si _nicht überwinden, das Signal zur Zerstörung zu geben, Gothen und Römer stimmen ein gemecinschaftliches Tedeum an. Clytia sieht in Alarih zum ersten Male ein vollkom- menes Heldenbild und wird von Haß und liebender Bewunderung er- regt. Die Gothen stürzen aber in die Cäsarenpaläste und sammeln nch an goldenen Tafeln zu einem ungeheueren Trinkgelage. Schließlich ruhen Alle auf den Polstern und dem Estrich; dem \{lafenden Alaric aber singen die Wassergeister des Busento cin Lied von seiner kurzen Heldenlaufbahn und seinem baldigen Ende. Alarich springt auf und treibt seine Gothen zum Weiterziehen an; er füblt, daß die cinzelnen Menschen wie die Völker nur als Werkzeuge in der Hand des Herren gebraubt werden zu Zwecken, die ibnen selbs ein ewiges Geheimniß lind. Die ganze Weltgeschichte aber wird mit Aufgang und Nieder- gang ein großer Hymnus zur Ehre Gottes,

__ Was die Komposition dieser Dichtung anbelangt, so bat uns dic- selbe durbweg dur die Wahrheit der Empfindung angemuthet. Am wirksamsten kommen die Chöre zur Geltung; in denselben bringt der Komponist dur prächtige Tonmalerei die versiedenen Situationen flar zum Bewußtsein; so in den Chören: Nr. 4, die Gotben, die Schönheit Italiens \c{ildernd, Nr. 9 der Erstürmung der Porta Salaria, Nr. 11 dem Tedeum, Nr. 12 dem Trink{hor bei dem Trink gelage der Gothen, Nr. 14 dem Chor der Wassergeister des Busento. Die Soli bilden Alarich (Bariton), Clytia (Sopran), Sibylla (Alt). Am wirksamsten unter diesen sind die Gesänge des Alari während die Partien der Frauensoli zurücksteben. Die Borführung des Werks war cine den Traditionen der Sing-Akademie entsprechende. Der Chor löste seine Aufgabe in jeglicher Beziehung in vollendeter Weise: da war Fülle des Tones und ckchlagfertigkeit der Auédruccksweise. Prächtig namentli kl ang der große Trinkchor der Män- nerstimmen (Nr. 12). Die Soli waren besetzt durch die Damen Frl. Breidenstein, Fücstlibe Kammersängerin und Frl. Finkelstein, Großher- zogliche Hofopernsängerin aus Darmstadt, sowie durch den Kammersänger Prn. Bet. Der Letztere sowohl wie au Frl. Breidenstein \ind im hiesigen Concertsaale gern gehörte und bewährte Künstler; neu war dagegen die Sängerin aus Darmstadt. Dieselbe besißt cine weie, aber kräftige Altstimme und singt ohne die einer Bühnensängerin sonst anhaftenden Mängel binsitlib des Tremulirens, offenen Vokalsinns 2c.

| Besondere Anerkennung verdient die Wahl der Solisten der Sing-Akademie; Hrn. Professor Blumner, dem Direktor der Akademie, aber gebührt besonderes Lob für die energishe und sichere Leitung des gewaltigen Chors und des Orcbesters, dessen Part die Berliner Symphoniekapelle mit bekannter Tüchtigkeit ausführte.

Nedacteur: Niedel.

Verlag der Expedition (Kessel). Druck: W., Elsner, Vier Beilagen

Berlin:

Dannenhauer unnd die anderen Offiziere der „Jeannette* vom

(eins{ließlich Börsen-Beilage).

sich gescickt auf das Feld beschränkt, welches er mit Sicherheit be- |

wiegenden, schwebenden Tanzes dur das Tonstück, die Sinne be- |

Erste Beilage

zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlich Preußischen Slaals-Anzeiger.

M2 f,

Berlin, Sonnabend, den 21. Januar

12,

Nichtamtliches.

Preußen. Berlin, 21. Januar. Jm weiteren Ver- [laufe der gestrigen (30.) Sitzung setzte der Reichstag die zweite Berathung des Entwurfes eines Gesehes, betreffend den Beitrag des Neiches zu den Kostcn des An- \chlusses der freien und Hansestadt Hamburg an das deutsche Zollgebiet auf Grund des Berichtes der VI. Kommission mit der Diskussion über 8. 1 fort. Nach dem Abg. von Kleist-Reßow ergriff der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Staats-Minister Bitter, wie folgt, das Wort:

Meine Herren! Jch halte es für nothwendig, den schr bestimmten und präzisen Aeußerungen des Hrn. Abg. Hänel gegenüber von diesem Plaße aus, die ebenso bestimmt entgegenstehenden Anschauungen, welche bei den verbündeten Regierungen bis jeßt in Geltung gewesen find, und, wie ib glaube, auch in Geltung bleiben werden, zu betonen.

Der Abg. Hänel hat damit begonnen, daß ex mit den Vor- \{lägen, die von Seiten der verbündeten Regierungen in Uebereinkunft mit Hamburg gemacht worden seien, materiell im Ganzen ceinver- standen sci, daß er keinen Kompetenzstreit erheben wolle, daß er auch als juristishe Deduktion den Zusaß zu §. 1 nicht betrachtet wissen wolle, daß er aber doch glaube, gegenüber der Stellung, welche die verbündeten Regierungen in dieser Angelegenheit und im Hause einge- nommen haben, einen Eingriff in die Nechte des Reichstags zu finden. Gr hat behauptet, daß die verbündeten Regierungen in Aus- übung ihres Verordnungsrechts, ih will niht sagen ge- mißbraucht, aber doch in einer Weise gebraucht hätten, die den Kompetenzen des Neichstags gegenüber nah seiner Auffassung nit zu rechtfertigen seien. Er hat die Kompetenzfrage als eine cin- seitig gelöste bezeichnet, und hat geglaubt, daß dadur eine Ver- fafsungsfrage in die Berathung des hohen Hauses hineingeworfen werden solle, Er ist ferner der Meinung gewesen, daß die Art und Weise, wic die Hamburger Frage von vornherein behandelt worden sci, zunächst eine Pression auf die freie Entschließung Hamburgs, demnächst aber auch ein: Pression auf den Reichstag habe einschließen sollen und, er hat nachher ausdrücklih hinzugesetzt, daß er darin eine gewisse Methode finde. Das erinnert mich an dasjenige, was ein anderer der Herren von jener Seite (links) des Hauses neulich als ein gewisses System im Aufsuchen oder zur Herbeiführung von Kon- flikten bezeichnet hat.

Demgegenüber möchte ih doch ih werde auf die einzelnen Punkte noch weiter zurückklommen erklären, daß die Pression, von der der Hr. Abg. Hänel gesprochen hat, soweit sie auf Hamburg hätte stattfinden sollen, niemals zum Ausdruck gekommen ist. Es ist aller- dings richtig, daß der Herr Reichskanzler erklärt hat, er fühle {sich vollkommen berechtigt, aber auch verpflichtet, in Dingen von dieser be- deutenden und großen Wichtigkeit, die er im Interesse des deutsben Vater- landes für nöthig halte, auch zu Pressionémitteln zu schreiten. Von dieser Pression is aber doch nur gesprochen worden; von einer wirklichen Pression kann wohl nicht die Rede sein, noch weniger von einer Pression, die auf die Berathungen des hohen Hauses hätte Einfluß haben fönnen ; wenigstens nach mciner Auffassung der Verhältnisse haben die verbündeten Negierungen nicht daran gedacht, eine Pression ausüben zu wollen, und zwar aus dem Grunde, weil sie geglaubt haben, sich ganz vollständig und ohne Vorbehalt auf dem Boden des ihnen zustehenden Rechts zu befinden. Sie waren gar nicht darüber im Zweifel, daß sie ihrerseits in dieser Frage \o verfahren konnten und mußten, wie sie cs gethan haben, und sie sind keincéwegs in der Lage gewesen, vorausfeßen zu können, daß durch ihre Handlungêweise irgendwie cine Pression auf den Reichstag geübt und dadurch wenn ih es mit cinem scharfen Ausdruck bezeichnen soll ein Verfasungs- konflifkt hervorgerufen werden könne. Ich muß also nach dieser Scite hin die Stellung der verbündeten Regierungen wahren.

Der Bundesrath is} allerdings, wenn Sie es so betrachten wollen, cinsecitig in Bezug auf das Regulativ, über welcbes in der Hauptsache na jet:t die D eingeleitet ist, und zwar via tacti vorgegangen, aber nicht deshalb, weil er irgend wie der Mei- nung gewesen wäre, daß er damit eine Grenze überschritte, die ihm verfassungs- und kompetenzmäßig nicht zustehe, sondern lediglich deshalb, weil er sih bewußt gewejen ist, sich auf dem Boden der Verfassung, auf dem Boden der Reichsgescke und auf dem Boden derjenigen Bestimmungen und Vorgänge zu befinden, die ihn bis jetzt in binreihendem Maße zu seinem Vorgehen berechtigt haben und immer berechtigen werden. S

Der Hr. Abg Hänel erklärt zwar, daß dur dieses Vorgeben des Bundesraths ein Vorgang geschaffen werde, daß, wenn diese vollendete Thatsache einmal bestehe, was sehr {wer werden würde, in ähnlichen Fällen dem Bundesrath gegenüber beshränkend in den Weg zu treten ; aber ih werde Ihnen nachweisen, daß dieser Fall keineswegs cin ver- einzelter ist, sondern daß der Bundesrath \ih jeßt ebenso wie bisher auf dem Boden der Verfassung und Zollgeseße bewegt hat, wie er es in dieser vorliegenden Frage gethan. Wenn der Hr. Abg. Hänel dabei binzugefeßt hat: wenn das Haus s\ich zu einer solchen Aner- kennung in einer oder der anderen Weise herbeilassen wollte, würde der Bundesrath als Sieger bhervor- gehen, so muß i bemerken, daß der Bundesrath keineswegs die Absicht hat, sich mit irgend einem Lorbeerkranz dabei \{Gmüdcken zu wollen, wohl aber das Bewußtsein haben wird, daß er seine Pflicht erfüllt und dasjenige gethan habe, was er im öffentlichen Interesse, im Jntercsse des Reis und des Vaterlandes thun mußte; als Sieger wird er sich dabei nit betrachten, soudern ledigli als einen Organismus, der seine Pflicht erfüllt bat.

Hiermit glaube id auch {con angedeutet zu baben, wie i über die Frage denke, daß in den Pressionen, die angeblich dem boben Hause angethan sein sollen, irgendwie eine Methode sei. Eine Methode Tann {on deshalb nicht vorhanden sein, weil der Bundesrath gar nicht darüber zweifelhaft gewesen ist, daß eine reine Frage der Kom- petenz, wie sie in der Verfassung begründet ist, vorliegt.

Ich möchte auf die Bemerkungen, die Hr. Hänel über das Ver- bâltniß des Herrn Reichskanzlers zum Bundesrath und des Bundesraths zum Herrn Reichékanzler gemacht hat, hier nicht eingeben; ich glaube, das würde dem Herrn Reichskanzler sowobl als dem Bundesrath gegenüber ganz überflüssig und jedenfalls auc sehr wenig nüßlich sein. Der Bundesrath ist allerdings, wie Hr. Hänel richtig bemerkte, dem Reichs- tag gegenüber unverantwortlich, aber daraus folgt nicht, daß er seine Verantwortlichkeit nit ebenso fühlt wie jeder einzelne und wie auch der Neichêtag selbst Der Bundesrath hat in jedem Mitglied, das na scinen Instruktionen bandeln muß, die volle Verantwertlichkeit für das, was er thut, als cin gleibberechtigter Faktor der Gesetzgebunag ; man fann niht hier aussprechen, daß gerade die Beschlüsse des Bundesraths gewissermaßen ex aequo et bono. je nachdem irgend ein gewisser Wille darauf cinwirken möchte, gefaßt werden, die Be- \{lüsse des Bundesraths beruhen auf der verantwortlichen Ueber- zeugung Derjenigen, die dort ihre Stimme zu geben haben, und auf den Instruktionen ihrer Regierungen, und diese Regierungen sind, wenn auch nicht der Bundesrath selbst, doch ihrerseits monarchi\ch

liedert.

E Uebrigens weiß ih nicht, warum dieser ganzen Frage diese hobe politische Bedeutung beigelegt wird, die ihr der Hr. Abg. Hänel bei- gelegt hat. Es handelt si hier nicht um eine aroße Staatéaktion, fondern um ein Zollregulativ, mit welhem Hr. Hänel, wie er aué- Trüdlih auêëgesprochen hat, im Ganzen und Großen cinverstanden ift

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und von dem er anerkennt, daß, wenn es nit erlassen wurde oder erlassen wäre, der Vertrag mit Hamburg überhaupt unaut führbar und in jedem Falle höchst shädlih und bedenklich sein würde.

Ich möchte also von allen diesen Fragen absehen, weil ih, wie ih \{on neulib ausgesprochen habe, von der Verschärfung solcher Kon- flikte und Ansichten, so wie von dem Herandrängen an Konflikte oder Verfassungsfragen mir keinen besonderen Vortheil versprechen fann, weder für das Ganze noch für das Einzelne. Die verbündeten Regierungen glauben ihrerseits in dieser ganzen Frage, wie Hr. von Kleist-Rezow ganz richtig an die Spige seiner Erklärungen gestellt hat, cine Pflicht nationaler Politik erfüllt zu haben, welche vielleicht {on früber hätte in Gang gebracht werden sollen, welche aber jeßt sicher nicht zu spät kommt und, wie ih die Zuversicht hege, vom hohen Hause auc getheilt wer- den wird. Ich muß aber, da Hr. Hänel in dem Anfange seiner Bemerkungen auf seine gedruckte Erklärung im Bericht der Hambhur- ger Kommission zurückgegangen ist, doch noch ciniges sagen über die Details des Zollrechts, welche dem Bundeërath Veranlassung gegeben haben, seinerseits die Frage so zu ordnen, wie sie bisher geordnet worden ist. Das Material befindet sih der Hauptsahe na in der Zollordnung.

Jch gehe über Artikel 34 der Verfassung fort, darüber habe ih mich bereits wiederholt au8gesprohen und fann dem nur beitreten, was hier vorhin gesagt worden ist, daß nämlih auch ohne die Ein- schiebung des §.1 im ersten Absatz die ganze Frage in ruhiger und sicherer Weise ihren Fortgang genommen haben würde auf Grund der Vereinbarungen und der Verfassung. Die Frage des Zollregu- lativs hat den Sit ihrer Materie in 88. 90 und 167- der Zollordnung, welche die Ausführung der Geseße und Verordnungen betreffen, und über die Hafenordnungen bestimmen, vor allen Dingen, roie {on vorhin angeführt ist, in dem §. 54 des Zollgeset:es. Dieser §. 54 lautet wörtlich:

„Auf kurzen durch das Vereinsgebiet führenden Straßen können nah Maßgabe der von der obersten Landes-Finanzbehörde zu treffenden Anordnungen bei der Abfertigung Erleichterungen ein- treten,“

Nun hat der Hr. Abg. Hänel in seiner Erklärung ausgeführt, daß die Erleichterungen, die in dem Zollregulativ für die Unterelbe ausgesprochen sind, keine Erleichterungen seien, sondern eine Auf- hebung des Absfertigungsverfahrens. Im Großen und Ganzen werde ich es der Kürze wegen so ausdrücken können, Jh möchte doch darauf aufmerksam machen, daß dies eine kühne Interpretation des Regulativs felbst ist. Das Regulativ hat von vornherein keineéwegs das Abfertigungsverfahren aufgehoben, es hat es nur nach einer Seite hin erleichtet, es hat ausdrücklich vorbehalten, daß nur die Schiffe, welche im Transit von Hamburg, Altona, Harburg nach der See und umgekehrt gehen, gewissen Erleichterungen unterworfen sind, daß tim übrigen aber die Zollvorscriften für alle übrigen Schiffe be- stehen bleiben, und es sind die Modalitäten sür Schiffe dieser Art ganz besonders angegeben. Aber ih muß doch noch besonders darauf hinweisen, was auch schon ausgesprohen worden ist, und ich glaube, es kann nicht oft genug wiederholt werden, wenn die entgegenstehende Auffassung so bestimmt betont ist, wie dies vor- hin geschehen, daß die Bedingung der Führung der Zollflagge für die Sciffe, welche direkt transitiren, hier aufgestellt ist, die ist, daß ein Lootse an Bord genommen werden muß, -Dfeser Lootse hat neben seiner Funklion als Schiffsführer ganz besonders die Verpflichtung, auf die er eidlih verpflibtet worden ist, auf die Beobachtung der Zollformalitäten, auf das Zollinteresse aufmerksam zu scin, er hat auch die besondere Verpflichtung, dafür zu forgen, daß an cinem Schiffe, welches nit mit der Zollflagge und Zollleuchte zu geben be- rechtigt ist, keine Zollflagge und Zollleucbte führen darf; denn diese Scbiffe sind den allgemeinen Zollmaßregeln unterworfen.

Es ift außerdem besonders darauf aufmerksam zu maden, daß ausdrücklich angeordnet ist und zwar in §. 2: es kann dice Be- gleitung der Schiffe angeordnet werden. Diese Beglei- tung ist, wenn sie zollseitig für nothwendig erachtet worden ist, nit aufgehoben. Es ist ferner ebendaselbst festgestellt, daß alle diejenigen Schiffe mit Waaren, die den in See gehenden Schiffen zugeladen werden sollen, die Zollflagge zu führen haben, daß aber auch die Ueberwachung der Einladung angeordnet werden kann. Alle diese Fragen deuten bestimmt darauf hin, daß hiecee nit von einer Auf- hebung des Abfertigungsverfahrens an sib, sondern von ciner Erleichterung des Abladeverfahrens die Rede ist. Was be- deutet denn das Aufzichen der Zollflagge? cs bedeutet, daß die Schiffe in direktem Verkehr, ohne irgend ih anders als durch Naturercignisse gezwungen, auf der Elbe aufzuhalten, nah Hamburg transitiren wollen, und daß sie dann in Hamburg dekla- riren und entladen können, Das ist eine Erleichterung, welche die Regierungen geglaubt baben, der Stadt Hamburg s{uldig zu sein, erstens, weil es unter Umständen ganz unmöglich sein würde, daß die Zollbeamten an Bord gehen, wenn {weres Wetter auf der Außen- elbe ist, und weil die Lootsen, welche in solchen Fällen \ich denno auf die Schiffe begeben müssen, sehr wohl in der Lage sein werden, die Zollkontrole soweit zu üben, daß die Schiffe nicht abladen dürfen, daß nichts von den Schiffen ans Ufer gebracht werden kann. Es handelt» sich also hier lediglid um ein Interesse des Verkehrs in Uebercin- stimmung mit dem §8. 54 der Zollordnung, um eine Erleichterung des Ansageverfahrens, keineswegs aber um irgend cine Aufhebung einer zollgesetzlichen Bestimmung in dem Sinne, wie es in der Er- kiärung des Hrn. Abg. De. Hänel ausgesprochen worden ist.

Andererseits sind aber noch ähnliche Fälle {on in weitem Maße vorgekommen. Ich erinnere an Bremen. Bremen liegt au an cinem Strom, der mit der Nordsee in Verbindung steht, der Weser, und auf der Unterweser transitiren von Bremerhafen aus die Schiffe aanz frei nah Bremen bin, allerdings in einer anderen Weise. Die Weser ist nicht ein so mäcdtiger Strom wie die Elbe, sie kann keine See- \c{ifffe von irgend einer Bedeutung führen. Es müssen also die Waaren übergeladen werden in Leichterschiffe. Aber die Frage ändert sich da- durch gar nit, denn auc diese Leicbterschiffe transitiren auf der Weser durch das Zollinland von beiden Seiten und sind nur gewissen Formalitäten unterworfen. Es muß auch da eine Art von Flagge gezeigt werden, die Schiffe werden unter Zollvers{luß gelegt, bedürfen dann keiner Begleitung u. \. w. Alles dies ist im Jahre 1856 zwischen dem damaligen Zollverein und der freien Stadt Bremen vertragêmäßig geordnet worden. Man könnte ja freili be- haupten, es läge hier ein Fall vor, der mit tem Fall auf der Unter- elbe gar niht in Verbindung steht, weil ein vertragëmäßiges Ver- hältniß vorhanden sei. Indessen ist im Jahre 1878 dieser Vertrag getündigt worden und im Jahre 1879 ist eine Kundgebung des Bundesraths crfolgt, dahingehend, daß die früheren Verträge ihre Geltung im Wesentlichen behalten sollen. Es ijt also dur den Bundesrath auch dort in einer schr ähnliden Weise dasselbe Net ausgeübt, was der Bundesrath jeßt in Bezug auf die Unterelbe aut- zuüben geglaubt hat. F

Nun ist ja auch wiederholt davon gesproden worden, daß der Ausdruck „kurze Strecken“ die verbündeten Regierungen nicht bätte berechtigen können, eine solde Auênahmemaßregel im Erleicbterungs- verfahren, wie der §. 54 der Zollordnung dies zuläßt, eintreten zu lassen, Man hat gesagt, „kurze Strecken“ seien jedenfalls Strecken von keiner solchen Länge, wie die Elbe von Hamburg bis Curbafen, und es müsse auch in dieser Beziehung darauf hingewiesen werden, daß der Bundetrath die Grenzen überschritten habe, die er na dec Ausführung der Zollorduung nur hätte innehalten dürfen, Auch dics

ist keineswegs zuzugeben. Man wird anerkennen müssen, daß der Ausdruck „turze Strecken“, der in die pflihtmäßige eros des Bundesraths nach der Zollordnung gelegt ift, nur subjektiv beurthei t werden kann nah den Anschauungen, die der Bundesrath über die ganzen Verhältnisse hat?

Wenn dies noch zweifelhaft sein sollte in der Kommission we- nigstens ift dies fast allgemein anerkannt worden, wenn auch nicht ganz ohne Widerspruch es kommt im Wesentlichen ganz darauf

an, was der Ausdruck: „kurze Strecke“ nicht absolut, sondern im Vergleich der Länge des gesammten Weges, um den es sich handelt, zu bedeuten hat, Die Weser, meine Herren, hat 435 km Länge von der Mündung bis nah dem chemaligen hannoverischen Mündungsort. Das sind 56—57 Meilen. Dem gegenüber il eine Strecke von 8 Meilen, um die cs sich kei Bremen handelt, jedenfalls eine kurze. Die Elbe hat eine Länge von Curhafen bis Schandau von 730 km, das sind 96 Meilen, und dieser lanaen Straÿze gegenüber handelt es sid um eine Länge vcn etwa 12 Meilen, also auch um eine kurze Strecke. Dem gegenüber hat der Bundesrath gar kein Bedenken gehabt und haben können, anzunehmen, daß es sich hier nur um eine kurze Strecke handeln fönne und gehandelt habe, und ih muß also die Bedenken und den Widerspruch, die von Seiten des Hrn. Abg. Hänel in seine Er- klärungen aufgenommen sind, für irrig halten.

Ich kann hiernach den Zusatzantrag zu §. 1, der heute von Hrn. Abg. Hänel eingebracht ist, nicht für begründet erachten, um so we- niger, als er nihts Anderes sagt, als was in den Vorverhandlungen mit den Hamburger Behörden und durch die Bevoll- mächtigten des Bundesraths schon cinen - prägnanten Aus- druck gefunden hätte. Ih fkann nur die dringende Bitte aussprechen, daß dieser Zusaßparagraph nicht angenommen werden möchte. Er scheint mir keine Nothwendigkeit zu enthalten. Er scheint mir aber höchst bedenklich in Bezug auf die Berwickelungen, die sih daraus für das Gese etwa würden ergeben Lönnen.

Ich möchte im Allgemeinen noch bemerken, daß die Bundes- regierungen sich, wie sie geglaubt haben, und wie sie auch jeßt noch glauben, auf einem ganz positiven Boden befinden, auf einem Boden, auf dem sie dasjenige geblaubt haben thun zu müssen, was sie gethan haben. Sie haben das nicht gethan, um ohne Noth- wendigkeit neue Verhältnisse zu schaffen. neue Ordnungen herzustellen, niht etwa, um dem Reichstage gegenüber irgend eine Position sh zu schaffen, das brauhen sie in der That nicht, jondern nur die Bestimmungen der Verfassung, so weit sie noch nicht vollständig ausgeführt, zu erweitern und ihrer endgültigen Ausführung näher zu bringen, und zwar in keinem anderen Interesse, als in dem des Deutschen Reichcs, in dem des deutschen Vaterlandes und seiner gesammten Stellung, seiner Würde und seiner Größe, und zwar vor allen Dingen in der Erfüllung einer Pflicht für den nationalen Gedanken, der in dieser ganzen Frage die erste und dringendste Aufgabe für die verbündeten Regierungen war, und der, wie ich glaube, der Hauptgesichtspunkt sein wird, nach dem die hohe Versammlung diese ganze Frage mit Beseitigung aller unbedeutenden Nebenfragen beurtheilen wird.

Der Abg. Pfafferott erklärte, in der revidirten Elbschiff- fahrtsakte vermöge er nicht eine große nationale oder gar ideale Handlung, wie der Abg. v. Kleist, zu erblicen, sie ent- halte nichts als die Bedrohung der Selbständigkeit Hamburgs. Der §. 1 der Vorlage könne das eingeschränkte Freihafengebiet Hamburgs ebensowenig garantiren, als der 8. 34 der Ver- fassung die Einschränkung selbst hätte verhindern können. Heute sei hier erst wieder gesagt, daß eine Pression auf Ham- burg in keiner Weise ausocüdbt sei. Sei denn die Einbeziehung der Unterelbe in das Zollgebiet etwas anderes als eine Pression? Die Selbständigkeit Hamburgs sei mit diesem Akt gebrochen, und der Eintritt der Hansestadt selbst in den Zoll- verband nothwendig gemaht. Troßdem bedeute derselbe nicht die Herstellung eines einheitlichen Hollgebietes. Der Art. 34 der Verfassung lasse zwei Möglichkeiten offen : entweder bleibe

amburg, wie zuvor, mit seinem ganzen Gebiet außerhalb des E oder es trete mit allen seinen Territorien in dasselbe ein. Durch diese Vorlage werde nur ein künstlicher, unnatürliher Zustand geschaffen. Er bitte aus diesem Grunde die Vorlage abzulehnen.

Der Abg. Frhr. Langwerth von Simmern bemerkte, die Sache habe sür ihn eine doppelte Seite: eine rechtliche _und eine föderative. Der Reichskanzler habe erklärt, daß die Er- fahrungen in der Hamburger Angelegenheit für ihn von ganz besonderem Gewichte gewesen seien. Das treffe genau den Punkt, der ihm seit dem 8. und 10. Mai 1880 stets vor der Seele gestanden habe. Es sei damals do einmal ein Moment gewesen, wo sehr verschiedene Parteien sich in dem Eintreten für das Recht und zwar auch für die Sonderrechte eines einzelnen Staates vereinigt hätten. Man dürfe den Anlauf, den man damals genommen, niht muthlos aufgeben und gerade der Konservatismus sollte das Recht und die eigene Würde achten. Er versiehe es wenigstens niht, wie man sih auf der Rechten des Hauses darüber freuen könne, daß die Regierung in dem Augenblick, wo der Reichstag Hamburg zu Hülfe habe kommen wollen, cinen Vertrag mit diesem abgeschlossen habe, der dem Reichstage den Boden unter den Füßen entzogen habe. Er gehe von durchaus konservativen Gesihtspunften aus ; dennoch sei er gegen die Vorlage auch als Föderalist, Der Abg. von Kleist habe gesagt, das Reich sei eine einheitlihe Persönlichkeit, und derselbe habe dami: doch vor Allem sein Votum begründet, da habe man die république une et indivisible der französishen Revolution. Näher auf die Einzelnheiten einzugehen, sei er niht Fahmann genug. Das aber sei ihm vollständig klar, daß die ganze Sache in der Luft shwebe, wenn nicht die Freiheit der Unterelbe garantirt werde, Auch fürchte er, daß das künftige Freihafengebiet zu klein, von viel zu dünner Taille sein werde, um lebensfähig zu sein, und daß der Hamburger Handel troy allem in mannigfaher Weise ge- hemmt und geschädigt werden würde. h

Der Abg. Dr. Windthorst erklärte, er stehe auf dem Standpunkte, daß keine Potitik anders gedeihen könne, als dadurch, daß sie sich auf dem Rechtsboden halte. Eine Politik, welche sih von demselben entferne, müsse unwiderbringiich mit Allem, was siez geschaffen habe , untergehen. Es sei ein großes nationales Jnteresse, Hamburg in seiner Selbständig- keit zu erhalten. Gerade weil er Föderalist sei und unter die Kategorie derer einbegriffen werde, die man für Partikula- risten erkläre, sci er für diese Vorlage. Mit Sorgfalt habe er im Vorjahr die Schritte beobachtet, welche die Regierung Hamburg gegenüber unternommen hätte und sie auf ihre Be- rehtigung hin geprüft. Wenn er die Ueberzeugung ihrer Unrechtmäßigkeit erlangt habe, so h»be er stets dagegen Front gemacht, obwohl ihm das von gewisser Seite oft reht übel

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