1882 / 47 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 23 Feb 1882 18:00:01 GMT) scan diff

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Cadow und den Flügel-Adjutanten Sr. Kaiserlihen Hoheit

des Großfürsten Wladimir von Rußland, Grafen Stackelberg. __Am Abend besuchte Se. Kaiserlihe Hoheit der Kron- prinz die Vorstellung im Opernhause.

Der Bundesrath trat heute zu einer Sißung zu- sammen.

Die Schlußberichte über die gestrigen Sißungen des Herrenhauses und des Hauses der Abgeordneten befinden sich in der Ersten Beilage.

Das Herrenhaus trat in seiner heutigen (7.) Sitzung, welcher der Minister der geistlihen, Unterrichts- und Medizinal-Angelegenheiten, von Goßler, und mehrere Regie- rungsktommifssarien beiwohnten, sofort in-die Tagesordnung ein, deren erster Gegenstand die einmalige Schlußberathung über den Geseßentwurf, betreffend Abänderung der Verordnung über die Bildung und den Geschäft skreis eines evangelish-reformirten Konsistoriums in der Stadt Frankfurt a.M. vom 8. Februar 1820, sowie des organischen Geseßes vom 5. Februar 1857 über Abänderung einiger die evangelishe Kirchenverfassung berüh- renden Bestimmungen der Konstitutions-Ergänzungsakte der Stadt Frankfurt a. M. Der Referent Herr Dr. Weigel be- antragte, den Geseßentwurf in Uebereinstimmung mit dem Abgeordnetenhause zu genehmigen.

Graf von Zieten-Schwerin beantragte dagegen, die Vor- lage dahin abzuändern, daß nicht, wie die Vorlage vorschlage, das eine Mitglied von dem Magistrat zu Frankfurt ge- wählt, sondern daß beide Mitglieder des evangelisch- reformirten Konsistorii von Sr. Majestät dem Kö- nige ernannt wrerden, und empfahl diesen Antrag zur Annahme. Freiherr von Patow empfahl, diesen Antrag abzulehnen und Graf zur Lippe {loß sich diesem Antrage an. Man wisse nicht, welche politishe Gründe vor- gewaltet haben mögen, um den im Regierungsentwurfe vor- geschlagenen Modus zu wählen.

Nachdem auch der Regierungskommissar Ministerial- Direktor Barkhausen die Ablehnung der Anträge des Grafen von Zieten - Shwerin empfohlen, und Herr von Winter- na gleichfalls gebeten, das gute Verhältniß mit Frank- urt nicht zu stören und die Anträge abzulehnen, er- griff der Antragsteller Graf von Zieten-Schwerin das Wort, um seine Anträge nochmals zu empfehlen. Freiherr Senfft von Pilsach empfahl, die Vorlage an eine Kommission zu verweisen.

Der Staats-Minister von Goßler nahm Veranlassung, darauf E daß die besondere Berathung in einer Kommission auch wohl keinen anderen Erfolg haben werde. Das Kirchenregiment habe die Sache reislih erwogen und den vorgeschlagenen Ausweg als den geeigneten befunden ; er betone, daß Se. Majestät wünsde, in dieser Weise die Angelegenheit zu regeln. Nach einigen Bemerkungen des Freiherrn Senfft von Pilsach sowie des Antragstellers und des Re- ferenten wurden die Anträge des Grafen von Zieten-Schwerin abgelehnt und der Entwurf in der vom Abgeordnetenhause an- genommenen Fassung der Regierungsvorlage angenommen. (Schluß des Blattes.)

Jn der heutigen (18.) Sißung des Hauses der A b- geordneten, welcher dex Staats - Minister Bitter nebst mehreren Kommissarien beiwohnte, machte der Präsidetit zu- nächst dem Hause die Mittheilung, daß ein Gesehentwurf, be- treffend die Errichtung einer fiskalishen Packhofanlage, ein- gelaufen sei. Vom Kriegs - Minister lag ein Schrei- ben -vor des Jnhalts, daß den Mitgliedern des Hauses die Besichtigung des Zeughauses gestattet sei.

Das Haus trat hierauf in die Tagesordnung ein. Erster Gegenstand derselben war die zweite Berathung des Entwurfs eines Gesetzes, betreffend die Verwendung der Jahres- überschüsse, der Verwaltung der Eisenbahnange- legenheiten.

Zur Berathung standen zunächst die §8. 1, 2, 3, 4 und 5 der Vorlage. Die Beschlüsse der Kommission lauten dieserhalb :

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Die Jahresüberschüsse der Verwaltung der Eisenbahnangelegen-

heiten werden dem Etatsjahre 1882/83 ab für folgende Zwecke in der nachstehenden Reibenfolge veranlagt bezw. verwendet : d 1) zur Verzinsung der jeweiligen Staatseisenbahn-Kapitalschuld 0) 2) zur Ausgleichung eines etwa vorhandenen Defizits im Staatshaushalt, welches andernfalls durch Anleihen gedeckt werden müßte, bis zur Höhe von 2 200 000 M;

3) zur Tilgung der Staatseisenbahn-Kapitalshuld nah Maß- gabe des 8. 4 dieses Gesetzes.

Unter Ueberschüssen der Verwaltung der Eisenbahnangelegen- heiten im Sinne dieses Gesetzes sind die Beträge zu verstehen, um welcbe die Einnahmen die ordentlichen Ausgaben übersteigen, nach- dem in die leyteren die vom Staate noch nicht selbfts{huldnerisch{ übernommenen und von den übernommenen die auf die Hauptver- waltung der Staatsschulden noch nicht übergegangenen Zins-, Renten- und Amortisationsbeträge aus den mit Privateisenbahn- gesellschaften vom Jahre 1879 ab abgeschlossenen Betriebs- und Eigenthumsüberlafsungsverträgen eingerechnet worden sind.

Die 88, 2, 3, 4 der Regierungsvorlage fallen fort.

D (S. 5 der Regierungsvorlage.)

Zum Zwecke der Ausführung dieses Gesetzes wird die Staats- kapitalshuld als Staatseisenbahn-Kapitalshuld angenommen und für den Zeitpunkt des 1. April 1880 auf 1498 858 100 M fest- gestellt.

Sofern nicht in dem betreffenden Geseße oder im Staats- haushalts-Etat etwas anderes bestimmt ist, vermehrt sich dieselbe um die Beträge der auf Grund von Eisenbahnkrediten seit dem 1. April 1884 verausgabten und in Zukunft zu verausgabenden Staats- \c{uldvershrÄbungen, sowie um die Beträge der für Cisenbahnzwecke außerordentli durch den Staatshaushalts-Etat oder durch besondere Gesetze bewilligten und in Zukunft zu bewilligenden anderweiten Staatsmittel, endli im Falle des Eigenthumserwerbes von ver- staatlihten Eisenbahnen um die Beträge der von dem Staate lelbsts{uldnerisch zu Üübernehmenden Prioritätss{ulden derselben, {obald und soweit letztere auf die Hauptverwaltung der Staats-

schulden übergehen. Sie vermindert sich dagegen um die Beträge der in Gemäßheit des S8, 4 dieses Gesetzes stattgehabten Tilgungen.

Der Abg. Kalle führte aus, daß man der Eisenbahnver- waltung eine gewisse finanzielle Selbständigkeit geben müsse. Lege man die Eisenbahnfinanzen mit den allgemeinen Staats- finanzen zusammen, so liege darin eine große Gefahr für die Finanzen des Staates. Günstige Abschlüsse der Eisenbahnver- waltung könnten dazu veranlassen, die regelmäßigen Ausgaben Wu O oder die Einnahmen durch Steuererlasse herab- zusehen.

Der Finanz-Minister Bitter erklärte, daß die Regierung dem Entwurf, so wie derselbe aus der Kommission hervor-

gegangen sei, zustimme. Der Vorredner habe den Wunsch, daß die Eisenbahnen finanziell selbständig gemacht würden. Einer solchen Absonderung der Eisenbahnverwaltung könne die Regierung nicht zustimmen. Die Regierung müsse immer fest- halten an er Einheit aller Zweige der Verwaltung, deren Resultate gemeinschaftlich in einem Etat ausgedrückt werden müßten. Wollte man diesen Zweig der Verwaltung si selbsi überlassen, so würde das Gefammtbild von der finanziellen Lage des Landes, wie der Etat dasselbe geben solle, ein unge- naues sein.

Der Abg. Frhr. von Huene hob hervor, daß die finan- zielle Selbständigmahung der Eisenbahnverwaltung nur zu Unzuträglichkeiten führen müsse. Auch er halte es für noth- wendig, daß die Eisenbahnverwaltung mit dem Etat ein ein- heitlihes Ganzes bilden müsse. Seine Freunde legten auf dieses Gesey nur wenig Werth. Dasselbe sei nihts weiter als ein Staatsschuldengesezg. Die Abänderungsvorschläge bitte er abzulehnen.

Der Abg. Dr. Hammacher (Essen) betonte, daß er eine finanzielle Abzweigung der Eisenbahnverwaltung in der vom -Abg. Kalle angedeuteten . Weise nit wünsche. Redner entwickelte sodann die Gründe, die ihn veranlaßt hätten, zu §. 4 des Geseßentwurfs einen be- sonderen Antrag zu stellen. Derselbe sei lediglih hervorgegangen aus der Erwägung, wie die durch die Verstaatlihung der Eisenbahnen hervorgerufenen Gefahren abzuwenden seien. Jn dieser Beziehung sei ihm die Fassung, die der betreffende Paragraph in der Kommission erhalten habe, als keine genügende Schußwehr erschienen.

Der Finanz-Minister Bitter erklärte, daß die Regierung es nur bedauern könne, wenn derx Antrag des Abg. Hammacher angenommen werden sollte. : /

Der Abg. von Wedell (Piesdorf) stellte sich vollständig auf den Boden der Kommissionsbeschlüsse und seßte den imaginären Werth, den ein Reservefonds haben würde, aus- einander.

Der Abg. Büchtemann erklärte, daß die Fortschrittspartei dem Gesetze nicht zustimmen werde, da sie wirklihe Garantien gegen die Gefahren der Verstaatlihung darin nicht erblicke. Diejenigen, die den Verstaatlihungen zugestimmt hätten, sollten jeßt nur au zusehen, wie sie mit den Garantien fertig würden.

Dex Abg. Dr. Belkerath war der Meinung, daß auch die Gegner der Verstaatlichungen die Pflicht hätten, für finan- zielle und wirthschaftliche Garantien zu sorgen. Er erblicke diesel- ben in ciner möglichsten Selbständigkeit der Eisenbahnverwaltung und werde daher auch für den Antrag Kalle-Hammacher stimmen.

Der Aba. Rickert erklärte. sich gegen das Gesetz, das keine Garantien biete, sondern nur dem Finanz-Minister Fesseln anlege. Hierauf wurde die Debatte geschlossen und der 8. 1 der Kommissionsbeschlüsse mit großer Majorität angenommen. Bei Schluß des Blattes wurden die §8. 2 und 3 ohne Debatte genehmigt.

In einem Spezialbescheide vom 21. v. M. hat dex Minister des Jnnern die Ansicht ausgesprochen, daß die Aller- höchste Kabinets-Ordre vom 13. Juli 1839, betreffend die Uebernahme von Nebenämtern Seitens der Staatsbeamten, nux die unmittelbaren und nicht die mittelbaren Staatsbeamten betreffe. Es ergebe sich aber aus den den Königlichen \Regierüngèn' bezw. Nagierungs-Präsiden- ten in 8. 76 der StähteorbnL*g vom 30. Mai 1853 zugewie- senen Aussichtsbefugnissen von selbst die Verpflichtung, dar- über zu wachen, daß von Mägistratsmitgliedern nicht Nebenämter oder sonstige Nébenstelungen versehen werden, welche mit ihrem betreffenden Kommunalamte unvereinbar erscheinen. Es sei vielmehr in Fällen solcher Art die Ueber- nahme oder Fortführung des Nebenamtes 2c. zu untersagen, und wenn einer bezüglichen Aufforderung niht Folge gegeben werden sollte, auf Grund des Disziplinargeseßes vom 21. Juli 1852 einzuschreiten.

Die nach Preußishem Allgemeinen Landrecht dem JFagdberechtigten zustehende Befugniß, Hunde, die auf seinem FFaadrevier herumlaufen, zu tödten, erstreckt ih, nach einem Urtheil des Reichsgerichts, 111, Strafsenais, vom 17. Dezember v. FF., nur auf den Jagd- berechtigten in Person und nicht auf andere mit dem Schuß des Neviers beauftragte Personen ; auch ist der Jagdberechtigte selbst nicht berechtigt, einen ungeknüppelt frei in seinem Revier umherlaufenden Hund zu tödten, wenn der Hund sich unter direkter Aufsicht einer Person befindet.

JFsst bei dem Bau eines Grundstücks durch Zufall, geringes oder mäßiges Versehen der Bau über die Grenz- linie des Nahbargrundstücks vorgerückt worden, so hat nach 8. 341 Th. 1 Tit. 9 des Preuß. Allg. L.R. der Nachbar einen Anspruch auf Vergütung des Taxwerthes des ihm ent- zogenen Grund und Bodens. Dieser Anspruch is nah einem Urtheil des Reichsgerichts, 11. Hülfssenats, vom 9. Januar d. J., ein persönlicher gegen den derzeitigen Eigenthümer des vorgerüdcktten Grundstücks, nicht aber ein dinglicher, auf dem vorgerücîten Grundstück lastender.

Der heutigen Nummer des „Reichs- und Staats- Anzeigers“ ist eine „Besondere Beilage“ (Nr. 2), enthaltend Entscheidungen des Neichsgerichts, beigefügt.

Schleswig, 21. Februar. (Kl. Ztg.) Jn der heutigen dritten Sißung des Provinzial-Landtages theilte der Landtags-Marschall zunächst mit, daß bei ihm eingegangen seien: eine Proposition der Abgg. Landes-Direktor von Ahle- feld und Johannssen-Sophienhof, betreffend Abänderung des Statuts der Bodenkultur:-Rentenbank, dahingehend, auch an Gemeinden und größere Kommunalverbände Anleihen zu ge- währen, wenn die erforderlihen Bedingungen vorhanden seien; und vom Abg. Nasch - Behrend eine Petition der Gemeinde Kurburg, betreffend Gewährung von Entschädigung für Kriegsfuhren aus dem Fahre 1864; sowie daß der Abg. Fessen-:Hadersleben die Anzeige gemacht, daß der Petitions- auss{chuß si konstituirt und ihn zum Vorsißenden erwählt habe. Darauf trat der Provinzial-Landtag in die Tages- ordnung ein, deren erster Gegenstand der berihtlihe Antra des provinzialständishen Verwaltungsausschusses, betref- fend die Kosten des Kaiserfestes am 16. September 1881 war. Der Antrag wurde \chließlich in folgender Fassung: „Der Provinzial-Landtag wolle die Ueberschreitung der zur Abhal- tung eines Festes bei Anwesenheit Sr. Majestät in unserer Provinz am 12. September 1877 bewilligte Summe von 60 000 M um 52 202,17 Æ nacträglih genehmigen“ mit 51 gegen 3 Stimmen angenommen (dagegen nur die 3 Dänen). Der 2. Gegenstand betraf die Vorlage des Entwurfs einer Kreisordnung für die Provinz, sowie den Entwurf eines

ungeknüppelte |

Geseßes über die Einsührung der Provinzialordnung vori 29. Juni in der Provinz Schleswig-Holstein. Zunächst ergriff der Ober-Präsident Steinmann das Wort, um auszuführen, daß beiden vorgelegten Entwürfen die in den alten Provinzen eingeführte Kreisordnung vom 13. Dezember 1872 und die Provinzialordnung vom 29. Juni 1875 zu Grunde liege. Schon in der vorigen Session sei dem Provinzial-Landtage ein Entwurf vorgelegt; der jeßige unterscheide sich von dem frühern namentlich in §8. 26, während der §. 25 fkonform dem früheren sei. Die Königliche Staatsregierung sei derselben Ansicht wie der Provinzial - Landtag im vorigen Jahre, daß es bedenklih sei, den 5. nörd- lichen Kreisen mit seinen nationalen Gegensäßen sowie in den durch sozialdemokratishe Wühlereien demoralisirten Distrikten um Hamburg, Altona, Ottensen, Kiel und Wands- beck den Kreiseingesessenen die Wahl ihrer Distriktsbeamten zu überlassen. Die Staatsregierung halte dafür, daß es in diesen Distrikten richtiger sei, geshulte Königlihe Beamte zu erneznen. Es würde sonst in zahlreihen Fällen das Wahl- recht suspendirt werden, wenn nicht das Fnstitut der Distrikts- fommissare, das sich in einigen östlihen Provinzen bewährt habe, festgehalten würde. Er könne aber hier die Versiche- rung geben, daß der Minister des Jnnern in ausgedehntem Maße Gebrauch von der ihm im §. 26 gemachten Befugniß machen werde, und dort, wo die Ausübung des Wahlrechtes erfolgen könne, werde ihr Rechnung getragen. Er hoffe, daß die nationalen Gegensäße im Norden und die sozialdemokra- tischen Umtriebe im Süden bald vershwinden werden und dann auch den Kreiseingesessenen das Wahlrecht unbeschränkt eingeräumt werden könne. Der Abg. Dr. Wachs erklärte: erx hälte gehofft, mehr darüber aus dem Munde des Ober-Prä- sidenten zu hören, weshalb jeßt dieser Entwurf dem Landtag zum zweiten Male vorgelegt werde, nahdem im vorigen Jahre der Provinzial - Landtag über einen. Theil

eines Kreisordnungsentwurss Gelegenheit gehabt sich zu äußern und der preußische Landtag zu seiner Freude den ganzen Entwurf begraben habe, und richtete

schließlich die Bitte an den Minister des Jnnern, den Ent- wurf zurückzuziehen, bis die Revision der Verwaltungsgeseße vorgenommen sei; geshähe das aber nicht, so beantrage er, die Vorlage einer Kommission von 15 Mitgliedern zu überweisen. Der Antrag wurde angenommen und in die Kommission ge- wählt die Herren Graf Brockdorf-Ahlefeld, Landcs-Direktor von Ahlefeld, Graf Neventlow-Preey, Pr. Wachs-Hanerau, Schwerdtfeger-Fohannisberg, Warburg-Altona, Jessen-Haders- leben, Gerling-Wilster,Niemand-Heide,Edding-Mildstedt, Peters- Tetenbüll, Rohwer, Lichtwerk, von Gusmann und Meßtorf- Neumünster. Beim 3. Gegenstand der Tagesordnung, betr. die Vererbung der ländlichen Besitzungen, motivirte Regie- run gs-Assessor Bartels kurz, weshalb der Minister des Fnnern sich veranlaßt gesehen habe, ein Gutachten des Ober-Landes- geriG;ts in Kiel einzuholen. Der Abg. Kraus-Altona verkannte nit die juristishen Schwierigkeiten und wollte des halb das Gutachten des Ober-Landesgerichts einer Kommission von 3 Mitgliedern überwiesen haben. Landes-Direktor von Ahle- feld vermißte in dem Gutachten einen sehr wesentlichen Purkt, in welcher Weise nämlich das Anrecht ausgeübt, mit anderen Worten, wie das Taxverfahren ausgeführt werden solle. Seine langen Ersahrungen hätten ihn belehrt, daß die Beamten in ganz verschiedener Weise beim Taxverfahren vorgingen ; Redner {loß sich dem Antrag Kraus auf Uever- weisung des Gutachtens an eine Kommission von 3 Mitglie- dern an. Dieser Antrag wurde angenommen und die Kom- mission gewählt. Ueber den 4. Gegenstand der Tagesord- nung, betreffend die Feststellung des Finanz-Etats der all- gemeinen Verwaltung für das Rechnungsjahr vom 1. April 1882 bis ult. März 1883, referirte der Berichterstatter War- burg-Altona und führte aus, daß dieser Etat um 100 000 M kleiner sei als der vorjährige, was darin seinen Grund habe, daß im vorigen Etat 5 Quartale enthalten seien, wodurch eine Verschiebung der gesammten provinziellen Finanzverhältnifse her- beigeführt sei. Der Ausgaben-Etat sei um 200000 4 größer als im vorigen Jahre, woran der landwirthschaftlihe Generalver- ein zur Unterhaltung der Versuchsstation mit 3000 M, eine Ausgabe für Unterbringung verwahrloster Kinder mit 52 000 H, das Landarmenwesen mit 12000 A4, der Korrektionsanstalten mit 12 836, der FFrrenanstalt mit 15 960, der Vlindenanstalt mit 4765, das Jnvoentar der Bau- und Kunstdenkmäler mit 5000 M6, die Gehälter des Landesdirektorats mit 3000 #, die Meliorationen und Aufforstungen mit 50 000 M, die Landeskultur-Rentenbank mit 5000 M, die Boden-Kreditan- stalt mit 5000 6 \. w. d. a. partizipirten. Der Abg. Dr. Wachs beantragte Ueberweisung des Finanz-Etats an einen Ausschuß von 5 Mitgliedern. Dieser Antrag wurde angenommen und die Kommission gewählt.

Die nächste Sißung beraumte der Landtagsmarschall auf Mittwoch, den 22, Februar, Nachmittags 1 Uhr, an.

Bayern. München, 20. Februar. (Allg. Ztg.) Jn dem Budget für die XVI, Finanzperiode sind die Be- triebseinnahmen der Eisenbahnen auf 83 821 238 jährlih und die Betriebsausgaben auf 50770 168 M. ver- arschlagt, so daß sih ein Uebershuß von 33 051 078 M er- geben wird; nah den Anträgen des Finanzausschusses der Abgeordnetenkammer aber soll die Einnahme auf 84 262 445 M erhöht und die Ausgabe auf 50503995 H abgemindert

werden, fo daß sih ein Uebershuß von 33 758 450 #& um 707 372 6 mehr als die Staatsregierung budgetirt ergeben würde.

Sachsen. Dresden, 22. Februar. (Dr. J) Die Erste Kammer seßte heute die Berathung der Etats der Zuschüsse des Departements des Fnnern fort.

Die Zweite Kammer erklärte sih durch ihr mittelst Königlichen Dekretes zugegangenen Mittheilung der Staats- regierung über den Stand der Angelegenheiten betreffs der Verunreinigung der fließenden Gewässer in Sachsen für be- friedigt und beschloß, die Königliche Staatsregierung zu er- suchen, die zur Einschränkung des Uebelstandes erforderlichen Untersuchungen durch ihre Organe fortseßen, auch die für diese Einschränkungen nöthigen Maßregeln unter möglichster Zu- ziehung der Fnteressenten und shonendster Wahrnehmung der JZnteressen des Jndustriebetriebes wie auch der Landwirth- schaft fernerweit anordnen zu lassen, Zum Schlusse erledigte die Kainmer Petitionen. G

Baden. Karlsruhe, W. Februar. Der „Cöln Ztg.“ wird von hier gemeldet: Jm Befinden des Großherzogs ist nun endlich eine so entschiedene Besserung eingetreten, daß jeder Grund zu weiterer Besorgniß beseitigt ersheint, Wenn auch die Rücksicht auf das Augenleiden den hohen Herrn noch zwingt, in verdunkelten Zimmern zu verweilen, so hat doch

Fein Verkehr mit der Außenwelt wieder begonnen. Ec empsängt fast täglich Besuche der Herren und Damen des Hofstaates und foll in der Unterhaltung {on wieder große Frische und eine vortreffliche Stimmung zeigen. Da indeß noch auf geraume Zeit hin für den Großherzog unbedingte Ruhe geboten ist, wird mit dem Herannahen der beßern Jahreszeit wieder ein längerer Aufenthalt außer Landes in Betracht ge- zogen. Wie man hört, soll die Rede davon sein, an einem der nördlichen Seen Ftaliens, vielleicht am Ortasee, einen längern Aufenthalt zu nehmen. Durch die ebenso licbevoile als von vollstem Verständniß der Aufgabe beherrschte Pflege, welche in den verflossenen {weren Monaten die Großherzogin ihrem Gemahl mit einer persönlihen Aufopferung zu Theil werden ließ, die auch im s{lihtesten Bürgerhause die all- gemeine Bewunderung habe erwecken müssen, hat fich die Tochter unseres greisen Kaisers einen neuen Anspruch auf die unverlöschlice Dankbarkeit des badishen Volkes erworben.

Sachsen-Meiningeu-Hildburghausen. Meiningen, 20. Februar. Der Landtag des Herzogthums ist heute zu- sammengetreten.

Lippe. Büceburg, 21. Februar. (Wes. Ztg.) Bei den gestrigen Landtagswahlen hat die Negierungspartei den Sieg davon getragen. Von den gewählten 8 Abgeordneten gehören zur ersteren 5, während nur 3 zur liberalen Partei gezählt werden.

Besterreich:Ungarn. Wien, 22, Februar. (W. T. B.) Das Stationskommando in Praca meldete am 18. d. M, daß gegen Drahovicahan Fnsurgentenschaaren im Anzuge seien. Die Feldwachen von Ranjenkula wurden am Abend von ca. 60 Jnsurgenten angegriffen; Leßtere wurden zerstreut. Rekognoszirungspatrouillen fanden am 19. d. Orahovicahan unbeseßt, doch wurde am Abend dieses Tages auf Außen- patrouillen gefeuert, aber ohne daß dieselben Verluste erlitten. Auf dieMeldung der Stationskommandos vonJarcin und Konjica, daß Jusurgenten von Dzepe aus die Straße über Jvanplanina unsicher machen, die katholische Bevölkerung terrorisiren und Raubzüge in die Umgegend unternehmen, wurde von dem General-Kommando in Serajewo das Entsprechende verfügt. Aus Trnova, vom 20. d., werden Jnsurgentenansammlungen in größerer Entfernung in westliher und südlicher Richtung gemeldet. Fn Trnova, Foca und Serajewo ist am 20. d. M. starker Schneefall gewesen.

Großbritanniea und Jrland. London, 21. Fe- Dr (U Co) Der irie Staats \elretar Forster ist gestern Morgen in Begleitung des General- Prokurators für FJrland nah Dublin abgereist.

Die Zustände in Jrland bieten seit einigen Tagen in der That kein erfreuliches Bild dar; Mordthaten, Mord- versuche, Angriffe auf die bewaffnete Macht, Brandstiftungen und andere Gewaltthaten sind an der Tagesordnung, und die Thäter gehen fast immer straffrei aus, Unter diesen Umständen haben sih mehrere kätholishe Bischöfe veranlaßt gesehen, in ihren Fastenhirtenbriefen auf die gegenwärtigen Zustände des Landes hinzuweisen.

22. Februar. (W. T. B.) Das Unterhaus fette heute die Berathung der Angelegenheit Bradlaughs fort. Der Premier Gladstone erklärte, daß Bradlaugh fich des flagranten Ungehorsams \ch{uldig gemacht habe. Er glaube aber, das Haus würde seine Befugnisse überschreiten, wenn es Bradlaugh niht zuließe; man möge der Opposition die Aufgabe über- lassen, geeignete Maßregeln ausfindig zu machen. Northcote glaubte, das Haus müsse sich ernfstlich über die Haltung jeines Leiters beklagen (Beifall), und verlangte, daß der Sergeant at arms angewiesen werde, Bradlaugh zu ver- hindern, die Barre während der Berathungen zu über- schreiten. Jnzwischen ershien VBradlaugh und nahm seinen Plaß ein. Der Sprecher lenkte die Aufmerksam- keit des Hauses auf diesen neuen Ungehorsam Bradlaughs. Da (Gladstone ein Einschreiten ablehnte, so ersuchte ihn Northcote seine Motion zurückzuziehen und dieselbe durch fol- gende Motion zu ersegen: Da Bradlaugh der Autorität des Hauses Ungehorsam entgegenseßt und die Autorität des Hauses mißachtet habe, indem er verlangte, einen Eid in unregel- mäßiger Weise zu leisten, so ist er aus dein Hause auszuweisen. Diese Motion wurde mit 291 gegen 83 Stimmen angenommen. Bradlaugh stimmte mit der Minorität. Gladstone enthielt si der Abstimmung. Die Neuwahl an Stelle Bradlaughs wurde angeordnet. Bradlaugh verließ hiernah das Haus. Der (iril@e Agitator Michael VDavits, welcher sh zur Zeit in Hast befindet, ist in Meath ohne Oppo- sition zum Mitgliede des Unterhauses gewähli worden.

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__ Frankrei. Paris, 22. Februar. (W. T. B.) Die hiesige russische Botschaft is angewiesen worden, dem Geneneral Skobeleff die Kaiserlihe Ordre zuzustellen, un- verzüglih nach St. Petersburg zurückzukehren. Wie es heißt, befindet sich General Skobeleff zur Zeit in London.

Die „Agence Havas“ bezeihnet die Nachricht, daß G am- betta mit General Skobeleff in Nizza zusammengetroffen sei, als unbegründet.

Die hiesigen Zeitungen glauben, daß der Zwischen- fall des Generals Sfkobeleff durch seine Desavouirung Seitens des offiziellen russishen Organs erledigt sei. Auch die gambettistishen Blätter tadeln das Auftreten Skobeleffs. Das Journal „Paris“ sagt: Um Europa zu verwirren und den Frieden zu bedrohen, den die ganze Welt nöthig habe, bedürfe es denn doch ganz anderer Dinge als der flammenden Worte eines russischen, ‘von seiner Regierung {hon desavouir- ten Offiziers.

23. Februar. (W. T. B.) Das „Journal officiel“ veröffentlicht die Ernennung des bisherigen Ministerresidenten in Tunis, Roustan, zum Gesandten in Washington und die Ernennung des Präfekten des Departement Nord, Cambon, zum Ministerresidenten in Tunis.

Italien. Rom, 23. Februar. (W. L. V.) Der Deputirte Cris pi wird in etwa 8 bis 10 Tagen den Be- riht über den Gesehentwurf, betreffend die Auslieferung von Verbrechern, der Kammer vorlegen.

. Türkei. Konstantinopel, 22. Februar. (W. T. B.) Zu Ehren der außerordentlichen preußischen Ge- jandtschaft fand gestern auf der deutshen Botschaft ein Diner statt, Heute besuchte die Gesandtschaft das Schaghaus und andere Sehenswürdigkeiten und speiste bei dem Minister- Präsidenten Said-Pascha,

Nußlaud und Polen. St. Petersburg, 21. Februar. (W. T. B.) Der Kaiser hat dem General Skobeleff die Aufforderung zugehen lassen, hierher zurückzukehren. Der Genera! wird alsbald hier erwartet und Auslafsung über sein Auftreten in Paris zu geben haben.

Der „Neuen Zeit“ wird aus Moskau gemeldet: Der ehemalige Stadthauptmann von St. Petersburg, jebiger Gouverneur von Archangel, General Baranoff, hielt gestern in der Gesellschast zur Beförderung des russischen Handels und der Dampfschiffahrt cine längere Rede, in welher er unter Anderem auf den Verfall des russischen Handels und die Bedrücckung desselben durch Ausländer, welche im Besiße unnöthiger Privilegien und der besten Ortschasten an der Murinanküste seien, hinwies. Baranoff berichtete, daß der Reichthum des Waldes von Beamten und ausländishem Kapital exploitirt worden sei; er glaube, durch die Gewährung von Privilegien an die russishen Ein- wohner, durch den Bau einer Eisenbahn von Dwina nach Kasan, durch die Vergrößerung der Zahl der Dampfschiffe und dur die Verabfolgung von Subsidien an die Seemanns- \{ulen könne Hülfe geschafft werden. Die Rede wurde mit großem Enthusiasmus aufgenommen. General Baranoff be- giebt sich in den nächsten Tagen nach St. Petersburg, um dort Projekte vorzulegen.

Zeitungsftimnren,.

Der Verein zur Wahrung der gemeinsamen wirth- schaftlichen Fnteressen in Rheinland und Westfalen hat, wie wir dem „Düsseldorfer Anzeiger“ entnehmen, eine Adresse an den Reichskanzler Fürsten von Bismarck gerichtet, aus welcher wir folgenden Passus hervorheben :

Fassen wir nun das Resultat unserer Anführungen zusammen, so ergiebt sich, daß auf 128 verschiedenen industriellen Etablissements im Jahre 1878/79 91 832, im Jahre 1880/81 jedoch 109 664, also 18 282 oder 2009/0 Arbeiter mehr beschäftigt waren, daß sich nach den weiter vorliegenden, niht zur ziffermäßigen Vergleichung geeig- neten Berichten auc auf den meisten anderen Etablissements die Ar- beiterzahl vermehrt hat und daß die Arbeiter auf den allermeisten E Bericht erstattenden 184 Etablissements auch mehr verdient aben.

Dem „Deutschen Handels-Archiv“ wird aus Straßburg berichtet :

Die Baumwoll-Industrie erfreute sich Ende 1880 und Anfang 1881 eines befriedigenden Geschäftsganges, wozu die anhaltend gute Lage des Zeugdrucks nicht wenig beitrug ; mit dem Sinken der Preise für Rohstoff trat zwar während der Frühlings- und Sommermonate ein fühlbarer Rückgang ein, der sich jedoch im Monat August schon wieder zu Gunsten dieser Industrie, in Folge starker Nachfrage bei erhöhten Preisen für Rohbaumwolle, deren Produktion in Amerika Übers{häßt worden war, sowie steigenden Preisen für erstere, wandte. Die Erhöhung der Zolle s{chüßte vor Ueberfluthung des deutshen Marktes, so daß man die Lage dieser Industrie hier, wenn auchß noch für keine glänzende, so doch für eine gesunde hält. Sollte dieser Zustand andauern, so dürfte dieser Industriezweig wieder ein blühender werden und die {lechten Resultate der überstandenen früheren Jahre cinholen. Was die industriellen Verhältnisse Bischweilers anbetrifft, so haben auch sie, insbesondere die der dortigen Hauptindustrie Tuch- und Buckskinfabrikation gegen das Vorjahr eine kleine Besserung erfahren; es hat mit der veränderten Zollpolitik eine geringe Zunahme der Produktion, wie eine, wenn auch unbedeutende, Aufbesserung der Preise slattgefunden.

Die f. Z. ausgewanderten Deutschen führten fsofort in Bisch- weiler eine andere Fabrikation ein, wohl einsehend, daß den früheren Fabrikaten glatte einfahe Stoffe —, deren Absaßbgebiet haupt- sächlich Frankreich war, der neue französisbe Zollsaß von 10 9/6 des Werthes entgegenstand . Es ift unzweifelhaft, daß diese Fabrikate seit den neuen Zollgeseßen in Deutchland, namentlich, was die geringeren Buckskins und halbwollenen Artikel anbetrifft, willigere Aufnahme finden und auch bessere Preise erzielen.

Einer Rundschau der „Elberfelder Zeitung“ über den Eisen- und Kohlenmarkt entnehmen wir folgende auf Deutschland bezügliche Stelle :

In dem Ruhrkohlenrevier wie im Aachener Bezirk ist der Ver- kehr auf dem Kohblenmarkte in Rücksicht auf die gegenwärtige Jahres- zeit reht rege. Im Eisengeschäft in Rheinland-Westfalen, sowie in Luxemburg und Lothringen dauert eine günstige Stimmung an. Die Werke sind auf längere Zeit voll beschäftigt und die Preise werden fest behauptet. In Schlesien ist die Lage des Eisengeschäfts ebenfalls unverändert günstig, indem auch dort bei den Eisenwerken umfang- reiche Bestellungen eingegangen und zu erledigen sind, auch die Noti- rungen auf dem bisherigen Niveau verbleiben.

Die „Norddeutsche Allg. Zig.“ meldet aus Wien :

Bemerkenswerth erscheint die Bildung eines Reformvereins in Wien selbst, der auf Einführung wirths{haftlicher Reformen abzielt, und dem zumeist Geschäftsleute des mittleren und des höheren Bürgerstandes angehören. In der konstituirenden Sitzung bielt Dr. Pattai eine Rede, aus der wir folgende Auslafsung über die konser- vative Bewegung in Deutschland zitiren wollen:

„Im benachbarten Deutschland hat die von Tag zu Tag sichtlich, ja reißend an Macht und Einfluß gewinnende konservative Richtung nch mit allen jenen wirtbhschaftlihen Reformen identisc erklärt, dur welche eben die Schäden des gegenwärtigen Zustandes beseitigt und den sonst unvermeidlihen Verwickelungen der Zukunft rechtzeitig vor- gebeugt werden soll... Diese Partei ift somit konservativ darin, daß sie die Grundlage der Gesellschaftsordnung, auf der all’ unsere Kultur und Sitte beruht, lebenskräftig erhalten will, Diese Partei ift aber zugleih eine wahre Reformpartei, in dem Sinne, daß fie diese Aufrec(terhaltung anstrebt dur Mittel, welcbe sih als eine wahre Regenerirung der vorhandenen Ordnung darstellen, indem sie dieselbe in Einklang mit den ganz verän- derten Produktionsbedingungen der Gegenwart bringen, welche, da sie die Härten der gesellschaftlihen Ordnung beseitigen, fie zugleich kräftigen gegenüber den Stürmen, die sonst deren Grundfesten erschüttern fönnten. Heute, wo der Staat keineswegs als bloßer Polizeiorga- ni2mus dem Einzelnen gegenüber steht, sondern wo dic Mitwirkung der Bürger an der Gesetzgebung, der Schutz des Einzelnen in Justiz und Verwaltung durch alle Instanzen durchgeführt, das Gesetz an Stelle der Willkür getreten, ist aber auch nicht die geringste Gefahr vorhanden, den Wirkungskreis des Staates nah den verschiedensten Richtungen hin zu erweitern.“

Der „National- Zeitung“ entnehmen wir Fol- gendes:

Von den Steinkohblenzehen des niederrheinish-westfälishen In- dustriebezirks wurden an Steinkohlen und Koke durschnittlih per Tag abgefahren, Wagen zu 10 t:

1.—15, Febr. 16.—31. Jan. 1.—15. Febr.

1882 1882 1881 Auf der Berg.-Märk. Bahn 3149 3286 2770 Köln-Recbtärheiniscbe B. 3903 3993 Köln - Mindener, Rhei- nische und Hannover- \{he Bahn e— 3620 Zus. 7052 (209 6390

Statistische Nachrichten.

Waareneinfuhr des deutschen Zollgebiets im Jahre 1881. Das jüngst veröffentlichte Dezemberheft der Statistik des Deutschen Reichs enthält die Uebersichten über die Einfuhr und Ausfuhr der wichtigeren Waarenartikel im deutschen Zollgebiet für den Monat Dezember 1881 und das Jahr1881. Danach hat die Einfuhr im Jahre 1881 im Allgemeinen beträchtlich zugenommen; insbesondere gilt dies von denjenigen Waarenartikeln, welche in Folge des Zolltarifs vom 15. Juli 1879 * mit einem Zoll neu belegt oder im Zolle erhöht wurden. Daß bei diesen Artikeln eine erheblihe Zunahme der Einfuhr stattfinden würde, konnte vorausgesehen werden, da die Einfuhr hiervon im Jahre 1880 in Folge der Aufbäufung großer verzollter Vorräthe im deutschen Zollgebiet vor der Wirksamkeit der Zollsäße des Tarifs vom 15, Juli 1879 verhältnißmäßig gering war. Doch kommt eine bedeutende Zunahme der Einfuhr auch bei solchen zollpflihtigen Artikeln zum Vorschein, welche von den Aenderungen des Zolltarifs im Jahre 1879 nicht betroffen worden sind. So stieg u. a. die Ein- fuhr von frischen Südfrüchten von 74 075 auf 88 352 D. C. (Doppel- centner zu 100 kg) oder um 19 9/6, die Einfuhr von Korinthen und Rosinen von 127 738 auf 152 159 D. C. oder gleichfalls um 19 % und die Einfuhr von Kakao in Bohnen von 22 466 auf 24018 D. C. oder um 7 °/9. Eine Abnahme der Einfuhr tritt nur bei wenigen der im Jahre 1879 mit einem höheren Zolle belegten Finanzartikel her- vor. Nennenswerth sind in dieser Beziehung Mandeln, deren Ein- fuhr um 1808, und anderer Wein als Schaumwein in Flaschen, dessen Einfuhr um 1645 D. C. zurückging.

Bon den landwirthschaflichen Produkten haben mehrere erheblih geringere Einfuhren aufzuweisen, nämlih: Fleis (Alles in D C.: Doppelcentnern) —49 532; Schmalz —160 520; Butter —1023; Käse —2454; Eier —5988; frishe Weinbeeren (vom 1. Juli 1881 an zollpflihtig) —121 752; getrocknetes Obst —28 947 ; Hopfen —2427; Scafvieh und Lämmer (Stü) —119 771. Die Mindereinfuhr von getrocknetem Obst wird indeß zum größten Theil kompensirt durch die Mehreinfuhr von frisbem Obst mit + 25 533 D. C., die Mindereinfuhr von Fleis und Schmalz durch vie Mehr- einfuhr von Schweinen und Spanferkeln im Betrage von 92 168 Stück. Bon Kühen, Jungvieh und Kälbern wurden 25 377 Stück mehr, von Ochsen 3069 Stück weniger eingeführt; die Zunahme entfällt also mehr auf die Einfuhr von Zuchtvieh, die Abnahme auf die Einfuhr von Schlachtvich, Die Einfuhr von Roggen fiel von 6 895 634 D. C. im Jahre 1880 auf 5 754558 im Jahre 1881, also um 1 141 076 D. C. oder 16,6 °/e.

Bei den wichtigeren Roh- und Hülfsstoffen der Industrie hat gleichfalls eine starke Erhöhung der Einfuhr stattgefunden. Von Belang ist diese Zunahme auch bei solchen Roh- und Hülfs\toffen, welche zollfrei geblieben oder im Zollsaße keine Erhöhung erfahren haben. Bemerkenswerth sind in dieser Hinsicht folgende Mehrbeträge der Einfuhr: Baumwolle + 84341; Flahs und Hanf 4+ 277 131; Heede und Werg —+ 9774; Jute + 10381; ungefärbte Seide + 4036; rohe Schafwolle + 86066; Shoddy und Flocwolle + 6556; CEisenerze + 84 834; rohes Zinn + 8139; Häute und Felle zur Lederbereitung +— 9809; Lumpen + 36 971; rohe und krystalli- sirte Soda —- 13069; Schwefelsäure +— 12840; \{wefelsaures Ammoniak + 8690; Knochenkohlc —4— 85265; Chilisalpeter + 348 723 ; anderer Salpeter 4- 8853; Chinarinde +— 6695; Farb- holz + 40 440; Glycerin und Glycerinlauge + 11 953; Terpentin- harz und Terpentin + 67 609 D. C. Daß die Zunahme der Ein- fuhr im Jahre 1881 bei den im Jahre 1879 mit einem Zolle neu belegten oder im Zollsate erhöhten Roh- und Hülfsstoffen der Industrie niht blos auf Rechnung der verminderten Einfuhr im Jahre 1880 zu seten ist, kann hiernah wohl angenommen werden. Von diesen weisen Mehrbeträge der Einfuhr auf: Roheisen + 124 058; Holzborïe und Gerberlohe + 23 261; falzinirte Soda —+ 7147; festes Palm- und Kokosnusöl + 19537; Stearin, Pal- mitin 2c. 4 19296; europäishes, weihes Bau- und Nuzholz + 1 875087; Dachschiefer und Scbieferplatten 4+ 134 825 D. C. Die Zahl derjenigen bedeutenderen Roh- und Hülfs\toffe, welche in geringeren Mengen als im Vorjahre eingeführt wurden, ist dagegen cine beshränkte ; es sind in dieser Beziehung nur zu nennen: Blei- und Kupfererze —426167 rohes Kupfer —12 812; Aetnatron —24 563; Schwefel 20309; Palmkerne 82715; Talg —8823; Cement —24 178; ceuropäisches, hartes Holz —316 328: außereuropäische Hölzer 7939; Stein- und Braunkohlen, fowie Koks —1 807 731 D. C. Hiervon wurden durch den Zolltarif vom 15, Juli 1879 Aetßnatron im Zolle ermäßigt, Talg, sowie euro- päisches, hartes Holz und außereuropäische Hölzer mit einem Zolle neu belegt.

Bei der Einfuhr von Industrieprodukten sind erhebliche Unterschiede, gegen die des Jahres 1880 weniger häufig. Eine wesent- lihe Zunahme im Jahre 1881 resultirt rur, wie in Folge der Mindereinfuhr im Jahre 1880 vorauszusehen war, bei Baumwollen- garn, Linengarn, gezwirnter Seide, Wollengarn, ungefärbter Lein- wand, Zwillihh und Drillich, Farbholzextrakten, \{miedbarem Eisen, Maschinen, Korkrwaaren, Leder aller Art und einigen anderen ter im Jahre 1879 mit einem höheren oder neuem Zolle belegten Artikel ;

eine Abnahme hingegen bei: rohen Eisenplatten und -Blechen (—4202), groben und ganz groben Eisenwaaren (—10 641), Röhren aus schmiedbarem Eisen (—5468), Glas und Glaswaaren (— 2272),

Lichten (—1819), Papier mit Ausnahme von grauem Lös{- und

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Packpapier (—1046) und unbedruckten wollenen Tuch- und Zeug-

waaren (—2239 D. C.). Alle übrigen Differenzen in der Einfuhr von Industrieprodukten im Jahre 1881 sind gegenüber der Einfuhr des Jahres 1880 von geringerer Bedeutung.

Die deutsche Reichspost im Jahre 1880, (Stat. Corr.)

Herkömmlicher Weise haben sih auch im letzten Berichtsjahre die Leistungen der Reichspostverwaltung vergrößert. Es wuchs die Zahl der Postanstalten um 3,17 °%/9 auf 7 540, fo daß von den 44 510 289 ha (ungerehnet 434 381 ha Wasserfläche) ihres Gebietes je 5903 ha eine Postanstalt besiten und bei gleichem Tempo im Sommer 1883 dur{- schnittlich jede Postanstalt von ihren vier näGsten Nachbaren nur noch eine geographi]/che Meile entfernt sein wird. Verringert baben \ich die Postämter dritter Klasse dur Heraufrüccken oder Umwandlung in eine Agentur, ferner auf 12 die Hülfsanstalten für Landbrief- bestellung und auf 34 die Umspannorte. Die amtlichen Verkaufs- stellen für Post-Werthzeichen vermehrten sich auf 7704, die Brief fasten um 4,81 %/% auf 47 602 und die Ortschaften, in denen Brief- kasten aufgettellt waren, auf 35680; immerbin ift bislana nur etwa die Hâlfte aller Gemeinden und selbständigen Gutsbezirke mit solchen Post-Briefkasten versehen.

Posthaltereien gab es zu Ende 1880 noch 1244 mit 1150 Post haltern, 4577 Postillons, 10469 Postpferden, 360: ( halterei-Wagen und 1373 Sclitten; je dichter das Eisenbabnnet wird, desto weniger nöthig werden Posthalter sein. Die Anzabl der im Besitte der Verwaltung befindliden Fahrzeuge bat sich auf 4343 Postroagen auf Landftraßen und 972 auf Eisenbahnen vermehrt, die der reihseigenen Schlitten auf 972 vermindert; außerdem hat die Reichspost 341 Abtheilungen von Eisenbahnwagen gemiethet.

Wenn man den 63 413 Beamten, welche das Gesammtpersonal der Post- und Telegraphenverwaltung bilden, 5600 nicht angestellte Posthalter und Postillons zuzählt, so kommen auf eine Postanstalt durcbscnittlich 9,15 Personen und ein der Brief- und Telegramm- beförderung Dienender auf 550 Bewohner des Postgebietes.

Die Länge der Postcourse betrug, ungerehnet die Seewege,

auf Eisen- auf Land- auf Wasßser-

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bahnen straßen straßen

im Jahre 1880: Kilometer . , 26 170 57 496 2125

Zunahme gegen 1879: Prozent T 1,87 14,55

der zurückgelegte Weg: Kilom. 8726784 51621 281 752 833

Zunahme gegen 1879: Proz. 3,71 2,6 15,58 Hâäufigkeit des Courses: durch-

O. «c 5 3 332 898 354

__ Immer noch hat \sich die für Postverkehr verfügbare W elänge stärker als die Bevölkerung vermehrt, und ist die Frequenz dek Post-

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