1882 / 49 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 25 Feb 1882 18:00:01 GMT) scan diff

Vorgehen gegen von Bennigsen dem Gerichte nit habe präjudiziren wollen, Fei ihm unverständlich. Der Minister wolle bei Strafmaßen bis zu zwei Jahren nicht eingreisen, glaube derselbe denn bei höheren Strafmaßen nit zu präjudiziren? Wenn man erwäge, daß das Flugblatt und das Präsidial-Reskript 24 Stunden auseinander datirt seien, so ergebe sich, daß es ein ganz gemeinschaftliches politishes Vor- gehen der Regierung gewesen fei, bei dem der Landrath nur das unshuldige Werkzeug gewesen sei. Und s{ließlich hätte doch die Untersuhung und das Urtheil der Landschaft über Hrn. Berling auh präjudiziren müssen. Der Grund des Ministers sei nicht stihhaltig und die Verseßung des Landraths von Bennigsen stehe eher einer Beförderung als einer Disziplnarstrafe gleih. Wenn der Poncath von Bennigsen von jeder autoritativen Stellung ausgeschlossen sein solle, wie komme es denn, daß derselbe nah den Zeitungen beim Sozialistenprozeß in Posen als Vertreter des Polizeipräsidiums fungirt habe? Es hätte auf die Sozialisten einen eigenthümlihen Eindruck machen müssen, wenn da ein Mann als Vertreter der Polizei erschienen sei, der viel s{hlimmere Dinge gethan habe, als einem Theil von ihnen nachgewiesen sei. Er wünsche, daß dieselbe milde Behandlung wie Herrn Bennigsen gegenüber auch anderen Beamten zu Theil würde, die sich weit weniger Gravirendes hätten zu Schulden kommen lassen. Er habe die vom Abg. Dirichlet angeführten Fälle in seiner Partei nicht vorher einzeln geprüft, hielte deren Erwähnung aber für noth- - wendig, um zu beurtheilen, ob der Nichtbestätigung eine neue Verwaltungsmaxime zu Grunde liege. Die Angaben des Abg. Dirichlet hätten sih als richtig erwiesen mit der einzigen Aus- nahme, daß, wie der Minister des Jnnuern gesagt habe, nicht ein Kreistagsmitglied, sondern ein Amtsvorsteher die Ursache der Denunziation gegen Ahrens gewesen sei. Von ihm sei die Sache soweit nahgewiejen worden, wie es eine Partei überhaupt könne. Eine Partei könne niht Zeugen vernehmen und aktenmäßiges Material herbeischaffén, das sei die Sache der Regierung. Die einstimmige Wiederwahl des Hrn. Ahrens beweise doch, daß dem Kreise nihts Ehrenrühriges von ihm bekannt gewesen sei, und wenn derselbe selbst verlange, daß die Sache hier öffentlich verhandelt werde, so müsse demselben nihts Schlim- mes bewußt sein. Der Vorwurf des Ministers, der Abg. Dirichlet habe durch diese Dinge die Wahl des Landraths von der Marwiß in Frage stellen wollen, sei unbegründet. Der Abg. Dirichlet habe diesen Vorgang im Landrathsamt nicht heute, sondern bereits am 21. Februar mitgetheilt und habe hinzugefügt, der Ober - Präsident habe auf die Beschwerde des gesammten Kreisaus\chusses entschieden, daß nichts Gravirendes vorliege. Nicht politishe Abneigung gegen den Landrath, fondern die Art seiner Geschäftsführung, die Verschleppung der Entscheidungen habe den Grund zur Be- schwerde abgegeben. Wenn der Minister dieselben auf poli- tische Gründe zurückführe, so sei das eine Jnsinuation, für die ihm jeder parlamentarishe Ausdruck fehle und die er, wenn sie noch ein Mal vorkommen sollte, mit noch viel größerer Entschiedenheit wie heute zurückweisen werde.

Hierauf nahm der Vize-Präsident des Staats-Ministeriums von Puttkamer das Wort:

Ich habe nur Veranlassung, auf einige Punkte der Rede des Hrn. Abg. Richter einzugehen, ohne weiter von dem Schluß derselben sehr erheblich berührt worden zu sein. Es scheint immer noch nicht klar gestellt zu sein, aus welchen Informationen der Ober-Präsident von Horn sein Material ges{chöpft hat zu der Verfügung, durch welche er die Bestätigung des Hrn. Ahrens als Kreisdeputirter zurückgewiesen hat. Hier it von Denunziationen absolut keine Rede, sondern ein amtlicher Bericht desjenigen Amtsvorstehers in diesem Bezirke, wo Hr. Ahrens wohnt und wenn das etwa zur Beruhigung von Hrn. Dirichlet beitragen sollte, eines Amtsvorstehers, welcher der politische Freund von Herrn Ahrens ist. Das ist von einer Denunziation jo weit entfernt als irgend etwas, Dieser Bericht hat Veranlassung gegeben, die Nichtbestätigung auszusprechen. Dieser Bericht enthält Thatsachen, welche der Amtsvorsteher in Ausübung seines Amtes ermittelt hat und er hat überdies sich bereit erklärt, diese Angaben zu beeidigen. Ich kann also in keiner Weise finden, daß eine Spur von Berech- tigung vorhanden ist, die Zuverlässigkeit der Grundlagen zu bezweifeln, auf welche der Ober-Präsident sich stüßt. Herr Richter hat nun noch insinuirt, daß das Zusammentreffen fast des Tages zwischen dem Erscheinen des Flugblattes und dem Erlaß des Dber-Präsidenten an die Ritter- und Landschaft auf ein Komplott zwischen Landrath und Ober-Präsidenten hinweise. Ich erkläre das für eine durchaus ungehörige Insinuation. Ich habe das Wort des Ober-Präsidenten dafür, daß er dem Flug- blatt durchaus fern steht. Was die Konsfliktserhebung anbetrifft, fo teht bier die Sache sehr einfach. r. Richter hat selbst anerkannt, daß die Königliche Regierung in Schleswig nach stattgehabter Prü- fung den Konflikt zu erheben abgelehnt hat. Aber daß sie sich die Prüfung des Falles und die Einforderung der Akten vorbehalten mußte, das finde ih ganz in der Ordnung. Eine so {were Beschuldigung, die zu schwerer gerichtlicher Verurtheilung führen kann, erfordert doch, daß die vorgesetzte Dienstbehörde wenigstens das Material prüft, auf Grund dessen der ihr untergebene Beamte wie ih hier wiederholt anerkennen will allerdings ungerechtfertigt derartige Beschuldigun- gen erheben konnte. Denn, wenn sie sich überzeugt hätte, niht nur von seinem guten Glauben, sondern auch von der objektiven Richtigkeit seiner Behauptungen, dann könnte allerdings der Fall eintreten, daß sie genöthigt wäre, von dem über die Erhebung des Konflikts in dem Geseß vom Februar 1854 den höheren Ea agenorden Heigeleg- ten Befugnissen Gebrauch zu machen. Ich kann also in dieser Bezie- bung feinen Vorwurf der Regierung machen. Im Uebrigen ist der Landrath von Bennigsen-Foerder jeßt in eine Stellung gebraht ih wiederhole das ausdrücklich die von irgend einer autoritativen Bedeutung völlig entfernt ist und die Bemerkung des Abg. Richter, daß sein neuliches Auftreten in dem Posener Prozeß mit dieser meiner Angabe im Widerspruch stehe, kann ich dahin berichtigen, daß er n Cs nicht als Vertreter des Polizeipräsidiums, sondern als Zu- ôrer beigewohnt hat, er war beauftragt, den Polizei-Präsidenten von Posen über den Gang des Prozesses Bericht zu erstatten. Es spielt überhaupt das Polizei-Präfidium in diesem Prozesse gar keine Rolle, es gab nur Angeklagte und Zeugen und die Funktion, die der Land- rath von Bennigsen dabei versah, ist durhaus unverfänglich, ih möchte sie eines Reporters bezeichnen.

Der Abg. von der Marwihy bemerkte, die Diskussion habe auf ihn den Eindruck gemacht, als ob ‘man nicht im preußishea Landtage sondern im Lydcker Kreistage säße. Der Landtag habe viel größere Aufgaben zu erfüllen, als seine kostbare Zeit mit Details aus der Kreisverwaltung zu vergeuden. Der Abg. Dirichlet scheine es darauf abzusehen zu haben, diejenigen ostpreußishen Beamten, die dem Hause angehörten, wegen ihrer amtlihen Thätigkeit an- ugreifen, um sie hier bloß zu stellen. Die Auffassung des Aba, Dirichlet über seine amtliche Thätigkeit sei für ihn voll- kommen werthlos, Die Beurtheilung über das, was er leiste, stehe ledigli seiner vorgeseßten Behörde zu. Das Diskredi- tiren vor der Regierung fürchte er u niht, Dem Abg. Dirichlet komme es auch wohl nur darauf an, ihn vor seinen Wählern zu diskreditiren. Die Reden des Abg. Dirichlet seien reine Wahlreden. Aber derselbe sei auch da hinein ge- fallen, denn seine Wähler würden nach wie vor ihrem Land-

.- Haus getragen worden.

rath folgen und niht dem Abg. Dirichlet, dem Bauern par excellence, L Der Abg. Frhr. von Minnigerode erklärte, man habe sih über den heftigen Ton im Hause beklagt. Dieser Ton sei niht von der Rechten, sondern von der linken Seite in das Gerade von dort erfolgten täglih Angriffe auf die Regierung im Anschluß an die bevorstehenden Wahlen von demselben Mann, der noch kürzlih in Bezug auf die Erbschleicherei der Pastoren etwas mangelhaft dagestanden habe, der behauptet habe, Fürst Bismarck habe aus persönlichen Interessen die Aufhebung der Eisenzölle durchgeseßt und der mit derselben Entrüstung sich gegen den Justiz-Minister beshwert habe, derselbe habe einen Reinigungsprozeß in der Staatsanwaltschaft vorgenommen, diese Behauptung aber als vollständig hinfällig habe widerrufen müssen. Trotzdem werde frisch und fröhlich in demselben Ton weitergekämpft. Gewiß \{chüttele man im Volke den Kopf über den Ton der Verhandlungen, aber nicht über die Rechte. Der Abg. Rickert meine, das Haus übe gerade hier die Kontrole der Verwaltung. Dieser Grundsatz sei falsh. Es sei allerdings das Recht und die Aufgabe des Hauses, Beschwerden aus dem Lande hier vorzutragen und auch möglichst zu begründen. Wenn das Haus aber die Kontrole über die Landesverwaltung in cinem solchen Umfange übe, dann führe es ja eigentlih die Verwaltung. Seine Partei wolle sich in den Grenzen halten, die dem Hause zugewiesen seien. Der Fall Berling hätte eine so weitgehende Erörterung nicht nöthig gemacht, weil derselbe einer fehr allgemeinen Verurtheilung bereits unterliege. Gleihwohl möchte er dem Minister anheimgeben, ob nicht jeßt, nachdem die Akten klar vorlägen, die leßten Konsequenzen zu ziehen wären und er spreche es offen aus, daß er nicht im Stande sei, sich für den Ertaß des Ober-Präsidenten zu erwärmen. Er möchte aber doch davor warnen, aus einem derartigen traurigen Zwischenfall einen Schluß auf die Ver- waltung selbst zu ziehen. Wenn alle Mitglieder des Hauses Kinder eines Landes seien, so hätten sie auch die Pflicht, die Autorität der Beamten zu s{hüßen und dies geschehe nicht durch so weit gehende Verhandlungen über Verhältnisse, die schon entschieden seien. Dem Abg. Rickert schlage er einen Pakt vor: er werde demselben seine Ministerkandidatur niht mehr vorwerfen, dann möge aber auch der Abg. Rickert per- sönlihe Apostrophen gegen ihn (den Redner) unterlassen.

Der Abg. Richter erklärte, wenn erx in der Hitze der Debatte sih zu einem Ausdrucke habe verleiten lassen, der nicht passend sei und wenn er dann nach besserer Ueberzeugung diesen Ausdruck zurücknehme, so sei es nit loyal, darauf wieder zurückzukommen. Hierher gehöre auch seine Rede zu &Gserlohn, und seine Aeußerungen betreffs des Verbrecher- albums von Geistlichen. Wolle der Abg. Stöcker etwa wieder mit ihm anbinden, daß sein Freund von Minnigerode wieder auf den Ausdruck Erbschleicherei zurückkommen sei? Was habe das mit der Sache zu thun? Er habe in einer Versammlung gesagt, daß in allen Ständen Verbrecher vorkämen und daß man durch eine Zusammenstellung aller Fälle von Betrug, Verführung und Erbschleicherei, die Geistliche begangen hätten, ein Verbrecheralbum zusammenstellen könnte. Solle er dem Hause nun etwa Fälle von Erbschleicherei von Geistlichen vorführen? Solle er etwa auch Verführungs- geschihten vn Geistlichen erzählen? Das Eine wäre fo falsch wie. das Andere. Wenn ‘er sage, es kämen in allen Ständen Verbrechen vor, so habe er parlamentarisch keine Veranlassung, hier eine chronique scandaleuse zu entrollen. Zur Sache selbst bemerke er, daß der Abg. von der Marwiß, der gewisser- maßen als Mitangeklagter erscheine, am allerwenigsten bereh- tigt sei, dem Hause einen Rath zu geben, womit dasselbe sih beschäftigen solle. Wenn der Beamte, der angegriffen werde, zufällig Mitglied des Hauses sei, so dürfe man sich nicht be- klagen, derselbè sei ja sofort in der Lage, die Angriffe selbst zu entfkräften. Er habe auch gedacht, der Abg. von der Marwiß würde das thun, derselbe habe sih aber mit einem allgemei- nen Tadelsvotum begnügt über die Vergeudung der kostbaren Zeit. Daß demselben die hier gehaltenen Reden beim Minister nicht schaden würden, daran zweifele er niht, dazu brauche derselbe das Wort nicht zu ergreifen. Er habe von der Ver- waltung des Abg. von der Marwiß keine Kenntniß, er müsse aber sagen, wenn seine Verwaltung nicht besser sei, wie seine Reden, dann könne er den Kreis nur bedauern. Die Klagen über den gehässigen Ton nähmen sich doch sonderbar aus gegenüber dem wenig liebenswürdigen Ton, in dem der Minister gesprochen habe. Es sei ihm nicht eingefallen, den Abg. von der Marwiß zu diskreditiren. Die Gründe seines Vorgehens könne derselbe in seiner früheren Rede finden. Er hätte voraus- geseßt, daß der Entscheidung des Ober-Präsidenten sowohl, wie:der des Ministers ein Bericht des Landraths zu Grunde gelegen habe, wie es immer üblich gewesen sei. Hätte er gewußt, daß ein solcher Bericht niht vorgelegen, wäre er auf die Sache nicht zurückgekommen. Er habe nicht die Absicht, dem Abg. von der Marwiß zu schaden, im Gegentheil, er wünsche demselben eine gute Stelle in Posen, die würde ihm gut bekommen. Der Minister verwahre sih gegen die Jnsinuation, derselbe hätte Jnstruktionen erhalten, um in jener Provinz Unzufrieden- heit zu erregen. Thatsächlih seien solhe Jnstruktionen wäh- rend ‘der Kulturkampfzeit gegeben und befolgt worden. Herr von Puttkamer sei viel zu folgsam, als daß derselbe nicht eine Jnstruktion, wenn sie so gelautet hätte, auch befolgt hätte.

Die Diskussion wurde geschlossen. i

Der Tit. 1. des Kap. 83, Gehalt des Ministers, 36 000 M, wurde darauf genehmigt, ebenso ohne Debatte die übrigen 11 Titel dieses Kapitels.

Kap. 84 fordert für das statistishe Bureau 388 583 M Bei Tit. 1, welcher die Gehälter der höheren Beamten dieses Bureaus normirte, verlangte der Abg. Schmidt (Stettin), ebenso wie in Frankreih, England und Amerika, auch in Preußen eine Statistik der Konkurse. Es bestehe vielfach die Meinung, daß die Landwirthschaft zurückgehe, weil die Zahl der Subhastationen eine so große sei. Diesbezügliche statistische Erhebungen in Bayern hätten ergeben, daß nur 4 Proz. der Subhastationen in Folge der ungünstigen Lage der Land- wirthschaft eingetreten seien, die übrigen seien die Folge von Geschäftsunerfahrenheit oder sonstiger Verschuldung des Be- sißers. Es würde sich empfehlen, auch in Preußen eine der- artige Statistik vorzunehmen. Ebenso wäre eine Statistik der Altkatholiken erwünscht. Es sei darauf hingewiesen, daß die Drudckosten der Publikationen des statistishen Bureaus größer seien, als der Erlös aus denselben. Man dürfe aber nicht vergessen, daß der Druck von Zahlen sehr theuer sei. Den Universitäten und anderen ieren Lehranstalten sollten mehrere Exemplare dieser Publikationen kostenfrei zugestellt werden. :

Der Abg. Dr. Franz bemerkte, man sei in Bayern mi der lanvwirthschaftlihen Statistik nit zufrieden, weil die An- lage derselben verfehlt sei. Seine Partei wolle in Preußen nicht denselben Weg gehen. Eine Statistik der Altkatholiken wäre erwünscht ; es sei erfreulih, daß in den Formularen für die Berufsstatistik auch die Rubrik „Religion“ eingefügt sei. Die Behörden müßten nur darauf dringen, daß si die Alt- fatholiken auch wirklich als solche bezeichneten.

Der Abg. Dr. Windthorst erklärte, die Statistik der Alt- katholiken habe einen großen praktishen Zweck; es solle deren Zahl einmal festgestellt werden, damit man nicht noch weiter den Katholiken ihre Kirhen wegnähme. Mit neuem Verlangen nach statistischen Erhebungen sollte man indeß sehr sparsam sein, die Behörden würden sonst unter der Last der Arbeiten erdrüdt. Eine Statistik der Subhastationen habe Schwizrigkeit und kónne nur dann einen Erfolg haben, wenn man si sehr in Privatverhältnisse einmishe, was nicht zulässig sei. Er sei also nicht absolut gegen solhe Untersuhungen, wolle aber gegen ein Zuviel auf dem Gebiete der Statistik warnen.

Der Abg. Schmidt (Stettin) glaubte, daß seine Wünsche niht im Widerspruch ständen mit der Arbeitskraft der Stg- tistik, er wolle nur die Statistik in Preußen auf die Höhe ge- bracht wissen, auf der sie im Auslande stehe.

Der Abg. von Ludwig bemerkte, er wolle eine Basis für die Beurtheilung der Lage der Landwirthschaft {hafen und hierzu sei eine Statistik der Schulden der Landwirthe nöthig; er sehe in der Ausführung der Subhastationsstatistik ein wesentlihes Mittel gegen die Vershuldung des Grundbesißes,

Der Abg. Dr. Windthorst wünschte, daß diese Statistik den Grundbesißern nicht zum Nachtheil gereihen möge. Es genüge nicht, die Schulden allein festzustellen, sondern au, wie ste entstanden seien. Die Ueberlastung der Grundbesißer sei anzuerkennen, aber die Mittel, die die Linke zur Abhülfe anwende, gingen gegen das eigene Fleish der Grundbesitzer.

Tit. 1 wurde bewilligt, ebenso ohne Diskussion die an- d Titel, in welchem persönliche und sachlihe Ausgaben ungiren.

Bei Kap. 85 (Meteorologisches Jnstitut 29 790 46) be- merkte der Abg. von Wedell-Malchow, das meteorologische Institut gewähre niht nur wissenschastlihe, sondern auth praktishe Vortheile durch Ausführung des Wettervorhersage- wesens, es wäre aber eine bessere Organisation der Anstalt zu wünschen, es müßten auch Provinzialstationen für Wetter- beobachtungen errichtet werden. Vortheilhaft wäre die Ueber- nahme des Jnstituts durch das Reich.

Der Regierungskommissar Prof. Dr. Auwers erklärte, daß über die vom Vorredner angeregten Verbesserungen bereits eingehende Berathungen stattgefunden hätten, deren Ergebnisse in speziellen Kostenanschlägen für eine Reform der meteorolo- gischen Anstalt in Potsdam und die Errihtung von Pro- vinzialstationen vorlägen. Diese Kosten seien aber sehr erheb- lich, sie beliefen sich auf eine Million Mark im Ordinarium und über 200 000 4 im Extraordinarium, die hoffentlih im nächsten Fahre im Etat eingestellt werden könnten.

Der Abg. Dr. Thilenius wünschte, daß dieses nächste Jahr auch wirklich das Jahr 1883 sein möge. Jn der Ver- zögerung dieser Angelegenheit liege der Hauptschaden, denn durch dieselbe werde die Erreihung praktischer Resultate der meteorologishen Wissenschaft in Preußen auf Jahre hinaus- geshoben. Die gegenwärtige Einrichtung des in Rede stehen- den Fnstituts sei eine überaus unzulängliche, es fehlten die allerunentbehrlihsten FJnstrumente für die Beobachtungen. Wenn die Uebernahme des meteorologishen FJnstituts auf das Reich angeregt würde, so sollte dies auch bei der Medizinal- statistik der Fall sein.

Der Regierungskommissar Geheime Finanz:Rath Schulze erklärte, eine bestimmte Zusicherung könne jeßzl noch nicht gegeben werden, ob die Mittel schon für das nächste «Fahr in den Etat eingestellt werden könnten, da es sich dabei um bedeutende Beträge handele; jedenfalls aber werde die Angelegenheit auf die Tagesordnung der nächsten Etatsauf- stellung kommen.

Die Abgg. Dr. Thilenius und Wedell-Malchow wollten sih bei dieser Erklärung nicht beruhigen und behielten \ih für die dritte Lesung Anträge vor. « ,

Jn diesem Kapitel befanden sich auch die Gehälter der Amtsvögte in der Provinz Hannover. Der Abg. Dr. Köhler beantragte die Erhöhung derselben. Der Antrag wurde der Budgetkommission überwiesen. i

Darauf wurde Kap. 85 bewilligt, ebenso wurden die Kap. 86, Ober-Verwaltungs-, Bezirks-Verwaltungsgerichte und Deputationen für Heimathwesen, Kap. 87 Standesämter, Kap. 88 Verwaltung der Regierungs-Amtsblätter und Kap. 89 Landdrosteien ohne Debatte bewilligt.

Kap. 90 fordert für landräthlihe Behörden 7 180 571 und wurde nah einer kurzen Bemerkung des Abg. Kantak bewilligt. i

Bei Kap. 91, Polizeiverwaltung in Berlin, Staats- beitrag 6618765 M, richtete der Abg. Berger (Witten) an den Minister des Fnnern die Anfrage, ob alle Maßregeln in den Berliner Theatern und öffentlichen Lokalen getroffen wor- den seien, um Katastrophen, wie sie in Wien und Nizza vor- gekommen seien, zu verhindern. Die Polizeiverwaltung scheine bei den Theaterdirektoren nicht das erwünschte Entgegenkommen zu finden. Wenigstens heiße es in dem Briefe des hiesigen General- gJntendanten der Königlichen Theater an den Theaterdireftor in Hamburg, es sei zu beklagen, daß jeßt den norddeutschen Theatern kostspielige Anlagen zugemuthet würden. Man müsse allerdings anerkennen, daß die hiesigen Theater gut admi- nistrirt würden, aber in baulicher Hinsicht seien dieselben nicht so ausgeführt, um dem Publikum den erforderlihen Schuß zu gewähren. Die Feuerwehr sei freilich vorzüglich, aber das Publikum verlasse sih doch zu sehr auf sie. Es sei aber auch Anlaß zu Klagen bezüglih der Bauten im Allgemeinen. Es würden noch immer Häuser von 5 bis 6 Stockwerken aufge- führt ; hölzerne Haupttreppen kämen selbst in neuen Häusern vor, wodurch die Gefahr bei Bränden bedeutend vermehrt werde. Ebenso seien auch bei neuen Häusern enge Höfe zu finden. Kellerwohnungen gebe es in Berlin 12000, in denen mehr als 100 000 Menschen wohnten. Jn den älteren Stadttheilen hätten diese Wohnungen eine Höhe von nur 6 bis 7 Ful die Sterblichkeit in denselben betrage 10 bis 12 Proz, Aber auch in den neuen Stadttheilen seien die Fellerwonnungee sehr ungesund, das Wasser fließe von den Wänden förmlich herab. Es sei daher kein Wunder, wenn das Armenbudget der Stadtgemeinde von Jahr zu Jahr wachse.

Hierauf ergriff der Vize-Präsident des Staats-Ministeriums von Puttkamer das Wort:

Meine Herren! Der Hr. Abg. Berger hat volllommen ret, wenn er die von ihm erörterte Angelegenheit als eine Frage ersten

Ranges der öffentlichen Sicherheit erklärt und i bin i m sehr wn für die Anregung, die er dadur gegeben hat, ül vir Frage mich bier auszusprechen. Bekanntlich hat der Theaterbrand zu Nizza, ter, wenn ih mich nit irre, im Januar v. J. stattfand, zuerst Veranlaffung gegeben ih Tann wohl sagen den Polizeibehörden sämmtlicher größeren Städte die Frage der Feuersicherheit der Theater nunmehr in ernsteste Erwägung zu nehmen. So auch hier kei uns. Es ist der Akademie für Bauwefen ein Gutachten abverlangt worden über diejenigen Maß- regeln, welche nöthig seien in ihrer Gesammtheit, um die Sicherheit für das theaterbesubende Publikum auf den mögli umfassenden gus zu bringen. Das Gutachten, welches diese Körperschaft abgegeben at, ist, und das kann ih als ein Glück bezeichnen, von dem Mi- nisterium des Innern bereits unterm 18. November an das Polizei- Präsidium abgegeben worden mit dem Auftrage, die darin enthal- tenen Vorschläge zur Abhülfe von Maßregeln in Bezug auf man- gelnde Feuersicherheit in den Theatern in ernsteste Erwägung zu ziehen und auf Grund dessen seine Vorschläge zu machen. Am 8. Dezember trat das \crecklie Greigniß in Wien ein und der Polizei-Präsident bat mi um die Ermächtigung auch mit zu dem Zwecke, um eine noch festere Basis für die Vor- {läge zu erhalten, die er abzugeben im Begriff war, einen der be- währtesten Beamten, nämlih den Chef der hiesigen Feuerwehr, Brand-Major Witte, nah Wien zu entsenden, um dort an Ort und Stelle, so weik es nach Lage der Verhältnisse ausführbar und möglich wäre, sich über die Ursachen des Wiener Ring-Theaterbrandes und über die etwaigen Uebelstände, die dieser Veranlassung zu Grunde lagen, zu informiren. Die Herren werden ja wohl es würdigen, wenn ich diesen Bericht, der in hohem Maße interessant ist, hier in extenso nicht mittheile, weil es selbstverständlich, weil er nicht anders sein kann, Kritiken über die Wiener Zustände enthält und bevor die ge- richtlihen Untersuhungen noch nicht abgeschlossen sind, es \elbstver- ständlih ein großes Unrecht wäre, hier wirklich ein Wort des Urtheils darüber fallen zu lassen. Aber jedenfalls hat das Gutachten der Akademie für Bauten und der Bericht, den der Brand-Major Witte aufgestellt Hat, zusammengenommen, dem Polizei - Präsidenten Veranlassung gegeben, nun nochmals in der umfassendsten Weise Vorkehrungen vorzubereiten, in den Theatern, so weit es- nah menschlichem Abschen möglih ift, die unbedingte Sicherheit des Theater besuchenden Publikums in Bezug auf Seuersgefahr hinzustellen. Es sind eine Reihe von Anforderungen an die Inhaber der öffent- lien Scauspiellokale in dieser Nichtung gestellt worden, und ich zweifle nicht daran, meine Herren, daß das Polizei-Präsidium das nöthige Entgegenkommen finden wird. Ich kann hier die Ueberzeu- gung aussprechen, daß keine Verwaltung, auch nicht die der König- lichen Theater, das Recht hat, si den wohlerwogenen Anforderungen, die das Polizei-Präsidium in dieser Beziehung an sie stellt, nit willfährig zu zeigen. Ich bin der Meinung, daß eine befriedigende Lösung auch für die sämmtlichen Kunstinstitute Berlins stattfinden wird. Wenn der Herr Vorredner dann noch auf die Gegenstände der Baupolizei im übrigen kam, so fann ih ihn wohl daran erinnern, daß dies über- haupt nicht speziell zum Ressort des Ministeriums des Innern, fon- dern zu dem des Ministeriums für öffentliche Arbeiten gehört. Fch bin aber in ‘der glücklihen Lage, ihm mittheilen zu können, daß das Polizei- Präsidium \chon seit längerer Zeit mit den städtischen Behörden über eine neue Baupolizeiordnung, in welcher auch die wesentlichen Mängel, welche der Herr Abgeordnete erwähnte, Berücksichtigung finden werden, verhandelt, und daß alle Aussicht vorhanden ist, nachdem die Einigung im Wesentlichen und in den Grundsäßen zu Stande gekommen ist, in den nächsten Wochen diese Frage zum formellen Abschluß gelangen wird. Es ist das Polizei- Präsidium in seinen Anforderungen recht streng gewesen, indem es namentlich eine größere Weite der Höfe verlangt, welches auch in seuerpolizeiliher Beziehung sehr wichtig ist; 0 V O mt mit Bestimmtheit zu erinnern glaube, ist das eines der wesent- lihsten Erfordernisse, welhe in den Vorschlägen des Polizei- Präsidiums auftreten. Aber ih wiederhole, die grundsäßliche Eini- gung zwischen dem Polizeipräsidium und den städtishen Behörden ift saft vollständig hergestellt, und es wird hoffentlich nur eine ganz geringe Zahl von Monaten vergehen , bis die neue Baupolizei- ordnung, so bald die Verhältnisse es gestatten, ins Leben treten wird. Die Frage der Treppen ist ja auc sehr wichtig, ih glaube mich aber zu erinnern, daß \{chon jeßt die Bestimmung besteht, daß jedes Haus entweder zwei, oder wenn nur eine, dann eine unver- brennlihe Treppe haben muß. Ich gebe ja zu, daß das viel- leicht für fehr {were und plößlich eintretende Feuersgefahr noch nicht ausreicht, aber andererseits fällt doch auch der Umstand ins Gewicht, daß man den Bauunternehmern nicht allzu {were Opfer abverlangen darf und in einer Stadt wie Berlin, die früher um 50 000, jetzt immer doch noch um mebr als 30000 Seelen jährli wächst, muß do auch dafür Sicherheit gewährt scin, daß die Baulust und der Trieb der Bauunternehmer, neue Bauten auszuführen, nicht allzu sehr einges{ränkt wird, denn sonst würden wir, anstatt der vom Hrn. Abg. Berger mit Recht gerügten Mangelhaftigkeit der sanitären Zustände vielleicht wieder Wohnungsnoth haben, und das wäre doc au wohl nicht in seinem Sinne; aber, wie gesagt, die neue Polizeiverordnung wird die wesentlichsten Mängel beseitigen und damit kann Hr. Berger die Auskunft als gegeben betrachten.

Der Abg. Nichter brachte die

i : neuerdings erfolgte Aus- weisung von 20 Sozialdemokraten

zur Sprache, die im krassen

Páxfera :te für den Deutschen Reichs- und Königl. | Deffentlicher Auzeiger. /

Preuß. Staats-Anzeiger und das Central-Handels- register nimmt an: die Königliche Expedition

des Devishen Reichs-Anzeigers und Königlich 2, “D Anfgebote, Vorladungen u. dergl,

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4. Verlooeung, Amortisation, Zinszaklang u. f. w. von öffentlichen Papieren.

Prenßischen Staats-Anzeigers: | Berlin §3W., Wilhelm-Straße Nr. 32. P24 #

Steckbriefe und Untersuchungs - Sachen. Steckbrief. Der Schuhmacher Albert Creuye aus Bolkenhain, 36 Jahre alt, evangelish, dessen Aufenthalt unbekannt ist, soll wegen Diebstahls ver- haftet werden. Die zuständigen Behörden werden ersucht, den Creutze im Betretungsfalle zu verhaften und ihn in unser Gericbtsgefängniß abzuliefern. Signalement : 1) Namen Albert Creutze, 2) Stand chuhmachergeselle, 3) Geburtsort Bolkenhain, 4) Wohnort Bolkenhain, 5) Religion evangelis, 6) Alter 36 Jahre, geb. den 2. Januar 1846, () Größe 1,63 Mtr,, 8) Haare s{warzbraun, 9) Stirn frei, 10) Augenbrauen dunkel, 11) Augen raun, 12) Nase breit, 13) Mund gewöhnlich, 14) Zähne fehlerhaft, 15) Bart rasirt, 16) Kinn

| geschlagen, wo sie

L. Steckbriefe nund Untersachungs-Sachen, 5.

| rolonne habe nach dem Schlusse dieser Versammlung dage-

dem Schaubudenbesißzer Georg Behrens aus Her- ford als Gewerbegehülfe gedient zu haben, indem er die Orgel gedreht, bei Verwandlungen die versie- denen Vorhänge aufgezogen, Lichter angezündet und auêgemaht und dergleichen mehr, ohne den dazu er- forderlichen Gewerbeschein zu besizen Uebertre- tung gegen §8. 6, 18, 26 und 28 des Hausirregu- lativs vom 28. April 1824 2c. wird auf deu 1. Mai 1882, Vormittags 9 Uhr, vor die Strafkammer des Königlichen Landgerichts zu Lüneburg zur Hauptverhandlung geladen. Auch bei unentshuldigtem Ausbleiben wird zur Haupt- verhandlung geschritten werden. Lüneburg, den 20. Februar 1882. Königliche Staatsanwaltschaft.

Widerspruch stehe einerseits zu den Aussagen der Regierung, ; daß die Bewegung im Abnehmen begriffen sei, andererseits zu der Versicherung des Abg. Stöcker, daß die Sozialdemo- fraten in sein Lager übergegangen seien, Diese strenge Handhabung des Geseßes lasse das moralische Un- recht, welhes in demselben liege, um so schärfer hervortreten, als die Judenheßze jeßt wieder von bekannten Agitatoren systematisch betrieben werde, ohne daß die Polizei einschreite. Da man vielleicht in Kurzem wieder einen frischen fröhlichen Wahlkampf zu erwarten habe, so dürfte es dem Minister selbst erwünscht sein, eine Stimme zu vernehmen über die Handhabung des Versammlungsrehtes in Berlin. Der Minister habe über die Jnanspruhnahme der Beamten- kräfte geklagt und es sei shwer, nur solche Beamte mit der Veaufsichtigung zu betrauen, die völlig ihrer Aufgabe gewachsen seien. Er habe persönlich oft Bedauern empfunden über die {weren Anforderungen, die an diese Beamten gestellt würden, so daß die Frage nahe liege, ob die Beaufsichtigung sämmtlicher Versammlungen in der That richtig sei und es nit besser wäre, nur die größeren Versammlungen und solche, die nach der ganzen Art der An- kündigung es wünschenswerth erscheinen ließen, zu beaufsih- tigen, so daß die Zahl der geschulten Beamten ausreihe. Die Fortschrittspartei wünsche gar keine Beaufsichtigung und möchte sih in ihren Verjammlungen am liebsten selbst shüßen. Die meisten Auflösungen jeien entweder unter Be- rufung auf das Sozialistengeseß oder wegen Tumultes erfolgt und nur in ganz vereinzeltem Falle auf Grund des Para- graphen wegen Aufforderung zu Vergehen, wodur bewiesen sei, in welchen Schranken sih diese Wahlbewegung auch Seitens der Fortschrittspartei gehalten habe, so daß die allgemeinen Vorwürfe über Ausschreitungen durchaus niht zutreffend seien. Nun seien Sozialistenversammlungen wegen der drohen- den Ausweisung nicht zu befürhten, und gegen Sozialisten sih in anderen Versammlungen zu schüßen, hätten die Ver- anstalter selbst das allerstärkste Jnteresse. Am meisten interessire ihn die Auflösung wegen sogenannten Tumultes, Seines Erachtens sei es zuerst die Aufgabe der Veranstalter der Versammlung, der Vorsißenden, der Ordner,, die Nuhe wiederherzujsellen und nur, wenn das absolut nicht möglich sei, könne die Frage berechtigt sein, ob die Auflösung im Jnteresse der öffentlihen Ruhe zu erfolgen habe. Erfolge die Auflösung der Versammlungen gleich, so rufe man damit Ruhestörungen geradezu hervor. So haben sih hier in der sogenannten antisemitishen oder antifortschrittlihen Partei förmliche Organisationen gebildet, um durch Ruhestörung die Auflösung der Versammlungen ver Fortschritts- partei herbeizuführen, und die Polizei, die die Auf- lôsung vollzogen habe, habe \sich wider Willen zur Vollstreckerin jener das Hausreht gefährdenden Bestrebungen gemacht. Er spreche dabei natürlih nur von Versammmlungen, die auss{ließlich für Mitglieder der Fortschrittspartei bestimmt gewesen seien. Fn jener Zeit habe man es erlebt, daß sich auf Seite der Gegenpartei. sog. Sprengkolonnen, ein sog. | Sprengceomité gebildet habe. Er habe vor si eine Liste der Mitglieder dieses Vereins, die wohl kzum der Polizei gemel- det sein dürften. Jn dem Cirkular desselben würden die Mitglieder aufgefordert, sich in den Versammlungen der Fortschrittspartei einzufinden. (Redner schilderte die Vorgänge in den Reichshcllen, wo die Sprengkolonne zurüctgewiesen sei und nachiräglih eine Versammlung des Arbeitervereins ge- stört habe). Jn den Versammlungen habe die Fortschritts- partei durch eine freiwillige Polizei diese Angriffe zurück- niht dur Auflösungen daran gehindert worden sei. Jn der leßten Zeit habe die olizei in der Praxis der rashen Auflösung eine Aenderung eintreten lassen; es werde jeßt gegen diese Sprengkolonnen eingeschrit- | ten. Aber bei einer Versammlung auf Tivoli sei sie nicht so verfahren. Seine Partei habe die Sprengkolonnen von der Straße aus beobachtet, sie seien einfah nit hineingelassen. Nun habe si aber die Gesellschaft draußen versamnielt, und da habe seiner Partei allerdings die Polizei niht beigestanden. Es habe feine Störung der Versammlung selbst stattfinden können, aber es sei dann nach der Versammlung die Prügelei daraus entstanden, von der in den Zeitungen die Rede gewesen sei. Die Spreng- standen und die Leute, es seien Schlossergesellen gewesen u, dgl. verhöhnt; die hätten sih das natürlich nicht gefallen lassen. Aber er erkenne an, daß Angesichts dieser Vorgänge in einer folgenden Versammlung die Polizei sehr energisch gegen

und Grosshandel.

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Alimente bis den Beklagten

lihen Landgerichts zu Schweidnitz

mit der Aufforderung, einen bei dem

Auszug der Klage bekannt gemalt. Iunger,

[9267]

cinglich, 17) Gesichtsbildung länglich, 18) Gesichts- farbe gelblid, 19) Statur unterseßt, 20) Sprache deuts, 21) Besondere Kennzeichen: Keine. Befklei- ung: 1 blaue Tuhmütze, 1 Paar braune Zeug- osen, 1 blaugestreiftes Hemd, 1 graues Zeug- aquet, 1 braune Weste, 1 graues Vorhemdchen,

aar Sticfel. Bolkenhain, den 14, Februar 1882, Königliches Amtsgericht. 11,

[9266] geb. gegen ihren Y

[9261] La Der Fabrikarbeiter

dung.

: Friedri August Weber, 24 Jahre alt, aus Barmen, dessen Aufenthalt un- bekannt ist und welchem zur Last gelegt wird, am 24. und 25, April 1876 zu Celle auf dem Jahrmarkte

Subhastationen, Aufgebote, Vo-- ladungen u. dergl. Oeffentliche Zustellung. Die verehelichte Tagearbeiter Aumann, Karoline, erzig, zu Waldenburg i./Sl., vertreten durch | den den Justiz-Rath v. Chappuis zu Waldenburg, klagt Ehemann, lumann, bisher zu Ober-Waldenburg, jetzt un- bekannten Aufenthalts, mit dem Antrage, das zwi- {ben ihr und ihrem Ehemanne bestehende Band der Ehe zu trennen, den Verklagten für den allein \{ul- digen Theil und als solchen q ibr den vierten Theil seines Vermögens heraus-

Aufenthaltsortes, ladet die Klägerin, ihr zugeordneten Justiz-Rath Ernst, hierselbst, den den Tagearbeiter Landgerichts hierselbst auf

den 28. April dieses

mit der Aufforderung, einen bei

Gerichte zugela\ssenen

ür \{uldig zu erklären,

i derer den

Indnstrielle Etablissementes, Fabriken

. Versckiedene Bekanntwachnagen.

beilaga. Ld zugeben, oder ihr nach ihrer Wahl standesgemäße Zum Zwecke der öffentlichen Zustellung

an ihren Tod zu gewähren, und ladet en Bekla zur mündlichen Verhandlung des Rechtsstreits vor die IV, Civilkammec des König-

auf den 6. Mai 1882, Vormittags 9 Uhr, richte zvgelafsenen Anwalt zu bestellen. Zum Zwedcke der öffentlichen Zustellung wird dieser Gerichtsschreiber des Königlichen Landgerichts.

Oeffentliche Zustellung.

In dem bei dem hiesigen Königlichen Landgericht anhängigen Ebescheidungs-Prozesse der verehelichten Schneider Ludwig, Ida, geborenen Stiel, in Brieg, wider ihren Ehemann, den Schneider Heinrich Lud- wig, bisher in Brieg wohnhaft, jetzt unbekannten

Rechtsanwalt ,

Karl Fortsepung der mündlichen Verhandlung des Rechts- treits vor die erste Civillammer des Königlichen

ahres, Vormittags 10 Uhr,

nwalt zu bestellen.

diese planmäßigen Ruhestörer eingeschritten sei. Er führe dies an, um darauf hinzuweisen, daß man gerade durch die Auf- lösung dem Zwecke derjenigen in die Hand arbeite, die eine Ruhestörung beabsichtigt hätten. Möge enolich der Brauch Englands und Amerikas in Preußen Eingang finden, daß Nie- mand zu einer Versammlung gche, zu der derselbe niht ein- geladen sei und vor Allem das Hausrecht respektirt werde. Ge E mehr helfen, als irgend welche Jntervention der

Demnächst nahm der Vize-Präsident des Staats-Ministerims C aer das Wort: A

„cetne Herren! Den leßten Aeußerungen des Hrn. Abg. Ri obgleich sie nit an mich persönlich Stet M Ae h p nur vollständig anschließen; ih halte es auch für einen ganz groben Mißbrauch, in einer Versammlung, zu der man entweder eingeladen wird oder Zutritt erhält durch die Konnivenz der Veranstalter, Skandal ‘zu erheben und Unruhe zu machen, das wird von jedem anständigen Mann ganz entschieden verurtheilt werden. Aber der Hr. _Abg. Richter hat ja selbst die Güte gehabt zu Jagen, daß seine leßten Ausführungen mehr ein avis anu lecteur sein und keinen Vorwurf gegen die Behörde enthalten sollen. Einige seiner Bemerkungen möchte ih doch ‘Fiè Grundlage von Gegen- äußerungen maden, die fih auf das Verfahren der Behörde beziehen.

Daß- in den leßten Tagen eine größere Zahl von Ausweisungen auf Grund des Sozialistengesetzes stattgefunden hat, habe ih heute früh aus den Zeitungen ersehen und erwarte stündlih den Bericht Des Polizei-Präsidenten über die Motive, die dazu Veranlassung ge- geben haben, das ift feine Amtspfliht. Sollten si dabei bin- reichend interessante Momente crgeben, so würde es gar keine Be- denken haben, das auf Verlangen mitzutheilen, obgleich der Hr. Abg. Richter felbst anerkannt hat, _daß die eigentliche Kontrole über die Ausführung des Sozialistengeseßes nicht in dieses Haus, sondern in den Reichstag gehört, wo auch Auskunft darüber ertheilt wird.

Was die Ueberwachung der Vereine und Versammlungen hier anbetrifft, so freue ich mich, daß der Hr. Abg. Richter selbst aner- kannt hat, daß, nachdem der Wahlkampf vorüber, diese Be- {werden eigentlih ganz fortgefallen sind über die Polizei, weil jeß ein normaler Zustand eingetreten ist, der die Möglichkeit gewährt, die Versammlungen in aller Nuhe zu überwachen und die betreffenden Beamten nit allzusehr zu belasten. Wenn der Herr Abgeordnete dann aber meinte, man hâtte auch während der Wahlbewegung vielleiht besser gethan, wenn man die Veberwachung jeder einzelnen Versammlung nicht obligatorisch ges macht, sondern nur die großen Versammlungen überwacht hätte, so erkenne ih gern „an, daß nah dem Gesetz über Vereinsrecht die Uehber- wachung nur ein Recht der Behörde, niht aber eine Pflicht ist. Wenn ich indessen den Zustand, wie er in Berlin während der letzten Wahlbewegung war, mir vergegenwärtige, fo glaube ih doc, daß das Polizeipräsidium dem öffentlihen Wesen einen nützlichen Dienst ge- leistet hat, wenn es sich grundsäßlih auf den Boden gestellt, jede öffentliche Versammlung in jener Zeit in der geseßlich gestatteten Weise überwachen zu Tae, und Uh glaube, wenn der Hr. Abg. Richter sogar diese Frage generalisirte und meinte, es wäre besser, diese Versammlungen überhaupt nicht zu überwachen und dem Hausrecht zu überlassen, die Ordnung aufrecht zu erhalten, so möchte ih fast glauben, steht er felbst in seiner Partei mit dieser Ansicht do ziemli allein. (Widerspruch.) Ja, meine Herren, i muß das annehmen aus Materialien, welche mir vorliegen, ih habe hier verschiedene Anzeigen des Polizei-Präsidiums vor mir, Inhalts

hervorragende Führer der Fortshrittspartei im Voraus Polizei-Präsidenten dringend gebeten haben, in Bezug auf bevorstehende Versammlungen doh ja recht energisch mit der Ueberwachung zu fein, damit Tumulte in Folge dessen thatsächliche Ausschreitungen möglich} vermieden werden. Also diese Herren gingen doch roohl von der Voraus\eßung aus, daß es in ihrem eigenen Interesse liegt, „wenn die Versammlungen überwacht würden.

_ Wenn der Abg. Richter dann sagt, die vorzeitige Auflösung pro- vozire gerade Unruhe und Störungen, indem diejenigen, welche sich in solhe Versammlungen eindrängen, darauf rechnen, daß die Auf- lósung erfolgen wird, und dies durch Tumulte Pprovo- ziren, fo beklage ich es aufrihtig, wenn das thatfächlih die Folge des Einschreitens der Polizeibeamten fein sollte, aber i glaube nicht, daß Hr. Richter wird behaupten wollen, dur folchbe Möglich- keit werde_die Verpflichtung der Beamten aufgehoben oder vermin- dert, die Ordnung in der Versammlung genau zu überwachen unv sobald fi, gleichzeitig aus welchbem Grunde ein thatsächlih zwin- gender Anlaß zur Auflösung ergiebt, es auc zu thun.

Wie gesagt, ih bin ja mit dem Schluß der Rede des Abg. Richter vollkommen einverstanden, es is gewiß nicht anftän- dig, sich in fremde Versammlungen als Ruhestörer einzu- drängen, aber die Polizei hat mit diesem Gesichtspunkt nur insofern zu thun, als, wenn in Folge folchen Eindrängens fremder Elemente thatsächliche Momente im Verlauf der Verhandlung entgegentreten, die zur Vermeidung einer vielleicht die öffentliche Sicherheit gefährden- den Aufregung „Ne zwingen, zur Auflösung zu schreiten, sie einfa ihre Schuldigkeit zu thun hat.

Hierauf vertagte um 4 Uhr das Haus die Debatte auf Sonnabend 11 Uhr.

Inserate nehmen an: die Annoncen-Expeditionen del „Zuvalidendank“, Rudolf Mosse, Haasenstein & Vogler, G. L. Daube & Co., E. Schlotte, Büttner & Winter, sowie alle übrigen größeren

Annoncen- Ü M cen-Bureaux

wird diese Ladung bekannt gemacht. Brieg, den 21. Februar 1882. Schubert, Gerichtsschreiber des Königlichen Landgerichts.

dc F ö gedachten Ge [9269] Nachstehender Auszug aus der Registratur vom 9. Februar 1882 in Sacen der unverehelicten Friederike Reinke zu Wokuhl und des Arbeits- mannes Johann Reinde, ebendaselbst, Kläger, gegen den Maurergesellen Wilhelm Elsner aus Wokuhl, jeßt unbekannten Auscutbalts, Beklagten, wegen Ali- mente : Ic, die Mitklägerin, erkläre mi bereit, den mir auferlegten Eid abzuleisten und laden wir, die Kläger, den Beklagten zur weiteren Ver- handlung der Sache auf den von dem Herrn Amtsrichter anzuseßenden Termin vor das Groß- herzogliche Amtsgericht zu Strelitz, wird mit dem Bemerken, daß der Termin auf Freitag, den 14. April 1882, L Vormittags 10 Uhr, bestimmt ift, zwecks öffentlicher Zustellung der Ladung an den Beklagten hiermit bekannt gemacht. Strelit, den 17, Februar 1882. E Sevberlic, Gerichtsschreiber des Großherzoglichen Amtsgerichts.

vertreten dur Königlichen Beklagten zur

dem geda(ten