1882 / 24 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 27 Jan 1882 18:00:01 GMT) scan diff

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polnischen Nation nit gebe, ergriff das Wort der Abg. Kayser, um si zu beklagen, daß er entgegen den Bestim- Ingen des Freizügigkeitsgeseßes aus verschiedenen Bezirken „Sachsens ausgewiesen sei.

Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Königlich sächsische Oberst - Lieutenant Edler v. d. Planiß, führte aus, daß die Auëweisung erfolgt sei auf Grund des sächsischen Heimaths- geseßes, die durch das Freizügigkeitsgesez niht außer Kraft geseßt seien. Der Abg. Liebkneht gab zu, daß die Ausweisung an sich legal sei, aber er glaube, daß ein Gese, wel- hes der Reichsgeseßgebung s{nurstracks zuwiderlause, auf- gehoben werden müsse. Der Staats-Minister von Boetticher bemerkte, daß in solchem Falle der Reichstag die Remedur nicht treffen könne; er stelle es daher dem Abg. Liebknecht an- heim, sih mit den betreffenden Anträgen an die sächsische Re- gierung zu wenden. Die Debatte wurde hierauf ges{lo}sen, und die Position genehmigt, ebenso IV., Kap. 4, 5, 6.

Bei V. Titel 1 fragte der Abg. Löwe an, welche Stellung die Regierung zu der geplanten internationalen Weltausstellung im Jahre 1885 einnehme. Jm Jnteresse der Jndustrie sei es wünschenswerth, wenn hier bald eine authentishe Erkärung abgegeben würde.

___ Der Staats-Minister von Boetticher erklärte, die Re- gierung habe die Sache stets im Auge behalten, jedoch sei das zzahr 1885 ein viel zu früher Termin. Man gehe damit um, eine Verständigung zwischen den einzelnen Regierungen herbeizuführen über die Reihenfolge, in der die Weltausstellungen zu veranstalten seien. Für

das Jahr 1885 sei eine internationale Weltaus- stellung in Berlin auch darum unmöglih, weil bereits in Jtalien seit langer Zeit Vorbereitungen zu

einer solchen getroffen würden. Nachdem der Abg. Dr. Rei- wensperger sih gegen Weltausstellungen überhaupt ausge- sprochen und der Abg. Löwe seine Zufriedenheit mit den Erklä- rungen der Regierung ausgedrückt hatte, wurde Kapitel 7 ge- nehmigt.

Zum Etat des Reichsamts des Jnnern, Kapitel ad D: 1 und 2, gab der Abg. Dr. Lingens cine Berichtigung der Ausführungen, die er bei der zweiten Lesung über Au3- wanderungskommissariate gemacht. Der Abg. Johannsen führte aus, daß in Nord-Swleëwig die Auswanderung haupt- sählih durch Üebergriffe der Polizei befördert werde, Er hoffe daher, daß wenn das angekündigte Auswanderungsgeseßz dem Reichstage vorgelegt würde, auch auf Nord- Schleswig Rücksicht genommen werden würde. Der Staats- Minister von Boetticher erklärte, das Auswanderungsgeseßz würde gewiß auf humanen Grundsäßen beruhen, ob damit aber alle Beschwerden des Vorredners gehoben würden, bezweifle er, da dieselben niht in dem Verhalten der Negierung, sondern in dem Verhalten der dänischen Bevölkerung begründet seien. Die Debatte wurde hierauf geschlossen und Kap. 7 Tit. 1 und 2, Kap. 8, Kap. 9 Tit. 1 bis 3, sowie Kap. 10—13 ge- nehmigt. Hierauf beantragte der Abg. Richter (Hagen), vor der Berathung der Verwaltung des Reichsheeres die Positionen u berathen, welche Aenderungen der Matrikularbeiträge zur Folge haben. Der Antrag wurde angenommen.

Das Haus berieth dementsprehend den von den Abgg. Stengel und Dr. Baumbach gestellten Antrag:

Der Reichstag wolle beschließen : U Kap. 4 Tit. 14 (Einmalige Ausgaben) :

„Zur erstellung eines neuen Dienstgebäudes in Erfurt“ eine von der Budgetkommission zur Bewilligung beantragte, von der Plenarversammlung in der zweiten Lesung gestrichene Forderung von

Siebenmalhundert zwei und zwanzigtausend Mark L N Gesammtbaukosten,

mit Einhundert fünf und zwanzigtausend Mark erste Rate bei der

dritten Lesung wieder einzustellen.

Nachdem der Abg. Dr. Stengel für den Antrag eingetreten war und au der Abg. von Benda denselben befürwortet hatte, ergriff der Abg. Pr, Franz das Wort, um zu erklären, daß er die Nothwendigkeit der Position nicht einsche.

__ Der Staatssekretär des Reichs-Postamts, Dr. Stephan führte aus, daß, nahdem die Position in zweiter Lesung abgac- lehnt worden, von den betreffenden Behörden nohmals ein Gutachten eingeholt sei, ob der Bau nothwendig oder niht, und alle diese Behörden hätten den Bau als dring- lih bezeihnet. Derselbe werde auh bedingt durch den bedeutenden industriellen Verkehr Erfurts, der an die Post- verwaltung ganz erheblihe Anforderungen stelle. Die Position wurde hierauf genehmigt. Es folgte die Berathung des An- trags des Abg. Dr. Arnold: :

Der Reichstag wolle beschließen :

zu Kap. 4 Tit. 21 (Einmalige Ausgaben): zur Herstellung eines neuen

Dienstgebäudes (in Marburg) eine von der Plenarversammlung in der

zweiten Lesung gestrichene Forderung von 80000 M ersle Rate

wteder einzustellen.

__ Nachdemder Staatssekretär des Reichs-Postamts, Dr. Stephan, die Abgg. Dr. Windthorst und Meyer für den Antrag ein- getreten, wurde derselbe angenommen.

Hierauf folgte der mündliche Bericht der Budgetkommission, betreffend die Errichtung eines Militärknaben-Erziehungs- injtituts und einer Unteroffiziervorshule zu Neu-Breisach. Die Kommission beantragte, sowohl den Antrag von Massow:

Der Reichstag wolle beschließen : Einmalige Ausgaben

/ S Kapitel 6 Titel 5a.

Zur Errichtung eines Militärknaben-Erziehungsinstituts mit Unteroffiziervorscule in Neu-Breisach, cins{ließlich der Kosten sur Yerrainerwerb, erste Rate:

290 000 A der ursprünglichen Forderung im Entwurf d Etats zu bewilligen. sowie den Antrag von Benda :

Der reratag Ot Tien:

für den Fa er Ablehnung des Antrages des Abga. vo Massow (Nr. 77 der Druckfsacen), air Mes Kapitel 6 Titel 5a, der Einmaligen Ausgaben wie folgt zu bewilligen:

__ Zur Errichtung einer Unteroffiziervors{ule in Neu-Breisach,

einscließlid der Kosten für Terrainerwerb, erste Rate 290 000 M.“ abzulehnen Beide Anträge wurden hierauf von den Antrag- stellern zurückgezogen. Der Abg. Dr. Lasker hob hervor, daß der Beschluß der Budgetkommisjion kein Präjudiz schaffen solle für die Annahme oder Ablehnung der Forderung überhaupt. Die Regierung möge in der nächsten Session mit einem moti- virten Kostenanschlage kommen, und man werde dann eine Ver- ständigung finden.

Es folgte die Berathung des Antrags Richter agen und Genossen. Derselbe lautete: , E Pagen) Der Reichstag wolle beschließen : 1) hinter Kapitel 18 der Einnahmen hinzuzufügen ein neues apitel 18a. Titel 1 „Aus dem Ueberschuß des Jahres 1881/82“ und unter diesem Titel eine solde Summe einzustellen, welche es

es Reichshaushalts-

ermögliht, die Bilanzirung des Etats pro 1882/83 zu bewerk- stelligen ohne Erhöhung der Matrikularbeiträge gegen das Vorjahr. 2) an Matrikularbeiträgen Kapitel 24 demgemäß nur zu bewilligen 103 684 369 M Bei S@&luß des Blattes nahm der Bevollmächtigte zum - “vera Staatssekretär des Reichsshaßamts, Scholz, das ort.

Die im Reichs - Eisenbahn-Amte aufgestellte, in Nr. 23 des „Reichs-Anzeigers“ veröffentlichte Ueb ersieht der Betriebs-Ergebnisse deutscher Eisenbahnen für den Monat Dezember v. Js. ergiebt für die 63 Bahnen, welche auch {hon im entsprehenden Monate des Vor- jahres im Betriebe waren und zur Vergleihung gezogen werden konnten, nachstehende Daten : (Die preußischen Staats- bahnen und vom Staate für eigene Rehnung verwalteten Bahnen sind dabei als ein Bahnkomplex betrachtet, weil dur die am 1. April d. Js. eingetretene veränderte Bezirks- eintheilung eine Vergleihung bei den einzelnen Verwaltungs- bezirken niht durchweg zu ermöglichen war.)

Die Einnahme aus allen Verkehrszweigen war imDezem- ber v. J.: a. bei Vergleichung der provisorisch ermit- telten Ergebnisse des laufenden Jahres mit dem Definitivum des Vorjahres: im Ganzen (mit 29 109,46 km Betriebslänge) bei 44 Bahnen mit zusammen 22 997,49km höher undbei 19 Bahnen mit zusammen 6111,97 km niedriger als in demselben Monate des Vorjahres, und auf das Kilometer Betricbslänge bei 1 Bahn mit 94,50 km unverändert, bei 44 Bahnen mit zusammen 22 997,49 km höher und bei 18 Bahnen mit zusammen 6017,47 km (darunter 2 Bahnen mit vermehrter Betriebslänge) niedriger, als in demselben Monate des Vorjahres; b. bei Verglei- hung der provisorisch ermittelten Ergebnisse des laufenden Jahres mit den im Vorjahre ermittelten L OLLGEN Angaben: im Ganzen (mit 29 109,46 km

etriebslänge), bei 51 Bahnen mit zusammen 25 658,95 km höher und bei 12 Bahnen mit zusammen 3450,51 km niedriger, als in demselben Monate des Vorjahres, und auf das Kilometer Betriebslänge bei 50 Bahnen mit zusam- men 24 438,03 km höher und bei 13 Bahnen mit zusammen 4671,43 km (darunter 1 Bahn mit vermehrter Betriebs- länge) geringer, als in demselben Monate des Vorjahres,

Die Einnahme aus allen Verkehrszweigen war vom 1. az nuar bis Ende Dezember v. J.: a. bei Vergleichung der provisorisch ermittelten Ergebnisse des lau- fenden Jahres mit dem Definitivum des Vorjahres: im Ganzen (mit 2910946 km Betriebslänge), bei 36 Bahnen mit zusammen 21 813,03 km höher und bei 27 Bahnen mit zusammen 729643 km geringer, als in dem- selben Zeitraume des Vorjahres, und auf das Kilo- meter Betriebslänge bei 32 Bahnen mit zusammen 20 298,54 km höher und bei 31 Bahnen mit zusammen 8810,92 km (darunter 4 Bahnen mit vermehrter Betriehs- länge) geringer als in demselben Zeitraume des Vorjahres ; D De Vergleichung der provisorisch ermittelten Ergebnisse mit den im Vorjahre ermittelten pr0- visorishen Angaben: im Ganzen (mit 29 10946 km Betriebslänge), bei 52 Bahnen mit zusammen 27 007,52 km höher und bei 11 Vahnen mit zusammen 2101,94 km ge- ringer als in demselben Zeitraume des Vorjahres, und auf das Kilometer Betriebslänge bei 47 Bahnen mit zusam- men 24 950,05 km höher und bei 16 Bahn-n mit zusammen 4159,41 km (darunter 3 Bahnen mit vermehrter Betriebs- länge) geringer, als in demselben Zeitraum des Vorjahres.

“Bei den unter Staatsverwaltung stehenden Privatbahnen, ausschließlih der vom Staate für eigene Rechnung verwalteten Bahnen, betrug Ende Dezember v. J. das gesammte konzessionirte Anlagekapital 1212249100 M (408 495 900 /6 Stammaktien, 44 595 000 /4 Prioritäts-Stamnm- aktien und 759 158 200 M6 Prioritäts-Obligationen) und die Länge derjenigen Strecken, für welche das Kapital bestimmt ist, 4064,22 km, so daß auf je 1 km 298 274 M, entfallen.

“Vet den unter Privatverwaltung stehenden Privatbahnen betrug Ende Dezember v. J. das gesammte konzessionirte Anlagekapital 1434967 143 M: (576 677 150 M Stammaktien, 216 576 900 ÁM Prioritäts- Stammaktien und 641 713 093 A Prioritäts Obligationen) und die Länge derjenigen Strecken, für welche dieses Kapi- tal bestimmt ist, 7180,26 km, so daß auf je 1 km 199 849 M entfallen.

Die Vorschrift des 8. 14 des Enteignungsgeseßes vom 11. Juni 1874, nach welcher den Verwaltunzsbehörden (unter Aus\{hluß des ordentlichen Nechtéweges) die aussch{licß- liche Entscheidung darüber zusteht, ob und welche Anlagen der Eisenbahnunternehmer zum Schuße des benachbarten Privat- eigenthums zu machen habe, ist nah einem Urtheil des Reichsgerichts, II. Civilsenats, vom 23. Dezember v. J., nicht nur für die Anlagen, welche bei dem ersten Bau einer Eisenbahn errichtet werden, maßgebend, sondern sie findet au auf spätere Anlagen, welche zum Beispiel die Erweiterung des Vahnkörpers veranlaßt, Anwendung.

l Sachsen. Dresden, 26. Januar. (Dr. J.) Die Zweite Kammer berieth heute den Justiz-Etat und in

Verbindung damit eine Petition einer Anzahl Stadtgemein- |

den um Beibehaltung der bestehenden Untsgerichte. Jn der allgemeinen Debatte wurde von mehreren Seiten eine Erwei- terung der Kompetenz der Friedensrihter in der Richtung mehrerer beim vorigen Landtage von der Kammer gefaßten Be- schlüsse gewünscht, andererseits vom Abg. Freytag eine Schilde- rungentworfen von den Wirkungen der neuen Prozeßordnungen, welche er als günstig darstellte hinsihtlich der Civilprozeß- oròönung, als ungünstig in vielen Beziehungen hinsihtlih der Strafprozeßordnung. In der Spezialberathung nahm die Dis- kussion über die Petition wegen Beibehaltung der bestehenden Amtsgerichte den größten Theil der Zeit in Anspruch. Mit Ausnahme des Abg. Mehnert, welcher der Beseitigung der kleinen Amktsgerichte das Wort redete, sprachen alle Redner im Sinne der Petenten. Staats-Minister Dr. von Abeken erklärte, daß nur mit Nücksiht auf Jnteressen der Zustizpflege zur Auf- hebung von Amtsgerichten werde geschritten werden, verhehlte aver nicht, daß die Aufhebung einzelner kleinerer Amtsgerichte sih kaum werde umgehen lassen. Die Kammer beschloß, die Petition der Staatsregierung zur Erwägung zu überweisen. Der Etat selbst wurde in der Hauptsache nach der Vorlage bewilligt; gestrihen wurde und zwar mit 47 gegen 22 Stim: men, ein von der Regierung zur Gewährung von persönli- chen Zulagen an richterlihe Beamte gefordertes Dispositions- quantum von 12000 M

Vaden. Karlsruhe, . Januar. (W. T. B.) Die Zweite Kammer genehmigte heute einstimmig die durch die Herabsezung der Gerichtskosten veranlaßte Abänderung des Einführungsgeseßes zu dem Gerichtskostengeseßze und beschloß ferner eine Resolution, in welcher die Regierung auf- gefordert wird, bei cem Bundesrath die Abänderung des §. 14 Ziffer 3 des Gerichtsverfassungsges. bes, betreffend Erweiterung der Kompetenz der Gemeindegerichte, zu beantragen.

Oesterreich-Ungarn. Wien, 25. Januar. Die „Wiener Abdp.“ wveröffentliht den ganzen Inhalt der gestern eingebrachten Novelle des Volks\ chulgeseßes und bemerkt, daß die meisten Bestimmungen derselben nur die Kodifikation dec im Verordnungswege erlassenen, son länger in Kraft stehenden Normen enthalten und daß die übrigen Modifikationen den vielseitig gehegten, auch von literaler Seite in die Oeffentlichkeit gelangten Wünschen der Be- völkerung Rechnung tragen.

Schweiz. Bern, 23. Januar. (Cöln. Ztg.) Der Nationalrath, welcher heute, nahdem er sich am 24. De- zember vertagt hatte, wieder zusammengetreten ist, hat ein- stimmig den Antrag des Bundesraths, das schweizerische Generalkonsulat zu Washington in eine diplomatische Legation umzuwandeln, genehmigt, aber nur das Gehalt nic&zt, wie beantragt, auf 40000, sondern auf 50 000 Fr. festgestellt. Der Bundesrath hat den im Kanton Frei- burg weilenden französishen Maristen und Kapuzinern, welche kürzlih von ihm aus der Schweiz ausgewiesen worden sind, auf ihr Ansuchen die Frist zur Abreise bis zum 1. Juli verlängert.

Belgien. Brüssel, 26. Januar. (W. T. B.) Die Repräsentantenkammer hat den Geseßentwurf über den Handelsvertrag mit Frankreich bei der Schluß- abstimmung über das ganze Geseß mit 86 gegen 10 Stimmen angenommen.

Großbritannien und Jrland. London, 27. Januar. (W. T. B.) Mehrere Morgenblätter melden aus Dublin: Die irishe Regierung habe durch Spione Kenntniß von der Existenz einer weitverzweigten gefährlichen Vershwörung in den Grafschaften Clare, Limerick und Kork. Diés erkläre die jüngst nah Zrland gesandten Truppenverstärkungen,

Frankreich, Paris, 2. Januar. (W. T. B.) Auf der Tagesordnung der beutigen Sizung der Deputirten- kammer stand die Verathung der Vorlage über die beschränkte Revision der Verfassung und über den Eintrag des Prinzips des Listenskrutiniums in die Verfassung. Der Opportunist Dreyfus sprach sich für die beschränkte Revision aus, damit der Senat die Vor- lage annehmen könne. Der Kammerpräsident theilte mit, daß mehrere Redner auf das Wort verzichtet hätten, damit die Berathung heute zu Ende geführt werden könne. Legrand bekämpste den Eintrag des Listenskrutiniums in die Ver- fassung, welcher für die Kammer die Auflösung oder eine Diskreditirung derselben bedeuten würde; derselbe meinte, es werde eine Verständigung leiht zu erreichen sein, wenn die Negierung auf ihre Vorschläge verzichte. Lockroy sprach sih gegen den Regierungsentwurf ebenso aber auch gegen die Schlußanträge der Kommission aus und wollte eine vollstän- dige Revision der Verfassung unter Bescitigung des Senats, Fabre brachte einen Vermittelungsantrag ein, wona in die Vorlage aufgenommen werden soll, daß das Listenskrutinium erst nach dem Erlöshen der Gewalten der gegenwärtigen Kammer anwendbar sei.

_ Der Antrag Barodets, auf vollständige Revision der Ver- fassung wurde darauf mit 298 gegen 173 Stimmen abgelehnt.

Hierauf bestieg der Minister - Präsident Gam betta die NRednertribline und bekämpfte die Anträge der Kom- mission, die eben so gefähclih seien wie der eben ab- gelehnte Antrag Barodets. Das Larïd wolle eine be- schränkte Revision der Verfassung und wolle seine Nuhe nicht den Zufällen einer unbeschränkten Revision aus- eßen. Hr. Gambetta widerlegte sodann die wider seine Sprache vor der Kommission gerichteten Beschuldigungen und wies darauf hin, daß der Kongreß, da er der Ausdruck eines vorauêsgegangenen Einverständnisses beider Kammern sei, cinen illegalen Aft begehcn würde, wenn er si von der Bedingung dieses vorgängigen Einvernehmens entfernen wollte Gambetta wies ferner den Vorwurf einer von ihm angestrebten Dikta- tur zurüd: das Listenskrutinium sei, intem es die Basis der Wahl erweitere, gerade das geeignete Mittel, um eine per- sönlihe Gewalt zu verhindern und dem Willen des Landes zum Siege zu verhelfen. Das Listenskrutinium sei bei allen liberalen Neformen in Uebung gewesen, und die persönliche Ge- walt habe stets das Arrondissements-Skrutinium wieder her- gestellt, das Listenskrutinium fei unerläßlich, um die Reformen zu verwirklichen. Es würde gefährlich sein für den Kreöit der Kammer, wenn sie einer Revision des Wahlmodus des Senats zustimmen wollte, während sie ih weigere, ihren eigenen Wahlmodus einer Revision zu unterziehen. Jeder Gedanke an eine Auflösung der Kammer liege der Regierung fern. Das Lislenskrutinium sei von größtem Interesse für die Negie- tung; er verlange von der Kammer die Ermächtigung, diese Frage vor den Kongreß zu bringen. Alle Reformen, das Gefeß über die richterlihen Beamten, das Militärgeseß, das Geseß über die Finanzgesellshaften seien fertig gestellt; aber um diese Geseße rasch durchzuführen, sei nothwendig, die Wahlgeseßgebung zu ändern. Der Conseilspräsident {chloß mit den Worten: „Meine Vergangenheit ist bekannt, über allem Ehrgeiz gilt es die Zukunft des Vaterlandes.“ (Beifall.) Der Berichterstatter der Kommission, Andrieux, trat darauf für die Kommissionsanträge ein.

__ Nach dem Schluß der Generaldiskussion wurde der RNe- gierungsentwurs, welcher das Listenskrutinium zuläßt, mit 305 gegen 117 Stimmen abgelehnt.

Gambetta beantragte, zunächst über den Schlußparagraphen der Kommissionsvorlage abzustimmen und diesen Paragraphen abzulehnen. Der Schlußparagraph wurde jedoch mit 282 gegen 227 Stimmen angenommen. Der Conseilspräsident erklärte hierauf, daß die Regierung in diesem Votum die Ge- nehmigung einer unbeschränkten Verfassungsrevision erblicke, und daß das Kabinet unter diesen Umständen an der Be- rathung niht weiter Theil nehmen könne. Die Kammer nahm demnächst den ersten Paragraphen der Kommissions- vorlage an, welher das Listenskrutinium ausschließt, Die

Kommissionsvorlage wurde bei der Abstimmung über den

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ganzen Geseßentwurf mit 262 gegen 91 Stimmen ange- nommen. Die Sizung {loß um 83/, Uhr.

2. Fanuar, Nachts. (W. T. B.) Der Conseils- Präsident Gambetta hat dem Präsidenten Grévy folgendes Schreiben zugehen lassen: „Herr Präsident! Jm Namen meiner Kollegen und in dem meinigen habe ich die Ehre, Jhnen die Demission des Kabinets, in welhem Sie mir den Vorsiß übertragen haben, zu überreichen.“ Gam- betta begab sich selbst nah dem Palais Elysée, um das Schreiben dort abzugeben. :

26. Januar. (W. T. B.) General Forgemol if} zum Ober-Befehlshaber des Expeditions-Corps in Tunis ernannt worden. :

27. RMUar, (W. D. B) Vie RepubliaUe française“ hebt den Widerspru zwischen den beiden ersten Abstimmungen der Kammer hervor und bemerkt: die Kammer habe, indem sie das Ministerium opferte, auch die Revision und vielleiht die legislativen Reformen überhaupt preisgegeben, welche das Land fordere. „Als die Kammer Gambetta die Ge- walt aufnöthigte, kannte sie ihn nicht. Jeßt giebt es keine Zweideutigkeit mehr. Wenn man sich in Zukunft an Gam- betta wenden wird, so weiß man, daß man ihn so nehmen muß, wie er ist, mit seinem Programm tiefgehender Reformen, dessen wesentliche Bedingung das Listenskrutinium ist,“ Das Blatt fragt \chließlich, ob die Kammer das Kabinet vom 14. November dur ein lebensfähigeres erseßen „werde, und ob sie selber so lange Dauer haben werde, wie sie wünsche.

Portugal. Lissabon, 24. Fanuar. (Cöln. Ztg.) Die ministeriellen Zeitungen von heute melden, daß der diplo- tische Schristwechsel zwischen Großbritannien und Por- tugal bezüglih des Lourenço-Marques-Vertrages seinen Abschluß gefunden habe. Die britische Regierung habe erklärt, daß sie in Anbetracht des neuen Standes der Ange- legenheiten im Transvaal-Lande den alten Vertrag in Betreff der Lourenço-Marques-Eisenbahn, der zwischen Portugal und der Republik Transoaal geschlossen worden war, als noch in Kraft bestehend betrachte.

U rrCgO E) Numäánien. Bukarest, 26. Januar. (W. T. B.) Die Kammer hat das vorgescern von Fonesco wegen Nicht- veröffentlihung der Dokumente über den österreichish-rumäni- schen Zwischenfall beantragte Tadelsvotum gegen das Mini- sterium in namentlicher Abstimmung mit 65 gegen 17 Stim- men abgelehnt, : L 27. Januar. (W. T. B.) Troß einer von sämmt- lichen Abgeordneten der liberalen Partei unterzeichneten Adresse beharrt der Minister des Fnnern, Rosetti, sür das ihm bewiesene Vertrauen dankend, auf seiner Demission. Der Minister:Präsident Foan Bratiano verwaltet interimistisch das Ministerium des Jnnern. Fn der vergangenen Nacht, 12 Uhr 49 Minuten, wurde ein ziemlich hestiger Erdstoß, welcher zwei Sekunden dauerte, verspürt.

Serbien. Belgrad, 22. Januar. (Pol. Corr.) Nach den neuesten Nachrichten aus Konstantinopel dürfte die lang- wierige Frage der Anschlüsse der türkischen Bahnen an die serbischen bald einer endgültigen Lösung zugeführt werden. Alle Bedenken, die im Palais gegen die Gewährung dieser Anschlüsse in der von Desterreih-Ungarn und Serbien gewünschten Weise bestanden, sollen nunmehr glücklih beseitigt worden sein. Der Sultan gab seinen Widerstand. namentlich gegen den Anschluß der serbishen Bahnen bei Branja auf, und ein fkaiserliher Jrade dürfte in den nächsten Tagen dieser Aenderung in den Anschauungen Abdul Hamids einen feier- lichen Ausdruck verleihen. Es dürfte dann die Conférenc e à quatre abermals zu einigen wenigen Sigungen sih in Wien versammeln, um ihre im Sommer begonnenen Arbeiten abzu- ließen. Serbischerseits soll auch diesmal Hr. Milan Bo- gitschevié, Mitglied des Kassationshofes, in die Conférence à quatre entsendct werden.

Nußland und Polen. St. Petersburg, 26. Januar. (W. T. B.) Dem „Golos“ wird aus Tiflis , vom 25. d. gemeldet: Entgegen der Behauptung englischer Blätter, daß die Besaßung von Aschabad 8000 Mann betrage, berichtet

General Rohrberg, daß die Besatzung bedeutend geringer |

sei, als sie im Frühjahr 1881 bei Eroberung der Stadt

gewesen. Auch die Nachricht englisher Blätter über das Vorrücken russisher Truppen gegen Merw wird als unbegründet bezeihnet. Fn der Nähe von Aschabad ist ein unbedeutender Posten errichtet, von dem aus die Borunter suhungen für die zwischen Kisil Arwat, Aschabad und den Schorochanskishen Provinzen zu bauende Kronstraße aus geführt werden. General Rohrberg ist heute nah St. Peters- burg abgereist. S S Dem „Golos“ zufolge hatten in dem politischen Prozesse gegen Michael Trigonia und 21 Ge- nossen sämmtlihe Angeklagte bis auf Nicolai Ssuchanoff bei Zustellung der Anklageakte den Wunsch ausgesprochen, ihr e Vertheidiger \sich felbst wählen zu dürfen, nur Ssuchanoff hatte die Bestellung eines Verthei- digers der besonderen Senatsbehörde überlassen. Die Vertheidigung Ssuchanoffs ist hierauf dem Advokaten Unfkowsky übertragen worden, die übrigen Angeklagten haben die angesehensten hiesigen Advokaten

Spassowitsh, Alexandrow Turtschaninoff und Netschajeff zu |

Vertheidigern gewählt. Trigonia wird von Spassowitsh ver theidigt.

Dánemark. Kopenhagen, 24. Januar. (Hamb. Corr.) Jn der heutigen Sißung des Landsthin gs wurde mit- getheilt, daß der Kriegs- und Marine-Minister dem Thing einen Geseßentwurf, betresfend außerordentliche Maßregeln zur Förderung des Lande svertheidigungswesens, vor zulegen gedenke. Den Gesegentwurf, betreffend die Autori- sation zur Auszahlung einer Entschädigung bei der Ausfuhr von Spiritus, entsprehend dem bei der Einfuhr von Spiritus aus dem Auslande erlegten Zolle, verwies das Landsthing ohne Debatte: einstimmig zur dritten Lesung.

Amerika. Washington, 27. Januar. (W. T. B.) Der Vertheidiger Gu iteau's, Scoville, bereitet einen Antrag zu Gunsten eines neuen Prozesses vor. Das Gericht wird die für diesen Antrag vorgebrahten Gründe in der nächsten Woche prüfen.

Zeitungsstintmen.

Jn einer Besprehung* der Reichstagsdebalte über den Allerhöchsten Erlaß vom 4. d. M. sagt die „Norddeutsche

Allgemeine Zeitung“: : S Das starke Königthum hat die Aufgabe, Deutschland zur Einig-

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keit zu führen, erfüllt, nahdem es die däzu nothwendigen Mittel ritig erkannt hatte. Die von der Gegenwart detn preußischen König- thum gestellte Aufgabe if eine gleih {were und füx die Geschike der Nation in gleiher Weise entscheidende, wie die int Jahre 1866 gelöste es war. Es gilt, die große Mehrzahl der Bevölkerung, die arbeitenden Klassen, mit dem Staate auszusöhnen, ihnen zu zeigen, daß der Staat nicht blos an ihre Leistungékraft Forderungen stellt, sondern auch an der* Hebung und Sicherung ihrer Lage mit Aufge- bot seiner mächtigen sittlihen und materiellen Kräfte zu arbeiten Willens ist. Es gilt, den sozialen Ansprüchen der arbeitenden Klafsen nach Sicherstellung ihres Looses im Rahmen der heutigen Kultur- entwidelung nah Möglichkeit gerecht zu werden und diese Klassen auf folhe Weise den Verlockungen radikaler Umsturzlehren abwendig zu machen. Im Jahre 1866 galt es, Deutschland vor dem politischen Tode zu retten, gegenwärtig gilt es, einer sozialen Revolution von unabsehbaren Folgen vorzubeugen. . . .. s

Die Sclbstaufopferung ist diejenige s{chwerste politishe Pflicht, die zu üben, einem Jahrhunderte alten Königthum gegeben ist; nur wenige andere Elemente des Staatslebens haben im Dienste des ersteren die Uebung dieser Pflicht gelernt. . .…. :

Das Königthum in der Person des Deutschen Kaisers und Königs von Preußen hat die dringendste und entschiedenste Aufgabe des Staates in der Gegenwart erkannt und will sie zur Ausführung bringen. Der Monarch setzt seine Autorität dafür ein, daß Hand an dieses Werk gelegt werde, nicht aus Laune oder Zufall, sondern weil Er allein in der Lage ist, diese Aufgabe mit weitblickendem Auge zu erkennen, weil es kein anderes Element im Staate giebt, N wenn Er es nicht thäte, dieses Werk beginnen würde und On

Das Königthum seßt am gegenwärtigen Wendepunkte unserer Geschichte seine persönliche Autorität ein, nit als politischen Schach- zug gegen irgend cin beliebiges konstitutionelles Dogma, sondern in dem Bewußtsein seiner heiligen Pflicht, das Staatsschiff fo zu lenken, daß es vor Gefahren geshüßt bleibe, die in der Zukunft liegen, und die die Masse der im engen Gesichtskreise des Heute und Morgen befangenen Menschen nicht sieht.

Die „Wiesbadener Zeitung“ s{hreibt unter dem 20. De Ee

Die gestrige Sitzung des Reichstages ist für unser inneres, nament- lih preußisches Staatsrecht von geradezu gewaltiger Bedeutung. „Der König regiert“ bei uns, das in seiner ganzen Bedeutung klargestellt zu haben, ist das große Verdienst der gestrigen Rede Bismarcks: Der König ist der wirkliche Minister-Präsident, was wir erreicht haben, haben wir den Königen zu verdanken, nicht den „Parlamenten“. Die lebendigen Beziehungen des Königs zum Volke, die nicht durch die „Pparlamentariscbe Doktrin“ gehemmt werden dürfen, find der E- pfeiler der preußishen Geschichte und Entwickelung, und werden es bleiben, troß des Bestrebens der &ortschrittspartei, den Parlamen- tarismus einzuführen und das Regieren des Königs zu einem Scheine zu machen. Dieses Bewußtsein lebendig zu erhalten, und dem Stre- ben der Parlamentarier einen Riegel vorgeshoben zu haben, ist die große Bedeutung der gestrigen Verhandlun g.

Die „Schlesische Zeitung“ meldet aus Breslau, 26. cganuar:

Der konservative Lokalverein hierselb hat am Mittwoch Abend folgendes Telegramm an den Reichskanzler Fürsten Bismark abgesandt :

„Euer Durchlaucht bringt der versammelte „Deutschkonservative Lokalvercin Breélau“ für Ihre gestrige Königsrede begeisterten und ehrfurchtsvollen Dank. Der Vorsitzende: C. Graf von der Reke- Volmerstein.“

Der hundertjährige Geburtstag Beuths gab dem Verein zur Förderung des Gewerbefleißes, der in Beuth auch seinen Stifter verehrt, Anlaß, seinem Stistungsfeste, welches er alljährlih am 24. Januar, dem Geburtstage ¿Friedrichs des Großen, begeht, eine Beuthfeier voraufzusenden. Die „T uägl. Rundschau“ bringt darüber einen Vericht, in welchem es heißt :

Mit ganz besonderem Interesse wurde von der Versammlung der nun folgende, vom Ingenieur Druckenmüller auf den Fürsten Bismark, als den Minister für Handel und Gewerbe, dargebrachte Trinkspruch aufgenommen :

„Es ist mir“, so begann der Redner, „der ehrenvolle Auftrag zu Theil geworden, Sr. Durchlauht dem Fürsten Bismarck den Dank des Vereins für die auch in diesem Jahre gewährte Unterstützung auszusprechen. Jndem ich dies thue, sei cs mir gestattet, einen Bli auf die Stellung dieses in der Nation fo hervorragenden Mannes zu werfen, Fürst Bismarck hat alles Große durchgesezt gegen den Widerstand cines erheblicben Theiles der Besten seines Volkes. Auch heute fann der Fürst wieder von si sagen: „viel Feind, viel Ehr!“ Ueber seine Handels? und Sozialpolitik wogt der Kampf hin und her, er scheidet auch uns in zwei Lager. Allein ich darf es unumwunden ausspreben, daß ih mit dem größten Theile der deutschen Industriellen den Reformen des Fürsten Bismarck für die Widerbelebung unserer heimischen Gewerbthätigkeit aufrichtig dankbar bin. Nach meiner Meinung haben sich die Befürchtungen einer wesentlichen Vertheuerung u. \. w. als hinfällig erwiesen. Im Gegentheil hat \sich unser Ex- port erfreulih gehoben, und niemals hat \ich eine Regierung der Interessen unserer Industrie auf fremden Märkten so energish an- genommen wie die jeßige. Während anfangs die Bestrebungen des Fürsten Biêmarck zur Verbesserung der Lage der arbeitenden Klassen vielfah als völlig undurchführbar bezeichnet wurden, zeigt sih jeßt ein edler Wetteifer aller Parteien in dieser Beziehung fördernd einzugreifen. Werden hier vositive Er- folge erzielt, so hat \sich der Fürst ein unvergänglicbes Denkmal im Herzen seiner Nation erworben. In der Hitze der parlamentariscen Kämpfe werden dem Fürsten zuweilen unedle Motive für scine Hand- lungsweise untergeschoben ; das deutsche Volk aber vertraut auf seinen Bismark und verachtet solche Beschuldigungen. Wie weit uns au unsere Ansichten trennen, darüber werden wir uns Alle einig sein, daß Se. Dur(laucht nur von der Sorge um die Größe und Wohl- fahrt seiner Nation geleitet wird. Indem wir dies Alle, ohne Partei- unterschied, dankend anerkennen, können wir freudig einstimmen in den Nuf: Der preußische Handels-Minister Se. Durhlaucht Fürst Bis- mar, er lebe hoh!“

Unter brausendem

\{wungvollen Toast. E | Aus dem Dillthal schreibt man der „Essener Zt g.“:

Die guten Erfolge der neuen Wirthschastäpolitik zeigen sich auch bei uns. Die Kokeshochofen-Aulagen bei Weklar, Braunfels, Gießen und Lollar haben vollauf zu thun und können mit ihren 7 großen Hochöfen der Nacbfrage nah nassauishem Kokesrohbeisen nit meh genügen. Gutem Vernehmen nach geht die Burger Eisenwerks-Aktien- gesellschaft bei Herborn jeßt auch mit dem Gedanken nm, eine große Kokeshochofen-Anlage zu bauen und wird voraus\ichtlih der Bau Anfangs Sommer begonnen werden.

Vom Oberwesterwald wird der

Jubel beantwortete die Versammlung den

„Wiesbadener

Zeitung“ unter dem 19. d. M. gemeldet : E | Die Eisensteingewinnung in dem angrenzenden Grund und Sieg- nischen hat si bedeutend im neuen Jahre gesteigert und haben au | die Arbeiter pro 109 kg 50 4 zugesetßt erhalten. Es ift dies den vielen aus unserem Kreis dort Arbeit suchenden Arbeitskräften von Herzen zu gönnen und steht zu hoffen, daß gegen Frübjahr cine

weitere Erhöhung des Arbeitélohnes erfolge, auch ein Erfolg der Eisenzölle, . |

Man schreibt der „Nordd. Allg. Ztg.“ aus New- York :

Alljährli, kurz vor Eröffnung des Kongresses, pflegen verscbie- dene west-amerikanishe Blätter die Scbutzollpolitik der Vereinigten Staaten zum Gegenstande eingehender Besprechungen zu wählen, und wiederholen dann das s{on so oft aufgestellte Verlangen, daß der neue Kongreß den hiesigen Zolltarif endlih im Sinne der freibändle- rishen Grundsätze abändern möge.

Solche Wünsche finden begreiflidber Weise bei den Freihändlern

in Europa stets cin geneigtes Ohr. Bei den Amerikanern selbst wollen dieselben aber im großen Gañzen noch immer nit verfangen, wie der Verlauf einer hier kürzli unter dem Namen ,„Tarif-Konvention“ zusammengetretenen Versammlung angesehener Industrieller und Han- delsherrn bewiesen hat. Der Vorsißende, Senator Warner Miller, bezeichnete als den Zweck der Versammlung: „Freihandels- und Tarif- fragen durch die Presse vor die Oeffentlichkeit zu bringen und die öffentlibe Meinung dahin zu beeinflussen, daß von den verschiedenen legislativen Körpern geeignete Schritte zur Förderung des allgemeinen Interesses gethan würden.“ Das Resultat der Berathungen war aber ein von diesem Zweck sehr verschiedenes.

In der Versammlung kam ein Schreiben des (inzwischen von dem Amt des Staatssekretärs zurückgetreteneèn) Hrn. Blaine zur Ver- lesung, worin derselbe sich folgendermaßen äußerte :

„In einem kurzen Briefe kann ih die Tarif- und Sciffahrts- frage nicht bespreben, denno will ih nicht unterlassen, meine An- sicht dahin auszusprechen, daß zu keiner Zeit in der Geschichte unseres Landes das Prinzip des Schußes der amerikanischben Industrie so stark in der Masse des Volkes gewesen ist, als heut zu Tage.

Es war früher eine Frage, die durch die Breite und Länge be- stimmt wurde, aber diese Beschränkungen haben aufgehört, und enthu- siastishe Protektionisten werden jeßt sowohl in Alabama als auc in Massachusetts, in Illinois sowohl als au in Pennsylvanien gefunden. Der Westen und Süden {ließen sih den Ansichten des Nordens und Ostens an, daß gewisse Industriezweige in jedem Staate der Union ermuthigt und entwickelt werden sollten.“ :

Cin Hr. J. I. Rieston von Pittsburg erklärte: „Wir müssen Geseße machen für unseti- eigenes Land und nicht für Länder, aus welchen die ungeheuren Mafsen, welche jeßt an unsere Küsten kommen, auszuwandern gezwungen waren.“

Hr. Wm. Me. Kinley jr. befürwortete das Festhalten an dem Schutzzoll mt den Worten des verstorbenen Präsidenten und ersuchte die geseßgebenden Körper der Union: „Gesetze zum Wohle des Volkes der Vereinigten Staaten und nicht für die ganze Welt zu machen.“

Man war zusammengekommen, um über etwaige Abänderungen des Tarifs sich zu bespreden, man verständigte \ich jedoch dahin, daß der leßtere zwar mancher Modifikationen bedürfe, daß gleihwohl das Schutzzollsystem aufre{cht erhalten werde müsse.

Das Ergebniß dieser New-Yorker Tarifkonvention {eint von Neuem zu beweisen, in welchen gefährlichen Illusionen fi in Deutsch- land alle Diejenigen befinden, welbe wähnen, daß die Vereinigten Staaten ihre Schutzzollpolitik so bald aufgeben würden.

Dieselbe Zeitung berichtet :

Nach der ausnahmslos auf eigenen Angaben der Werke beruhen- den vorläufigen vierteljährlichen Ermittelungen der Nohproduktion der Cifenhüttenwerke des Ober-Bergamtsbezirks Dortmund hat die Pro- duktion derselben im ganzen Jahre 1881 betragen an Roheisen 883 011 Tons, an Flüßeifen 836 614 Tons, an Scchweißeisen 507 596 Tons.

Im Vergleich zum Jahre 1880 hat daher eine Mehrproduktion stattgefunden an Roheisen um 63076 Tons, an Flußeisen um 172 701 Tons, an Schweißeisen um 10204 Tons.

Landtags- Angelegenheiten.

Im 5. Merseburger Wahlkreise (Mansfelder Seekreis, Mansfelder Gebirgskreis) ist für den Geheimen Bergrath Leuschner zu Eisleben, welcher sein Mandat niedergelegt hat, der Berghaupt- mann Huyssen zu Halle freikonservativ mit 205 Stimmen gegen den Gutsbesitzer und Reichstags8abgeordneten Westphal zu Lauen- burg Secessionist mit 143 Stimmen zum Mitgliede des Hauses der Abgeordneten gewählt worden.

Statistische Nachrichten.

Nach Mittheilung des Statistishen Bureaus der Stadt Berlin sind bei den biesigen Standesämtern in der Woche vom 15, Januar bis inkl. 21. Januar cr. zur Anmeldung gekommen’: 161 Ebeschließungen, 934 Lebendgeborne, 37 Todtgeborene, 503 Sterbefälle. |

Beiträge der Statistik der Gemeindeabgaben in Preußen. I. Die Belastung der preußishen Städte und Land- gemeinden mit direkten Staatssteuern, Gemeinde- abgaben und sonstigen Korporationsabgaben im Jahre 1880/81, Unter Benußung amtlicher Quellen bearbeitet von L. Herrfurth, Wirklicher Geheimer Ober-Regierungs-Rath und Ministerial-Direktor im Ministerium des Innern, und E. von den Brincken, Geheimer Regierungs-Rath und vortragender Rath im Ministerium des Innern. 11. Statistik der Kreisabgaben im Jahre 1880/81, Unter Benußung amtlicher Quellen bearbeitet von L, Herrfurth, Wirklicher Geheimer Ober-Regierungs-Rath und Ministerial-Direktor im Ministerium des Innern. Berlin, 1882. Wir entnehmen vorläusig dem ersten Theile dieser Schrift, in welcher cin reichhaltiges, aus ven zuverlässigsten Quellen ges{öpftes Material niedergelegt ist, folgende Angaben : Der Ursprung der Klagen über den Dru der direkten Steuern ist, heißt es in der Einleitung, wie von allen Seiten anerkannt wird, niht sowohl in der Belastung mit Staatssteuern, als vielmehr in der Ueberbürdung mit Gemeinde-, Kreis- und Provinzialabgaben sowie mit Abgaben für Kirchen- und Schulzwecke zu suchen. Denn diese Korpörationéabgaben, welche zum größeren Theile als Zuschläge zu den verschiedenen Staatssteuern, zum kleineren Theile als selbständige Steuern zur Erhebung gelangen, sind sowohl ihrer Höhe na, als auch wegen der Ungleihmäßigkeit der Vertheilung auf die verscbicdenen Klassen der Beitragspflichtigen in viel höherem Grade als die direkten Staatssteuern geeignet, das Gefühl der Ueberbürdung hervorzurufen. Die mit jeder ein- zelnen der direkten Staatssteuern unvermeidlih verbundenen Nacb- theile und Unvollkommenheiten treten erffst dann in voller Schärfe hervor, wenn dieselben dur die Erhebung bober und ver- \chiedenartiger Zuschläge gesteigert und verstärkt werden. In Preußen beliefen sid im Jahre 1880/81: 1) die eigentlihen Gemeindeabgaben a. in den Stadtgemeinden auf rund 99,75 Millionen Mark, b. in den Landgemeinden auf 59,25 Millionen Mark, zusammen auf rund 150 Millionen Mark ; 2) die sonstigen Korporationsabgaben an besonderen Schul-, Kirchen-, Armen-, Amts-, Kreis- und Provinzialsteuern a. in den Stadtgemeinden auf rund 8,50 Millionen Mark; b. in den Land- gemeinden auf 30,00 Millionen Mark, zusammen auf 38,50 Millionen Mark, so daß die gesammten Korporationsabgaben der Land- und Stadtgemeinden mit Einschluß der Gemeindeabgaben im Ganzen 197,50 Millionen Mark betragen haben. Allein diese Summe enthält nit den gesammten Betrag der Korporationslasten in Preußen, sondern aur den Betrag der sfteucrliden Leistungen der Stadt- und Landgemeinden zu Korporationszwecken, wäh- rend die Leistungen der Gutsbezirke zu kommunalen und Korporationszwecken außer Be! ücksihtigung geblieben sind. Für die Gutsbezirke wird eine Bevölkerung von 2061128 angenommen. Diese Einwohnerzahl der Gutsbezirke verhält si zur Einwohnerzahl der Landgemeinden wie 1 zu 7#, der Flächenraum der Landgemeinden verhält sih zu demjenigen der Gutsbezirke wie 25 zu 1. Legt man diesen Maßstab der Berehnung zu Grunde, so würde im Vergleich mit den von den Landgemeinden aufgebrahten Gemeinde-, Schul-, Kirchen-, Armen-, Kreis- und Provinzialabgaben der Betrag von rund 23,70 Mill. Mark als von den Gutsbezirken aufgebracht ange- nommen werden können. Im ganzen Staate würden für Städte, Landgemeinden und Gutsbezirke zusammen die Gemeindeabgaben auf rund 174,80 Millionen Mark, die Schul-, Kirchen-, Armen-, Kreis- und Provinzialabgaben auf rund 46,40 Mill. Mark, die gesammten Korporationtabgaben auf rund 221,20 Mill. Mark \ich belaufen. Eine Vergleihung der Belastung der Städte einerseits, des platten Landes andererseits mit Korporationsabgaben ergiebt, daß sib die Gesammtbelastung mit Korporationsabgaben beläuft: für die