1882 / 36 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 10 Feb 1882 18:00:01 GMT) scan diff

eigneten Zeitpunktes vor. Jeßt veröffentliht das neueste Re- gierungsblatt eine Verordnung, welhe nah eingehenden Er- mittelungen, insbesondere bei den Gerichten, den seiner Zeit geäußerten und inzwischen weiter hervorgetretenen Wünschen wesentlih gerecht wird. Eine Reihe von Kosten und bezw. Gebühren sind ermäßigt, einzelne sogar ganz weggefallen und au sonst sind in vollständiger Durcharbeitung der einzelnen Abschnitte vielfahe Besserungen eingeführt. Jn den Funda- mentalgrundsäßen ist dagegen nihts geändert, da diese sih in der Praxis bewährt haben. Zur Bequemlichkeit im Gebrau ist die Verordnung ganz neu redigirt und mit neuen Tarifen versehen, so daß man es nit mit zwei einander ergänzenden, bezw. sih korrigirenden Stückwerken zu thun hat.

Oesterreich-Ungarn. Wien, 9. Februar. (W. T. B.) Das Herrenhaus berieth in zwei Sißungen die Vorlage wegen Errichtung der Prager Universität. Der Minister- Präsident Graf Taaffe bezeichnete es als offenen Plan der Regierung, eine Verständigung zwischen den Nationalitäten herbeizuführen. Der Zweck der Vorlage sei die Anbahnung einer solchen Verständigung. Die Regierung stehe auf einem streng geseßlichen Standpunkt und stüße sh naH konstitutio- nellem Brauche auf die Mojorität. Der Unterrichts-Minister vertheidigte die Vorlage.

Die „Politishe Correspondenz“ bringt einen Bericht aus Danilovgrad, wonach der Fürst von Monte- negro vor einer militärishen Versammlung in Anwesenheit des österreichischen Ministerresidenten die Nothwendigkeit, sich gegen Desterreich dankbar zu erweisen, betont hat. Oester- reih sei keine Türkei, Oesterreich sei gerecht und wohlwollend. Kein Land könne ohne eine Wehrverfassung bestchen; um #\o \{limmer sei es, wenn die Herzegowiner sih gegen das Wehr- geseß auflehnten.

Niederlande. Haag, 9. Februar. (W. T. B.) Der König hat das von dem Minister des Jnnern Dr. S ix über- reihte Demissionsgesuch angenommen und den Professor der Rechte an der Universität Ütreht, Pynaccker Hordyk zum Minister des Jnnern ernannt.

Großbritannien und Jrland. London, 9. Februar. (W. T. B.) Jm Unterhause erklärte heute in Beantwor- tung einer Anfrage Simons der Premier Gladstone: die Konsulatsberichte über die „Judenverfolgungen in Rußland“ würden dem Hause vorgelegt werden. Die Vorgänge müßten «Feden mit den Gefühlen der Trauer und des Abscheues er- E aber sie seien die interne Angelegenheit einer an-

eren Regierung und könnten nicht zum Gegenstande einer offiziellen Correspondenz und Untersuchung gemacht werden. Nur gelegentlihe sreundlihe Vorstellungen seien möglich; andere Schritte würden nichts nüßen, sondern cher schaden. Der Unterstaatssekretär Dilke antwortete auf eine Anfrage des Deputirten Worms: der russisch-persi\che Grenzvertrag werde vorgelegt werden, sobald eine Abschrift desselben eingegangen sei. Der entfernteste Grenzpunlkt sei noch weit von Sarakhs entfernt; die Angelegenheit sei augenblicklich Gegenstand diplomatisher Kommuni- kationen. Northcote zeigte an, daß er die Vorlage der Regierung, durch welche der Debattenschluß - ein- geführt werden solle, bekämpfen werde. Marriot (liberal) kündigte an, daß er die Herbeiführung des Debattenschlusses durch einfahe Majorität bekämpfen werde. Auf eine An- frage Mc' Coan's erklärte der Unterstaatssekretär Dilke: die neue egyptishe Regierung habe \ih bereit erklärt, die Kredite für die Staatsschuld von der Kontrole der Notablenkammer auëzuschließen und der leßteren nur die Kontrole über innere administrative Ausgaben zuzugestehen ; auch habe dieselbe hinzugefügt, daß sie die Garantie für die regelmäßige Erfüllung der den egyptishen Gläubigern gegenüber übernommenen Verpflichtungen als eine heilige und unverletzliche Sache betrachte. Die Ansichten der britischen Regierung hierüber anzukündigen, halte er für verfrüht. Hierauf wurde die Adreßdebatte fortgeseßt. Der Deputirte Smyth wollte den von ihm beantragten Zusaß zur Adresse zurückziehen; die Jr- länder erhoben jedoch gegen die Zurücknahme des Zusaßzes Widerspruch. Das von Smyth beantragte Amendement zur Adresse wurde mit 93 gegen 37 Stimmen abgelehnt. Hierauf bradhte Mc' Cartly ein weiteres Amendement ein, in welchem das Verhalten der Exekutivgewalt in Filand gemißbilligt wird. Der General-Sekretär für Jrland rehtfertigte die Politik der Regierung unter Hinweis auf die Haltung der Bodenliga. Die Debatte wurde \sließlich vertagt.

Frankreih. Paris, 8. Februar. (Fr. Corr.) Der Minister des Jnnern, Goblet, emfing heute das Personal seines Departements. Bei dieser Gelegenheit sprach der Syn- dikus der Wechselagenten, Moreau, den Wunsch aus, daß die Regierung die traurigen Folgen der leßten Börsenkrisis in Betracht ziehen und ein Ges gegen die Ausschreitungen des Zeitgeschäfts erlassen möge. Die Regierung, erwiderte der Minister, {enke dieser Frage schon ihre ganze Aufmerksam- keit; sie nehme an der Lage der Korporation der Wedsel- agenten aufrichtigen Antheil, obgleich sie, wie dies {hon Hr. Leon Say in der Kammer ausgesprochen hätte, niht umhin könne, zu bedauern, daß sie dem Strudel einer zügellosen Spekulation keinen stärkeren Widerstand geleistet hätte. Der Minister erkannte an, daß die Körperschaft durch die be- deutenden Opfer, die sie gebraht, einen Anspruch darauf er- worben habe, daß das öffentlihe Vertrauen ihr treu bleibe. Die Regierung, {loß der Minister, ist bereit, sich jeder Maß- regel anzuschließen, welhe, ohne der persönlihen Handlungs- freiheit zu nahe zu treten, sie doch vor Verirrungen bewahre, die dem Geiste unserer Jnstitutionen zuwiderlaufen: der Geschäftsverkehr müsse ein loyaler und Fine Grundlage die Arbeit bleiben.

Die republikanishe Union (Partei welhe 130 Mitglieder zählt, hält heute Sißung.

9, Februar. (W. T. B.) Zum Vize-Präsidenten des Senats ist Peyrat (radikal) gewählt worden. Der Botschafter Baron de Courcel ist heute Abend nah Berlin abgereist.

Spanien. Madrid, 9, Februar. (W. T. B.) Die Cortes sind zum 15. k. M. einberufen. Der Vorsitzende eines Drudckergehilfenvereins und die Mitglieder eines Comité’s desselben sind wegen Aufreizung zur Arbeitsein- stellung verhaftet worden.

Italien. Rom, 9, Februar. (W. T. B.) Die Steuer einnahmen im Januar d. J. übersteigen die Januar-Ein- nahmen des vorigen Jahres um 13/, Millionen.

Gambetta),

Die Deputirtenkammer seßte die Debatte über das Proportionalvotum fort. Der Ministerpräsident Depretis sprach sih für die Annahme des Proportionalvotums in dem als nothwendig anerkannten Maße aus, da hierdurch die einzige mögliche Anklage gegen das Listenskrutinium, welches zu exfklu- siv sei, beseitigt werde. Die von Tajani beantragte Tages- ordnung, welche ausführte, daß das Proportionalvotum das, legitime Ergebniß der Wahlen entstelle, wurde mit 216 gegen 139 Stimmen abgelehnt. 5 Deputirte enthielten sich der Äb- stimmung.

Nußland und Polen. St. Petersburg, 9. Februar (W. T. B.) Die von auswärtigen Blättern gebrahte Nach- rit, daß wegen der Rede des Generals Skobeleff bei dem Leiter des Auswärtigen Amtes, Staatssekretär von Giers, von irgend einer S&ite Erklärungen gefordert worden seien, O von gut unterrichteter Seite für völlig unbegründet erftlärt.

10. Februar. Wi B) Jn Bestätigung der gestrigen Nachricht bezüglich der Nede des Generals Skobeleff schreibt das „Journal de St. Pétersbourg“, daß die Rede einen rein persönlichen Charakter trage und daher auch zu keiner offiziellen Erklärung habe Anlaß bieten können. Alle in diefer Beziehung verbreiteten Nachrichten seien unrichtig. An- läßlih der Rede Glad stone's über die egyptishen Ange- legenheiten sagt das Fournal: Wir können der Sprache des englishen Premier nur Beifall zollen und empfehlen dieselbe der „République francaise“, dem „Parlement“ und dem „Journal des Debats“.

Nach dem leßten Bulletin über das Befinden der Groß- fürstin Maria Paulowna ist der Zustand ohne größere Veränderung. Die Entzündung konzentrirt sich. Die Nacht war ruh'g, der Schlaf jedoch weniger anhaltend; es war Widerwillen gegen Speisen vorhanden, Das Ällgemeinbefinden zeigt indessen eine Neigung zur Besserung.

Dänemark. Kopenhagen, 7. Februar. (Hamb. Corr.) Jn der heutigen Sißung des Landsthings wurden die 15 Mitglieder der wegen des Landesvertheidigungss* plans niedcrgeseßzten Kommission gewählt. Die Mehrzahl der Gewählten sind Anhänger des vorliegenden Vertheidi- gungsplans, jedo sind au einige bedingte wie unbedingte Gegner desselben in die Kommission gewählt worden. Nach- dem das Thing alsdann noch eine kleine, das Rettungswesen betreffende Vorlage in dritter Lesung erledigt hatte, vertagte es sih auf unbestimmte Zeit, da es dem Plenum an Berg- thungsstoff fehlt. Das Thing wird nunmehr zunächst ah- warten müssen, bis die Zo?- und Steuerresorm-, sowie die Landesvertheidigungsvorlage in den betreffenden beiden Kom- missionen durchberathen sind, um dann seine Plenarsißungen wieder aufnehmen zu können. Vom Folkething wird es vor der Hand kein Arbeitsmaterial zu erwarten haben.

Afrika. Egypten. Kairo, 9. Februar. Nach einem Telegramm des „Reuterschen Bureaus“ überreichten dec en g- lische und der französische General-Controleur dem Minister-Präsidenten Mahmud Barudi Pascha gestern cin Schreiben, in welchem dieselben gegen die Ausdrücke pro- testiren, in welchen der europäischen Kontrole in dem mi- nisteriellen Programme Erwähnung geschieht. Die Finanz- Controleure weisen 1n der Zuschrift an den Minister-Präsiden- ten auf das Deret. des Khedive vom 18. November 1879 hin, in welchem ihnen déx Ministerrang mit Stimmxecht in allen denjenigen Fragen “eingeräumt wird, die sich auf die Finanzläge" Egyptens, sowohl auf die für die Verwaltung der öffentlihen Schuld, wie auch auf die für den gesammten anderen öffentlihen Dienst bestimmten Einnahmen beziehen. Der Minister-Präsident wird gleichzeitig ersucht, diese Zuscirist dem Khedive und dem Ministerrath mitzutheilen.

Weiter meldet das genannte Bureau: Beinahe in demselben Moment, in welchem von Seiten der Finanz- controleure dem Minister-Präsidenten das gemeldete Schreiben überreicht wurde, richtete Leßterer an die Ge- neralkonsuln eine Note, in welher er auseinander- sehte, daß die Votirung des Budgets durch die Notabeln keine Beeinträchtigung der Rechte der Finanzcontroleure in si schließe. Die Note zählt die den Finanzcontroleuren durch das Dekret des Khedive vom 18. Novenber 1879 zugestandenen Befugnisse auf und erklärt, daß diese respektirt werden würden.

Der „Times“ wird aus Alexandrien gemeldet: Jn seiner Erwiderung auf den Protest der Generalkonsuln gegen die Uebertragung des Rechtes, das Budget zu votiren, an ein Comité der Minister und von Delegirten der Notabelnversammlung, sagt der Ministerrath, die Mächte hätten keinerlei Recht, sih durch die Finanzcontroleure in die Fragen, betreffend die Entwickelung der inneren Ange- legenheiten Egyptens, einzumischen.

Zeitungsfstimmen.

Das „Deutsche Tageblatt“ giebt eine vergleichende statistishe Uebersicht über die Ein- und Ausfuhr der wich- tigsten Waarenartikel für die Zeit vom 1. Januar bis Ende Dezember 1881 resp. 1880 und knüpft an die Ergebnisse der- selben folgende Bemerkungen :

Wir stehen niht an, den Abs{luß als einen im Ganzen ge- nommen günstigen, die Resultate als befriedigend und zum unbeirrten Ausharren auf der neu eingeshlagenen Bahn ermunternd zu be- zeichnen; wenn auch hier und da zu wünschen und zu verbessern übrig bleibt, im Allgemeinen ist doch der Fortschritt unverkennbar und eine stellenweise sogar außerordentlich bedeutende Besserung der Berhält- nisse bemerkbar. Daß diese allein und aus\{ließlich eine Folge der neuen Zoll- und Wirthschaftspolitik ist, wird verständigerweise Niemand behaupten wollen, ebenso thöriht und kleinlich ist und bleibt es aber, die in mehr als einem Falle deutlich zu Tage tretende be- at wig und kräftigende Einwirkung derselben cinfah ableugnen zu wollen. L

Mehr und besser noch, als es aus dieser unserer Jahresübersicht möglich ist, wird eine demnächst zu ziehende Bilanz den Beweis da- für liefern, daß dem Jahre 1881 von Rechtswegen ein gutes Zeugniß gebührt.

In der Ausfuhr konstatiren wir eine Zunahme gegen das Jahr 1880 in erster Linie für die so wichtigen Erzeugnisse unserer Eisen- industrie, und zwar für Robeisen um 45000 t, für Fabrikate um 108 000 t; auch für Eisenerze um 180000 t, Zink um 25 000 t; eben fo stieg die Ausfuhr, und für einzelne Artikel sehr beträchtlich, von Alaun, Soda, Ammoniak, Anilin, Bleiweiß, Farbhölzern, Gly- cerin, Kali, Schwefelsäure, Vitriol u. \. w.

Baumwollenwaaren nahmen um ca. 1100 t, Wollenwaaren um ca, 1400 t, au Seide und Seidenwaaren jede um ca. 70 t, Papier und Pappwaaren um 12 000 t, Leder und Lederwaaren um 1500 b,

Thonwaaren um 5000 t, Kupfer und Kupferwaaren um 1400 t, Glas und Glaêëwaaren um 5000 t, musikalishe Instrumente um 2000 t, Mascbinen um 5000 t in der Ausfuhr zu; die Zunahme der Ausfuhr von Salz betrug 40000 t, von Cement 23000 t.

Der Export von Bier stieg um 15 000 t, von Branntwein um 30000 t, von Zucker um 57000 t; auc für die Ausfuhr unserer Seine ergab sih eine Steigerung um 700 t, und für Tabak um 2d t.

Also eine ganz stattlihe Zahl der wichtigsten Artikel mit durck- weg beträchtlicher, in einzelnen Fällen ganz außerordentlicher Aus- fuhr-Zunahme.

Was die Einfuhr betrifft, so gewahren wir durchweg eine mehr oder minder bedeutende Abnahme derselben für solche Artikel, welche unsere eigene Industrie an Qualität und Quantität selbst zu erzeugen im Stande ist ; eine Zunahme dagegen bei Rohstoffen und allen den- jenigen Artikeln, welche nur das Ausland uns zu liefern vermag, ganz besonders bei allen Arten von Kolonialwaaren, so bei Kaffce um 10 000 t, Reis um 7000 t, Thee um 550 t und nit zu ver- gessen, bei Petroleum um 100060 t. Die Konsumtionsfähigkeit der Bevölkerung erscheint danach also um nichts weniger als im Rüt- gang befindli.

Beim Getreide verminderte \sih die Einfuhr von Roggen um 114 000 t; die übrigen Getreidearten dagegen überragten in der Ein- fuhr das vorhergehende Jahr mehr oder minder beträchtlib, was nicht zum Wenigsten darin seine Erklärung findet, daß das leßtere noch große Vorräthe aus den Spekulationskäufen des Jahres 1879 zu seiner Verfügung hatte.

Von der Gesammt-Noggeneinfuhr des Jahres 1881 mit 575 000 t kamen aus Rußland allein 267 000 t, während an der Weizeneinfuhr von 361 000 t die Vereinigten Staaten mit einem Quantum von 113000 t fich betheiligten. Dafür sandten wir den Vereinigten Staaten, um nur einiges besonders ins Gewicht Fallendes zu nennen, L O t Roheisen, 45000 t Eisenbahnschienen und 41 000 t Eisen- rabt,

In der Ein- und Ausfuhr von Vieh aller Art herrschte lebhafte Bewegung; hinzuweisen möchte hier befonders sein auf die außer- ordentliche Abnahme in der Einfuhr von Schafvieh, welche nicht weniger als 120 000 Stü betrug. Die Ein- und Ausfuhr von Rindvieh dagegen nahm in ganz gleichem Maße zu.

Bei Steinkohlen endlich zeigt si eine Abnahme in der Einfuhr um 160 000 t, in der Ausfuhr eine Zunahme um 300000 t.

_— Den „WMe(cklenburgischen Anzeigen“ wird aus Nostock ein Bericht über die am 6. d. M. daselbst abge- haltene 14. Generalversammlung des VBaugewerkvereins für beide Mecklenburg mitgetheilt, in welcher ein Mitglied über die JFnnungssrage referirte. Wir entnehmen dem Berichte der „M. Anz.“ folgende Stellen:

Dur die Gewerbeordnung von 1869 seien insbesondere den Innungen und Zünftien der Handwerker alle bisher besessenen Privis legien abgesprohen. Jeder habe nun im gewerblichen Leben plößlich die größte Freiheit erlangt. Wohl sei diese Ordnung von Vielen mit Freuden begrüßt worden, doch hätten ih auf der andern Seite au viele Stimmen erhoben dafür, daß diese Freiheit zu weit gehe. Oh- wohl die Rufe der Gegnér zunächst überhört worden seien, so hätten sie doch Necht behalten. Statt der alten Zunftordnung, unter welcher der Einzelne als Geselle gelernt, gewandert und fich zum Meister herangebildet habe, sei keine neue Ordnung geschaffen Das alte Zunftwesen hätte eine wohlberechtigte, oft, besonders im Baugewerbe, strafe Ordnung zwischen Meister, Gesellen und Lehrlingen aufgerichtet, die von jedem Handwerksgeno\sen möglichst geachtet worden sei. So wäre unter dem alten Zunftwesen troy der Auswüchse doch ein thatkräftiger Handwerksstand herangebildet worden. Man habe den deutschen Handwerker überall gerne in Beschäf- tigung genommen. Eine solche Ordnung habe jeßt fast ganz aufgehört. Die unbeschränkte Gewerbefreiheit sei mit Schuld an dem Ueberband- nehmen des Vagabondenthums, Und wie manchem tüchtigen Hand- werker wäre {hon die Ausführung eines von ihm entworfenen Planes durch das Pfuscherthum genommen worden! Mit aller Kraft sei nun daran gearbeite§ worden, eine neue Ordnung ins Leben zu rufen. Besonders habe der Verbänd deutscher Handwerksmeister, dem au der mecklen= burgische Verein jeßt angehöre und der mit feinen 6000 Mitgliedern über das ganze Gebiet des Deutschen Neiches verbreitet sei, für die Erreichung dieses Zieles gekämpft, Endlich sei es nun auch ge- lungen, ein neues Innungsaeseß von der Reichsregierung zu erbal- ten. Ueberall im Baugewerbe gestalte man jetzt die noch bestehenden Innungen diesem Gesecß gemäß um oder gründe neue Innungen. Nachdem Redner den Nußen und die Aufgaben der Innungen nebst den damit verbundenen Rechten und Pflichten näher erläutert atte, mahnte er dringend, jeßt auch \{leunigst in Mecklenburg an das neue Werk zu schreiten. :

Aus Westfalen, 7. Februar, meldet die „Nord- deutsche Allgemeine Zeitung“:

Als Gradmesser für das industrielle Leben muß obne Zweifel in erster Linie der Steinkohlenverbrauch angesehen werden. Wie sich derselbe in dem Zeitraume von 1865—1880 stellte, zeigt folgende Uebersicht. Es kommen auf den Kopf der Bevölkerung in metrischen Tonnen im Jahre 1865 3,099 LOCE 0,598 0,730 0,470 0,139 0,015

1874 0,0908 2,040 1,162 1,129 0,638 0,327

; : 1877 1879 Großbritannien . 3626 3,415 )5:

M » L 2. Belgien

LUOE 3

) «

B. St. von Nordamerika 1,065 50 1,114 0,646 0,330

0,032 (0045

Deutschland a Oesterreih-Ungarn . Rußland

L 1,106 0,674 0,368 S 0,060 Diese Tabelle läßt deutlich die enorme Uebermacht Englands im industriellen Leben, wie das tiefe Niveau Rußlands erkennen, zeigt

aber zugleich das Aufstreben der Vereinigten Staaten von Nord- amerika, in denen seit 1865 die rascheste Verbrauchszunahme zu fkon- statiren ist. Eine geringere, aber immerhin beactenêswertbe Zunabme weisen auch Oesterreib-Ungarn und Deutschland auf.

andtags- Nngelegenbeitea.

Dem Hause der Abgeordneten liegt folgender Gesetzentwurf, betreffend die Erhebung einer Hundesteu er, vor:

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden König von Preußen 2c. verordnen, mit Zustimmung der beiden Häuser des Landtages, für den gesammten Umfang der Monarchie mit Ausnahme der Hobenzollern- sen Lande, was folgt:

S L

Vom 1. Oktober 1882 ab wird auf das Halten von Hunden eine Steuer eingeführt, welbe von jedem Besiteer eines nit mehr an der Mutter saugenden Hundes zu entrichten ist.

G L

Der Steuersat der Hundesteuer (8. 1) beträgt :

a, für Hunde, welche zur Bewachung, zum Gewerbebetriebe, als Hirtenhunde oder von den im Staats- oder Privatdienst angestellten Förstern und Jägern zur Ausübung ibres Berufes nothwendig ge- braucht werden 0,50 M bis 1 M jährlich,

b, für alle anderen Hunde 3 bis 15 A jährli. "In den Stadt- kreisen kann der Höchstbetrag der Hundesteuer bis auf 20 M jährlich erhöht werden.

Q. 6,

Die Hundesteuer wird als Kreissteuer von den Kreisen erhoben, ihr Ertrag fließt in die Kreiskommunalkasse. Die Höbe der Steuer unterliegt innerhalb der im §8, 2 bezeihneten Grenzen der Feststellung der Kreisvertretung. Die Steuersäte sind für alle Steuerpflichtigen gleihmäßig festzusetzen.

8, 4,

Mit der am 1, Oktober 1882 erfolgenden Einführung der Hunde

steuer als Kreissteuer kommt in den zu dem Kreise gehörigen Ge-

meinden die Hundesteuer als Gemeindesteuer in Wegfall. Den min- destens 2000 Einwohner zählenden Gemeinden des Kreises bleibt cs jedo vorbehaiten, die für den Kreis festgestellten Steuersäßze, sofern dieselben die nach S. 2 zulässigen Höchstbeträge nicht erreichen, mit Genchmigung der kommunalen Aufsichtsbehörde für ihren Bezirk bis zu diesen Beträgen zu erhöhen. Die hieraus sich ergebenden Mehr- beträge werden als Gemeindesteuern erboben.

Zur Entrichtung der auf das Halten von Hunden eingeführten Steuern sind auch die von den direkten Gemcinde- und Kreisabgaben befreiten fervisberechtigten Militärpersonen des aftiven Dienststandes verpflichtet. Die von denselben zu zahlenden Beiträge fließen jedoch nit in die Gemeinde- oder Kreiskommunalkasse, sondern sind nach Abzug von 3% Hebegebühren zur Verwendung für militärishe Wohl- thätigkeit8zwecke an die abinti at 6 vai abzuführen.

E °

Ueber das Verfahren bei Anwendung und Erhebung der Steuer, über die Kategorien der unter die Bestimmung des §. 2a, fallenden Hunde, fowie über die Maßregeln zur Beaufsichtigung der Hunde- haltung ist für jeden Kreis ein von der Kreisvertretung zu be- schließendes, der Bestätigung durch den Bezirkêrath unterliegendes Regulativ festzuseßen. In demselben is für Fälle, in denen neben der Kreishundesteuer Gemeindehundesteuern erhoben werden, ein die Anmeldung und Erhebung beider Arten von Steuern kombinirendes Verfahren vorzuschreiben. Das Regulativ ist durch die zur Bekannt- mawung Ppolizeiliher Verordnungen bestimmten öffentlichen Blätter mindestens 4 Wochen vor Einführung der Steuer zu veröffentlichen.

S

In Kreisen, für welche die Höhe der Steucrsäße bis zum 1. Oftober 1882 durch Beschluß der Kreisvertretung (8. 3) niht fest- geseßt worden ist, wird die Kreishundesteuer für die in S2 A bezeichneten Hunde mit 1 6, für die übrigen mit dem Durcbschnitts- saße von 9 4 jährlih erhoben. Die Kreisvertretung kann jedo diese Säße innerhalb der in §. 2 angegebenen Grenzen von Beginn des nächsten Rechnungsjahres ab anderweit festsetzen.

S8

In Kreisen, für welche die nach §8. 6 zu erlassenden Negulative bis zum 1. Oktober 1882 nicht festgeseßt sind, werden für die Zeit bis zur Festsebung derselben die zur Durchführung des Geseßes noth- wendigen Anordnungen von der staatlichen Aufsichtsbehörde getroffen.

S9,

Die Entscheidung über Reklamationen gegen die Heranziehung oder Veranlagung zur Kreis- oder Gemeindehundesteuer erfolgt nach den allgemeinen Vorschriften wegen Behandlung der Reklamationen gegen die Heranziehung oder Veranlagung zu den Kreis- oder Ge- meinde-Abgaben. Doch gelten Entscheidungen, durch welche bei Reklamationen gegen die Kreishundesteuer die Befreiung von dieser Steuer oder die Herabsetzung derselben von der böberen auf die niedere Stufe ausgesprochen wird, jedesmal ohne Weiteres auc für die als Zuschlag zu der S Gemeindesteuer.

S.

Ueber die Verwendung der Erträge der Hundesteuer, soweit fi dieselbe niht nach dem Schlußsaße des 8. 5 regelt, haben die zur Erhebung derselben berechtigten Kreisvertretungen oder Gemeinden zu beschließen.

Wo durch Gesetz oder sonstige mit rechtsverbindlicher Kraft er- lassene Vorschrift oder durch Vertrag die Hundesteuer einer be- sonderen Anstalt oder Stiftung überwiesen ist, behält es hierbei sein Bewenden.

E

Wer die vorgeschriebene Anmeldung eines steuerpflichtigen Hundes unterläßt, wird mit dem zweifahen Betrage der hinterzogenen Steuer event. verhältnißmäßiger Haft in dem für Uebertretungen bestimmten polizeilichen Straffestsezungs- oder polizeigerichtlichen Untersuchungs- Verfahren bestraft.

Die Geldstrafe steuer selbst.

fließt zu derselben Kasse, wie die Hunde-

S:

In der Provinz Hannover treten bis zur Einführung der Kreis- ordnung an Stelle der Kreise die Amtsbezirke und selbständigen Städte.

In den Landestheilen, in denen Bezirksräthe nit vestehen, treten an Stelle derselben die Regierungen (Landdrosteien), für die Stadt Berlin der Oberpräsident.

S183

Das Gesci vom 18. Juni 1840 über die Verjährungsfristen bei öffentlichen Abgaben (Gesetz-Samml. S. 140— 142) findet Anwendung auf die Hundesteuer. -

Die früheren geseßliben Bestimmungen über die Erhebung einer Hundesteuer treten, vorbehaltlich ihrer Anwendung auf die vor dem |, Oktober 1882 liegenden Fälle, außer Kraft.

Urkundlich 2c.

Begründung. Das Haus der Abgeordneten hat in der Sitzung am 16. Februar 1881 bei der Berathung des Berichts über die Petition des Ma- zistrats der Haupt- und Residenzstadt Berlin, betreffend die Erböhu g der Hundesteuer (Drucksachen des Abgeordnetenhauses, 14. Legislaturs- Periode, 11. Session 1880/81, Nr. 178 C.) bes{lo}sen, diese Petition der Königlichen Staatsregierung zur Berücksicl

tigung dahin zu überweisen, daß dem Landtage in der näcbsten

Session der Entwurf eines Gesetzes vorgelegt wird, durch welches der in der Allerhöchsten Kabinets-Ordre vom 29. April 1829 als Steuer für jeden an der Mutter nicht mehr saugenden Hund festgeseßte Höcbstbetrag von 3 Thaler auf einen böherea Betrag festgeseßt wird, welcher der scitdem eingetretenen Ent- werthung des Geldes und der durch das Wachsthum der Städte vergrößerten Gefahr der Tollwuth entspricht.

Bei der Berathung dieser Petition ist, wie der vorbezeicbnete Kommisfionsberibt und der stenographis%e Bericht S. 1799 ergiebt, Seitens der Königlichen Staatsregierung gegen die Zweckmäßigkeit der von dem Magistrate von Berlin beschlossenen Erhöhung der Hunde lleuer von 9 auf 15 H ein Bedenken nicht erhoben, die erfolgte Ab- lehnung der Genehmigung des lezügliden Bescblusses viclmehr nur mit dem Hinweis darauf begründet worden, daß die Allerhöchste Vrdre vom 29. April 1829, welche den Höchstbectrag der Hundesteuer auf 9 F normirt, den Charafter eines Spezialgesetzes habe, welches noch jeßt in Geltung stehe und nur im Wege der Gesetzgebung ab- geandert werden könne; eine Auffassung, mit welcher ih auch die Kommission und das Plenum des Abgeordnetenhauses einverstanden erklärt haben. Wenn hiernach gegen die Tendenz des Beschlusses des Abgeordnetenhauses vom 16. Februar cr. sih nichts zu erinnern sindet, fo erscheint es doh bedenklich, ledigli auf dem in diesem Beschlusse bezeichneten Wege ciner Abänderung der Spezialvorscbrift in Nr. 1 der Allerhöchsten Ordre vom 29. Avril 1829 vorzugehen. Venn da die Letztere nur in einem Theile der Monarcbie, nämli in den Provinzen Ost- und Westpreußen, Brandenburg, Pommern, Posen, Schlesien, Sachsen, Westfalen und in der Rheinprovinz in Geltung steht, so würden, wenn lediglih eine Beseitigung der bezüg-

genommen werden

Js

liden Spezialbestimmung derselben in Aussicht lollte, die zum Theil noch weitergehenden Beschränkungen der in den Übrigen Landestheilen bezüglich der Erhebung der Hundesteuer in ärast stehenden Vorschriften unverändert beibehalten werden. Die Mannigfaltigkeit dieser Bestimmungen is aber so groß, daß nicht suglih die Frage wegen des Marimalbetrages der Hundesteuer für 1 allein den Gegenstand eines Spezialgesetzes bilden kann, fondern daß alsdann diese ganze Materie einheitlih und gleihmäßig zu regeln lein wird.

Eine solche einheitliche geseßlide Regelung der Frage wegen der Erhebung der Hundesteuer ist aud {on wiederholt zur Erörterung gezogen worden. Nachdem von verschiedenen Seiten dem Wunsche Ausdruck gegeben worden war, daß die Einführung der Hundesteuer [ernerhin nit aus\@{ließlich von den Beschlüssen der Gemeindebehör- den abhängig gemacht werden möge, wurde im Jahre 1868 die Frage in Erwägung gezogen, ob nicht die Provinzial- und Kreisvertretungen ¿ur Einführung der Hundesteuer in der Provinz oder im Kreise zu

«ermächtigen sein möchten und es wurde hierüber die Anhörung der Provinziallandtage in denjenigen Provinzen herbeigeführt, in welchen die Allerhöchste Ordre vom 29. April 1829 in Geltung steht. Von den Leßteren erklärte sih die Mehrzahl gegen eine Abänderung der bestehenden Vorschriften, die übrigen erkannten zwar das Bedürfniß einer Ausdehnung der Hundesteuer auf größere Bezirke an, äußerten jedoch über die Modalitäten der Erhebung einer solchen Steuer so verschiedene Ansichten, daß damals von einer weiteren Verfolgung dieses Gegenstandes Abstand genommen wurde.

Nachdem nach Einführung der Kreisordnung vom 13. Dezember 1872 von den Vertretungen verschiedener Kreise der Wunsch ausge- prochen worden war, die Hundesteuer als Kreissteuer einführen zu dürfen, wurde die Frage wegen eincr anderweiten gesetzlichen Regelung wieder aufgenommen, und der Erlaß eines hierauf bezüglichen Spezial- geseßes in Erwägung gezogen.

Demnächst wurde jedoch dem Landtage der Entwurf eines Gesetzes über die Aufbringung der Gemeindeabgaben zur Beschlußfassung vor- gelegt, dessen §. 6 über die Neueinführung besonderer direkter Ge- meindeabgaben, insbesondere auch ciner Hundesteuer , sowie über die Erhöhung der Säße derselben allgemeine Vorschriften zu geben be- stimmt war. Es ist aber dieser Geseßentwurf nicht zum Abschluß ge- langt, und eine Wiederholung desselben imHinblick auf die projektirten Reformen in dem, dem Gemeindeabgabewesen zum Grunde zu legenden Systeme der direkten Staatësteuer nicht in unmittelbare Aus- sicht zu nehmen.

Bei ciner geseßlichen Regelung der Hundesteuer wird zunächst der Gesichtspunkt nicht aus den Augen gelassen werden dürfen, daß dieselte, wenngleich sie sih ihrer äußeren Form nach als eine Steuer darstellt, dod im Wesentlichen keineswegs einen steuerlichen Zweck verfolgt, sondern cine Verminderung der Hunde herbeizuführen be- stimmt ist und sich damit den sicherheitspolizcilicben Maßnahmen an- reiht, wele seit langer Zeit für nöthig erachtet wurden, um das Publikum vor dem durch übermäßige Zahl und mangelhafte Beauf- sichtigung von Hunden herbeigeführten Belästigungen und Gefahren zu schüßen.

Das in folchem Sinne am 20. Februar 1797 ergangene Edikt wegen des Tollwerdens der Hunde (N. C. C. M. Bd. 10 S. 938) bestimmte in Wiederholung und Bestätigung der in Provinzial-Forst- ordnungen und fonstigen für die einzelnen Landestheile {hon früher ergangenen Vorschriften, daß Hunde, welche unbeaufsichtigt oder auf dem Lande ohne Knüttel umherlaufend betroffen werden, auf Kosten ihrer Herren zu tödten seien. Die so vorgeschriebene Knüttelung ift indeß als zweckmäßig nicht anzuerkennen und im Laufe der Zeit großen- theils außer Uebung gekommen.

In neuerer Zeit ist durch Polizeiverordnungen, nicht ohne Nutzen, cin Maulkorbzwang für öffentli umherlaufende Hunde eingeführt worden. Doch ist diese Maßregel im Allgemeinen auf die größeren Städte beschränkt geblieben und eine ganz allgemeine und strenge Durchführung derselben kaum in Ausficht zu nehmen.

Gs hat ferner scithér niht an polizeilichen Vorkehrungen gefehlt, velche darauf gerichtet waren, da, wo die Tollwuth fich zeigte, die wuthkranken sowie die der Tollwuth verdächtigen Thiere zu tödten und die übrigen Hunde innerhalb eines gewissen Bezirkes zur Siche- rung derselben vor einer Berührung mit tollwüthigen Thieren einzu- sperren oder an die Kette zu legen. In dieser Beziehung hatte bereits das Regulativ vom 8. August 1835 (Geseß-Samml. S. 240 ff.) in den S8. 92—108 ausführliche Vorschriften mit geseßlicher Kraft ertheilt. Demnächst hat das Gesetz vom 25. Juni 1875, betreffend die Abwehr und Unterdrückung von Viehseuchen (Geseßz-Samuml. S. 306 ff.) in den S8. 46—51 und endlih das Reichsgeseß vom 23. Juni 1880 (R. G, Bl. S. 153) in den §8. 34—39 diese Vorschriften dein Be- dürsnisse entsprechend erweitert und auf den ganzen Umfang der Monarchie ausgedehnt. Gleichwohl ift bisher alljährlich cine Anzahl von Fällen vorgekommen, in welchen Menschen von wuthfkranken Hunden gebissen worden und demnächst an Wasserscheu oder Hunds- wuth gestorben sind. Die Zahl dieser Unglücklichen hat angeblich in den Jahren 1859 bis 1866 einschließli im Jahre 22, und von 1867 ab, nah Erweiterung des Preußischen Staatsgebiets, bis zum Jahre 1874 durhschnittlich im Fahre 52 betragen. Allerdings sind diese Zahlen, welche niht auf unbedingt zuverlässigen Angaben beruhen, wahrscheinlich etwas zu hoch gegriffen. Denn na den \eit dem Jahre 1876 veranlaßten genaueren Erhebungen ist die Zahl der be- züglichen Todesfälle im Jahre 1876 auf 21, 1877 auf 13, 1878 auf 15, 1879 auf 10, 1889 auf 13, also dur{\chnittlich auf 14—15 jähr- lich festgestellt worden.

…_ Wie groß die Zahl der im ganzen preußischen Staate gegen- wärtig gehaltenen Hunde ist, läßt si, da es bierüber an aLgemeinen statistishen Aufnahmen fehlt, nicht angeben. Nur einmal und zwar bei der allgemeinen Zählung im Jahre 1867 sind die Hunde mit gezählt worden. Nach den Notizen im Band XXI. der vreußis{en Statistik Seite 295 waren am preußischen Staate 1 622738 Hunde In Berlin hat die Zahl der Hunde betragen :

1, Dezember 1867 im vorhanden.

im Jahre 1830:

A verschiedenen Theilen der Oundesteuer gegenwartig

Die in den Erhebung ciner sind folgende :

L, In den Provinzen Ost- und Westpreußen, Brandenburg. Pommern, Posen, Schlesien, Sacbsen, Westfalen und der Rhein- provinz ist die Einführung der Hundesteuer von dem Beschlusse ieder einzelnen Gemeinde abhängig. Die Allerhöchste Ordre vom 29. April 1829, welce dur die Amtsblätter im damaligen Umfange des Staates mit geseßzliher Kraft (efr. Allerhöchste Ordre vom 24. Juli 1826, Gesez-Samml. S. 73) publizirt worden ist, verleibt nur den Stadt gemeinden die Berechtigung, ohne ihnen jedo cine Vervflicbtuna hierzu aufzuerlegen, eine Steuer und zwar nur bis zum Höcbstbetrage von 3 Thalern jährlich auf das Halten von Hunden mittelst Ge- meindebeschlusses einzuführen. Die durch die Amtsblätter publizirte Allerhöchste Ordre vom 18. Oktober 1834 dehnte die vor- stehend gedachten Vorschriften auf diejenigen Kommunen aus, welche nicht zum Stande der Städte gehören. Von der ertheilten Ermäcb- tigung haben die Stadtgemeinden in der großen Mehrzahl, jedo nicht allgemein, die Landgemeinden dagegen nur selten Gebrau gc- macht.

11. In der Provinz Sc{leswig-Holstein bestimmt das

vom 20, Marz 1807 (Chronologise Sammlung für die thümer pro 1806 und 1807 S. 85 ff.), daß die Hundebesitzer in Städten und Flecken für jeden Hund, ausgenommen solche, die be- ständig an der Kette licgen, bei der Polizeibehörde ein Zeichen zu lösen und dafür, sowie bei der jedesmaligen jährlichen Borzeigung des Zeichens 2 Thaler Schleswig-Holstein-Courant (3 Reicbsbankthaler, 191/5 Reicbsbankschilling) zu zahlen haben, welcher Betrag dur das Kanzlei-Patent vom 24, Mai 1834 (Chronologische Sammlung pro 1834 S, 377) auf 1 Reicbsbankthaler ermäßigt worden ist. Dagegen fehlt es an einer Vorschrift, welde auch în Landgemeinden die Er- hebung einer Hundesteuer zuläßt. Im Kreise Herzogthum Lauenburg besteht keine allgemeine Vor- {rift über die Besteuerung der Hunde; nur für die Stadt Lauenburg ist auf Grund des §. 72 der Städte-Ordnung vom 14. April 1869 (Dffizielles Wochenblatt für das Herzogthum Lauenburg S. 522 ff.,) eine Hundesteuer als Gemeindesteuer eingeführt worden.

111, Jn der Provinz Hannover wird eine Hundesteuer in einzelnen Stadt- und Landgemeinden, wie au in einzelnen Amtsbezirken er- hoben. Die diesfällige Berechtigung der Gemeinden ist na den dort geltenden Gemeinde-Verfassungsgeseßen niemals bezweifelt und dur das Ausschreiben des vormaligen Hannoverishen Ministeriums des Innern vom 2. September 1865, welches zuglei die bei der Ein- führung ciner Hundesteuer zu befolgenden Grundsätze enthält, aus- drüdcklich anerkannt worden. Dagegen erscheint die Befugniß der Amtsvertretungen, die Einführung einer Hundesteuer für den ganzen Amtsbezirk zu beschließen, nit unzweifelhaft; sie wird indeß: von den

M \

conarcbie über dic L S

geltenden Bestimmungen

Patent Herzog-

Verwaltungsbehörden auf Grund der 8, 27 bis 30 des Gesetzes

die Amisvertretung vom 28. April 1859 (Hannov. Geseß-Samml.

423 ff.) als vorhanden angenommen.

__ Eine allgemeinere Verbreitung hat die Hundesteucr in der Provinz Hannover nicht gefunden.

IV. Innerhalb der Provinz Hessen-Nafsau sind verschiedene Vor- schriften über die Besteuerung der Hunde ergangen :

¡) Im Gebiete des vormaligen Kurfürstentkums Hessen wurde früher auf Grund der Kurhessishen Gesete vom 31. Oktober 1833 und 26. Juni 1840 (Kurhessishe Gesez-Samml. 1833 S. 189 und 1840 S. 30) ne Hundesteuer im Betrage von 2 Thalern in den Städten und Vorstädten, und von 1 Thaler 12 Gr. außerhalb der- selben als Staatsfteuer erhoben. Durch §. 16 der Verord:1ung vom 28. April 1867 (Gesez-Samml. S. 538) ist diese Steuer als Staats- abgabe aufgehoben, deren Forterhebung aber den Gemeinden freigestellt worden,

2) Für die vormals Bayerischen Landestheile bestand früber eine polizeiliche Vorschrift der Regierung für Unterfranken und Aschaffen- burg vom 20. Mai 1862, wonach Seitens des beamteten Thierarztes jährli zwei Mal Hundevisitationen vorgenommen werden mußten, für welche der Hundebesißer eine geringe Abgabe zu zahlen hatte. Mit dem Wegfalle dieser Visitationen ist auch die gedachte auf die Hundehaltung bezügliche Abgabe in Abgang gekommen.

3) Für die vormals Großherzogli Hessischen Gebietstheile ist die auf der Großherzoglich Hessischen Verordnuna vom 19. März 1853 (Großherzoglih Hessisches Regierungsblatt S. 123) beruhende Hunde- steuer von 2 Fl. durch die Verordnung vom 26. September 1867 (Geseß-Samml. S. 1666) als Staatsabgabe aufgehoben und deren Forterhebung nach Maßgabe der Verordnung vom 19. März 1853 den Gemeinden gestattet worden.

4) Im Gebiete des ehemaligen Herzogthums Nafsau besteht die Verordnung der früheren Landesregierung vom 24. Oktober 1864 (Verordnungsblatt S. 150), durch welce die Entrichtung einer, den Gemeindekassen zufließenden Hundesteuer im Betrage von 2 bezw. 1 Fl., welcher event. auf 3 Fl. 30 Kr. bezw. 2 Fl. erhoht werden kann, obligatorisch festgesetzt if.

Iedoch gilt /

9) in der Stadt Wiesbaden seit dem 15. Dezember 1869 eine Polizeiverordnung, welche die Hundetare auf 3 Thlr. = 9 M erhöht. __ 6) Für den ehemals Landgräflich Hessischen Amtsbezirk Homburg ist dur die Verordnungen vom 30. April 1823 Landgräflich Hessisches Geseß-Archiv S. 52) und vom 9. Dezember 1859 (Homburger Amts-

blatt Nr. 50) eine obligatorische Hundesteuer von 3 Fl. pro Hund zum Vortheile des Arbeits- jetzt Armenversorgungs-Hauses zu Homburg vorgeschrieben. Diese Abgabe bildet cinen wesentlichen Theil des Cinfommens dieser, für die Aufnahme von Kranken aus dem ganzen Bezirke des Amtes Homburg bestimmten Anstalt.

_7) In der Stadt Frankfurt a./M. besteht das 9. Juli 1839 (Frankfurter Gesez-Samml. 139) und für die zur Stadt Frankfurt gehörigen Dorfschaften das Gesek vom 9. Suli 1839 (ibid. S. 142). Hiernach ist in der Stadt Frankfurt für jeden Hund ohne Ausnahme eine Abaabe von 3 Fl., die in neuerer Zeit auf den Betrag von 9 6 erhöht worden ist, zur Stadtkasse, und in den zur Stadt Frankfurt gehörigen Landgemeinden cine Abgabe von 4d r: jeßt 1—3 M, für jeden Hund zur Kasse der betreffenden Gemeinde zu entrichten.

_ V. In den Hohenzollernschen Landen wird von sämmtlichen ab- gesaugten Hunden auf Grund des Geseßes vom 27. Juni 1875 (Geseß-Samml. S. 517) eine jährlide Abgabe von 8 M erhoben, welche zu °/8 des Betrages für jeden Hund in die Landeskasse, zu 3/8 in die betreffende Gemeindekasse fließt.

Vollständige statistische Nachrichten darüber, in welchem Umfange die Einführung der Hundesteuer auf Grund der vorstehend bezeichneten Vorschriften stattgefunden, und welche Erträge dieselbe geliefert hat, sind nicht vorhanden. Nach den Angaben, welche in den Beiträgen zur Finanzstatistik der Gemeinden von L. Herrfurth (Ergänzungs- heft VI. zu der Zeitschrift des Königlichen Statistischen Bureaus 1879 in Tabelle 1 Spalte 185—187 und Seite 112) enthalten find, wurden im Jahre 1876 in 162 von den 170 Gemeinden mit mebr als 10090 Einwohnern Hundesteuern erhoben, welche zusammen einen Brutto- Ertrag von 962 752 46 lieferten. Auf die Haupt- und Nesidenzstadt Berlin entfielen hiervo!

Von der in der nunmehrigen Vorlage beabsichtigten einbeit- lihen Regelung der Hundesteuer i nur der Bezirk der Hohen- zollernshen Lande ausgenommen, da dort cin völlig eigenartiges Steuersystem besteht und die von jeher als Staatsabgabe erhobene „Hundstaxe“ erst fürzlih dur das Geseß vom 25. Juni 1875 in einer den Verhältnissen entsprehenden Weise neu geregelt worden ist. Seitens des Kommunallandtags der Hohenzollernschen Lande sind bei Begutachtung diescs Geseßes im Jahre 1875, Anträge, welckche die Aufhebung der Hundesteuer als Staatsfteuer und die Umwandlung derselben in Gemeindeabgaben bezweckten, abgelehnt worden.

Im Einzelnen sind bei Aufstellung der Vorlaze insbesondere die na{stchenden Erwägungen maßgebend gewesen :

U S L

Eine Erreichung der polizeilichen Zwecke der Hundesteuer erscheint offenbar nur dann ausreichend gesichert, wenn dieselbe niht vom Be lieben der einzelnen kommunalen Verbände abhängig bleibt, sondern, wie im §. 1 vorgesehen, allgemein und obligatorisch eingeführt wird.

Die Bestimmung, daß die Steuerpflichtigkeit der Hunde mit dem Aufhören des Saugens an der Mutter beginnen foll, ist aus dec Allerhöchsten Kabinets-Ordre vom 29. April 1829 übernommen und hat si in der Praris als zweckmäßig bewährt.

(Schluß in der Ersten Beilage.)

Gesek vom

Statißtische Nachrichten.

Nach Mittheilung des Statistisben Bureaus * der Stadt Berlin sind bei den hiesigen Standesämtern in der Woche vom 29. Januar bis inkl. 4. Februar cr. zur Anmeldung gekommen : 157 Ebeschließungen, 909 Lebendge

UC endgeborne , 4) Todtgeborene, 546 Sterbefälle. Der „Börs.-Cour.“ Königlich preußischen statistishen Bureaus angestellten Ermittelungen, daß während des Jahres 1881 die Hauptbrodfruct Deutschlands, Roggen, wesentlih im Werthe, nämli von 20,8 auf 19,1 gefallen sei. Die Gerstepreise zeigten am Anfang und S{luß des Jahres fast gleide Höhe, 16,4 gegen 16,6 4; Hafer ist uubedeutend von 15,0 auf 15,7 H gestiegen ; die Miitelpreise für Kartoffeln sind aber bedeutend, nämlich von 5,8 K pro 100 kg im Januar auf 4,4 M im Dezember gefallen. Man sieht hieraus, daß die Hauptnahrungs- mittel der Bevölkerung Deutschlands aus dem Bereich der Landwirth baft, Roggen und Kartoffeln, während des Jahres 1881 eine wesentliche Preisabnahme gezeigt und dadur zur woblfeileren Ernährung der Bevölkerung in \egensreicber Weise beigetragen haben. Wenn man nun die Jahresdurh\ch{nittspreise der genannten fünf vegetabilischen Nahrungsmittel pro 1881 denjenigen der fünf vorbergebenden Iahre gegenüberstellt, so erhält man folgende interessante Ziffern : Jahresdur{\chnittspreise für 100 kg in M Weizen Roggen Gerste Hafer 1881 220 202 16,6 15,9 1880 919 19,3 16,8 15,2 1879 19,6 14,5 13,4

14,

1878 10,2 14, 15,7 13,9 17 17

fonstatirt auf Grund der Seitens des

Kartoffeln

1877 23,0 F 16,9 16,0 1876 21,0 4 16,8 17,7 57 Hiernach ift der Durcschnittspreis des Weizen im Jahre 1881 demjenigen für das Jahr 1880 fast glei geblieben, wesentli niedri- ger aber als derjenige im Jahre 1877 gewesen. Roggen hat aller- dings im Jahre 1881 die höbsten Dur{bschnittspreise seit 6 Jahren erreicht; dies ist ledigli eine Folge der \{lechten Roggenernte des Vorjahres, was durch den Umstand noch klar gekennzeicnet wird daß Roggen im Auslande wie im Inlande mehrmals so knapp war, daß sein Werth in der ersten Häfte des Jahres 1881 stellenweise so-

gar denjenigen des Weizens übertroffen bat. Der Durcbschnittst:reis