1882 / 36 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 10 Feb 1882 18:00:01 GMT) scan diff

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für Gerste im Jahre 1881 if geringer gewesen als derjenige des Vorjahres und der Jahre 1877 und 1876: der Haferpreis war 1881 gleichfalls geringer als in den beiden zuletzt genanten Jahren. Was endli die Kartoffeln anbelangt, so ist ihr Preis in keinem der fünf Vorjahre niedriger gewesen, als im Jahre 1881, dagegen tvar derselbe sowohl 1880 als 1879 und 1877 wesentlich böber.

(Effener Ztg.) In Deutscland existiren zur Zeit 23 im Be- trieb befindliche Etablissements der Waggonbranche mit einer jähr- lichen Leistungsfähigkeit (in Güterwaggons ausgedrückt von ca. 21 000 bis 25 000 Stück. Hiervon entfallen auf Preußen 13 Fabriken mit einer Leistung von 13 000 bis 15000 Waggons, auf Yavera 4 Fa- briken mit 4200 bis 4800 Stück, auf Baden 2 Fabriken mit 900 bis 1100 Stü, auf Württemberg 1 Fabrik mit 300 bis 400 Stü, auf das Königreih Sacsen 1 Fabrik mit ca. 600 Stü, auf das Groß- berzogthum Hessen 1 Fabrik mit 1000 bis 1200 Stü und auf Elsaß- Lothringen 1 Fabrik mit 1200 bis 1500 Stück. Um alle diese Fa- briken genügend zu beschäftigen, bedarf es also ganz bedeutender Ordres. Doch haben die Etablissements dieser Branche seit einiger Zeit ziemlich viel zu thun. Freilich wird das bedeutende Quantum von ca. 25 000 Güterwaggons auch in diesem Jahre \icherlih nicht erreicht werden. Doch ist in Betracht zu ziehen, daß die meisten der E auch Personenwagen, Tramway-Wagen, Drehscheiben 2c. an- ertigen.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Quellen bis zum Meere. Schilderungen von K. Stieler, Hans Wachenhusen und F. W. Hack- länder. Stuttgart, Verlag der Gebrüder Kröner. Von dieser ersten Serie des großen Illustrationswerks „Unser Vaterland“, welche, wie {on angezeigt, jeßt in neuer Auflage erscheint, ist kürzlich die zweite Lieferung ausgegeben worden. Sie enthält eine mit vielen Holzschnitten ausgestattete Beschreibung des Bodensees und seiner an gesckchihtlichen Erinnerungen reiben alten Städte, von Karl Stielcr. Das folgende Verzeichniß der im Text vertheilten Illustrationen mag für die Fülle des in Wort und Bild Gebotenen zeugen ; es sind: eine Partie aus Bregenz, von R. Püttner; Lindau, von demselben; das Wappen der Stadt Lindau; Trachten vom Bregenzer Wald, von G. Franz; der Weg zum Gebhardsberg, von R. Püttner: Griedrichs- hafen, von demselben ; Meersburg, von G. Schönleberz; Constanz, von R. Püttner; Johannes Huß, von E. Hartmann; Huß auf dem Scheiterhaufen (nach einem alten Holzschnitt); am Hafen von Constanz, von G. Schönleber; Wappen der Stadt Constanz; das Kaufhaus (Concilshaus) in Constanz, von M. Püttner; nah dem Kampf auf der Rheinbrücke in Constanz, von W. Diez ; Ignaz Frei-

Rheinfahrt, von den

herr von Wessenberg, von E. Hartmann; die Insel Mainau, von G. Scönleber; Areneuberg, von demsclben, und Heidenlöcher bei Ueberlingen, von R. Püttner. Außerdem liegen auch dieser Lieferung drei größere xylographishe Tondruckblätter bei, welche in vorzüglicher Reproduktion der trefflichen Zeichnungen von Schönleber und Pütt- ner die Reichenau, einen Blick auf den Höhgau, und (ein Blatt von besonders großartiger Auffassung) den Rheinfall bei Schaffhausen vor Augen führen. Die „Rheinfahrt“ erscheint in genau 22 monatlichen Lieferungen zum Preise von 1 M 50 4; auf besonderen Wunsch können die Lieferungen jedoch auch in rascherer Folge bezogen werden. Bon den 22 Lieferungen enthalten sechzehn je 3 ganzseitige Tondrucfk- blätter und 4 Bogen Text; sechs je 2 ganzseitige Tondruckblätter und 4 bis 6 Bogen Tert. Die Verlagshandlung erklärt ausdrücklich, daß die Zahl der Lieferungen unter keinen Umständen überschritten wer- den wird.

O U Eo Zahrhundet von Dito von Létxner, (Verlag von F. Engelhorn in Stuttgart) liegen zwei weitere Lieferun- gen (37 und 38) vor, in denen die neue Literatur und Kunst behan- delt ist und welche wiederum zahlreiche Porträts von Dichtern und Künstlern fowie Darstellungen von Kunstwerken zur Anschauung bringen.

Von der neuen (13.) vollständig .umgearbeiteten A uflage des Brockhaus’\chenConversations - Levrikons, welche rasch und regelmäßig vorwärts schreitet, find soeben wiederum 3 neue Hefte, Heft 11—13, erschienen. Dieselben führen den Tert von „Angäli“ bis zu „Arbeiter und Arbeitslohn“, enthalten eine Menge inter- essanter, theils kürzerer, theils längerer Artikel aus den verschiedenen Wissensfächern und bringen außerdem 3 Bildertafeln : Aegyptische Mythologie (erster ägyptischer Götterkreis), Alpenpflanzen und Arabesken, in einer Auswahl charakteristis{er alter Stile, sowie 3 sehr sauber gearbeitete Karten: das alte Aegypten I, Theben, nord- ostliches Afrika und Arabien , und Alexanders d. Gr. oberungszüge.

Reich und Er-

Land: und Forstwirth\chaft.

Die „Wien. Ztg.“ bringt die crmittelten statistischen Daten über den Stand der österreichischen Viehheerden zu Ende des Jahres 1880. Wir entnehmen daraus Folgendes: bei deren Ver- gleihung mit dem Stande zu Ende des Jahres 1869 ergiebt si die bedeutendste Zunahme bei den Rindern und zwar um 1 158 865 Stück oder um 15,61 %. Geringer is die Steigerung bei Pferden um 73 659 Stück oder um 5,30 %, Ziegen um 27571 Stü oder um 2,82 %%, Schweinen um 170068 Stück oder um 6,67 %, dann bei Maulthieren, Mauleseln und Eseln um 6548 Stück oder um 5,20 9%, der Schafstand hat dagegen seit dem Jahre 1869 erheblich und zwar um 1185058 Stück oder um 23,57 % abgenommen. Bei Ner- gleihung mit den Zählungsresultaten vom Fahre 1857 ergiebt sich für das Jahr 1880 eine Zunahme bet den Pferden, Maulthieren 2c. und Rindern; eine Abnahme dagegen bei den Schafen, Ziegen und Schweinen, und erhellt dics aus den folgenden offiziellen Angaben. (s wurden in Oesterreich gezählt zu Ende des Jahres:

1857 1869 Stü (425 2192 5 026 398 979 104 2 551 473

1880

8013 368 5 284 654 1 027618 3 409 950 Maulthiere :c. 42 976 43 070 Perdé : 1294821 1389623 1463282 Von den für 1869 und 1880 nachgewiesenen Rindern entfielen 1869 1880 y

Stüd Zunahme

1 246 108 37 846 76 401 196

Rinder . Schafe . Ziegen

Schweine

8 584 077 3841 340 1 006 675 2 721 541

49 618

Ochsen 1 208 262 Stiere 76 205 Kübe e 4 GOBLEIDO 4138625 307 489 Kälber und Jungvieh 2 308 762 3 122 943 814 181 Die Zunahme betrug hiernach bei Stieren nur 0,3%, bei OGsen

3,1% und bei Kühen 8 °%/, bei den Kälbern und bei dem Iungvieh

dagegen 35,3%. Der enorme Rückgang im Stande der Schafheerden

ist ledigli eine Folge der Konkurrenz der australischen Wollen. Ueber die Ergebnisse des Weinbaus im Fabre 1881

im Königreich Württemberg enthält der „St. A. f. W.“ eine Uebersicht, der wir folgende Daten entnehmen: Die im Ertrage stehende Fläche belief fsih im Jahre 1881 auf 18 423 ha gegen 18 401 im Jahre 1880, der Gesammtertrag auf 398 975 h] gegen 96 623 h1; auf 1 im Ertrage stehenden Hektar kamen 21,66 h] gegen 5,25 h, der Durchschnittspreis pro Hektoliter betrug 35,85 gegen 50,67 M Der Verkauf unter der Kelter lieferte ein Quantum von 286 630 1 gegen 65318 bl mit cinem Erlöse von 10274365 A gegen 3309437 ffÆ Der Lundesdurschnitt von 1827/80 beträgt 22,70 hl per Hektar oder 4,80% mehr. Der Gesammt- naturalertrag ist somit über 4 Mal größer als der vorjährige und erreicht letzterer nur 24,22 % desselben, doh bleibt er hinter dem 54 jährigen Durcbschnitt der Jahre 1827/80 mit 420596 þh1 um 5,14% zurück. Größere Ge- sammterträge lieferten seit 1827 die 23 Jahre 1827, 1828, 1833/35, 1837, 1839, 1840, 1842, 1846/49, 1857/59, 1862, 1863, 1867, 1868; 1870, 1874 und 1875. Der Durschnittspreis von 35 M4 85 S per Hektoliter, war in der 54 jähr. Periode 1827/80 nur in den 6 Jahren 1865, 1872/74, 1876 und 1880 höher. Der Gesammt-

ezlôós aus diesem Quantum berechnet sih auf 10274365 M und ift mehr als 3 mal größer als derjenige des Jahres 1880. Er wird nur von den 5 Jahren 1834, 1857, 1868, 1874 und 1875 übertroffen, auch übersteigt er den 54 jährigen Landesdurschnitt von )I5 M um 96,34 °/%. Was den Geldwerth des gänzen Naturalertrags mit 14 158 662 J betrifft, so gehen demselben nur die 9 Jahre 1834, 1857, 1858, 1862, 1863, 18E8, 1874, 1875 und 1876 vor und av er übersteigt den Landeësdurchschnitt von 8 179 709 4 um 73,09 9/6.

Gewerbe und Handel.

Nach einer aus Athen hier eingegangenen amtlichen Nachricht ist in den Provinzen Thessalien und Attika die Rinderpest aus- gebrochen.

Die „New-Yorker Hdls.-Ztg.“ äußert si in ihrem vom 27. v. M. datirten Wochenbericht über die Geschäftslage folgendermaßen: Auf cine sehr mäßige Aufregung in finanziellen Kreisen beschränkt si{h der ganze Effekt der Anfangs dieser Woche aus Paris gemeldeten neuen Hiobsposten; und nachdem in den letzten Tagen berubigendere Berichte von dort kamen, au London, trotz des starken Goldabflusses, wenig afficirt zu sein scheint, ist bier selbst jener s{wache Effekt wieder erloschen. Andererseits hat sich unsere Gesammtsituation, s\oweit dieselbe durch den Geschäftsgang beeinflußt wird, niht verbessert, vielmehr ift et, wie unsere speziellen Referate ergeben, in den meisten Branchen noch ftill, oder doch nicht so lebhaft, wie man Ende Januar erwarten dürfte, und für diese Enttäuschung bleibt, nab wie vor, die Spekulation in Produkten und die daraus resultirende Hemmung des Exports in erster Reihe verantwortlich. Die Zahl der aus dem Innern, zur Beschaffung ihres Bedarfs für die Frühjahrs\aison hier eingetroffenen Käufer, ist ebenso groß, wenn nicht noch größer, als um diese Zeit vorigen Jahres, aber sie befürchten, nicht ohne guten Grund, daß in Folge der Exportsperre die Kaufkraft ihrer Kundschaft ges{chmälert isi, und operiren deshalb mit großer Vorsicht. Das Geschäft am Waaren- und Produktenmarkt nahm cinen ruhigen Verlauf. Eine Ausnahme machte nur cine vorübergehende äußerst lebhafte Haussespekulation in Weizen, die jedo später er- sclaffte und einem weichenden Markt . Plaß mate; das Cxport- geschäft in Brodstoffen hat sih nicht gebessert und sind für volle Getreideladungen nur zwei Fahrzeuge gecbartet worden. Für Petro- leumschiffe hat die Frage nachgelassen, doch haben Raten bis jeßt nicht darunter zu leiden gehabt. Baumwolle in disponibler Waare fand wieder recht viel Beachtung Seitens der Spekulation, während das Konsum- und Erportgeschäft sehr ill war; Termine {ließen nach unbedeutenden Fluktuationen eine Kleinigkeit höher als- vor ciner Woche. Rio Kaffees fanden Anfangs der Woche mehr Beachtung, hatten aber am Schluß derselben wieder \{leppendes Geschäft; in ost- und westindishen Sorten war es still. Der Nohzuckermarkt verkehrte in weichender Tendenz. Schmalz konnte die höchsten No- tirungen der Woche nit behaupten, Schweinefleisch und Rindfleisch waren still und Talg hatte weniger Frage. Vom Hopfenmarkt ist nihts Neues von wesentlichem Interesse zu berichten. Naff. Pe- troleum fill aber fest. Terpentinöl ruhig und etwas niedriger Harz behauptete sich unverändert. Der Import fremder Wehb- stoffe für die heute beendete Woche beträgt 3 134486 Doll. gegen 2 797 342 Doll. in der Parallelwocbe des Vorjahres.

Leipzig, 9, Februar. (W. T. W.) Der Aufsichtsrath der Leipziger Bank hat die Dividende pro 1881 auf 7&5 % gleich 96,29 M. pro Aktie festgesctt.

Antwerpen, 9, Febrüar. (W. T. B) (Sthluß der Wollauktion.) Das Totale des Angebots betrug 17 507 Ballen. Verkauft sind 12,333 Ballen. Stimmung fest. Jn Vorrath blieben 17 946 Ballen Laplatawollen.

Brüssel, 9. Februar. (W. T. B.) Die Nationalbank hat ihren Diskont für acceptirte Wechsel auf 5, für nit acceptirte Wechsel auf 57 % herabgeseßt.

London, 8, Februar. (Allg. Corr.) Den Ausweisen des britishen Handelsamts yro Januar a. c. zufolge beträgt der Ausfuhrwerth des Monats 19 840 683 L, was einer Vermehrung von 2501 772 £ im Vergleich mit Januar 1881, und von 2907 825 £ mit Januar 1880 gleichkommt. Der Einfuhrwerth des Monats be- ziert si auf 32019 467 £, oder auf 5276 505 £ höher als im Januar 1881, und 353 440 £ niedriger als im Januar 1880. Die Einfuhr an Edelmetallen betrug 791 818 £ und die Ausfuhr 3 129 125 L. Die Ausfuhr überstieg die während desselben Monats in 1881 und 1880 um 1077595 £ resp. 1716 744 £.

Verkehrs-Anstalten. Februar. (W, T. B.) Der Lloyddampfer

Ces 9. N ist heute Mittag aus Konstantinopel hier angekommen.

¿AVoTo!

Verlíin , 10. Februar 1882.

Königliche Akademie der \{chönen Künste zu Mailand. Programm der Preisbewerbung. Stiftung Mylius.

Sowohl die einheimischen als auch die fremden Maler werden aufgefordert, sich um den von dem wohlverdienten verstorbenen Ritter Emico Mylius ausgeseßten Preis zu bewerben, welcher im Jahre 1882 auf den nachstehenden Zweig der Malerei verwendet wird:

Historische Landschaft.

Gegenstand: „Aus einer Beschreibung des Romans „Die Ner- lobten“ von Alessandro Manzoni zu entnehmen.“ Das Gemälde soll auf Leinwand in Del gemalt und 0,85 m bei 1,20 m groß sein.

Preis 800 Lire

Thiermalerei. (Bewerbung auf das Jahr 1880 bezüglich.)

Gegenstand: „Gruppe von Thieren, vom Gewitter überra\{t.“ Das Gemälde soll auf Leinwand, in Oel gemalt und 0,85 m bei 1,20 m groß sein.

Preis 600 Lire.

Bestimmungen.

Die Werke der Bewerber müssen dem ökonomiscen Inspektor der Akademie nicht später als um 4 Uhr Nachmittags am 30. Juni 1882 vorgelegt werden. Entshuldigungen wegen Ueberschreitung dieser Frist werden niht angenommen. Die Akademie übernimmt nit die Entnahme der Werke, wenngleich sie an sie adrefsirt sind, weder von den Eisenbahnämtérn noch von den Zollämtern.

Jedes Werk muß mit einer Aufschrift versehen und von einem versiegelten Schreiben begleitet sein, welches außerhalb dieselbe Auf- \hrift trägt und innerhalb den Namen, Zunamen, das Vaterland und den Wohnort des Urhebers enthält.

Außer diesem Schreiben muß das Werk von einer Beschreibung begleitet sein, welche den gewählten Gegenstand, die Quelle, welcher derselbe entnommen wurde, wenn sie nicht im Programm enthalten ist, angiebt, und in jedem Falle den Gedanken des Urhebers erklärt, damit durch Vergleich mit der Darstellung die Absichten desselben beurtheilt werden können.

Die Akademie ist ermächtigt, diejenigen Werke von der Bewer- bung auszuschließen und ihre Ausstellung zu verweigern, welche aus Gründen der Kunst oder des gesellschaftliben Anstandes dem Publikum nicht vorgestellt werden können. Die Beschreibungen werden den Richtern mitgetheilt; die versiegelten Schreiben werden vom Sekretär verwahrt und nur diejenigen geöffnet, welhe Aufschriften tragen, die den des Preises würdig erklärten Werken angehören.

Alle übrigen werden zugleid mit den Werken sofort nah der auf die Beurtheilung folgenden öffentlichen Ausstellung zurückgegeben.

Bei der Einsendung wird jedes nit in gutem Zustande befun- dene Werk nicht angenommen. Die Rückgabe der nit gekrönten Werke erfolgt durch den ökonomischen Inspektor, welcher von den Urhebern oder ihren Bevollmächtigten die von ihm beim Empfange

ausgestellten einzelnen Quittungen cinzieht. Wenn innerbalb dreier o Monate die nit gekrönten Werke von den Urbebern nit zurüdges nommen werden, fo bürgt die Akademie nicht für ihre Erhaltung.

Die Beurtheilung des künstlerishen Werthes geschieht dur außerordentliche Kommissionen mittelst begründeter und unterzeih- neter Gutachten, dann wird sie der definitiven Genehmigung des afg- demischen Raths unterbreitet.

Aus allen zur Bewerbung eingehenden Werken wird eine öffent- liche Ausstellung gebildet, während deren die Urtheile gefällt und die Preise vertheilt werden.

Die Werke, welche den Preis erlangen, werden Eigenthum der Akademie und bei der Ausftellung dur einen Kranz und die Angabe des Namens und Vaterlandes des Urhebers ausgezeichnet.

(Die folgenden Stiftungen gelten nur für Inländer )

Frankfurt a. M., 9. Februar. (W. T. B.) Nas einer Meldung der „Frankfurter Zeitung“ aus London, von heute Vor- mittag wäre das deutscbe Schiff „Lisette" bei St. Johns auf einem Riff gesunken. Sicher sei, daß dabei 5 Mann einsch{ließlich des Kapitäns den Tod gefunden haben; man befürchte indeß, daß alle an Bord befindlichen Personen ertrunken seien.

_Ddessa, 9. Februar. (W. T. B.) Der englisch{e Dampfer „Kosmos8" ist auf der Fahrt von Sebastopol nach England mit 12 000 Tscetwert Getreide an Bord unweit Kilia untergezangen. Der Kapitän und 26 Mann von der Schiff8mannschaft haben ihren Tod in den Wellen gefunden.

Das Königliche Schauspielhaus brachte gestern das drei- aktige Lustspiel „Der Mentor“ zur ersten Aufführung. Dasselbe ist von Wilhelm Lange frei nach dem Polnischen des Grafen Fredro bearbeitet und vom Direktor Deetz inscenirt worden. Die Handlung führt uns zwei junge Männer vor, den Grafen Leo von Brabeck, der ein Lebemann von reinster Färbung i}, und einen Stubengelehrten, det DE R n Bn G hinDet dann, damit der Doktor seine Geliebte gewinnen könns, eine Rollenver- taushung in bekannter Manier statt, die mancherlei komische Situationen nach si zieht, bis der Schluß Aufklärung und Erfüllung aller Wünsche bringt. Der Dr. Karl von Brandt führt seine Geliebte heim und sein Mentor dur die Fährnisse des gesellschaftlichen Lebens erobert sich die Hand einer jungen reichen Wittwe. Die Grundidee des Stückes, einen Weltmann und einen ungeschickten Gelehrten die Rollen tauschen zu lassen, erinnert lebhaft an den „Bibliothekar“ von Moser, der einen ähnlichen Stoff in lustigerer Weise behandelt hat; allerdings ist der Unterschied zu konstatiren, daß die Verwechselung im „Biblio- thekar“ dem Titelhelden aufgedrängt wird, während sie im „Mentor“ als wohlüberlegte That erscheint. Die Exposition is vom Autor sehr geschickt entworfen; der erste Akt läßt be- reits alle Fäden der Verwicklung erkennen und darf wohl als der wirksamste betrachtet werden. Der zweite Akt, in welchem si der Knoten s{hürzt, war schon weniger erfolgreih. Die Ausarbeitung der Charaktere zeigte manche Schwächen ; die einzelnen Siguren sind nur in leiten Ümrissen gezeichnet; die Hauptpersonen treten zu wenig hervor, und die Nebenpersonen drängen ch zu sehr in den Vordergrund. Dadurch mangelt es dem Lustspiel an einer kräftig marfkirten Einheitlichkeit der Handlung, Der erste Akt enthält recht gefällige und heitere Scenen, und der Beifall des Publikums war nah demselben auch ungetheilt. Am Schluß des zweiten und dritten Aktes machte #i des Applauses einige Opposition

Nnch aber inmitten geltend. Als Darsteller der Titelrolle trat Hr. Keßler auf. Mit vieler Gewandtheit spielte er den Lebemann , der dur die \elbstgewählte Maske des {üchternen Doktors oft genug hindurch- bricht ; es fehlte ihm aber manchmal der volle Ton guter Laune, dessen Wirksamkeit auf das Publikum nie ausbleibt. Hr. Vollmer stattete seinen ungelenken, {üchternen Stubengelehrten mit vielen, Heiterkeit erregenden Nüancen aus. Die Damecnrollen lagen in den Händen der Fr. Frieb-Blumaucr die die romantische Tante vorzüglich wiedergab, des Frl. Meyer und des Frl. Abich, die ihre Auf- gaben in Tobenswerther Weise lösten.

Vor einem zwar nicht zahlreichen, aber um so dankbareren

Auditorium begann gestern Abend die italienische Overn saison, mit welcher Direktor Hahn die nur kurze Zeit anderen, nicht eben glücklichen Händen überlassene Leitung des Victoria- Theaters wieder selbst übernimmt. Der Erfolg der ersten Vorstellung war, wenn auch vielleiht materiell den von der Direktion gebrachten Ovfern nicht entsprechend, künstlerisb jedenfalls ein sehr abtenäwerther. Die italie- nische Gesellschaft, welche „La Favorita“ von Donizetti für ihr Debüt gewählt hatte, zählt namentlich in Sgr. Napoleone Verger einen Baritonisten zu den Jhrigen, welchber Scbönbeit des stimmlicten Materials mit feiner dynamis(er Nüancirung im Vor- trage vereinigt und durch diese Vorzüge den ihm an haftenden Förperliden Fehler beinahe vollkommen ausgleicht, so daß er den König Alfonso würdig repräsentiren konnte. Was dem Tenor, Sgr. Achille Corsi, in ersterer Beziehung abgeht, erselzt derselbe durh forgsame Schulung seines mebr lvris{b als dramatisch veranlagten Organs; dementsprechend gelangen dem Künstler in der Partie des Fernando aud die Nummern des letten Akts ain Besten, In diesen hatte er in Sgra. Giuseppina Paëqua als Leonora cine Partnerin, welche, wenn ihr aub nicht gerade Mittel von bestrickendem Reiz eigen sind, sih do als ausgezeicbnete Gesangskünstlerin von großer Noutine bewährte. Durcb den treff- lien Bassisten Sgr. Ladislao Seidelmann in der Rolle des Bal: dassare sowie die zweiten Partien der Sgra. Teresa Angeloni (Ines) und Sgr. Giulio Zigliani (Gaéëparo) wurde das Ensemble vervoll- ständigt, welhes neben einem außergewöhnlid zabhlreiden Chor und stark besettem Orchester unter der energischen Direktion des Kavell- meisters Cav. Gialdino Gialdino prâzis zusammenwirkte. Das Publikum ließ es an oft wiederholtem lautem Beifall für die Mit- wirkenden, bei offener Scene wie nach den Akts{lüsscn, nit fehlen. Indessen wird cs doch auch eines zahlreicheren Zusprucbs von feiner Seite bedürfen, wenn die Koften, welche die Direktion nit gescheut hat, um ihm fo seltene musikalische Kunstgenüsse zu bieten, cinen Ersatz finden sollen. Sie hatte für die erste Vorstellung die nicht eben oft gehörte „Favorita" von Donizetti ausersehen, vermutblib, um dem niht unberechtigten Vorwurf der Eintönigkeit des italienisben Overn- Repertoircs auszuweichen; indessen bietet das genannte Werk aller- dings keine gerade hervorragenden Schönheiten, und so dürfte das Interesse an der Stagione des Victoria-Theaters doch erst mit den altbeliebten Opern, welche morgen der „Trovatore“ von Verdi ein- leiten soll, ein allgemeineres werden. __— Im Friedri{ch-Wilhelmstädtishen Theater wird Hr. Swoboda, welchen ein Trauerfall in seiner Familie während der leßten Woche an der Ausübung seines Berufes hinderte, morgen Sonnabend, die von ihm creirte Parthie des ,Marcese Filippo“ in der Opcrette: „Der lustige Krieg“ wieder übernehmen.

Im Belle-Alliance-Theater findet übermorgen die vorleßte Sonntagsaufführung der Posse „Kyritz-Pyritz“ statt. Trot- dem der Besuch noch immer ein sehr zahlreicher ist, müssen die Auf- führungen dennoch abgebrochen werden, da die Direktion anderweitigen fontraktlihen Verpflichtungen naGzukommen hat.

Im Concerthause_ bringt Hr. Hof-Musikdirektor Bilse morgen, Sonnabend, die Frithjof-Sinfonie von Heinrich Hofmann zur Aufführung.

Redacteur: Riedel,

Verlag der Expedition (Kessel). Dru: W. Elsnexv Fünf Beilagen i

Berlin1

(eins{ließlib Börsen-Beilage).

Erste Beilage

zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlich Preu

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Nichtamtliches.

Preußen. Berlin, 10. Februar. Jn der gestrigen (11.) Sißung des Hauses der Abgeordneten stand auf der Tagesordnung als erster Gegenstand die Jnter- pellation des Abg. Richter, betreffend die Höhe des Ueberschuüufses des am 1. April ablaufenden Etatsjahres. Der Abg. Richter erklärte, diese An- frage solle dem Finanz-Minister nur Gelegenheit geben, die von demselben vei der ersten Berathung des Etats im All- gemeinen zugesagte Auskunft über die Finanzverhältnisse des iaufenden Etatsjahres nunmehr zu ertheilen.

Hierauf ergriff der Finanz-Minister Bitter das Wort:

Ich bin nicht in der Lage auf die Interpellation des Hrn. Abg. Richter, welche dahin get: auf wie hoh ist der Ueberschuß des am 1. April ablaufenden Etatsjahres zu veranschlagen, eine Antwort zu ertheilen, ehe nit am Schluß des Rechnungsjahres die Bücher der General-Staatskasse abges{chlossen, und che niht die daraus resulti- renden Zahlenangaben festgestellt sein werden. Vorher läßt sich mit einiger Sicherheit das Endresultat der laufenden Verwaltung des Jahres nicht beurtheilen, und auf Vermuthungen hin amtliche Er- klärungen abzugeben, muß die Staatsregierung Bedenken tragen. Ich habe wiederholt und zweimal bei Gelegenheit der Etatsberathung meine Bereitwilligkeit erklärt, über die thatsächlichen Verhältnisse der laufenden Verwaltung, so weit sie sich in Zahlen darstellt, Auskunft zu geben; ich werde diese Auskunft auf Wunsch der Budgetkommission sehr gern und soweit ertheilen, wie ih irgend kann. Wie gesagt, ih habe dies im Laufe der Berathung wiederholt ausgesprochen, zu etwas Weiterem kann die Staatsregierung sih nicht berechtigt und ver- pflichtet fühlen. : : /

Auf Antrag des Abg. Richter sand eine Besprechung der Interpellation statt. e ;

Der Abg. Richter bemerkte, der Minister verwe(hsele Abs{hluß und Anschlag, um den leßteren handele es si hier. Sei doch der ganze Etat für 1882/83 au nur ein Anschlag; um wie viel leichter sei ein solcher für ein fast schon abgelaufenes Jahr zu machen. Das Haus habe eigentlich viel weniger nöthig den Abschluß zu erhalten, als der Minister nöthig habe, denselben dem Hause zu geben. Denn je weniger Klarheit über die laufende Finanzlage herrsche, desto weniger könne das Haus auf Geldforderungen eingehen, die wesentlich durch die Gestaltung dieses Jahres bedingt würden. Was habe die Einstellung des Ueberschusses für einen Werth, wenn man nicht einmal einen Anhalt dafür habe, ob das nächste FFahr einen gleichen Ueber- {huß haben werde. Jm Reichstage habe der Schaßsekretär sih schon nach 7 Monaten für verpflichtet gehalten, über die Rechnung des laufenden Jahres genaue Auskunft zu ertheilen, die demnächst zu jenem tiefeingreifenden Béschlusse geführt habe, in Folge dessen der Minister hier auf die Anleihe have verzichten können. Während also der ganze preußische Etat auf einer Veranschlagung des Uceberschusses des laufendén Jahres im Reiche beruhe, exkläre der Minister hier, niht einmal seinen eigenen Uebershuß zu kennen! Da verstehe doch Minister Maybah seia Ressort besser, derselbe habe sofort den Uebershuß in der Eisenbahn- und in der BVerg- und Hüttenverwaltung auf 13 bez. 1 Million angegeben, obwohl sie sih gerade weniger leicht veranschlagen ließen. Dér Kommission wolle der Minister die erforderlichen Aufklärungen geben, doh nicht etwa als Geheimniß. Wozu dieser bureaukratische Weg? Die Kom- mission könne doch nur sofort den Dru der ministeriellen Erklärungen und ihre Mittheilung an das Haus beschließen. Er müsse sagen: es involvire eine gewisse Nücksichtslosigkeit gegen das Haus, wenn man scriftlih verfahren wolle, anstatt dem Hause hier jeßt Rede zu stehen. Auch formell sei dieses Verfahren nicht gerechtfertigt. Fndessen er wolle antworten vielleicht falle es dem Minister leichter, sich über solche Dinge \riftlih, als mündlih auszulassen.

Demnächst nahm der Finanz-Minister Bitter wie folgt das Wort: :

Meine Herren! JIch möchte sehr ungern zunächst eine Bemc rkung machen, die aus den Schlußworten des Hrn. Abg. Richter folgt, die dahin gingen, daß ih vielleicht lieber {hriftlich als mündlich die vor- liegende Sache weiter verhandeln werde, weil er vorauss\ett, daß mir der sc{hriftlide Verkehr bequemer, angenehmer sei. Ich bin weit ent- fernt, meine Redegake mit der des Herrn Abgeordneten auch nur an- nähernd in Vergleich zu stellen. Ich habe nicht darauf zu achten, wie die Worte etwa gestellt werden, um Eindruck zu machen und um Beifall hervorzurufen; ich habe saclich zu spre{en und zu dieser sach- lihen Erklärung finde ih meine Redegabe vollständig ausreichend.

Was nun, meine Herren, die Bemerkung des Hrn. Abg. Nichter betrifft, daß ich den Abschluß mit dem Anschlage verwechselt habe, so erinnert mich das an eine Bemerkung, die er bei der ersten Lesung des Etats persönlich gegen mich gemacht hat, daß ih seine ganze 24\tündige Rede nicht verstanden zu haben s{biene. Ich habe sie damals sehr genau verstanden, so genau, wie ich sie zu verstehen hatte und habe bier in dem vorliegenden Fall gar keinen Zweifel darüber, daß ih über das, was er gejagt hat und das was ich demgegenüber geantwortet habe, vollkommen flar bin, Er bat verlangt einen Nachweis der Ueber- {üsse der Staatsverwaltung, und ich habe erklärt, daß wir uns in Muthmaßungen hierüber nit ergehen können. Der Anschlag liegt vor, das ist der Etat des laufenden Jahres. Wie sich im Laufe dieses Jahres bei den außerordentlichen Veränderungen, die jede einzelne Etatsposition in sih und im Zusammenhang mit anderen herbeiführt, die Hauptzablen \{ließlich gestalten werden, das sind eben Muth- maßungen, über die ih nicht eher Auskunft geben kann, als bis mir bestimmt gegebene Zahlen vorliegen. Í e

Der Hr. Abg. Richter hat sich auf den Herrn Minister der öffentlichen Arbeiten bezogen, der, wie er nit ohne besondere Be- tonung bemerkt hat, ja in seinem Ressort vollständig zu Hause sei ih glaube, das in dem meinigen auch zu sein. _Wenn der Herr Minister der öffentlihen Arbeiten 13 Millionen für Eisenbahnen und 1 Million für Bergwerke als Uebers{huß in “Aussicht gestellt hat, so hat er das jedenfalls im Gefühl seiner Verantwortlichkeit gethan, und i{ bin entfernt da- von, ihm in dieser Richtung irgend welche Bemerkung machen zu wollen. Wenn aber von mir verlangt wird, dem Finanz-Minister, bei dem alle Einnahmen und Ausgaben des Staates zusammenlaufen daß ih für die Gesammtverhältnisse des Staates jetzt schon, zwei Monate vor dem Ab\{Gluß des Jahres, ganz klar und deutli, in Zahlen, wie der Hr. Abg. Richter verlangt hat, angeben soll, wie viel Uebershüsse vorhanden sind, se würde ich meiner Verantwortlih- keit schr nabe treten, wenn ih das thun wollte. Ich kann es nicht thun, und werde es nicht thun, und die Staatsregierung hat, wie ich noch ausdrücklich erklären will, fich ihrerseits mit dieser Auffassung vollständig einverstanden erklärt.

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Berlin, Freitag, den 10. Februar

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Der Hr. Abg. Richter hat auf das Verfahren im Reiche hin- gewiesen, er hat gesagt, der Hr. Staatssekretär Scholz habe {on am 14. November vorigen Jahres nachgewiesen, wie viel Ueberschüsse das Reich im laufenden Jahre haben werde. Ih muß es ablehnen, die Praxis des Reichs auf die preußische Finanzpraxis übertragen zu sehen.

t Die Staaksregierung ist nicht dec Ansicht, daß dies zulässig sei. Wenn der Hr. Staatssekretär Scholz Veranlassung gehabt hat, seiner- seits längere Zeit vor Abschluß des Jahres einen Uebershuß als wahrscheinlich zu konstatiren, so wird er seinerseits Grund genug ge- habt haben, das zu thun, die Konsequenzen daraus, meine Herren, werden wir aber für den preußishen Staat nicht auf uns nehmen. Ich weiß sehr wohl, meine Herren, daß der Hr. Abg. Richter mir antworten wird, Preußen nimmt ja die Minderausgaben aus diesem Verfahren beim Reich durch die Verringerung ber Matrikularbeiträge für das nâchste Jahr für {h än, und ist sehr zufrieden, daß dadurh die Balance der Einnahmen und Ausgaben des Etats hergestellt wird. Jawohl, meine Herren, die That- sache ist richtig, ob wir das Verfahren an sih, wie es durch den Reichstag stattgefunden hat, für ein richtiges halten ih habe fein Recht, darüber eine Kritik zu äußern und will sie auch niht äußern das zu beurtheilen ist unsere Sache, und wir werden uns nicht dahin drängen lassen, ein ähnliches Verfahren hier eintreten zu lassen.

Der Hr. Abg. Richter hat endlich darauf hingewiesen, daß ih ge- sagt habe, ich würde in der Budgetkommission meine Auskunft er- theilen, Jawohl, meine Herren, das habe ih deshalb gethan und werde es deshalb schr gern thun, weil in der Budgetkommission Ver- anlassung gegeben ist, über die einzelnen Zahlenangaben, die ich dort machen werde, Aufklärung zu geben und sie na den verschiedensten Seiten hin zu beleuchten und, soweit es möglich ist, einander gegen- über zu stellen. Hier in dem hohen Hause, noch ehe über diese Fragen überhaupt hat verhandelt werden können, diese Details der Verwal- tung in die Diskussion hineinzuwerfen und mit diesen Details die ganze Frage in eine verwirrte Lage zu bringen, glaube ih für meine Person nicht in Vorschlag bringen zu können. :

Was die Bemerkung anbetrifft, daß das auf \criftlichem Wege erfolgen würde, so weiß ih nicht, woher der Hr. Abg. Richter dies Voraussetzung genommen hat. Ausgesprochen habe ih sie niht. Ich will in der Budgetkommission, so weit die Interessen der Sache es erfocdern, selbft erscheinen, und da mündli meine Aufklärungen geben, und habe noch nicht gesehen, daß diese von der Budgetkommission als unzureichend betrachtet worden wären. Dazu bin ih auch jetut bereit, und werde ich jede Zeit gern bereit sein, und ih wiederhole, was ih schon bei der ersten Lesung des Etats ausgesprochen habe, wir haben nichts mit Geheimnissen zu thun. i:

Der Abg. Rickert erklärte, niht blos der Staatssekretär Scholz, sondern auch der frühere Minister Delbrück habe die Etatsberathungen im Reichstage regelmäßig mit einem aus- führlichen Vortrage über die Verhältnisse des laufenden Jahres eingeleitet. Zwischen der Erklärung vom Staatssekretär Scholz und der heutigen des Ministers sei ein unlösbarer Widerspruch. Die Praxis im Reiche erkläre der Minister hier nicht für zulässig, dennoch acceptire bér Minister dieselhe , in: soweit sie sih in 10 Millionen überseße. Er könne dies Ver- fahren nur bedauern. Schon jeßt kündige er an, daß er in der Kommission einen dahin gehenden Antrag stellen werde.

Der Abg. von Rauchhaupt bemerkte, wenn seine Partei auch erklärt habe, sie wolle bei ihren Entschließungen über den Steuererlaß nicht im Dunkeln tappen, #o bleibe er doch heute bei der Erklärung des Ministers stehen, und erwarte dessen Aufklärungen in der Kommission. Könne sih denn der Abg. Richter, der doch ein vorzüglicher Rechner sei, das Fazit aus den bekannten Materialien nicht selbst ziehen? Im Reich lasse sich übrigens nah dreiviertel Fahren ein Ueberschlag weit leihter machen als in Preußen. Ob die 10 Millionen im Reiche wirklih da seien, wolle ex erst abwarten. Wenn der Minister nach diesem Vorgange in Bezug auf Preußen vorsichtig sei, so könne man demselben dafür nur dankbar sein.

Der Abg. Rickert erklärte, der Wortführer der Konser- vativen im Reichstage sei der Erste gewesen, der den Antrag Richter unbedingt acceptirt habe. Wie das mit der heutigen Aeußerung des Wortführers der Konservativen in diesem Hause zu vereinigen sei, verstehe er nicht. S

Der Abg. Grumbrecht bemerkte, auch in feiner lang- jährigen Erfahrung finde er kein Beispiel, daß die Regierung dem Hause über das laufende Rehnungsjahr die Auskunft verweigert gehabt habe.

Hierauf crgriff der Finanz-Minister Bitter das Wort:

Der Hr. Abg. Grumbreccht scheint meine Bemerkung von vor- hin nit gehört zu haben; ich bin sehr fern davon gewesen und habe wiederholt es ausgesprochen, daß ich Auskunft über die laufende Ver- waltung und deren Resultate nicht verweigert habe. Das ift nit geschehen, im Gegentheil, ih habe diese Auskunft wiederholt zugesagt und habe erwartet, daß ich Gelegenheit finden würde, in der Budget- kommission diese Auskunft zu ertheilen, und ih freue mich darüber, daß Hr. Rickert mir das în nächste Aussicht gestellt hat, mir Ge- legenheit dazu zu geben. Was ich abgelehnt habe und was die Staatsregierung als solche ablehnen muß, das ist die Nennung von Ziffern; die Antwort auf die Frage : wie hoh ist der Ueberschuß des Jahres zu veranschlagen, das ist eine Zahl, die ih geben soll, das ist cine Zahl, die ih nit geben kann und nicht geben werde. _

Der Abg. Richter entgegnete, wenn ihm der Minister doch nur die nöthigen Unterlagen geben wollte, addiren und subtrahiren könne er allein. Der Abg von Rauchhaupt traue ihm doch zu viél zu. Nach dem, was man kenne, sei ein Urtheil über einen etwaigen Uebershuß nicht möglich. Er habe mit seiner Jnterpellation keineswegs eine blos persönliche Frage aufgeworfen. Schon der erste Etatsredner, der Abg. von Huene, habe sie angeregt gehabt und der Abg. von Rauchhaupt selber sei ihm gefolgt. Heute nun folge der Abg. von Rauchhaupt den Spuren des Finanz-Ministers und kritisire nachträglich die Finanz- politik im Reich, deren Anwendung für Preußen derselbe be- denklih finde. Wie ras änderten sich doch die Herren Kon- servativen ! (Redner verlas einen Passus aus der Rede des Abg. von Rauchhaupt vom 30. Januar d. F., in welhem sich derselbe mit dem Antrage Richter im Reichstage vollständig einver- standen erklärt habe.) An wen solle man sih nun halten, an den Abg. von Nauchhaupt vom 30. Januar oder an den vom 9. Februar? Je mehr die Regierung si weigere, dem Parlament Auskunft zu ertheilen, desto bescheidener würden anscheinend die Herren auf der Rehten. Er glaube, die Kon- servativen würden es sogar des Beifalls würdig finden, wenn der Minister einmal erkläre, daß er gar nichts sagen würde. Das Land werde ja darüber entscheiden, ob das die Art sei, wieman die finanzielle Kontrole ausübe. Die Verhältnisse im Reiche seien wegen der Zölle und der indirekten Steuern s{hwieriger

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cen Siaats-Anzeiger. LSST,

zu überschlagen, als die preußischen. Jn der Kommission, für die der Minister die Aufklärung zugesagt habe, seien leider keine Stenographen, und ohne stenographishe Unterlage eine mündlihe Darlegung an das Haus zu bringen, sei immer mißlich. Er möchte deshalb bitten, daß der Vorsißende der Kommission Stenographen zu der Verhandlung zuziehe. Man hóre so oft Klagen über den s{chleppenden Geschäftsgang des Parlaments. Aus dem heutigen Vorgang werde man hoffent- lich ersehen, wer die Schuld daran trage.

Der Abg. von Rauchhaupt erklärte, er sei noc derselbe, der er bei der Generaldiskussion gewesen sei; der Vorredner, dem er eine etwas schärfere Auffassung wünsche, habe nur den Unterschied zwischen seinen damaligen und seinen heutigen Ausführungen nicht begriffen. Ueberschüsse im Reiche sei seine Partei selbstverständlich bereit, bestens zu acceptiren. Seine (des Abg. Richter) Partei wolle aber eine ähnliche Praxis hier im Haufe wie im Reichstage eingeführt wissen und dem wider- setz sich seine (des Redners) Partei. N :

Der Abg. Richter bemerkte, jeßt zeige sich allmählich, worauf man hinaus wolle. Die Herren glaubten, daß hinter seiner Frage etwas ganz Besonderes stecke. Die Konservativen dächten, der mache am Ende hier denselben {lechten Streich wie im Reih. Wem sollte er aber hier etwas zuwenden wollen? Den Kreisen? Den Gemeinden? Oder fürhte man, daß er einen größeren Steuererlaß beantragen werde? Seine Partei sei ja die Minorität, die sich ruhig verhalten müsse. Warte die Majorität doch also ab! Komme er wirklich mit einem solchen Antrage, dann habe man es ja in der Hand, ihn abzulehnen. Oder beunruhige die Majorität das Durch- s{lagende seiner Motive? Das ganze Verfahren, aus unge- rehtfertigter Besorgniß entsprungen, fördere nihts als Um- ständlichkeiten zu Tage.

Damit war die Angelegenheit erledigt.

Die Rechnungen der Kasse der Dber-Rechnungs- kammer für 1880/81 wurden an die Budgetkommission ver- wiesen. Der Staatsschuldenkommission wurde für 1880/81 Decharge ertheilt.

Es folgte die erste, eventuell die zweite Verathung des Gesegzentwurses, betreffend die Erhebung einer Hunde- steuer.

Auf Antrag der Abgg. Frhr. von Schorlemer- Alt, Schreiber, von Benda und Kropp wurde der Gesezentwurf an die Agrarkommission verwiesen.

Hierauf wurden die Geseßentwürfe, betreffend die Ergänzung der evangelishen Kirchenverfassung in den aht älteren Provinzen der Monarchie, vom 3. Juni 1876, und betreffend die Ablösung der an die Stadt Berlin für Uebernahme der fiskalischen Straßen und Brückenbaulast in Berlin zu zahlenden Rente in dritter Lesung ohne Debatte genehmigt.

Ez folgte die erste Berathung des Entwurfs einer Krei s- ordnung für die Provinz Hannover und des Ent- wurfs eines Gesetzes über die Einführung der Provinzia l- ordnung vom 29. Juni 1875 in der Provinz Han- nover.

Der Abg. von Bennigsen erklärte, die Bewohner der Provinz Hannover seien dem Minister des Jnnern sehr dank- bar dafür, daß der hannoverishe Provinzial-Landtag Ge- legenheit gehabt habe, sih über die Geseßentwürfe zu äußern. Er dürfe vorausseßen, daß nah diesem Vorgange die Kreis- und Provinzialordnung für die neuen Provinzen auch den dortigen Provinzial- Landtagen zur vorläufigen Prüfung werde vorgelegt werden. Die Kreisordnung fei, obwohl sie in die bestehenden Verhältnisse Hannovers tief eingreife, im Provinzial-Landtage einstimmig angenommen. Nicht so günstig sei es der Provinzialordnung ergangen. Die Vertreter der Ritterschaft sowohl, wie auch einzelne Vertreter

| der Landgemeinden und Städte hätten die jeßigen Bestim-

mungen beibehalten wollen. Die Provinzialordnung sei daher nur mit geringer Mehrheit angenommen worden. Er halte es nicht für möglich, daß der jeßige Zustand der Provinzial- vertretung in Hannover beibehalten werde, wo die Vertretung hervorgehe aus den verschiedenen Theilen der kleinen Kommunal-Landtage: Städte, Landgemeinden und Ritterschaft, die dann zu einem Drittel im Ganzen mit je 25 berufen seien. Es Jjei das Mißverhältniß zu groß, weil der Besiß der Ritterschaft kaum 10 Proz. der ganzen Fläche be- trage, und nachdem in den alten Provinzen die Ritterschaften als solche das Recht der Vertretung aufgegeben hätten, sei es nit zulässig, daß in einer einzelnen Provinz eine andere Grundlage für die Vertretung derselben gewonnen werde. Er sei überzeugt, daß die Mitglieder der Ritterschaft wegen ihrer größeren Lebenserfahrung und ihrer aus früheren Verhältnissen herrührenden größeren Geseßeskunde in genügender Zahl ge- wählt würden. Das sei au der Grund für die große Zahl der Rittergutsbesißer in den Vertretungen der alten Provinzen. Bei der Kreisordnung sei die einzige politisch wichtige Frage die, ob au in Hannover, wie in den alten Provinzen, das Znstitut der Kreisdeputirten zugelassen werden solle? Jn den Motiven habe die Regierung sie aus politishen Gründen zur Zeit wenigstens verneint. Er hoffe aber, daß in der Kommission die Bedenken der Regierung sich würden beseitigen lassen und daß man dieses Jnstitut auch in Hannover bekommen werde. Die Kreisordnung beruhe auf den Grundlagen der Kreis- ordnung in den östlihen Provinzen; die einzige erhebliche Abweichung bestehe in der Anordnung der Lokalpolizeiverwal- tung. Er beschränke sich hier, da er die Generaldisfussion niht für eine nähere Erörterung der Frage geeignet erachte, auf die Bemerkung, daß in Hannover überein- stimmend Regierung und Provinzial-Landtag ih gegen die Einführung des Jnstituts der Amtsvorsteher erklärt hätten. Man sei im Provinzial-Landtage dahin übereingekommen, für die Einführung der örtlichen Polizeiverwaltung von der Re- gierung solche Eintheilungen zu fordern, wie sie den Jnter- essen der Bewohner mehr entsprähen, und man habe dabei betont, daß in vielen Gegenden es an dem Material zu poli- zeilihen Organen fehlen werde. Diese Gesichtspunkte Jeien nicht außer Acht zu lassen. Jn der Vorlage sei eine Reihe von Uebergangsbestimmungen getroffen, die im Wesentlichen