1903 / 65 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 17 Mar 1903 18:00:01 GMT) scan diff

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erledigt erklärt. :

Verband deutsher Lohnfuhrunternehmer in Frank- furt a. M. petitioniert um Erlaß eines Reichsgeseßes, durch welches die Betriebsunternehmer vonStraßenbahnen haftbar gemacht werden für alle zufälligen Sachbeschädigungen in ihrem Betriebe. : i

Die Kommission beantragt Ueberweisung an den Reichs- kanzler zur Erwägung; von dem Abg. Meister (Soz.) liegt ein Antrag auf Ueberweisung zur Berücksichtigung vor.

Abg. Dr. Müller-Meiningen (fr. Volksp.) unterstüßt den leßteren Antrag und weist darauf (08 daß eine [olche Haftpflicht in der Schweiz schon bestehe. Dem neuen cie sen müßten auch die Automobil ahrteuge unterstellt werden. Die Notwendigkeit einer reih8geseßlihen Regelung beweise speziel Hamburg, wo mehrere Staaten von derselben Siraßenbahn berührt würden. :

Abg. Ledebour (Soz.) erklärt, er könne niht einschen, wie die Regierung angesichts des zuleßt betonten Umstandes noch immer auf dem Standpunkt verharren könne, daß die Angelegenheit landes- geseßlich zu (0 sei. Wie in Hamburg liege die Sache auch in Frankfurt a. M.

Die Petition wird dem Reichskanzler zur Berücksichtigung überwiesen. Dasselbe geschieht O der Petition der- selben [iht d auf Erlaß eines Pes betreffend die

: n des Petenten gewillfahrt worden; die Petition wird E

Haftpflicht der Besißer von Kraftwagen für Schaden an Personen und Sachen, nachdem die

bgg. Dr. Müller-Meiningen und Ledebour ausgeführt haben, daß die Gefahr für dritte Personen und deren Eigentum bei Auto- mobilen noch größer sei als bei den Straßenbahnen, sodaß die Hasft- pflichtbestimmungen des Bürgerlichen Geseybuhs ganz ungenügend

seten.

N Ottilie Baader und Genossinnen Me um Ausdehnung des gesezlihen Schußes für Ar- beiterinnen (Absolutes Verbot der Nachtarbeit, Achtstunden- tag, Freigabe des Sonnabendnachmittags, Ausdehnung der Schußtzbestimmung auf die Hausindustrie, Anstellung weiblicher Fabrikinspektoren, völlige Koalitionsfreiheit 2c. 2c.) petitioniert.

Die Kommission beantragt, diese Petition bezüglich des eigentlichen Arbeiterinnenshußes dem Reichskanzler als Ma- terial zu überweisen; über das weitere Petitum, Gewährung des aktiven und passiven Wahlrehts zu den Gewerbegerichten, soll zur Tagesordnung übergegangen werden.

Abg. Ledeb our vertritt den Antrag Meister, die gesamte Petition dem Reichskanzler zur Berücksichtigung zu überweisen.

Abg. Wattend orff (Z?ntr.) befürwortet dagegen, die Petition mit Ausnahme des leßten Punktes, betreffend das Wahlrecht, dem Reichskanzler zur Erwägung zu überweisen, indem er gleichzeitig er- wähnt, daß inzwischen weitere Petitionen gleihartigen Inhalts ein- gegangen seien. |

as Haus beschließt nah dem Ane Wattendorff und geht über den leßten Punkt der Petition zur Tagesordnung über.

Zahlreiche Vereine für Natur- und Volksheilkunde ver- langen das Verbot med izinisherEingriffe zudiagnostischen, Heil- und Jmmunisierungszwecken an Menschen. Die Kom- mission hat Ueberweisung an den Reichskanzler zur Erwägung beantragt.

Referent Abg. Thiele (Soz.) bebt in längerem Vortrage hervor, daß die Kommission einig in der Verurteilung der ärztlichen Ueber-

riffe dieser Art an Menschen gewesen sei. Alle Shmußigkeiten eines

Nardenkötter seien nihts gegenüber den shamlosen Vivisektionsversuchen an Menschen, die im Namen einer verrückt gewordenen Wissenschaft begangen würden und die in die finstersten Zeiten des Mittelalters zurückführten. :

Abg. Dr. Oertel (d. kons.): Die Wissenschaft als solche bat si solhe Schamlosigkeiten uicht zu hulden kommen lassen ; in der Beziehun hat der Vorredner die Farben zu \tark aufgetragen. Es handelt sich ledigli um Uebertreibungen, die ih ebenso wie er verurteile, namentlih wenn man an den gar Neisser in Breslau denkt, wo Syphilis- übergeimpft wurde. Die konservative Presse hat ebenso wie die Presse der äußersten Linken gegen diese Aus)chreitungen Front gemaht. Die Nefkti fikation des Professors Neisser halte ih mit dem Referenten für völlig ungenügend. Der Erlaß des preußischen Kultusministers und ähnliche, die in anderen deutschen Staaten eraangen sind oder ergehen sollen, schaffen keine genügende Abhilfe. Der badishe Erlaß besagt, daß Eingriffe nur von den Vorstehern der Kliniken und niht an minder- jährigen oder niht ganz geschäftsfähigen Personen vorgenommen werden ollen. Diese Kautelen find nicht hinreichend. Medizinishe Eingriffe zu anderen als den genannten Zwecken follte man ganz verbieten oder nur

anz ausnahmêweise gestatten, z. B. wenn ein Assistent eines Professors

fich zu dem Eingriff bergibt. Jch nehme an, daß dic Forderung der Kommission nur irrtüumlih besagt, daß \oldhe Eingriffe verboten werden follen, dic zu diagnostishen Heil» und Immunisfierungüzweckten unternommen werden, denn man wird do nicht solhe Eingriffe ver- bieten wollen, wenn sie zu Heiluwecken erfolgen. Habe ih mit meiner Meinung ret, so kann ih durhaus der Kommission beistimmen.

Referent Abg. Thiele bestätigt, daß es heißen müsse: „zu anderen als usw. Zwecken.“ _

Der Kommissionsantrag wird angenommen.

Die Petition der Handelskammer zu Schweidnitz, betreffend die anderweitige Regelung des Verkehrs mit Heil mitteln außerhalb der Apotheken, soll dem Reichskanzler als Material überwiesen werden.

Abg. Dr. Müller- Meiningen hebt hervor, daß die Drogisten um Freigabe des Handels mit Brustthee, Holzthee und ähnlichem petitioniert hätten.

Direktor im Kaiserlichen Patentamt, Geheimer Negierungkrat Nobolski: Die neueren Anträge der Drogisten sind noch nicht in Berücksichtigung gezogen, weil die betreffende Kaiserliche Verordnung erst am 1. April 1902 în Kraft getreten ift.

Abga. Lenzmann ist von dieser Antwort nicht befriedigt sei do obne Gefahr, wenn die Drogisten diese Artikel im ga verkaufen fönnten

Das Haus tritt dem Kommissionsantrage bei

Die Petition, betreffend Ergänzung des Gesehes zur Be- kämpfung des unlauteren Wettbewerbs durch Bestimmungen gegen die Mißbräuche im Ausverkaufswesen, soll nach dem Antrage der Kommission dem Kanzler als Material über wiesen werden

Abga. Dr. Oertel: Jch habe vor zwei Jahren cinen entsprechenden Antrag gestellt, Die Kommission will ten Antrag als Material überweisen. Es hätte den Petitionen mehr entsprechen, wenn die Uederweisung als Material zur Abänderung der Gesehgebung de- antragt würde, was au, wie der \{riftliche Bericht ergibt, in ter At und im Sinne der Kommission log. Es sind nicht allein zünftlerisdhe, sondern auch die freisinniger gerichteten Gewerbevercine, welche das Petitum befürwortet haben. Die Petition lommt aus fasi allen Teilen Deutschlands; aus Süddeutschland, wie aus Sachsen, so aus Drestea und Zwickau. In Sachsen pflegt man die Dinge gründ- lih zu durédenfen, che man mit Petitionen vorgeht; dieser Umstand verdient also besondere Beachtung. In den leiten 2 oder I Jahren it faum eine Bereininns von Kaufleuten eter Gerrerbetreibenten bei‘ammen en, die nicht mit der Sache befaßt hätte. Auch die Wisscoschast hat die Frage in der „Juristen-Zeitung*, im „Ret“, in der gegen den unlauteren Weitdbewerb* bearbeitet Die Wünsche gehen aubecinander. Man will die Ausverkäufe ge-

ichtig oder miadeslens anzeigepflichtia machen; die e will man in irgend einer Form aus der Welt

5 —y Der dab von Waren soll unbedingt oter wenigstens der Haupisache unmöglich gemacht werten: die Dauer des Autver-

kaufs soll irgendwie begrenzt werden. Oesterreich hat seit 1895 ein A R aulbezie ; wenn dieses nicht allen usorderungen ey t. so änzlih ru

müssen wir ein machen, nicht aber die Sa en lassen.

Umfragen und Er en sind bei uns in der Ri PRag ae enommen worden, aber Praktis nicht gesehen. Schäden und f äuche be- stehen auf dem Gebiete des Ausverkaufswesens, wie ih schon bei der Etatsberatung ausführte. Kürzlich hat ein Ausverkauf wegen Brand- \chadens \tattgefunden, obwohl der Brand im Nachbarhaufe war und die Waren nicht dur eine Stichflamme berührt worden waren. In einem anderen Fall wird sechs Wochen nah Eröffnung des Geschäfts ein Inventurausverkauf veranstaltet. Diejenigen, die fich durch solche Dinge täuschen lassen, werden nicht alle, besonders unsere \{chöneren Hälften lassen sich immer wieder täuschen, wenn sie von „Aus- verkäufen“ hören und ein Gegenstand von 50 4 für 48 § im Schaufenster ausgestellt is. Der ehrlihe Handel wird, wenn er einen Ausverkauf macht, als unreell stigmatisiert. Das muß anders werden. In Cassel hatte ih vor kurzem Gelegen- heit, bei einer kurzen Wanderung durh die Straßen 16 Ausverkäufe anzutreffen; ih war dabei mit einem der Bevollmächtigten für Sachsen zusammen und hoffe, daß diese Wahrnehmung für die sächsische Ne- gierung gewinnbringend gewesen is. Wir werden den Weg weiterer Spezialgeseßgebung beschreiten e: das Ausverkaufsgesez ist für mich der erste Schritt auf N ege. Die Befürchtung, daß davon auch der findige Handel getroffen werden könne, der gerade noch auf der Grenzscheide zwishen Schwindel und ehrlißem Geschäftsbetrieb liegt, kann mich niht s{chrecken; wir können den Schwindel nicht inbag lassen, weil der Halbshwindel auch einmal gefaßt werden nnte.

Abg. Bassermann (nl.): Es fragt sich, ob man die Frage der Ausverkäufe durch ein besonderes Geseß regeln, oder ob man die Auswüchse durch ein Ergänzungsgeseß zum Geseß über den unlauteren Wettbewerb beseitigen foll. bin für den zweiten Weg. Dieser Ansicht ist auch der Verbandstag der deutshen Gewerbevereine, eine Vereinigung, die auf dem Boden der Gewerbefreiheit steht. Die Frage des Nachshubs ist spruchreif, und ih möchte bitten, den be- treffenden Punkt dem Reichskanzler niht als Material, sondern zur Berücksichtigung zu überweisen. Im übrigen {ließe ih mich dem Vorschlage der Kommission an.

Abg. Dr. Müller - Meiningen: Nicht nur die Judikatur des Reichsgerichts, auch ein Erkenntnis des Oberlandesgerihts in Darm- stadt gibt zu Bedenken Anlaß. In neuerer Zeit ist aber in der Necht- \sprechung eine Besserung eingetreten. Vor kautschukartigen Strafs bestimmungen möchte ih warnen. Zu einer Spezialgeseßgebung ist die Frage noch nicht reif. Es is immer s{wierig, in der Gewerbegeseßz- gebung an die Stelle eines Bestehenden etwas Besseres zu seßen. Jch werde für den Kommissionsbes{chluß stimmen.

Abg. Cahensly (Zentr.) erklärt sh dafür, tas Geseß über den unlauteren Wettbewerb einer Ergänzung zu unterziehen.

Abg. Thiele erklärt ch gegen den Kommissionsantrag.

Abg. Lenzmann meint, daß eine sharfe und korrekte Anwendung des Gesetzes über den unlauteren Wettbewerb {hon jeßt die betreffenden Auswüchse aus der Welt schaffen könnte. Zu Polizeigeseyen follte man nicht ohne Not greifen.

Der Antrag der Kommission wird mit dem Unterantyag Bassermann angenommen.

Die Petition des Viehhändlers Feilzer zu Mülheim a. Rh., betreffend Schadenersaßansprüche für Verluste bei der Lieferung von Schlachtvieh während des Feldzuges von 1870/71, wird dem Reichskanzler zur Berücksichtigung über- wiesen.

Eine Petition, betreffend die reihsgeseßlihe Regelung des Jrrengeseßes und Aenderung des Entmündigungs- verfahrens, wird dem Reichskanzler als Material über- wiesen; dasselbe geschieht bezüglih Petitionen wegen Aenderung des Strafgeseßbuchs hinsichtlich der Bestimmungen über den Zweikampf.

Die Petition deutscher Zeitungsverleger in Hannover wegen Vorlegung eines Gesehentwurfs über die Regelung des Arznei- und Geheimmittelwesens wird dem Reichs- kanzler zur Berücksichtigung überwiesen, unbeschadet der von der Reichsregierung beabsichtigten Maßnahmen; der gleiche Beschluß wird gefaßt, betreffend Petitionen über den Erlaß cines Geseßes über die eingetragenen Berufsvereine und betreffend den Erlaß eines NReichsstrafgeseßvollzugs über Preßvergehen

Petitionen, betreffend Abänderung des Y 100k der Gewerbeordnung, werden dem Reichskanzler zur Erwägung überwiesen.

Petitionen, betreffend Erlaß von Bestimmungen über die Verbrennung von Pestleichen und betreffend die Errichtung cines Reichsarbeitsamts, werden durch Uebergang zur Tagesordnung erledigt. Petitionen, soweit sie eine sahgemäße Beschränkung des Hausierhandels betreffen, werden dem Reichskanzler als Material überwicien, soweit sie ein all- gemeines Verbot des Hausierhandels erstreben, durch Uebergang zur Tagesordnung erledigt

Petitionen, betreffend Einschränkung der Nacht arbeit, werden dem Reichskanzler als Material überwiesen

Petitionen, betreffend Abänderung des Gesehes über den Verkehr mit blei- und zinkhaltigen Gegenständen, beantragt die Kommission ebenfalls dem Reichskanzler als Material zu überweisen

Der Aba. Dr. Crüger (fr. Vol beantragt, die Petition dem Reichskanzler zur Berückichtigung zu überweisen Dieser Antrag findet aber nicht die durch die Geschäftsordnnna vorgeschriebene Unterstühung von 30 Mitgliedern

Das Haus tritt dem Vorschlage seiner Kommission hei und faßt einen gleichen Beschluß in Betreff des Urheber rechts an Werken der Photographie

Eine Petition, betreffend Einführung der Strafe der körperlihen Züchtigung, wird dur frühere Beschlüsse

| des Neichstages über den gleichen Gegenstand für erledigt er

klärt. Den gleichen Beschluß faßt das Haus hbetreffend die

| Verstaatlihung des Arbeitsnachweises und der | Arbeitslosenunterstüßung

Petitionen des deutschen Textilarbeiterverbandes und der christlichen Gewerkschaft in Eupen sollen nah dem Antrag der Kommission dem Reichskanzler zur Berücl- sichtigung überwiesen werden, insofern in ihnen die Ausdehnung der Mittagspause auf 11/2 Stunden, das Verbot des Aufenthalts in den Betricböräumen der Fabrik während der Mittagspause, die obligatorische Einführung der Arbeiterausschüsse, die obligatorische Einführung von Arbeiterkammern verlangt wird, und zur Ec: wägung, sofern in ihnen die Einführung des zehnstündigen Maximalarbeitstages aussc{ließlih der Pausen, sowie das

änzliche Verdot der Nachtarbeit zwischen Abends 8 Uhr und Morgens 6 Uhr gefordert wird

Abz. Dasbach (Zentr.) beantragt, die Petitionen dem Reichs- faniler zur Berücksichtigung zu überweisen

Abga. Franken (nl.) erhebt dagegen Witerspruch, weil die Ver- kürzang der Arbeitszeit die Textilindustrie rataieren köante.

Nach kurzer Debatte wird der Antrag Dasdach angenommen

Die Petition des en seiner Mitarbeit am „Deutschen Postboten“ aus dem Dienst entlasscnen Posschaffners Pfeiffer, dessen Angelegenheit beim Postetat sehr eingehend beipr worden ist, wird durch Uebergang zur Tagesordnung erledigt

Ein Antrag des Abg. Thiele, diese Petition dem Reichskanzler zur Berücksichtigung zu überweisen, findet nicht die genügende Ta To,

Präsitent Graf von Ballestrem beraumt die nähste Sißung erst auf Mittwoch an, um der Budgetkommission Zeit zu geben, die noch aussteheñden Etatsteile zu erledigen; ein weiteres Be- ratungsmaterial für das Plenum liege nicht vor. Er richte an diese Kommission die dringende Bitte, ihre Arbeiten mehr zu beschleunigen als bisher. Wenn sie am Freitag niht fertig werden sollte, so sei es äußerst zweifelhaft, ob der Etat noch vor Ostern erledigt werden könne; - zugleich richte er an die Kommissionen wegen des Sg O und wegen des Phosphor- geseßzes die Bitte, noch vor dem Auseinandergehen des Reichstages vor den Osterferien ihre Arbeiten so zu beschleunigen, daß er die Kommissionsberihte auf die Tagesordnung der ersten Siyung nah Ostern seßen könne.

Schluß nach 53/4 Uhr. Nächste Sizung Mittiwoch, 1 Uhr. (Kleinere Vorlagen und diejenigen Etatsteile, die inzwischen von der Kommission erledigt sein werden.)

Preußischer Landtag. Haus der Abgeordneten. 45. Sißung vom 16. März 1903, 12 Uhr.

Es wird die zweite Beratung des Staatshaushalts - etats für das Rechnungsjahr 1903 im Etat des Ministeriums der geistlihen,Unterrihts-undMedizinalangelegen- heiten bei den dauernden Ausgaben für das Elementarunter- richtswesen fortgeseßt.

Nach den Ausführungen der Abgg. Dr. Müller (fr\. Volksp.) und Vorster (fr. kons.) zu dem Titel „Höhere Töchter- \hulen“, über die bereits in der gestrigen Nummer d. Bl. be- richtet worden is, nimmt das Wort der

E der geistlihen, Unterrichts- und Medizinal- angelegenheiten Dr. Studt:

Meine Herren! Die Ausführungen des Herrn Vorredners zu Beginn seiner Darlegungen gehen von einer fo irrtümlichen Voraus- setzung aus, daß ich mich genötigt sehe, denselben entgegenzutreten. Ich habe mit voller Bestimmtheit namens der Königlihen Staats- regierung am Sonnabend den 14. d. M. hier vor diesem hohen Hause erklärt, daß die Unterrichtsverwaltung niht daran denke, volle Mädchengymnasien einzurichten, d. h. also höhere Lehranstalten, die die Mädchen {hon mit dem vollendeten festen Lebensjahre aufnehmen und ihnen Gelegenheit bieten würden, nah drei Jahren in den Gang der Gymnasialbildung einzutreten. Zu einem derartigen Experimente fann die Unterrichtsverwaltung die Hand nicht bieten. Die an dieses angeblihe Vorgehen der Unterrichtsverwaltung seitens des Herrn Abgeordneten geknüpften Befürchtungen sind also durchaus gegen- standlos. Ich habe die versuhsweise Einführung von sechsjährigen sogenannten Gymnasialkursen, die auch Realkurse sein können, mit dem Hinweise darauf begründet, daß die bisherige Art der Einrichtung dieser Gymnasialkurse nah den mehrjährigen Erfahrungen als eine unzureihende angesehen werden müsse. Die Vorausseßung für diese Gymnasialkurse, daß die Mädchen den vollen Bildungsgang der höheren Mädchen- \{ulen erst zurückgelegt haben müssen, nötigt zu einer Zusammens- drängung eines trockenen und dem bisherigen Bildungsgange der Mädchen durchaus fremden Stoffes, die große Bedenken mit \ich bringt. Abgesehen von der psyhishen Quälerei, die mit einer derartig einseitigen, gedrängten Geistesbildung verbunden ist, kommt namentli au die Gefahr ciner rein gedähtnismäßigen Aneignung des Lern- stoffs in Betracht. Dies zu verhüten, ist die Aufgabe der Gymnasial- kurse, die mit vollendetem 12. Lebensjahre ecingerihtet werden follen.

Meine Herren, ih habe diese von Pädagogen als durchaus emvfeblenswert bezeichnete Einrichtung ausdrücklich als eine versuhs- weise und eine vorläufige bezeichnet. Sollten die Erfahrungen, die mit diesen Versuchen gemacht werden, \ih nicht günstig erweisen, so würde auf eine andere Einrichtung Bedacht genommen werden müssen. Aber id betone nochmals ausdrüdlih, daß die Unterrichlsverwaltung die Verantwortung für die unbedingte Aufrechterhaltung des bisherigen Zustandes angesichts der von vielen Seiten und von wodblunterrichteter Seite bervorgetretenen Klagen niht mehr übernehmen konnte.

Der Herr Abgeordnete knüpfte seine weiteren Ausstellungen namentli au an den Hinweis, daß, nachdem nun cinmal dicser Schritt getan wäre, ganz von selbst andere folgen würden. Nein, meine Herren, ih habe autdrücklih betont, daß das volle Mädchen- gymnasium nicht eingerichtet werden soll, und ih habe au im vorigen Jahre keinen Zweifel darüber gelassen, daß das System der genannten Koedukation von der preußischen Unlerrichtöverwaltung ab- solut verworfen werde. (Sehr richtig!) Damit, glaude ich, können

| Sie si begnügen, und es wird das Ergebnis des Versuchs abgewartet

werden müssen, welcher jet eingeleitet ist. Selbst wenn dieser Ver-

| su aludcken sollte, so ist damit durchaus noch nicht gesagt, daß damit | den uferlosen Anforderungen der sogenannten Frauenrehtlerinnen in

vollem Umfange würde entsproden werden.

Abg. Dr. Friedberg (nl): Der Abg. Dr. Irmer hat si in Ucbertreibungen ergangen. Die Frage der Zulassung der Frauen zu allen Berufen is eine politische Frage, um die es sich hier gar niht handelt. Jh erinnere den Abg. Irmer übrigens daran doß in England au fkon- servative Politiker für das Fravenstimmreht eintreten. Viele Eltern werden so ecinfichtig sein, idre Töchter nicht das Gymnasium desuchen ju lassen, nur um diese Gymnasialbildung als Ausdängeschild zu de- nuyen Viele seminarisi{h aus(edildete Lebrer empfinden es als aroßen Uebelstand, daß ihnen seinerzeit das akademische Studium ver- \dlossen worden isl. Ih muß mich entschiedea dagegen wenden. daß

| die Ausbildung weiblicher Aerzte auf die Gebuartsdilse beschränkt

werden soll; zur Ausübung der geburtsbülflihen Praxis gehören ums sassende medizinische Kenntnisse. Sonst kämen wir dazu, Aerzte erster und zweiter Klasse zu haben; die Aecrzie zweiter Klaße wären ader nur bessere Barbiergebilfen. Es ift eine Frage nicht der Gerechtigkeit, sondern der Zweckmähßigkeit , den Frauca die Möglichkeit des Zugangs zu allen Fächern zw verschaffen. Der Abga. Vorster \{heint nh in seine Anschauung verbissen zu haben. Der Sturm auf das Ermaasium, dea der Abga. Vorsier als abséreckentes Beispiel hin- geitellt hat, ift nicht durch die Eitelkeit der Eltern, sootera durch das Streben nah Erlangung der Bercchtigung zum cinjährig- freireilligen Mülitärdienst verursacht. Man fragt ja dei den Rnebeneumnalien nichi: wober werten die Sedüler fommen. Das Bedürfnis ift eben vor- hanten. Der Abga. Vorster hat auf die gesundheitsichätlihe Wirkung tes Siyens din sen. Ja, hat er uh auch schon cinmal mit dem zent deitsichätlichen Siena an der Nähmaschine, mit der gesuntheits- Hutdlichen Arbeit der Frauen in der Fabrik beschäftigt? Warum mai erx cin sol Uawcsen mit der in den besten Verbältnissen lebenden höheren Tochter ? Der Vorster hat ein Vorurteil, von tem ibn zu befreien eine vergebliche Arbeit f

Abg. Eri (fe. Vag.): Die Debatte über die höherca Mitchen- holen hat sich zu einer Betrachtung über die Frauenfroge aub-

ewachsen. Auch ich will mein Glaubensbekenntnis darüber aut- prehen. Meine Ansicht is die: Die Frau i zu allem berechtigt, wozu sie befähigt ist. Da die pin ihre Befähigung zum Studium hon längst bewiesen hat, so ist niht einzusehen, warum ihr nicht die Universitäten shrankenlos geöffnet werden. Der Abg. Dittrich hat allerdings diesen Nachweis vermißt. Er bezweifelt die geistige Gleichwertigkeit beider Geschlechter. Aber ih muß hier anführen, daß die Frauen besonders in der Medizin und Philologie bewiesen haben, daß fie durchaus befähigt sind zu studieren. Daß sie auch für Juris- prudenz, Theologie und Nationalökonomie- befähigt find, wäre nicht s{hwer nachzuweisen. Aus allen diesen Gründen is niht einzusehen, weshalb der Minister den Studentinnen die Immatrikulation versagt. Hoffentlich wird der engherzige Standpunkt des Ministers ret bald einer besseren Anschauung weichen. Dex Abg. Dr. Irmer hat ge- meint, der Staat habe kein Interesse an weiblichen Beamten, und bis zu einem gewissen Grade gebe ich das zu. Nur in Bezug auf die Aerztinnen behaupte ih, daß auch der Staat ein lebhaftes Interesse - hat, denn sie sind in der Tat eine ethishe und soziale Notwendigkeit. Was die politishen Rechte der Frau anbetrifft, die aus dem Frauenstudium gefolgert werden können, so wäre es durchaus kein Ünglück, wenn hier einige Dußend Frauen unter uns säßen. Der Haupteinwand ist der, daß die Frau fürs Haus eshaffen fei. Nun haben wir im Deutschen Reiche eine

illion Frauen mehr als Männer. Das Mormonensystem können wir doh nicht mehr einführen. Jch halte die Frauenbewegung für einen großen Kulturfortschritt. Die Frauen wollen und sollen mehr als bisher teilnehmen an den Kulturaufgaben unserer Zeit. Dbwohl ich für das Frauenstudium eintrete, muß ih mich aber doh gegen Mädchengymnasien erklären. Die Gründe dafür habe ich in der vorigen Session ausführlich dargelegt. Mein Ideal wäre es, wenn die höheren Mädchenschulen so reformiert würden, daß sich nach dem sechsten Schuljahre ein Nebenkursus abzweigte, in dem die lateinische und nah zwei Jahren die griechische Sprache und anderes gelehrt würde. Die Mädchen könnten dann in der Schule bis zum vollendeten Kursus ver- bleiben und erlangten eine abgeschlossene Bildung. Es würde sih dann zeigen, ob die körperlihe Kraft und die geistige Begabung ausreichen, um die Reife für die Universität zu erlangen. Jch hoffe und wünsche eine Reform nach dieser Richtung hin. Schließlih möchte ih den Minister noch bitten, sein Interesse für die höheren Mädchenschulen noh dadurch zu betätigen, daß er den Etatstitel, der jeßt 280 003 H beträgt, er- heblih erhöht. Die Summe beträgt nur !/,; von der für die Knaben- \{hulen ausgeworfenen. Diese Wertschäßung der weiblihen Bildung bedarf dringend einer Steigerung.

Abg. Schm itz- Düsseldorf (Zentr.): Wir sehen in der höheren Töchtershule das geeignete Institut zur Ausbildung unserer Töchter ; im Anschluß an diese Schule sind Kunstgeschichte, Naturgeschichte und englische und französishe Konversation in besonderen Kursen zu lehren. Wir sehen aber in diesen Lehranstalten keine Vorbercitung8anstalten für die Universität. Wir wollen unsere Töchter zu tüchtigen Haus- frauen erziehen, dazu ist aber das Gymnasium ganz und gar nicht geeignet. Ein beshränktes medizinishes Studium läßt sih den Frauen ershließen. Der Gedanke des Abg. Irmer is in dem Orden der Maternität in Mey verwirkliht. Das eigentlihe Gebiet der Frau ist und bleibt die Familie.

Abg. Dr. Irmer (kons.): Ich habe es für meine Pflicht er- achtet, die Sache hier zur Sprache zu bringen, ja, ih mache mir Vor- würfe, daß ih es niht bereits vor 10 Jahren getan habe. Jn dem Rahmen einer parlamentarishen Erörterung (äßt ih dieses Thema ja niht erschöpfend behandeln; ich will deshalb auch nicht auf alle Widerlegungen dessen, was ih gesagt habe, eingehen. Der Abg. Friedberg hat mit einem großen Sicherheitsgefühl ge- sprochen, das ih für mich nicht in Anspruch nehmen kann. Ih glaube, er hâtte auch etwas vorsihtiger sein sollen. Der Minister Bosse hat im Jahre 1898 die Bestrebungen der Frauen- rechtlerinnen in gleichem Sinne wie ih arakterisiert. Die An- s{hauungen des Abg. Dr. Friedberg bringen uns eine vollständige soziale Umstürzung der bestehenden Verhältnisse. Mein Wunsch wäre, auch die Frauen der mittleren und unteren Stände könnten {h von der Mitarbeit loslösen; jedenfalls wollen wir aber niht die Mitarbeit der Frauen der oberen Kreise fördern. In der Praxis gestalten \ih die Gymnasialkurse für Mädhen doch anders, als es der Minister wünscht. Das, was Bosse vermieden wissen wollte, wird jeßt tatsählich erreiht: zwölfjährige Kinder werden in Schöneberg und Charlottenburg in eine gymnasiale Ausbildung hineingebracht, die mit dem Abiturienteneramen abschließt. Der Minister Bosse hat befürtet, wenn dies eintrete, so würden die höheren Töchterschulen zu Schulen zweiten Ranges herabgedrückt. Jch freue mich, daß der Minister gegen die Gleichmacherei der beiden Geschlechter ist, aber die Konsequenzen aus jenem ersten Schritte befürhte id. Jch wünschte, Bosse bätte es einfah abgelehnt, Mädchen zum Abiturientenexamen zuzulassen. Jett is der weite Schritt geshehen. Dem dritten Schritte wird man ih noch weniger verschließen können. Wenn ih Kultusminister wäre, so wüßte ih nicht, wie ih den Antrag auf Ab- baltuna der Abiturientenprüfung an den neu genehmigten Anstalten ablebnen sollte. Mit dem Worte „Versuh“ ift es etwas Eigenes Ich hoffe, daß der Minister inkonsequent sein und die Zulassung des Abiturienteneramens an den Mädchengymnasien ablehnen wird

Jh werde der erste scin, der dann den Minister lobt. Die | modern Frauenbewegung greift bedauerlich um si; auch in | a

dem Roman „Das grüne Huhn® des Bürgermeisters Meike, der sich{ in dem Milieu studierter Frauen abspielt, wird die gute Haus

frau als eine ganz bornierte Frau hingestellt. Die Frage des Frauen- | wablrechts ist nit vom Parteiflandpunkt aus, sondern vom Zweck- |

mäßiakeitsstandvunkt aus wm lösen. In den 60er Jahren war in konservativen Kreiscn die Anschauung vorherrschend, daß man das Klassenwablrecht beseitigen müsse, aber heute sind wir natürlich von diesem naiven Glauben abgekommen

Minister der geistlichen, Unterrihls- und Medizinal angelegenheiten Dr. Studt:

Meine Herren! Nur wenige Worte der Erwiderung auf die Aus- | Bestand an Noten

führungen des Herrn Abg. Dr. Irmer. Die Erklärung, die der Minister Bosse im Jahre 1898 hier vor diesem hohen Hause ab- gegeben hat, richtete sh hauptsählih gegen den Antrag, der von Breslauer Interessenten gestellt worden war, daß ein

Ausführungen des Herrn Abg. Dr. Irmer am vorigen Sonnabent mußten Sie notwendig entnehmen, daß es ih um cin Vefinitivum

handelte, weil nicht erwähnt war, daß es is nur um cinen Versuch | handle. Der Herr Abgeordnete hat auch dic ganzen Schlußfolgerungen |

seiner Belämpfong tes von der Unterrichtsverwaltung unkcrnommenen

ih gcnôtigt

Jh bedauere, daß der Herr Abgeordnete diesem Versuch gegenüber von cinem Fluch der bösca Tat gesprochen hat. Die Unterrichis- verwaltung ist der vollkommenen Uchberzeugung, dah dieser nach sorg- fältigstier Prüfung, nah wicderholier jadvertitäntiger Untersachung unternaommene Schritt cine wirklich gute Tat isl. Dicse Tat ift uateraommen, um dur elnen praktischen Versach, um durch Er- fahrangen flarzaftellen, c nichi mit dem bisherigen System gebrochen werden muß, mit dem auch von vielen Seiten des hohen Hauses als mangelhaft becichaeten Spitem, welches die Gymnasiallutse auf die

abgeschlossene Bildung der höheren Mütchenschulen aufsbaut. Jch be-

zeichne diesen Versoch als cine gute Tat (schr richtig! links), uad fiche rit an zu erflären Uta voa meiner Seite ein gewisser Mut dazu

| Besland an Reichs-

städtisches | Mädchengvmnasium dort cingerichict werden sollte. Jeyt handelt es | sich nur um einen Versuch, den ih Ihnen gegenüber ausdrückllich als | einen Versuch widerrufliéhen Charakters charakterifiert habe. Aus den |

| das Grundkapital

Exrperiments immer auf die Voraussetzung aufgebaut, als ob es sich | bier um cia Defialtivum handelt, und dagegen mich zu wenden war |

gehört hat. Den Mut, den der Herr Abgeordnete bei mir vermißt hat, habe ih immer, wenn es sich darum handelt, etwas Besseres an die Stelle von etwas Altem zu setzen, was im Laufe der Erfahrungen als mangelhaft befunden worden ist.

Was dann die allgemeinen Betrachtungen betrifft, die der Herr Abgeordnete an die weiteren Konsequenzen in der Frauenbildung, an die akademishe Berufsbildung geknüpft hat, fo gebe ih das von ihm ausdrücklich erwähnte „grüne Huhn“ durchaus Preis. Ih habe genau

denselben Eindruck von dem Buch gehabt, wie der geehrte Herr Vorredner.

Im übrigen kann ih ihm zur Beruhigung noch mitteilen, daß die Gefahr der Wahl eines akademischen Berufes für viele Frauen nicht so groß ift, wie er es heute geschildert hat. Es ist mir aus ver- schiedenen mir zugegangenen Nachrichten bekannt, daß ein nicht uner- heblicher Teil der jungen Damen, die die akademische Bildung be- gonnen hatten und nah der Befürchtung des Herrn Abg. Jrmer den Gefahren aller Blaustrümpfe ausgeseßt waren, sich bereits unter der

Haube befindet und sich zu sehr guten Familienmüttern entwickelt. (Heiterkeit. Hört, Hört ! links.)

Abg. Dr. Arendt (freikons.): Die höhere Töchtershule muß die regelmäßige Bildungs\tätte unserer Töchter sein, die akademishe Aus- bildung darf nur die Ausnahme sein. Deshalb müssen wir der Töchter- A rößere Aufmerksamkeit zuwenden. In diesem Sinn bedauere ih, daß der preußishe Staat nur 280 000 Æ den höheren Töchter- \hulen zugewiesen hat, das ist ein völlig ungenügender Betrag. Die Errichtung von Töchtershulen in kleineren und mittleren Städten sollte durh Staatszushüsse ermöglicht und gefördert werden.

Die Erörterung wird geschlossen und der Etatstitel be-

oe ei dem Titel „Behufs allgemeiner Erleichterung der Volks\chullasten 28 060 000 M“ führt

Abg. Dasbach (Zentr.) zwei Fälle an, in denen 100 katholische Kinder in eine evangelishe Schule gehen müßten, da der Bau einer fatholishen Schule abgelehnt worden sei.

Der Titel wird bewilligt. z

Bei dem Titel „Besoldung und Zuschüsse für Lehrer und Lehrerinnen sowie für Schulen aus besonderer rechtlicher Ver- pflihtung“ tritt

Abg. Graf von Kanit (kons\.) für eine vermehrte Pflege der litauishen Sprache ein.

Der Titel wird E

Zu dem Titel „Zur Ünterstüßung von Schulverbänden wegen Unvermögens bei Elementarschulbauten 1 000 000 M“ berihtet Abg. Winckler, daß im Extraordinarium für den- selben Zweck noch 3000000 M ausgeworfen sind. Beide Titel werden auf seinen Antrag gemeinsam zur Beratung ge- stellt und bewilligt.

Bei dem Titel „Zur Beschaffung von Unterrichtsmitteln und Büchern für Schülerbibliotheken in den zweijprachigen Volksschulen der Provinzen Ost- und Westpreußen, Posen und Schlesien 200 000 #“ bringt

Abg. Stychel (Pole) seine bekannten Beschwerden über ungleiche Behandlung der Polen und Deutschen vor. Es würden Bücher an- getauft welhe dem religiösem Empfinden der Katholiken nicht ent- Iprachen.

Ministerialdirektor D. Schwarßkopff: Die Beschwerden des Abg. Stychel treffen niht zu. Die Schulbehörden find angewiesen, daß bei der Auswahl der Bücher alles vermieden wird, was in kon- fessioneller Hinsicht verleßen könnte. Der Abg. Stychel hat auch nicht einen einzigen Fall angeführt. Solange das nicht geschieht, behaupte ih, daß die unteren Instanzen auch den Anordnungen der Verwaltung nachkommen.

Der Titel wird genehmigt.

Auch die Forderungen für das Lehrerinnenseminar in Trier (Bibliothek, Lehrmittel, Neu- und Umbau) werden nah einem Bericht des Abg. Winckler über die Kommissions verhandlungen und nach kurzen Bemerkungen des Abg.

Dasbach (Zentr.) und des Ministerialdirektors D. Shwarß- |

kovff bewilligt, ebenso die übrigen außerordentlihen Ausgaben für das Elementarschulwejen.

Um 41/2 Uhr vertagt alsdann das Haus die Fortsezung | 93,4 (100,7), aus Boston und Charlestown für 38,9 (60,5), aus Phila-

der Beratung bis 73/4 Uhr Abends.

Handel und Gewerbe.

Nat der Wochenübersicht der Reichsbank vom 14./15, März (4- und im Vecctich zur Vorwohe) betrugen:

Aktiva: 1903 1902 1901

Metallbestand (der M M f . Bestand an kurs- fähigem deutschen Gelde und an Gold inBarren oder aus- ländishen Münzen, das Kilogr. fein zu 2784 M berehnet) 924 095 000 | 1 065 038 000 915 438 000 (4- 4 152 000) (-+ 14 279 000)! (-+ 16 669 000) kafsensheinen 29 875 000 27 900 000 97 901 000

(4- 1 427 000)! (4+ 1 513 000)| (-+ 1 364 000) anderer Banken Bestand an Wechseln

Bestand an Lombard- e forderungen - 4 471 00 64 974 000 ( JGA 000 (-+ 200 000)

Besiand an Effekten 174 471 00 13 §39 000 (-4- 2 997 000 ÿ 939 008)

7 630 000 10 412 000 12 916 000 (4- 1 146 000 (-4- 951 000)! (+- 3 310 000) 720 294 000 691 067 000 (4- 5 777 000) (4- 18 314 000) (+ 8472 000)

675 LI2 Cl

64 942 000 2 086 000) 2 476 000

Besiand an sonstigen Aktiven . j 69 995 000 2 150 000 90 601 000 (+4- 2 008 000) (— 14 445 000) (— S 249 000)

Passiva

150 000 000 150 000 000 (unverändert) | (unverändert) | (unverändert) 47 587 000 44 639 000 40 500 000 (unverändert) | (4 4 139 000) | (unverändert)

150 000 000 ter Nescrvefonds

| der Betrag der um-

laufenden Noten . 1 126 270 000 | 1 103463000 | 1044 827 000 (— 10 51 000) (— 2 378 000)! (

die sonstigen täglich i fälligen Verbind- a H 07 S236 000

671 272 000 599 2313 000

die sonstigen Paffiva

14 156 000 15 237 000 j 20 041 000

is | DiC

9 964 000) |

(4- 27 681 000) (4- 39 190 000)7 (4 458 741 000) |

(Aus den im Reichs'amt des Innern zusammengestellten „Nachrichten für Handel und Endustrie“.) Rußland.

Ausdehnung des Zollreglements für das europäische Nußland auf Sibirien. Saat eines E Kaiser best Be Rei Mp Mtes wird die Gültigkeit des allgemeinen, im euro- päischen Rußland geltenden P RCens und der am 15. Mai 1901 vom Kaiser bestätigten Regeln für die Zollabfertigung demnächst auf Sibirien ausgedehnt werden. Dabei werden jedoch für Sibirien einige, den dortigen Verhältnissen angepaßte Veränderungen der Vorschriften in Kraft treten. (St. Petersburger Zeitung.)

Vereinigte Staaten von Amerika.

Zollzushläge für Prämienzucker aus Oesterreich- Ungarn. Durch einen Nunderlaß des Schaßamts vom 19. E 1903 ist der Zollzushlag auf den aus Oesterreih-Ungarn eingeführten Zucker gemäß Sektion 5 des Zolltarifgeseßzes vom 24. Juli 1897, wie folgt, festgeseßt worden:

1) Auf Zuker mit weniger als 99,3 und nicht unter 90° Polaris fation 2,21 Kronen für 100 kg; f A Zucker mit wvéniètiens 99,3 ° Polarisation 3,18 Kronen ür g.

Für Zucker, der nah dem 1. August 1902 hergestellt und nah den E Staaten ausgeführt wird, kann der Zollzushlag zu- nächst provisorish entrichtet werden unter Vorbehalt der Berehnung nach der öôsterreihisch-ungarischen Nettoprämie.

Ausfuhr der Vereinigten Staaten von Amerika an Ge- treide, Provisionen und Schlachtvieh 1902, unter Berücksichtigung der wichtigsten Exporthäfen.

Die Ausfuhr von Mais lag in den Vereinigten Staaten von Amerika während des Jahres 1902 infolge der völligen Mißernte dieser S im Herbst 1901 {wer darnieder. Nur 18,4 Millionen Bushel Mais gingen im leßten Jahre nah dem Auslande gegenüber 101,5 Millionen im Vorjahre. Der Anteil der Haupthäfen an diesem Exportgeschäft ist dementsprehend heruntergegangen; es wurden 1902 (und 1901) verschifft in Millionen Bushel über Baltimore 4,5 (24,7), New York 3,1 (23,8), New Orleans 2,5 (12,8) und Philadelphia 2,4 (15,8). In der Reihenfolge der Häfen nah ihrer Wichtigkeit für den Maiserport is nur ins\ofern eine Aenderung eingetreten, als Phila- delphia in diesem Jahre von New Orleans überflügelt wurde; bei den anormalen Zuständen dieses Jahres im Maishandel ist diese Er- {einung aber als zufällig anzusehen.

Die Weizenausfuhr zeigte troß der großen Ernte von 1901 ebenfalls den erheblihen Rückgang von 178,3 auf 128,4 Millionen Busbel, an welchem alle Haupthäfen beteiligt waren. Die Ausfuhr von Weizen betrug 1902 (und 1901) in Millionen Bushel von New York 19,9 (27,1), New Orleans 15,6 (24,4), San Francisco 13,7 (15,3), Pouget Sound 12,9 (11,5), Galveston 11,1 (15,7), Willamette 10,7 (14,0), Baltimore 9,5 (20,0), Boston und Charleskown 8,5 (17,9). Die Verschiebungen in der Reihenfolge waren hier zahlreich und be- deutend: vor allem blieben Baltimore, Boston und Charlestown hinter ihrem vorjährigen Range erheblich zurü.

Hafer gebörte zu den Getreidesorten, welhe 1901 in durhaus ungenügender Menge geerntet waren und deren geringe Vorräte möglichst im Lande festgehalten werden mußten: seine Ausfuhr sank auf 5,9 Millionen Bushel gegen 25,8 im Vorjahre. Mehr als 1 Million Busbel exportierte neben New Vork (1902: 1,8 Millionen, 1901: 8,5) nur Pouget Sound mit 1,1 Million, das im Vorjahre an diesem Handelszweig nur eine unbedeutende Beteiligung 0,4 Million Bushel gezeigt hatte. Alle anderen sonst große Mengen Hafer exportierenden Häfen, wie Baltimore, Boston und Charlestown, Philadelphia, New Orleans, verschifften im leyten Jahre nur sehr aeringe Quantitäten.

An Brotstoffen aller Art wurden 1902 nur für 187,4 Millionen Dollar ins Ausland versandt, dagegen 267,9 Millionen Dollar im Jahre 1901. Die Haupthäfen waren 1902 (1901) mit nastebenden Summen in Millionen Dollar an dem Brotstoffexport beteiligt: New Vork 37,6 (53,1), Baltimore 23,2 (41,6), Phila- delphia 18,8 (26,3), San Francisco 17,4 (16,1), New Orleans 15,8 (27,4), Pouget Sound 14,2 (10,3); Philadelphia und San Francisco baben demnach New Orleans in diesem Jahre überflügelt.

Der Gesamtwert aller zur Ausfuhr gelangten Provisionen cins{ließlid lebender Rinder und Schweine zum Schlachten, belief sich 1902 auf 187,7 Millionen Doll.,, während er 1901 2244 Millionen Doll. betragen batte. Aus New York gingen nur 1902 (1901) für

delphia für 17,2 (15,3), aus Baltimore für 13,8 (18,6) Millionen Doll. von diefen Waren. Von Rindern wurden nur 259954 Stü (1901: 389943), an Schweinen 3285 Stück (11 548) nah dem Ausland verkauft. Unter

| den erportierten Provisionen waren die wichtigsten mit ihren Ausfuhr» | mengen für die beiden Jahre in Millionen engl. Pfund: Schweine-

{malz 496,3 (593,1), Speck 266,7 (442,1), Schinken 215,4 (226,1),

| frisches Nindfleisch 241,1 (352,6); an Butter gingen 8,1 (23,5), an

Käse 18,7 (30,8) Millionen Pfund aus. d

(Na The Iournal of Commerce and Commercial Bulletin.)

Amerikanishe Industricentwickelung. Das Sternenbanner soll wirtshaftlih die Welt erobern Ein

| weiteres Ziel ist selten einer Nation gesleckt, aber in den Ver-

einigten Staaten von Amerika ist man an große Unternehmungen ge- wöhnt, und so {cinen si au die wirtihaftliche Unt

| unseres Planeten mande Amerikaner etwa wie eine mächtige

Vertrustung mit amerikanisher Spitze auszumalen

Die un-

ermekilichen natürlichen Hilfétquellen jenes Landes, die schnelle und ge-

tür | waltige Entwickclung seiner wirtschaftlichen Zuîtände und ein

alles curcväishe Maß hinausragender Unternebmungögeist, geben die Erflärurg für die Phantasien von künftiger Weltderrschaft. Wenn man sih auch über diese Zukunftsdilder noch nicht zu erregen

so biltet dechck das maddivolle Aufficigen der Vereinigten Staaten volksrvirtichaftlich und sozialpolitiih viellcicht den bedeutendsten Zug in der Eatwickclungögeichichte der Gegenwart. Um hiervon Que Ea Vorstellung zu bekommen, muß man auf ciwa hundert Jahre zurück-

| Mliden. Das Land ift seit 1900 von 827 §44 Geviertmeilen auf

3 025 C00, ohne Alasfa und die Jnseln, angewachsen. Vor hundert

zählte man reihlih 5 Millionen, 1902 jedo 79 Millionen wohner. Damals kamen auf die Seviertmeile 641, im vorigen Jahre iedo W,11 Menschen. Ueder die wirtschaftlichen Kräfte des Landes vor duntert Jahren ifi Zuverlässiges nicht bekanyt. Bei der erfien amtlichen Feststellung des Nationalvermögens im Jahre 1350

man daticlbe auf 7135 Millionen Dollar, im Jahre 1900

94 300 Millionen Dollar. Auf den Ker! der Bes

| na dieser Ermittelung 1860: 307 Doll, aber 1900

Die Staatsiedulden belieten d am JI3debanderts af L Del eter 156,53

| Zuf dea Kopi, 1900 jedo auf 1107711256 Doll, das

i 1452 Doll. auf den Kerk. 2:

1 274 000) | : | 13% Doll. auf den Bewohner felt

| eb diese Beträge auf 2248 529412

| Kopf vermehrt.

geldes wurde zum ertica Male

Seit 1850 ift die 5

(— 161 000) (— 29 572 000)! (— 33 779 000) | 3967

Der Metaliräckflah in der zweiten Märmwohe war in diesem | hre nichi so bedeutend wie im Vorjahre; im ganzen nahm der | Mi B55

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47 Mil. Mark 144 i everbinblichkriden Verjabres zaróe

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