1925 / 133 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 10 Jun 1925 18:00:01 GMT) scan diff

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bg. üninghaus (D. Vp.): Ginigkeit herrsht darüber, ¿e deutsche Marine notwendig ist; nur die Kommunisten leugnen t eine englische Fachzeitschrift schrieb vor kurzem, daß es 1s{chland an der Zeit sei, an den Ersaß seiner alten Schisfe eranzugehen. Quantitativ sind wir durch die Abrüstung in der arine sehr beshränkt, wir müssen das durch die Qualität aus- leihen. Nach dem Versailler Vertrag sollte die Abrüstung Deutsch- nds der Beginn der allgemeinen Abrüstung sein, tatfächlich aber er- eben wir bei den anderen Mächten sowohl bei den Heeren wie bei den tarinen das Gegenteil. Das Gerede von der Abrüstung joll nur ckeutschland klein halten. Amerika hat die größten Flottenmanover deranstaltet, die bisher in der Welt gehalten worden sind. s ware daher unverständlih, wenn die geforderten Neubauten unserer Marine abgelehnt werden sollten. Die Folge würden auch zahlreiche Arbeiter- entlassungen sein. Unsere Marinebauten sind nicht Ausgaben a fonds perdu, sondern werbende Anlagen, da unseren Handel im Ausland fördert, wenn dort unsere Flagge gezeigt weroen kann. Fch reche hierbei den Staaten Dank aus, die unsere Schiffsbesazungen p so vorzüglicher Weise aufgenommen haben. (Zustimmung.) (Fin Konsul berichtet, daß nah dem Besuch unseres Kriegsschiffes wieder rößere Aufträge nah Deutschland gegeben werden konnten. Aus Boi Auftreten unserer Landsleute im Ausland wird auf die inneren ustände Deutschlands und das Vertrauen, das es verdient, ge\lossen. 8 war eine dankenswerte Tat des verstorbenen Reichspräsidenten Ebert, daß er ein neues Schiff „Emden“ getauft hat zur Erinnerung an die Heldentaten der alten „Emden“ unter Kapitän Müller, die felbst Enaland mit Bewunderung anerkannt hat, indem es zuglei eine Freude darüber auésprah, daß Kapitän Müller beim Untergang er „Emden“ am Leben geblieben is. Möge die neue „Emden“ sich ebenso tüchtig erweisen wie die frühere. e Wir müssen unjere Marine so auf der Höhe erhalten, daß sie unter Umständen auch unjere Küsten wirksam schüßen kann. (Beifall.)

Aba. Creußburg (Kon Im Haushaltsaus\schuß faß der Meichswehrminister als Hirtenknabe da und blies die Friedensschalmei, und seine Limmer von den Deutschnationalen bis zu den Sozial- demokraten hörten ihm begeistert zu (Heiterkeit), aber inzwischen hat fich der Minister in einen Siegfried verwandlet und will die Varine

zZpäter wi ielleiht Herr Brüninahaus an seine Stelle

: Deutschlands in einem Kriege denkt.

{usshuß die Ablehnung der geforderten neuen Marine-

n, enthielten sich die Sozialdemokraten der Stimme,

und et hier im Plenum beantragen sie selbst die Ablehnung, um den Arboitern gegenüber ein Scheinmanöver zu machen. Wenn sie ernst- haft den Kopf des Wehrministers Geßler fordern wollten, hätten sie

ibn {on beim deutsch-spanishen Handelsvertrag haben können. Unter der \chwarz-weiß-roten Fahne soll wieder zum Kriege gerüstet werden. Unter der -weiß-roten Fahne sind im Kriege Greuel verübt, und ist der V-Boot-Krieg rücsihtslos durchgeführt worden (entrüsteter Niderspruh rechts). Aeußerungen des Admirals Zenker im Aus- chuß lassen die Deutung zu, daß die Marine im Bunde mit England gegen Nußland rüsten solle. Es scheint, daß die Deutschen Werke zum Baptkerott getrieben sollen, damit sie in den Besiß des Reiches gebracht werden können. In der Ostsee wird eine neue Werft geplant. Wenn die Sozialdemokraten Sorge um die Arbeiterentlassungen haben, müssen sie für die Marinebauten stimmen. Die Deutschen Werke follen umgebaut werden, um noch mehr Arbeiter beschäftigen zu können mit Marinebauten. Unter der Parole der nationalen Verteidigung wird in allen Ländern gerüstet, werden neue Mordwerkzeuge. erfunden. Sn Marokko werden die Nifffabylen, in Shanghai die Arbeiter und Studenten niedergeschlagen; diese Leute verteidigen nur ihr Land gegen Fremde. Wenn das deutshe Proletariat zur Macht gelangt ist, wird es sein Land gegen den französischen und englishen Imperialismus zu schüßen wissen. Wenn man aber den Krieg gegen Nußland anfacht, dann werden wir Kommunisten in den Reihen des russishen Prole- tariats kämpfen. Der Etat der deutshen Marine ist gegen das Vor-

E \{ch1warz-we ;

chon neue Posten in den hohen Stellen, um im nächsten Jahre die Ptarine noch weiter auëbauen zu können, Die Zahl der Marine- offiziere ist unverhältnismäßig hoh. All- Nüstungen sind in erster Linie gegen die russishe Arbeiterschaft gerichtet; deshalb lehnen wir diesen Etat ab. (Beifall bei den Kommunisten).

Abg. Dr. Moses (Soz) geht auf die Selbstmorde in der Meichsmarinè ein. Die Hoffnung der Heeresverwaltung auf Abnahme der Selbstmorde in Reichswehr und Marine habe leider getrogen. In den leßten zwoi Jahren sei eine Zunahme der Selbstmorde im deer um % Prozent zu verzeichnen. Die Untersuchung über die Ur- 20 dieser Erscheinung werde von der Heeresverwaltung leider nicht mit der erforderlihen Sorgfalt geführt. Da müßten psychologish eschulte Sachverständige hingugezogen werden. Wirtschaftliche Not Bnne dod bei den Soldaten in den seltensten Fällen in Frage Pfommen, Scblehte Behandlung durch Vorgesekte over die Art des Dienstbetriebes solle nah dem Bericht der Heeresverwaltung in Teinem Sall die Ursahe des Selbstmordes gewesen sein. Das erscheine doch nicht recht glaublich; es dürfte sid weniger um Törper- liche als um \[eelishe Mißhandlungen handeln. In den meisten Freu liege bei soldben jugendlihen Selbstmördern gekränktes, ver- Tebtes, fall verstandenes Ehrgefühl, zugrunde. Das menshlihe Emp- inden f in unserer Zeit feiner, leichter verletbar geworden. Darauf ollte die Heeresverwaltung mehr Rücksicht nehmen. Der Redner lägt die Befolgung der österreichischen Beispiele vor, jeden Fall bon Selbstmord dem parlamentarischen Erziehungébeirat der RNeichs- wehr zur Prüfung zu unterbreiten. Im Sahre 1924 seien beinahe drei Mal so viel Soldaten eines gewaltsamen Todes gestorben, wie durch Krankheiten. Erzieherischen Einfluß auf die. jungen Soldaten Föonnte man viel eher als vom Geistlichen von den Vorgeseßten und von psvchologisd gesculten ärztlichen Beratern ewarten. Wir

sio von 112 Millionen auf 143 Millionen gestiegen; man schafft jeßt

müßten endlih heraus aus der Selbstmordatmosphäre, damit die

eresvenwvaltung uns bei der nächsten Etatsberatung nicht mehr ole Grauen erregenden Zahlen vorzulegen gezwungen sei. Abg. Dr. Schreiber (Zentr.) bedauert, daß wir eine Klein- staatmarine haben. Nit leicht sei es für unjere Marine geworden, ih den äußeren Verhältnissen entsprechend umzustellen, und doch se: lese psychologise Umstellung gelungen. Nur böser Wille könne behaupten, unsere inm Tonnage und Mannschaft eingeengte Marine diene imperialistishen Zwecken. Er forderte für die Marine zeitgemäße Erneuerung des Materials und das Neht auf Verjüngung, daß ja r die politischen Ls für si beanspruchen. (Heiterkeit.) Die Auslandéfahrten unjerer Kriegs\chiffe begrüßt Redner; thre Auf- nahme im Ausland beweise, daß wir Deutschen doch nit die Parias der Völker seien. Unsere Jugend müsse hinaus; ihre Aufnahmefähig- feit muß befriedigt und erweitert werden. Das Zusammenarbeiten Rer Marine mit der Wissenschaft, wie es si anläßlich der deutschen Tiefsceerpedition zeigte, begrüßte der Nedner. Er forderte als Recht des deutshen Volkes die Betätigung in Kolonien, wie es die anderen Völker für sih in Anspruh nähmen. Die ne Zahl der Selbst- morde bilde ein schwer zu lösendes Problem. Man brauche eine sitt- ps seelisce Sous, _Die Vorgeseßten müßten daher dem Bil- ungswesen noch mehr Aufmerksamkeit schenken. Die Bildungs und Erziehungsfrage sei gerade für die Marine von größter Bedeutung; es komme wesentlih auf die Einstellung der Vorgeseßten zur, seelisch sittlihen Kultur an. Wir brauchten bei Armee und Marine eine esteigerte Familienpflege, als Seelsorge im tiefsten Sinne des ortes, Die damit zusammenhängenden Etattitel müßten ent- rechend erhöht werden. Der Nedner richtet einen Appell an die

Pänder und Gemeinden, für die Unterbringung von abgehenden avineangehörigen nah Kräften zu sorgen.

Neih8wehrminister Dr. Geß ler: Meine Damen und Herren! Es sind auch im Verlauf dieser Debatte über die Marine sehr viel allgemeine Gesichtspunkte vorgetragen worden, daß ich es mir er- übrigen kann, jeßt darauf noch näher eingugehen, um so mehr, als der gesamte Kompler der Fragen ja im Ausschuß eingehend besprochen worden ist. Jch will nur das eine sagen. Es wird sich von Jahr zu Jahr mehr zeigen, daß die wirtschaftlichen und sozialen Probleme der Reich&wehr jedes Jahr ein neues Gesicht bekommen werden. (8 ist jeßt möglih gewesen, den Block roh zu bearbeiten. Die tiefung, und zwar in allen Fragen, die hier angeshnitten sind, wird

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Mir werden niht unseres Heeres

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sih aus der Fortsekung unserer Arbeit ergeben.

wenn wir nicht das Gesamtniveau

d fittlih heben wenn wir das Verhältnis von Vorgeseßten

gebenen nicht vertiefen, wenn wir nicht das Mindestmaß tlicher Sicherheit und späterer Versorgung \ Das

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Vazu werden

durchktommen

H Ff 3 t y ? ç Ls #1 ay þ t iht schaffen können nur mit Vorschriften.

r ir auch die Menschen brauchen. Und diese Menschen muß uns das

deutshe Volk stellen.

Gerade die Anregungen, die der Herr Abgeordnete Dr. Schreiber über die Fortbildung unseres Offizierkorps gegeben hat, halte ich für von der größten Bedeutung. Sie sind mur eine ernste Sorge, und ih weiß, daß gerade auf diesem Gebiete noh unendlich viel zu tun ist. Das hängt vor allem auch damit zusammen, daß das Offizierkorps in seiner Ausbildung sih so verschiedenartig zusammenseßt. Ein großer Teil unserer Offiziere hat nur seine Kriegsausbildung, niht aber die systematische Friedensausbildung zum Erzieher, die der Offizier. haben muß, und die er früher gehabt hat. Er muß sih da gewissermaßen autodidaktisch hineinarbeiten. Unser junges Offizierkorps ist neben den wirts{aftlihen Sorgen, von denen es gedrückt wurde, vor allem über Gebühr durch die Noiwvendigkeit in Anspruch genommen worden, sein Fach zu lernen. Es mußte unendlich viel geleistet werden, bis nur die neuen Vorschriften neben dem laufenden Dienst durchgearbeitet und eingearbeitet gewesen sind, Das wird aber besser werden.

Eine große Schwierigkeit ist und bleibt für uns nah wie vor die Lehrerfrage. Der Herr Kollege Dr. Schreiber hat auf unsere Bemühungen in Kiel hingewiesen. In Kiel geht es ia. Ich: bitte aber an die vielen kleinen Orte zu denken, auf die die Marine zerstreut is. Manches wird besser werden. Wenn wir im weiteren Verlauf der Dinge unsere Reparaturwerkstatt, das Arsenal, 1n Kiel aufmachen föonnen, dann wird die Flotte zu den Reparaturen im Winter nicht mebr nach Wilhelmshaven gelegt werden müssen, sondern dann bleiben die Abteilungen der Ostseestationen in ihren Garnisonen. Wir werden dann die Winterzeit vielfah zur Vertiefung der Ausbildung verwenden können. Alles das sind Probleme, die wir selbst fühlen, wobei wir aber den Herren besonders dankbar sind für die Anregungen, die sie uns geben. Denn ih wiederhole: nur die ununterbrochene geistige Arbeit kann uns über die vielen Schwierigkeiten hinwegführen, die in dem gegenwärtigen System für uns begründet sind.

Fch habe mich aber speziell zum Wort gemeldet, um noch einige

Worte zu dem überaus trüben Kapitel der Selbstmorde zu sagen. Wir mpfinden diese Selbstmorde als einen \{warzen Fleck auf unserem Schild, der möglichst bald vershwinden muß. Ich bin gern auf die Anregungen eingegangen, die im Ausschuß vom Herrn Kollegen Moses und anderen Herren gegeben worden sind, zunächst einmal vor allem den parlamentarishen Bildungsausshuß mit dem Tatbestand der Fälle bekanntzumachen, damit sie in ihren einzelnen Gründen nah- geprüft werden können. Ich bin mir auch durchaus darüber klar, daß diese Frage nicht mit einer einzigen Maßnahme zu lösen ist. Es ist hon darauf hingewiesen worden, daß die Zahl der Selbstmorde vor allem in Berufsheeren und bei Berufss\oldaten stark ist. Es war mir ' c : 5 Sor Myrn20n interessant, daß mir heute erst vorgetragen worden ist, daß der Pre e saß der Selbstmorde der Unteroffiziere im alten Heer genau N Prozentsaß entspricht, den wir jeßt bei den Unteroffizieren haben Das sind ja Vergleichsgiffern, weil es sich in beiden Fällen um Kapitulanten handelt, allerdings mit dem Abmaß, daß früher die Unteroffiziere niht «uf 12 Jahre verpflichtet worden sind, sondern jedes Jahr ihre Kapitulation erneuern lonnten, während nah den jeßigen Bestimmungen viese Verpflichtung sich unter allen Umständen über 12 Fahre erstrefen muß. Jch bin überzeugt, daß der Haupt- grund für das Steigen der Selbstmorde in der Tat zunächst in dieser zwölfjährigen Dienstpflicht liegt neben den anderen Erscheinungen die als Nachkriegéwirkungen durch unser Volk gehen. Gerade weil ih der Ueberzeugung bin, daß hier der Schlüssel liegt, muß aber alles getan werden, um die Schäden, die mit der zwölfjährigen Dienstzeit verbunden sind, möglichst zu beseitigen. Dazu gehört die Verbesserung und die Vereinfachung der Rechtspflege in dem Sinne, wie ih das hier ausgeführt habe und wie au ein Geseßentwurf dem Hause vor- gelegt ist. Nur die s{chwereren Vergehen, die Offizialvergehen sind, sollen den Gerichten überwiesen werden; Disziplinarübertretungen sollen niht als Offizialvergehen behandelt werden. Anderes wird hinzukommen, so die Wohnungsfrage, die Versorgungsfrage. Ich gebe mi aber doch der Hoffnung hin, daß wir in den nächsten Jahren eine gewisse Erleichterung erleben werden. Wenn ih sehe, daß zum Beispiel die Kriminalfälle in eingelnen Divisionen um 50 Prozent zurückgegangen sind, wenn ich auf den Zusammenhang blie, der zwischen der Kriminalität und den Selbstmordfällen besteht, dann habe ih die sichere Erwartung, daß si schon relativ bald ein Herabdrücken dieser Ziffern ermöglichen lassen wird.

Es fommt aber noch etwas anderes hinzu. Die Leute, die jeht zur Reichswehr und zur Marine kommen, sind vielfah Menschen, die aus Passion Soldat werden, nicht Leute, die nur deshalb geblieben sind, um eine Versorgung zu bekommen, sondern Menschen, die Freude am Soldatenberuf haben. Hingu kommen Spiel und Sport, die Vertiefung des Dienstes, Wanderpatrouillen, Skifahren, alles Dinae, die sich immer mehr durhseßen und viele ablenken werden.

Ein sdwieriges Kapitel ist das Gebiet des Alkoholismus. Diese große deutshe Volkskrankheit müssen wir bekämpfen. (Sehr gut!) Fh maß immer wieder sagen: 90 Prozent der Disziplinarfälle würden wir niht haben, wenn nit dieses üble und s{limme Trinken teil- weise so überhandnähme. (Zustimmung) Cine Besserung Fönnen wir auf diesem Gebiet nur erreichen, wenn wir einen geistigen Aus- gleih schaffen. Aber da müssen wir zusammenarbeiten. Diese Frage können wir nicht von heute auf morgen lösen. 7Fch bin auch hier über- zeugt, daß wir uns auf dem Wege der Besserung finden, und ih werde dafür Sorge tragen, daß die Debatten, die im Reichstag gepfiogen worden sind, zu den Kommandostellen des Heeres kommen, damit man sieht, daß es der Wille des ganzen Reichstags ohne Rücksicht auf die Parteizugehörigkeit ist, in diesen Dingen gründlich Wandel zu schaffen. Dann werdén wir vielleiht rascher weiter kommen, als wir es beute erwarten. (Allseitiger Beifall.)

Die ordentlichen Ausgaben des Marineetats werden entgegen den Anträgen der Kommunisten, die verschiedene höhere Offiziersstellen streichen wollen, bewilligt. Bei den ein- maligen Ausgaben werden die Anträge der Sozialdemokraten und Kommunisten auf Streichung der geforderten Neubauten (ein kleiner Kreuzer und fünf große Torpedoboote) abgelehnt und alle einmaligen Ausgaben bewilligt, desgleichen die Ein-

nahmen und der außerordentliche Haushalt. Darauf wird beim Haushalt. des zurcücgestellte Abstimmung über den kommunistishen Antrag: „Der Reichswehrmin'ster Dr. Geßler besißt nicht das Vertrauen des Reichstags“ und des sozialdemos-

Heeres die

kratishen Antrags, das Gehalt des NReichswehr- ministers zu streichen, vorgencmmen; sie ergibt die Ablehnung beider Anträge, des ersteren gegen die Stimmen der Kom- munisten und des zweiten gegen die Stimmen der Sozial- demoftraten und Kommunisten.

Es folgt die erste Beratung des Geseßentwurfs zur Vers

einfahung des Militarstrafrehts und des Ge seßentwurfs über Militärgerichte und militärs acLAMtliGe2 Verfahren. Abg. Dr. Rosenfeld (Soz.) meint, die beiden „Neform“s Vorlagen bedeuteten eber einen Rüdschritt als einen Fortschritt: maw müsse jedenfalls lange suchen, ehe man einen Fleinen Fortschritt ent- decke. Eine „Beschleunigung“ des Strafverfahrens gehe leiht auf Kosten der Nichtigkeit. Zu einer Erweiterung der Disziplinarstrafen liege fein Grund vor. Alle Militärgerichte erfreuten sh mit Recht des größten Mißtrauens der Bevölkerung. Man könne diese Vors lage nur verabschieden, wenn man die Disgiplinarordnung kenne. An der Wahl von Vertrauensleuten der Soldaten müsse festgehalten werden. Gine vernünftige Justtz in der Reichswehr würde auch die Zahl der Selbstmorde erheblih verringern. Die Vorlage über das militärgerihtlihe Verfahren bedeute nidts anderes als einen Einbruch des Herr Emminger in die Militärjustiz. Die Emminger-Verord- nungen seien von der Mehrzahl der deutschen Juristen abgelehnk worden. Der Redner beantragt Ueberweisung der Vorlagen an den Rechtsaus\huß, erklärt aber hon jeßt, daß seine Partei die Vore- lagen ablehnen werde.

Abg. Sch ul þ - Bromberg (D. Nat.) verteidigt die Militärs

ichtébarkeit gegen Vorwürfe des Vorredners. Der Offizier ist der Erzieher der Mannschaft; es ist doch also keine Ungeheuerlickeit, wenn der Offizier über die Mannschaft zu Gericht sit oder ihr Amvalt ist. Es wird do niemand verlangen, daß in der Schule der Schüler über den Lebrer entscheidet. Es kommt darauf an, was unserem kleinen Heer im ganzen am meisten frommt. Die Militärgerichisbarkeit wird zur Gesundung unseres Heeres dienen.

Abg. Vierath (Komm.): Es ist nicht einzusehen, warum man es mit dieser Aenderung des Militärstrafrechis vor der allgemeinen Neform des Strafrechts so eilig hat. Die Vorlage will das Militärs strafredt vereinfachen, sie vershlechtert aber noch den bestehenden Zu- stand. Was dabei herauskommt, haben wir ähnlich schon gesehen bei der Neform des famosen Herrn Emminger. Beim Disziplinarverfahren werden wohl die Untergebenen zur Rechenschaft gezogen, aber nicht die Offiziere. Nah der Vorlage foll es auch als Fahnenflucht gelten, wenn der Soldat niht nur im Kriege, sondern au bei inneren Un- ruben sich seiner Pflicht zu entziehen sucht. (Sehr richtig! rechts.) Das ist eine grobe Vershlehteruna des geltenden Zustands. Dadurch werden gerade die ehrlichen Leute im Heere getroffen. Wo den Offis zieren nur Gefängnisstrafe winkt, ist für die Mannschaften Todes itrafe vorgeschen. (Rufe rehts: Sowietarmee.) Darüber werde _ ih Shnen einmal einen Vortrag halten, wenn ih Zeit dazu habe. Vie Nenderuna der Militärgerichte \heint darauf hinzudeuten, daß man vieder mit dem Gedanken eines neuen Krieges oder neuer innerer Un- ruben spielt. Herr Schulß-Bromberg nennt die Offiziere die, (Er- zieher der Mannschaft; ih könnte Ihnen erzählen, wie die Offiziere diese Erziehuna in gemeinster und ekelhaftester Weise betrieben. (Sturm rechts. Vizepräsident L p E gur mert

na.) Man sollte lieber den Soldaten alle staatsburaertiwen el e 7 Watlrecht geben. Die Verfassung hreibt in Art. 106 die Aufhebung der Militärgerichtsbarkeit vor, aber die Hinbenhurg Lay hat Jhnen wieder so viel Oberwasser gegeben, daß Sie diese M age wagen. Wir fehen darin nur die Vorbereitung zur blutigen Nieder- {lagung der Arbeiterklasse. Wir sind geaen 1ede Militärgerichtsbar- eit und verlangen zivi i i t Arbeitern besekt sind. Vor Feit und verlangen zivile Gerichte, die mit 2 ) sind. D dem Kriege wurde ein Soldat zu fünf Fahren verurteilt, weil er A Stullen in den „Vorwärts“ eingewickelt hatte, (Lachen rechts.) Diese grauenbaften Zustände wollen Sie wieder einführen. Le Amnestie, die Hindenburg versprochen hat? Die, Arbeiter]cha]t w1 selbst die Tore der Gefängnisse öffnen. : |

Aba. Brüninghaus (D, Vp.): Die Rede des Zvi reers übertraf alles an Demagogie, was man sich denken fann._ Die Cinze ° beiten der Vorlage sind besser im Aus\{uß zu besprechen. Wider- sprechen muß ih aber der Auffassung, als ob die Militärgerichtsbarkeit ins Mittelalter zurückführe. Bei allen Völkern, auch beim russischen, besteht die Militärgerichtsbarkeit. Nach der Verfassung soll allerdings, abaecsehen vom Kriegszustande und von dem Dienst an Bord, die Militärgerihtsbarkeit aufgehoben werden, und wir würden damit em- verstanden sein. Aber dazu wäre eine Zweidrittelmehrheit im Neichs tag erforderli. Soviel is gewiß, daß die Zivilgerichte härtere Strafen verhängen. Man sollte niht Mißtrauen zwischen Offiziere und Mannschaften säen; zwischen ihnen besteht in Wahrheit ein Ver- trauenéverhältnis. Wir sehen in den Vorlagen eine Verbesserung des jeßigen Zustandes. H

Aba. Ha ß (Dem.): Es handelt fich hier nicht um die Frage, ob Zivilgeriht oder Militärgeriht, sondern um den an sich gang ber- nünftigen Gedanken, daß unbedeutende Delikte ohne ein förmliches Strafverfahren durch das Disziplinarverfahren abgeurteilt werden fönnen. ÎIm Einzelnen werden wir die Vorlagen im Auss{uß prüfen. Nicht verstehen kann ih, wie das Reichswebrministerium sich die Einrangierung der herangezogenen Zivilrichter denkt, wenn diese mögli&st dem Range des angeklagten Soldaten entsprechen sollen.

Aba. Dr. Bell (Zentr.): Jm Ausschuß werden wir alle Cinzels heiten genau prüfen und besprewen. Mit der Kritik des kommunisti- schen Redners, die jeder Sachkenntnis und ieder Rechtskenninis ente behrte, fann man an diese Vorlagen nit herantreten. Die Auffassung ist verkehrt, man dürfe diese Vorlage nicht verabschieden, weil di allgemeine Strafrechtsreform noch bevorstehe. Es handelt ih um drinaliche Verbesserungen. Die Auffassung, daß die Hindenburg- Wahl diese Vorlagen möalih aemacht hat, entspringt einem völligen chrrtum, denn con im vorigen Reichstag hatten wir eine solche Vorlage, die damals niht mehr zur Erledignng kam. i :

Die Vorlagen werden an den NRechtsausshuß überwiesen,

Nächste Sibung, Mittwoch 2 Uhr: Kleinere Vorlagen; Aus träge über Funglehrerfvagen und Siedlungstwesen.

Schluß gegen 614 Uhr.

Preußischer Landtag. 43. Sizutx vom 9. Juni 1925, Nachmittags 1 Uhr. (Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger.)

Präsident Bartels eröffnet die Sißzung 1 Uhr 35 Mis nuten.

Aus Anlaß des Todes des sozialdemokratishen Abgeord neten Herbert ist vom Landtage ein Beileidstelegramm cb- gesandt worden. Ebenso hat der Landtag anläßlih des Ber gs- werksunglücks in Dorstfeld durch Telegramm sein Beile:d ausgesprochen. Präsident Bartels hob hervor, daß in Zukunft mit allen Mitteln dafür gesorgt werden müsse, daß die Zahl der Vergwerksunfälle auf ein Mindestmaß beschränkt werde.

Die Forderung der Kommunisten, eine Reihe kommunisti« cher Anträge als ersten Punkt der Tagesordnung zu bes handeln, scheitert an einem aus dem Hause erhobenen Wider=z spruch.

Der Abg. P i e ck (Komm.) forderte sodann Einseßung eines besonderen Ausschusses zur „Bekämpfung der monarchist.schen Gefahr“ in der Schupo, in der Justizverwaltung und anderen Verwaltungszweigen (Heiterkeit) und sofortige Besprechung des dahingehenden Antrages; auch dem wurde nicht entsprochen, da gegen die sofortige Beratung gleichfalls Widerspruch ers

hoben wurde.

Das Haus tritt hierauf in die Tages--drung ein. Als arster Punït wird behandelt die zweite Be.atung des Not- etats für 1925. :

Berichterstatter Abg. Ebersbach (D. Nat.) berichtete über die Tusshußverhandlungen. Der Etat für 13925 habe infolge der politischen Vorgange in Preußen erst Ende März dem Landtag vor- elegt werden können und werde daher in diesem Fahre erst sehr spl zur Verabschiedung kommen. Aus diesem Grunde sei die zorlage eines besonderen Notetats erforderlich getvesen, dur den ine Reihe von Etatsposten, insbesondere für Neubauten, vorweg

‘reitgestellt werden sollen. Ferner sei zur vorübergehenden Ver- ärkung der Betriebsmittel der General iaatsfass ein Kredit von

Millionen Mark A. Der Ausschuß habe sih für An- nahme des Notetats ausgesprochen.

Eine allgemeine Aussprache zum Notetat fand nicht statt; În der Einzelbesprehung wurden einige Einwände erhoben. Schließlich wurde der Nothaushalt nah den Vorschlägen des Ausschusses in zweiter Lesung angenommen und im Anschluß daran in dritter Lesung endgültig verabschiedet.

Das Haus wendet sich zur Beratung der A nune stie- anträge der Kommunisten und der Sozial-

D

demokraten. Der Rechtsaus[huß empfiehlt die Ablehnung sämtlicher Anträge. : :

Abg. Ob u ch (Komm.): Der Ausschuß is Hei seiner Beshluß- Pia davon ausgegangen, daß aus Anlaß der Neuwahl des Reichspräsidenten eine Amnestie erfolgen werde. Sie ist bisher micht ersolgt; warum nicht, das entzieht sih unserer Kenntnis. Wir beantragen, in der Annahme, daß der Ausshuß eventl. seine Stellitngnahme revidtieren wird, die Zurückver1wweisung sämtlicher Anträge an den Ausschuß.

hme wettere Aussprache wivd demgemäß beschlossen.

Zu dem Urautrag der Sozialdemokraten, über den S chu B der Minderheiten aufdem GebietedesSchul- wesens empfiehlt der UnterrichtsaussGuß, das Staats- ministerium zu ersuchen, sih auf dem Gebiet des Schulwesens den Shuß der Minderheiten im Sinne des Erlasses vom 81. Dezember 1918 auch weiterhin, und zwar in vollster Loyalität angelegen sein zu lassen, und den Antrag Leid und Gen., der die Durchführung dieses Schußes bis zum 1. April 1925 (der Antrag datiert vom 23. Fanuar 1925) in den Ge- bieten Preußens verlangt, wo er nicht vertvagsrehtli geregelt ist, damit für erledigt zu erklären. / : E A

_ Abg. Baczews ki (Pole): Der Schuß der polnishen Minder- heiten ist in Ostpreußen bisher vergeblich erstrebt worden. Di Landräte machen sich hier nah wie vor der ärgsten Willkür \chuldi Die polnishe Muttersprahe wird mit allen Mitteln unterdri man verbietet sogar den polnischen l sid Muttersprache zu unterhalten. Und beshränkt sich nicht auf die Volks Widerspruch mit den Tatsachen wird in der Vresse die Behandlung der deutschen Minderheit in Polnish-Obershlesien ls eine schlechte und ungerehte angeklagt, nur um die in Preußen qeübte Willkür gu bemänteln. Wir verlangen nur Gerechtigkeit und loyale Hand- habung der bestehenden Vors J he Loyalität, wie sie gegenuber den Auslandsdeutschen en hat, muß au den nationalen Minderheiten in Pré werden. Der polnishe Untervicht wird in den Schulen i iten in einer Form erteilt, daß von einem Unterricht ernstlich übe upt nicht die Rede sein kann. : : _ Abg. Kicthö ffel (D. Nat.): Der Erlaß vom Sylvester 1918 ist in der loyalsten Weise durchgeführt worden, auch in Osipreußen. Ler Lite von Beschwerden, die Herr Bacz î achte, fönnen wix eine um das vielfahe längere a l | entgeaqgens- tellen. Dort hat man die deutschen Kin inte chlimmstien Androhungen und Beschim andlungen in polnishe Schulen hinein er beiden Polen; Unruhe und Zuruf r Redner bringt weiter u. a. zur Sprache, daß zu den Fortbildunaskursen für Lebrer an Minderheitsshulen Lehrer aus Kongreßpolen herangezogen worden seien, und beanstandet diese Maßnahme der preußischer Schulverwaltung, ebenso wie die Tatsache, daß in Oberschlesien der Vevölkerung das ihr gar niht geläufige Hohpolnish beigebracht werde. Die polnishen Minderheitsshulen würden immer mehr zu Agitationsshulen gegen den Preußenstaat ausgebaut, sogar auf der

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fux die polnishen

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Umschlagseiten der Schreibheftee werde gegen Deutschland gehegt und für Polen geworben. Die t8sregierung habe : Linie die Fnteressen des eigenen 5 und Staates zunehmen.

Abg. Steffens (D. Vp.): Der Abg. Baczewski hat von tausend und einigen Sachen gesprochen; seine Rede verriet das Leit- motiv: „Dies Kind, kein Engel ist so vein!“ Redner seßte sih dann mit dem Abg. Baczewski auseinander. Die Erlasse der preußischen Regierung seien durhaus loyal ausgeführt worden und es bestehe keinerlei Grund, die Regierung noch besonders zur Einhaltung der Erlasse und zum Schuß der Minderheiten aufzufordern. Den Polen sei vielmehr von der Regierung eine ganz vorzugstveise Behandlung E geworden. Die Verhältnisse an den verschiedenen Grenzen eien aber verschieden zu behandeln. Fn Süd-Ostpreußen bestehe go teine anders denkende Minorität, denn der Masure wolle von

olen gar nichts wissen. Seine Sprache sei nicht hohpolnisch, süteier masurish. Baczewskis Statistiken seien willkürlihe Ver-

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in erster wahr-

hleierung der Tatsachen. Bei der Volk8abstimmung hätten sich 8 vH zu Deutschland bekannt, bei den Reichstagswahlen Yan die Polen noch weitere 50 vH verloven. Der Masur bekenne si freiwillig zum deutshen Kulturkreis und zur deutschen Nationalität. Die auf polnishen Unterricht gestellten Anträge be- trügen nicht mehr als 80. Baczewski und die polnishe Propaganda H kein Reht, das Selbstbestimmungsrecht der Eltern zu tgnorieren, nur weil sie nicht Polen sein wollten. Es sei gewiß wünschenswert, den Minoritäten, wenn sie sih selbst als solche fühlen, Gelegenheit zur Pflege ihrer Sprache und Kultur zu geben, aber man dürfe niht daran vorbeigehen, in wie {händlicher Weise die Deutschen z. B. in Polen um ihr Volkstum leiden müßten. Die Pee L roganda verfolge unter dem Mantel un}huldiger ulturpolitisher Bestrebungen weitgehende machtpolitische Ziele. Ostpreußen solle polnish werden. Dagegen müßten wir uns mit allen Mitteln wehren. (Lebhafter Beifall rets.)

Ubg. Dr. Hildegard Wegscheider (Soz.): Der Antrag ist von uns iu JFuteresse des Schußes der polnishen Minderheiten im Bereich des Schulwesens gestellt worden. Wenn der Abg. Baczewski dabei über den damit gezogenen Rahmen leider weit hinaus- gegangen ist, so ist bas bei den beiden Vorrednern in gleicheni Maße der Fall gewesen. Wir können nur bedauern, daß in diesem Zu- Tammenhange der ete Adler heraufbeshworen wurde, der sih den e biert dem Schlosse von Königsberg erobern will. Es handelt sih hier lediglich um den Schuß S Kinder in den Minder- heitsgebieten im Regierungsbezirk Allenstein. Es handelt sich nur um die Ausführung des Ministerialerlasses. Da können auh wir es nur Bi mißbilligen, daß z. B. den Kindern in den Pausen der Gebrauch des Polnischen verboten wird. Fn diesem Sinne werden wir für den Ausshußantrag stimmen.

Abg. Jrma Voigt (D. Vp.) widerspriht entschieden der Aeußerung des Abg. Baczewski von einer friesischen Minderheit. Die Friesen sind Deutsche. Es hat nie eine friesishe Minderheit geaen, Der dänishen Minderheit in Schleswig wird ihr volles Recht zuteil. Die Schwierigkeiten zuleßt sind zu ihrer Zufriedenheit beigelegt worden. Wir wehren uns aber gegen die dänische Pro- P mit ihren irreführenden Zahlen von mehreren tausend

änisher Stimmen in Flensburg, während es 1912 in Flensburg nur 456 Dänen gab. ; __ Abg. Gertcud Wronka (Zente.): Das Zentrum steht nah wie vor auf dem Standpunkt, daß den berechtigten Ansprüchen der nationalen Minderheiten im Schulwesen genügt wevden muß; wir müssen aber andererseits von diesen Minderheiten volle Loyalität

bedeutend mit einer Bevorzugung dieser Minderheiten: und es er- [hwert die Herbeiführung eines nete L fnr gewisse Vertreter dieser Minderheiten mit soviel Unrichtigkeiten arbeiten. (Sehr gut!) 2 i Nachdem noch die Abgg. Milberg (D. Nat.) und Bohne r (Dem.) gegen die in den Ausführungen des Abg. Baczewsfi liegenden Uebertreibungen protestiert und an den Gerechtigfeitssinn der Minderheitsvertreter appelliert haben, gelangt der Aus\{ußantrag zur Annahme.

Es folgt auf der Tagesordnung die zweite und dritte Be- raiung der Novelle zum Feld- und Forstpolizei- geseß. Da der Berichterstatter Abg. Eichhoff erkrankt ist, wird der Gegenstand abgeseßt.

Damit ist die Tagesordnung erledigt. Nächste Sitzun Mittwoch, 12 Uhr: Kleinere Vorlagen, Granbveuigeöitenr geles; Haushaltsplan der landwirtschaftlichen Verwaltung,

edezeit für jede Fraktion zwei Stunden, Schluß 454 Uhr,

Î

Parlamentarische Nachrichten.

Der Haushaltungsaus\chuß des Rei seßte gestern vormittag die Beratung des Hau 8halt des Reichsministeriums des Innern fort Hörnle (Komm.) begründete, dem Nachrichtenbüro des oer. Zettung ertegee rige, eimn Antrag seiner Freun

ihtlim f ine Neuordnung des Schulwesens entwirft, uw polemisfierte gegen das Verhalten der Sozialdemokratie in Ver- fassungsfragen, die die Arbeiter in das Lager Hindenburgs geführt habe. Ein Verfassungsausschuß müsse eingeseßt werden. Abg. Landsberg (Soz.) verteidigte die Arbeit seiner Partei, die zur Weimarer Verfassung geführt babe. Mit den Völkern müsse aub die Verfassung sich wandeln; aber der Grundgedanke der Weimarer Verfassung, „die Staatsgewalt geht vom Volke aus“ dürfe nidt verändert werden. Deshalb stimme seine Partei auch gegen die Ein- eouna eines besonderen Verfassungs8ausscusses. Abg. Dr. Löwen- tein z.) fragte, aus weldem Fonds Geheimrat Gürih und das IT. Staatssekretariat gespeist würden. Abg. Dr. Nosenfe ld (Soz) erfundigte sich, sb das Innenministerium in der Tat ein Ver- fassungsreform-Programm ausarbei Tägliche Rundschau“ melde. Abg. Eichovn (Komm.) beschuldigte die Polizei des

unistisben Arbeitern in Teltoro. 1 inister Tas einen Bericht des Preußi s ne

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und eine bis zum 1. Avril d. F. fortaeführte

Umfang der ostiüdishen Einwanderu

verlangen, die für die Beseitigung der bei der Zivilkommissare in Preußen und Sachsen einen Gesepentwurf beantragen, durch den zum Weltkriea Gefallenen ein allgemeiner Volkstrauertag Znbocabit) festgeleat wird. Ebenfalls zur Annahme gelangt ein _ deuts{mationaler Antrag auf Aufhebung des Nepu- blik -Scbußz-Gesehes und ein eitecer Antrag, wonach der 18. Januar zum Nationalfeiertag erklärt wird. Miünisterial- direkior Lothols bat, daß alle Anträge mit finan- ziellen Auswirkungen dem Unterauss{uß überwiesen werden. Er wies darauf hin, daß beim Innenministerium bereits insgesam 30—40 Mil, lionen Mark vom Ausschuß durch Anträge mehr gefordert seien und

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daß ohnedies im Etat {on ein erheblides Defizit vorhanden sei. Der

18 L

Sonntag

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finduna gentacht worden, dur die insbesondere die {weren Wagen um 25 bis 30 Prozent leiter gebaut werden fönnen. Der Minister pra dann noch seinen besonderen Dank all denen aus, die sib in den Bienst der großen Sache der Wissenschaft gestellt haben. In der Debatte sprachen die Redner aller Parteien der Notaemeinscaft der deutschen Wissenschaft ihren Dank für die hervorragende Tätigkeit im Bente der deutsben Wissenschaft aus und traten, von dem sonst bes londers betonten Prinzip der Sparsamkeit abaebend. auedrüdlich für die geforderten Mehrbeträge für die Wissenschaft cin. Aba. Moses (Soz.) war außerdem der Ansicht, daß die Kapitalisten und Indu- itriellen in gana anderer Weise Mittel für die wissenschaftliche Forschung zur Verfügung stellen könnten als wie es bisher der Fall war. Aba. Cremer (D. Vp.) spra si für eine engere Une sammenarbeit der deutshen Wissenschaft mit den Gelehrten anderer Länder gus. Aba. Mathilde Wu r m (Soz.) wünschte, daß die Nots gemeinschaft von den hier zur Verfügung gestellten Beträgen 300 000 Mark für ein Znstitut für Hirnforshung zur Verfügung stelle. Abg, Lr. Beragsträßer (Dem.) hob mit Bezug auf die Ausführungen des Ministers hervor, daß ein Unterschied gemadt werden müsss wischen den Aufgaben der Wissenschaft, und dem, was Sache der Jns dustrie sei. Abg. Dr. Schreiber (Zentr.) gab seiner Genugtuung darüber Auvdruk, daß in den Fragen der deutsen Wissenschaft eins Ueberparteilihkeit erreiht worden ist, die Wissenschaft zur Neichs\ache mat. Dann gab der Präsident der Notgemeins®aft der deutschen Wissenschaft, Schmidt-Ott dem Dank der Notaemeinshaft füx die einmütige Hilfe des Neichstaas Ausdruck und führte qus: Wix fönnen gecenüber der Verbekung, die im Auslande aegen Deutscbland berrscht, oar nichts besseres tun, als fortarbeiten, und durch große wissenschaftliche Erfolge der Welt die Notwendiakeit der deutschen Wissenschaft dartun. Für den wissenshaftlihen Nabwucks müssen wir ibm Aufgaben stellen, wie das kürzlih dur

ben fonnte. Die Wissenschaft darf aber

Tndustrie oder direkt für sie arbeiten: fie muf [ | sein en Einflü Die deutsche Wissenschaft ut dadurch hochgekommen, daß in Ur iten und technischen Hochs W en de ie gearbeitet worden ist,

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zusammen.

Ausschuß überwies einen Antrag mit finanziellen Auswirkungen dem Sparauss{huß, nachdem Berichterstatter Aba. Sch reiber (Zentr) sih dafür ausgesprocen hatte, daß bei grundsäßlicher Uebernahme dieses Siandpunkis die jeweilige Aussprache über die Anträge im Haus- halt8aussGuß stattfinde, weil der Sparaus\chuß obne Publizität tage Aus technishen „Gründen wandte sib der Aus\Guß dann dem Etatskapitel „einmalige Ausgaben für Bildung und Schule“ zu. Berichterstaiter Aba. Schreiber (Zentr) be- gründete hierzu einen Antrag, der von fast sämtlichen Parteien unter- geihnet worden ist und der ein Extraordinarium von fünf Millionen für die Notaemeinschaft der deutschen Wissenschaft verlangt. Es gelte beute auf wissenshaftlihem Gebiete nit bloß die Leistungen der Borkrieaszeit zu erreichen, sondern diese Leistungen im Interesse der Bolkswirtschaft zu übertreffen. Insbesondere müßten die Metall- forshung, das Problem der Wärmeersparnis und das des Luftverkehrs wissenschaftlich mehr untersucht werden, wozu erheblide Mittel er- forderlich seien. Der Redner verwies au fdie Mitteilungen des Ge- heimrat Professor Haber, der im Sparaus\chuß von einem derartigen Crstarken der japanischen und amerikanischen Wissenschaft sprach, daß es der deutsden Wissenschaft unmöglich ist, die tebnishen Mittel und Instrumente für ihre Forshungen zu verwenden, die die Wissenschaften der genannten Länder zur Verfügung haben. Angenommen wurde weite: cin deutshnationaler Gesebentwurf, der dem Meihspräsi- denten das Recht geben will, namens des Reichs Titel im tamen der Reichsverfassung zu verleihen; ferner eine Entschließung des Zentrums, in der die Reichsregierung ersucht wird, einen Gesebentwurf baldiast vorzulegen, in dem die großen christlihen Feiertage reihsrehtlich als Feiertage festgelegt werden. Eine weitere zur Annahme gelangte Entschlicßung der Demokraten und der Sozialdemokraten ersudt die Regierung um Vorlegung eines Ausführungsgeseßes zum Art. 48 der Reichsver- fassung, der den Ausnahmezustand betrifft. Andere Anträge, denen der Aus\chuß zustimmte, verlangen die Maknahmen für die Gewinnung eines geetgneten Beamtennahwuchses und eines leistungsfähigen Nach- wuhses für die wissenschaftlichen Institute. Berichterstatter Abg. Mumm (D. Nat.) wies auf mehrere vorliegende Anträge hin, die die Ctatbeträge im Titel „Bildung und Schule" insbesondere für die Notgemeinschaft der deutshen Wissenschaft und die Kaiser - Wilhelm- Gesellschaft erhöhen wollten. Der theoretische Forscher sei s{lehthin unentbehrlih, und eine weitergehende Unterstüßung müsse insbesondere auch die Gelcichtsforsung erfahren. Neichsminister des Innern Sw iele bat, bei den Vorberatungen über das Kapitel „Bildung und Schule“ nicht allein die Bedeutung auf der wissenschaftlihen Seite zu sehen. Vielmehr sollte man auch an die 12 Millionen Industrie- arbeiter denken, für deren Tätigkeit neue Weae gewiesen werden müßten. Der Minister wies in diesem Zusammenhang besonders auf eine in der deutschen Automobilindustrie noch zu löfende Aufgabe hin, die dahin geht, zu verhüten, daß die Automobile, wie es gegenwärtig

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verlangen. Die Respektieeung der Minderheitsrechte ist nicht gleich-

r Präsident der Kaiser-Wilhbelm-Gesellshaft seßte ih Gründung eines Silikatsinstituts ein und {loß seine hrungen, indem er erflärte: Forshungsinstitute sterben erstens, wenn jie nicht genügend dotiert werden, und zweitens, wenn sie niht genügend Kinder betrommen. (Lebhafter Beifall) Abg Mumm (D. Nat.) wies | if hin, daß irgendivelhe Bedingungen an dis Unterstüßung von rs{hung2arbeiten nit gestellt werden dürften, weil dadur die Arbei nur beeinträchtigt würden, und spra si dafür aus, daß etwaige Unterstüßungen aus Wirtschaftskreisen, dia mit folben Forderungen verbunden seien, lieber abgelehnt werden sollten. Nachdem Abg. Sch reiber (Zentr.) no eine interfraktionelle Entschließung begründet hatte, die vom Auss{uß mit großer Mehr- heit angenommen wurde und die die Reichsregierung ersucht, mit den Ländern zu verhandeln, um die wissenshaftlide Leistungsfähigkeit dev geinstitnte der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft wiederherzustellen,

vertagte sich der Aus\chuß auf heute. ;

Im Aufwertung8aus\Guß des Reithstogs wurde gestern zunächst § 9 des Aufwertungsgeseßes behandelt. Der Paragraph bestimmt im Regelfalle, daß auch in Zukunft die Gerichts als Aufwertungsstellen fungieren sollen. Außerdem kann die Reichs regierung die Landesregierungen zur Bezeibnung von Aufwertungs- stellen ermächtigen und et ige zum Zwecke der Anpassung an die Ken sonderen Bedürfnisse des Aufroertungsverfahrens notwendige Ver- fahrensvorschriften erlassen. Nach längerer Aussprache wurden, wie dos Nachrichtenbüro des Vereins deutscher Zeilungsverleger berichtet, die Absäbe 1, 2, 6, 7 und 8 des § us der Negierungsvorlage ane

nommen. Dagegen wurden die Absäße 3, 4 und 5 des §8 9 dur olgende Fassung erseßt: „Die Aufwertungsstelle hat den Versuch einer cutlichen Einigun u maden, sofern nit die Erfolglosigkeit des Sühneverfahrens mf estimmiheit vorber zu sehen ist; sie kann Sacbverständige zuziehen. E Gegen die Entscheidung der Aufwertungöste!le findet die Arciios Beschwerde statt, Ueber die sofortige Beschwerde entscheidet das Landgericht. Gegen die Entscheidung des Beschwerdegerichts ist die E weitere Beschwerde an das Obeclandesgericht zulässi wenn die Entscheidung auf einer Verleßung des Gefeßes ecubt Die rage, „ob im einzelnen Falle die Vorschrift des § 2 Abs 1 Sab 3 richtig angewendet ist, unterlieat nicht der Naprüfung dur das Oberlandesgeriht. Die Vorschriften des § 28 Abs, 2 und 3 und des § 199 des Reichsgescßes über die Angelegenheiten der frei- willigen Gerichtsbarkeit finden entsprechende Amvendung. en die Entscheidung der Aufwertungsstelle kann unter Üebergehung der Beschwerdeinstanz unmittelbar die sofortige weitere Beschwerde eins gelegt werden, wenn der Gegner eimwilligt. Die \chriftliße Er- tlärung der Einwilligung if bei der Einlegung der sofortigen weiteren Beschwerde eirgureichen. i Die rechtskräftige Entscheidung der Aufweriungsstelle ist für die Gerichte bindend. Aus der rehtskräftigen Entscheidung der Außwertungsstelle über die Kosten sowie aus einem vor der Aufs wertungS8stelle ae Wlellenen _Vergleih findet die Zwangs- vollstrekung nah den Vorschriften der Zivilprozeßordnung statt; das gleiche gilt für rechtskräftige Entscheidungen, für die hie Zus ständigkeit der Aufwertungsstelle vereinbart ist." _ Angenommen wurde ferner § 10 der Regierungsvorlage, der be- S daß in bürgerlichen Rethts\treitigkeiten das Verfahren auf ntrag auszuseßen ist, soweit die Entscheidung von der Höhe einer Aufwertung abhängt. Hierauf vertagte \ih der Aus\{uß auf beute.

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Der Aeltestenrat des Preußischen Landtags legte am Dienstag vor Beginn der Pltnarfibne ven Geschäftsplan ür die weitere Tagung fest. Das Haus will bis zum 4. Juli zu- ammenbleiben. Es jollen erledigt werden der Landwirtschaft8- E (Gestüts-, Domänen- und Forstverwaltung): Ferner soll egonnen werden im Fuli mit dem Wohlfahrtshaushalt. Das Haus will dann vom 6. Zuli bis zum 21. September in. die großen Sommerferien gehen. Der Hauptausschuß soll noch eine ‘Woche länger tagen und zwei Wochen vor dem Wiederbeginn der Plenars- sißungen erneut zusammentreten. Vom 18., bis 22. Juni, ist wegen der Feiern der Rheinproving eine Pause vorgesehen, da sehr viele Landiagsabgeordnete an diesen Feiern teilnehmen. Wegen katholischen Feiertage bleiben der 11. und 29. Juni sißungsfrei. Außer den Etatsberatungen sollen noch eine Reihe von Uranträgen und von feinen Gegenständen bis zur großen Vertagung erledigt werden,

noch der Fall ist, die Straßen ruinieren, Im Auslande sei eine Er-