1882 / 28 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 01 Feb 1882 18:00:01 GMT) scan diff

tragen, seien die Wünsche auf Ermäßigung der Tarife erfüllt und fei überhaupt Hoffnung vorhanden, daß sie je erfüllt werden könnten? Der Finanz-Minister würde sicher sein Veto einlegen. Was das Verwendungsgefeß anbetreffe, so habe der Finanz- Minister sich wohl gestern überzeugen müssen, daß die Auf- nahme desselben auf der reten Seite eine sehr kühle gewesen sei, und daß das Centrum und die linke Seite des Hauses eine ablehnende Haltung eingenommen hätten. Er bätte ge- wünscht, die Staatsregierung hätte dem Hause statt des Ver- wendungsgeseßes lieber ihren Steuerreformplan vorgelegt, die Minister häiten in dieser Beziehung nit so rücksi{tsvoll in Betreff der Arbeitskraft des Abgeordnetenhauses sein dürfen. Er irete der Anschauung des Abg. von Huene unbedingt bei, daß man kein weiteres Verwendungsgeseß brauche, als das- jenige von 1880; ex sci auch überzeugt, daß die Be- amten darüber nicht unglücklih sein würden, da das Geld für die Erhöhung der Beamtengehälter leider auth dur die Annahme des Verwendungsgeseßes noch nicht herbei- geschaft werde. Die Aufhebung des Schulgeldes im Wege des Verwendungsgesebßes halte er mit dem Aba. von Nauchhaupt nicht sür durhführbar. Die Verhältnisse lägen in dieser Be- ziehung fehr ungleih, es gebe auch ärmere Gemeinden, in denen das Schulgeld nicht mehr erhoben werde. Es sei nicht möglich, eine Prömie aus Staatsgeldern darauf zu seßen, daß cine verfassungsmäßige Bestimmung erfüllt werde, man würde daduxch ungerc{t gegen diejenigen verfahren, welche aus eigenen Mitteln der Verfassung gemäß das SGGulgeld abge- schafft hätten. Ein dringendes Interesse indeß hätten alle Parteien daran, endlich den Steuerreformplan dex Re- gierung zu kennen. Son i Jahre 1879 abe der Finanz-Minister die Vorlegung desselben versprochen, im November 1880 habe der Minister das Ver- sprechen für dieses Jahr wiederholt, und jeßt, nah 14 Monaten, habe man den Steuerreformplan noch nit. Der Finanz-Minister gebe niht einmal Auskunft über die Zdeen, welche ihn hierbei geleitet hätten. Er stelle die Frage 'an den Minifter und müsse es ihm überlassen, ob er se beantworten wolle oder nicht: stehe derselbe noch auf demselben Standpunkt wie im Jahre 1880, wo derselbe in der Kommission über das Verwendungsgeseß erklärt habe, daß ein weitercr Steuererlaß als die 14 Millionen aus den 130 Vitllionen Neichësteuern in Preußen nicht zu erwarten sei, da vas Uebrige zu Auèëgaben zu reserviren sei und daß au diese 14 Millionen Steuerexlaß durch die von der Staats- regierung geplante Neform der direten Steuern wieder cinge- bracht werden follten ? Jm direkten Gegensaß hierzu habe der Reichékanzler im Jahre 1879 und der Staatssekretär Scholz im Jahre 1880 im Reichstage erklärt, daß der Reichskanzler als wirkliches praktishes Ziel, nicht etwa als blos ideales betraute: Beseitigung der Klassensteuer, Ueberweisung der Grund- und Gebäudesteuer an die Provinzen, Kreise und Kommunen, Verringerung der klassifizirten Einkommensteuer. Er frage, wie stehe zu diesem offiziel zweimal entwickelten Programm des Reichskanzlers die preußische Staalsregierung 2 Habe der Finanz-Minister die Anschauung, die derselbe früher offiziell hier vertreten habe, heute noch, wonach die direkten Steuern der feste Kern des preußishen Finanzsystems bleiben müßten? Der Finanz-Minister habe im vorigen «Jahre wörtlih anerkannt, daß die Landesvertretung das Hecht habe zu wissen und zu erfahren, wohin die Ziele der Regierung gingen. Auch seine Partei, das wolle cr dem Abg. vo1 Rauchhaupt bemerken, habe ein lebhaftes «Interesse daran, daß die Regierung über die Steuerreform endlich mit ver Sprache herauskomme. Sollten die direkten Steuern beseitigt werden bis auf eine kleine Anstandssteuer oder die vom Finanz-Vinister im vorigen Jahr geplante Ne- form durchgeführt werden? Die „Prov. Corr.“ habe vor den lezten Wahlen die Forderung noah Aufklärung für ungerecht- fertigt erllärt, da das Volk vollständig klar über die Pläne der Regierung sei; er freue sih, daß cin Mann, der zur „Nordd, Allg Ztg.“ so nahe Beziehungen habe, wie der Abg. von Nauchhapt, erkläre, auch er gehöre zu denjenigen, die noch nicht wüßten, was die Regierung in dieser Beziehung wolle. Je schneller diese Klarheit komme, desto besser. Man sei niht im Stande, dem Reichskanzler in seinen Reformen auf dem sozialen und finanzpolitishen Gebiet ohne Weiteres zu folgen, die Konservativen würden erkannt haben, daß dies auch sür sie etwas Bedenkliches habe. Es sei ihnen gewiß nicht gut zu Muthe gewesen, als der Reichs- tanzier in diesem Jahre ecklärt habe, er habe \sih davon über- zeugt, daß die Unfallversiherungsvorlage in der vorjährigen Gestalt niht durchführbar sei. Die Konservativen hätten sih davon überzeugt, daß es nicht zweckmäßig sei, so unbedingt Heeresfolge zu leisten. Auch er habe den sehnlichen Wunsch, daß die Regierung nun endli über ihre Steuerreformpläne volle Klarheit gebe, das glaube er aber dem Abg. von Rauch- haupt von Herzen, sei diese Ausklärung erst gegeben, so würden die Konservativen in weit geringerer Anzahl hier erscheinen als jeßt.

Hierauf ergriff der Finanz-Minister B itter das Wort:

Meine Herren! Sie werden mit mir darüber einverstanden sein, daß ih die Angiisfe, welcbe von Seiten des Herrn Vorredners auf meine Herren Kollegen im Ministerium gerichtet waren, diesen zu beantworten überlasse, ih werde mich schr büten, cinem von meinen Kollegen in seinem Spezialressort vorzugreifen; das gehört nit zu unserer gegenseitigen Verständigung.

Der Herr Abgeordnete Ricktert hat nun mit großer Bestimmtheit erklärt, daß wir uns in der Politik der ungemessenen Bersprechungen befinden. Insofern er das aus diesem Etat herausfinden sollte, fo würde das ja Bedenken erregen lönnen; im Etat finden wir das aber nit, und über den verhandeln wir jett.

Bei dieser Gelegenheit hat er die Bemerkung gemact, es fei gestern vom Ministertische unbeanstandet geblieben die Erklärung des Herrn Abgeordneten Richter, daß 350 Millionen Mark neue Steuern in Ausficht zu nehmen seien. J werde mich bemühen, Ihnen die Worte des Herrn Abgeordneten Richter, zwar nicht in dem \teno- graphiscben Bericht der Norddeutschen Allgemeinen Zeitung, sondern aus der Nationalzeitung vorzuführen.

also jeßt verlangt auch das MNeich noch etwas aus den neuen Steuern! Da brauchten wir zwei Verwendungsgesetze, eincs in Preußen und eincs im Reich. von Raucbhaupt glaubt, die Wahlen würden ganz anders ausfallen, wenn das Volk wüßte, was Fürst Bis8marck will ? Nun glaube ich zunähst, Fürst Bismarck ist sich selbst nicht klar, was er wirkli will. Wir haben das wiederholt in leßter Zeit gesehen. Im Vorjahr bielt der Reichskanzler nab der Vorlage seines Verwendungsgeselzes 110 000 000 neue Reichs- steuern für nöthig. Wie stebt es jet? Es kommen in Preußen hinzu 20000000 zur Erböbung der Beamtenbesoldung, für Ab- {cGaffung des Schulgeldes etwa 13 000 000, vielleibt 17 000 000 er bôhte Ausgaben für Schulen, zusammen 50 000 000 mebr in Preußen. Im Vorjahr hatte der Minister 65000000 für Preußen verlangt, das macht zusammen 115000000, und daraus folgt eine Mehrforderung für das Reih von 195 000 000.

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Reich selbst mit 1 Bedürfnissen; es

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vielleiht au 20000000 mebr für seine Beamten- und Offizier- gehälter brauchen, außerdem 120 000 000 für Alterêversorgung nah der Schäßung des Professors Wagner, ferner nab denselben die „Bagatelle von 10- bis 15000000 für die Unfallversicherung“, zusammen 135 000 000, dazu 195 090000 für die Einzelstaaten, ergiebt 330 000 000. Dabei sind ungerechnet die Verforgungskosten für die Hinterbliebenen von Beamten und die angekündigte Ent- lastung der Kommune von Polizei- und Standesamtskofsten. Im Vorjahr also ein Bedürfniß von 110, jeßt aber {on 350 bis 400 Millionen. Wie sollen die ausgebraht werden? und wie, Herr von Raucwkbaupt, meinen Sie, daß die Wakblen ausfallen würden, wenn das Volk das erst weiß? Aus dem Tabakêmonopol nnd der erhöhten Bier- und Branntweinstéuer können im besten Falle, nah den Berechnungen der Freunde des Monopols 16 Millionen einkommen. Wo soll das zu den 330 bis 350 Millionen Fehlende hergenommen werden ? Z Ja, meine Herren! das ift eine Rechnung, die der Herr Ab- geordnete Nichter sich nach allgemeinen Ideen über die Frage felbst gemacht hat, die aber doch nicht etwa eine Proklamation von 390 Millionen neuer Steuern enthalten foll oder kann. Ich babe mich gar nicht- gewundert über diese Zahlen, ih bin ihnen bereits in verschiedenen Zeitungen begegnet, die dieser Seite des Hauses durch- aus nahe stehen. Daß ich vom Ministertisch Verwahrung dagegen einlegen follte, wenn folche Zahlen hier diskursive vorgebracht werden, das ïann doch Keiner von uns verlangen. (Zuruf: Warum denn niht?) Nein, meine Herren! dazu müssen derartige Zahlen etwas mehr vorbereiét und etwas systematischer dargelegt sein. Ueber \olche Zahlen läßt fich überhaupt nit urtheilen. Wenn nun aber doch Werth darauf gelegt werden sollte, daß ih gegen diese Zahlen Widerspruch erhebe, dann erkläre ich ste für unbegründet.

Nun ist der Herr Abgeordnete Rickert wiederum auf die Frage der laufenden Berwaltung gekommen und er hat es für meine Pflicht erklärt, mich über diese bei Gelegenheit der Etatseinführung zu äußern. Ich habe gestern schon darauf aufmerksam gemacht, daß bisher die laufende Verwaltung blos in den Etatsdebatten zu Sprache ge- Tommen, aber soweit ich mi erinnere, nicht zum Gegenstande cines

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besonderen Kapitels bei der Einführung des Etats gemacht worden ist, Jch muß ihm bemerklich machen, daß ich gestern ausdrücklich erklärt habe, daß wenn eine Auskunft über die etatsmäßige Lage der laufenden Verwaltung gefordert würde, ih sehr gern bereit sein werde, sie zu ertheilen, soweit ich kann. Uebrigens habe ich hinzugefügt er wird sich dessen viellciht noch erinnern, daß wir nicht mit irgend welchen Geheimnissen es hier zu thun haben; das hohe Haus wird das ganz genau gehört haben und ih glaube, daß der Vorwurf, der mir darüber gemacbt worden ist: daß ich diese Frage ganz und gar mit Stillschweigen übergangen habe, cin absolut unbegründeter ist.

Nun hat er ferner erklärt, daß ich bei Einführung des Etats eine Menge von Zahlen gegeben habe, die aber nit mit der Voll- ständigkeit gegeben seien, wie sie in dem Etat ausgeführt sind. Ja, meine Herren, ib gebe die Zahlen des Etats bei der Einführung desselben hier im Hause, um ein allgemeines Bild der Verhältnisse des laufenden Etatsjahres, wie es sich darstellt, und des vergangenen Etatsjahres, auf dem der neue Etat zum Theil mit beruht, zu geben. Daß ih nicht jede Zahl einzeln nenne, nicht jede Zahl speziell in ihrem Zusammenhang bezeihnen kann, liegt so auf der Hand, daß ich glaube, daß darüber wohl wenig zu sagen sein wird. Ich möchte doch aber darauf aufmerksam machen, daß die Einführung des Etats hier ftaltfindet, e he-der Bericht dem Hause bekannt ist und daß der Bericht, der eben mit dieser Einführung dem hohen Hause vorgelegt wird, gar keinen anderen Zweck hat, als diese Zahlen in einer ge- ordneten und übersichtlihen Weise im Detail zu rekapituliren, so daß Jeder, der sich die Mühe nimmt, diese Zahlen durchzulesen, den Zu- sammenhang sowohl des Etats, als dieser Zahl mit meiner Rede sehr leiht finden kann.

Ferner hat der Herr Abgeordnete Richter seine Verwunderung darüber cu8gesprochen, daß die Rede des Herrn Abgeordneten von Rauchhaupt in dex „Norddeutsçzhen Allgemeinen Zeitung“ stenographisch, dîe meine aber, ébenso wie die des Herrn Abgeordneten Richter, nur in ganz kurzem, gedrängtem Auszuge mitgetheilt worden \ci, und er hat daran einige Bemerkungen geknüpft.

Ich kann Ihnen die Versicherung geben, daß ich mit der Nord- deutschen Zeitung nah dieser Richtung hin in gar keiner Beziehung stehe; ih habe aber auch gar keine Veziehungen mit irgend welchen anderen Zeitungen, die einzige Beziehung, die ich habe, ift die, daß ih von Zeit zu Zeit, durchschnittlich alle 6 Wochen darin lese, daß

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h di i meine Stellung erschüttert sei.

Das ist die cinzige Beziehung, die ih dazu habe, ih bin das so gewöhnt und das ist mir auch ganz gleichgiltig. Wenn ich bestimmt vorber weiß, daß eine solche Mittheilung kommen wird, fo habe ich die Chefs meines Bureaus beauftragt, mir alle Zeitungen vorzulegen, damit ich doch civige Beziehungen mit diesen Zeitungen behalte. Wenn Herr Nikert nun die Güte gehabt hat, dabei zu bemerken, daß

das wobl ci

machen, daß diese Zeitung, auch die stenographische Rede in dem Be richt der Norddeutschen Zeitung, auf nichts weniger als cin Symptom hindeuten fann. Wenn Symptome überhaupt da sind, kommen sie sehr [nell und werden eben so {nell erledigt. Auf diese Weise macht man keine Politik.

Es ift ferner cine Bemerkung gemacht worden über das Extra- ordinarium. Ja, meine Herren, ih habe den Wunsch gehabt, das Extraordinarium möglichst verschwinden zu lassen, Jh habe deu Anfang gemacht, der Anfang ist nicht von sehr großer Erbeblichkeit. (Zuruf links.) Ja wohl, ih habe das gesagt, ich weiß es ganz genau es ist aber doch cin Anfang da. Ich gehe von der Ansicht aus, auf der die Eisenbahnvorlage des Herrn Ministers der öffentlichen Arbeiten beruht, daß dergleichen große und über das gewölhnlihe Maß dec Ausgaben hinausgehende Ausgaben für Neubeschaffungen, Neubauten, nicht in das Extraordinarium gehören und da habe ich von Jhrer Seite (links) auc bereits Zustimmungen erhalten sondern dahin gehören, wo sie allein zu beschaffen und zu kontroliren sind, das beißt in besondere Kreditgeseze. Man kann darüker ja versc{iedener Meinung sein. Jch aber meinerseits bin dieser Meinung und auch ferner, wie ih gestern {on ausgesprochen habe, daß, wenn man alle diese Sachen, diese Neubauten mit ihren großen Summen in das Extraordinarium des Etats übertragen wollte, das Ende davon sein würde, daß man niemals auch nur entfernt an eine Balanze würde denken können,

Nun ist ja wiederum die wirthscaftlihe Lage der Verhältnisse mit Nüctsiht auf dasjenige, was Herr von Rauchhaupt gestern geäußert hat, zum Gegenstand ciner weitläufigen Erörterung geworden. Ic habe nicht gehört i kann mich täuschen, aber ih habe den stenographischen Bericht der Norddeutscen Zeitung, wie i ausdrücktli jagen will, nicht gelesen daß Herr von Raucbhaupt die (

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*Srflärung abgegeben hätte, daß die Besserung der wirthschaftlichen Lage, die

nSymptom sei, so möchte ih doch darauf aufmerksam dd 7

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Zweifel vorhanden ist , eine Folge der Zollpolitik sei. Ol Meinung gewesen ist, weiß ib nicht, aber gesagt bat er es. so lch mi erinnere, niht. Er hat blos gesagt: die wirtbsc{aftlicbe Lage ist eine bessere und aus dieser wirthschaftlichen Lage herrübrend erkenne ih die große Besserung in der Finanzlage, Also über die Frage werde ich mich nit weiter äußern; ih habe gar keine Veranlassung, die im Reichstage bis ins Ungemessene ausgedehnten Debatten über

die Zollpolitik und die Wirthschaftslage bier auf das hobe Haus zu ubertragen, Jch möchte aber, weil der Herr Abgeordnete Rickert gewi)se Bemerkungen gemacht hat über die Art und Weise, wie die Preise der Cerealien in Danzig und Frankfurt notirt sind, meinerseits doch eine Notiz geben, die für das hohe Haus vielleicht niht ohne Interesse sein wird. Ich komme nicht auf die Preise zurück, denn die Preise {ind Produkte anderer Konjunkturen, sondern ih komme auf die eigent- lie Bewegung der Cerealien selbs zurück und möchte daran an- [nüpfen, daß, als ich im vorigen Frühjahr in der Provinz Oft- preußen war, mir damals alle diejenigen Personen, die mit diesen Verhältnissen irgendwie zu thun haben, die Erklärung abgegeben haben, daß cs mit dem dortigen Getreidebandel und daher auch mit der Handelseristenz der Stadt Königsberg und der anderen Hafen- J

tädte Ostpreußens, die mit dem Getreidehandel vorzugsweise be-

s%ôftigt sind, zu Ende sei. J kann Ihnen gelegentlich die Namen nennen, hier scheint es mir nit passend. Es ist das auch vielfa Gegenstand von Petitionen gewesen. Es hat die Frage gar feinen Charakter in der Agitation. Es ist ein gewisses Interesse, zu seben wie folche Fragen beurtheilt werden können und wie sie beurtbeilt werden müssen. Ic habe die Notizen über die gesammte Getreide- ausfuhr aus Nußland in die östlichen Provinzen des preußischen Staats und rechne dazu auch die Provinzen Pommern, Posen und S{{lesien. Alles in allem betrug vom 1. Januar bis zum leßten November vorigen Jahres, also beinahe ein ganzes Jahr, die Getreideausfuhr, welche im Jahre 1880 483 Millionen Kilogramm betrug, im Jahre 1881 615 Millionen Kilogramm, also mebr 132 Kilogramm. Sie ist gestiegen in Ostpreußen um 79 Millionen, in Westpreußen um 50 Millionen und es sind in Pcivattransitlägern aufgenommen wor- den im Jahre 1881 103 Millionen mehr als sonst. Aus den Privat- transitlägern ausgegangen sind 122 Millionen mehr in Ostpreußen also im Allgemeinen eine außerordentliche Hebung des Getreideverkehrs in diesen Hafenstädten, die ja vorzugsweise ihre ganze Gristenz auf diesen Getreideverkehr gebaut haben. Jch erkläre, daß ich dies blos nebenbei mittheile, um zu zeigen, daß au in anderen Branchen, als in denen, die der Herr Abgeorduete von Rauchhaupt gestern bezeichnet hat, erheblich erhöhter Verkehr stattgefunden hat. Nun werden Sie mir vielleiht sagen, daß der Getreideverkehr im Jahre 1880 ein sehr [chlechter wäre, weil die Ernte in Rußland eine sehr geringe war und în diesem Jahre eine sehr gute; daher auc diese schr erhebliche Steigerung, die den Ostscehäfen uiemand mehr gönnt, wie ih. Aber ich füge noch ausdrücklich hinzu: Geben Sie uns in Preußen einige aute Ernten, dann wird überhauvt von Nothständen und von Heruntergehen der wirthschaftliben Verhältnisse schr wenig die Nede fein. Darin beruht unsere Existenz, und wenn wir mit der Industrie gute Ernten haben, dann können Sie sich darauf verlaffen, daß wir in den wirthschaftlichen Fragen feine Noth haben.

Nun hat der Herr Abgeordnete Rickert noch die Frage an mi gerichtet, was geschehen sollte wegen des Verwendungsgeseßes und wegen der Steuerreform. Jch habe die Sache gestern schon berührt. Was das Verwendungégeseß, das er erst aht Tage vor Schluß des hohen Hauses eingebracht zu schen wünscht, anbetrifft, so glaube ih, daß ih scinen Wünschen nicht entgegenkommen kann. Sie werden das Gescß schon in den näcbsten 8 Tagen hier schen und er würde dann alle die Bemerkungen, die er vorhin hier gemacht hat, aus dem eseße selbst entweder erledigt oder bestätigt finden. Jch muß das den Berathungen der ersten Lesung und der Kommission überlässen. Berzögern und beeilen kann ich hier nichts, die Sache geht ihren Gang.

Was aber die Reform der indirekten Steuern anbetrifft, so hat er mich daran erinnert, daß ih im vorigen Jahre erklärt habe, diese Steuerreform werde von mir ausgearbeitet und vorgelegt werden, und ich erkenne das an. Die Steuerreformprojekte sind in- zwischen ausgearbeitet und zwar, so weit sie das Finanz- ministerium betreffen, vollständig; sie find aber aus den von mir gestern bezeichneten Gründen im Staats-Ministerim noch nicht zur Verakhung gelangt, und das ift dec Grund, weshalb ih vorläufig wenigstens nicht in der Lage bin, die Gesetze, die eben noch keine Gesetzentwürfe sind, hier dem hohen Hause mitzutheilen. Ich würde überhaupt blos daëjenige mittheilen können, was ih persönlich daran gethan habe und welche Ansichten ih persönlich über die Steuer- reform habe. Sollte die Staatsregierung der Meinung sein, daß ich diese Geseße vorlegen könne, dann wird das ja sehr gern geschehen, Ich bemerke abex noch cinmal, daß alle Folgerungen, welche die Zeitungen, die sich überhaupt mit meiner amtlichen Stellung be- schäftigen, an diese Frage geknüpft haken, vollständig falsch sind. Eins möchte ih noch hinzufügen. Es find verschiedene Vorschläge gemacht worden, wie man-den von uns aus in den Etat gebrachten Steuererlaß von 6 Millionen in den Etat einfügen würde. Die Regierung ist sich bewußt gewesen, daß sie diesen Steuererlaß auf Grund ihrer Erklärung, au) wenn das Verwendungsgesetz nicht Gese geworden, in Vorschlag zu bringen hatte. Sie hat kein anderes Fundament hièrfür als das Geseß vom 16. Juli 1880, sie ist also genöthigt gewesen, auf Grund dieses Gesetzes die 6 Millionen in den Staatéthaushalts - Etat cinzufügen. Nun nennt man das einen unorganischen Steuererlaß das kann man ja auch bis zu einem gewissen Punkte anerkennen, aber dasselbe Gesetz, welches diesen unorganischen Steuererlaß fordert, dasselbe Gesek wird von anderer Seite, wie es Herr von Huene gethan und [elbst der Ab geordnete Rickert, als solches betrachtet, was vollständig ausreichend sei, Wenn dies der Fall ist, so möchte ih doch bitten, daß cs bei diesem Steuererlaß so lange fo bleibt, bis ein anderes Verwendungs- geseß zu Stande gekommen ist. Sollte das hohe Haus aber cine andere Verweudung beschließen, so wird die Regierung sich darüber schlüssig zu machen haben, ob sie dem beitreten kann oder nicht, Ich möchte ungern auf andere Fragen, die gestern noch vorgekommen sind, eingehen, weil fie mir nicht wichtig genug scheinen, um die Zeit des hohen Hauses in Anspruch zu nehmen. Auf eine mödte ich jedo zurüctkfommen, die ich gestern bereits erwähnte. Herr von Huene sprach den Wunsch aus, daß in der Bauverwaltung bei den Kostenanschlägen, welche für gewisse Bauten im Etat vermerkt sind, genau bestimmt werden müßte, ob sie revidirt find oder niht. J alaube ibn dabin aufklären zu müssen, daß in den Etat keine Kostenans{läge aufgenommen werden, die niht auf vollständig einwandsfreien und fuperrevidirten Anschlägen beruhen. Von meiner Seite werden, wenn von anderen Ressorts dergleichen Summen angewendet werden, jedesmal dergleichen Anschläge erfordert. Sie lie in der Regel bereits vor; follten sie nicht vorliegen, fo stelle ih es zur Bedingung, daß sie spätestens in den leßten Berathungen des Staats-Ministeriums über den Etat vorgelegt werden. Es wird also s{werlich vorkommen, daß irgend eine Position in den Etat eingestellt wird, die niht auf vollständig einwandsfreien und superrevidirten Anschlägen beruht.

Die Finanzlage ist nah meiner Meinung ih babe mi in feiner Weise durch die vernommenen Einwände irre machen lassen können eine verhältnifimäßig günstige. Ih muß umsomehr darauf zurückfommen, als der Abschluß des Ordinariums gerade so gestellt

, also etwoas über 29 Millionen, ganz voll und ohne Abzug den cxtraordinären Ausgaken Überwiesen verden töônnen. Wenn Sie einen Blick auf die letzten Jahre werfen, wo in jedem Jahre nicht blos cin mehr oder minder erbebliches De fizit in dem Etat zur Erscheinung gelangte, sondern wo die laufende Verwaltung auch noch ihr Defizit ergab, so glaube ih, daß es wohl ganz unzweifelhaft anzuerkennen sein wird, daß die Finanzlage \id gebessert hat und daß wir mit Zuversi in das neue Finanzjahr übertreten können. Will man die Finanzlage überbaupt als eine be deuklihe betraten und das geschicht vielfa von der linken Seite des Haus dann muß ic sagen, kann man überhaupt nicht mehr verlangen, daß gewisse Zaßlen die Grundlage abgeben, an die man sich halten kann; da muß man überhaupt na allgemeinen Gefühlen sagen: die Finanzlage ist s{lecht, sie bleibt \{lecht, der Boden ist unterwühlt, soweit fie mit der Finanzverwaltung zusammen hängen, hier cin für alle Mal nit zu bessern, und dann hat man auf diese Weise eine klare Position. Der Abgeordnete von Huene hat fi etwas vorsictiger ausgedrückt; er hat gesagt, er könnte die Finanzlage nicht \so optimistisch auffassen, wie dies von manchen Seiten des Hauscs geschieht. Ja, scine Rede hat mir im Ganzen den Eindruck gemacht , daß, wenn es ih darum bandeln sollte, Auff@luß über cinige Punkte zu geben, er diesen gegenüber wohl zugänglich fein wird. Jch für meine Person kann nur wieder- holt auéëssprechen, daß die Finanzlage, wie sie si darstellt, eine günstige ist und daß alle Einwendungen , die dagegen gemacht sind, mich in dieser Auffassung in keiner Weise beirrt haben.

Demnächst nahm der Minister der öffentlichen Arbeiten Maybach, wie folgt, das Wort:

Ich bin ja dem Hrn. Abg. Rickert i sehe zu meinem Be- dauern, daß er nicht auf seinem Platze si befindet sehr dankbar für das Kompliment, welches er mir im Eingange seines Vortrages gemacht hat. Ich bedaure, daß er dieses Kompliment mit einigen Stacheln versehen hat, die dessen Werth für mi verringern. Wenn er aber diesem Kompliment selbs Werth beilegt, dann wird er viel-

leiht au meiner Versicerung Glauben schenken, wenn i sage, ih bin der Ueberzeugung ni&t nur, daß für die ersten Jahre gute Er- träge erzielt werden, sondern für die Folge erst recht; denn wir befinden uns in der Periode des Ueberganges. Jede Uebergangsperiode ift aber mit einer Menge von Ausgaben und Un- zuträglichkeiten verknüpft au bei der Eisenbahnverwaltung, und ih fönnte da glei einen Ausgabeposten erwähnen für gewisse Personal- ausgaben im Belauf von mehr als einer Million, der im Lauf der Zeit wegfällt und das Budget erlcichtert; ebenso werden auch noch sachliche Ausgaben künftig in Wegfall kommen. Ic glaube also, daß in Zukunft, wenn wir nicht eine ungewöhnlich ungünstige Nerkehr8entwickelung erleben werden, das Ergebniß sich noch besser gestalten muß. Hr. Abg. Rickert is dann zurück- gekommen auf die bereits gestern von mir ausführlicher erörterte Frage, ob Seitens der Regierung, insbesondere meinerseits den Eisenbahnbeamten, oder überhaupt den Beamten meines Ressorts, das Pcetitionsrecht beschränkt sei. Jch wiederhole, das Petitionsrecht, das verfassungsmäßige Recht jedes Staatsbürgers, einem Beamten zu beschränken, fällt mir nit ein; ich halte das für absolut unzulässig, aber ih füge hinzu: ich erwarte, daß der Beamte das Petitionsrecht in einer Form gebraucht, welcbe dem dienstlichen Anstand und der Disziplin entspricht. Es ist nicht die Meinung, dem Beamten zum Vorwurf zu machen, wenn er sich mit einem der Herren Abgeordneten in NVerbindung setzt. Wie könnte ih denn dazu kommen? Es wäre ja eine Verkümmerung seiner Rehte, wenn man ihm die Mittel be- s{hränken wollte, die er für angemessen hält, für seine Zwecke zu ge- brauen. Aber, meine Herren, das wiederhole ib, was auch bereits mein Herr Amtsvorgänger gesagt hat, daß der Gebrauch dieses Pe- titionsrechtes in dieser Weise zur Lockerung der Disziplin führt, und daß es für einen Verwaltungs-Chef außerordentlich \cchwierig sein wird , führen, j

e Berwaltun- in agcdeiblicher fortzu- qrade da, wo militärishe Disziplin herr- schen n! im Interesse der Sicherheit O oe B wenn da das Gefühl erweckt wird, und das scheint mir doch erweckt zu werden, als ob die eigene Verwaltung, die cigenen Vorgeseßten

N Qo Weise

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nicht das nôthige Wohlwollen, niht das nöthige Interesse für die Beamten haben, und als ob es eines Anspornes von anderer Seite bedürfte, um ihnen dieses Interesse warm ans Herz zu legen. Ich habe gesagt, Kollektivpetitionen innerhalb der Verwaltung halte ih nit sür zulässig, um deshalb, weil damit ein Druck geübt werden soll auf die Verwaltung selbst; einen solchen Druck zu Üben R E ote Und B U ete Deo auf einer gunzlih unrichtigen Auffassung. Wenn ich dann gestern hinzugefügt habe, ih halte den Reichstag niht für diejenige Stelle, an welcher wegen des zufälligen Umstandes, daß im Reich mir die Verwaltung der celsaß-lothringishen Bahnen unterstellt ist, dieser interne preußische Gegenstand zur Sprache gebracht werden konnte, \ kann ih mich auch jeßt nach den Ausführungen des Herrn Abgeord- neten nicht überzeugen, daß meine Auffassung unrichtig wäre. Ich muß also bei derselben beharren, und zu meiner Genugthuung ist ja auch von cinigen der Herren, soweit mir die Verhandlungen gegenwärtig sind, selbst erwähnt worden, daß das eine Sache sei, die eigentlich in das preußische Abgeordnetenhaus gehöre und die nur, da fie einmal erwähnt worden, auch von ihnen weiter erörtert werde. /

Wenn speziell angeführt worden ist, daß ein Betriebsamt {chon die Absendung einer Petition an und für sih mit Entlassung bedroht habe, so würde ih der Fall ist mir nicht bekannt das nit billigen können, denn das Petitionsrecht steht den Beamten zu. Ich wiederhole, daß das Petitioniren nicht allgemein verboten, ergiebt sich daraus, daß Sie, wie Sie sagen, mit Petitionen überschwemmt werden.

Wenn weiter darüber Klage geführt ist, es sei eine Untersuchung der Spinde nach Korrespondenzen der betreffenden Beamten vorge- nommen worden, so weiß ih und das weiß ih aus dem vorläufigen Bericht —, daß in Königsberg eine solche Untersuchung stattgefunden hat; kraft richterlichen Befehls, ob mit Recht, darüber enthalte ich mich aus demselben Grunde, den ih gestern angeführt habe, des Ur- theils, Wenn der Fall, den Herr Richter im Auge hat, und der aus den westlichen Provinzen stammt, ebenfalls mit einer folhen Spind- oder Haussuchung, wie- man es nennen will, verknüpft gewesen sein sollte, so will ih ihm das zugeben, ic für meine Person würde in Disziplinarfällen eine derartige Maßregel im Allgemeinen nicht billigen. Ich kann aber auch nicht annehmen, daß hon deshalb, weil ein Beamter sich mit einem der Abgeordneten der Opposition in Verbindung gesetzt hat, eine Entlassung eingetreten sein sollte. Ein folcher Fall ist nit bei mir anhängig gemacht. Es ist also da der Instanzenweg einzuhalten, und da wird sich finden, was zu. geschehen hat. Ih wiederhole aber, meine Herren, was ih gestern gesagt habe, ih bitte Sie drin- gend, bei Beurtheilung aller dieser Fälle mit großer Sorgfalt auch JIhrerseits zu beachten, daß wir, die Verwaltung wie die Regierung, nicht blos die Nechte der Beamten zu wahren haben, fondern auch das Interesse des öffentlichen Dienstes. Jch wiederhole, es ist eine \hwere Verantwortung, wenn man die Beamten zu Beschwerden, zu Anträgen, zu Wünschen provozirt, die vielleicht niemals erfüllt wer- den können, eine Verantwortung, die von keinem von uns getragen werden könnte.

Jch wende mi dann zu einigen anderen Bemerkungen des Hrn. Abg. RiCert. Er wirft uns vor, daß wir einen Kredit begehren von 11 Millionen für Betriebsmittel, gleihwobl aber drei Millionen weniger für Erneuerungen in den Etat cinsetzen, Nun, meine Herren, wie verhält sich das? Es ist richtig, gegen den Verscleiß na den üblichen Berechnungen stellt sti{ch cin Minderbetrag von 3073 000 M heraus. Wenn Sie aber die Etats durchgehen, so werden Sie finden, daß erneuert werden sollen aus dem laufenden Fonds 49 Lokomotiven, 67 Personenwagen und 493 Güterwagen, das heißt, fie sollen erneuert werden in Ersatz für den wirkli abgängig werdenden Theil des Betriebsparks, so daß dieser auf der vollen Höhe erhalten bleibt. Wären wir, wie ich im vorigen Jahre er- wähnte, damals schon mit einer Vermehrung vorgegangen, so hätte das eine Verstärkung des Fuhrparks, niht eine Erhaltung des status quo bedeutet. Und weshalb haben wir cine Vermehrung begehrt ? Dieser Punkt wird immer wieder aufgegriffen. Jh muß des- halb, obgleich ich mir das eigentlich für die Berathung des Gesetzentwurfs vorbehalten wollte, diesen Punkt vorwegnehmen. Diese Vermehrung wird begehrt, die Mittel werden erbeten, weil eine so erheblide Verkehrssteigerung stattgefunden hat, und da muß ich Ihnen einige Daten geben, die zum Theil auch in der Begründung des Gesetzentwurfs und in dem Betriebsbericht sib vorfinden. Es wird das aber vielleibt interessiren, Jch fange an mit dem Osten. Es hat in den Herbstmonaten 1881 der Getreideverkehr auf den östlicben Bahnen folgenden Umfang gewonnen: die Zufuhr nah Königsberg ist in den Herbstmonaten gegen das Vorjahr gestiegen um 850 Prozent, nah Danzig um 300 %, Die Ostbahn hat davon allein befördert 240 9/6 Plus. Jch freue ja mi mit dem Hrn. Abg. Nickert darüber, daß eine solde Verkehrssteigerung stattgefunden hat, und wir wollen hoffen, daß sie noch weiter stattfinde, Jch% wünsche aber au die Betriebsmittel zu haben, um diesen Verkehr auf die Dauer bewäl- tigen zu können. Die Zufuhr aus dem Inlande auf der Oft- bahn nach Königsberg betrug 11 %% mehr gegen das Vor- jahr, nah Danzig 125 9% mehr, und per Ostbahn nach Berlin im Oktober-November 1000 °/%% mchr, im Dezember 5000 % mehr gegen das Jahr 1880. - In dem Bezirk Magdeburg, wo der Rüben- verkehr zu der Zeit, als {hon der Kohlenverkehr und der Getreideverkebr sehr stark zugenommen hatte, auch einen ganz bedeutenden Zuwachs erhielt, ist dieser Verkehr in den Monaten September und November gegen das Vorjahr gewasen um 35 %/%. Auf der Station Staßfurt hat die Wagenzirkulation betragen am 5. Oktober 1881 950 Asen gegen 610 im Jahre 1880 ih bitte zu entschuldigen, daß id Sie mit diesen Zahlen inkommodiren muß, aber es ist das zur Illustration er- forderlich am 10. Oktober 975 Achsen gegen 650 im Vorjahre, am 15, Oftober 935 gegen 685 im Vorjahre. Die Salzabfubr von den Scächten nah den Fabriken ist allein im Oktober um 100 % qe- wachsen und was den Koblenverkehr betrifft, so bitte id Sie, sib do einmal den Betriebsberiht anzusehen und auf Seite 265

zu vergleichen, welchen Zuwachs der Koblenverkehr gewonnen hat im Ruhrkohlenrevier, im obers{lesishen und im nieders{lesischen Berg- werksrevier. Jch freue mich dessen recht sehr, und ih könnte sogar wünschen, auch was* die Eisenbahnen angeht, daß die Preise etwas höher sein möchten, damit die Arbeiter etwas höhere Löhne bekämen; aber Sie werden mir zugeben müssen, daß diese Steigerung, die si gegen die Vorjahre auf eine ganz erbheblihe Zahl von Prozenten beläuft, uns nöthigt, auch unsern Fuhrpark entsprebend aus- zurüsten. Im Allgemeinen das ist ja in der Be- gründung des' Anleihegeseßzentwurfes geltend gemacht worden hat sih der gesammte Verkehx- gegen das Jahr 1878 gehoben um 15 9% und gegen das Jahr 1879 um mehr als 80%/,. Daß wir das mit dem bisherigen Fuhrpark nicht bewältigen können, ift erklärlich, und wenn wir nur eine Vermehrung unseres Parkes um 2 2% be- gehren, fo beweist das, daß wir durch die Verstaatlichung die Mittel gewonnen: haben, mit dem vorhandenen Park unendlich mehr zu leisten, als dies früher der Fall gewesen isl. Fh wiederhole, im Winter 1880/81 ist ja gerade vermöge der Verstaatlichung im Ruhr- kfohlenrevier zum ersten Mal seit einer langen Reihe von Jahren in Folge der Maßregeln, die von unserer Seite getroffen wurden, ein Wagenmangel nicht eingetreten troß einer Verstärkung der Kohblen- abfuhr in sehr erheblihem Maße. j

Sodann hat der Hr. Abg. Rickert gefragt, wie hängt es zu- sammen, daß etwa 3 Millionen Mark für Besoldungen mehr gefordert werden? Bei näherer Prüfung des Etats wird der Hr. Abgeordnete finden, daß einzelne Beamtenkategorien mit erhöhten Gehältern bedacht sind, und daß insbesondere die Ge- hälter von Beamten verstaatlihter Eisenbahnen eine Erhöhung er- fahren hatten. Was die Kosten für die Züge angeht, so bemerke ih dem Abg. Rickert, daß die Kosten nah der Zeit der Etats- aufstellung, und für die Kohlenpreise die Submissionspreise zu Grunde gelegt sind. Endlich hat er noch erwähnt, daß ich kein absoluter Feind der Differenztaltarife wäre. Ja, das habe ich auch nie behauptet, ich habe stets gesagt, wir wollen keine Differenzialtarife, welche dem Inlande nachtheilig sind, wir wollen keine Differenzialtarife, welche auslän- dische Produkte gegen das Inland bevorzugen, aber Differenzialtarife, welche uns überwiegend nüßlich sind, und das gilt von fehr vielen Transittarifen die wollen wir nicht blos erhalten, sondern nach Umständen vermehren. :

Dann bitte ih nur noch auf einige Punkte eingehen zu dürfen, welche der Hr. Abg. Richter gestern berührt hat. Jh muß da zu- nächst eine Zahl richtig stellen. Er hat gesagt, die Üeberschüsse des Jahres 1879, 5254 000 M bei den verstaatlihten Bahnen, find ja gar nicht so erheblich, denn darin sind die Ueberträge aus früheren Jahren enthalten. Nur in Bezug auf eine Zahl ist das richtig, nämlich mit 700 000 M. bei Magdeburg-Halberstadt. Der große Uebertrag aber bei der Rheinischen Eisenbahn" mit, wenn ih nicht irre, etwa 2524000 is gar nicht in der Betriebsrechnung zum Vorschein ge- kommen, fondern zu den bei der General-Staatskasse beruhenden Me- servefonds abgeführt, deren Verwendung zur Verbesserung der Be- triebseinrihtungen 2c. wir den Herren in Vorschlag gebracht haben und noch hringen werden. Daß die Rentenrate für das erste Semester 1881 niht am 1. Januar bezahlt ist, sondern erst am Sul D Da B De Ie Ie e a L Suite L beab ist, ist auf das Rechnungsjahr 1881/82 ohne Einfluß, dasselbe ist voll belastet mi der Rente für das ganze Jahr. Dann ist bemerkt wor- den, daß ein wesentlicher Theil der Mehreinnahme pro 1880/81 bei den alten Staatsbahnen stecke in den gesteigerten Erträgen für veräußerte alte Materialien. Ich habe das geprüft und\bin zu dem Resultat gekommen, daß bei den alten Staatsbahnen 1880/81 gegen 1879/80 nur ein Be- trag von 485566 M mehr in Einnahme verrechnet ist. Bei allen Staatsbahnen, die verstaatlihten mit, stellt si gegen 1879/80 ein Minderertrag heraus von rund 1 145 000 A Dann muß ih auch noch anführen der Herr Abgeordnete hat vielleicht die Zahlen verwech{selt daß die Mehreinnahmen der Staatsbahnen 1880/81 gegen 1879/80 7 035 555, die Mehrausgaben 2592 537 M. betragen. Ih bin der Meinung, daß dieses Resultat auch bei den alten Staatsbahnen ein befriedigendes ist, besonders wenn Sie dazu in Betracht ziehen, daß durch die Ver- staatlichung der Bahnen eine ganz andere Verkehrsleitung stattfindet. Wir haben ja jeßt niht mehr die Einrichtung wie früher, daß wir in Bezug auf die Verkehrsinstradirung nicht unterscheiden zwischen alten und neuen Staatslinien, sondern daß wir diejenige Linie aus- wählen, welche für die Verkehrsleitung die ökonomischeste und für das Publikum die beste ist. Das hat natürlich eine Verschiebung der Einnahmen zur Folge zum Vortheil der einen und zum Nacbtheil der andern Linie. Wollen Sie diese Betriebsresultate richtig be- urtheilen, so müssen Sie dieselben im Gesammten ins Auge fassen.

Ich will auf Anderes, was gestern noch geäußert worden ist, für jeßt nicht eingehen, es“ wird die zweite Berathung Gelegenheit dazu bieten und insbesondere auch die Berathung in der Budgetkommission, die in eingehender Weise mit diesen Etat sich befassen wird. Aber meine Herren, das darf ih wiederholen, wenn {hon die bisherigen Ergebnisse, die unter shwierigen, sehr \chwierigen Verhältnissen ge- wonnen wurden, so befriedigend ausfallen konnten in einer Zeit, wo der Verkehr noch erst in Aufschwung begriffen ist, wo wir erst darauf aus sind, ihm neue Quellen zu erschließen, neue Wege zu eröffnen, wenn s{chon da folhe Resultate erzielt werden konnten und wir bei Weitem noch nicht all die Ersparnisse, die wir in den technischen Ein- richtungen ncch erzielen werden, haben cinheimsen können, dann dürfen Sie mit vollem Vertrauen erwarten, daß die Zukunft uns nochG besseres bringen wird. Und, meine Herren, das bitte ih auch zu be- herzigen: gewiß ift es ja sehr wichtig, daß wir auch finanziell gut ab- schließen, und den Herrn Finanz-Minister bei guter Laune erhalten ; aber noch wichtiger ift für mich als Verkehrs-Minister, daß der Ver- kehr gut behandelt und daß das wirthschaftlide Gedeihen des Landes nach allen Richtungen gefördert wird

Der Abg. von Benda erklärte, die gestrige und heutige Diskussion habe wesentlich zur Beruhigung beigetragen. Die Abgg. von Huene und von Rauchhaupt hätten hier nichts als die Grundsätze der alten nationalliberalen Finanzpolitik repro- duzirt. Der Abg. Richter habe sich aus unbestreitbaren Gründen gegen den Steuererlaß erklärt und der Abg. Rickert habe in ihm sympathischer Weise sich über die direkten Steuern ausgesprochen, bezüglich deren er völlig die Ansicht Shmollers theile, daß sie g eihsam die höhere Kultur repräsentirten. Die preußische Finanzlage zeige in diesem Augenblick gerade fein erfreulihes Bild. Ueberdies gelange man in Preußen, wenn man in der Verstaatlihung fortfahre, und die Eisen- bahnshuld auf 3—4 Milliarden wachse, unmittelbar auf die Frage der Eisenbahngarantien zurück,. Möge man aber einen Reservefonds ansammeln, oder eine Amortisation herbei- führen wollen, in beiden Fällen handele es sich um baares Geld, um 10—20 Millionen. Wie könne man dem gegen- über die preußishe Finanzlage als eine günstige bezeichnen ? Die Erfolge der jeßigen Eisenbahnpolitik seien für die Zukunft ganz unabsehbar. Au er erhoffe bedeutende Ueberschüsse. Dann fielen aber doch die Motive für das Verwendungsgesehßz ganz weg. Seine Freunde meinten noch immer, daß man nach den erheblihen Steuerbewilligungen neuer Steuern nicht mehr bedürfe, Anders stehe seine Partei zu der Frage der Steuerreform in Preußen selbst, Jn dieser Beziehung hätten die heutigen Erklärungen des Finanz - Ministers einen sehr niedershlagenden Eindruck gemacht. Er fürhte, die Projekte würden im Aktenshrank ver- schlossen bleiben. Die Stellung seiner Partei er halte es für nüßlih dies zu wiederholen sei nach wie vor die: nahdem einmal das Geseh von 1873 erlassen sei, müsse die unterste Stufe der Klassensteuer “völlig beseitigt werden. In den höheren Stufen sei derartig zu reformiren, daß das

Kapital und der Besiß höher zu besteuern sei, als die Einnahmen aus der Arbeit. Au zu einer wirksameren Einshäßzungs- methode wolle seine Partei ihre Hand bieten. Die Rede des Reichskanzlers vom Januar vorigen Jahres stimme wörtlih mit diesem Programm überein. Nach seinen Erfahrungen be- {werten sih die Leute auf dem Lande nicht über die direkten Staatssteuern, fondern über die Zuschläge zu den Komrmunal- steuern, weil sie die Empfindung hätten, daß die Vertheilung eine ungerehte sei. Dagegen werde in den rheini- hen Städten vorzugsweise über die -Unershwinglih- keit der kommunalen Zusthläge Klage geführt. Nach diesen beiden Richtungen sei eine Reform nöthig. Warum würden so einfache, praktische Dinge nit endli zur Ausführung gebracht? Gehe das Haus an die Arbeit und fordere den Minister auf, daß derselbe die etwaigen Hinder- nisse Überwinde. Er beantroge: 1) der Kommission zu Über- weisen: die einmaligen und außerordentlichen Ausgaben, Kap. 8 Titel 10 der Domänenverwaltung, die diretten Steuern des Kap. 4 Titel 3 und 4, den Etat des Berg- und Salinenwesens, den der Eisenbahnverwaltung, das Kap. 74 „Amts- und Landgerichte“ des Jujtizetats, Kap. 75 Gefängniß- verwaltung, die Kapitel 120 und 121 des Kultusetats, Gymnasien und Etenentarshulen und das Etatsgeseß; 2) die Budgetkommission für die Berathung des Eisenbahnetats um 7 Mitglieder zu verstärken.

_Der Regierüungskommissar Unter-Staatssekretär Rind- fleisch entgegnete, der Abg. von Huene habe nah den Zei- tungen geäußert, der Etat der Nichterbesoldungen weise eine Zunahme von 7 Proz. auf. Das müsse ein Jrrthum sein. «Fedenfalls sei es unrichtig. Der Abg. von Rauchhaupt habe gejagt, der Etat sei in zehn Jahren von 51. auf 78 Millionen gestiegen, dabei sei dem Abg. von Rauchhaupt bei der näheren Substantiirung seiner Aeußerung, daß dem deutshen Volke die Freude an der Justizreorganisation Jet“ wesentli vergällt sei, das Unglück passirt, daß derselbe zur Vergleichung den Justizetat von 1871 heran- gezogen habe, obwohl gerade in das folgende Jahr die allge- meine Gehaltserhöhung falle. Bereits im Jahre 1873 habe der Etat 58 Millionei betragen und sei in den folgenden Fahren vor der neuen Organisation bis auf 70 Millionen gestiegen. Demgegenüber fordere der erste Etat nach der Organisation nur 73 Millionen, wobei noch zu erwägen sei, daß die Richter- gehälter um ö Millionen erhöht und nahezu 4 Millionen an durchgehenden Posten, insbesondere Wartegeldern und Pen- sionen, bewilligt seien. Er wollte damit nur die Legende be- seitigen, als ob die Justizorganisation dasjenige Wesen fei, das im Etat besondece Schwierigkeiten bereite.

Die Debatte wurde geschlossen. Es folgten persönliche Be- merkungen:

__ Der Abg. von Rauchhaupt bemerkte, er hätte cine ver- bindlihere Form in den Aeußerungen des Regierungskom- missars gewünscht; oder wollten vielleicht die Vertreter des Justiz-Biinisteriums ihn (den Redner) in Zukunft des ver- bindlichen Tons überheben, den er auch diesem Ministerium gegenüber bisher stets angeshlagen habe?

Der Abg. Frhr. von Huene erklärte, ex müsse dagegen protestiren, daß der Regierungskommissar ihn auf Grund irriger ZBeitunzsberichte zu widerlegen suche.

Der Abg. Richter fand es nicht sehr verbindlich, daß, nachdem der Minister Maybah gestern ausdrücklih für heute eine Erklärung über das Verbot der Jnsertion der Fahrpläne in Uberalen Zeitungen und des Offenlegens in Restaurationen zugesagt gehabt habe, heute diese Erklärung ohne jede nähere Angabe des Grundes unterbleibe.

__ Der Abg. Berger protestirte gegen die ihm vom Abg. Nickert gemachte Unterstellung, daß er eine ungemessene Preis- steigerung von Eisen und Kohle wünsche.

Damit war die erste Berathung des Etats beendet. Der Antrag von Benda auf Ueberweisung verschiedener Kapitel an die Budgetkommission wurde angenommen, ebenso die Ver- stärkung diescr Kommission um 7 Mitglieder für die Berathung des Etats der Eisenbahnverwaltung.

Der Präsident theilte mit, daß die Kommissionen gewählt und konstituirt seien, und zwar wie folgt: Kommission für Petitionen: Jacobi, Vorsißender; Hüffer, Stellvertreter des Vorsißenden, Frizen, von Massow und Sehlichter, Schriftführer ; für Geschäftsordnung: Wadchler, Hahn, Gruenhagen, Kletshke; für Wahiprüfungen: von Huene, Sachse, von Lüden, Born; —fürRechnungswesen: Virchow, Hammacher, Bohß, Frißen ;— für Agrarwesen: von Holt, von Schorlemer, Alsr, Barchewiß, Bork; für Unterrichtswesen: Graf Cla:ron d’Haussonville, Engler, Koch, Platen; für G e- meinde-Angelegenheiten: Kaufmann, Runge, Bohg, Listemann; für Justizwesen: Krah, Fiebiger, Bödiker, Walther; für den Staatshaushalt: von Benda, Stengel, Kalle, von Tiedemann, Kropatschek, Trimborn.

E vertag:2-#ch das Haus um 3 Ühr auf Mittwoch 2 Uhr.

Landtags- Angelegenheiten.

Der Etat der Domänenverwaltu ng fur das Iahr vom 1, April 1882/83 weist an Einnahmen 29 260 510 M (gegen den laufenden Etat 73 330 4) Einnahmen und 6 675 520 M (+ 66 350 M) dauernde Ausgaben auf, läßt mithin einen Uebers{uß von 22 584 990 (— 139 680 A). Nah Abzug von 600000 A ein- maliger und außerordentlicher Ausgaben (+ 600000 M) verbleibt noch ein Uebershuß von 21 984 990 M (— 739 680 M).

Bei den Cinnahmen Kap. 1 sind die grundherrlichen Hebungen 2c. (Tit. 1) 2108414 Æ um 140 000 A ermäßigt worden in Folge von Ablösungen mittels Kapitalzablunten und dur Verwandlung von Domänengefällen in Amortisationsrenten. Tit. 2: Domänen-Amorti- fation8renten (6 340060 4) erhöhen \ich dur Regulirung von Domänengefällen zur Amortisation um 25000 A Der Ertrag der Domänenvorwerke (Tit. 3: 13196330 A) üt um 121789 M gestiegen: es sind 820 Pachtungen mit 1079 Vorwerken und 339 479 ha nußbarer Grundstücke. Der Ertrag von anderen Domänen- Grundstücken, Mühlen und Fischereien (Tit. 4: 4 822414 Á) ist um 82662 F gesunken, hauptsädblid in Folge von Veräußerungen, sowie durch Uebertragungen von Grundstücken bezw. Einnahmen auf den Etat der Forstverwaltungen. Aus den Erträgen der Mineralbrunnen und Badeanstalten (Tit. 5: 1 940 000 6) ift eine um 5000 A böbere Summe eingestellt, den durbs{nittliden Einnahmen entspre{end, Die Revenüen aus dem Bernsteinregal (Tit. 6: 550 000 X) find unverändert geblieben, die Zinsen der Aktivkapitalien (Tit. 7: 22538 4) in Folge von Tilgung um 112 Æ, die Festung8revenlüten (Tit. 8: 80000 (A) um 9346 M geringer geworden. Die sonstigen vermis{ten Einnabmen (Tit. 9: 200754 A) haben sich nit geändert.

Bei den dauernden Ausgaben verminderten \ich die Besol- dungen (Kap. 1 Tit, 1—3 375284 M) um 15 347 M, in Folge theils des Uebergangs einzelner Beamten in den Dienst der hessischen