1882 / 48 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 24 Feb 1882 18:00:01 GMT) scan diff

In wie weit über den Betrag von §%/6 hinaus eine weitere

Tilgung stattfinden soll, bleibt der Bestimmung durch den Staats- haushalts-Etat vorbehalten.

Die Tilgung ift derart zu bewirken, daß der zur Verfügung stehende Betrag von der Staatseisenbahnkapitals{uld abge- schrieben und

1) zur planmäßigen Amortisation der vom Staate für Cisen- bahnzwecke vor dem Jahre 1879 aufgenommenen oder vor und nach diesem Zeitpunkte selbsts{chuldnerisch übernommenen oder zu über- nehmenden Schulden, \oweit leßtere auf die Hauptverwaltung der Staats\{ulden übergegangen sind oder übergehen,

2) demnächst zur Deckung der zu Staatsausgaben erforderlichen

Mittel, welche andernfalls durh Aufnahme neuer Anleihen beschafft werden müßten,

3) endlih zum Ankaufe von Staats\chuldverschreibungen verwendet wird.

Die Abgg. Dr. Hammacher ‘und Kalle beantragten hierzu :

„Die Nr. 2 des §. 4 zu streichen, eventuell den 8. 4 Nr. 2 wie folgt zu fassen:

Demnächst zur Deckung folcher für Neu- und Erweiterungs- anlagen von Staatseisenbahnen erforderlichen Mittel, welche andern- falls durch Aufnahme neuer Anleihen beschafft werden müssen.“

Der Abg. Frhr. von Minnigerode erklärte, mit dem 8. 4 sei das Möglichste auf diesem Gebiete erreicht; darüber hinaus könne er si einen thatsählichen Erfolg nicht versprechen. Von absoluten Garantien könne auf diesem Gebiete nit die Nede sein. Uebrigens stehe bei der Verstaatlichung die Gewinnung finanzieller Garantien niht im Vordergrunde. Die Tendenz des Antrages Hammacher sei ihm durchaus sympathish; er bezweifle aber, ob derselbe den gewünschten Effekt haben. werde. Er bitte deshalb pure die Kommissionsfassung anzunehmen. Der Abg. Dr. Hammacher (Essen) befürwortete seinen An- trag. Die Eisenbahnübershüsse sämmtlich zum Ankauf von Staatsschuldenobligationen zu verwenden, {heine ihm das Naturgemäßeste zu sein. Jene Ueberschüsse dürften eben nicht als Einnahmequelle dienen. Andernfalls dürste man dem Hause die Nothwendigkeit aufbürden, bei Feststellung der Tarife eine gewisse Mitwirkung zu beanspruchen. Am liebsten wäre ihm die Streichung der Nr. 2; zum Mindesten bitte er aber um die Annahme seines Antrages. Jn der Aufnahme einer der- artigen Beschränkung in der Verwendung liege eine genügende Garantie. Wenn der Abg. Rickert ihm die Berechtigung zu seiner Kritik bestreiten zu müssen geglaubt habe, so erinnere er denselben nur daran, daß der Abg. Rickert ja selber bis vor Kurzem der nationalliberalen Partei angehört habe und ein eifriger Bewilliger der Militärvorlagen gewesen sei. Wo es das Landesmeliorationsinteresse erheishe, werde auch feine Partei keine Ausgaben scheuen.

Der Abg. Frhr. von Huene bemerkte, der optimistischen Auf- fassung Hammatchers könne er nicht beitreten. Er habe seine Bedenken. Ein einziger Fehler in der Centralleitung könne unsägliche Folgen haben. Ex theile die Auffassung des Abg. RNöckerath, daß man troßdem die Schaffung von Garantien niht verabsäumen dürfe. Was das Gesetz selbst gebe, sei allerdings gering ; eine materielle Verstärkung sei aber in dem Antrage Hammacher nicht enthalten.

Der Abg. Kalle führte aus, daß die Nr. 2 zu einer Defizitwirthschaft des Staats auf Kosten der Eisenbahnverwal- tung führen würde.

Der Finanz-Minister Bitter entgegnete, auch die Regierung sei prinzipiell der Ansicht, daß die Eisenbahnen nit als Einnahmequelle dienen dürften. Darum könne die Regierung ae doch auf die Ueberschüsse niht ein füx alle Mal ver- zihten.

Der Abg. Schröder (Lippstadt) regte die Frage an, ob nicht das Zuviel an Eisenbahnen ebenfalls ein Zustand sei, der vermieden werden müsse, wurde aber vom Präsidenten zur Sache gerufen und {loß mit der Bitte um Annahme der Kommissionsbeschlüsse.

Der Abg. Dr. Röterath erblickte in dem Antrage Ham- macher eine bessere Garantie, als fie die Kommissionsfassung biete; er empfehle daher, denselben anzunehmen.

Nach einem S(hlußworte des Referenten Abg. von Tiede- mann wurde die Diskussion geschlossen.

Der Antrag Hammacher wurde abgelehnt und §. 4 nach dem Kommissionsverschlage angenommen.

Die §8. 5 und 6, welche nah den Kommissionsbeschlüssen

lauten :

G: 0:

Die Verwaltung des Staatseisenbahnkapital- Tilgungsfonds wird der Hauptverwaltung der Staatsschulden unter Kontrole der Staats\{huldenkommission übertragen.

Die Herausgabe, Wiederverwendung oder Vernichtung der diesen Fonds bildenden Staats\chuldverschreibungen kann nur dur ein besonderes Gesetz verfügt werden.

a. D.

Die Ausführung dieses Gesetzes wird dem Minister der öffent- lichen Arbeiten und dem Finanz-Minister übertragen. wurden ohne Debatte unverändert angenommen, womit die

zweite Lesung des Gesetzentwurfs beendet war.

Den zweiten Gegenstand der Tageëordnung bildete der Geseßentwurf, betreffend die Abfindung des Herzoglich Glücksburgishen Hauses. Derselbe enthält folgenden einzigen Paragraphen :

„Die in dem anliegenden Vertrage mit dem Herzoglich Glüs- buraischen Hause, bei Wegfall der bisher unter dem Namen des Plöner Aequivalents gewährten Rente von 36 000 M, über- nommene Abfindungsrente von jährlich 54 000 M ist für die Zeit bis zum 31. März 1883 aus den bereitesten Mitteln des Staates zu zahlen und für die Folge in den Staatshaushbalts-Etat aufzu- nehmen.“

Der Abg. Graf Baudissin empfahl die Annahme des Geseßentwurfes ohne kommissarishe Prüfung. Der Abg. Hansen erklärte, die vorliegende Angelegenheit sei noh ein Residuum aus der Zeit vor der Annexion von Schleswig-Holstein und bedürfe dringend der Erledigung. Fn der Mitte des vorigen Jahrhunderts habe die in Dänemark regierende Oldenburgische Linie das Bestreben gehabt, die-

jenigen Seitenlinien abzufinden, welche in den Plönschen und

Glüsburgischen Landesëtheilen Successionsrechte gehabt hätten. Die Augustenburgische Linie sei mittelst Anweisung von Güter-

besi auf der Znsel Alsen abgefunden. Ebenso sei auch

dur Vertrag mit dem Herzoglih Belshen Hause das Suc- cessionsrecht in den Plönschen und Glücsburgischen Landes- theilen erworben, Als Aequivalent seien dem Chef dieses Hauses Güter zugesichert, deren Einkünfte dem Einkommen der Distrikte, welche das Königshaus kraft der Abtretung über- kommen möchte, völlig glei sein sollten. Die Verhandlungen hierüber hätten lange geschwebt, weil die Herzöge von Beck 1825 habe dieses Haus ten Namen Glücksburg angenommen im Auslande gelebt, auf Grundbesitz keinen Werth gelegt und lieber eine Geldrente bezogen hätten. Diese Rente sei im Jahre 1763 auf 5000 Thlr. für jeden Prinzen festgeseßt worden. Diese

ßish) seien auch nach dem Wiener Friedens\{luß von 1864 weiter gezahlt worden. Es handele sich jeßt darum, ob diese Rente ein genügendes Aequivalent für den Grundbesitz bilde. Die Glücksburgische Linie habe dies von jeher bestritten. Der Herzog Friedrih habe nun seinen ursprünglichen Anspruch von 72000 6 pro anno auf 54000 M herabgeseßt, welche Se. Majestät der König für ein angemessenes Aequivalent erachtet habe, und deren Bewilligung dem Hause vorgeschlagen werde. Er empfehle dem Hause die Annahme der Vorlage im Plenum, um die Erledigung der Sache durch die Kommission nicht zu verzögern, zumal der jeßige Chef des Hauses Glücfsburg bei seinem leidenden Zustande die Angelegenheit möglichst ra\{ch geordnet zu sehen wünsche.

Der Abg. Dr, Windthorst empfahl ebenfalls die Annahme der Vorlage ohne Kommissionsberathung, da es sich um die rihtige Regulirung alter Verhältnisse handle.

Der Abg. Kieschke hielt dagegen die Verweisung an eine Kommission für zweckmäßig; die Verhältnisse lägen doch nicht klar.

Die Verweisung an eine Kommission wurde abgelehnt ; die zweite Berathung wird daher im Plenum stattfinden.

Aus dem Herrenhause sind folgende Gesezentwürfe in das Abgeordnetenhaus herübergekommen: 1) betreffend die Umgestaltung des Kurmärkishen und des Neumärkischen Aemter - Kirchenfonds, 2) betreffend eine Abänderung der Grundbuchform, 3) betreffend das Kirchenwesen im Jadegebiet, 4) betreffend die Verjährungsfristen bei öffentlihen Abgaben in den Provinzen Schleswig-Holstein, Hannover und Hessen- Nassau, 5) betreffend die Veränderung einiger Kreise der Pro- vinzen Preußen und Brandenburg.

Sämmtliche 5 Entwürfe wurden ohne erhebliche Debatte nah den Beschlüssen des Herrenhauses genehmigt.

n l ua vertagte sih das Haus um 3 Uhr auf Freitag hr.

Fn der heutigen (19.) Sißung des Hauses der Ab- geordneten, welcher der Vize-Präsident des Staats-Mini- steriums von Puttkamer, die Staats-Minister Maybach, Bitter, Dr. Friedberg und von Boetticher, nebst mehreren Kommissarien beiwohnten, stand als erster Gegenstand der Berathung auf der Tagesordnung die Fortseßung der zweiten Berathung des Entwurss des Staatshaushalts - Etats für 1882/83 und zwar des Etats des Ministeriums des Jnnern.

Der Abg. Dirichlet kam noch einmal auf den schon in einer früheren Sißung von ihm vorgetragenen Fall Ahrends zurück und knüpfte daran die Vitte, entweder den in seiner bürgerlichen Ehre s{hwerc geshädigten Mann zu restituiren oder im fontradiktorishen Verfahren die gegen Ahrends ge- rihteten Denunziationen auf ihre Stichhaltigkeit prüfen zu lassen. Redner suchte dann auch zwischen den Anschauungen des jeßigen und des früheren Ministers des Jnnern über Selbstverwaltung einen Widerspruch nachzuweisen.

Der Vize-Präsident des Staats-Ministeriums von Putt- kamer wies zunächst an der Hand früher von ihm gemachter Auslassungen die Grundlosigkeit der leßten Behauptung zurück. Jn Betreff des Ahrendsschen Falles hoffe er, daß si, wie jeßt auch der Abg. Dirichlet gewünscht habe, eine Lösung auf dem Boden des Kreisausschusses finden lassen werde.

Der Abg. Rickert glaubte, daß der Minister des «Fnnern erst verpflichtet gewesen wäre, das aktenmäßige Material über den Fall Ahrends ulitzutheiles f umsomehr, da der Minister mitgetheilt habe, daß er iu Besiß desstlben sei: u d von dem Abg. Dirichlet direkt die Aufforderung zur Mit- theilung desselben erhalten habe. Der Minister habe von maßloser Agitation der Fortschrittspartei gesprohen. Es gebe aber einen Kreis in Deutschland, wo in einer Weise gegen einen Abgeordneten der linken Seite agitirt worden sei, die bis jezt noch nicht erhört worden , den Kreis Lauenburg. Redner gab nun noch einmal eine Darstellung der Berlingschen Angelegenheit, Die Sache selbst halte er für abgethan. Er frage aber jet: wie sich der Minister des «Innern zu der- selben gestellt habe? Er glaube, daß der Minister verpflichtet ge- wesen wäre, das gegen den Kammerrath Berlinz am 24. Okf- tober gerichtete Flugblatt zu inhibiren, und weiter, daß es wohl unstatthaft sei, einen Mann, der si vergangen, wie der Landrath von Bennigsen-Förder, auch jeßt noch obrigfkeitliche Funktionen vollziehen zu lassen. Aber auch eine höhere Jnstanz, der Ober-Präsident von Schleswig-Holstein, sei in dieje Sache verwickelt. Dies sei sür ihn besonders Veranlassung gewesen, dieselbe hier noch einmal in Anregung zu bringen. Bei Schluß des Blattes ergriff der Vize-Präsident des Staats-Ministeriums, Minister des Fnnern von Puttkamer das Wort.

Nah einem Spéezialbescheide des Ministers des cFnnern vom 31. v. M. ist die Auffassung, daß die Befugniß, legitimationslose Ausländer aus dem Staats- gebiete auszuweisen, regelmäßig nur den Landespolizei- behörden zustehe, nicht zutreffend.

Die Fälle, in dcnen die Ausweisungsbefugniß ausdrüdck- lih der Landespolizeibehörde vorbehalten ist, und welche im Wesentlichen in den Bestimmungen des Reichsstrafgesebuches vom 26. Februar 1876 (88. 39 Nr. 2, 284, 362, Abs. 3) thre Begründung finden, bezögen ih auf die Ausweisung aus dem Reichsgebiete. Jn Betreff der Befugniß zur Ausweisung aus dem preußishen Staatsgebiete sei die Kompetenz der ver- schiedenen Polizeibehörden durch ausdrüdckliche Geseße nicht geregelt worden. Insbesondere bestehe keine derartige Vorschrift, durh welhe die Ausübung jenes Rechtes ausschließlich den Landespolizeibehörden übertragen worden wäre, Es unterliege danach keinem Bedenken und entspreche dies auch der seitherigen Praxis, daß ausländische unlegitimirte Personen, auch wenn sie bereits über den Bezirk der Grenz- Polizeibehörde hiraus in das Land gekommen seien, durch die den Landespolizeibehörden unterstellten Polizeibehörden selbst- ständig ausgewiesen und mittelst Transports über die Landes- grenze zurückgeschafft würden.

Die den Berliner Eigenthümern durch das Regu- lativ vom 31. Dezember 1838 auferlegte Verpflichtung, bei Anlegung einer neuen Straße, soweit ihre Grundstüdcke an dieselbe grenzen, die Kosten der ersten Pflasterung der Stadtgemeinde zu erstatten, wird, nah einem Erkenntniß des Reichsgerichts, 11, Hülfssenats, vom 22, Dezember v. Js., mit der Zeit der Ausschreibung der auf die einzelnen bethei- ligten Eigenthümer entfallenden Beiträge zu den Kosten der erfolgten Pflasterung fällig. Die Stadtgemeinde ist demnach berechtigt, diese Beiträge von denjenigen Personen einzuziehen, welche zur Zeit der Ausschreibung der Beiträge die Eigen- thümer der betheiligten Grundstüde sind, selbst wenn in der Zeit zwischen der erfolgten Straßenpflasterung und der Aus- schreibung der Beiträge ein Wechsel in dem Vesite ein-

10 000 Thlr. s{leswig:holsteinish Courant (12 000 Thlr. preu-

getreten war.

Die Unteroffiziershule zu Ettlingen wird am 1. April d. J. in 4 Compagnien formirt, und werden hierzu 2 Compagnien der Unteroffiziershule zu Jülich nah Ettlingen zu dem gedachten Zeitpunkt verlegt werden.

_— Für die Neubefestigung von Kiel nach der Landseite wird vom 1. April d. Js. ab eine Festungsbaudirektion nebst extraordinärer Festungsbaukasse eingeseßt werden.

Schleswig, 22. Februar. (Kl. Ztg.) Auf der Tages- ordnung der heutigen Sißung des Provinzial-Landtages stand als zweiter Gegenstand cine Proposition des Abg. Grimm, welche lautet:

«Der Provinzal-Landtag wolle beschließen, bei der Königlichen Staatsregierung zu befürworten :

1) daß auf dem Hochderselben geeignet erscheinenden Wege eine gleihmäßige Anwendung der Vorschrift des 8. 361 des Reichs-Straf- geseßbuches über die Verweisung der in Gemäßheit der Nr. 3—8 des citirten Geseßparagraphen Verurtheilten sicher gestellt werde, sowie gleichzeitig es als dringend wünschenswerth zu bezeichnen, daß die Sestseßzung der Nacbhaft Seitens der Landespolizeibehöcden in der ganzen Monarchie nach einheitlichen Grundsfätßen erfolgt;

2) bei der Königlichen Staatsregierung zu beantragen, daß Hoch- eits die Initiative ergreifen wolle, daß im Wege der Reichsgesetz- epvun , L das Neichsgesetz Über den Unterftützung8wohnsitßz vom 6. Juni

1870 dahin abgeändert werde, daß unter Aufhebung der das Land- armenwesen betreffenden Bestimmungen der in einem Ortsarmen- verbande bestehende Unterstüßungs8wohnsitz erst dann verloren geht, wenn in einem anderen Ortsarmenverbande ein neuer Unterstützungs- wohnfiß erworben ist, und

b. der Absatz 2 des §. 3 des Freizügigkeitsgesezes vom 1. No- vember 1867 dahin abgeändert werde, daß Personen, welbe inner- halb der leßten 12 Monate wegen wiederholten Bettelns oder wegen wiederholten Landstreichens bestraft worden sind, der Aufent- halt außerhalb des Ortsarmenverbandes ihres ÜUnterstüßungs8wohn- sies von der Landespolizeibehörde verweigert werden kann.“

Der Proponent äußerte die Hoffnung, daß er diesmal mit seinem Antrage mehr als eine motivirte Tagesordnung erreichen werde, welhe ihm vor zwei Jahren in Rendsburg, wo er denselben Antrag eingebracht habe, zu Theil geworden sei. Die Frage sei heute viel brennender geworden als da- mals, das beweise die große Steigerung der Kosten des Land- armenwesens und die Zunahme der Korrigenden, Jm Jahre 1881 seien allein 12 505 vagirende Personen verhaftet wor- den. Zu §. 2 führte der Proponent an, daß der Ortsarmen- verband weit billiger wirthshafte als der Landarmenverband, sein Antrag sei daher wesentlich finanzieller Natur. Das Freizügigkeitsgeseß sei ihm ein unschäßbares Gut, das wolle er durch seinen Antrag nicht antasten. Er beantrage, seine Proposition einem Auss{huß von 5 Personen zu überweisen. Die Abgg. Ohrt und Gurlitt empfahlen ebenfalls Ueber- weisung an einen Ausschuß. Dr. Wachs erklärte, er glaube niht, daß durch die Annahme der Proposition Grimm dem Uebel werde abgeholfen werden. Dem 8§. 1 stimme erx Det 8.2 erkläre er jedoch als für ihn unannehmbar. Die Zeit sei jeßt eine andere; man habe, hervorgerufen durch die leichteren und besseren Verkehrsmittel, eine fluktuicende Bevölkerung. Jhm sei auch eine Zeit von 5 bis 6 Jahren lieber zur Er- werbung des Heimathsrechts als 2 Jahre; in maßgebenden Kreisen wolle man aber lieber die Zeit auf 1 Jahr herab: seßen. bþ. des §. 2 verstehe er platterdings niht. Auch der Landes-Direktor äußerte, er hoffe von einer Kommissions- berathung gar nichts. Die Hauptsache sei, den Leuten, die nicht aus Arbeits\heu vagabondirten, sondern keine Arbeit finden könnten, Arbeit zu verschaffen, das vermöge aber die Proposition Grimm nicht. Was jolle der Ortsarmenverband mit den Vagabonden machen? Der Proponent vertheidigte seinen Antrag und will die Vagabonden in den Arbeits- häusern festhalten, bis sie si gebessert hätten Der Antrag auf Ueberweisung der Proposition an einen Auss{huß wurde angenommen und der Ausshuß gewählt.

Unter den anderen Berathungsgegenständen verdient ein Antrag des Landes-Direktors von Ahlefeld Hervorhebun(z, welcher die Errichtung ciner Unterstüßungska\}se für beim Feuerl?schdienste Verunglückte und deren Familien in der Pro- vinz Schleswig-Holstein betrifft und zur weiteren Prüfung an einen Auss{uß von 3 Mitgliedern überwiesen wurde.

Sachsen. Dresden, 23. Februar. (Dr. L) . Die Königin ist heute Nachmittag über Leipzig und Frankfurt a. M. nah Mentone gereist.

Die Erste Kammer überwies in ihrer heutigen Sißung einen Antrag des Hrn. Pelz, der Staatsregierung zur Er- wägung zu. geben, ob es sich niht empfehlen dürste, einen Theil des Vorshuß- und Reservefonds der Landesbrand- versicherungsanstalt hypothekarish zu verleihen, der Staats- regierung zur Erwägung, ertheilte sodann dem Gesetzentwurf, betreffend die Gehaltsverhältnisse der Mitglieder des Ober- Landesgerichts, in der von der Zweiten Kammer beschlossenen Fassung ihre Zustimmung und genehmigte endlih das Kapitel 16 des Etats der Ueberschüsse, Staatseisenbahnen.

Die Zweite Kammer erklärte ih auf Antrag ihrer Finanz-Deputation mit dem von der jenseitigen Kammer ge faßten Beschlusse über das Königliche Dekret, die Heiz- und Ventilationsanlagen in den Staatslehranstalten betreffend, einverstanden, gab demgemäß den früher von ihr gefaßten Be- \{hluß, die Königliche Staatsregierung zu ersuchen, bezüglich derjenigen Anstalten, bei welchen sich abnorme Zustände her- ausgestellt haben, für thunlidst baldige Abstellung besorgt zu sein, auf, und erklärte sich durch das Resultat der von der Staatsregierung angeordneten Erörterungen zur Zeit für be- friedigt. Die Kammer ertheilte sodann der Königlichen Staats- regierung die Genehmigung, von den sich auf die Finanz- periode 1880/81 ergebenden Ueberschüssen zunächst 6 360 502 M zur Verstärkung der mobilen Bestände zu verwenden, den etwaigen Rest aber in das außerordentliche Budget der Finanzperiode 1884/85 einzustellen, und erledigte eine Reihe von Petitionen.

Meckcklenburg. Schwerin, 23, Februar. Die „M eckl. Anzeigen“ schreiben: „Am heutigen Tage vollendet Jhre Königliche Hoheit die Frau Großherzogin Alexan- drine ihr 79, Lebensjahr. Je mehr trübes die leßten Wochen, welche so viel Leid über die Großherzoglihe Familie brachten, au der Erlauchten greisen Fürstin, die Alles, was unserem Fürstenhause in guten und {weren Tagen durch Gottes Rathschluß beschieden wird, im treuen mütterlihen und großmütterlihen Herzen trägt und bewegt, auferlegten, um so innigere Gebete rihten sich heute aus vielen treuen mecklen- burgischen Herzen gen Himmel und erflehen von der göttlichen Gnade für die Erhabene Frau ein gesegnetes neues Lebens- jahr. Die allgemeine Theilnahme unserer Stadt an dem Ge burtsfeste der allverehrten Mutter unseres geliebten Landes-

herrn giebt äuser kun jonst üblichen Festlichkeit

fih äußerlich dur reihen Flaggens{hmuck vieler gen wird natürli der Tag ohne die en begangen.“

«Fm Uebri

Desterreich:-Ungarn. Wien, 23. Das Abgeordnetenhaus hat den Einführung von Ausnahmegerichten it gegen 6 Stimmen angenommen. Der JZustiz- Vorlage vorher begründet, die Linke nah den von der Aufklärungen für die Vorlage stimmen we

Der Zollaus\chuß des lehnte mit 12 geg über den Entwurf, betreffend die Finanzzö überzugehen, und nahm die Re an. Der Finanz-Minister hatte ein Kompromiß mit Ungarn; gewichts erfordere eine rch Staatseinkünsfte.

Aus Serajewo, 17. Februar, wird der geschrieben :

Das Emigrationsfieber, welches d rung unseres Landes eine Zeit zeigt eine entschiedene Abnahme. diese Erscheinung keineswegs aus\ch{!l durch die Einführung der Wehrpfl durch absichtlich ausgesprengte der Mohammedaner billig ert Male das Gerücht auf, daß die Besitzungen der Mohammedaner ins- gesammt in Brand gesteckt werden sollen, falls rektion ans{ließen oder sich sonst aus dem St Quellen desselben nacging, kam m griechish-orthodoxer Seite aus volle Ausftreuung drang selbst in Weiler und Höfe und Seither hat aber der Anb welche alle Tage in Bos nehmen, beruk und Zuversich die ihre Pässe behoben

Februar. (W. T. B.) Gesetzentwurf über die 1 Dalmatien mit 262 Minister hatte die der Abg. Kopp hatte erklärt, daß Regierung gegebenen vertraulichen Abgeordnetenhauses Antrag Pleners ab, lle, zur Tagesordnung gierungsvorlage unverändert ausgeführt, die Vorlage sei die Herstellung des Gleich- sche und ausgiebige Vermehrung der

Pol, Corr

ie mohammedanische Bevölke- hindur ergreifen zu wollen schien, s wird zuglei immer klarer, daß ießlih oder auch nur hauptsächlich iht hervorgerufen wurde, sondern Lügen von Leuten, welche die Güter So trat mit einem

en 8 Stimmen den

verben wollten.

sie sich niht der Insur- aube machen. Als man den an zu der Entdeckung, daß es von gesprengt worden war. Die absichts- die an der Eisenbahn gelegenen at eine gewisse Beängstigung lick der stattlichen Militärkolonnen, nien eintreffen und ihren Weg nach Süden )igend auf die Mohammedaner gewirkt, t wieder gewonnen haben.

rief in der Th

die Vertrauen Zahlreiche Mohammedaner, den Behörden

oppositionelle ausgedrückt , orthodoxer Seite

anfängliche Haltung gegenüber Einflüsterungen

als Ursache derselben bezeichneten. werden die Vorbercitungen für die Konskription Selbst in den die Insurrektions zirken der Herzegowin Behörden nach

zu erkundigen, d

Konfkriptions-

Inzwischen stetig fortgeseßt. zone unmittelbar eins{licßenden Be- a beginnt fih die Bevölkerung allseitig bei den den Modalitäten der Durchführung der Wehrpflicht ie Befreiungstitel anzumelden u. O dürfte auf das imposante Machtaufgebot Oesterreich- zuführen fein, Theilen des La

Ungarns zurltck- welches auf die Stimmung in den ruhig gebliebenen irkung geübt hat. Mittler- Bosnien-Herzegowina seine mit aller Ruhe und Regelmäßigkeit fort, und daß aub nicht eine unserer Bezirksbehörden daß dieselben vielmehr in Gacko, Bilek, genau so weiter fungiren, wie ehedem in den Funktionen der ihre Wirkung auf die welche immer mehr und mehr einzusehen beginnt, daß mit den periodischen Erhebungen, welche seit Jahrhunderten die unter der österreichisch-ungarischen zu erzielen sein wird.

Großbritannien und Jrland, (W. T. B) Jn der heutigen Sißung des Un hauses erklärte auf eine Anfrage des Deputirten Schreiber der Unter-Staatssekretär Dilke: es sei ihm nichts davon be- kannt, daß Rußland Offiziere beurlaube, damit dieselben nah der Herzegowina gehen könnten. Wolff fragte,

ndes überhaupt eine gute W weile seßt der Verwaltungsapparat in gewohnten Funkionen es bleibt festzuhalten, ihren Amtssiz verlassen hat, Trebinje, Stolac und Foca Diese Nuhe und kaltblütige Regelmäßigkeit Civil- und Militärbehörden übt gleichfalls Bevölkerung,

traditionelle Landespolitik bilden, Verwaltung nichts

London, 23,

Dér Deputirte ob eine Störung der friedlihen Beziehungen zwischen Rußland und Deutschland und Oesteereich befürchtet Regierung Kalamität abzuwenden. Der Unter-Staatssekretär erwiderte : die Regierung besürhte eine solche Störung nit, | Gelegenheit der Deputirte Wolff angeregt habe. antwortete

Sqritten, Dem Deputirten Cecil Dilke: über die Unterhandlungen betreffs Egyptens sei es ihm noch niht möglich, irgend eine Mit- theilung zu machen, und auf eine Anfrage Campbells erwi- derte derselbe: über Bulgarien habe seit der in der vorigen Session dem Parlament vorgelegten diplomatischen Correspon- denz keinerlei weitere Correspondenz stattgefunden. Die N gierung beabsichtige keine Einmischung in die lokalen Angelegenheiten Bul- gariens, der Artikel 23 des Berliner Vertrages enthalte keine Be- stimmung, auf Grund deren die Einführung von Reformen

«In Beantwortung einer Anfrage Unter - Staatssekretär : Unterhandlungen l Mittheilung kónnen; die Antwort auf eine an den dortigen Botschaf Mittheilung erwartet. Jm weiteren Fortgange der Sißzung erwiderte derselbe auf eine Anfrage Arnolds, er habe seit seiner bei Beginn der Sigung ertheilten Antwort eine Mittheilung der französishen Regierung über den Handelsvert rag erhalten, deren Fnhalt er zwar jeßt noch nicht mittheilen könne, die ber doch die Aussicht auf ein \o befriedigend biete, als es unter den möglich sei.

Jm Oberhause kündigte Lord Donnoughmore die Namen der Pairs an, welche als Mitglieder des Untersuchungs- comités für die irishe Landakte vorgeschlagen werden. Die Abstimmung darüber erfolgt morgen.

Paris, 23. Februar. der heutigen Sizung der Deputirtenkammer erklärte Conseils-Präsident de Freycinet auf die bezügliche Anfrage Tenots: die tunesishe Frage nehme die Aufmerksamkeit des Kabinets fortgeseßt in Anspruch. Zunächst müsse die finan- zielle Lage und die Frage des Protektorats geregelt werden ; beide Fragen hätten bisher wegen der Maßregeln zur Unter- drückung des Aufstandes niht zur Erledigung gebracht werden können. Die Vorlagen über. die Reorganisation der Finanzen und der Verwaltung

erzwuugen werden könne.

fommerziellen

ndes Arrangement obwaltenden Umständen überhaupt

Frankreich. (W. D. V)

Parlament vorbereitet Handels- Minister Tirard legte hierauf einen Gesetzentwurf vor über die zollmäßige Behandlung der nah eingeführten englishen Produkte.

lage stellt im Prinzip

Frankreich Die bezügliche Vor- die Behandlung auf dem Fuße der Reziprozität und der meistbegünstigten Nation fest, Nationen vertragsmäßig zu verpflichten. mithin in der Lage,

doch eine der beiden Frankreich bleibt

sein Zollreglement

zu modifiziren, wenn die englishen Tarife erhöht werden sollten. Die Kammer bes{loß zu der Vorlage die Dring- lihkeit. Der radifale Deputirte Hugues sprach si tadelnd über die Ausweisung des russishen Unterthanen Lavroff aus. Der Conseils-Präsident de Freycinet er- klärte: er übernehme die Verantwortung für die Maßregel. Nach dem Geseße vom Jahre 1849, welches disfkretionäre Ge- walt verleihe, sei es sehr*\{chwer, die Ausweisung von Aus- ländern abzulehnen, die die Sicherheit befreundeter Regie- rungen bedrohen. Man müsse in Gemäßheit der Präzedenz- fälle handeln oder seße fch der Gefahr aus, die internationale Sicherheit zu stören. Er werde cinen Gesetzentwurf einbringen, der das Geseß vom Jahre 1849 abändere ; bis dahin seien alle Verhandlungen darüber überflüssig. Der Zwischenfall war damit erledigt. Der Deputirte de la Fosse richtete die angekündigte Fn - terpellation über Egypten an die Regierung und sprach den Wunsch aus, daß zwischen Frankreih und der Pforte ein Einvernehmen hergestellt werden möchte, Der Conscils-Präsi- dent de Freycinet erwiderte: er sei der Pforte gegenüber stets entgegenkommend und freundschaftlih gewesen und habe das bei der griechischen Frage bewiesen, in welcher er der entschiedene Freund der Pforte gewesen sei; die eingetretene Lösung der Frage sei das Werk des europäischen Concerts gewesen. Hier- nächst erklärte der Minister-Präsident, er werde eine versöhn- liche, aber feste Politik befolgen. Zuglei erinnerte erx an die Ereignisse in Egypten, welche die Macht in die Hände von höheren Offizieren und der Notablen geleat hätten, die unter dem Einfluß und unter der Gewalt der Armee ständen ; es sei das eine Lage, die ernste Folgen nah si ziehen könne. England habe das einuesehen und vorgeschlagen, daß die europäischen Kabinete mit der Frage befaßt werden möchten. Schon die Thatsache allein von dem Vorhandensein eines Einver- nehmens von garz Europa sei eine Garantie gegen extreme Folgen. (Beijall.) Der französische diplomatische Agent in Kairo habe Austrag, die präponderirende Stellung Frankreichs in Egypten aufrechtzuerhalten und der neuen Regierung gegenüber, deren Tendenzen noch nicht bestimmt ausgesprochen seien, große Re- serve zu beobahten. Durch seine Haltung werde Frankreich sichergestellt gegen jede Gefahr, namentlich gegen die Gefahr eines bewaffneten Konsfliktes, und man dürfe hoffen, daß keinerlei Intervention nothwendig werde. Die Meinung der Kaminer werde eine Politik billigen, welche nicht eine Politik des Um- sturzes, sondern eine wesentlich friedliche sei. Mit dem jeßigen Ministerium seien keinerlei Abenteuer zu befürchten. (Beifall.) Der Deputirte Charmes erklärte, daß die egyptische ¿Frage eine friedliche Lösung erheische, die eventuelle Intervention einer türkishen Armee in Egypten müsse aber entschieden zurückgewiesen werden. Die Besprehung war damit geschlossen. Der russishe Botschafter Fürst Orloff begiebt sich heute Abend von hier direkt nah Moskau, um seinen ältesten Sohn einem dortigen Lyzeum zur Aufnahme zuzu- ühren. D Die hiesige russishe Kolonie tadelt wie die „Agence Havas“ meldet allgemein das Verhalten des Generals Sfkobeleff, glaubt aber nicht, daß der bedaverliche Zwischenfall den guten Beziehungen zwish.n Oesterreich, Deutschland und Rußland irgendwelchen Eintrag thun werde. Gutem Vernehmen nach wurde dem General S kobeleff der Besehl, sofort nah St. Petersburg zurückzukehren, von der hiesigen russischen Botschaft gestern zugestellt.

Jtalien. Rom, 23, Februar. (W. T. B.) Der Papst wird am nächsten Sonntag die belgischen Pilger empfangen. Zwischen der spanishen Regierung und dem Vatikan is} ein Einvernehmen dahin erzielt, daß die \pani- schen Pilger sih nit auf ein Mal, sondern sprengelweise unter Führung der Bischöfe nah Rom begeben.

Türkei, Konstantinopel, 21. Februar. (Wien. B.) Verschiedene amtliche Vilajets-Journale veröffentlihen eine identishe Verlautbarung über die Heranziehung sämmkt- liher Bewohner des Reiches zum tilitärdienste. Es heißt darin, daß die allgemeine Wehrpflicht mittelst eines Jrades des Sultans sanktionirt wurde, die Dur{führung derselben sei jedoh nicht sofort möglih, weil positive Daten zur entsprehenden Modifikation des Militärgeseßes noch fehlen. Da aber au die Standesregister bezüglih der Muselmänner große Lücken aufweisen, wird eine allgemeine Volkszählung angeordnet, nach deren Ergebniß sodann das sanktionirte Prinzip der allgemeinen Wehrpflicht zur Aus- sührung gebrächt werden wird.

23. Februar. (W. T. B.) Die Mitglieder der a ußer- ordentlihen preußischen Gesandtschaft besuchten heute die Geschüßgießerei und die Artillerie-Etablissements und folgten dann der Einladung des persishen Gesandten zum Diner.

Nußland und Polen. St, Petersburg, 22. Februar. (W. T. B.) Die gerichtlihen Verhandlungen in dem politishen Prozesse gegen Trigonja, Ssuchanoff und Ge- nossen wurden gestern Vormittag eröffnet; von den 21 An- gellagten nahmen 20 auf der Anfklagebank Plat, da gegen den Angeklagten Tetschinin wegen Geistesgestörtheit die An- klage zurückgezogen worden ift.

Schweden und Norwegen. Stockholm, 20. Februar. (Hamb. Corr.) Der Reichstag hat am Sonnabend die Be- rathung des Finanzgeseßentwurfs (Staatshaus- halts-Etats) beaonnen. Beide Kammern nahmen die drei ersten Haupttitel nah den Anträgen der Kommission an; nur in einer Frage von geringerer Bedeutung, nämlich bezüglich der Alterszulage für Gefängnißprediger, wurden von den Kammern verschiedene Voten gefaßt, indem die Erste Kammer diese Zulage ohne Abstimmung bewilligte, die Zweite die- selbe dagegen mit 123 gegen 53 Stimmen ablehnte, Die Zweite Kammer beendete auch die Berathung des Etats des Kriegs-Ministeriums. Das Einzige, was Anlaß zu einer größeren Debatte gab, war die von der Finanzkommission be- antragte Herabsetzung des für den Ausbau der Festung Carls- borg geforderten Betrages von 150 000 auf 100 000 Kronen. Die Kammer nahm \chließlich den Kommissionsantrag mit 118 gegen 41 Stimmen an. Die Gründe, welche die Majorität der Kommission zu dem Antrage veranlaßt haben, sind ganz eigen- thümlicher (bauernparteiliher) Art. Es heißt nämli in dem Kommissionsbericht bezüglich dieser Position, daß „da sowohl für das vorige wie für das gegenwärtige Finanzjahr 100 000 Kronen zu diesem Zwecke bewilligt worden sind, obgleih größere Beträge verlangt wurden, und da spezielle Gründe, diesen Betrag jeßt zu erhöhen, nicht vorhanden sein sollen“, die Beibehaltung des früheren Be- trages beantragt wird. Der Reichstag hat in den beiden leßten Jahren den geforderten Betrag im Hinblick auf den ungün-

stigen Stand der Finanzen reduzirt ; dieser Grund fällt jeßt, nahdem die beiden leßten Zahre Uebershüsse ergeben haben und der finanzielle Status ein guter ist, weg. Das is aber ebensowenig für die Zweite Kammer wie für die Kommission ein Hinderniß gewesen, sich kurzweg auf die früheren Reichs- tagsbeschlüsse zu berufen.

Amerika. New-York, 21. Februar. (Allg. Corr.) Das Flottencomité des Repräsentantenhauses hat einen Vorschlag in Berathung, welcher die fofortige Erbauung von 11 Kriegsfahrzeugen mit einem Kostenanschlage von 9 Millionen empfiehlt. Diese Flotte soll bestehen aus einem Kreuzer erster Klasse von 5000 Tons mit 4 aht- und 21 jeh8zölligen gezogenen Geschüßen, vier Kreuzern zweiter Klasse mit einer Bestückung von 4 acht- und 16 sechszölligen Ge- schüßen, einem Torpedokreuzer, der 21 Knoten laufen soll, und zwei Hafentorpedos von 17 Knoten Schnelligkeit, endlih aus zwei Widderschiffen.

Ja Ohio dauern die Ueberschwemmungen fort. Der Mississippi und seine Nebenflüsse sind so hoch, daß die Schiff- fahrt aufgehört hat; im ganzen Westen is der Eisenbahn- verkehr mehr oder weniger gestört. Man hofft nach den meteorologishen Berichten, daß der Regen morgen aufhören und Frost eintreten werde.

New-York, 23. Februar. (W. T. B.) Jn einem Theile des Staates Mississippi is in Folge großer Ueberschwemmungen ein Nothstand ausgebrochen. Ein eslächeirraum von etwa 150 Meilen in der Länge und 40 Meilen in der Breite steht unter Wasser; die Bevölkerung besteht zum größten Theil aus Negern. «Im Senat wie in der Repräsentantenkammer beantragte Resolutionen, dur weiche der Schaßsekretär ersuht werden soll, Unterstüßungen an die Nothleidenden vertheilen zu lassen, wurden an Kom- missionen verwiesen.

Zeitungsstimmen.

Aus dem Kreise Ober-Barnim war, wie die A0 L MEU- theilt, folgende mit 4604 Unterschriften bedeckte Adresse an den Neichekanzler gerichtet worden :

„Durchlauchtigster Fürst !

Ew. Durchlaucht sagen wir unterzeichneten Einwohner des Kreises Dber-Barnim warmen Dank für die sicgreiche Vertheidigung des Allerhöchsten Erlasses vom 4. Januar d. F. im Reichstage und ener- gische Zurückweisung der Fortschrittspartei mit ihrem Anhange in deren Bestreben, unsern König und Herrn von seinem Volke durch konstitutionelle Doktrinen zu trennen, welGe in der Verfassung ihre Begründung nicht finden. Diesen Dank zu bethätigen, werden wir bestrebt sein, in unwandelbarer Treue und Ergebenheit für unsern Kaiser und König Allerhöchstdessen Regierung nah besten Kräften in den politischen Kämpfen zu unterstützen.“

Auf diese Adresse ist Seitens des Reichskanzlers folgende Antwort an den Landtags-Abgeordneten für Ober- und Nieder- Barnim, Freiherrn von Eckardstein-Prößel, ergangen :

„Berlin, den 20, Februar 1882.

Es hat mir zur besonderen Freude gereicht, aus der von Eurer Hocbwohlgeboren mir übermittelten Adresse zu ersehen, daß die Ge- sinnungen, welchen ich in der Reichstagssitzung vom 24, v. M. Aus- druck gegeben habe, in der Bevölkerung des Kreises Ober-Barnim Zustimmung finden. Eurer Hohwohlgeboren und allen an der Adresse betheiligten Herren danke ih verbindlichst.

von Bismark.“

Wie dem „Deutschen Tagebatt“ aus Modau bei Leipzig mitgetheilt wird, zirkulirt gegenwärtig in Leipzig und Umgegend folgende Adresse:

„Sr. Durwlaucht dem Fürsten von Bismarck. Hocbhgebietender Herr Reichskanzler!

Ew. Durchlaucht gewaltige Rede vom 24. Januar cr. hat bei Unterzeichneten den ungetheiltesten Beifall gefunden. Klarer und über- zeugender ist noch nie die Bedeutung einer kräftigen monarciscen Initiative für das Wohl des Staates dargelegt worden. Gott gebe Ew. Dur(lauht Kraft und Gesundheit, damit Hocbdieselben noch recht lange unserm Kaiserlichen Herrn zur Seite stehen können in Seinen fo hoben und in immer weiteren Kreisen Zustimmung finden- den Bestrebungen für das Wohl und die Ehre der deutschen Nation.“

Das Begleitschreiben dazu wird mit folgenden Worten eingeleitet :

„Unstreitig ist der Erlaß unseres Kaisers, Sr. Majestät des Königs von Preußen, eine That von weittragendster Bedeutung; der- selbe vertritt seit langer Zeit zum ersten Male wieder offen und kräftig die monarcische Prärogative der Krone und mahnt, fest zu halten an denjenigen Institutionen, die von je der deutschen Nation Hort und Schirm gewesen sind und bleiben mögen. Jeder seinem Landesfürsten treu ergebene Bürger muß Sr. Durchlaucht dem Fürsten Bismarck Dank wissen für die kernige Weise, in welcer derselbe die Rechte seines und damit auch unseres Königlichen Herrn im Reichstag vertreten hat.“

Die Adresse hat bereits mehrere tausend Unterschriften gefunden.

Die „Schlesische Zeitung“ theilt nah dem Herr- furthshen Werke die Zahlen der Belastung der preußischen Städte und Landgemeinden mit direkten Staatssteuern, Ge- meindeabgaben und sonstigen Korporationsabgaben mit und fährt dann fort:

In mancen Städten werden hiernac, neben allen anderen direk- ten und indirekten Steuern, 21% des Iahreseinkommens echoben, denn die Staatseinkommensteuer beträgt 3%, zu denen id das Sechbsfache an Kommunalsteuern gesellt. So ungebeuerlich dies ift, so ist es do noch bei weitem niht das Ungeheuerlicbste. Die dem Herrfurthschen Werke entnommenen Angaben beruhen auf amtlichen Daten, welche jedenfalls weiter hinter uns liegenden Jahren ange- bören, Wir haben \{chon vor längerer Zeit authentische Zahlen mitgetheilt, nah“ welchen in einzelnen Städten der westlihen Provinzen 700 % Zus{bläge zur direkten Staats- steuer, also im Ganzen 24% des Jahreseinkommens an direkten Steuern erhoben werden. Aber auch das bedeutet noch wenig gegenüber den in einzelnen Gemeinden Oberschlesiens obwaltenden Ver- bâltnifsen. Nach dem amtlichen Berichte, welchen der Regierungs- Präsident von Quadt anläßlich des Nothstandes dem Ober-Präsidium erstattet hat, werden beispielsweise im Kreise Rybnik „dur\chnittlich 913% der Einkommen- und Klassensteuer, in versbiedenen Gemeinden dieses Kreises aber 900, 1000, 1200 oder au 1400 //, an Kommunal-, Kirchen- und Schullasten gezahlt.“ In den leßtgedabten Gemeinden steigern sich also die direkten Steuern, einschließlich der Staatsfsteuer, auf 45/9 des Jahreseinkommens.

Angesichts dieser amtlich festgestellten Thatsachen beharren unsere Manchestermänner Fortschrittler und Secessionisten noch immer bei der alten Lehre, welche das Prinzip der Einkommensteuer als das gerechteste und beste erabtet. Man könnte ibnen wenigstens inner- halb gewisser Grenzen theoretisch beipflihten, wenn cine irgend ge- rechte Veranlagung der Personalsteuern mögli wäre, wie unmöglich dieselbe aber is, geht \{on aus der von uns mehrfawWh erwähnten Vergleibung des Ertrages der direkten Personalsteuern, welhe nach dem neuesten Etat ca. 54 Mil- lionen betragen, mit dem Gesammtbetrage der Etats von ca. 940 Mil-

lionen hervor. Wäre einigermaßen rictig veranlagt, so müßte

es doch wenigstens denkbar sein, den gesammten Staatsaufwand