1903 / 59 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 10 Mar 1903 18:00:01 GMT) scan diff

fernten Shlucht unter dem Schuße ausgestellter Posten, bei un- günstigem Wetter in der Wohnung eines Mitglieds abzehalten. Der Akt der Aufnahme erfolgte mit befonderer Feierlihkeit. Der Vorsitzende sprach zunächst ein Gebet. Darauf hielt er dem Novizen ein Kruzifix vor, auf welches dieser die Shwurfinger zu legen und ebei Gott dem Allmächtigen und Allwissenden zu \{chwören“* hatte, daß er von dem Bestehen der Verbindung niemandem, auch nit den nächsten Angehörigen, etwas verraten werde.

Schließlih wird noch bezügliß des Gymnasiums in Strasburg in Westpreußen ausgeführt :

Die Aufnahme eines Mitglieds erfolgt in ähnlicher Weise, wie bei der Kulmer Vereinigung, nahdem der Novize befragt worden war, ob er besser Polnish sprehen lernen wolle, an einer versteckten Stelle des Waldes am Nisko-Brodnosee. Das neue Mitglied hatte dem Vorsitzenden unter Handshlag zu {wören, daß es die ihm vorgelesenen Statuten treu halten und das Geheimnis der Vereinigung nit verraten werde.

Meine Herren, das sind die Tatsachen, wie sie das Erkenntnis Tonstatiert. Daß derartige Gide lediglich behufs Aufnahme in einen wissenschaftlichen Verein geleistet worden sein sollten, das is doch eine Annahme, die niemand glauben wird.

Der Herr Vorredner felbst hat mich genötigt, auf das Er- kenntnis näher einzugehen, und er wird mir selb zugestehen müssen, daß seine Angaben, das habe nur den Direktoren gegolten, nicht haltbar find. Zuzugeben ist, daß Statuten nicht beschlagnahmt worden sind. Diese sind sämtlih rechtzeitig entfernt oder vernihtet worden. Man war daher bei Führung des gerichtlichen Beweises auf die Zeugenaussagen und auf diejenigen Aufzeihnungen angewiesen, die bei den Betreffenden mit Beschlag belegt worden waren. Auf Grund dieser Angaben hat das Erkenntnis, ih be- tone ausdrücklich das Erkenntnis, denn eine Polendebatte herbei- zuführen, ift nit meine Sache, folgendes als festgestellt erachtet : „Der Gesamtbestand des ehemaligen Polens is in drei Bezirke ein- geteilt: in den niederen, den oberen und den preußishen. Die Bezirke werden durch Delegierte vertreten. Es finden regelmäßige Kongresse ftatt. Das Endziel - des Bundes ist das Erkämpfen der Freiheit. (Hört, hört! rechts.) Polnische Nationalgedenktage werden gefeiert, polnische Zeitschriften gehalten, so namentlich die Zeitschrift „Teka“, die in Lemberg erscheint mit dem Motto: Aus moskowitisczer, preußischer und österreichisher Knechtshaft befreie uns, o Herr! In den ein- elnen preußishen Städten besonders auf den Lehranstalten bestehen geheime Vereine; an ihrer Spiße stehen Vorsizende und Stellvertreter, nebst etwaigen sonstigen Beamteten, als z. B. Shay- meister und Bibliothekare. Regelmäßige Beiträge werden gezahlt ; bestimmte Statuten sind vorhanden. Die Vereine zerfallen in Gruppen, an der Spitze jeder Gruppe steht ein Gruppen|ührer. Die Verleihung von Auszeihnungen Ringen is vorgesehen, Be- strafungen sind festgeseßt. Die Existenz derartiger Vereine ist nah- gewiesen in Krotoshin, Neumark in Westpreußen, Schrimm, Kulm, Strasburg in Westpreußen und Thorn.“

Das ist die Uebersicht aus diesem Erkenntnis, und ih kann nur dabei bleiben, daß derartige Organisationen zweifellos wissenschaft- [iche Zwecke nicht verfolgen, und mit vollem Recht diejenigen bestraft find, die einem derartigen geheimen Bunde angehört baben. In meinen Augen ist eine solche Verbindung eine Vershwörung gegen die

Sicherheit des Staates. (Bravo! bei den Nationalliberalen; Zuruf aus der Mitte.)

Abg. Dr. Zehnter (Zentr.): Die badishen Landwirte haben \ih wiederholt bemüht, eine Abänderung der bisherigen Einrichtung dahin zu erreichen, daß für ihre Lieferung an die Militärverwaltung, bezw. an die Proviantämter, die niedrigeren Militärfrachtsäte zur Einziehung elangen, während sie jeßt als Privatfrahten behandelt werden und o bôdere Ausgaben verursachen. Es würde daraus für niemand ein

den erwachsen. Bis jeßt haben sie keinen Erfolg gehabi, während in Bayern die Sendungen als Militärgut behandelt werden. Weiter wird von den Beteiligten immer wieder auf die Erböbung der Gntschädigung für die Naturalverpflegung pibrungen. Die Ansprüche an die Lebensbaltung sind böhere geworden, die Lebensmittelpreise beträchtlih gestiegen; die Einguartierung legt, au abgesehen von diesen Umständen, noch erhebliche Lasten auf, da z. B. die Zahl der Manövertage \sih vermehrt hat. Viele Gemeinden müssen im Süden zu den Gntshädigungen Zuschüsse leisten; in Preußen haben diese Verpflichtungen die Kreise übernommen Die

einden sind aber der Meinung, daß cs nicht ihre Aufgabe, fondern Ausgabe des Reichs ist, diese Entschädigungen zu leisten; es wäre bedauerlih, wenn es dahin käme,. daß neben dem Militäretat des Reichs au nos Militäretats in den Gemeinden auf- geftellt werden müßten. würde darin auch eine Verfassungs- widrigkeit liegen. Die Reich8geseygebung muß \sih mit dem Gegen- stande befassen, aus den Zuständen selbst heraus ist die Besserung des Verhältnifses nicht zu erwarten. Auch die Entshädigungssäue für die Quartierleistungen sind reformbedürftig; der Betrag von 80 A ift viel zu niedrig. Redner fragt \{ließlich, wie es mit der Erwerbung eines Uebungöplayes für das X1V. Armeckorps stehe.

Kommissar des Bundedrats, Generalmajor Gallwitz: Der Ver- waltung fann nur daran gelegen sein, alles zu begünstigen, was den direkten Einkauf beim Produzenten erleichtert; die Versuche in Bayern sind uns bekannt, wir haben auh in Preußen {on einen solhen Versuch gemaht. Zwei Punkte wirken ershwerend ein. Die Landleute müssen pünktlich sein bei der Lieferung; aber selbit bei der normalen Grledigung würde die Anwendung des Miüilitär-

eine Vermehrung unseres Beamtenversonals erfordern,

die Beamten mzurcisen und die Posten einzeln bei den Produzenten abzunehmen hätten. Die Verbilligung der Natural- verpflegung ift vor n furzem Gegenstand der Erörterung in der Budgetkommission gewesen; es kommen hier große und s\{wierige Fragen in Betracht. Ueder die Frage, ob das Reich vervslichtet ift. oder einzelne Verdände verpflichtet find, für die Ueberlastung einzu- treten, dier heute zu disfutieren, würde zu welt führen. Die Medr- kosten gehen sofort in die Millionen. ie Erhöhung der Vergütung r die Quartierleistung würde nicht “sowohl große Opfer fordern, das Bedenken hervorrufen, dah man das Naturalgquartierservis

r fich allein behandeln kann e ganze Frage ift noch

d der Erwägung der Reichsbehörde. Ein Ucbungsplay für

1V, Armeekorps hat sich noch nicht ermitteln lassen, die Frage

noch eine vollständig offene, es sind weitere Ermittelungen an-

von Gersdorff (d. kons): Ih kann nur meiner Freude

Verlauf der leyten Kaisermandver in Posen Auëdrueck

uh des Kaiserpaares und den \hônen

Hoffnung, ter nationale Fricden dort

e báufiger be Kaiser in Poi went a deshalb Rai

Ó en well, und des

orlage wegen Errichtung einer Nesidenz in Posen mit

Wir hatten im Jahre vorher cine volliiändige landwirt-

Mikernte, und es war bei den vorjährigen Man die Bes don Hea und Stroh mit großen Scdmierigfkeiten rerfn von Holz i aulidlicilih aus den Staatsf

teadanturen hatten die privaten Forslbesizer

andverznwede gefragt und hatten Zusagen erhalten:

‘und viele Reden im Ha

aus den Staatsforsten genommen. osten für die Anfuhr find infolgedefsen erheblich verteuert worden. . Die Leute, die den Vorspann leisten mußten, haben tage- und nächtelang auf der Straße gelegen ; es ift für deren Unterbringung nicht geforgt worden. Jh erwarte und hoffe, daß in Zu unst für die Bauern und ihre Gespanne Unterkunft besorgt werden wird, da sie font in ihrer Gesundheit geshädigt werden. Ueber die Flur- shadenentshädigungen find Klagen nur laut geworden, daß Seradella und Aehnliches nicht genügend ents{chädigt wurden. Die Bevölkerung hat sih durchaus militärfroh gezeigt; Stadt und Land haben in der guten Unterbringung der Zen gewetteifert; diese militärfrohe, rein deutshe Gegend sollte der egsminister doch in den versprochenen Genuß von Garnisonen seßen, fie dadurch wirtschaftlih stärken und befähigen, dem eindringenden Polonismus mit Erfolg zu widerstehen. Abg. Bebel (Soz.): Am Sonnabend äußerte Graf von Noon, es sei eine mißlihe Sache, immer mit Worten zu fechten, während die Taten ausbleiben. Das bezog fi auf die Erhöhung und Verbesserung der Militärpensionen. Leider sind wir in der Lage, sehr oft in diesem Hause Verhandlungen zu pflegen, ohne daß die geringste Aussicht auf Be- achtung oder Nachachtung bestebt. Man klagt draußen über das lange use, und, wie mir scheint, mit einem gewissen Rechte; aber man vergißt, daß ein großer Teil der Verhandlungen sich von Session zu Session wiederholt, weil keine einzige der angeregten Fragen eine befriedigende Löfung findet. L er- innere an die Mißbräuhße in unserem Polizei- und YJustiz- wesen, ih erinnere an die Ausweisungen, den Diätenantrag, an die vielen militärischen Beshwerden. Wenn Sie einmal berehneten, wie viel Zeit auf diese ewigen Wiederholungen draufgeht, würden Sie sih nicht über die Ausdehnung der Verhandlungen wundern. Der Reichstag hat ja keine Macht; wäre er ein Parlament wie in England, Frankreich und der Schweiz, dann wären folhe Wiederholungen ganz unmöglih. Das kann das Ansehen des Reichstages nicht heben ; es bedeutet aber auh ein {chweres Opfer für die Abgeordneten, dte immer wieder diese Klagen zur Sprache bringen müssen. So geht es mir auch heute, ih bin dazu gezwungen, obgleih ih im voraus weiß, daß ih wieder mit den üblihen negativen Resultaten davongehen werde. Herr Schädler und Herr Dasbach haben die Duellfrage im vorigen Jahre angeschnitten und dabei fehr milde Töne angeschlagen. E Sie (zum Zentrum) wird dieser Punkt allmählich recht unangenehm; ih habe stets im Vordergrunde dieses Kampfes gestanden, und das Gnde ift, daß nicht nur nicht alles beim alten bleibt, das immer wieder Handlungen vorkommen, die niht anders zu bezeichnen find als wie Faustshläge ins Gesiht des Reichstages. Wir haben über das Duell Blaskowißt - Hildebrandt ausführlich beraten auf Grund einer Interpellation Bassermann. Blaskowitz mußte, statt ins Ehebett, ins- Grab steigen. Der Kriegsminister hat den Vorgang als einen tiefbedauerlichen bezeichnet. Herr Hildebrandt wurde mit zwei Jahren Festung bestraft, der mildesten Strafe, die bei Duellen mit tödlichem Ausgang verhängt werden kann. Aber was geschieht ? Kaum acht Monate vergehen, da wird der Leutnant Hildebrandt be- gnadigt. Diese Begnablun muß der Kriegsminister gegengezeichnet haben; er wird uns also au heute darüber Nede und Antwort stehen. Der Begnadigte wurde gleichzeitig nah einem anderen Regiment ver- seßt. Bei der Abschiedsfeier gab ihm eine Eskorte von 20 bis 30 Berittenen das Geleit, und er wurde in einer vierspännigen Equipage von Offizieren zum Bahnhof gefahren. Das heißt doch dem Reichstag ins Angesicht s{lagen. Es is aber auch ein Schlag ins Gesicht der gesamten Nation, die in der Verurteilung dieses Duells einig war. Die, bärteste Strafe in einem Duell ist in dem Fall von Bennigsen erfolgt, wo der Betreffende 6 Jahre Festung bekam: sonst werden 2, 24 Jahre verhängt, und die Begnadigung er- folgt nah wie vor in fkurzer Zeit. Natürlih sagen \ich die Richter: Wenn die Begnadigung doch erfolgt, was sollen wir uns dann noch mit zwecklosen harten Urteilen abgeben? Es bleibt zwar ehr wünschenswert, wenn der Reichstag in einer \charfen Refolution seine uffassunmg über diese Art der Po zabung des FAuneSigungöreczts kundtut;\ mögli, daß wir dafür keine Véebrheit bekommen ; r richtig ist es do, daß man entweder scharf vorgeht oder die ganze Sache laufen läßt, wie sie läuft. In Jena is ein Duell zwischen einem Leutnant und einem Studenten vorgekommen. Student fiel, und der Leutnant erhielt zwei Jahre Festung, wurde aber auch nach acht Monaten bereits begnadigt und versetzt. Also auch hier wieder cine sehr milde Strafe und eine Begnadigung na kurzer Zeit. Im Laufe des vorigen Jahres baben wir von ver- schiedenen Duellen in Deutschland gehört; der Duellunfug dauert also fort. Namentlih Karlsruhe {eint ein sehr fruhtbares Feld für Duelle zu sein. Bemerkenswert ist au der Fall des bekannten Hauptmanns und Militärschriftstellers Hönig. Dieser bat eine Schrift über den Feldzug von 1870/71 geschricben, in der der General von Schwarßkoppen sehr \{lecht wegkam. von Schmwartkoppen forderte Vöônig auf Pistolen, Hönig lehnte die Verfechtung einer wissenschaft- lichen Ueberzeugung durch ein Duell ab. Hönîg wurde auch von dem Abteilungshef im Generalstabe von Bernbardi gefordert, weil er dessen Vater angegriffen batte; er wies auch diese Forderung urück. und es wurde ibm die Uniform aberkannt. Das ist doch cia starkes Stück. Zweck der Kriegsgeschichte ist do, Febler früherer Kriege nachzuweisen, um sie in Zukunft vermeiden zu können. Das liegt im Interesse der Heeres- verwaltung selbst. Wenn aber cin Schriftsteller deöwegen gleich ge- fordert und vor die Pistole gestellt werden darf, dann wird man fich künftig büten, solde Kritik zu üben. In dem Duell wischen dem Rechtsanwalt Hay und cinem Oberleutnant wurde von dem Ghrengericht ein Ausgleich für unmöglih erklärt. Dur Kaiserlichen Gclaß vom September 1902 wurde cin MRechtüanwalt des Charakters des Reserveleutnants entkleidet, weil er die Forderung eines anderen Rechtsanwalts niht annahm. Troy der Gesep- gebung und der Religionsvorschriften halten Sie (rechts) das Duell als unentbehrlih aufrecht. Am 20. November vorigen Jahres fand bier eine Versammlung stztt, die den Kriegöminiiter aufforderte, destimmen, daß in Duellen zwischen Offizieren und Studenten statt der istolen krumme Säbel gebrauht werden mükten. Also nur cinc Milderung ciner Gesetzwidrigkeit wurde gefordert. Das ist doch unerbört Was würde der Staatsanwalt getan haben, wenn Arbeiter etwas Aehnliches beschlossen hätten in Bezug auf das Koalitionsrecht. Hier frâdt fein Hahn danach: die Staatsanwaltschzft als Wächter der Staatsgeseze würde ja selbt die Gesetze übertreten. Die Statuten des Kösener 8. C. stehen im Widerspruch mit den §5 1283 und 129 des Strafgeseßbuchs. Studenten, die nicht hinter den Ohren trocken ge- worden find begehen dieselden Geseywidrigkeiten, die der Kriegsminister dea polnishen Gymnasiasten vorwirft, und Sic (rets) gehören ja auch zum Teil einer Verbindung an, die ungesculihe Zwecke verfolat Es bestebt hier cine permanente Vershwörung gegen Gesey und Recht in den böberen Klassen, soweit es das Duell betrifft. Gs gibt uveierlei Geseh und Moral. Uns wirft man Umsturz vor, aber die Stütien des Staats treiben es am s{limmiten. Seit Einführung des neuen Militär- strofgeseyduchs ift über die Militärmißhandlungen delleres Licht verbreitet worden. Früher hatte Graf von Roon meine Beschwerden immer als unwahr zurückzewiesen. In Halle hat aber der Staatsanwalt vor dem Militärgericht ofen anerkannt. daß ih mir cin Verdienst erworben habe dadurch, daß ih diese Dinge zur Sprach? gebrah! habe. Aa jeut noh m diele Soldaten nur mit Wderiteeben vor dem ilitärgeriht ihre Aussagen aus Furcht vor dea Aageklagten. und es po sogar bei solhen Aaläfsen Meiaeiète geleistet worren. Tatsache ist ferner, daß in einer ganzen Reihe von Fällen \Heußlichite Mikhbantlun an Soldaten begangen wurden, die fich in cinem geiitigen Zustand Le, fanden, der fie eigentlih zum Militärdienst untauglih machte. Halb blôde Leute sind körperlich sehr cústig, ader zum Milltärdieali find fie beim besten Willen nicht besäbigt, was die Uateroffitiere und Offiziere nicht begreifea und sich dadur zu Scwalttätigkeiten reizen laffen. Was aber unsere Militärärzie ju Suaîten tes Militarismus audsagen, ift eiafach s{hrecklih. Wie oft finden die Aerzte einen solchen Mann geistig geiund, obwohl die Offiziere selbst anterer Meinong fiad. Als cia ann einer pirchiatrlichen Anftalt überwiesen warde, flellle © sih heraus, dah er véllig blétsinnig war. Das die Prado in deu leyten Jahren leider me abgenommen daben der Abg. Kunert am Sonnabend rier as peigt

ber {ließlich wurde das Die Kosten

namentlich die Zahl der Beftrafungen von Offizieren und au von Mannschaften, die es als ihre Aufgabe betrachten, ihre Kameraden bej Nacht zu überfallen und zu mißhandeln. Einem jungen Mann wurde bei einer solhen Prügelei ein Auge ausgestohen. Die Vorgeseßten wären leiht in der age, solchen Fällen vorzubeugen. Die milde Be- strafung in solhen Fällen ist allerdings wenig geeignet, die Zahl der Mißhandlungen zu verhindern. Vor dem Kriegsgericht in Glogau wurde festgestellt, daß ein Unteroffizier seine Leute in 135 Fällen mißhandelt hatte; er wurde nur zu 5 Monaten Gefängnis verurteilt, die Degrada- tion war beantragt, aber abgelehnt worden. Ein ähnlicher Fall ift in Frankfurt verhandelt worden, wo ein Unteroffizier wegen 75 Miß- handlungen nur zu 3 Monaten verurteilt worden ist. Viele Leute lassen sih die Mißhandlungen aus Furcht vor der Nache ruhig gefallen. Sind das Männer? Nein, es sind einfah Waschlappen, jämmerliche Kerks. Ich muß jeden Respekt vor der deutshen Jugend verlieren, wenn ein junger Mann sich in den Mund hineinspucken läßt und nicht den Mut bat, entsprechend zu antworten. Wo kommt denn das Unteroffiziermaterial ber, das folhe Bestien in Menschengestalt enthält?! Ein Untero fizier, einer dieser Quäler, sagt zu einem Soldaten: „Du wein, ih werde Dir die sozialdemokratishe Gesinnung schon austreiben !* Er ist nachher wegen seines Treibens zu aht Monaten Gefängnis verurteilt worden; bei der Verhandlung figurierte ein Soldat gls Zeuge, der sih durch die Schuld des Unteroffiziers beide Beine er- froren hatte und in das Verhandlungslokal getragen werden mußte. Der entseßlihe Fall in Rendsburg, wo ein Soldat gezwungen worden ist, die eigenen Erkremente zu vershlucken, dieser Fall hat die Empörung des gesamten gesitteten Deutschland erregt. Aber wie fällt das Urteil aus? Der Schuldige wird zu einem Jahre Ge- fängnis verurteilt ; das Oberkriegsgericht erklärt zwar die Strafe für viel zu gering, aber es ift kein Formfehler begangen, das Urteil bleibt bestehen. In den neuen Kriegsartikeln wird ganz korrekt über die Verwerflichkeit der Mißhandlungen gesprochen ; aber der Kommen- tator von Estorff hat sich sehr merkwürdig darüber geäußert ; er sagt: „wenn ein Unteroffizier einen Untergebenen einmal derb zurecht- seßt, so ist das noch lange keine entwürdigende Behandlung, denn auf dem Zee wird man auch niht mit Samthand- schuhen angefaßt.“ Wie kommt er zu dieser Parallele? Auf dem Ererzierplat, in der Kaserne muß der Soldat do ftillhalten. G8 gibt nichts Niederträchtigeres, Empörenderes und Erbärmlicheres als den Mißbrauch einer Gewalt, die einer in dem Bewußtsein hat, daß der Vergewaltigte nihts tun, sih niht rühren darf. Der Ruf: „Hoch lebe die Sozialdemokratie!", den ein Sozialdemokrat in der Bezechtheit ausbrachte, hat ihm 1 Jahr 5 Monate Gefängnis ein- gebraht. Wie viele Mißhandlungen muß ein Unteroffizier begehen, um zu einer ebenso hohen Strafe verurteilt zu werden! In einem Manöver verweigerte ein Soldat des Kürassierregiments von Seydliy einem Wachtmeister in einer Kneipe den Gehorsam, indem er zu ihm sagte, er bekomme von ihm noch 8090 4, die jener ihm vorenthalten habe, er brauhe ihm feinen Gehorsam zu leisten; der Kürassier wird wegen Meuterei zu 6 Jahren Zuchthaus und den Nebenstrafen verurteilt. Zu 5 Jahren Gefängnis werden Soldaten verurteilt, die sih wiederholt dem Gebot der Unter- offiziere, in der Sylvesternaht zu Bett zu gehen, widerseßt haben! Können folche ad werte aufrecht erhalten bleiben? Bei der Revision des Militärstrafgeseßbuhs wird hier gründlih aufzuräumen sein ; die Disziplin in der Armee wird sich auch ohne folhe barbarischen Strafen aufrecht erhalten lassen. Jn steigendem Maße greift auch in der Armee selber, selbft unter den Offizieren, die Ueberzeugung Play, daß die Armee in ihrer Ausbildung auf einem falshen Wege sich befinde. Ich habe schon früber mit Be- rufung auf militärisWe Autoritäten diese Ansicht vertreten. Wir können ja als Reichstag nicht in die Organisation hineinreden, aber wir haben das Recht, zu prüfen, ob dort alles in Ordnung ift. Der Militäretat erfordert 656 Millionen Mark und 70 Millionen Pension, zusammen 726 Millionen für 1903; eine geradezu riesenhafte Summe. Ift erst einmal wieder Geld in der Reichskasse, dann wir er bald 826 Millionen beanspruchen, das wird keine drei Jahre dauern. Wird dieses Geld zweckmäßig für die Armee verwendet ? Der Oberst von der Goly führt aus, dem wichtiasten Dienstzweige, dem Gefehtsdienfte, werde niht die nötige Sorge zugewendet, und die Folge davon sei, daß zuweilen die Führer niht einmali die Kommandos beberrshten. Wie wenn unsereiner \olhe AEDaE aus\prähhe! SHulexerzieren, Parademarsh, Drill klappen vorzügli, aber mit der kriegsmäßigen Ausbildung steht es anders, wie aus den weiteren Betrachtungen des Obersten von der Goltz in seinem Buche sich an zahlreichen Beispielen aus den Felddienstübungen und Manövern nachweisen läßt. Was die Manöver betrifft, so ist ja einiges darüber schon von meinem Kollegen Kunert gesagt worden. Unsere Manöver: werden felbstverständlih von allen militärishen Sachverständigen des In- und Auslandes mit dem eingehendsten Jnteresse verfolgt. Das leßte Kaisermanöver in Posen wird in der Fachpresse deb In- und Auslandes gleihmäßig verurteilt. Der „Matin“ spricht voa „Phantastishen“ Manövern. Die englishen Blätter sagen: „Gs ist ganz schôn, aber es ist kein Krieg!* G3 ist vorgekommen, daß die Eben Gegner auf Büchsenschusweite von einander entfernt ih bâuslich einrihteten. Die großen Kavallerieattacken, die bei dielen Manèêvern geritten werden, find im Ernstfall ganz unmöglich Infanterieregimenter werden von s\olhen Kavalleriemassen in die Flut geshlagen; in Wirklichkeit wäre die Kavallerie von den Salven der Infanterie aufgerieben worden, bevor se an die Jufanterie au nur berangekommen wa1 Ein Bericht des „Berliner Lokalanzeigers* hat das sehr drastish ac- schildert, wie diese Manöver, besonders diese kolossalen Reiterattacken auf eine Meile zum Hohn und Spott aller Szhverständigen aot- zeführt wurden. Der vor einiger Zeit erschienene Roman „Jena oder Sedan ?* stammt offenbar von cinem Offizier, der nah dem Urteil eines Kenners zu den gut orientierten Sachverständigen zu gehören \{eint; diefer Kenner gibt allen deutschen Offizieren den Rat, dos Buch ret gründlih zu studieren; wenn es so- weiter gehe in der deutshen Armee, werde man zu einem uwveiten Jena kommen. Darum sage ih au in Beziehung hierauf: Videant consules!

Kriegsminifter, General der Jnfanterie von Goßler:

Der Herr Abg. Bebel hat in der Einleitung scines Vortrags zewissermaßen um Gntschuldigung gebeten, daß er Wiederholungen vorbringen müsse. Jch kann ihm nur ret geben ; die in seiner Rede enthaltenen Wiederholungeg waren ret zablreih. Gäwas besonders Neues ift von ihm auch deute niht gesagt worden. Es waren die- selben Sachen, die jährli bei meinen Gehalte vorgetrazen zu werden pflegen. Die Form ist zwar etwas verschieden, der Inhalt in der Regel aber siets derselbe.

Zunächst hat der Herr Vorredner von dem Duellunfug gesprohes und dem Zentrum einen Vorwurf daraus gemacht, daß es nicht \Gäürje : darauf drûckt, diesem Unfug cin Ende zu machen. Jch finde dieses insofern niht ganz glucklih, als im Jahre 1902 zwischen aktiver Disyieren überhaupt kein Duell stattgefunden hat, und somit dos einein Duellonfug gur keine Rede sein kann. (Hört, hört! reis.) Nur eia einziger aftiver Offizier ifl 1902 bel einem Duell beteili gewesen. Es ifl der Fall in Jena, wo ein Offizier ron elnuem Studenten ins Gesicht geschlagen wurde.

Die Affáre Blaskowiy flammt aus dem Jahre 1901 und 8 seinerzeit hier eingehend besprohen worden. IY nehme an, das hohe Dans hat feine Neigong, hierauf noch einmal zurückzukommen ; es wäre ja auch etwas Neues darüber nicht mitzuteilen. (Sehr richtig! rechts.) Begnadigungen haben flattgefunden dei den Leutnants Hildedeandi wnd Thieme. Der Abg. Bebel scheint zu glauben, dah derartige Begnati- gangen ohne weiteres zu flande kommen. Das trifft nicht zu: de Präfitent des Reichéenilitärgerichts bat vielmehdt in jetem einzelnen Falle hierüber zua berichten. Er schlägt die Begnadigung catweder son hei

Vorlage des Erkenntnisses zur Bestätigung vor, oder er reiht den be- treffenden Bericht später ein. Es ift dieses von Seiner Majestät dem Kaiser und König so angeordnet worden, damit der höchste Ge- rihtshof in die Lage kommt, zu beurteilen, ob die Begnadigung si empfiehlt oder nicht. Es geschieht dieses also vom höhsten Gerichtshof mit voller Kenntnis der Akten und der mildernden Umstände. Was diese beiden Offiziere anlangt, die in \{ärffter Weise tätli}ßh beleidigt worden waren, so lagen so viele mildernde Umstände vor, daß sie meines Erachtens verdienten, vor Beendigung ihrer Strafe begnadigt zu werden. Dann ift der Ab- geordnete Bebel auf das Abschiedsfes in Gumbinnen näher eingegangen und hat von einer dem Leutnant Hildebrandt auf dem Bahnhof dar- gebrahten Ovation gesprochen. Jch glaube, es is hier fo arf durchgegriffen worden, daß jeder Zweifel über die Auffassung an der entsprechenden Stelle ausgeschlossen is. (Sehr richtig! rets.)

Auch die Affäre des inzwischen verstorbenen Shriftstellers Hönig ist von ihm erwähnt worden. Ich wußte nicht, daß diese Sache hier vorkommen würde, ih hätte sonst das Material mitgebracht. Es hat sich um eine Differenz gehandelt infolge eines Artikels, den Hönig über die Schlacht vom 16. August 1870 geschrieben hat. Jch habe gegen eine berechtigte Kritik nihts einzuwenden, und au der Abg. Bebel hatte im Verlauf seiner Rede eine Reihe so \charfer Kritiken angeführt, daß er daraus entnehmen wird, die Kritik ift bei uns in jeder Weise erlaubt. (Sehr richtig! rechts.) Es ist aber ein großer Unterschied, ob man jemanden persönlich beleidigt. Generale, die sih nicht verteidigen können, die bereits im Grabe liegen, zu be- leidigen, ift keine Kritik, und wenn die Söhne derselben darüber empört sind, so ist das begreiflih. Uebrigens hat die Sache gar nit zu einem Duell geführt. Soweit ih mich entsinne, hat der Schrift- steller Hönig, dessen Bedeutung ih niht verkenne, darauf verzichtet, die Sache vor dem Ehrenrat zum Austrag zu bringen. Er hat auf seine Uniform Verzicht geleistet, und is die Sache auf diese Weise erledigt worden.

Daß das Kapitel „Mißhandlungen“ wieder eingehend erörtert wurde, ist ja selbftverständlih. Jch muß sagen, der Abg. Kunert hat vorgestern meines Erachtens dem Takt Takt ist zu viel gesagt (Heiterkeit) insofern mehr entsprothen, als er nit einzelne Fälle anführte. Der Abg. Bebel hat doch sonst die. Gewohnheit, mehr auf prinzipielle Fragen einzugeben, so daß mich sein heutiges Ver- fahren wundert. Jedem einzelnen Falle nahzugehben, ift hier in dieser kurzen Zeit natürlih unmöglih. (Zurufe von den Sozialdemokraten.) Darin kann ih ihm vollkommen recht geben, daß für solch {were Mißhandlungen, wie er einzelne soeben angeführt hat, keine Strafe ftreng genug sein kann; das versteht sich ganz von selbst. Aber, Gott sei Dank, ift ja die Zahl der prinzipiellen Mißhandlungen, die nicht zu entshuldigen find und auch nicht entshuldigt werden, relativ nicht

groß, und die Zahl der leihteren Fälle, wie die Nahweisung ergibt,

die der Abg. Kunert angeführt hat, die überwiegende. Ich halte es über- haupt für unrichtig, daß jeder Mißhandlungsfall gerihtlih abgeurteilt werden muß. Früher war es so, daß cine einfahe Mißbandlung, ein leiter Stoß oder Schlag, disziplinarish bestraft wurde. Die Offiziere und Unteroffiziere sind verhältnismäßig jung ; sie müssen eben erzogen werden. Vergreift sich ein Vorgeseßter bei der Ausbildung an den Leuten, so ist es ganz in der Ordnung, daß der Betreffende mit Arrest bestraft wird. Wie die geseylihen Bestimmungen aber jeßt liegen, muß jeder leihte Schlag, jeder unbedeutende Stoß gerihtlich geahndet werden. Das ift sehr umfständlih, ruft Verbitterung bervor, und die Zukunft einzelner Unteroffiziere und Offiziere wird eventuell in Frage ge- stellt. Jch halte es für falsch, daß man dem Vorgeseßten nicht ge- stattet, in derartigen leihten Fällen sofort disziplinaris{ mit Arrest- strafen einzuschreiten, Die Gründe zu finden, aus denen die Mißhbandlungen entspringen, ist in vielen Fällen nicht leit. Einigen vom Abg. Bebel angeführten kann ih zustimmen. Es zeigt sich, daß auch die Unteroffiziere nervôs werden. Das ist aber cinc ganz all gemeine Erscheinung in der gesamten Bevölkerung. Ih habe das Gefühl, daß bei einzelnen Mißbandlungen der Täter geistig nicht normal sein kann. Der Unteroffizier weiß doch, daß er seine ganze Zukunft in Frage slellt, die Sache kann ja auch auf die Dauer nicht verborgen bleiben. Er seßt sih der Bestrafung aus und tut es doc. E28 müßten daher tiejenigen Leute rechtzeitig aus den Truppen entfernt werden, die niht die Garantie gewähren, daß sie ihre Leute richtig bedandeln und ihre Nerven tehbalten.

In einzelnen Fällen, und darum ist es nicht weckmäkig, diese bier aufzuführen, hat ih der Abg. Bebel geirrt. So in dem Fall aus Valle. Die Verurteilung ist nicht lediglih auf Grund militärärit- licher Gutachten erfolgt. Der Betreffende ist vielmehr vor sciner Ver- urteilung zur Beobachtung auf Geistesstörung der Provinzialirrenanstal überwicsen gewesen und von dem Arzt dieser Anstalt zwar als „de- generiert*, aber nit als geisteëfrank bezeichnet worden. Gerade auf Grund dieses Gutachtens wurde der Mann verurteilt. Im späteren Verfahren ist dann das erste Urteil aufgehoben und der Mann zur nochmaligen Beobachtung scines Geisteszusiandes der Unaiversitäts- flinik in Halle überwiesen worden. Es darf werden, daß alles geschehen ift, um eine und Entlassung des Mannes berbeizutühbren auch in diesem Falle ihre Pflicht getan.

Die Bedauptung, daß bei den Mannschaften Unzeborsam immer sebr firenge beftrast werde, hat der Abg. Bebel dur cin Beispiel an 2 Kürassicren des Kürassierregiments Nr. 7 erläutert. Leider bat er das Erdergebnis der Sache mitzuteilen unterlassen. Das Urteil if nämlich aufgehoben und Meuterei nicht angenommen worten. (Hört ! bôrt! rechis ) Die Leute sind mit einer verbältnlömükia acringen Strafe davongekommen. Also derartige Einzelfälle anzuführen, hat doch seine großen Bedenken

Der Herr Vorredner hat dann geglaubt, der Armee eine Aus- bildung neuer Art vorschlagen zu sollen, und zwar geflóyi auf eine Neihe von Aussäyen, die er zum Teil hier verlesen bat. Ich kann nur wiederholen, kritisieren ift bei uns gestattet. Dak alle Kritiken aber richtig find, ift nicht zu verlangen. Zieht man sie in Betracht. so fommt es doch sehr auf die Persdaliekeiten an, die diele Kritiken reiben. Denn das ift prelfellos, kritisieren i sebr billig, etwas schafsen aber ret schwer. (Sehr gut) Unsere Aasbildung ift außerordentlich einfach. Die Grundlage werden wir nicht äatera. Wir sichen in erster Linke auf dem Boden der Ausbildung des einzelnen Mannes. Wir wollen nicht ih mte auf den cinen der verlesenen Artikel nodmals zurbckommen cine Masse von Menschen, nieht Leute haben, die persdalich nicht im vollen

omi angenommen event. Freisprechung Die Militärärzte haben

Gleichgewicht ihrer Kräfte und Leiflungen sind. Unsere Ausbildung beruht auf der Ausbildung des einzelnen Mannes, und die Gleih- mäßigkeit, die wir darin erzielen, is die Grundlage der Armee, die Grundlage der gleihmäßigen Leistungen aller Korps. Darin liegt au die Wichtigkeit der Paraden begründet. Auf die Weise sehen wir, daß die Armee in allen ihren Teilen gleihwertig ausgebildet ist. Eine andere Kontrolle ist nicht vorhanden. (Bravo! rets.)

Was der Abg. Bebel über die Shlahteninfanterie aus dem „Militärwochenblatte“ hier sagte, zeigt, daß er es nit verstanden hat. Der Streit dreht {ih um die Frage: foll gewissermaßen das Exerzieren auch auf den Schüßendienst angewendet, kurzum soll der sogenannte Drill auch auf die Schütenlinien übertragen werden ? Darüber sind die Meinungen natürlih sehr verschieden. Derartige Artikel werden im „Militärwochenblatt* veröffentlicht, weil aus dem Widerstreit der Meinungen {ih \ch{ließlih etwas Gutes entwielt. Beide Ansichten haben ihre Begründung, relativ ihre Berechtigung, und es entwidelt sich die Sahe weiter. Aber aus einem Artikel im „Militärwochenblatt* einfa den Schluß zu ziehen, die Ausbildung der ganzen deutschen Armee sei Unsinn, das verstehe ih niht. (Sehr wahr! rets.)

Auch von den in China gemachten Erfahrungen hat dr Abg, Bebel gesprochen. Gerade dort hat sich gezeigt, daß die Selbständig- keit unserer Leute eine vortrefflihe war. Ganz besonders zeigt fch das an dem Beispiel, wo die Leute in dem richtigen Gefühl, die Distanz nit richtig geshäßt zu haben, langsamer \{chossen. Das ift ein Triumph unserer Ausbildung. (Sehr richtig! rechts.) Daß man über eine tiefe Schlucht hinweg sich vershäßzen kann, ift nichts Neues. Wie Herr Bebel das Kunststück fertig bringen will, durch Instruktion es zu ermöglichen, daß jedermann die Distanz richtig {häßt, weiß ih niht. (Heiterkeit rechts.) Vom Mann muß verlangt werden, daß er in jedem Gelände, bei verschiedener Beleuhtung und Bewachsung, und überall da, wo das Schäten \{chwierig ist, sich dur Beobachtung des Schusses berichtigt und die Visierstellung ändert, und wenn in cinem solchen Falle 759 m geschäßt, die Visiere aber nach erfolgter Beobachtung auf 500 m richtig umgestellt worden sind, dann ist die Kompagnie ausgezeichnet ausgebildet. (Sehr ritig ! rechts.)

Dann kamen die Kaisermanöver an die Reihe, die ih ja in der heutigen Zeit einer besonderen Gunst in der Kritik erfreuen. Ich habe in meinem Leben recht viele Manöver mitgemacht: \{on vor 1866 und vor 1870; wer hätte damals geahnt, daß auf diesem Gebiete solche Fortschritte gemaht werden, daß es möglich sein würde, o große Truppenmassen in so kurzer Zeit zusammenzuzieben, und in so geschickter Weise unter voller Ausnußzung des Terrains opericren zu lassen! Das wäre in der Tat früher einfa unmöglih gewesen. Möge man uns das doch einmal nachmahen. Wenn man diz Sachen o genau kennt und \sih mit ihnen \o eingehend beschäftigen muß wie der Kriegêminister, so kann ih nur sagen, die Truppen zeigen \ich im Manöver in einem ganz ausgezeichneten Lichte.

Auch die übliche Besprechung der Kavallerieattacke hat beute wieder niht gefehlt. Herr Bebel spra den für mi sehr interessanten Satz aus: „natürlich, weil das eine Korps mehr Kavallerie batte als das andere, mußte es zurückgehen.* . Bis dabin haben die Herren dort immer behauptet, Kavallerie sei ganz überflüssig (Zuruf links), ganz unnöôtig, Infanterie genüge. Wo soll das nun anders gelernt werden als bei den Kaisermanövern?! Die Formierung eines Kavalleriekorps bedingt übrigens noch nicht, daß die andere Partei keine Kavallerie bätte. Das wäre allerdings unrichtig. Schon dit

Gegners zurückd; er wird defensiv und lehnt si mit dem Flügel an da die rückdwärtigen Verbindungen bedroht \ind. Auf diese Weise lernen wir den Wert der Kavallerie s{hägen, und wir wi daß, wer über viele Kavallerie Gegner weit voraus ist solcher Kavallerieattacken betrifft, Stelle weiß es in erster Linie, daß eine Attackz, in der Front ange! tzt zu keinem Ergebnis und nur m Verlusten führen kann

muß dbierbei weit ausbolen

in seinen Oper

p-rtfual Pera O « YV 28

(Sebr richlig !)

en genau,

f Li nun die Ausführung

und darf größere Möêrsche nicht {euen

Führt der Anmarsch auf die richtige Stelle, gegeben. Früher stellle sich dei uns die Kavallerie auf

Fa i d p a Kad N o it der Erfolg dadurd

der Zeit Friedris des Großen, zur Attacke vor. Jett ift das mehr mögli. Sic muß versuchen, die Verbältniße ! aufzuklären, dann wenn erforderlich einen Marsch v

40 km niht scheuen, und si an der reten Stelle mit voll einsezen. Cine solhe Kavallerie m n Sieg

knüpfen. Das kann aber nur gelernt werden bei so großen wie es die Kailsermanöver find. Ob man dieses oder

lande tadelt oder lobt, fann uns tabei nicht berühren leit zu erfennen. Ih (

dole: Kritik ift billig, aber ob der Herr Aba wäre, das zu hafen, was inuvishen geshzfsen worden n dodem Maße uvcifeldaft. (Bravo! rets.)

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blichen, wen: F f Betel

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da. vov Tiedemann (Ry.) on Deren bt Mülitäretat zu hêrea. Ich höre Ls

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Bebel jedes Jahr eine Rede zum ne ganz gerne und sie brachie bisher deutige Nete macht aber davon cine Ausnahme alten Dinge. Dic Duellfrage ift hier wiederboli erêrtert worden. Ie möchte detoncn, halten Sie (links) so viele Reden wie wel-n dershärfen Sie das Strafgeseyduch, aber

nicht fortbriagen, wo jemand, dem sein dôder steht ais alles andere, feln anderes ¿a greifen. Ich würde cs detauera, wenn diese Gesinnung vollliäntia aus dem Volke vershwändte. Jch kann mir Fälle denken, wo ic mich troy meiner weißen Haare schlagen würde. Dak es in großen Armeen einize brutale Leute gibt unter den Unteroffizieren, if doch ganz naturlih. Die Zahl ißt aber verhältniömäßig ver- shwindend gering. Mikdandlungen kommen do aud anderewso vor. Hat e Bebel keia Gefühl fär tie bratalen Mb- dandiuagen Streils gegen Menschen, die ardeiten wollen lad was ift Schuld an der Uecderdbutrdang der Soldaten uad Otfiriore wenn nichi die zweizährige Dienstzeit? Diese kürzere Diernlileiitang tellt naturlich an die Leiftangzen der einzelnen ganz andere Anforde- rongen als fruher. Wie woch also tas Material des Herra Bebel sein muß, beweisl hon das cine. das ex sein Material aus China bolea mußte. Ich möchte den Minifter fragen, eb hiafehelih der | A=nres der fieineren wad mittleren Sildte Polens etwa) weiteres | . Ansfiuht ommen l. Jch kann Herrn vou Serdor® nux bei riften. diese Frage einer ter wichtigiten Momente wäre dei der TDarcdtüdrang der inamguticttenm Gctmwanisatiowspelitik Zur wittichai:- |! {ichen Hetang des Mittelitantes ant Stärkung des Deutidtamt !timate | feine aatere Maßregel in höderem Srate beitragen |

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G LIELES s N ENSS | das Recht zu shüyen hat, {hüpt es nicht, sondern tritt es mit Füßen. Anwesenheit einer größeren Kavalleciemasse drüdckt die Operationen des | Sus

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so weiß jeder, und die entscheidende | | Mal zur Ordnung wegen Ihrer fortgese

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feld auf, wartete den rihtigen Moment ‘ab und ging dann, wie in | d

verbandlungen mit großem Fleiß, die wir auch 1 recht

| Uebertreibungen gebütet | ift bei ibm immer dieselbe geblieben | des Avslandes

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| reábaten Fay] von Feiliysh zurêde Ly | Jadre versproden, dah gegen die „Münchener Poll wegen der

Kriegsminister, General dec Jnfanterie von Goßler:

Die Anfrage ift niht so leiht zu beantworten. Es kommt dabei in erster Linie auf die lokalen Verhältnisse an. Wir haben die Reihe der kleinen Garnisonen sehr beträhtlih rermehrt und, soweit ih die Allerhöchsten Intentionen kenne, is Seine Majestät geneigt, auch ferner die Dislokation weiter auszudehnen. Das ist aber zweifellos: Ohne bessere Zulagen an die Truppen wird es kaum möglih sein. Die Familien kommen eben an Orten, wo keine Gymnasien oder höhere Schulen bestehen, auch pafsende Wohnungen nicht zu haben sind, fo daß monatelang ein getrennter Hausstand stattfinden muß, mit Rücksiht auf die dadur entstehenden besonderen Ausgaben mit den gewöhnlichen Bezügen nicht aus. Im übrigen würde dur den Etat in solchen Orten für Bereitstellung von Kasfernement oder B:willigung der erforderlichen Miete hierfür Vor- sorge zu treffen sein.

Gs wird also auf die besonderen Verhältnisse und die Möglichkeit ankommen, dem Offizierkorps in einer solchen kleinen Stadt die

notwendigen Lebensbedingungen dauernd in jedem einzelnen Falle zu sichern.

i; Abg. Hug (Zentr., {wer verständlich) fragt, wie es mit. der Nangerhöhung der Militärkapellmeister stehe. Ueber das Duell sei in prinzipieller Beziehung so viel gesagt worden, daß der erste Nedner des Zentrums sih nicht mehr darüber auszusprechen brauche. Das Zentrum verwerfe das Duell prinzipiell. Es sei eine Antiduellliga gebildet worden, der auch viele Mitglieder des Zentrums angehörten. Ueber die Mißhandlungen herrsche im Reichstage nur eine Stimme der Mißbilligung. Die allgemeine Wehrpflicht lege dem Volke große Lasten auf, um so notwendiger wäre es, daß die Vorgesetzten diesen Mißhandlungen möglichst vorbeugten.

__ Departementsdirektor im Kriegsministerium, Generalmajor von Einem genannt von Rothmaler: Wir find geneigt, einzelnen Stabs- hoboisten einen höheren Nang zu geben. Die Erwägungen sind aber noch nit eingeleitet worden. Was geschehen wird, kann ih noch niht sagen. Die Gewährung höherer Bezüge oder eines höheren Langs ist aber bis jezt nicht wegen der Finanzlage zurückgestellt worden.

Abg. von C zarlinsk i (Pole): Der Kriegsminister hat den am verbrecherishe Handlungen nicht nachweisen fönnen. Nationale Sigentümlifeiten können wir nicht ablegen, täten wir es, so würden wir erbärmlihe Schurken sein

_ Abg. Kunert (Soz.) tritt den Ausführungen des Krie 8ministers über die zahlenmäßigen Feststellungen der Soldatenmißhand ungen und über die Manöver entgegen. Heutzutage kämen die Monöver auf reine Spielerei hinaus, die die Notwendigkeit einer Kavallerie zu zeigen bestimmt seien. Der Kriegsminister habe sih freilid über die Ver- mehrung der Kavallerie auêgeschwiegen; das sei bezeihnend. Der Präsident sei nach dem Grundsaß: sic volo, sic jubeo, seiner Absicht entgegengetreten, sih mit der Person des Kaisers hinsichtlich der Leitung der Manöver zu beschäftigen. Was jedem elenden Winkelblättchen gestattet sei, folle bier nicht gestattet sein.

Präsident Graf von Ballestrem: Was hier im Reichstage gestattet ist, bestimmt die Geschäftsordnung und, wenn in der Ge- schâftsordnung nichts besonderes darüber steht, der Präsident. Dabei bleibt es, und wenn Sie dreimal sagen: sic volo, sic jubeo, so wird der Präsident immer das tun, was ihm sein Gewissen und seine Amts- pflicht vorschreibt. Jch bitte Sie nohmals, die Truppenfübhrung Seiner Majestät hier nicht zu kritisieren und nicht in den Bereich Ihrer Gr- örterungen zu ziehen.

Abg. Kunert: Es is hier manches gestattet worden. Den Namen Gottes kann man hier aussprechen, aber den Namen Wil- helm 11. nicht.

Präsident Graf von Ballestrem: Ih rufe Sie biermit zur Ordnung, weil Sie erstens auf ganz unpassende Weise den Namen R Majestät erwähnt und zweitens meine Anordnungen kritisiert

aben.

Abg. Kunert: Die Redefreiheit, dieses Palladium des Reicbs- Und derselbe Mann, der

(Großer Lärm.)

Präsident Graf von Ballestrem: Ich rufe Sie zum zweiten Mal zur Ordnung wegen Ibrer unberechtigten Kritik meiner An- ordnungen, und mache Sie auf die geschäftsordnungämäßigen Folgen

Abg. Kunert: Nah dem, was ih Sonnabend erlebt babe ind deute erleben mußte, genieren mih Ihre Ausführungen absolut jar nicht. (Erneuter großer Lärm.)

Präsident Graf von Ballestrem: Ih rufe Sie zum dritten ten Wideripenstigkeit gegen meine Anordnungen, und wenn Sie jezt Ihre Rede nicht deenden, ss werde i das Haus zu befragen haben.

Abg. Kunert: Nein, ih habe kein Bedürfniß, noch weiter zu reden

Abg. Graf von Roon: Herr Bebel hat ih beute direkt an mi gewandt. Die Methode bat Herr Bebel geändert; früher batte er die Zeitungsausschnitte da, jeyt studiert er die Militärgerichts- son alle in den Neues hat er nicht gebracht. (Er hat gan wenn er Mißstände zur Sprache bringt, ader es kommt as die Art und den Ton an, wie man das tut. Er hat si nit vor diese Methode halte ih für ungeret, aber sie Derr Bedel führt au Stimmen über unsere Manöver an; was die sagen, kann uns edr wenig anfechten. Wir sind nicht darauf angewiesen, nabdem wir geieigt baden, daß wir in der Tat die erste Armee der [t find. dauerlih, daß Vergehen und Verbrechen in der Armce vor?ommen; aber so scharf zu verurteilen ift das doch nicht; denn es ift nit nur SHlehtes von der Armee zu sagen, sondern man kann sich des Guten nur freaen, das wir in ihr \c{:n. Es ja \chrecklih und fürhterlih, was in Renddbarg vorgekommen ist: ader Mobdeiten kommen in anderen Ständen aub dor, so, wenn Arbeitswillige von Streikenden dransgsaliert werden. Wir legen feine Sammlung von solhen Einzelfällen an und sagen

idt deswegen: alle Arbeiter sind rode Measéeca. Die Rod- beiten weiden sehr streng bestraft: wenn man sie aber immer wieder orbringt, kann cs letiglih die Absicht scin, die Achtung vor dex Armee und die Freude daran vor der ganzen Nationa Der Angriff auf die Müitärärzte ift ganz ungualifizierbar Ein Vorstand des Antiduellvereins ill diensitacnder Kam Hofe: damit widerlegt sich cinc weitere Aeußerung des Herrn Bebel Beim Begnadigungörecht ift allcs mit reten Dingen wir fênnen da keine Kritik flatuieren. Die Kritlsierung ter urtteile zeugt von sedr geringer AStung vor den Gerichten. Ueber die Ausbildung des Heetes enticheiden antere Faktoren als Herr Bebel; der soll fd rubig schla‘rn legen. er tarf glauben. dok aud i Deutschland dur die teutsche Armce sehr gut geschügt wer Die Sedrift des Herrn von der Goly beweiii doh nur, wie Meiaung?äcßerengen in der Armee gedaldek werden. Die A d Leifte dexr Vorgesepten jeyt ionders dobe Ansprüche bei dieier kurzen Dienttzelt; wie ticke VDientizeit, die aegea die Vertas od gegen das allgemeine Wedrgcey il ich dee. wir werten bald davon zwuräckom

d sebr viel Ucdeltténte wieder verlieren: es wird dab 8 grmabte Exrverimen? ein Fedler war nud nitt

Abz. Dr. Sudekum (Sop) gebt auf dea im Jahre Die Derwaltuag bade

eitungen gelesen daben

.

beuttang, dah Freiterr 208 Feiliyih wegen Feigheit in lasen werden sei, Strafantiag gestellt werde. Dieser Strafantrag bis jeyt nicht geftelit worden, es stete nunmebr feft, dah cin