1882 / 28 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 01 Feb 1882 18:00:01 GMT) scan diff

Lösung Widerspruch erhoben worden ist. Ein Antrag der Majc- rität der Deputation, der die Wirksamkeit des Gesetzes auf solche Reallasten beschränkt wissen wollte, welche ‘n einem Auszuge bestehen, wurde abgelehnt, nachdem Ober - Bürgermeister Dr. Andree und Staats-Minister Dr. von Abeken \ich für unveränderte Annahme der Regierurgevorlage ausgesprochen. 8. 2 des Geseßgentwurfs wurde dagegen nat kurzer Debatte, dem Antrage der Deputation entsprechend, in einer von der Regierungsvorlage abweichenden Form angenommen und darauf der ganze Gesezentwurf gegen die 4 Stimmen der Deputationsmajorität genehmigt. Schließlich erklärte {ih die Kammer damit einverstanden, daß das ihr dur Königliches Dekret vorgelegte Geseß, betreffend eine Abänderung des Schlachtsteuertarifs, erst mit dem 1. April 1882 in Kraft zu treten habe.

Die Zweite Kammer wählte heute die Mitglieder des ständishen Ausschusses für das Plenum der Brandversiche- rungskommission und beschloß sodann nah kurzer Debatte in Veranlassung eines vom Abg. Niethammer eingebrachten An- trags auf Antrag der Geseßgebungsdeputation mit einem Amendement des Abg. Roth: die Königliche Staatsregierurig zu erfuchen, dieselbe wolle erwägen, ob nicht das Geseß vom 25. August 1876, die Landesimmobiliarbran-Bversicherungsan- stalt betreffend, dahin abgeändert werden könne, daß die G-gen- stände der freiwilligen Versicheruna, wenn es beantragt werde, von dem Zeitpunkte an als versiherungsfähig zu erachten sind, wo sie zum Zwecke der Ausstellung in das für ihren Betrieb bestimmte Gebäude im Ganzen oder in einzelnen Theilen ge- bracht oder in anderen zu demselben Komplexe gehörenden Ge- bäuden untergestellt worden, sowie ob niht auch die soge- nannten Reservetheile der versicherten Maschinen als versiche- rungsfähige Objekte zugelassen werden könnten, und über das Resultat dieser Erwägungen, eventuell unter Vorlage eines Gesecßentwurfes, dem nächsten Landtage Mittheilung zu machen.

Württemberg. Stuttgart, 31. Januar. (W. T. B.) Der „Staats-Anzeiger für Württemberg“ veröffentliht eine ausführliche amtlihe Erklärung des Justiz-Ministeriums über den Fall Diey. Diez wurde verhaftet, weil ex in Aus- übung des Vergehens der fortgeseßten Verbreitung einer ver- botenen Druckschrift betroffen wurde. Angezogen werden S. 19 tes Reich8geseßes vom 21. Oktober 1878, §. 49 des Strafgeseßbuches, die 88. 112 und 115 der Strafprozeßord- nung, sowie Art. 31, Absaß 1 der Reichsverfassung. Die traglihe Schrift ist der wörtlihe Abdruck des am 23. Sep- fember 1881 vom Polizeipräsidium in Berlin verbotenen illustrirten Volkskalenders für 1882.

Baden. Karlsruhe, 30. Januar. Der gestern tele- graphish mitgetheilte Bericht über das Befinden des Groß- herzogs lautet nah der „Karlsr. Ztg.“ wörtlich:

Nach weiteren Berichten aus Baden bestätigen auch die lebten Untersuchungen, welche, um eine allzugroße Reizung des erkrankten Organs zu vermeiden, nur jeweils nach Ablauf einiger Tage wieder- holt werden können, die anhaltende Besserung im Augenleiden Sr. Könglichen Hoheit des Großherzogs. Während die entzündlichen Er- sceinungen fortfahren zurüczutreten, \cchreitet die Aufhellung der ge- trübten durchsichtigen Medien und damit die Zunahme des Sehver- mögens allmählich vor.

Das Allgemeinbefinden Sr. Königlichen Hoheit war leider in den leßten Tagen durch nächtlihe Schlaflosigkeit wiederholt nach- theilig beeinflußt, doch läßt sih bei dem günstigen Stande des ört- lichen Leidens mit Sicherheit erwarten, daß auch diese Störung sich bald wieder ausgleichen und die eingeleitete Reconvalescenz ihren Ungehinderten Fortgang. nehmen wird.

Oldenburg. Oldenburg, 30. Januar. (Wes. Ztg.) «n der heutigen Sißung des Landtags wurde zunächst eine Novelle zum Schulgeseße vom 83. April 1855 angenommen, jedoch die in der Vorlage enthaltene Bestimmung, wonach bei der Untersuchung, ob und wie weit das Diensteinkommen einer Lehrerstelle den gesetzlichen Mindestbetrag erreiche, die Einkünfte eines mit der Lehrerstelle verbundenen Küster- oder Organistendienstes niht mit in Anrechnung gebracht werden sollten, abgelehnt. Sodann wurde für Nothstandsarbeiten in den ärmeren Geestdistrikten der Regierung eine Summe von 10000 # zur Verfügung gestellt und ferner eine Summe von 32 000 M bewilligt zum Ankauf von Grundstücken zur Erweiterung der Staatsforsten in der Ge- meinde Markhausen. Angenommen wurde weiter ein Antrag des Abg. Keller, betreffend Verminderung des Verwaltungs- personals im Fürstenthume Birkenfeld. Schließlich genehmigte das Haus den Geseßentwurf, betreffend den Forstdiebstahl, sowie die Gesetzentwürfe, betreffend die Abänderung des Schlachthausgeseßes, und betreffend das Moorbrennen, in zweiter Lesung.

Elsaß - Lothringen. Straßburg, 31, Januar. Die „Els.-Lothr. Ztg.“ \chreibt: Jn dem Landeshaushalts- Etat für das Jahr 1882/83 figurirt der Spezial-Etat der Tabakmanufaktur mit einem Mehr gegenüber dem Vor- jahr von 1341500 M in den Einnahmen und von 1270275 Æ in den fortdauernden Ausgaben, während ein außerordentlicher Kredit in demselben überhaupt nit vorge- sehen ist. Bei dem regen Interesse, mit welchem die aus diesen Zahlen erhellende Betriebserweiterung der Manufaktur im Reichslande niht nur was ja nur natürlich wäre —, sondern vor Allem auch in Altdeutschland verfolgt und dort kritisirt worden ist, bei dea zahlreichen scharfen Angriffen, die gegen die Verwaltung und die Geschäftsführung dieses elsaß- lothringishen Landesetablissements gerichtet worden sind, her- vorgerufen hauptsächlih durch die Annahme, die vorgenommene Betriebserweiterung sei als die erste Etappe auf dem Wege zur Einführung des Tabakmonopols zu betrachten ; bei der großen Spannung endlih, mit welcher man auf interessirter Seite den Verhandlungen und der Beschlußfassung des Landes- ausschusses über diese Frage entgegensah, glauben wir zahl- reichen Wünschen entgegenzukommen, wenn wir nachstehend den durch Herrn Salmon über diesen Etat erstatteten Bericht der 4. Kommission veröffentlichen. Wir erfüllen diese Pflicht um so liever, als nah den eigenen Worten des Be- richterstatters der Bericht alle Punkte erörtert, die in der leßten Woche auch in den Plenarverhandlungen zur Sprache gekommen sind, und als die darin niedergelegten Anshauungen nah der mit sehr großer Mehrheit erfolgten unveränderten Annahme des Etats und damit der Kommissionsvorschläge nunmehr als die Anschauungen der überwiegenden Mehrheit der elsaß-lothringishen Lan? esvertretung angesehen werden müssen. Wir erfüllen diese Pflicht auch deshalb um so lieber, als der Bericht uns ganz besonders geeignet erscheint, die vielen falschen Anschauungen rihtig zu stellen und die höchst zahlreihen, zum Theil recht \{wer- wiegenden Angriffe zu entkräften, welhe vor Allem in Altdeutshland eine große Vertretung gefunden zu

haben s{einen. NaGhdem der Berit der Kommission in so authentisher Weise gesprochen, wird es wohl kaum mehr mög- lih fein, über die rechtlihe sowohl als auch vor Allem die ges{äftlihe Natur der Straßburger Tabakmanufaktur so voll- fommen unrihtigen Meinungen Ausdruck und Verbreitung zu geben, wie dies neuerdings leider vielfah geschehen ist, Meinungen, welche wenn sie au wie der Bericht sich aus- drüdckt : einer irteressirten Feindschaft entsprungen sind, daher eigentlih nur für das gelten sollten, was sie werth sind doch dur ihre immer wiederkehrende Wiederholung den Fi- SCEs des Landes nicht unerheblich zu haden im Stande ind,

Bem Bericht entnehmen wir folgende Stellen:

Der dur{schnittlibe Ueberschuß, welcher jährli von der Manu- faktur an die Landeskasse abgeführt wird, beläuft sih für die seit der Einnahme von Straßburg verflossenen 10 Jahre auf einen solchen Betrag, daß, wie {hon oben gesagt ist, Sie alles Recht haben, damit zufrieden zu sein. Ihre Kommission hat sich bei der Vergleichung dieser Uebershüsse auf den dreifachen Standpunkt des Kapitalisten, des Kaufmanns und des Industriellen gestellt und die Quotienten jeder dieser Vergleichungen sind in einem sehr normalen Verhältniß mit den Zahlen befunden worden, welche sowohl den Werth des Be- triebskapitals und der Immobilien, als die Gesammtheit der abge- {{lossenen Verkäufe darstellen.

Elsaß-Lothringen hat also in dem vorgenannten Zeitraume aus dem Betriebe der Manufaktur einen Ertrag erzielt, der auf merkliche Weise seine Einkünfte erhöht hat. .

Die Kommission hat \ich nun auch im Allgemeinen mit den Klagen beschäftigt, welche in Altdeutshland gegen das geschäftliche Auftreten unserer Tabakmanufaktur laut geworden find, speziell was die angeblihe Schädigung des deutschen Handels angeht. Die Nach- forsungen, welche wir angestellt haben, um die Tragweite dieser so viel besprohenen Schädigung ermessen zu können, haben uns nun zu folgenden Resultaten geführt.

Nach den statistischen Feststelluugen beträgt der Tabakkonsum von ganz Deutschland seit der Erhöhung der Tabaksteuer wenigstens 340 Millionen Mark, also etwa 8 A. pro Kopf der Bevölkerung. Wenn fih nun die Aufstellungen des vorliegenden Etats verwirklichen, so liefert die Tabakmanufaktur, wenn wir die Erzeugnisse zu dem Preise, der im Kleinverkauf erzielt wird, anfetzen, höchstens 2%, des Ge- sammtkonsums; dazu ist jedo nothwendig, daß die Tabakmanufaktur das Maximum, des durch die Betricbêerweiterung ermöglichten Ab- saßes erreicht, wovon sie aber damals noch weit entfernt war, als hon das allgemeine Geschrei gegen sie begann.

Von einem so geringen Antheil an der Produktion. wird man aber do sicherlih niht behaupten, daß er auf den Handel eines großen Landes drücke; wir können daher wohl mit Necht annehmen, daß die allgemeine Antipathie weniger durch die Menge der auf den Markt gebrachten Waaren verursaht worden ist, als vielmehr da- dur, daß man in dem Auftreten unserer Manufaktur eine Pro- paganda für das Tabakmonopol erblickte.

Nach den obigen Ziffern ‘beträgt der Tabakkonsum in Elsaß- Lothringen circa 12 Millionen Mark, also zweimal so viel als die Manufaktur fabrizirt; wir müssen uns jeßt eigentli darüber wun- dern, warum si die Klagen der Herren Kaufleute und Fabrifar.ten, welclie von jenseits des Rheins gekommen find, sih nit auc darauf erstreden, daß’ sie hier demnächst nur noch die Hâlfte des Konsums deden können, während sie zuerst, begünstigt durch die Verhältnisse, den größeren Theil gedeckt haben.

Wir haben uns nun aber au mit der Fabrikation selbst und mit der Qualität der Fabrikate beschäftigt. Zu diesem Zwecke haben wir Gelegenheit genommen, uns mit den Kritiken zu befassen, welche in Altdeutscland über dieselben laut geworden sind. Diese Kritiken sind sehr abfällig gehalten, insbesondere in letzter Zeit, so daß wir daraus folgern müssen, daß der Absatz unserer Fabrikate dort dem- nächst nicht unerheblich naclassen wird.

Die Bln der Manufaktur hat anerkannt, daß sie, um j den vielfachen! voy allen Seiten kommenden Aufträgen zu genügen, f Waaren liefer| mußte, welche noch niht den vollen Grad der Reife erlangt hatten: zugleich versichert sie aber, für die Zukunft, Dank der Erweiterung der Fabrikation, in der Lage zu sein, gerade so tadellose Fabrikate liefern zu können, wie dies früher der Fall war.

Da dies Alles nun speziell in den Bereich der technischen Direk- tion der Anstalt gehörte, so wollte die Kommission nit näber darauf eingehen, da ja die Regierung für ihre Beamten verantwort- lih ist; es wäre ja auch zu weit gegangen, wenn wir annehmen wollten, daß bei einem Staatsbetrieb, gegenüber der Privatindustrie, kein Fehler vorkommen könnte und ihm deshalb Alles gelingen müßte, weil er im Budget figurirt.

Für Uebelwollende wird es freilich immer leiht fein, die Fabrifate der Tabakmanufaktur als \{le{t zu verschreien und in Verruf zu bringen; denn diese Erzeugnisse sind fast die einzigen, auf deren Etikettirung die Fabrikfirma genannt ist, während die meisten anderen Fabrikate, insbesondere Cigarren unter - Marken in den Handel kommen, die mit der Firma gar nichts zu thun haben. Eine Eigenschaft der Fabrikate unserer Manufaktur muß aber selbst ihr ärgster Feind anerkennen, nämlich, daß absolut keine Surrogate verwendet werden; jeder Konsument muß diesen Vorzug gebührend anerkennen, mögen au vorübergehend die Fabri- kate vielleiht étwas zu wünschen übrig lassen.

Oefterreih-Ungarn. Wien, 1. Februar. (W., T. B) Der vereinigte Viereraus\{huß der un garischen Delegation verhandelte gestern über die Vorlage, betreffend den außer- ordentlichen Kredit von 8 Millionen. Der Vorsitzende er- klärte die Sißung für eine streng vertrauliche und ersuchte um die größte Diskretion darüber. Der Referent Baroß empfahl die Genchmigung der Kreditvorlage. Auf eine Anfrage Apponyi's erklärte der Reichs-Finanz-Minister Szlavy, die Delegationen würden wieder einberufen werden, falls ein be: deutender Mehrbedarf erforderlih werden sollte, Der Reich s- Kriegs-Minister, Graf Bylandt, gab sodann auf die von dem Delegationsmitgliede Pulsky gestellten Fragen ausführ: liche Auskunft über die Zahl und den Stand der Truppen in den ofkupirten Provinzen, über die dahin entsendeten Bataillone und über die Höhe der Ausrüstungskosten. Der RNeichs-Finanz-Minister gab darauf in Erwiderung wei- terer Anfragen aus der Versammlung ein orientirendes Bild der Situation im Jnsurrektionégebiete und bemerkte, daß zu der theilweise vorhandenen Unzufriedenheit sich wohl auch einzelne sporadishe Agitationen von Außen hinzugesellt hät- ten. Der Minister konstatirte indeß auf das Nachdrüdcklichste, daß die Regierungen der benachbarten Staaten der Agitation fernstehen. Es seien Maßregeln ergriffen, um eine Ausdeh- nung des Aufstandes nah Bosnien zu verhindern. Auf eine fernere Anfrage des Grafen Apponyi betreffs der fremden Ein- flüsse antwortet der Minister des Auswärtigen, Graf Kalno ky, in ausführliher Rede und sagt, der Passus der Denkschrift, mit welhem Graf Apponyi seine Frage verbinde, beziehe si niht auf das Vorhandensein auswärtiger Einflüsse einer Regicrung oder eines Landes. Während der leßten 6 Jahre hätten sih nicht nur in Bosnien und in der Herzegowina, jondern auf der ganzen Balkanhalbinsel eine Menge Elemente gesammelt, welhc die Agatationen professionsmäßig betrieben

und deren Wirksamkeit bis nah Thessalien und bis zur Donau

Herzegowina seien diese Elemente daraus zwar verdrängt wor- den, sie hätten aber theils an den Grenzen des Landes Aufenthalt genommen, theils sih füdlih selbst bis nah Konstantinopel gewandt. Solche aus allen Richtungen zurückehrende Agita- toren bewirkten hauptsählih die Verstärkung und Organisi- rung der vordem s{chwachen Räuberbanden, sie kannten die Schlupfwinkel und geheime Waffendepots, so daß die Räuber plöglih mit modernen Gewehren bewaffnet auftreten könnten. Diese Elemente seien in der Denkschrift unter den auswärti- gen Einflüssen gemeint. Er könne mit gutem Gewissen be- haupten, daß andere von außen her kommende Einflüsse nit vorhanden seien. Jn einer Zeit geheimer, sozialer und politi- {her Associationen sei es natürli, daß Geldunte!stüßungen im Geheimen dem Aufstande zufließen könnten. cFndem der Minister sodann auf die Besprehung der auswärtigen Be- ziehungen überging, die er unter Verlesung von Aktenstücken erörterte, sprach derselbe die feste Ueberzeugung aus von derx Friedensliebe des Kaisers von Rußland und des russischen Kabinets, an dessen loyalen freundnachbarlichen Gesinnungen kein Zweifel gestattet sei und bezeichnete es als einen Jrrthum, wenn man den feindseligen oder unfreundlichen Strömungen, welche etwa in größeren Kreisen Rußlands si bemerkbar machten, eine höhere Bedeutung beilege, als der höchst korrekten Haltuna, welche die rufsishe Politik nach dem Willen des Kaijers Alexander Oesterreih-Ungarn gegenüber aufreht- erhalte. Auch die Beziehungen zur Türkei und allen anderen Staaten seien sehr gute und hätten si seit der leßten Session der Delegation gar niht oder nur zum Bessern verändert. Der Aufenthalt Ali Nizami Paschas zu Wien habe ihm, dem Minister, Gelegenheit geboten, gewisse auf türkisher Seite vorhandene Vorurtheile und Besorgnisse betreffs des von Desterreih angeblih geplanten Vordringens nach Süden gründlih zu zerstreuen. Einen werthvollen praktischen Beweis dafür, daß dies gelungen, bilde die ausdrück- lide Zusage des Sultans nach Salonichi (Beifall). Das bei diesem Anlaß bekundete Verhalten derselben gegenüber den Ereignissen in der Herze- gowina. Auch die Fürsten von Serbien und Montenegro hätten Beweise ihres unzweifelhaft loyalen und korrekten Ver- haltens gegeben. Betreffs Montenegros wies Graf Kalnoky auf die Terrainschwicrigkeiten hin, welche eine vollständige Absperrung der Grenze ershwerten. Neichs: Finanz-Minister Szlavy erklärte s{ließlich noch auf mehrere Anfragen, daf nach Bewältigung des Aufstandes die bisherige Volitik de: Regierung werde fortgeseßt werden. Heute Vormittag findet eine weitere Sizung des Ausschusses statt.

(W. T. B.) Vom Budgetauss{hu}se der österreichi- schen Delegation wurde gestern Abend das außerordent- liche Hecreserforderniß von 8 Millionen ebenfalls berathen. Jn Beantwortung der vom Berichterstatter Ruß gestellten Anfragen gab der Minister des Auswärtigen, Graf Kal noky, ähnliche Erklärungen wie im Ausschusse der ungarischen Delegation ab, indem er die Einflüsse präzisirte, welche den Aufstand hervorgerufen hätten, jedwede Einflüsse auswärtiger Länder und Regierungen entschieden in Abrede stellte und die Beziehungen zu allen Mächten ohne Unterschied als die zufriedenstellendsten bezeichnete. Der Minister hob namentlih hervor, daß mit allen Vertragsmächten die besten Beziehungen beständen und daß er sel Gelegenheit gehabt habe zu konstatiren, wie loyal speziell Deutschland die Jnter- essen Oefterreihs im Oriente wahrnehme. Ebenso könne er versichern, daß weder der Kaiser von Rußland, noch auch dessen Kabinet einen anderen Wunsch hegten, als den, im Frieden mit den benachbarten Ländern zu leben und die Vert1äge streng zu respektiren; er zweifle niht an der Auf- rihtigkeit dieses Wunsches, um so mehr, als die inneren Fragen und die Reformen Rußlands ganze Aufmerksamkeit in Anspruh nähmen. Der Minister ließ sih ferner über die vollkommen fkorrekte Haltung Serbiens und Montenegros aus. Vom politishen Standpunkte aus sei es ein Haupt- vortheil der Situation, daß die Bewegung in Bosnien eine interne Frage sei. Wenn man daselbst Ordnung schaffe, könne kein auswärtiger Staat in Bezug darauf irgend eine Frage erheben; es sei das auch in feiner Weise geschehen. Sollte jedoch der Fall eintreten, daß Desterreih:Ungarn mit Serbien oder Montenegro in irgend einen Konflikt gerathe, so würde dics die Situation jedenfalls wesentlich fompliziren. So lange die ganze Bewegung als interne isolirt dastehe, könne man dafür einstehen, daß von Außen keine wirklihe Gefahr drohe. Auf eine weit-re Anfrage erklärt der Minister, daß die Regierung bereits in der leßten Session die Zumuthung einer Besißergreifung Salonichi's als eine Verdächtigung zurückgewiesen habe. Von diplomatischen Unterhandlungen betreffs der internen aufstän- dischen Bewegung könne keine Rede sein, auch seien folche von keiner Seite angeregt worden. Minister Szlavy tritt den vom Referenten gemahten Vorwürfen entgegen, recht- fertigt die Verwaltung in den ofkkupirten Ländern, hebt die erfolgten Steuererleichterungen hervor und weist die Jrrthümer nah, welhe in den Angaben desselben über die Kultus- verhältnisse daselbst enthalten seien. Der Minister betoit, die Regierung sei bestrebt, gereht und unparteiisch vorzugehen, und verspricht sich für die Zukunft die besten Erfolge davon. Der Reichs-Kriegs- Minister rechtfertigte auf das Eingehendste die Einführung des Wehrgeseßes in dem Ofkkupationsgebiet und führte aus, daß eine längere Hinausschiebung nicht rath: sam gewesen wäre, da der Widerstand dagegen später wahr- scheinlih noch viel heftiger aufgetreten wäre. Auf eine Anfrage Czerkawsfi's erklärt Szlavy, daß vas nationale Element bei der Verwaltung der okkupirten Länder entsprechend berüsichtigt werde, und bemerkt, in dem ganzen Verkehr der Behörden mit den Parteien sei das nationale «3dom in Geltung und fast der ganze Beamtenkörper sei den slavischen Nationalitäten entnommen. Der Reichs-Kriegs-Minister bemerkte \cließlich noch, die Vorbereitungen zur Konskription seien im Zuge und die Regieruag habe feinen Grund, die Dur&führung des Wehrgeseßes zu sistiren, weil dies ein Beweis von Schwäche wäre. Nach einem Schlußwort des Referenten wurde sodann die Sißung geschlossen.

Amtlich wird gemeldet: General Czveits führte am 26, d. Abends mit zwei Bataillonen Jnfanterie von Mostar aus eine Rekognoszirung gegen Zimje aus, während gleich- zeitig ein Bataillon Jäger, von Nevesinje aufbrehend, bei Glavaticevo rekognoszirte. Am 27. d. fand auf dem rechten Ufer der Narenta ein halbstündiges Gefecht mit etwa 1000 Jnsurgenten statt. Die Jnsurgenten zogen sich auf der ganzen Linie zurück. Die Truppen übernachteten in ihren Stellungen und marschirten am 28. d. nach Mostar und Ne-

sich erstrede, Durch die Okkupation Bosniens und der

vesinje zurück, da eine weitere Verfolgung nicht beabsichtigt

zu dem Eisenbahnanschluß |

Vertrauen und Entgegenkommen der Pforte leite auf das *

, Der Verlust der Jusurgenten is beträhtlih. Von den Truppen ist ein Ober-Lieutenant todt, 2 Mann sind schwe und 3 Mann leiht verwundet. Am 30. d. wurden etwa 40 Insurgenten nah einem halbstündigen, verlustlofen Gefecht auf den Höhen von Svorcan (bei Korito) gegen die montene- grinishe Grenze geworfen.

Großbritannien und Irland. London, 30. Januar. (Allg. Corr.) Die Zustände in Jrland bleiben unver- ändert sehr traurig. Die jüngste Meldung, daß in den Graf- schaften Clare, Limerick und Cork eine weitverzweigte und gefährliche Verschwörung entdeckt fei, ist zwar S worden, allein in verschiedenen Gegenden des Landes fin wieder ernste agrarishe Verbrechen, darunter zwei Morde und drei Mordversuche verübt worden. „Kapitän Moonulight rührt sih auch wieder und hat sogar in Millstreet untcr den Augen der Polizei Plakate anschlagen lassen, in welchen er eine Belohnung von 30 Pfd. St. demjenigen anbietet, der ihm verläßliche Fnformation über Pächter gebe, welche das „Ver- brechen“ begangen haben, ihren Pachtzins zu zahlen, wosür der

Kapitän“, dieselben zur Verantwortung ziehen will. Unter diesen Umständen ist an ein allmähliches Erlöschen der sozialen Revolution in Frland s{chwerlih zu denken , Und die Regierung wird mit noch strengeren Maßregeln zur Unterdrückung der irischen Anarchie vor das Parlament hintreten müssen, wenn sie sich von der Opposition nicht den Vorwurf machen lassen will, daß ie „der Lösung des irischen Problems nicht gewachsen sei Der in Jrland E schende Terrorismus erheisht nachdrüdlichere Maßregeln a 5 die Anstellung neuer Polizeirichter mit weitgehenden Vollmalten oder die Verstärkung einer an sich schon großen Truppenmacht, die niht zur Verwendung kommt. Nur die Herstellung eines regelrechten Belagerungszustandes in den unruhigen N oder die summarishe Aburtheilung von agrarischen Ver- brehern ohne Hinzuziehung von Geschworenen könnte dem Uebel Einhalt thun. Der „Observer bezweifelt indeß, daß das parlamentarische E a der Regierung solche itrenge

eln umfassen werde. L , O B T B.) Der Unter-Staatssebret är Dilke hielt gestern Abend vor seinen Wählern in Chelsea eiue Rede, welche hauptsächlih der Vertheidigung der auswärti- gen Politik der Regierung gewidmet war. Dilke betonte besonders die Aufrechterhaltung des Einvernehmens zwischen England und Frankreich in der egyptischen Frage und äußerte sich hoffnung8voll über das Zustandekommen des A französischen Handelsvertrags. Einen Vertrag Voi vetcograDer Natur könne die englische Regierung indeß nicht abschließen.

Die mit der Ueberbringung des Hosenband-Ordens an den König von Sachsen beauftragte außerordentliche Gesandtschaft tritt heute ihre Reise an. 58

Frankreich. Paris, 31. Januar. (W. T. B.) Jn der heutigen Sißung der Deputirtenkammer verlas Der Conjeils-Präsident de Freycinet eine Erklärung des Kabinets, in welcher es heißt: „Bei der Erfüllung der Pflichten, welche unser Amt uns auferlegt, beherrscht uns der eine hauptsächlihe Gedanke, den Frieden herrschen zu lassen, Frieden im Lande, Frieden in den Gemüthern, wie in der materiellen Ordnung, Frieden nah innen wie nach außen. Wir werden nichts verabsäumen, um dahin zu ge- langen; unsere Aktion wird sich würdig, fest und Pete \söhnlih zeigen. Jn einem Lande wie Frankreih war stets die Freiheit auch der Fortschritt. Sie werden uns unter- stüßen, die eine zu realisiren und den anderen zu sichern. Wir werden in liberaler Weise die neuen Geseße über die Presse und das Versammlungsreht anwenden, wir werden

hnen ein Geseß vorlegen, welches das _Assoziationsrecht iert, indem es gleichzeitig das Recht des Staates aufrecht- erhält. Die Frage wegen der Revision der Verfassung „muß vershoben werden bis nach Ablauf der gegenwärtigen Legis- laturperiode.“ Angekündigt werden ferner: eine Neform Des Gerichtswesens, dur welche die Kompetenz der Friedens- rihter erweitert und die Anzahl der Appellhöfe und Gerichte erster Jnstanz vermindert werden soll, sodann eine Reform des Militärwesens, durh welche der Militärvienst auf drei Jahre reduzirt wird. Bezüglich des öffentlihen Unterrichts soll das begonnene Werk fortgeseßt werden. Die Bemühungen der Regierung würden darauf gerichtet sein, die Arbeiten der Nation zu beleben, denn es handele sih im Leben der Natio- nen nicht nur um Politik, sondern auch um Geschäfte und materielle Juteressen. Von einer Konvertirung der Rente oder dem Rückkauf der Eisenbahnen oder einer weiteren Emission der Rente sei keine Rede. „Wir werden die Mit- hülfe der Privatindustrie in Anspruch nehmen. Nichts roll vernachlässigt werden, um eine definitive Lösung der Zolltarifsrage herbeizuführen. Die moralische, intellektuelle und materie!e Besseruag der Verhältnisse wird die Regierung in ganz hervorragender Weise beschäftigen und dazu veran- lassen, die sozialen Probleme zu studiren.“ Schließlich bittet Hr. de Freycinet di: Kammer, dem Ministerium ihr Vertrauen zu schenken : „Wir können Nichts ohne Sie; die Uebereinstimmung der Regierung und der Kammer ist nothwendig für das Wohl der Republik und Frankreichs.“ Der Finanz-Minister Léon Say zog das von seinem Vorgänger vorgelegte Budget zurü, um die erforderlihen Modifikationen vorzunehmen. Fm weiteren Verlaufe der Sißung genehmigte die Kammer einen K redit von 6 Millionen zur Bestreitung der Ausgaben für die Expedition in Tunis im Februar und März. Andrieux kündigte an, daß er am Donnerstag einen Antrag einbringen werde, welcher die Besserung der Lage der Börsenplä e Paris und Lyon bezweckt. Wie es heißt, beabsichtigt die äußerste Linke der Kammer das Kabinet wegen der Vertagung der NRevisionsvorlage zu inter-

pelliren. S n : Jm Senat wurde die ministerielle Erklärung wie in der Kammer mit großem Beifall aufgenommen. Der Senat wird am Donnerstag die Wahl des Präsidenten an Stelle Léon Say's vornehmen; die republikanische Linke beabsichtigt, Leroyer als Präsidentschastskandidaten aufzustellen. Der Senat genehmigte den gestern von der Kammer ange- nommenen Geseßentwurf über die Verlängerung der Handelsverträge.

Jtalien. Rom, 1. Februar. (W. T. B.) Die Kammer der Deputirten votirte gestern in geheimer Abstimmung den neuen Handelscodex und begann die Generaldebatte über die Vorlage, betreffend das Listen - skrutinium. )

Serbien. Belgrad, 31. Januar. (W. T. B.) Die von der Skupschtina angenommene Adresse wurde heute

Majorität überreihtk. Der Fürst äußerte bei Entgegennahme derselben seine vollste Zufriedenheit mit den „Arbeiten der Majorität, mißbilligte das unparlamentarische Verhalten der Opposition, und gab seinem Vertrauen zu dem gegenwärtigen Kabinete, wie hinsihtlich einer ferneren erfolgreichen Mit- wirkung der Majorität Ausdruck.

Nußland und Polen. St. Peters bu rg, 31. «zanuar, (W. T. B.) Das „Journal de St. Pétersbourg bespricht die Zusammenseßung des neuen französischen Kabinets und meint: das Kabinet Freycinet werde in Frank- rei eine heilsame Abspannung hervorbringen, aver es werde keine leihte Aufgabe haben; es werde schwierig sein, eine Majorität in der Kammer zn bilden. Jm Auslande werde der Amtsantritt des Ministeriums Freycinet sicher überall mit S ng begrüßt werden. i

S Aa 4 ee (W. T. B.) Der „Regierungs- Anzeiger“ veröffentlicht einen Kaiserlihen Ukas, durch welhen der Finanz-Minister ermähtigt wird, zu jeder Zeit ohne jedesmalige besondere Genehmigung des Kaisers Obligationen des Reichsschaßes mit furzen Ter- minen zu emittiren, mit der Maßgabe, daß die Summe derselben mit den noch nicht eingezogenen Obligationen früherer Emissionen niemals den Betrag von 50 Millionen übershreite und daß jede Emission zur Kenntniß des Kaisers gebraht werde. Der „Moskauer Telegraf“ hat die zweite Verwarnung erhalten. Nach Meldung, verschiedener Blätter beabsichtigt die Negierung, eine Nevision sämmt- licher russishen Zollämter vorzunehmen. Die Blätter melden ferner, das Winterkorn in den Gouyernements Charkow, Poltawa und Kiew sei zu Grunde gegangen und werde int Frühjahr eine neue Aussaat erforderlih machen.

Dänemark. - Kopenhagen, 28. Fanuar. (Hamb. Corr.) Die Budgetkommission wählte heute mit 6 Stim- men den Grasen Holstein-Ledreborg zum Wortführer. Für denselben stimmten die Moderaten und. die Mitglieder der Gruppe Alberti. Die Rechte votirte für General Thomsen, während die Radikalen für Berg stimmten. General- Lieutenant Schar ffen berg, der sich am 18. April 1864 bei Düppel mit seiner Brigade rühmlichst auszeichnete, ist im Alter von etwa 70 Fahren gestorben.

Zeitungs\stimmen.

Das „Kleine Journal“ äußert sih in einem Rück- blick auf die fo eben geschlossene Reichstagssession u. A, wie folgt: : i

Wittig ist auch insofern diese Session, als die Grenzlinien zwischen den monarchischen Rechten und denen der Volksvertretung, welche man nicht erst seit Jahren, fondern seit Jahrzehnten zu ver- dunkeln bestrebt war, ein für alle Mal fest und bestimmt ge- zogen sind. Und zwar ist dies keineswegs dur einen einseitigen _ Akt der Krone geschehen. Die vom Kaiser in sehr kategorischer Form dargelegte Auffassung seiner „monarchischen Rechte hat die rückhaltlose Anerkennung eines Reichstages gefunden, der aus keines- wegs regierungsfreundlichen Wahlen hervorgegangen war, Die Ge- fahr, daß Preußen und Deutschland in die abshüssigen Bahnen des modernen Konstitutionalismus mit seinen aus den jeweiligen Majo- ritäten hervorgehenden Partei-Ministerien gedrängt werden würden, darf angesichts der Verhandlungen, welche über den Königlichen Erlaß vom 4, d. M. gepflogen wurden, als abgewandt gelten. Damit erst ist uns der Weg zu einem gesünderen parlamentarischen Wesen er- \{lofsen, E: E ns V: solhen Umständen gewinnt also diese kurze Session eine höhere Bedeutung als viele früheren. E : DGESS Die Aeußerungen des Hrn. von Puttkamer über die Session find demnach um so mehr beachtenswerth, wenn man bedenkt, qvie sehr sich in dieser kurzen, aber nicht inhaltsleeren Sesfion das Be- dürfniß der Opposition fühlbar gemacht hat, den Regierungen auch auf dem bisher am meisten und stärksten angefochtenen Gebiete, dem sozialpolitishen, sich zu nähern. Der Antrag Buhl, so widerspruchs8voll und ungenügend er noch immer erscheint, liefert“ doch den Beweis davon, da er sich dem Ó Prinzip des Versicherungszwanges niht mehr widersetzt; ebenso die Annahme der Vorlage, betreffend die Berufsstatistik, welche ja auch den offen ausgesprochenen Zweck verfolgt, dem bevorstehenden Unfallversicherungs- geseze die Wege zu ebnen. Der Eifer, mit welchem die „große liberale Partei* den Regierungen hier Konkurrenz zu machen suchte, wäre gewiß unverständlich, wenn niht die Idee der Sozialreform troß der Wahlen immer mehr Terrain gewonnen hätte, wenn nicht auch in liberalen Kreisen mehr und mehr das Bewußtsein auf- dämmerte, daß diese Frage über kurz oder lang auch bei den Wahlen eine wichtige Rolle spielen könne. Es

Der österreichishe Reichstagsabgeordnete Dr. A. Peez hat kürzlih eine Schrist „Die amerikanishe Konkurrenz Wien 1881. C. Konegen) herausgegeben, in welcher er die Tragweite der amerikanischen Konkurrenz für die europäische Landwirthschaft, sowie die Mittel zur Abwehr derselben erörtert. S :

Von den Darlegungen des Verfassers giebt Fr. G. Wies „D. illustr. Gew. Zeitung“ diejenigen über die voraussihtlihe Dauer der amerikanischen Konkurrenz und über die Einwirkung der leßtern auf das zunächst und am {wersten betroffene Land, England, wieder. _ ,

Wir entnehmen dieser Darlegung folgende Stelle:

Einstweilen können wir in der Betriebsweise der Amerikaner kein Motiv erblicken, welches in den nächsten zehn oder zwanzig Jahren und weiter zu blicken haben wir jeßt nicht nöthig eine Ver- minderung der landwirthschaftlihen Konkurrenz Amerikas erwarten ließe. Wenn wir uns gegenwärtig halten, daß das in seinen nörd- lien und östliben Theilen noch so dünn bevölkerte, aber durchweg fruchtbare Mississippithal allein sech8mal so groß ist, wie Frankreich; wenn wir erfahren, daß gegenwärtig die aus zwei Millionen bestehende Bevölkerung von Teras so viel Brod und Fleisch erzeugt, um die 67 Millionen von _ Deutschland und England mit Wales zu ernähren, und Atkison uns verfichert, daß die Union 200 Millionen Acres oder 81 Millionen Hektarc für Maisbau geeignetes Land besitze und davon über 1275 Millionen metr. Centner ernten könne, also das Dreifache der jeßigen Ernten; wenn ferner die Rente der amerikanis{en Landwirthschaft von erfahrenen Männern auf 20 bis 259% geschäßt wird und ein verstärkter Beweis für diese bedeutende, ho lohnende Rentabilität im Fiskaljahre 1880 (endend 30. Juni 1880) wieder volle 10459 km neuer Eisenbahnen gebaut und weitere 22 500 km projektirt sind, so wird man jenen Einwänden keine allzugroße Bedeutung beilegen, :

Die „Gewerbliche Zeitschrift“ schreibt: _

Fürst Bismarck hat als Handels-Minister bekanntli ein Cir- fular an sämmtliche Handelskammern erlassen, in dem er Veffentlich- keit der Sitzungen als Regel und vierteljährliche Einsendung der Situngsprotokolle verlangt und gleichzeitig bestimmt, daß die Jahres- berichte erst veröffentlicht werden sollen, nahdem sie ihm vier Wochen

0 e C 9 9 E , T7 # E Geschrei über Despotismus, tiefsinnige rechts-

dem Fürsten Milan von den gesammten Mitgliedern der

gelehrte Untersuchungen, ob er zu solchen Forderungen berechtigt sei, allgemeines Zetern über rücksihtsloses Dreinfahren 2c.

In der Sathe verlangt der Minister nur Billiges. Die Oeffent- lihkeit der Sitzungen besteht bei sehr vielen Handelskammern schon jett, und die andern haben feinen Grund, dieselbe nicht auch „als Regel“ einzuführen, die Einsendung der Protokolle ist ein sehr

unverfänglices Verlangen, da dieselben und zwar meistens in extenso veröffentlicht werden. Daß der Minister sih aber

ie Möglichkeit sicher stellen will, die Jahresberichte, die an ihn erstaitet abe müssen, und deren Veröffentlihung vom Geseß gar nit vorgeschrieben, also überhaupt unzweifelhaft vom seiner Genehmigung abhängig ist, erft wenigstens prüfen zu können erscheint als ein fo ORRENEEA E dus \{Gon ziemli viel Oppositionsbedürfniß dazu gehört, es zu bestreiten. h T Se wie sie zwischen Grünberg und dem Handels- Minister sich abspinnen, werden unnöthig, wenn der Minister Ge- legenheit hat, in einer Nachschrift zum Handelsberiht auf thatsäch- liche Jrrthümer Mute, und damit einer tendenziósen Ausnußung irriger Angaben vorzubeugen. j S j e vg jeßt die Sicherheit gegeben wird, .daß nicht nur die Jahresberichte, sondern die gesammte Thätigkeit der Handelskammern einer genauen Beachtung an entscheidender Stelle gewürdigt werden sollen, so ist das im höchsten Maße erfreulih und dankenswerth. Daß dabei eine Reihe von Kammern in ihrem zeitigen Bestande als nicht ausreichend werden erkannt werden, ist ebensosehr _vorauszu- sehen als zu wünschen, denn einer solchen Grfkenntniß würde ohne Zweifel die so lange und so oft verlangte einheitlihe Organisation der Vertretung von Industrie, Handel und Gewerbe auf dem Fuße folgen, mit welcher Preußen hinter allen deutshen Stationen noch so weit zurü ist. / i; A Dio „Ess. Ztg.“ theilt wöchentlih cinen Bericht über die Lage der Eisen- und Kohlenindustrie aus Dortmund mit. Der leßte vom 30, Januar datirte Bericht hat folgenden Wortlaut : ; : In der Eisenindustrie dauert die bessere Konjunktur in vollem Umfange an. Der Bedarf bleibt in allen Zweigen des Cisengeschäfts sehr rege und vie Aufträge gehen sowohl aus dem Auslande wie auch aus dem Inlande nach wie vor mit Regelmäßigkeit ein, wobei besonders hervorgehoben zu werden verdient, daß der hei- mische Bedarf in verstärktem Maße auftritt, was einerseits auf größeres Vertrauen und andererseits auf die wachsende Kauffkraft des deutschen Volks schließen läßt. In der Hochofenindustrie sind be- sonders Puddel-, Spiegel- und Bessemereisen lebhaft gefragt. Die Hochöfen sind deshalb für Puddelroheisen um einige Mark in die Höhe gegangen t SiegensWen Joroert nan Dees V O Hd Distrikten Rheinland-Westfalens bis 72 4 pro Tonne Spiegeleisen geht fort- während stark zum Erport, während Bessemereisen neuerdings in größeren Quantitäten von England importirt wird, da es wegen der erhöhten Preise des deutschen Bessemereisens wieder mit demselben rüdfichtlich der Preisftellung konkurriren T Sn _Walzeisen find die Notirungen unverändert geblieben und werden in allen Sorten fest behauptet. Stabeisen notirt 140 Æ pro Tonne und wird zu diesem Preise auch in größeren Posten umgeschlagen, während kleinere Quantitäten entfprechend höher bezahlt werden. Besonders groß ist die Nachfrage in Façoneisen, Blechen und Walzdraht; Façoneisen und Bleche werden andauernd in aroßen Posten von den sehr gut beschäftigten Schiffswerften bezogen, werden auch wie Walzdraht vielfach erportirt. Jn leßterem Fabrikat bürgert sich der Stahldraht mehr und mehr ein und verdrängt den Eisendraht allmählich. Den Stahlwerken gehen noch immer ansehnliche Aufträge durch Sub- missionen in Stahlschienen, Bandagen, Saßzachsen, Quer- und Lang- \chwellen zu. Die Preise für alle diese Materialien sind seit einem halben Jahre ftetig in die Höhe gegangen und sind die betreffenden Etablissements daher au zu bessern Preisen beschäftigt. In den Maschinenfabriken, Kesselshmieden und Lokomotiv- wie Waggonfabri- ken herrscht durchweg eine rege Thätigkeit. Die Kohlenindustrie hat fortwährend einen regen Verkehr aufzuweisen, der hauptsächlich von der vorzüglich beschäftigten Eisenindustrie unterhalten wird. Fn Hausbrandkohlen ist es nach wie vor still und eine wesentliche Be- lebung darin ist bei der fortgeschrittenen Jahreszeit auch kaum noch zu erwarten. Uebrigens hat der gegenwärtige Winter gezeigt, daß ein Aufschwung in dem Kohlengeshäfst auch ohne erheblichen Umsaß in Hausbrandkohlen möglich ift.

Landtags- Angelegenheiten.

Dem Hause der Abgeordneten ijt folgender Entwurf eines Geseßes, betreffend die Erweiterung, Vervoll- ständigung und bessere Ausrüstung des Staatseisen- bahnnetzes, vorgelegt worden : :

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden König von Preußen 2c. verordnen , unter Zustimmung beider Häuser des PKandtages der Monarchie, was folgt: i

S. L. Die Staatsregierung wird ermächtigt: I. Zum Bau einer Eisenbahn: 1) von Eichicht über Probstzella nach der Bayerisch-Meinin ichen Landesgrenze die Summe B, E L E A

2) von Königsberg nach Labiau

die Summe von s 3) von Johannisburg nah Lyck

die Summe von A 4) von Hohenstein über Shöneck

4924000 , 4516 000 ,

nah Berent die Summe von 3910000 , 5) von Jatßnick nah Ueer-

münde die Summe von. . 1184000 ,„ 6) von Liegnitz nah Goldberg / die Summe von 1260000 ,

7) von Greiffenberg nah Löwens- berg und von Greiffenberg nah . Friedeberg die Summe von 2672000 ,

8) von Oberröblingen nah Quer- furt die Summe von . . 800 000 ,

9) von Wernigerode nah Jlsen-

burg die Summe von. 675000 , 10) von Scharzfeld - Lauterberg

nach St. Andreasberg die L

E 976 000 11) von Osnabrüd nach Brackwede

die Summe von 2630000

12) von Wabern nah Wildungen die Summe von. E 13) von Westerburg nah Hachen- burg die Summe von. 14) von Prüm über St. Vith und Montjoie nach Rothe Erde (Aachen) mit Abzwoei- gung von Faimonville oder einem anderen geeignetén Punkte der Hauptbahn nah Malmedy die Summe von . 15) von Raeren oder einem an- deren gecigneten Punkte der Bahn ad 14 nach Eupen die Summe von . . A 16) von Walheim oder einem anderen geeigneten Punkte der Bahn ad 14 nach Stolberg E 17) von Ahrweiler nah Adenau die Summe von ü

846 000

2 285 000

14 567 000

880 000

1 189 000

3500000 ,

zusammen 51814000 M