1903 / 56 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 06 Mar 1903 18:00:01 GMT) scan diff

Teile Deutschlands das Beste an rihterlißhen Qualitäten konzentriert sei. Jch muß das zu Gunsten der übrigen Teile Deutschlands zurückweisen, und ih vermag nit anzuerkennen, daß dasjenige, was der Herr Vorredner zur Rechtfertigung seiner neulichen Aeußerung gesagt hat, in der Tat geeignet ist, sie zu recht- fertigen. Er bleibt dabei, gewisse Unterschiede zwischen den deutschen Richtern zu machen zu Gunsten der Richter feiner Heimat.

Nun habe ih {hon früher cinmal Gelegenheit gehabt, dem Herrn Abgeordneten gegenüber zu fagen, daß er für seine Heimat eine ganz besondere Vorliebe habe, und ih begreife seine Vorliebe, da ih seine Heimat auch genau kenne. Aber ih glaube, er tut besser, diese seine Vorliebe zu beschränken auf die heimishen Wälder und Felder (Heiterkeit) und auf den Kreis seiner heimischen Freunde, aber niht sie auszudehnen auf alle Richter zu Ungunsten der Richter im übrigen Deutschland.

Meine Herren, was die übrigen Darlegungen des Herrn Ab- geordneten betrifft, so bin ih in einiger Verlegenheit, wie ih mich verhalten soll. Wenn ih mi in ciner der Wichtigkeit der einzelnen Gegenstände, die er besprochen hat, angemessenen Weise und in einer der Würde des Hauses entsprechenden Art auf alle die Gegenstände, die er hier berührt hat, eingehen wollte, dann, meine Herren, müßte ih den ganzen Nachmittag für mi in Anspruch nehmen. Denn er hat gesprochen von dem materiellen Straf- recht und dem Strafprozeß, von Zivilprozeß, und einer ganzen Reihe von Nebengeseßen, die seiner Meinung nah der Reform be- dürftig sind, und er hat im einzelnen dargelegt, weshalb diese Re- formen vorgenommen werden müßten und baldigst vorzunehmen seien.

Meine Herren, ih kann dem Herrn Vorredner in manchen seiner Ausführungen, die einzelne Punkte betreffen, ohne weiteres zustimmen. Ich kann das aber im ein- zelnen hier niht ausführen, denn ih müßte ihm ebenso oft in anderen Punkten widersprechen, und das hat heute keinen Zweck, es würde nur eine rein akademische Unterhaltung sein, die unsere Arbeit in keiner Weise fördern könnte. Der Herr Vorredner wird es deshalb nit so ansehen, als wenn ih seine Ausführungen untershäßzte, wenn ih mi nach dieser Richtung niht darauf einlasse.

Ich habe nur zwei Punkte hervorzuheben, die eine gewisse aktuelle Bedeutung für uns haben, weil sie regelmäßig in den leßten Jahren beim Etat des RNeichsjustizamts erörtert oder wenigstens berührt worden find, und weil au eine besondere Anknüpfung gegeben ist in der Denkschrift, die im Anschluß an den Etat dem hohen Hause vorgelegt wurde. Das eine, meine Herren, ist die Frage des bedingten Straf- aufshubs, das andere ist die Frage des Erlasses eines Strafvollzug- gesetzes.

Meine Herren, was den bedingten Strafaufs{hub betrifft, so haben wir uns ja sagen können und die einzelnen Landesjustizverwaltungen wissen es ebenso gut —, daß über die Methode der Behandlung dieser Frage zwishen einem großen Teile der Mitglieder dieses hohen Hauses und andererseits den Bundesregierungen eine Meinungs- verschiedenheit besteht. Aber, meine Herren, ih glaube, politisch ist es nicht rihtig, hier unsere Zeit mit Betrachtungen über die verschiedenen Methoden, die man wäblen kann, aus- zufüllen. Solange die Bundesregierungen aus ihrer Ueber- zeugung heraus nicht den von ihnen gewählten Weg ändern, werden die Darlegungen hier im Hause, namentli}h wenn sie so wenig mit Anerkennung für die Maßnahmen der ver- bündeten Regierungen auf diesem Gebiete verbunden sind, wie die Ausführungen des Herrn Vorredners (Heiterkeit), wenig nüßen. Jch glaube, politisch gedacht, ist es für dieses bobe Haus, wenn ih mir nach dieser Richtung eine Bemerkung überhaupt gestatten darf, zweckmäßiger, erst eine Zeitlang abzuwarten, wobin dann die Methode der verbündeten Regierungen führen wird. Ich halte es für möglich ich will, um vorsichtig zu sein, nit sagen für wabr- sheinlih, aber ih halte es für sehr wohl mögli —, daß die Wege der Bundesregierungen \{ließlich doch zu einem Nesultate fübren werden, welches, von Einzelheiten abgeschen, im wesentlichen dem ent- spriht, was auch hier im Hause zum Ausdruck gebracht ist; und weshalb wollen Sie Fen verbündeten Regierungen den Weg dabin durch Auseinandersezungen erschweren, die im Augenblick ein praktisches Resultat nit baben können.

Meine Herren, wenn jemand, der die Geschichte dieses Instituts des bedingten Strafaufshubs nit kennt, die Verhandlungen hier bört, sollte er meinen, daß die verbündeten Regierungen der ganzen Institution mit cinem gewissen Mißbehagen gegenüberstehen, daß eine tiefgehende Meinungsverschiedenheit zwischen dem Hause und bündeten Regierungen bestehe. Aber in der Tat, wenn Sie t widelung des bedingten Strafaufschubs verfolgen, werden nicht sagen können. Die Negierungen haben aus freier Jnitic und nicht, wie der Herr Vorredner angedeutet bat dieses Hauses bin die Verwirklichung des bedinaten il der deutshen Staaten voll

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wollen kleinen Staaten ubrigens Mecklenburg- bôrt (ada! rechts; Zuruf links) gewiß, Mel das Institut noch nicht kennen, da dei dem fklei Gebiets, das was das ebensogut der Begnadigung daß das Institut ift, und daß, wenn wir zu einer ge! wozu wir nah werden, die wenigen kleineren werden. Also das find Kleinig nei: Bundesbregierungen, die im übrigen wirkli guten diesem Gebiete gezeigt haben, nicht immer vorhalten sollte. Nun betone ich, J verbündeten Regierungen diese Sache durchgeführt weiter, das wir zurückgelegt haben, haben wir zeigen können, dak die Regierungen demüht gewesen sind, die Einrichtungen auf diesem Ge- biete zu vervollkommnen und weiter auszubilden Aus Initiative, meine Herren, haben Ihnen die verbündeten Regierungen in jedem Jahre cine Denkschrift vorgelegt, aus der Sie ersehen können, was geschehen ist, und wie erfreulich sich das Institut ent- wickelt: so erfreulich, wie kein anderes Land,

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da ih der Herr Abg. Lenzmann vorher auf die übrige Kulturweli bezogen hat, darf ih es wobl auch hervorheben. Die Regierungen geben von ihren Maßnahmen NRehenschaît in ciner wie es fein anderer Staat bisher getan hat Wir geben der Deffentlichkeit jährlich Kunde ton allem, was auf diesem Gebiete

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geschieht, ausführlich und “ungeshminkt. Suchen Sie einmal einen anderen Staat, in dem das geboten wird. Wir sind stets in Ver- legenheit, wenn wir uns über die Einrichtungen und Erfolge fremder Staaten zu orientieren wünschen, weil uns die Unterlagen dafür fehlen; während von uns die Unterlagen zur Beurteilung unserer Ein- richtungen Jhnen und der «ganzen Welt ofen dargelegt werden. Meine Herren, das sollte, meine ih, doch au anerkannt werden, und man darf doch daraus auf ‘einigen guten Willen \chließen, daß die Ne- gierungen in dieser Frage zu Gunsten einer fördersamen Entwickelung einen wohlwollenden Standpunkt einnehmen. Der Herr Vorredner wünscht eine gefeßlihe Regelung der Sache. Ich habe schon be- merkt, ich persönli stehe auf dem Standpunkt, daß wir zu einer geseßlihen Regelung kommen sollten und bin auch der Meinung, daß wir dazu kommen werden. Aber ih verhehle ebensowenig und das ist für mich das Maßgebende in meiner Verwaltung —, daß die Justizverwaltungen der meisten Bundesstaaten auf dem Standpunkt zur Zeit nicht stehen. Meine Aufgabe ist es aber, solange es nit gelungen ist, fie umzustimmen dahin, daß der Weg der Gesetzgebung eingeshlagen werden muß, so lange den Standpunkt zu vertreten, den die Regierungen einnehmen. Im übrigen, meine Herren, bin ich allerdings auch der Ansicht, daß jeßt die Zeit noch nicht gekommen ist, die Sache geseßlich zu regeln, denn die Entwickelung des bedingten Straf- aufschubs muß erst zu einem gewissen Abschluß gekommen sein, bevor eine geseßlihe Regelung eintreten kann. Daß wir gegenwärtig noch in einer sehr unruhigen Entwickelung begriffen sind, das sehen Sié hon aus der einen Tatsache, daß vom vorvorigen bis zum leßten Jahre, über welches die Denkschrift, die Ihnen vorgelegt ist, sih ver- breitet, die Zahl der mit der bedingten Begnadigung bedachten Per- sonen sih um ein Drittel gegen früher vermehrt hat. Da ist noch kein Nuhezustand eingetreten, der es uns möglih machte, eine geseßliche Regelung vorzuschlagen. Insofern, meine Herren, also kann ih den Standpunkt der Regierungen, daß wir vorläufig noh in einem Stadium des Probierens bleiben müssen, nur aus voller Veberzeuguna vertreten.

Nun hat der Herr Abg. Lenzmann mit ganz besonderer Betonung hervorgehoben, das ginge auf diesem Wege niht mehr lange weiter, wir müßten eine geseßliche Regelung zu Gunsten des richterlichen Strafaufshubs haben, um dafür die Garantie einer mündlichen Ver- handlung zu \chafen, das ginge nur im Wege der Gesetzgebung. Nun, meine Herren, der Herr Abgeordnete hat die Einrichtungen der anderen Staaten hier so herausgestrißen, natürliGh zum Nachteil unserer Einrichtungen das geschieht ja bei uns Deutschen so häufig —; aber ih möchte ihn bitten, mir zu sagen, in welchem Lande denn die Garantien der mündlichen Verhandlung für die Entschließungen darüber gegeben sind, ob der bedingte Strafaufschub oder der bedingte Straferlaß eintreten soll. Jch weiß das niht. (Zuruf links.) Ja, ich bitte, mir das in den Geseßzen der anderen Länder zu zeigen! Die Garantien der mündlihen Verhandlung find meines Wissens nirgendwo vorhanden. Im übrigen könnten fie jeßt bei uns ebenso gut gegeben werden, denn jeßt müssen ja auch bei uns die Gerihte mit ibrem Gutachten gehört werden, und es ist feinem Vorsißenden benommen, in der mündlichen Verhandlung die Frage des Pro und Contra zu erörtern. Da sind also dieselben Möglichkeiten bei uns gegeben.

Also, meine Herren, wir wollen zunächst, wie wir doch im großen und ganzen dasselbe Ziel verfolgen, über die Formen, in denen die Entwickelung sich vollzieht, und über die Wege, die dabei eingeschlagen werden, nicht streiten. Jh bin der Hoffnung, wir kommen {ließli doh zu einer Verständigung in Betreff dieses für unsere Rechts- entwickelung so außerordentlich wichtigen Instituts.

Der Herr Vorredner hat gesagt, die Stellung, die jeßt bei uns eingenommen wäre, führt uns allmäblich auf einen ganz falshen Weg; dahin komme es auf Grund der absonderlihen Haltung, die die preußishe Regierung von vornberein eingenommen hätte, die ja die Jnitiative in der ganzen Sache ergriffen bätte. Da kennt der Herr Abgeordnete doch die Geschichte dieser Institution nit vollständig. Preußen hat gar nit die Initiative in der Sache ergriffen, sondern die Königlich sächsische Negieruna bat das Verdienst, es getan zu baben. Preußen ist erst nachgefolgt, und war auf demselben Weg, auf dem die sächsische Regierung vorgegangen war. Ich erwähne das nur des- halb es ist ja für die Sache jeßt gleihgültig —, weil der Herr Abgeordnete in seinen Ausführungen ih hatte die Empfindung, und ih glaube, mi darin nit zu täuschen der Sache nur deshalb inen fleinen Makel anbängen wollte, weil die berrshenden Ideen

preußishen Verwaltung aut Jegangen seien. (Zuruf links.) es freut mich, daß mein Eindruck mich täuscbte.

err Abgeordnete ist dann übergegangen auf das Straf- und er hat gesagt: wir müßten ein Strafvollzua zesetz müßten es bald haben, und wir könnten bald

vir lönnten sofort in die Ausarbeitung eintreten, wir brauchten dis dabin, daß; das Strafgeseßbuh reformiert

jeine Auffassung mit Hinweis

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wf dem Gebiete de rafvollzuges gibt, die oúne

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jeregell werden immer geleugnet bieide bei dem Ständpun au b , daß wir Anschauungen dieses ley zur Zeit können Zukunft besch n wird. n doch möal zu sehr erheblichen Reformen auf dem Gebiete der Freibeits- Strafgesezbuh kommen; wir übersehen das im bis daß dies möglich ist, noch cinige jet den Strafvollzug geieulih regeln unter Umständen nötigen, sehr erhebliche Um- bauten in unseren Gefängnissen vorzunehmen, und die erheblichen Kosten dafür würden weggeworfen sein, wenn wir in dem neuen Strafgescibuh zu einer gruadlegenden Reform des Syftems der Freibeitsstrafen fommen Nur das habe ih gefolgert, und ih alaube, das if durchaus ogish und fann nicht bestritten werten. Wir werden uns also noch etwas dehelfen müssen, und der beste Weg {eint mir der, den dle verbündeten Regierungen eingeshlagen baben, indem fle fich über die- jenigen Bestimmungen untereinander verständigt baben in der Vande habung des Gefängniswesens, welche obne Rüclfidt auf eine größere Reform grundsäylicher Art auf dem Gebiete der Freibeitsftrafen jeyt durchgeführt werten können Nan hat der Herr Abgeordnete ja einzelne Punkte hervorgehoben

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er hat beispielsweise gesagt, wir könnten ja die Strafe der Ent, hauptung regeln, indem wir in Deutschland an die Stelle der Ent- hauptung mittels des Beiles, wo diese noch besteht sie besteht jg niht in allen deutshen Staaten —, die Hinrichtung dur die Maschine seßen. Ja, meine Herren, diese Frage ist bet der Vorbereitung des gegenwärtigen Strafgeseßbuchs eingehend erörtert worden. Man hat sich damals wohlweislich gehütet, in die Anschauungen, die in dieser Beziehung in den einzelnen deutschen Ländern bestehen und die beträhtlih von einander abweichen, einzugreifen. Man hat nicht die ganze Neform damit belasten wollen, und deshalb hat man es bei dem bestehenden Zustand gelassen. Ih glaube, auch jeßt noch sind die Anschauungen in den einzelnen deutshen Staaten und in der Bevölkexung was hier das Cntscheidende ist, die Regierung kommt da wenig in Betracht sehr verschieden darüber, wie zweckmäßigerweise die Strafe des Todes vollzogen wird, und es ist nit alles damit abgetan, daß der Herr Abg. Lenzmann hier erklärt, wie es nah feiner Meinung gemacht werden müßte. Wix haben mit den Ansichten der verbündeten Re- gierungen doch auch zu rechnen, und ih glaube nit, daß die ver- bündeten Regierungen \ih so einfah auf den Standpunkt des Herrn Abg. Lenzmann stellen würden.

Meine Herren, ich will in Einzelheiten nicht weiter ein- gehen. Sie sehen an diesem einen Beispiel, es ist sehr leiht, Programme aufzustellen; aber die Wirklichkeit bringt uns doch überall Schwierigkeiten, und wir kommen in der Sache nicht viel weiter, wenn derartige zahlreihe und allgemeine Wünsche vor- getragen werden. Wir wollen zunächst die Fragen erledigen, die zu erledigen wir uns tatsählich angeshickt Haben. Das Neichs- justizamt is jeßt wirklich voll beschäftigt; sollten Sie es nötigen, neue Aufgaben alsbald in die Hand zu nehmen, so würde die Folge nur die sein, daß die Arbeiten, die früher fertiggestellt werden können, später fertig: würden, und daß Sie zunächst überhaupt nihts von geseßgeberischen Arbeiten zu sehen bekämen. Das ist, glaube ic, keine praktische Politik. Lassen Sie uns eine Sache nach der andern behandeln, und legen Sie dem Neichszustizamt nicht unversehens ein fo reichhaltiges Menu vor, wie es der Herr Abg. Lenzmann vorher versucht hat! Im Augenblick können wir das nicht bezwiugen.

Abg. Dr. Spahn (Zentr.): Die neulichen Ausführungen des Herrn Lenzm@nn find, wie ih jeßt erfahre, dahin gegangen, daß die Nichker im Westen objektiver urteilen. Ich bin ein halbes Menschen- alter Richter im Osten, dann Richter im Westen gewesen, jeßt lerne ih seit Jahren auch Richter aus dem Süden kennen; alle Richter sprechen das Necht in ganz gleicher Weise. Gewiß gibt es mehr und minder qualifizierte Richter, charaktervollere und weniger carafktervolle, aber alle diese Momente kommen für die Rechtsprechung niht in Betracht. Redner kommt dann auf die Forderung der Erweiterung des Gesetzes über den unlauteren Wettbewerb und die damit zusammenhängenden Forderungen zurück und bittet den Staatssekretär dringend, auch dieses Gebiet sorgsam im Auge zu behalten. Das Unwesen der Scheinausverkäufe und -Auktionen müsse endlich an der Wurzel gefaßt werden. Seit 1900, seit dem Anfang dieser Session, lägen bereits dem Hause entfprehende Anträge vor. Die Klage über die Ueberlastung des Reichëgerihts müsse wieder und wieder erhoben werden. Die Fortentwicklung des Nechts na der zivil- und strafrehtlihen Seite hin würde verkümmert, wenn die böcste Instanz nicht in der Lage sei, sh nach ibrer Bedeutung daran zu be- teiligen. Die Zivilsenate seien zur Zeit geradezu überbürdet. Gegen die Vermehrung der Senate, felbst gegen die Verstärkung der Senate, sträube fih das Reichsgericht; es fürchte, die Einhbeitlichkeit, den lebendigen Zusammenhang der NRechtsprehung dadurch ein- zubüßen. Schon jeßt, bei 11 Senaten, sei die Gefahr sehr nahe gerückt. Die Anwälte bätten bereits sarkastisch gesagt, es gâbe gar kein Reichsgeriht, die Senate seien selbständige Gerichte. Das Reichsgericht habe die Aufgabe, der Regulator der Rechts- entwicklung, des Rechtslebens zu sein; die Kosten dafür sollte man die Leute tragen lassen, die fie tragen könnten, d. h. man sollte die Ne- visionssumme erhöhen. Heute seien die Summen der Prozeßkosten größer als die Summen der Streitgegenstände, die dur die Prozeß- entsheidung hin- und hergeshoben würden. Der Strafsenat babe eine Zunahme von 1000 Sachen in einem einzigen Jahre zu konstatieren. Bei den Senatépräsidenten und vielen Reichsgerichtsräten mache \ich die Ueberbürdung um so füblbarer, als sie die Höbe des Maunesalters überschritten hätten; die Präsidenten seien an der Grenze ihrer Leistung fähigkeit angelanat.

Abg. Dr. Esche (nl.): Ich danke Einseßung der freien Kommissionen. es dem Staatssekretär gelänge,

einem baldigen und beut!

der Justizverwaltung für die Ich würde mich freuen, wenn die Arbeiten bei den Kommissionen zu glüdlihen Ende u bringen Ich möchte den Wunsch des Hauses autsprechen, daß die Strafmündigfkei vom 12. bis zum 14. Lebersjahre beraufaerüdt werden mödte er Staatésekretär sprach von der aroßen Zabl der jugendliden Ver drecher. Zweck und Ziel der Strafe und des Strafvollzuges ift do bei Erwachsenen und Jugendlichen verscieden Bei den Erwachsenen handelt es sih um Vergeltung und Sübne, bei ten Jugentlicben um Besserung. Die Zahl der jugendlichen fâlligen bat in ers{redcken- dem Maße wugenommen Die bedingte Begnadigung batte gute Er- folge bei denen cTanntschast mit dem Strafrichter macht baben. I falligen Verbrecher bän zusammen, daß im Gefängnis gewesen lommt auf eine Bi dung der jugendlichen Wer, der das Kind trafe und ob ü oi allem ein junger in es darum. [uUgendi an unterzubringen. England und Dollant ausseyung der Altersgrenze \hon vorangegangen ier Aenderung der Strafgeseügebung schon Ebenso wie wir ia einem defonderen

ndlichen in den gewerblichen Betrieben anger

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sekretär des Neichsjustizam!s Dr. N ie berdin( Boi deu

L den kleineren Straftaten, die von jeyt tarin stimme ih mit dem

die dedingte Begnadigung in

uf diese Weise ihren Eltern obn afung wiedergeben un e vor ten Gefahren tes Gefängnisses \{düten Wenn es sih aber um Verbretben handelt, wenn wir die Tatsache berücksichtigen müssen, daß nah den Erhebungen, die ih im bvorvorigen Jahre die Ehre hatte, dem Hause vorzutragen, in fünf Jahrea bei Kindern aht Fälle der Beteiligung an cinem Mord, 116 Fâlle der Beteiligung an einem Raub. 726 Fâlle der Unwckt mit Gewalt oder an Kindern konstatiert worden find, wenn ina dieser Zeit bei Kindern vorgekommen sind 295 Diebsiähle im wieder- dolten Rüffalle, also Gerwohnheittr rbrechen bereits vorliegen : dann muß man doch sehr vorsichtig werden und die Frage. die ih früber. wie ih gern zugebe, etwas voreilig zu bejaden berelt war, mit einigem Vorbehalt beurteilen müssen. Ich habe nun vor zwei Jahren nicht sagen wollen, daß für mich die Frage abgeschlossen sei: l babe nur eiflâren müssen, daß nach der Stimmung, wie ih sie bei den Justiz-

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ift uns

verwaltungen der einzelnen Bundesstaaten habe ermitteln fönnen, zur Zeit keine Aussicht bestehe auf eine geseßgeberishe Form in dem Sinne, wie sie der Herr Vorredner befürwortet. Ich will aber gerne, und kann das ohne weiteres, erklären, daß von uns im Neichsjustizamt die Frage im Auge behalten wird, und daß wir die erste Gelegenheit benußzen werden, um ihr wieder näher zu treten, die erste Gelegenheit die \ich uns bietet, um es mit Aussicht auf Erfolg zu tun.

Meine Herren, gestatten Sie mir dann noch, ein auf die Ausführungen zu sprehen, die von dem Abg. Dr. Spahn hier vorgetragen worden sind. Nicht durch ‘einen Notschrei des MNeichsgerihts, wohl aber dur Mitteilung des Herrn Präsidenten des Gerichtshofes, mit dem in dauernder Fühlung zu fein mein Amt mir ja die Pfliht auf- erlegt, weiß ih, daß die Belastung des Neichsgerichts bis an das Unerträgliche gestiegen ist. Jch kann in diesem Punkte den Aus- führungen des Herrn Vorredners nur zustimmen; ih trage aber Be- denken, meinerseits den verbündeten Regierungen den Vorschlag zu machen, an eine Reform heranzutreten, solange ih nicht eine gewisse Sicherheit besie, daß auch die Stimmung des Reichstages dahin geht, die Wege einer solchen Reform zu betreten.

Nun, meine Herren, ist es ih kann das erklären in Ueberein- stimmung mit dem Präsidenten des Gerichtshofes und mit sämtlichen Präsidenten der Senate des NReich8gerihts absolut ausgeschlossen, eine weitere Vermehrung, sei es der Richter in den einzelnen Senaten, sei es der Senate selbst, eintreten zu lassen. Jch brauche darauf niht weiter einzugehen, ih kann auch in diesem Punkte dem Herrn Abgeordneten Dr. Spahn nur zustimmen. Jch konstatiere, daß die Ueberzeugung des Gerichtshofes selbst einer jeden Erweiterung in der bezeichneten Art absolut entgegen ist. Liegt die Sache aber so, fo bleibt uns kein anderer Weg, um die Entlastung herbeizuführen, als eben die Geschäfte zu reduzieren. Wir müssen also die Zugänglichkeit zu dem Gerichtshofe erschweren. Das haben wir vor einigen Jahren, leider ohne Erfolg, versucht bezügli der Zivilsachen; das werden wir jeßt zu erwägen haben bei der Reform des Strafprozesses be- züglih der Strafsachen.

Ich kann dem Herrn Abg. Dr. Spahn niht in Aussicht stellen, daß wir bereits in der nächsten Session mit entsprehenden Borschlägen an den Neichstag herantreten werden. Ich wiederhole aber gern, daß wir die bedeutsame Frage mit dem größten Interesse verfolgen und daß wir, sobald der Zeitpunkt uns gekommen zu sein scheint, nit säumen werden, geeignete Vorschläge dem Reichstage vorzulegen.

Abg. Heine (Soz): Wir haben so oft Gelegenheit gehabt, das Recht des freien Worts und andere Wünsche zu vertreten, daß wir es nicht notwendig haben, jeßt kurz vor dem Auseinandergehen des Neichstags sie noch einmal zu wiederholen. In der bedingten Begnadigung sehen wir nur eine Vorstufe zur bedingten Ver- urteilung. Einen Dank für die Bildung der Kommission zur Vorbereitung der neuen Strafprozeßordnung kann ih dem Staats- sekretär nicht aussprechen, denn diese Kommission ist nur zusammen- geseßt aus bestimmten Interessenkreisen. Die Partei, welche die Be- rufung in ihrem Programm hat, ist grundsäßlih ausgeschlossen. Es wird dabei doch nur eine abgeshwächte „lex Rintelen“ herauskommen. Weitere Klagen will ih nit vorbringen, sondern nur zurüdckgreifen auf das, was ich vor einigen Monaten vorgetragen habe. Die Ber- treter Preußens waren bier nit zur Stelle, sondern haben im Ab- geordnetenhause geantwortet. Daß bei dieser Art der Debatte, wo Monate zwishen Frage und Antwort liegen, nihts Ersprießliches herauskommen fann, ift nidt unsere Schuld. Der Staatssekretär hatte namens des Kanzlers eine durhaus loyale und entgegen- kommende Erklärung abgegeben, er hat nicht abgestritten, daß Mißgriffe vorgekommen waren, und der Kanzler hatte diese Mißgriffe entschieden verurteilt. Einige Wochen darauf, als man wohl glaubte, die Sahe wäre bereits vergessen, wurden von der preußishen NMegierung alle Hunde losgelassen. Die „Berliner Korrespondenz“ brate ganz unwahre Behauptungen über das, was hier verbandelt war, bestritt die Richtigkeit meiner Anfübrungen und erklärte, daß die Kettenfesseluna des RNedakteurs Morawski geschehen sei, um eine Kollusion mit dem Berteidiger, mit mir, zu verhüten. Es war das Flunkerei, und die „Berline Korrespondenz* hat das zurückzieben müssen. Solche Dinge ge- schen unter den Augen der preußzishen Regierung. Wenn wir den Erklärungen des Staatssekretärs ferner Vertrauen {enken sollen, möge er veranlassen, daß die preußische Regierung ibre Offiziösen elwas an die Kette legt. Auch im preußischen Landtage wurde ver- sucht, unsere Angaben anzuzweiteln: dabei ist es dem Minister des

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Dr Stolderg-Wernigerod lâutet abermals und ruft dem itetbrechen will ist meine Sache, und ih verbitte mir jede Kri Ich fabre fort : es ift festgestellt, daß von cinem Ébebrucch nicht die Rede war. Selbsiverständ- lich babe ih angenommen, daß der Minifter getäu bt worden ist. Aber das m das Wunderliche an dem Verfahren der preußischen Bedöôrden : wo in aller Welt macht man es so a man den Beschuldigten fraat und dexen Mitteilungen ale b Munze weiter gibt, wie es ter Misnifter des Innern getan bat dritte Fall bezieht nd auf ten Arbeiter Packciser: auch bier hat der preußische Minifter des Innern de Partei der Polizei ergriffen. És war günilich unbegründet. den Mann zu verhaften. Der Minister aat, der Mann sei gefesselt wotden, weil er ein des Tumults verdächtiger Mann sei. Wie ifi das möglih? Der Mann war auf der Polizei vernommen und das Protofoll ¿bg blcfimn Za einem Tumult gebêren mebrere: es teblte auch jeder Aalaß dazu, er wat auch nicht wegen Widerstands gegen den Beamten

il d wir einer lemimncn (Vizerrälitent «É

) NRedner zu ann i u

Landgerichtspräsidenten und des

angeklagt worden. Diese Tumultgeshite ist ohne Zweifel eine Aus- rede, naher erfunden, um das amtliche Verfahren zu beshönigen, und der Minister findet sich noch-bereit, diese Dinge vor dem ganzen Lande zu wiederholen und die moralische Verantwortung für diese Dinge mit zu übernehmen. Troß aller Versprehungen, troß aller Reglements werden immer wieder folhe ungerechte Verhaftungen vorfommen; der Grund liegt in dem viel zu weit gehenden Schutz, der Beamten bei Mißgriffen diefer Art zu teil wird. Aus dem massen- haften Material, was mir seitdem noch zugekommen ist, greife ih einen einzigen Fall heraus. Jm März vorigen Jahres if auf Ver- anlassung eines Amtsrichters in Lissa cine Verhaftung von zwei Kaufleuten angeordnet worden. Sie wurden plößlich festgenommen, wurden aber nach der ersten Bernehmung sofort entlassen. Diese Verhaftung erfolgte, ohne daß sie vorher gehört worden wären, auf die einseitige Behaup- tung eines Interessenten. Die erhobene Beschwerde hat der Landgerichts- prâsident von Lissa zurücgewiesen; es heißt in dem Bescheide, wenn es ih auch empfohlen hätte, den Beschluß der Verhängung der Haft auszu- eßen, bis er gebört sei, wäre der Richter dazu nicht gezwungen gewesen. Der Justizminister mente gleichfalls, die Verhaftung hätte nicht vor- genommen werden dürfen. Die beiden Kaufleute sind durch den Vorgang geschäftlich ruiniert. Wenn troß der Erklärung des ( Ministers diesen beiden Herren niht zu helfen ist, so muß das Gesetz einschreiten, es muß für jede ungerechte Berhaftung eine Entschädigungepflicht statuiert werden mit Negreßpflicht des Beamten dem Staate gegenüber. Dann würde die Sache bald in Ordnung sein, und alle Beamten würden. plößlich fehr vorsihtig werden und Nh vor unberechtigten Verhaftungen hüten. Eine Encrgie, die sich in leichtfertigen Uebergriffen Aaenides den Staatsbürgern genugtut, bedarf der Beschneidung. Die heutige Unverantwortlichkeit der Aemter muß aufhören; jede Behörde muß mit demselben Maße von Verantwortung belastet sein wie jeder einzelne Staatsbürger. Dieser wird bestraft, wenn er das Gesetz nicht kennt ; der Beamte, der es kennen soll, bleibt straflos, wenn er es übertritt. Wein Vorschlag gibt die einzige Lösung, die für diese Frage denkbar ift.

Abg. von Chrzanowsfki (Pole) beshwert sih über die Kon- fiskation von Bildern und Postkarten, auf denen Polen und Polinnen in Nationaltracht abgebildet sein sollten, worin man eine Aufreizung erblickt habe. Sogar ein Bildnis Kosziuskos sei unter Anklage ge- stellt worden; es sei allerdings in diesem Falle ein Freispruch erfolgt. Aber wer bürge dafür, daß bei dem verwilderten Chauvinismus nch folhe Fälle niht wiederholen? Redner läßt eine Neihe von Bildern zirkulieren und verlangt vom Staatssekretär, daß er bei der Revision des Strafgesezbuhes die Aufnahme einer Bestimmung bewirke, die folchen Mißgriffen vorbeuge. Nur die direkte Aufreizung zur Gewalttätigkeit dürfte unter Strafe gestellt werden. Um solche Fälle zu entscheiden, müsse aber der Straf- richter ein Mann von allgemeiner Bildung sein, und zu diesem Zweck müßten die Universitäten niht nur auf eine shematishe Kenntnis der Geseßesparagraphen, sondern auch auf eine allgemeine sozialpolitische Ausbildung der Studierenten hinwirken. Die jungen Juristen müßten das Volk kennen lernen, und nicht nur gute Beamte, sondern auch gige Richter sein. Vor allem müßten die Richter die polnischen Ver- ältnisse besser kennen lernen. Nur \o könne die polnishe Be- völkerung Vertrauen zur Rechtsprechung gewinnen. Deutsche und Polen würden vor Gericht mit zweierlei Maß gemessen, namentli in der Presse. Werde ein polnishes Kind von einem Lehrer mißhandelt, dann werde der Lehrer freigesprochen, diejenigen aber, die sih darüber beshwerten, mit hohen Strafen belegt. Hier mischten \sich Sentimen- talität und Brutalität, das sei preußishe Gerechtigkeit.

Staatssekretär des Neichsjustizamts Dr. Nieberding:

Meine Herren! Wenn ih den Herrn Redner rihtig verstanden habe, so hat er behauptet in den lezten Ausführungen, daß die deutshen Gerichte vielfa in den Fâllen, in denen es sich um einen Polen handle, eine Verurteilung aussprähen, während sie in gleih- artigen Fällen, in denen es sih niht um einen Polen, sondern um einen Deutschen handelt, freisprächen. Meine Herren, ih weise diese Verdächtigung der deutshen Gerichte bezüglich ibrer Unparteilichkeit entshicden zurüdck.

Sodann hat der Herr Vorredner wie ih verstand daß die Gerichte in Preußen den Polen gegenüber zuweilen bei ibrer Entscheidungen in einer Weise auftreten, die mit Brutalität gleih- bedeutend sei. Das ist eine Scchmähung unserer Gerichte, gegen die ih mit Entrüstung protestiere.

- gesagt,

Abg. Naab (Neformpy.) spricht die Befürchtung aus, daß in Hamburg troy des Bürgerlichen Gesetzbuchs das Kablpfändungèêrecht wiedererstehen werde, die Vermieter seien auf dem besten Wege dazu. Redner weist auf die Entscheidung eines Neichsgerichtsscnates bin, nab dem entgegen dem Bürgerlichen Geseßbuh die privaten Verein- barungen zwischen Mieter und Vermieter in Bezug auf das Netentions-

1 I

ret als bindend zu eraten seien, daß also die Mitnahme der Sachen strafbar sei.

hs6justizamts Dr. Nieberdina: verr Vorredner hat ganz utref s Neichsgerichts an den nach d

D iat vf (ICICTO

nd berichtet, ein Urteil ergan er Zivilprozeßo vertragsmäßia derart, daß, wenn echts die betreffenden mahen würde. Bei de ischen Justizverwaltung dieser Necbtsauffassuna Autfzfssung daf egung der zeitenden sozialpolitishen der Zivilprozeßc werden nnen e Reichsverwaltung 1g, daß es k

Justizminister

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ordnung zu Grunde lieg

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(hôrt!

Revision einzulegen, um die Sacbe ur das Reichögericht zu bringen s preußischen Herrn Justizministers if

Tagen zugegangen, und wir werden daraus ZBeranlafsung nehmen, mit den übrigen Aegierungen in Verbindung zu treten. in- dem wir der Meinung sind. dak wenn es nicht gelingt, in der Reckt- sprechung cine Acnderung herbeizuführen. in Erwägung gezogen werden muß, ob nichi auf anderem Wege hier Remedur zu \chaffen sein wird

Abg. Dr. Müller- Meiningen (fr. Vollep.) führt zus, die Zabdl der unbegründeten Verhaftungen von weiblichen Personen wegen Verdachts der Prostitution nchme immer mehr üderhand. Eine Verdaîtete sei uxrar am nâchllen Morgen entlassen worden. man babe ibe aber 80 „4 für Kaffee x. abgenommen. Besonders trübe slebe es in Hamburg. Es seien Frauen auf rreußi! bes Gebiet geilücdtet, um sich den Uedergriffen der Polizei 1 eaut- ziehen. Es fönne hier nicht besser werden, solange die Polizei-

beamten in den meisten Fällen begnadigt werden. Was helfen da alle {önen Verordnungen des Ministeriums! Ein Polizist sei aller- dings degradiert worden, weil er Abends zwei junge Damen ver- haftet habe, aber niht etwa in Deutschland, sondern in Nußland! Die Frage der Fesselung der Untersuhungsgefangenen müsse reih8- geseßlich geregelt werden. Gegenüber der Behandlung der Presse sei es sehr auffallend, daß nach einer Mitteilung des „Lokal-Anzeigers“ der bekannte und anrüchige Ehebrecher Falfkenhagen, der zu Festungs- haft verurteilt war, sich in Danzig in lustiger Gesellshaft in auf- fallender Weise bewegt habe. Diese krasse Verhöhnung der öffent- lihen Meinung übersteige doch jedes Maß. Schon bei der Be- ratung der „lex Heinze" habe er hervorgehoben, daß die Polizei gegen Künstler rigoros, gegen die VBerfertiger shamloser Schweinereien äußerst lax Mrgs Es entbehre nicht einer gewissen Pikanterie, daß gerade ihm, Redner, in der leßten Zeit ein Arzt, solche \chamlose Schweinereien, die in Leipzig hergestellt würden, zugeshickt habe. Vielleicht wäre es, dem Zentrum lieb gewesen, wenn es diese Belege hätte vorbringen fönnen. Die starke Zunahme der Majestäts- beleidigungsprozesse sei sehr charakteristisch. Viele arme Teufel stießen eine Majestätsbeleidigun „aus, um wieder eine Versorgung zu haben. Es fei die höchste Zeit, daß der Antrag seiner Partei endlih von der Regierung angenommen werde. Der „sogenannte Gottes[ästerungs- paragraph sei der Totengräber jeder freien Kritik auf kirhlihem und tulturellem Gebiet. Auf den Fall Tolstoi habe er hon im vorigen Jahre - hingewiesen. Eine Religion, die der Hilfe des Strafrichters und Staatsanwalts bedürfe, müsse innerlich faul fein. Redner be- schäftigt sich dann mit den politishen Prozessen unter Hinweis auf einen Fall in Grimmen. Der betreffende Redakteur sei fo \charf be- straft worden, daß man den Gedanken niht Tos werde, daß es sich um eine politishe Tendenz bei der Nechtsprehung handle. Gegen politis unbequeme Nedakteure mache man vor der Strafvershärfung wegen Nükfalls in höchst eigentüm- licher Weise Gebrau. Ein ewerbs8mäßiger Milchpanscher, also Be- trüger, sei dagegen nur zu Geldstrafe verurteilt worden, was fogar ein konservatives Blatt getadelt habe, | während ein nationalliberaler Nittergutsbesißer Becker wegen Beleidigung eines YNegierungspräsi- denten zu einer Freiheits\trafe verurteilt worden sei, weil er ein reicher Mann sei und ihn eine Geldstrafe nicht empfindlich treffen würde. Nur eine rückhaltlose, aber wohlgemeinte Kritik fönne dem deutschen NRichterstand das Vertrauen gewinnen, das er mit Recht für {ih in Anspruch nehme. Staatssekretär des Reichsjustizamts Dr. Nieb erding: Meine Herren! Ih nehme Sie nur kurze Zeit in Anspruch. Wenn der Herr Vorredner unseren Richtern den Vors- wurf gemaht hat, daß sie in der Gegenwart geleitet werden von einem gewissen antisozialen Zuge, \o erwidere ich ihm darauf, daß es mir am liebsten ist, und daß nah meiner Ansicht der Rechtspflence am meisten .- gedient wird, wenn sih die Nichter weder von einem sozialen, noch von einem anti- sozialen und auch nicht von irgend einem politischen Zuge leiten lassen, sondern einfach im Sinne des Geseßes Recht sprehen. Das ist ihre Aufgabe und nichts anderes. Glaubt der Herr Vorredner, daß er durch eine Darlegung der Rechtsprehung, wie er sie an einzelnen Beispielen illustriert hat, eine Abhilfe gegen die Gefahr er- reihen fönnte, daß bei unseren Richtern allmählich ein Mangel an politischer Objektivität sich geltend mae, so wird er mir es niht verübeln, wenn ich Zweifel äußere, ob seine Dar- legungen diesen Zweck erreichen werden. Bei diesen Darlegungen hat der Herr Vorredner dieselbe Methode beobachtet, die ih hier so oft vergeblih bedauert und bekämpft habe, die Methode, einzelne Fälle hier zur Sprache zu bringen, die im Augenblick niemand hier im Hause gerecht beurteilen kann, wir am Negierungstish auch nicht. Wollen Sie, daß derartige Fälle hier erörtert werden, wollen Sie aus der- artigen Fällen S{lüsse ziehen über die Richtigkeit oder die Mängel der Nechtsprehuna, so muß die Darlegung in ganz anderer und ih möchte die Worte des Herrn Vorredners gebrauben in objektiverer Weise geschehen, als er es getan hat. (Sebr richtig! rechts.) Jch bezweifle ga niht, daß er die Fälle in gutem Glauben so dargelegt bat, wie sie ibm zugetragen worden sind; aber ih habe nach früberen Erfahrungen meinen guten Grund, zu bezweifeln, daß dicjenigen Mitteilungen, die ibm gewörden find, überall, der Wahrheit entsprechbend, ein richtiges Bild von der Sache geben. Meine Herren, aus t iers babe ih nur lassen möchte, weil der Herr Redner an mi direkt cine Frage trifft da nah den Er- u die nc früheren Erklärungen von Justizamt angestellt bat, 1 bezüg der Fesselung 1 eine befriedige In dieser 1 ih sagen, daß è im Reichsjustizamt : ausgearbeitet wurden, daß die bis jeyt es actunden maßgebend

muDuUngen.

D,

Zeit in Deutschland auf dem Gefangener nicht nur cin gleih- eichaffen sein, Neichsiustiz-

iagenen ncuen Nevifions- ur RNedakteure bei der 2dgeshaft werden, ammer einstimmig ausgesproden Î digungéprozesse betreffe, so müsse urischen bl Kränfungen und Ebrenkränkungen unterschieden n erden, eine Grobheit o Ungezogenbeit dürfe nichi o weiteres als Beleidigung verfolgt werden. Die Berufsbeleidigungen seien jeyt besonders gefährlich und die Strafe stede in keinem Berbältnis zu dem Delikt. Es werde bei Beamten- belcidigungen auf Gefängnisftrafe erkannt, und cin Dresdner Redakteur sei wegen Beleidigung des aus der sähen Afärc bekannten Be- amten Schwarz zu sechs Monaten Gefängnis verurteilt worden. Für uns{huldig erlittene Untersuchangöbaît müße Entschädigung gewährt werden, selbstverständlich müße der Staat auf die sQuldigen Beamten zurüdgreifen können. Redner beschwert fich ferner über die Hand- babung der Gerihtêvollzicherordnung in Bavern

Königlich baverisher Ministerialrat Sedneider: Die Ger ichts- vollziederordnung is den Einzelsiaatca überlassen. Für aarisse Funkticnen kann ih der Berichtévollzieber Gedilfen nehmen.

Abg. Bek h- Coburg: Die Vollstreckang dis zum leyten Moment iegt nah dem Gese in der Hand des Gerichtövollilehers und kana feincm anderen übertragen werten. Hoffentlich acht die bavcriide Ne- gierung in sich und ändert dabin die Serichtsve ortnang-

Der Etat der Neichsjustizverwaliung wird a ommen cine von dem Abg. Dr. von Dziembowski-Pomian (Pole) beantragte Resolution wegen Zulassung der polnischen weib- lichen Namen mit der Endung „a” in den S tandesamtsregiîtern wird abgelehnt

Séluß &/, Uhr. Nählie Sizung- Freitag 1 Uhr. (Etats des Neichsschazamts und des allgemeinen Pensionsfonds.)

- N ) . igcmmenener Suttland

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