1925 / 141 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 19 Jun 1925 18:00:01 GMT) scan diff

E E

E

R Bt EE ige p

Veeichsratsausschüsse Haben den allgemeinen Grundsaß des Entwurfs: Schußz lebensfähiger einheimisher Produktion und Notwendigkeit der Förderung der Ausfuhr als ruhtig gebilligt. Die in dem Entwurf enthaltenen, der Höhe nach im allgemeinen zu billigenden Zollsäbe sind nicht als endgüliige Regelung der betreffenden Zollfragen an- dusehen; jede |patere Berufung auf die Einstellung oder Ablehnung einzelner Zollsäße im jeßigen Tarifentwurf muß daher jeßt und künftig abgelehnt werden. Der Tert des Gesehentwurfs enthält die grundsäßliche Stellungnahme der Reichsregierung zur Frage der land- wirtschaftlichen Zölle. Die Reichsregierung geht in dieser Hinsicht davon aus, daß für Deutschland zurzeit und *ünftig eine stark ent- widelte und intensiv arbeitende Landwirtschaft erforderli ist, die soweit als irgend möglich in der Lage ist, den deutschen Nahrungs- mittelbedarf im Inlande zu erzeugen. Sie hält dazu als autonome, für Vertragsverhandlungen in Betraht kommende Säße, die Säge des bisherigen Zolltarifs von 1902 für Getveide usw. für erforderli, s{lägt aber die im alten Zolltarif vorgeschene Bindung der Getreidezólle in der Art vor, daß für Noggen, Weizen usw. zurzeit Mindestzolle von 3 Reichsmark 3,50 Neichsmark usw. und vom 1. August 1926 an Mindestzöle von“ 5 Reichsmark, 6,90 Reichsmark usw. gelten sollen. Für die Zeit bis 31. Juli 1926 sicht sie außerdem für Getreide und andere wihtige Nahrungsmittel gegenüber dem Zolltarif ermäßigte Ie vor, die bei Getreide nur die Höhe der bis dahin vorgeschlagenen indestsäße betragen sollen, Die Reichsratsausshüsse konnten zu einem einstimmigen Ergebnis Uber diese Regelung der landwirtschaftlihen Zölle nicht kommen; insbesondere wurden Anträge gestellt, wêlhe die Herabseßung des autonomen Zollsaßes für sofort oder später und die Beseitigung der Mindestzölle zum Ziele hatten. Die Mehrheit der Reichsrats- aussüsse hat jedo die in dem Tert der Vorlage enthaltenen Grund- [uhe angenommen. Hierauf wurden noch einige Spezialreferate ehalten, aus denen sih ergab, daß die Neichsratsaus\shüsse bei den Industriezöllen noch einige Aenderungen, zumeist Eckéburigen vor- genommen haben. Soweit aus den Referaten zu entnehmen war Drucksachen standen dem Berichterstatter niht zur Verfügung ist u. a. für Schallplatten eine besondere Position mit einem Zollsaß von 120 Æ eingeseßt worden. Auch der Zoll auf geschliffene Uhr- gläser ist erhöht worden.

Die Haupterörterung in dex Vollversammlung des Reichs- rats drehte sih um die Frage der Getreidezolle, wo die Regierungsvorlage in den Ausschüssen unverändert ge- blieben ist.

Vie preußische Regierung gab ihrer Stellungnahme durch einen Abänderungsantrag Ausdruck, der nah Inhalt und Be- gründung wie folgt, lautete: „Die preußishe Staatsregierung steht auch ihrerseits auf dem Standpunkt, daß die Erhaltung und Förderung einer möglichst leistungsfähigen und intensiv arbeitenden Landwirt- schaft, die einen möglichst großen Teil des deutshen Nahrungsmittel- bedarfs im Jnlande zu erzeugen in der Lage f für die gesamte deutsche Volföwirtscaft von größter Bedeutung ist. Sie hält jedoch den von der Reichsregierung vorgeschlagenen Weg nicht für zweck- mäßig, weil er den Verhältnissen dex gegenwärtigen Lage nicht gerecht wird; die preußische Staatsregierung wiederholt daher ihre in den Sißungen der Ausschüsse hinsichtlich der landwirtschaftlichen Zölle gestellten Grundanträge. Diese haben zum Inhalt, daß erstens bis auf weiteres für Roggen, Weizen und Spelz, Gerste und Hafer Zoll- aße bon 3 Reichsmark, 3,50 Neichêmark, 2 Reichsmark und

_Meichsmark eingeführt werden. Zweitens: die Mindestzölle be- seitigt werden. Orittens: die Reichsregierung ermächtigt wird, die Getreidezölle zu ermäßigen oder aufzuheben und im Bedarfsfalle bis zur Höbe der genannten Säße wieder einzuführen oder heraufzuseten.“ __ Ein badischer Antrag wollte die Mindestzölle für Ge- Weide herabseßen. Danach sollten die Mindestzölle nur betragen vom 1. August 1926 für Roggen 3 4, für Weizen 3,50 4, für Hafer 2 M und für Gerste 3 Æ. Der Vertreter der badischen Regierung erklärte dazu, daß Baden an sich grundsäßlih gegen die Wiederein- ührung von Getreidezöllen sei. Die Mindestzölle der Vorlage gingen über das Maß des Gebotenen hinaus.

Der Vertreter von Mecklenburg-Schwerin von Oerten gab folgende Erklärung ab: „Die mecklenburg-s{werinshe Regierung hegt ernste Zweifel, ob die Vorlage der Reichsregierung in der Fassung der Ausschußbeschlüsse ggcignet ist, die Ertragsfähigkeit der landwirtschaft- lichen Erzeugung wiederherzustellen und zu sihern, Die Vorlage senkt die Zölle für die landwirt\chaftlihen Erzeugnisse gegenüber den Bil: (ven der Vorkriegszeit. Sie billigt im Venensel dazu den für die

‘andwirtschaft notwendigen Bedarfsartikeln einen erheblih erhöhten Zoll zu. Wenn die mecklenburg-\{werins{e MNegierung troß dieser Bedenken den Ausschußbeschlüssen ihre Zustimmung nicht e fo geschieht dies, um der Landwirtschaft den geringen Schuß zu sichern, den die Vorlage ihr bietet.“

Der Reichsminister für Landwirtschaft und Volksernährung Graf Kaniß führte aus: Die Reichsregierung ist bei Bemessung der Getreidezollsäke bereits so weit heruntergegangen, wie sie es glaubte, er gaupt noch ertragen zu können. Die Neichöregierung hat in keiner Meise bei der Bemessung der Säße für Getreide der eingetretenen Geldentwertung Rechnung getragen. Um so bedauerlicher ist es für die Meichsregierung, daß das größte Land, Preußen, Anträge gestellt hat die einmal die autonomen Säße auf den geringen Saß von 3 Ma herabseßen und außerdem die Mindestsäße beseitigen wollen. Gerade diejenigen, die behaupten, eine Bindung der Getreidezölle sei handels- U alsch, weil dann unseren Unterhändlern nicht das geeignete tüstzeug in die Hand gegeben sei, müßten dann wenigstens schr hohe autonome Säße annehmen, damit zwischen Null und dem autonomen gas eine möglihst große Spanne bleibt und damit wirklih ver- handelt werden kann, Die Reichsregierung kann nit umhin, über den Antrag Preußens, den Saß auf 3 Mark herabzuseßen und gewisser- maßen einen Einheitssabß qu statuieren, ihre größte Verwunderun auszusprechen, weil damit yandelspoliti\ch die Getreidezölle Ls wertlos gemacht sind, und andererseits, das muß ven von der Reichsregierung ausgesprochen werden, den landwirt\chaftlihen Be- langen in keiner Weise Rechnung getragen wird. Zur Frage der Mindestzöll2 habe ih bereits in den Ausfchüssen ausgeführt, Yaß heute wo Deutschland politisch und wirtschaftlih {wach ist, es noch viel mehr gran ist als in dem ehemaligen starken faiserlihen Deutsh- gn en Unterhändlern über Handelsverträge den Nücken zu stärken. Bir hätten im Frieden überhaupt keine Verträge achen, wenn unsere Unterhändler niht gebunden ewesen wären. Gewöhnlich werden erst bei folchen Verhandlungen die industriellen Belange be- xeinigt und dann als Kompensationsobjekt bleiben die agrarischen Positionen übrig, und leßten Endes mußte hier immer nachgegeben werden, wenn nicht eine Bindung vorhanden war. Die Regierun A in der Bindung auf den sebr N en Saß von 1,50 Mar ro Zentner den Interessen der Verbraucher, deren Belastung sie

natürli au mit großer Sorge ins Auge fassen muß und wo sie alles tun muß, die Belastung mt niedrig zu gestalten, am besten mit esem gedient zu haben, sie glaubte ales getan n, um

m C i | ( u h uit die Befürchtungen nah dieser Seite hin zu befeiliaen: Mit in dem preußischen Antrag enthaltenen Ermächtigung, au auf ull herunterzugehen und eventuell wieder heraufzugehen, wird der ollkrieg innerhalb Deutschlands verewigt, denn es ist ganz klar, daß de Regierung sich sehr hüten wird oder sehr ungern daran gehen wird, überhaupt an dem System etwas zu ändern. Wenn sie herunter- ehen muß, so wird das natürlich gleich wiedec in den Kreisen des ndels und der Landwirtschaft große Beunruhigung hervorrufen, und enn sie F guigehen muß, wird eine ganz ungeheure Entrüstung en die Regierung losgehen, die angeblih wieder Brotwucher treibt. halte die Ermächtigung, gemletmahen labil zu verfahren bei n Getreidezöllen, innerpolii(® ür sehr bedenklih, und dieses Be- ken reiht sih an das. Beden uh gegenüber dem Vorschlag n gleitenden Zöllen, der im Reichéwirk\haftsrat gemacht wurde. denfalls erkläre ih im Namen der Reihéregierung daß sie den lergrößten Wert darauf legt, gerade im handelspolitischen Interesse nd um auch die Relation zwischen Industrie- und landwirtschaftlichen Göllen nicht zu ungesund zu gestalten, daß die Zollvorlage in ter vor- tegenden Fassung angenommen wird, und die Reichsregierung wird id, das kann schon jebßt gesagt werden, niht damit einverstanden er- lären, daß die preußischen Anträge angenommen werden, und sie wird dann jedenfalls erneut in eine ernsthafte Beratung darüber treten

Nachdem ein Vertveter der preußischen Regierung noch- mals den preußischen Antrag begründet hatte, wurde die Nr. 1 des preußischen Antrags mit 38 gegen 28 Stimmen abgelehnt. Dafür stimmten das preußische Staatsministerium, der Vertreter vou Berlin, die Länder Sachsen, Hamburg, Anhalt, Bremen, Lippe, Lübeck und Schaumburg-Lippe. Die preußischen Provinzvertreter stimmten gegen das Staatsministerium. Ein Antrag Hessens auf Erhöhung der autonomen Getréidezölle wurde mit 36 gegen 30 Stimmen abgelehnt. Die N. 2 des preußischen Antrags (Beseitigung der Mindest- Ea wurde mit 36 gegen 30 Stimmen abgelehnt. E timmte das preußische Staatsministerium, der Vertreter der Stadt Berlin, die Länder Sachsen, Hessen, Hamburg, Anhalt, Bremen, Lippe, Lübeck und Schaumburg-Lippe. Die preußi- schen Provinzvertreter stimmten wiederum gegen das Staats- ministerium. Der badische Antrag auf Herabsezung der Mindestzölle nah dem 1. August 1926 wurde mit 33 gegen 82 Stimmen und ein bayerif, er Antrag auf Erhöhung des Gerstenzolls mit 41 gegen 25 Stimmen abgelehnt. Ab- gs wurde auch die Nr. 3 des preußischen

ntrags, die nah Ablehnung der beiden ersten Nummern, wie folg, gefaßt wurde: Die Reichsregierung wird ermächtigt, die Getreidezölle bis zur Höhe der jeweiligen Mindestzölle des § 3 zu ermäßigen und im Bedarfsfall bis zur Höhe der auto- nomen Säße wieder heraufzuseßen. Die Ablehnung erfolgte mit 33 gegen 92 Stimmen. Zu weiteren Teilen dex Zollvor- lage wurden die in der Vollversammlung eingebrachten Ab= änderungsanträge fast durchweg abgelehnt, nur ein preußischer Antrag, den Zoll für Fischerneße von 50 auf 30 Mark heruntex= zuseßen, wurde mit großer Mehrheit angenommen.

Jn der Gesamtabstimmung wuvde die Zollvorlage nach den Beschlüssen der Ausschüsse mit 4P gegen 10 Stimmen bei 7 Stimmenthaltungen angenommen. Dafür stimmte das preußische Staatsministerium, die Vertreter von Ostpreußen, Brandenburg, Pommern, Westpreußen, Posen, Niederschlesien, Oberschlesien, der Provinz Sachsen, von Schleswig-Holstein, Hannover, Westfalen, der Rheinprovinz, Hessen-Nassau und die Länder Bayern, Württemberg, Thüringen, e Mecklen-= burg-Schwerin und Medcklenburg-Streliß, Oldenburg, Braun- shweig, Anhalt, Waldeck. Dagegen stimmten der Vertreter der Stadt Berlin und die Länder Baden, Hamburg, Bremen, Lippe, Lübeck und Schaumöurg-Lippe. Sachsen enthielt sich der Stimme.

Nach der Verabschiedung der Vorlage wurde von dem stellvertretenden Bevollmächtigten für die Provinz Pommern Landfschaftsdirektor v. Flemming unter Zustimmung der Da für die Provinzen folgende Erklärung ab- gegeben:

Die heute A Éleine Zollvorlage wird den Wünschen der sih in shwerster Not befindenden Landwirtschaft nicht gereht und und berücksichtigt ebensowenig die berechtigten Wünsche der Forst- wirtschaft. Der ungenügende Zollshuß im Gegensayg zu den stark erhöhten A wird zur Folge haben, daß eine intensive Wirtschaft bei dem größeren und besonders auch bei dem kleineren Grundbesiß nicht e lohnend ist, eine vermehrte Produktion wird dadurch verhindert, die Ernährung des deutschen Volkes in immer egaen Maße bon der Einfuhr aus dem Auslande abhängig ge- macht und die Wiedérgesundung des Binnenmarktes, überhaupt der gesamten Volkswirtschaft auf das schwerste gefährdet: Die Zustimmunz der Mehrheit zu der kleinen Zollvorlage bedeutet keine Billigung, son- dern erfolgt lediglich, um einen drohenden Zusammenbruch der Land- wirtschaft zu verhindern und für die Zukunft den Weg zu einem ausreichenden Zollschuß nicht zu versperren.

__ Der Reichsrat erledigte dann noch eine große Anzahl Tleinerèr Vorlagen. Dem Deutsch-englischen Handels- und Schiff-

fahttsvertrag wurde zugestimmt, nachbdem ein Regierungs- vertreter festgestellt batte, daß den englishen Schiffsgesellshasten eine Vorzugsstellung agentber den inländischen Gesellschaften nicht ein- geräumt wird. enehmigt wurde ferner eine Ergänzung zum

aushalt des Reihswehrministeriums, in der eine

eihe neuer Beamtenstellea angefordert werden. Zustimmung fand auch ein Geseßentwurf über den Schuß des zur Anfertigung von Schuldurkunden des Neiches verwendeten Papiers gegen unbefugte Nachahmung. Zustimmung wurde weiter einem Geseßz- entwurf, dur den die Gebühren der Zeugen und Sach- verständigen wieder auf den Tas erhöht werden, sowie einer Verordnung zur Aenderung des Mahnverfahrens. Eine Ergänzungsverordnung zur Uebergangsreiseverord- nung für Soldaten und Beamte beim Reichsheer und bei der Reihsmarine wurde vom Reichsrat abgelehnt, weil hier der Grundsaß, wonach die Reisekosten nah den Gruppen der Besoldungs- ordnung fest cls werden, durchbrochen wird.

Der Reichsrat beschäftigte sih dann mit einem Gesetz- entwurf zur Abänderung des Wehrmachtvers- A Der Berichterstatter wies darauf hin, daß die Vorlage eine Reihe inanzieller Besserungen und Erleichterungen bringe. Die wesentlichste

stimmung sei aber, daß den auêscheidenden Webrmachtsangehörigen da Stellen bei Betrieben, deren Erträge überwiegend den

ndern und Gemeinden zufließen, vorbehalten bleiben sollen. Die Mehrzahl der Linder habe ihre Zustimmung davon abhängig gemacht, daß die Neichsregierung für die Deckung des den Ländern erwacbsenden Mehraufwandes aufkomme. Die Aus\wüsse sind aus diesem Grunde zur Ablehnung der Vorlage gekommen.

Val ae dem Beschluß der Ausschüsse stimmte der Reichs- rat der Vorlage mit 43 gegen 19 Stimmen bei vier Ent- haltungen zu, nachdem ein Vertreter des Reichswehr- ministeriums in Anbetracht dec großen Not der Ba Soldaten U auf die Notwendigkeit der Verabschiedung der Vorlage hingewiesen hatte.

Der Reichsrat nige weiter das deutsch- norwegishe Abkommen über die Einfuhr norwegisher Fischkonserven, ferner die Auf-

ebung verschiedener aus der JFuflationszeit herrührender Be- timmungen über die A A NLINY R

iren Bi ARE und über die mlaufs- Md 2 h fandbriefeund sonstige S RLE vershreibungen von Hypothekenbanken. Zum Schluß exflärte sich der Reichsrat mit der Festseßung der den Gemeinden zum Ersaß der Kosten der Cs räsi- dentenwahl zu überweisenden Beträge einverstanden. Danach werden für den ersten Wahl ang die bei der Reichs- tag8wahl am 4. Mai gezahlten Pauschsèbe plus 25 Prozent ewährt und für den zweiten Wahlgang 75 Prozent der Pausch- süe des exsten Wahlganges.

Deutscher Reichstag. 75. Sizung vom 16. Juni 1925,

Nachtrag. Die Rede, die der Reichsminister des Jnnern Schiele im Laufe der Besprehung der Kulturfragen gehalten hat, lautet nach dem vorliegenden Stenogramm wie folgt: Meine Damen und Herren! Herr Dr. Moses hat wie im Aus-

müssen, was nun geschehen solk.

T E O E T E I I im Oer au

ih die Jnterpellation Tirpiß behandeln könne und wie ih zu der dort aufgeworfenen Frage stehe. Jch glaube, daß das, was ih im Ausschuß daruber zu sagen Gelegenheit nahm, genügen muß. Das Kabinett hat sih mit der Frage eingehend beschäftigt. Die Inter- pellation kann jeden Tag im Plenum des Reichstags an der zus

ständigen Stelle, nämlih bei der Beratung des Justizetats, behandelt werden. Es liegt also lediglih an der Geschäfts-

ordnung des hohen Hauses, wann die Jüuterpellation zur Sprache kommen wird.

Herr Dr. Runkel hat dankenswerterweise über die Nordmark warme Worte gefunden. Jch kann nur sagen, daß diese warmen Worte im Herzen des Ministeriums einen Widerhall gefunden haben. Bei den in meinem Ministerium verwalteten Mitteln wird die Nordmark das kann ich Ihnen versichern nicht zu kurz kommen. Am 27. und 28. Juni findet der \{leswig-holsteini sche Universitätstag in Altona statt, zu dem ich persönlih mein (r- scheinen zugesagt habe. Dadurch hoffe ih, auch rein äußerlich das Interesse meines Ministeriums zu dokumentieren.

Meine Damen und Herren! Wenn ich jeßt im Zusammenhang die vielen Anregungen aus dem hohen Hause über das Gebiet dex Schule, das Gebiet der Allgemeinbildung, über Jugendwohlfahrt, über Leibesübungen, über Wissenschaft, Kunst und Volksbildung, über Filmwesen usw. vor Ihnen behandeln möchte, so steht im Vordergrund die Frage der jugendlichen Bildung und Erziehung. Vöchte das Interesse für die starke Bewegung in unserer Jugend, möchte vor allen Dingen der Gedankengang, daß die jugendliche Bewegung der Grund und der Boden für die nationale und die fulturelle Entwicklung in Deutschland «ist, in diesem hohen Hause immer mehr Raum finden (Bravo!). Nicht zuleßt aber ist es die sportliche Erziehung und Ertüchtigung, die, wie ih zusammen- fassend sagen kann, gerade in der leßten Zeit bedeutsame Erfolge aufzuweisen hat. Es is eine Freude, zu sehen, wie die deutsche Jugend gerade in leßter Zeit ihr Geshick und ihre Charakter- erziehung selbs in die Hand genommen hat. Wir als Erziehungs- behörde und Sie, die als Führer der Jugend an dieser Erziehung mitwirken, haben lediglih den Auswüchsen zu wehren und den guten und gesunden Geist, der überall aus der Jugend hervortritt, nur zu nußen und zu stärken (sehr richtig! rechts), jenen Geist, der sich heute in so \{önen Formen offenbart. So danke ih an dieser Stelle allen denen, die sih der Jugendbewegung als Führer und Lehrer zur Verfügung gestellt haben und ihr Bestes in dieser Arbeit leisten (Bravo!). Jch richte an Sie die Bitte, in den jungen Geistern die Achtung vor dem Geseß und vor der Autorität des Staates, kurz das rechte Staatsbewußtsein, gebührend zu pflegen (sehr gut! rechts), damit sie dereinst zu“ tüchtigen Staatsbürgern im Reiche werden (Bravo!). Von richtiger Staatsgesinnung erfüllt, möge dann die Jugend in dem heutigen Deutschen Reiche troß aller Not nicht den Trümmerhaufen sehen, möge sie etwas vor sich zu sehen meinen, was unentrinnbares Verkümmevrn bedeutet, roie es diejenigen sehen, die aus dem Bannkreis der Vorstellung des Unentrinnbaren nicht herauskommen, die beute immer noch den Kopf hängen lassen, als ob es mit uns nicht recht vorwärtsgehen könnte. Hier möge uns die Jugend den Weg ebnen und uns sagen, daß es heute {on wieder einen guten Anfang zu neuer Entfaltung gibt, an der mitzuarbeiten gerade wir hier im MNeichstag in erster Linie mitberufen sind.

ZU den s{önsten und dankbarsten Aufgaben meines Ministeriums gehört es, die Bestrebungen zur Kräftigung und Erstarkung der Jugend nachdrücklichst zu fördern. Jch habe es dankbar begrüßt, daß der Ausschuß und mit ihm de: Herr Neichsfinanzminister für eine Grhöhung der etatmäßigen Mittel für Turn- und Sportzwecke eingetreten ist. Im Vordergrund steht hier die Bewilligung für das Stadion. Jch danke an dieser Stelle besonders Herrn Staats- sekretär Lewald, der an der Spiße dieser Bewegung unermüdlich tâtig ist, hier dem deutshen Volke und der deutshen Jugend ein Denkmal zu seßen und die Möglichkeiten zu bester jugendlicher Entfaltung zu sichern (Bravo!). Die Entwicklung der Leibes- übungen in Deutschland und ihre gesteigerte Bedeutung für die Gesundheit und die Leistungsfähigkeit des Volkes haben eine Er- weiterung des deutshen Stadions nötig gemacht. Das ist niht eiwa nur eine Angelegenheit Berlins, obwohl sich die Stadt Berlin bereit- gefunden hat, namhafte Sunimen zur Herstellung der Zuwege zur Verfügung zu stellen. Es ist auch nit eine allein preußische Einrichtung, obwohl sich auch Preußen bereitgefunden hat, ein Terrain von etwa 53 preußischen Morgen zur Verfügung zu stellen, und zwar auf 30 Jahre für irgendeine Anerkennungsgebühr. Nein, es ist und das hat yor allem die Beratung im Aus\chuß ergeben, und alles, was hier an warmen Worten für die Jugenderziehung auf sportlichem Wege ausgesprochen ist, beweist, daß diese Erkenntnis und Einsicht dem hohen Hause geläufig ist eine wichtige MNeichsangelegenheit, die heute, nahdem uns die große Schule der Erziehung durh das Heer verlorengegangen ist, mehr denn je im Vordergrunde steht. (Lebhafte Zustimmung.)

Die Erweiterungsbauten beim Stadion betreffen insbesondere ein Winterstadion, um auch in der kalten Jahreszeit die Vebungen mustergültig fortseßen zu können, ein Winterschwimmbad, das sowoh! der Uebung wie großen sportlihen Wettkämpfen dienen soll, fernex Unterkunftsräume für Teilnehmer, Führer von Lehrgängen zur Fortbildung auf dem Gebiete des Turn- und Sportwesens, die aus dem ganzen Reich in Zukunft Winter und Sommer auf js 14 Tage zusammengezogen werden sollen. Jch wollte an der. Hanb der hier von Exzellenz Lewald zur Verfügung gestellten Aus- führungen über das Stadion nahweisen, daß es sich nicht um eine eng begrenzte Angelegenheit handelt, sondern daß Berlin als Haupt- stadt des Reiches hier führend die Dinge in die Hand nimmt und daß, wie ich hoffen möchte, andere Städte viesem Beispiel folgen.

Die Unterstüßung der führenden Organisationen vorbildlicher Einrichtungen auf dem Gebiete des Sports wie der großen Wett- kfämpfe von allgemeiner Bedeutung für das Reich wird in ver- stärkiem Maße erfolgen können, nahdem die Mittel dafür zur Verfügung gestellt sind... Ebenso werde ih weiter gern meine Förderung dem Jugendwandern und den Jugendberbergen angedeihen lassen. Jch folge hierin gern den Anregungen der Frau Kollegin Dr. Maß. Will man aber die Jugend an Körper und an Geist festigen, so muß man sie auch vor den“ heute mehr denn je hervor- tretenden und zerseßenden Gefahren bewahren. (Sehr wahr! rechts.) Diesen Zwetten dient in erster Linie das dem Reichstag vorliegende Geseß zum Schuße der Jugend bei Lustbarkeiten sowie ‘die dem Meich8rate zugegangenen Gesebßentwürfe zur Bekämpfung von

{uß so au hier im Plenum an mich die Frage gerichtet, ob

Schund- und Schmußliteratux und zur Aenderung des Lichkspiel-

geseßes. Ih glaube, daß wir auf diesen beiden Gebieten recht bald vorafommen. Bis zum Inkrafttreten dieses Geseßes aber ist eine vorläufige Regelung dahin getroffen soweit es sich um die Angelegenheit der Bekämpfung von Schmuß und Schund handelt —, daß die Zentralpolizeistelle in Berlin der Haupt- verwaltung der Deutschen Reichsbahn allê periodishen Drudck- schriften mitteilt, gegen die nah dem 1. Juli 1925 eine rehts- kräftige Verurteilung gemäß § 184 und 184 a des Reichsstrafgeseß- buches ausgesprochen ist. (Bravo! rechts.) Die MReichsbahn- verwaltung gibt diese Mitteilungen an die Eisenbahndirektionen und diese wieder an die Magistrate und Polizeibehörden der deutschen Städte weiter. Die mitgeteilten Schriften werden alsdann überall von dem Verkauf auf den Bahnhöfen und in den Zeitungs- fiosfen zeitlih ausgeschlossen, und ich glaube, daß diese vorläufige Megelung zunächst erst einmal einen Anfang auf dem Gebieie des so notwendigen Kampfes gegen Schund und Schmuß darstellt.

Auch beim Schulwesen stehen wir vor großen Zielen, und Shnen allen stehen die großen Ziele vor Augen, wie ih sie bereits in meiner Nede vom 13. dieses Monats dargelegt habe, die ih zusammengefaßt habe in die beiden Begriffe: Vereinheitlihung und Verinnerlichung unseres Bildungswesens bei verständnisvoller Berücksichtigung und Pflege hergebrachter landschaftlicher Gliede- rungen. Es entspriht meinen damals entwidelten Gedankengängen, daß ih auch auf dem Gebiete des Schulwesens jede Uniformierung, jede unnüße Zentralisation, die vielleicht oftmals in diesem Hause in zu starkem Maße gefordert wird, ablehnen möchte. Aber die Pflege landschaftliher Gliederung darf der Cinheitlichkeit der deutschen Kultur auf bestimmten Gebieten nicht Abbruh tun. So halte ih es unbedingt für erforderlih, daß die Neifezeugnisse der böberen Schulen untereinander in den einzelnen Ländern anerkannt werden müssen. (Sehr wahr! rechts.) Es wird daher das ernst- hafteste Bestreben der Reichsregierung sein, durch regelmäßige Aus- sprache und freie Vereinbarung mit den Ländern dieses Ziel unter voller Wahrung das Hochstandes unserer Kultur zu sichern. (Bravo! rets.)

Aehnlih liegt die Frage auf dem Gebiete der Lehrerbildung. Gewiß is der Verfassungsartikel 143 Abs. 2 für ein von mir gefordertes Geseß maßgebend. . Aber es ist ja, wie sie wissen, niht meine Schuld, daß dieses Geseß noch nicht vorliegt. Aber auch meine Herren Amtsvorgängèr möchte ih nah der Richtung hin in Schuß nehmen. Es ist wahrhaftig nicht leicht, diese Frage einheitlich zu regeln, nahdem {hon ein Teil der Länder in der Regelung vorausgegangen ist. Ich kann hier nur sagen, hier soll nach der Reichsverfassung eine einheitliche Regelung für das Reich s{ließlich unter allen Umständen erfolgen. In der seit dem Erlaß der Reichsverfassung verflossenen Zeit ist eine reihsrehtlihe Regelung der Lehrerbildung, wie Sie wissen, niht geschehen. Es haben daher die Länder die Negelung von sich aus in die Hand genommen. Aufgabe des Neichsministeriums des Innern muß es jeßt sein, unter Verwertung der in den Ländern gemachten Erfahrungen darauf hin- zuwirken, daß eine Einheitlichkeit im Reich hergestellt wird auf der Grundlage, wie sie die Reichsverfassung für die Lehrerbildung vorsieht. Jn diesem Zusammenhange möchte ih die Frage des Nachwuchses der Lehrerschaft, der Junglehrer und der Jung- lehrerinnen, berüdsihtigen. Sie ist Gegenstand sehr ernster und, wie Sie wohl mit mir hinzufügen werden, nicht erfolgloser Be- mühungen im Auss{uß gewesen. Die dort gestellten Anträge haben doch \chließlich einen fruchtbaren Boden gefunden. Es is zunächst erst einmal im Prinzip anerkannt, und es ist dem Reich und dem Finanzminister wohl zu danken, daß troß der Lage der Kompetenz hier .das Reichsinteresse so stark anerkannt wird, daß eine erträglihe Anzahl von Millionen ih kenne noch nicht den leßten Beshluß dafür ausgeworfen werden soll. (Sehr gut! rets.)

Meine Damen und Herren! Ich glaube, daß es mögli sein wird, ausgehend von diesen Bewilligungen, hier der unerhörten Not der Junglehrer und Junglehrerinnen im deutschen Lande zu. steuern. Wenn wir wissen, daß allein in Preußen, ich glaube 37- bis 38 000 Lehrerinnen und Lehrer nicht in der Lage sind, ihr Amt auszuüben, dann bedeutet das einen von Ihnen und mir bedauerten Zustand, der, ganz abgesehen von den materiellen Mängeln, denen die Jung- lehrer ausgeseßt sind, auch in ethisher und erzieherischer Beziehung ein Vakuum eröffnet hat, das sich so leiht nicht wieder s{chließt. (Sehr wahr! rechts.)

Mit der weitaus überwiegenden Mehrheit unseres Volkes halte ih den sittlichen Gehalt der christlichen Religion, wie ich schon in meiner vorigen Rede betonte, für die wesentlichste Grundlage unserer deutschen Kultur, die für die Erziehung der Kinder nicht entbehr! werden lann. (Bravo! bei den Deutschnationalen.) . Es sollie aber niht an einen Zwang gegenüber Andersdenkenden gedacht werden. Wer nach der Verfassung ist ja die Freiheit gegeben diese religiösen Kräfte für die Erziehung seiner Kinder entbehren zu Fönnen glaubt, wer als Erziehungsberechtigter dafür die Verant- wortung tragen zu können glaubt, soll nicht daran gehindert werden. Diese Freiheit in der Erziehung ist ja auch durch den Artikel 146 Abs. 2 der Neichsverfassung gewährleistet.

In Ausführung dieses Artikels wird Ihnen, wie ich bereits . im Ausschuß zugesagt und durch eine Veröffentlihung vor einigen Wochen bereits ausgesprochen habe, das Reichsschulgeseß in aller Kürze zugehen. (Bravo! bei den Deutschnationalen.) Der Refe- rentenentwurf is fertiggestellt, und das Kabinett wird bereits in den allernächsten Tagen in der Lage sein, sich in erster Lesung mit diesem Entwurf zu beschäftigen. Man verlange von mir in diesem Stadium der Dinge es würde niht der Geschäftsordnung der Reichs-- regierung entsprehen, wenn ih anders handelte nit, daß ih mich über Einzelheiten dieses Gesehes bereits auslasse. Jch kann aber das eine sagen, daß der Entwurf der Verfassung und, dem Willen der Erziehungsberehtigten entsprechend, die von der Ver-

fassung zugesagte Bekenntnis-, Weltanschauungs- und bekenntnis- freie Schule sichert. Der Artikel 146 Abs. 3 der Reichsverfassung sieht die Erziehungsbeihilfen für die Jugend vor, Im gegenwärtigen Etat ist die bisher ausgeworfene Summe für diesen Zweck verstärkt, und es ist drr den Ausschuß noch eine weitere Erhöhung beschlossen worden. Zwar ist diese Summe im Verhältnis zu der Not, die herrs{ht sehr klein, aber man muß in Betracht ziehen und das ist ja auch im Aus\{uß mehrfach zum Ausdruck gebracht worden —, daß außer diesen Mitteln des Reihs noch in den Ländern und Gemeinden Beihilfen zur Verfügung gestellt werden und Schulgeld- befreiungen gewährt werden. Ich will hoffen, daß die für diesen

besonders verwandt, um befähigte lungenkranke Kinder in der vor- züglichen Heilstätte in Davos geistig fortzubilden und wieder gesund zu machen. (Bravo! rechts.)

Die lernende Jugend reiferen Alters, die Hochshüler, haben selbst troß der Ungunst der Zeit im Wege gegenseitiger kamerad- schaftlicher Hilfe sich die finanzielle Möglichkeit erhalten wollen, das Ziel ihrer Ausbildung zu erreihen. Diese Selbsthilfe, die Gestalt gewonnen hat in der Wirtschaftshilfe der deutschen Studentenschaft unter Ausschaltung aller politishen und konfessionellen und sozialen Gegensäte, diese Organisation hat das können wir wohl sagen Hervorragendes für die Erhaltung und Förderung des Hochschul- nahwuhses bereits geleistet. (Beifall rets). Jn ständiger Fühlung mit den Ländern und unter ihrer tätigen Mitwirkung hat das Reich den sozialen \studentischen Fürsorgemaßnahmen und Erziehungs- einrichtungen jede nur mögliche Unterstüßung, insbesondere auch. durch die Bereitstellung nicht unerhebliher Reichsmittel, angedeihen lassen. (Bravo! rechts.) Mit den in dankenswerter Weise verstärkten Haushaltsmitteln wird es möglih sein, die {were wirtschaftliche Notlage, in der sich heute weite Kreise unseres akademischen Nach- wuhses befinden, wesentlih zu mildern.

Aber, meine Damen und Herren, nicht nur der wissenschaftliche Nachwuchs leidet Not, sondern auch die Wissenschaft selbst und die Kunst. Um diese Notlage etwas zu lindern und um auch hier die Führung in den großen Kulturfragen nicht aus der Hand zu geben, sicht der Etat für Förderung wissenschaftliher und künstlerischer Zwecke den Betrag von einer ‘Million Reichsmark vor (hört! hört! und Heiterkeit links), ein Betrag, von dem eine erhebliche Summe zur Pflege des gemeinnüßigen Theaterwesens, zur Deckung der Bedürfnisse des neugegründeten Instituts für Völkerreht und für die Arbeitsgemeinschaft der Handwerkskultur Verwendung finden soll. Ich darf bei dieser Gelegenheit auch die Förderung der von der Notgemeinschaft der deutschæn Wissenschaft verfolgten Zwecke streifen. Jch habe bereits im Ausshuß vem Führer auf diesem Gebiet, Herrn Staatsminister Schmidt-Ott, den Dank des Hauses ausgesprochen (Bravo! im Zentrum), auch hier neulich im Plenum. Ér ist heute hier anwesend, und ich möchte den Dank noch einmal wiederholen. (Lebhafter Beifall.)

Hier können auch die Mittel Erwähnung finden, die im Etat für den Erweiterungsbau des Germanischen Museums bewilligt sind, wie der Reichsbeitrag für die Deutshe Bücherei in Leipzig.

Der Ausschuß hat ferner eine Entschließung angenommen, nah der die Reichsregierung ersucht werden soll, mit den Ländern zu verhandeln, um die wissenschaftliche Leistungsfähigkeit der Forshungs- institute der Kaiser - Wilhelm - Gesellshaft wiederherzustellen, ein Ersuchen, dem ih gern entsprehen werde.

Ferner wird in einer Entschließung das Ersuchen an die Reichs- regierung gerichtet, ob nicht alle wissenschaftlihen Institute des Reis dem Reichsministerium des Innern unterstellt werden fönnen. Meine Damen und Herren, ih verstehe durchaus das Bestreben der Antragsteller, und habe ‘es begrüßt, daß diese Ent- \{ließung im Aus\{uß gefaßt worden ist; sie beweist, daß wir auf dem Gebiet des Forschungs- und Untersuhungswesens in einheit- liher Energie vorwärts wollen und daß wir nicht durch Ressort- streitigkeiten und -shwierigkeiten uns hemmen lassen wollen. Jch möchte aber hier doch mit aller Vorsorge und aller Vorsicht sagen: so weit es sich ermöglichen lassen sollte, werde ih auf die Erfüllung der Wünsche, die hier zum Ausdruck gebracht sind, hinwirken. Zu den Aufgaben, die im Reichsministerium des Innern zu lösen find, gehört auch die wissens{aftlihe Beratung deutsher Auslands- \chulen. Damit ist auch wieder ein geistiges Band zwischen dem Deutschtum im fernen Land uffd der Heimat geknüpft, und die Tätigkeit des hierzu bestimmten Sachverständigenaus\schusses hat großen Wert.

Meine Damen und Herren! Damit habe ih in der Hauptsache die in Frage stehenden großen Gebiete umrissen. Wenn der Herr Kollege Dr. Runkel in seinen Schlußbetrahtungen darauf hinaus- kam, daß es sih bei den Fragen der Erziehung niht um einen Selbstzwek handele, sondern um- die Frage der Festigung des Per- sönlichkeitscharakiers, wenn er hier untershied zwishen Wirtschaft und Kultur, aber betonte, daß die Kultur in erster Linie stehen müsse, daß sie allen Fragen materieller Art voranzugehen habe, wenngleih er auch hinzufügte, daß die Kultur praktisch nur auf gesundem materiellen Boden wachse, so stimme ich mit ihm doch darin überein, daß die materiellen Aufgaben unserer Wirtschaft nicht Selbstzweck sein sollen, sondern daß es und jeßt mehr denn je darauf ankommt, eine Bescelung . der Wirtschaft, eine Verinnér- lihung unseres Volkes vorzunehmen. (Sehr wahr! bei den Deutsch- nationalen.) Alle unsere Erörterungen über Kulturfragen wären Rauch und Schall, wenn wir nicht damit die Wesensaufgabe ver- bänden, das deutshe Volk in seinen sittlichen Grundfesten zu festigen. Alles, was wir auf dem Gebiete der Förderung des . Staatswesens, des Staatswillens, des Staatsvolkes in der Gesamt- heit hier zum Ausdruck bringen, alles, was wir auf kulturellem Gebiete ersehnen, wäre ziel- und zwecklos, wenn es nit der konzentrishen Entwidklung zur vaterländishen Seele hier dient. (Bravo! bei den Deutschnationalen.)

In der Erörterung ist \o häufig davon gesprohen worden, daß man der nivellierenden Idee entgegenzutreten und demgegenüber den Gedanken der Staatsidee und der Persönlichkeitsidee zu betonen habe. Jch glaube, daß man Unrecht täte, wenn man die Massen- zusammenwirkung, wie wir sie in den Körperschaften, den Ge- werkschaften und den heutigen Organisationen auf wirtshaftlihem Gebiete vor uns haben, als etwas ansprechen wollte, daß man als Meassenidee zu bekämpfen habe. Wenn man sehr häufig. davon gesprochen hat, daß die Korporationen, die ja hauptsählih seit Krieg8sbeginn dem Staat gegenüber stärker hervorgetreten sind, dem Staatsgedanken selbst feindlih gegenüberstehen, so sage ih: der Staat hat seine Schuldigkeit zu tun und nach der Richtung den Beweis zu liefern, daß diese Körperschaften ihn nicht in ihren Bestrebungen überflügeln. Es gibt auch im Völkerleben wie in diesen ganzen Fragen der Organisation und der Entwicklung des Staates kein Vakuum. Da, wo eine Leere ist, seßen von vornherein Einflüsse anderer Art ein, und ih bin der leßte, der dem gewerk- \chaftlihen Gedanken der Selbstbehauptung, dem großen Gedanken der wirtschaftlichen Organisation, der aus der Not geboren ist, sich entgegenstellt. (Bravo! bei den Deutschnationalen.) Aber auch hier möchte ich ausgesprohen haben, daß das Verantwortungs-

deutshe Menschlichkeit, Freiheit Bildung,

lassen, daß sie in wirksamer Weise zur Fortbildung unserer Jugend j den Fragen der Organisation und dem Verantwortungsgefühl der

der ärmeren Kreise beitragen können. (Bravo! rechts. Organisationen selbst. (Bravo! bei den Deutschnationalen.) Dann, Meine Damen und Herren! Ein Teil der Reichsmittel wird | wenn das Bewußtsein der Selbstverantwortung des einzelnen

Staatsbürgers und der Organisationen, die wir heute auf allen Gebieten haben und deren Natur ih verstehe, zusamnentrifft, dann ist die Hoffnung gewährleistet, auf die es heute ankommt. Dann ist auch das Wort Thomas Manns gewährleistet, der davon sprach,

daß deutshe Staatsbürgerlichkeit heute nichts anderes sei als Anstand und Würde,

das, was Frau Abgeordnete Mah in ihren Ausführungen besonders betonte. Der verantwortliche Bürger strebt niht nur zur materiellen, sondern zur geistigen Entwicklung. Das Wesen des Staates ist Sachlichkeit, Ordnung, Anstand, es ist kurz gesagt deutsches Wesen und deutsche Kultur, und wenn wix davon ausgehen und immer wieder davon ausgehen, daß uns der Glaube an die Nation nicht verlorengehen möchte, so möchte ich in diesem Zusammenhang mit einem Bilde \{ließen:

Der Sämann sät in die dunkle Erde

Das Samenkorn für die kommende Ernte,

Darüber gehen die Stürme des Herbstes,

Darüber dehnt sich des Winters Schnee.

Er tut's wie ih, er begräbt seine Hoffnung,

Er glaubt wie ich an Sonne und Frühling.

(Beifall.)

——

77. Sißung vom 18. Juni 1925, Nachmittags 2!/z Uhr. (Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger *).)

Präsident Löbe eröffnet die Sizung um 2 Uhr 45 Minuten. ; Auf der Tagesordnung steht die Fortseßung der zweiten Beratung des Haushalts des E ministeriums. Die Beratung wird weitergeführt mit der Besprehung der Kapitel „Reichskommissar für öffentliche Ordnung, Polizei und Technische Nothilfe“. Mit der Beratung verbunden wird ein sozialdemokratisher Antrag, der die Aufhebung bayerisher Aus8nahmeverord- nungen verlangt. : : Aba, Vogel (Soz.) protestiert gegen den Ausnahmezustand in Bavern, der dur die Polizeibehörden durhaus parteiish gehandhabt werde. Die öffentlihe Sicherheit und Ordnung sei in Bayern ebenso- wenig gefährdet wie im übrigen Deutschen Reih. Gerade dur die Pans des Ausnahmezustandes werde erst eine solche Gefährdung erbeigeführt. Die Veranstaltungen der Republikaner werden ver- boten, ihre Fahnen, die Farben der Republik, dürfen auf der Straße nicht gezeigt werden. Dagegen werden die Veranstaltungen rechts- radikaler Verbände gestattet, ihre Hakenkreuzfahnen dürfen entfaltet werden. Das Reichsbanner wird dagegen als politische Organisation bezeichnet, für die die Straße nit frei ist. Eine Gefallenenchrung in Bayreuth wurde zunächst verboten, ließlich aber in beshränktem Rahmen gestattet. Die Veranstaltung is dann reibungslos ver- laufen. Nur, als eine s{warz-rot-goldene Fahne vom Wind entrollt wurde, mate die Polizei einen Ueberfall auf den Zug. Oft sieht es so aus, als ob die Polizei es auf Provokation anlegi. Sogar der ges{lossene Anmarsch des Reichsbanners bei Beerdigungen wird in Bayern verboten. Jn Forbheim wurde sogar ein von der Sozials demokratisden Partei veranstalteteter Frühschoppen, ohne den es bet

uns in Bavern nun einmal nicht aebt, in dem vorgesehenen vage e s

verboten. Jn Nürnberg war die Polizei niht imstande, geordneten Korell und Marr in einer Wahlversammlung vöôr Ans pöbelungen zu s{üßen. In Nürnberg ist sogar eine |{chwarz-rot-

goldene Fahne von einem Wachtmeister verbrannt worden. Dem Neichsbanner Schwarz-Rot-Gold wird in Bayern die Anbringung ihres einbeitlihen Stempels mit dem Reichsadler verboten. Der \hulpflihtigen Jugend wird der Besuch der Arbeiterturn- und -sport- vereine untersagt. Auch die Versammlungsfreiheit wird nicht ge- währt. So hat die Nürnberger Polizei das Auftreten des Generals von Schönaich, der für die Friedensgesellshaft sprehen wollte, ver- boten, weil davon eine Stêrung der Ruhe und Ordnung m bee fürhten sei. Flugblätter Fönnen wir in Bayern, außer in Wahls iten, überhaupt nicht verbreiten. Alles das dei die „nationale averishe Regierung. Man möchte glauben, daß es darauf abgesehen ist, dem ärmîten, aber auch dem treuesten Sohne des Vaterlandes au noch die Liebe zur Republik auszuireiben. Stimmen Sie unserem Anirag zu. S 4 Abg. Dr. Dryander (D. Nat): Der Reichskanzler Cuno hat {on darüber geklagt, daß er keinerlei Einfluß auf den Schupomann habe &s ist allerdings ein Mangel, daß die Polizei in dem einen Lande von einer rehts)\tehenden, in einem anderen Lande bon der ents gegerigeseßten Negierung gethrt wird. Die Polizei ist Landessache, abec das Reich muß Einfluß auf die Polizei erhalten. Unser Stands unkt ist, daß die Polizei ein unpoliti]hes Instrument in den Händen a Regierung zur Aufre®terhaltung von Sicherheit and Ordnung ein muß. Von Uebel sind die Polizeiverbände. Dec Verband der olizeibeamten hat durch seine Forderungen geradezu der Entente Zaffen in die Hände geliefert Auf der jüngsten Verbandstagung hat ein fommunisti\{er Landtagsabgeordneter freigewerkschaftliche Machipolitik der Schußpolklizei gegen Staat verlangt. Polizeibeamte ist nicht Arbeitnehmer. (Rufe links: Wer denn?) Er is Arbeitnehmer und Arbeitgeber in einer Person. (Lachen links.) Redner weist auf die Tätigkeit des Schradershen Verbandes hin. Jch habe den Minister Severing ires wo sonst in - der Wels eine Pie Politik getrieben wird. Gr i\t mix die Antwort schuldig i gegenüber unserer Ponbeizere: anver einen 1 Beamtenkörper. (Zwischenruf links; Zuruf Sozialdemokraten haben in einem olizeibeamten besäßen fie {on

geblieben. ir brau ae unpolitif i fugblait gesagt Erziehu I E

ugbla t, in republikani i s igen Teil der Macht. Ein anderes Flugblatt fordert die olizeibeamten auf, in das Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold einzu- reten. “(Zustimmung links.) Es fordert die Beamten weiter auf, u einer militärischen Uebung des Reichsbanners zu erscheinen „zur usbildung“. (Beifall links.) Oberpräsi D hat das Reich8- banner ausdrüdcklich dahin charakterisiert, daß es zum Suß der Republik diene und die Monarchisten bekänpfe. (Beifall links.) Der frühere Reichsinnenminister Ko n an den Con Minister des Innern ein Schreiben gerichtet, das Auftreten des Herrn frling niht den Pflichten eines Beamten entsprehe, und Minister

i elbst erflärt, daß es Hörsing an Takt fehle. (Lärm links. Mat we eihswe cnidifièe at das Reichsbanner für einen ischen rein erklärt, aber der preußische Innenminister hat die

K daraus ni ogen. Die Handhabung der preußischen Poli f niht na mialis, Wie kann das Reichsbanner zum räger staatliher Aufgaben A werden. Die Polizei ist eine Organisation des Staates. olizeileutnant Reinhard sibt seit drei Jahren unschuldig im Zuchthaus Ee Löwen. Wir unterstrei

den Äntrag der meisten Parteien zur Verbesserung der Besoldung, 1 Kleid Wohnung usw für die Shhupo. Bn der olizei i Ver Geist im Sinne Üderrecteililtee Staatsgewalt erhalten

mu s Lebhafter Beifall rechts, stürmisber Widerspruch links.) e En rx (Konen ), Das Reidtomeissariat für öffent liche Ordnung beschäftigt es der Erklärun E g 14A g 4 \ : l : ; :

at et dei, When e fei Wien Bement forenten. Diese e

annimmt, wär li en. Diese ihtigte Rei trale kann ja ohne ißel gar nit exiftieren. Ube iele i ür Deern Künger und somit für defe Eibe wirtschaft R E M e A En ron Dryander zu ihrem Jdeal, de P Mit, annt. Die heutige Schutpolizei ist entstanden als

*) Mit Ausnahme der durh Sperrdruck hervorgehobenen Reden

Zweck aufgewandten Mittel im Laufe der Zeit sich so weit erhöhen

gefühl des einzelnen Staatsbürgers seinen Niederschlag findet in

der Herren Minister, die im Wortlaute wiedergegeben sind.

c n

E