1882 / 50 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 27 Feb 1882 18:00:01 GMT) scan diff

ordentlihen Ausgaben weist der Etat 2 265 330 nab, welche zum Neu- bez. Erweiterungsbau von Gerichts-Geschäftsgebäuden und Ge- fängnissen bestimmt sind. Eine dem Etat beigegebene Uebersicht der Einnahmen und Ausgaben der Iustiz-Offizianten-Wittwenkafse für das Jahr vom 1. April 1882/83 erweist eine Einnahme von 264 000 X und eine Ausgabe von 274000 4A Der darnach 10 000 A betragende Uebershuß der Ausgabe über die Einnahme wird aus den in früheren Jahren verbliebenen Ueberschüssen gedeckt.

Statistische Nachrichten.

Der Waldeckischbe Landes-Kalender auf das Jahr 1882 (Mengeringhausen, W. Weigelshe Hof- und Regierungs-Buch- druckerei) enthält wiederum die neuesten statistischen Daten über die Fürstenthümer Waldeck und Pyrmont. Das erstere hat 19,17 geogr. Quadratmeilen (1055,468 qkm) mit 13 Städten, 97 Dörfern und (Dezember 1880) 48 528 Einwohnern. Das Fürsten- thum Pyrmont umfaßt 1,19 geogr. Quadratmeilen (65,529 gkm) mit 1 Std. 10 örfern und 8020 Einwohnern. Die weit überwiegende Mehrzahl der Einwohner beider Fürsten- thümer bekennt sich zur evangelishen Konfession, nur das Kirchspiel Eppe ist e katholis; auch in Arolsen und Pyrmont sind kleine kat olishe, in Sachsenberg und Arbach separirte lutherisde Gemeinden. Außerdem kommen Îuden und ganz vereinzelt Mennoniten und Ouäker vor. Das Fürstenthum Waldeck bildet 3 Kreise (Twiste, , Eisenberg und Eder), das Fürstenthum Pyrmont bildet den gleihnamigen Kreis. Der Landtag besteht aus 15 Abgeordneten. An der Spitze der Verwaltung steht bekanntlich der Landesdirektor (z. Z. Frhr. von Puttkamer). Die Funktionen der Ober-Schulbehörde sind dem Königlichen Provinzial-Schulkollegium in Cafsel übertragen. Höhere Unterrichtsanfialten sind das Landesgymnasium in Korbach und die höheren Vürgerschulen in Arolsen, Wildungen und Pyrmont. Die Verwaltung des Bergwesens ist dem Königlichen Ober-Bergamt zu Bonn überwiesen. Als Gewerberath fungirt kom- missarish der Ober-Medizinal-Assessor Dr. Kind in Cassel. Das Landgestüt ist mit dem Gestüt zu Dillenburg vereinigt wor- den. Die Ablösung der Servituten, Theilung der Gemeinschaften und Zusammenlegung der Grundstücke wird von der Königlichen General- Kommission zu Caffel wahrgenommen. Als Justizbehörden fungiren die Amtsgerichte zu Arolsen, Korbach, Wildur- gen und Pyrmont, leßteres zum Landgericht Hannover bezw. Ober-Landesgericht Celle, erstere drei zum Landgericht bezw, Ober- Landesgericht Cassel zugehörig. Zum Militärdienst werden die waldeck- schen Staatsangehörigen meist in das in Arolfen garnisonirende Füsilier- Bataillon des 3. Hessischen Infanterie-Regiments Nr. 83 eingestellt. An der Spiye der Kirchenverwaltung steht das Konsistorium in Arol- fen, unter welchem 3 Superintendenten fungiren. Der Fürstlichen Domänenkammer in Arolsen unterstehen u. A. 3 Forstinspektionen mit 15 Forstrevieren sowie 4 Domanial-Rentereien und die Brunnen- und Badehaus-Administrationen zu Pyrmont.

== Die „Els.-Lothr. Ztg.“ veröffentlicht folgende Uebersicht über den Umfang des Post- und Telegraphen - Verkehrs von Straßburg, Clsaß, auss{ließlich der Vororte für das Jahr 1881.

Es sind befördert worden :

Briefe, Postkarten, Drucksachen, Waarenproben Pakete ohne Werthangabe . Briefe und Packete mit Werth- S 58 000 D der Werthangabe . 91 784 000 A ostnahnahme-Sendungen . . 21 000 Nachnahme-Betrag 204 000 A Postaufträge E 18 000 Betrag zur Geldeinziehung 1 896 000 Postanweisungen . 272 000 Geldbetrag derselben . 16 112 000 M. Telegramme N 98 000 Telegramme im Durchgang Summe der Telegramme Es sind verkauft worden : Freimarken und gestempelte Briefumscläge Postkarten E E 758 000 __Im Wege des Postabonnements sind von den 30 in Straßburg erscheinenden Zeitungen, Zeitschriften und amtlichen Blättern 18 699 CGremplare mit 3078703 Nummern abgesandt und von auswärts 1210 verschiedene Zeitungen und Zeischriften in 10 989 Eremplaren mit 2017966 Nummern bezogen worden und zwar: 755 verschiedene Blätter aus dem Deutschen Reich, 22 aus Oesterreich-Ungarn, 356 aus Frankrei, 48 aus der Schweiz und 19 aus England.

ankommend

5 376 000 393 000

abgehend

9 004 000 423 000

35 000 71 399 000 M. 35 000 377 000 M. 99 000

158 000 9 737 000 M. 90 000 447 000 635 000

6 590 000

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Ein Landaufenthalt von Onkel Titus, cine Ge- {ichte für Kinder und au für Solche, welche die Kinder lieb haben. Von Johanna Spyri. (Friedrih Andreas Perthes, Gotha 1881. Preis 26 40 4, geb. 3 4 60 -§.)— Diese jüngste Erzählung der belicbten Jugendschriftstellerin ¿ählt zu ihren besten Gaben. Eine vater- und mutterlose Waise wird den Händen von kinderlosen und lieblosfen Verwandten übergeben, die durchaus kein Verständniß und kein Herz für eine Kindernatur, ihre Bedürfnisse und Neigungen haben. Die Kleine bleibt einsam, unverstanden: „Onkel Titus“, ein in Büchern vergrabener, gelehrter Ggoist, der keinerlei Geräusch bören kann; die Tante nur bedacbt, den Gelehrten vor Lärm und Menschen zu büten. Endlich findet auf einer Reise in die Schweiz das halb verkümmerte und vergrämte Kind Eingang in eine kinderreiche und glücklihe Familie. In diesem fröblichen Hause als ein Kind auf- genommen, lebt die Verlassene auf; sie bat Heimath, Eltern und Liebe gefunden. In der Hinbewegung nach diesem Ziele liegt der Kern der anziehenden und fris erzählten Geschichte.

In demselben Verlage ershien: Um eine Menschenseele. Phantasie von Helene Nievert. (1881. Preis 1,40 M, geb. 2,40 M) Die junge S(þriftstellerin bietet in dieser ihrer Erstling8gabe ein sinniges Märchen. Eine Meerjungfrau, ergriffen von dem feligen Frieden einer in den Wogen gebetteten Jünglingsleiche und voll von Schnsucht, der Braut des Todten die Kunde von seinem Scheiden zu bringen, gehoben von der Ahnung des au in Mißgeshick und Tod noch immer überreichen Glüdckes einer dem Himmel verwandten un- sterblihen Menschenseele, verwandelt sih in ein sterblibes Weib und erfüllt zunäst die Aufgabe, der verwaisten Braut Gewißheit zu geben über die bis in den Tod getreue Liebe ihres Bräutigams ; dann aber empfindet sie mehr und mebr das süße Glück des Menscben- loses in selbstloser Entsagung und werkthätiger Näcbstenliebe. Die kleine Erzählung verknüvft in anmuthiger Weise die mit kindlicer Phantasie bescelten elementaren Mächte mit den cthish-religiösen Motiven der Menschenwelt. Die Darstellung ist plastisch{; mit wenigen, aber flaren Strichen werden \{chöône Naturscenen nicht minder wie ergreifende Bilder des Menschenwelt gezeichnet; die Erzäblerin aber tritt nie mit Reflerionen störend zwischen die vorgeführten Thatsachen. Dabei ist die Sprache von Adel und Wobhllaut,

Griechenland in Wort und Bild. Eine Schilderung des bellenishen Königreiches von A. von Schweiger-Lerchenfeld. Mit cck 200 Jllustrationen. In 20 Lieferungen zu je ee Leipzia, Schmidt & Günther. Die vierte soeben erschienene Lieferung bringt eine Ansibt des heutigen Eleusis (Lefsina) und die Volkätracbt der dortigen Frauen, sodann die Ruinen der Propyläen von Eleusis und ein großes Bild der Ebene von Marathon. Der Verfasser führt uns über Megara, Korinth und Akrokorinth und orientirt den

Leser auf dem klassisben, nur noch mit Trümmern bedeckten Boden mit der Leuchte der Geschichte.

bis Ende August d. J. zu M Steins-, Thon- ausländischen Industrie zu dieser

men wurde. Dieselbe die auf den Bergbau,

Vergünstigungen des Zollgesetzes zu

haben keine amtlihe Stellung. D kommiffar nit ernannt.

nishem Nadelholz zu Schi 131 750 Lire, nabdem in einem

Ueber die \peziellen Bedingungen i der Arsenale von Spezia, Venedig

D PreußisGe Aktiengesellschaft erzielte, und Rechnungen für das Bruttogewinn von

neuen Schädenreserven mit 76 239

rath hat die Bilanz nah den Vors 2 9/0; 1880: 25 9/0).

Die „New-Yorker H

handel machen si die Folgen d Produktenspekulation, beim Beginn Bekanntlich kaufen Produzenten im ihren Ernteerträgen. Dur deren

Schulden mann übt

und der

diesen bei

von seinen

welche es {ließen ;

heblih gewichen für letztere sind bereits große Ordres

bald ein Ende nehmen wird, freilich Frühjahrssaison einzuwirken. unseres Plaßes um fast 25 Mill.

zugenommen hat. namentlich Weizen, verkehrten in

wesentlichen Belebung des Exportge treideladungen sind fünf wolle hat unter dem Drude fl ues eines bedeutenden hiesigen owohl in disponibler Waare,

wesentlihe Preiseinbuße erlitten.

festere Stimmung, und west- und zunehmender Frage. Der Markt für Schmalz,

auer

wie Terpentinöl ruhig; leßteres hat nicht behaupten können. Der Hopf

Der Import fremder Webstoffe 2851 939 Doll, gegen Vorjahres.

ODderufer-Eisenbahn-Priorit röder, Mendelssohn u. Co.,

Glasgow, 25. Februar. Roheisen in den Stores belau 926 000 Tons im vorigen Jahre.

Hochöfen 198 gegen 120 im vorigen

Gewerbe und Handel.

Es ist bereits darauf hingewiesen, adrid eine Ausstellung von Er- zeugnissen des Bergbaues, i und Glasfabrifkation stattfinden soll. Nach weiter eingegangenen amtlichen Mittheilungen ist die Zulassung der

tragenden Ausstellung enger begrenzt ,

ist auf die die Hüttenkunde, die Stein-, Thon- und Glas- fabrikation Bezug haben, beschränkt. niht ein. In Betreff der Verzollung kommen nur die allgemeinen

mit dem Erekutivcomité vermittelnden deutschen Agenten in Madrid

Nach einer Veröffentlichung Ufficiale“ vom 15. Februar soll von pezia eine Lieferung von baltishem oder nordamerika-

erfolgt sind, nunmehr am 8. März um 12 Uhr Mittags im Palazzo della N. Marina in Spezia im Submissionswege vergeben werden.

nischen Marine-Ministerium zu erfahren. i Hypotheken - Versicherungs-

Jahr . 273 645 M, \chäftsunkosten und Inventarabschreibung mit 67 833 i, und der M, einen vertheilbaren Reingewinn von 129 573 S, welcher eine Dividende von 3% des eingezahlten Aktienkapitals gestattet, während der Kapitalreservefond daraus den statutenmäßigen Zuwachs von 17073 M erhält.

und die Vertheilung einer Dividende von 3 9% / Nach diesen Festsezungen betragen die Reserven des Instituts: Kapitalreserve 929 333 M, NRerserve für außergewöhnlihe Bedürfnisse

dls.-Ztg.* äußert sich in ihrem vom 10. d. M. datirten Wochenbericht

bedarf auf Kredit uud zahlen ihre Schulden mit dem Erlöse aus Spekulation betheiligt, fehlen bis jeßt die Mittel zur Tilgung ihrer

Frühjahrseinkäufen siht. Somit bleibt das Geschäft weit hinter der Dimension zurü, sonst Mitte Februar erreicht zu haben pflegt. Jetzt endlich scheint man \ich{ zur Realisirung der großen Produktenvorräthe zu ent-

durch starke Zufuhren ift der Preis von Brodstoffen diese Woche bedeutend herabgedrückt worden ;

its zu den Limiten ausgeführt worden und man darf sih der Hoffnung hingeben , daß

Im Januar ist der Produktenexport ! Doll. gegen denselben Monat vorigen Jahres zurückgeblieben, während der Waarenimport um fast 9 Mill. Doll. In der Lage des ma rktes hat keine wesentliche Aenderung stattgefunden.

bedeutende Nückgang, welchen leßtere Getreideart erfahren, zu keiner

Fahrzeuge gechartert worden.

] 4 Scbweinefleisch und Speck hatten ruhigen Verkehr und Rindfleisch fand nur wenig Beachtung. war für die gewöhnlichen Sorten begehrt,

fremden Manufakturwaaren sind einzelne Fabrikate, zu sehr brillanten Preisen, doch schon recht umfangreich verkauft worden; mit anderen ist es noch till, geshäft für nächsten Herbst in Wollenwaaren werden. In einheimishen Manufakturen ist das Geschäft noch zurü. für die heute beendete Woche beträgt 2 733 249 Doll.

Breslau, 27. Februar, (W. T. gefundenen Termin zur Begebung von

: Darmstädter Bank über die konkurrirenden Gruppen dur Mee den Zuschlag erhalten. S | |

Zabl der im Betricb befindlichen Jahre.

daß in der Zeit vom 15. Mai

der Hüttenindustrie, der

nur einen nationalen Charakter als anfänglichÞ angenom- Ausftellung von Maschinen,

Transportvergünstigungen treten

ir Anwendung. Die den Verkehr

eutsher Seits ist ein Ausstellungs- in der italienischen „Gazzetta der Direktion des Arsenals zu

ffsbauzwecken im Werthe von früheren Termine Angebote nit

st das Nähere bet den Direktionen und Neapel, sowie bei dem italie-

wie aus den Abschlüssen 1881 ersihtlich, einen

und nach Abzug der Ges

Der Verwaltungs- chlägen der Direktion genehmigt beschlossen (1879:

Schädenreserve 836 000 M, 314 000 M.

folgendermaßen: Im Waaren - er seit leßten Herbst bestehenden der Frühjahrsaison sehr fühlbar. Westen und Süden ihren Winter-

bisherige Zurückhaltung an der Zahlungen

abhängige

Kauf- die größte

Vor-

1; Baumwolle ist ebenfalls er- dieser Tage hier und im Süden

cs mit der Exportsperre nun zu pât um noch günstig auf die

Waaren- und Produkten- Brodstoffe, weicender Tendenz, doch hat der {äfts geführt. Für volle Ge- Baum- Liverpoolberihte und dem Falli- Hauses in dieser Branche, wie im Termingeschäft eine Fur Rio - Kaffees herrschte ostindishe Sorten begegneten Rohzucker war still aber fest. Raff. Petroleum fest. Harz im Uebrigen aber ebenso die vorwöchentlihen Notirungen enmarkt ist unverändert. Von wenn auch nicht

do verspricht das Lieferungs- sehr bedeutend zu

in der Parallelwoche des

B.) Bei dem beute hier \tatt-

9000000 Æ 4% Recte- äten hat die Gruppe S. Bleich- anderen

B.) Die Vorräthe von fen sich auf 631 600 Tons gegen

Hauptversammlung zunäcst die a gelegenheiten, Ernennung von Ren Etats für das Jahr 1882 2c. und gin des Stadtraths Friedel über die im

schen Funde, die zu diesem Zwecke im

Theil weit in die vorwendische Zeit derart gehäuft und aneinander ex Bild von der ältesten Ansiedelu äßt. niht unbedeutende Terrain dem Spreeufer, welches das Grade in Anspruch nimmt. Die sumpfiger Natur , ist offenbar dur bewohnbar gemacht worden. Es

bauanf

zwis

kolaikirhe hinaufgeführt hat. die binter dem Hause Nr. 39 (Mot für cine uralte Besiedelung dieser den Funden zu urtheilen ein im Sumpfe versunken und stecken Spittelmarkt erregt in neuester Zeit der Forscher, standen haben soll, abbrechen lassen wollte. Höchst inter Be e des alten Mechanismus zum 4 Mühle aufgefunden zu baben.

Nei

vorgeschrittener Zeit auf seinen Vortr

Verlin , 27. Februar 1882.

Der Verein für die Geshichte Berlins Sonnabend unter dem Vorsitz des Geheimen

Ent- und Bewässerungsarbeiten, bei Bauten 2c. gemacbten arhäologi- Jabr 1881 ift überaus rei an derartdgen Sunden gewesen, die zum Zeit hineinreihen und \ich mit der Namentlich aber ist es die Südseite der Stralauerstraße, dns

Interesse der Archäologen in hohem

i ledelung gewesen zu sein, von der in dem höher gelegenen west- lichen Theile eine Holzbrücke, deren Spuren noch Zahlreiche Funde aller Art, namentli Fegend, wo in der That nab geblieben zu sein s{heint. Aub der wo nah einer aufgefundenen Notiz die erste Kirche ge- die dieserhalb Friedrich

Oülker am \{lesis{hen Busch \chcint eine vollständige germanisce

erledigte am Raths Sacbße in einer usftehenden geschäftliden An- ungs-Revisoren, Feststellung des g_lodann über zu dem Bortrage Jahre 1881 in Berlin bei den

Das

Saale aufgestellt waren. ges{lossen haben, daß sich fast ng am hiesigen Orte herstellea

chden der Baufluchtlinie und

ses Terrain , durch und dur ch Holzbauten aller Art erst scheint eine Art von Pfahl- vorhanden, zur Ni- u. Wegener) gemacbten, sprechen terêmann mit Roß und Waffen

mehr als früber das Interesse Wilhelm T. aub nit e)jjant war außerdem die Erläu- Steinbohren und zum Makblen.

Nachdem Rektor Fischer wegen

Berlin“ verzichtet hatte, fügte Hr. Alfieri - den lungen einige Ergänzungen binzu.

Kiel, 27. Februar. (W. T. B.) Der „Kieler Zeitung“ zufol ertranfken É mnn die Marinekadetten Crépin, von Stoeßer und Quistorp, welche bei ftürmiscem Süd-West eine Segeklfahrt in der Kieler Buht machten. Das Boot kenterte. Die Kadetten Wer{ck- meister und Stahmer wurden gerettet.

Friedelfchen Mitthei-

Im Wilhelm- Theater findet in dieser Woche bereits die 70. Aufführung der beliebten Posse „Ueber Land und Meer“ statt.

R

Wetterbericht vom 26. Februar 1882, 8 Uhr Morgens.

Barometer auf 0 Gr. n. d.Meeres- spiegel rednsz. in! Millimeter.

192

731

731

746

740

T2T

TOT

735 743 746 745 TA7 752 756 T54 751 758 758 762 T5T T4 764

[Temperatur [in 9 Celsing [59 C.—4*R, Regen 10 wolkig Schnee bedeckt bedeckt bedeckt bedeckt

Stationen. Wetter.

Mullaghmore Aberdeen . . Christiansund Kopenhagen . Stockholm . . Haparanda . Moskau ... Cork, Queens- R Bie Helder. .,.. Sylt Hamburg . . Swinemünde Neufahrwass. Memel . .

Münster . . , Karlsruhe. Wiesbaden | München . Leipzig .. Berlin ., Wien . | Breslan . 760 ¡SSO Tie

riest O

1) See grob, Nachts Nebel. böig. 3) Neblig.

Anmerkung. Die Stationen sind in 4 Gruppen geordnet; 1) Nordeuropa, 2) Küstenzone von Irland bis Ostpreussen, 3) Mittel- europa südlich dieser Zone, 4) Südeuropa. Innerhaib jeder Gruppe ist die Richtung von West nach Ost eingehalten.

Skala für die Windstärke: 1 = leiser Zug, 2 = leicht, 3 = schwach, 4 = mässig, 5 = frisch, 6 = stark, 7 = steif, 8 = stürmisch, 9 = Sturm, 10 = starker Sturm, 11 = heftiger Sturm, 12 = Orkan.

Uebersicht der Witterung.

Durch eine lange Faurche sehr niedrigen Drucks, welche sich von Nordirland bis Lappland erstreckt, wird ein Streifen kalter Nordostwinde im äussersten Nordwesten getrennt von einem grossen sehr warmen südwestlichen Luftstrom, welcher vom Atlantischen Ocean bis Nordrussland und südostwärts bis Oester- reich-Ungarn sich ausdehnt; im südlichen Skandinavien erreicht derselbe vielfach die Stärke 8, an der deutschen Küste und auf den britischen Inseln allgemein nur die Stärke 6 der 12 theiligen Skala, In Deutschland ist bis jetzt nur wenig Regen gefallen. Dentsche Seewarte.

Ab 0A A N

Regen Regen wolkig wolkig bedeckt bedeckt bedeckt bedeckt!)

bedeckt 2) wolkig bedeckt wolkig wolkig wolkig still /heiter 3 |wolkig3)

still |Nerel | ?) Abends stark dunstig und

Ho R NRNR A OD

Wetterbericht vom 27. Febrnar 1882 8 Uhr Morgens, | reu auf | | Stationen, ia wie Wind, | Wetter. 7 time |

737 0 741 N 741 ONO0 737 SSW 737

747

755

Teraperaunr

in 9 Ceisiria

[59 C,.= 409R.

6 [Regen T

4 wolkig!) 3

) wolkig 3 Regen 8 [Regen 1 [wolkig —18 [wolkig

Mullaghmore | Aberdeen , . | Christiansund Kopenhagen. | Stockholm , , | Haparanda A Moskau .. o | Cork, Queens-| LOWA ¿d Brest Helder . Sylt Hamburg . ,| Swinemünde, | Neufahrwass, | Mod Münster . ,, Karlsruhe . , Wiesbaden . Miinchen

739 743 738 737 741 742 744 744

742

[halb bed?) 3 [halb bed?) 3 [wolkig ) bedeckt 9 |wolkig#) [halb bed.) bedeckt |bedeckts) ) \bedeckt7) 9 748 ¡wolkig 9 746 bedeck18) 8 751 3 [wolkig 6 N 3 [wolkig 8 744 3 3 [wolkig 9 751 still |bedeckt 1 748 2 |bedeckt 9 756 still ‘Regen 10

Dill Tot 1) Seegang müssig, 2) 4) Abends böig mit Regen, Wind, ®) Seegang müzsig. s) Nachm, feiner Regen, Anmerkung: Die Stationen sind in 4 (ruppen geordne 1 1) Nordeuropa, 2) Küstenzone von Irland bis Ostpreussen, 3) Mittel- europa südlich dieser Zone, 4) Sitdeuropa. Innerhalb jeder Gruppe ist die Richtung von West nach Ost eingehalten. Skala für die Windstärke: 1 = leiser Zug, 2 = leicht 3 = schwach, 4 = mässig, 5 = frisch, 6 = stark, 7 = steif 8 = stürmisch, 9 = Sturm, 10 = starker Sturm, 11 = heftiger Sturm, 12 = Orkan. Uebersicht der Witterung. Eine Faurche niederen Luftdrucks, deren centraler Theil am Skagerack liegt, erstreckt sich von Südbritanvien, über die Nordsee nnd Südskandinavien nach dem finnischen Busen, daher wehen wüber Nordwesteuropa nordöstliche, meist mässige bis starke, über dem Gebiete südlich der Nord- und Ostsee bis zu den Alpen südwestliche, vielfach starke Winde. Ueber Centralenropa

ist das Wetter warm, vorwiegend trübe, jedoch obne érhebliche Niederschläge.

Scegang mässig. 3) Seegang hoch. Nachts stürmisch. *) Nachts starker 7) Gestern zeitweise Regenschauer.

Dentscbe Seewarte.

Redacteur: Riedel.

Berlin:

Verlag der Expedition (Kessel). Druck: W. Elsner. Fünf Beilagen

ag über die „Goldprinzessin in

(eins{ließlich Börsen-Beilage). (252)

Nichtamtliches.

Preußen. Berlin, 27. Februar. Jm weiteren Ver- laufe der vorgestrigen (9.) Sißung des Herrenhauses beantragte Herr von Pfuel zu 8. 3 der Landgüterordnung für die Provinz Westfalen 2c., welchen die Kommission in folgen - der Fassung zur Annahme empfahl :

„Ein Landgut soll in die Rolle nur dann eingetragen werden, wenn die Vorausseßungen des 8. 1 Absatz 2 zur Zeit der Ein- tragung vorhanden sind.

Die Eintragung kann nit aus werden, weil diese Vorausseßungen zur vorhanden gewesen seien.“

folgenden Zusaß:

„Uuf dem Blatt oder Artikel des Grundbuchs ist die Nummer

des Nollenblattes kostenfrei zu vermerken.“ / dagegen aber den von der Kommission eingefügten 8. 6a., welcher lautet:

„Die in der Rolle bewirkten Eintragungen und Löschungen des Landguts oder eines Theils desselben sind von Amtswegen kostenfrei im Grundbuche zu vermerken.“

zu streichen. i :

Der Justiz-Minister Dr, Friedberg erklärte diesen 8. 6a. für unannehmbar, weil derselbe mit dem Grundgedanken der Grundbuchordnung nicht im Einklange stehe. An der Debatte betheiligten sih die Herren von Bernuth, Graf zur Lippe, von Pfuel, von Winterfeldt und Dr. Dernburg. Bei der Abstimmung wurde der Antrag von Pfuel angenommen, da- mit also §. 6a. gestrichen; ebenso wurde der 8. 3 nah den Anträgen der Kommission genehmigt.

Die 88. 4—7 wurden ohne Debatte genehmigt. Als §. 7a. beantragte die Kommission folgenden Paragraph dem Gesetz einzufügen :-

„Bei Grundsttikserwerbungen zu cinem in der Rolle ein- getragenen Landgute ist gleichzeitig mit der Zuschreibung in dem Grundbuche die Zuschreibung au in der Rolle zu bewirken, wenn der Erwerber seine entgegengesetzte Absicht nicht ausdrücklich erklärt.

Bei Veräußerungen eines Theiles von einem in der Rolle ein- getragenen Landgute ift gleichzeitig mit der Abschreibung im Grund- buche auch die Löschung des veräußerten Theiles in der Rolle zu be- wirken, wenn bei demselben die Vorausseßungen des §. 1 Absatz 2 nicht zutreffen.

In den Fällen dieses Paragraphen erfolgen die Zuschreibungen und Löschungen in der Rolle von Amtswegen und kostenfrei“.

Das Haus trat ohne Debatte dem Beschlusse bei, ebenso au dem Antrage der Kommission, dem 8. 8 hinzuzufügen :

Die Einsicht der Nolle erfolgt kostenfrei. i

Die 88. 9 bis 12 wurden in gleicher Weise nah den An- trägen der Kommission erledigt. | i :

Jm §. 13 der Regierungsvorlage ist u. a. die Bestimmung enthalten :

9 „Kinder, welche für geisteskrank oder für Vershwender erklärt, oder welche zur Zuchthausstrafe und zugleich zum Verluste der Ses Ehrenrechte verurtheilt sind, stehen den übrigen Mit- erben nach.“

Die Kommission hatte diese Bestimmung folgendermaßen

esaßt : ,

gefa „Kinder, welche zur Zeit des Erbfalls für geisteskrank oder für Verschwender erklärt sind, stehen bis zur Wiederaufhebung der Ent- mündigung, Kinder, welche eine Verurtheilung zu Zuchthausstrafe und zugleich zum Verlust der bürgerlihen Ehrenre{te erlitten haben, für immer den übrigen Mitbewerbern nach.“

Der Referent vertheidigte diesen Beschluß der Kommission, während sih Herr Dr. Beseler gegen diesen Paragraphen aus- sprah, der die Rechtsgleichheit verleßze und zu Härten führe.

Der Justiz-Minister Dr. Friedberg protestirte dagegen, daß die Regierung mit diesem Paragraphen einen Einbruch in das Recht beabsichtigt habe. Der Paragraph sei auf den Wunsch der Bevölkerung Westfalens in das Gesetz aufgenommen und es sei Sache des Hauses, ob es denselben acceptiren wolle oder niht. Herr Dr. Dernburg plaidirte für die Streichung der ganzen Bestimmung. Nachdem sich noch die Grafen von Brühl und von der Schulenburg-Beeßendorff für die Annahme ausgesprochen hatten, nahm das Haus mit großer Majorität die Fassung der Kommission an. S j

Die §8. 14—16 wurden ohne Diskussion den Anträgen der Kommission gemäß erledigt. j J i

Der 8. 17 handelt von den Grundsäßen, nah welchen die Feststellung der Taxe erfolgt. Die Kommission hatte der Nr. 2 desselben folgende Fassung gegeben: 5

„2) Nicht besonders geschäßt werden und bleiben außer Be-

rechnung: . E

a. die zur Wohnung des Eigenthümers, seiner Familie, seiner Dienstleute und Arbeiter bestimmten, sowie die zur Bewirthschaf- tung erforderlicben Gebäude; ferner die dem Eigenthümer zufallen- den Versicherungsgelder für solhe Gebäude, insofern die leßteren abgebrannt oder durch Brand beschädigt und die Gelder nicht zur Wiederberstellung derselben verwendet find. i

b, Bäume und Holzungen, leßtere mit Ausnahme des nah forftwirthschaftlihen Grundsäßen überständigen P l

Hierzu beantragte Graf von der Schulenburg-Beetendorff die Nr. 2 b, zu fassen: A

eBäume und Holzbestände, mit Ausnahme der bereits gefällten oder auf dem Stamm verkauften Hölzer.“ L

Der Referent empfahl die Annahme des Kommissions- antrages, Graf von der Sculenburg-Beeßendorff seinen Zusaß- antrag. Der Minister für die Landwirthschaft 2c. Dr. Lucius erklärte ih, wie bereits in der Generaldiskussion, gegen beide Anträge, die für die Regierung ganz unannehmbar seien, weil namentlih der Kommissionsantrag den bestehenden geseuliGen Bestimmungen über das Versicherungswesen widerstreite. An der Debatte betheiligten sich noch die Herren von Klüßow und Freiherr von Patow. Dann wurden beide Anträge abgelehnt und die Regierungsvorlage wieder V :

Die §8. 18 bis 26 wurden ohne Debatte in der von der Kommission vorgeshagenen Fassung angenommen, ebenso der Titel des Gesetzes, welhem die Kommission folgende Fassung

gegeben hatte : i ü ir die Provinz Westfalen ie Kreis einer Landgüterordnun Ee Stabe O

Ma Kreise ees „S en (Land), » De r.

Sgließlich wurde der ganze Geseßzenwurf einstimmig ge-

nehmigt und um 3? Uhr die Sizung geschlossen. Zur

KoeT Sitzung wird der Präsident besondere Einladungen

ergehen lassen.

dem Grunde angefochten Zeit der Eintragung nicht

Erste Beilage

zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlich Preußischen Staats-Anzeiger. DO.

Berlin, Montag, den 27. Februar

—JImmweiteren Verlaufe der vorgestrigen (20.)Sißung seßte das Haus der Abgeordneten die zweite Berathung des Entwurfs des Staatshaushalts - Etats für das Etatsjahr 1882/83 mit der Diskussion über den Etat des Ministeriums des Jnnern (dauernde Ausgaben, Kap. 91 Polizeiverwaltung zu Berlin) fort. Nach dem Abg. Dr. Virchow ergriff der Vize-Präsident des Staats-Ministeriums , Minister des Jnnern von Puttkamer, das Wort:

Nur einige Theile aus der Rede des P, De. Virhow geben mir Veranlassung zu ein paar kurzen Bemer ungen. Das Haus hat unzweifelhaft das Recht, die Frage, welche eben in Rede und Gegen- rede so lebhaft diskutirt ist und welche, wie ich annehme, auch zu tiesgehenden Meinungsverschiedenheiten innerhalb der Nation Anlaß gegeben hat, zu disfkutiren, wenn ih auch nicht recht erkennen kann, in welchem Zusammenhang diese Angelegenheit mit der Berliner Polizei- verwaltung steht. Zweifelhafter ist mir die Berechtigung des Vorredners, die Regierung hier zu einer Erklärung zu provoziren, welche Stellung sie zu einer das Volksleben tief aufregenden generellen Frage einnehmen will, um so zweifelhafter, als dem Hrn. Abg. Dr. Virchow ja nicht unbekannt sein kann, daß eine, wie ih den Eindruck noch immer habe, vollklommen ausreichende authentische Erklärung der Königlichen Staatsregierung in diesem Hause abgegeben ift. E

Sollte ihn fein Gedächtniß im Stich gelassen haben, oder sollte er es vielleiht nicht haben erwähnen wollen, ih weiß nicht, welches das richtige ist, aber ich glaube, ih thue doch gut, daran zu erinnern, daß in der zwölften Sißung der vorigen Session am 20. November 1880 aus Anlaß der bekannten Interpellation des Hrn. Dr. Hänel der damalige Vize-Präsident des Königlichen Staats- Ministeriums ausdrücklih sich darüber ausgesprochen hat, welche Stellung die Königliche Staatsregierung zu der sogenannten Juden- frage einnimmt. Jcch will nun die leßten Worte nochmals rekapitu- liren, und der Hr. Abg. Dr. Virchow wird sich dann daran crinnern, und sich vielleicht auch davon Überzeugen, daß gar feine Veran- lassung vorliegt, mich jeßt zu einer neuen Erklärung zu provoziren. Die Königliche Staatsregierung hat damals durch den Mund des Hrn. Grafen von Stolberg ausgesprochen, daß \ie die am Schluß der Interpellation gestellte Frage dahin beantworte, daß die bestehende Gesetzgebung die Gleichberechtigung „der religiösen Bekenntnisse in staatsbürgerlicher Beziehung ausspricht, und daß das Staats- Minifterium nicht beabsichtigt, eine Aenderung dieses Rechtszustandes eintreten zu lassen, (Bravo! auf allen Seiten des Hauses.) Jch kann also hiernach cinfah das beiderseits mir zugerufene „videant consules“ von mir ablehnen. Die Regierung kennt ihre Pflicht auf dem hier bezeichneten Gebiete, und wird sie erfüllen. :

Aber, meine Herren, ih muß mich denn doch noch zu einer Ab- wehr gegen den Hrn. Dr. Virchow wenden, die etwas entschieden ge- halten werden muß. Er hatte die Güte zu sagen, daß die in Pom- mern und Westpreußen im vorigen Sommer stattgehabten fehr be- klagenswerthen Tumulte, welche notorisch mit der Judenfrage zu- sammenhingen, doch wohl nit ganz ohne Schuld der Regierung entstanden und verlaufen sind. Die Kaltblütigkeit des Mitansehens von Seiten der Regierung, als wenn diese Dinge sie gar nichts angingen, \ceine doch wohl einen Theil der Schuld an diesen beklagenswerthen Greignissen zu tragen. Meine Herren, ich habe im vorigen Sommer, als diese Dinge in Westpreußen und Pommern sich zutrugen, die thörichten Bemerkungen der Presse in diéser Beziehung ruhig über mich ergehen lassen, wenn es da fast in jeder Nummer verschiedener Berliner Blätter hieß, man sieht ja, es kann nicht anders kommen, die Regierung steht diesen Dingen mindestens neutral gegenüber, die Bevöl- kerung glaubt das wenigstens, also trägt die Regierung die moralische Mit- \{uld an den pommerschen und westpreußischen Cxrcessen. Meine Herren, ih sage die th örihten Bemerkungen habe ih damals mit Still- \{weigen übergangen, weil sie mir in der That zu wenig thatsäch- lichen Boden zu haben \cchienen, um irgendwie darauf reagiren zu können. Aber, meine Herren, wenn jeßt nah Verlauf von vielen Monaten, wo doch jedenfalls die Kaltblütigkeit des Urtheils über jene Creignisse sich in weiten Kreisen wieder hergestellt haben muß, wenn da von Seiten eines hervorragenden Abgeordneten der Linken gegen die Regierung nach Verlauf von so langer Zeit noch ein ähnlicher Vorwurf heute in diesem Hause erhoben werden kann, dann, meine Herren, kann ih das gar niht nachdrücklich genug widerrufen. |

Meine Herren, was können Sie denn von der Regierung ver- langen ? Aufrechterhaltung des Landfriedens, und dieser Pflicht ist die Regierung sich auch nicht einen Augenblick nit bewußt geblieben. Glauben Sie denn, daß, wenn dergleichen Dinge, man fönnte sie ja hier chronologisch anführen, sich in den Provinzen ereignen, die im höchsten Grade bedauerlich sind, die Regierung darauf ihre Aufmerk- samkeit nicht richtet ? Aber, meine Herren, eine ganz andere Frage ist do die, ob die Staatsregierung die Pflicht hat, vom Centrum aus bei jeder in einer Provinz entstehende Unruhe, gleichviel aus welchen Quellen sie fließt, die umfassendsten Maßregeln zu treffen, ohne sih auf die Verantwortlichkeit und Selbstthätigkeit der Lokal- und Provinzialbehörden zu verlassen ? das wäre, glaube ih, cine Um- kehr der bestehenden Ressortsverhältnisse und der rechtlichen und that- sächlichen Zustände.

Und, wie haben sich denn die staltet? Es sind, wie ja bekannt preußishen und pommerschen Städten Tumulte ausgebrochen, und nah den mir vorliegenden, ih denke doch authen- tische Nachrichten haben die Kräfte der dort vorhandenen städti- hen Polizeiverwaltungen in Verbindung mit denen der Kreisbehör- den vollständig ausgereicht, die ausgebrobenen Tumulte im Keime zu ersticken. Also, was sollte dann weiter geschehen ? Verlangt etwa der Hr. Abg. Virchow, daß wir bei jeder Gelegenheit, wo es fich um befürchtete oder bereits ausgebrochene Unruhen handelt, die „mög- licherweise ernstlihe Folgen haben könnten, gleich militärische Kräfte aufbieten und uns nit mehr auf die Energie , die Pflichttreue der vorhandenen Lokalpolizeiverwaltungen verlassen ? Das kann doch und konnte doch erst dann geschehen, wenn durch den Erfolg sich gezeigt bätte, daß ulbiafeit Bnäßig bestellten Lokal- und Bezirksverwaltungen ihre Schuldigkeit nit get an haben. Das is} aber in keiner Weise weder bewiesen no thatsächlich der Fall gewesen Jch habe allerdings zum Ueberfluß kann ich Gott p Dank sagen nachdem der Erxzeß in Schievelbein, bei welhem zum ersten Mal, und ich glaube, ich kann auch sagen, zum leßten Mal, ein Angriff auf Eigenthum aemacht war nadem dieser Exzeß berihtet war, habe ich mir allerdings die Frage vorgelegt, ob es nicht an der Zeit sei, durch eine Ver- fügung an die betreffenden Regierungs - Präsidenten eine Be arversügung war es nicht, aber dur eine an die Regierungs- Petes zu Marienwerder und Cöslin gerichtete Verfügung, die

esondere Aufmerksamkeit dieser Behörden auf die dort entstandenen Unruhen zu lenken, Jch kann zu meiner Freude sagen, daß diese Cirkularverfügung überflüssig war, denn unmittelbar, nachdem sie erlassen war, ih kann sagen mit umgehender Post, bekam ih bereits von den Herren Präsidenten ganz ausführliche Berichte über die vollständig zufriedenstellenden und ausreihenden Maßregeln, die sie ihrerseits getroffen hatten. Ich kann also in der That meine Verfügung vom 5. August ih weiß nicht, ob der þr. Abg. Virchow sie eines Blickes gewürdigt hat, sons würde ich sie ihm no

zur Verfügung stellen, sie ift zu lang, um sie ohne Zeitverlust vorzu- lesen i kann sagen, daß diese meine Verfügung gegenstandslos

thatsählib ge-

Dinge j einzelnen west-

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war. Daß in unseren kleinen hinterpommerschen und westpreußischen Städten es recht {wer is, wenn einmal si gewisse populäre Leiden- schaften entfesseln, die Ordnung mit den dort vorhandenen Kräften aufre{cht zu erhalten, das ist ja eine notorishe Thatsache. Bedenken Sie do, woraus bestehen denn diese Kräfte? Aus dem Chef der Lokalpolizei- verwaltung, dem Bürgermeister und zwei oder drei aus dem Stande der Halbinvaliden hervorgegangenen Polizeisergeanten, und wenn das Glü gut ift und die Stadt eine Kreisstadt ist, noch aus dem Land- rath mit einigen Gensd’armen. Das reiht ja im Allgemeinen aus für unsere namentlich in den östlichen Provinzen sehr einfachen und fried- fertigen Verhältnisse, wenn aber einmal eine bedeutende Ruhestörung stattfindet, ja, dann gebe ih zu, daß es {wer is, mit den vorhan- denen geringfügigen Kräften die Ruhe aufrecht zu erhalten. Wenn der Hr. Abg. Virchow in dieser Beziehung eine kräftigere Initiative von der Regierung verlangt, dann werde ich ihn einmal bei gele- gentliber Veranlassung bitten , mir eine Verfünffahung unserer Gensd’armerie zu bewilligen, dann will ih ihm dafür stehen, daß, ähnlich wie bei der französischen Organisation, die Gensd’armen in größeren Brigaden zusammengezogen sind und in jedem gegebenen Augenblick und auf jeden gegebenen Punkt geworfen und konzentrirt wer- den können und daß dann auch solche Dinge im Keime erstickt werden ; aber so lange wir unsere einfachen und mit sehr bes ceidenen Mitteln ausgestat- teten örtlichen Polizeiverwalturgen in den östlihey Provinzen haben, wird Niemand im Stande sein, im Voraus Ruhestörungen, die irgendwie einen ernsten Umfang annehmen, zu verhindern, ih glaube, man muß sih mit den vorhandenen Mitteln bescheiden. ' Es ist ja im vorigen Sommer, als diese Dinge spielten, gerade in liberalen Blättern mit einem, ih möchte sagen, gewissen Fana- tismus nach energishem Einschreiten, ja sogar nach militärischer Hülfe gerufen. Jch bitte, niht mit dem Feuer zu spielen, die Requi- rirung militärischer Kräfte zur Unterdrückung von Volksaufläufen ist eine sehr zweischneidige Waffe, und ich glaube, man darf nur in den alleräußersten und leßten Nothfällen darauf rekurriren.

Ich bin der Meinung, daß wir alle e haben, uns ganz außerordentlich auf diesem Gebiet in Acht zu nehmen. Wenn die mili-

tärishen Kommandos, die in folchen Nothfällen requirirt werden

ürfen, stets mit sehr großem Takt und großer Humanität verfahren,

d s L ihres Cefhet ode faum bedarf, um den Grund des Uebels zu stopfen, so ist das ein großes Glü, aber man muß in dieser Be- zichung, ih wiederhole das, die Vorsicht doch nit zu weit treiben.

Also ih habe damals von diesen Provokationen, die ih nur in liberalen Blättern gefunden habe, absolut keine Notiz genommen und ih glaube, ih kann mir dazu Glück wünschen, denn wenn ih mir vergegenwärtige, was 8 auf sich gehabt hätte, in diesen, vom Abg. Virchow in sehr lebhaften Farben gescilderten Fällen dur vorzeitiges Rufen na militärishem Einschreiten vielleiht ein großes Blutvergießen zu pro- voziren, und mir dagegen den äußerst mäßigen Umfang vor Augen halte, in dem die Dinge doch glücklicherweise verlaufen sind ohne Blutvergießen , vielleiht der Zeit nach etwas mehr in die Länge gezogen, dann bin ih doch der Meinung, daß von meiner Seite der richtige Standpunkt innegehalten ist, und i glaube, ih kann mit gutem Gewissen dem Hrn. Abg. Virchow sagen, daß jeder Vorwurf, der in dieser Beziehung auf die Königliche Staats- regierung geworfen ist, als wenn fie durch ihr gleihgültiges Zusehen an dem nliiayeisen dieser Dinge mit \{chuld wäre, absolut unbe-

üundet ist. L P S8 abe keine Veranlassung, auf die übrigen Ausfüh- rungen des Hrn. Virchow einzugehen, er wird mir ge- statten, anzunehmen, daß er in den Berliner Lokalfragen sih mit dem Abg. Berger genügend auseinandergeseßt hat und auch seine Kritik über das Verfahren der Polizeibehörde hier bei Ausübung der Ueberwachung der öffentlichen Versammlungen ift, glaube ih, {hon zwishen mir und dem Hrn. Abg. Richter gestern in ziemliher Ausführlichkeit vollständig und erschöpfend erörtert worden ; der Herr Abgeordnete hat es nur beiläufig vorgetragen, ich glaube annehmen zu können, daß Sie in dieser Beziehung auf eine Er- widerung meinerseits verzichten. :

Der Abg. Strosser erklärte, gestern habe der Abg. Richter über zu s{nelles Eingreifen der Polizei geklagt, heute klage der Abg. Virchow über zu wenig Jnitiative und mangelhafte Maßnahmen der Polizei in den Judenkrawallen. Wem solle die Regierung es nun recht machen ? Wenn si der Abg. Virhow über die Kreisblätter beschwert habe, so könne er demselben nur erwidern, daß die Kreisblätter im Westen der Monarchie keine amtlichen Organe seien und auch im Osten sei der eigent- liche redaktionelle Theil dieser Blätter von den Behörden un- abhängig. Es sei dem Abg. Stöcker Mangel an historishem Wissen vorgeworfen. Das historische Wissen des Abg. Stöcker sei indeß mindestens gleihwerthig mit dem historishen Wissen, das die gesammte Fortschrittspartei in den leßten zehn Jahren gezeigt habe. Wenn man darüber hier eine Prüfung vornehmen wollte, dann würde der Abg. Stöcker gewiß das Prädikat „sehr gut“ be- kommen. Es sei zweifelhaft, wer heutein die Judenfrage weiter ein- gegangen sei, der Abg. Stöcker oder Abg. Virchow. Ersterer habe diese Frage nicht aus freien Stücken hier wieder zur Sprache gebracht, sondern derselbe sei hierzu dur Richters neuliche Angriffe gezwungen worden. Der Abg. Virchow wolle den Juden das allen Staatsbürgern zukommende verfassungs- mäßige Recht gewahrt wissen. _Es sei aber eigentlih sehr {wer zu sagen, was in Preußen verfassungsmäßiges Recht sei, insbesondere ob es dauernd ein solches bleibe. Wenn der Abg. Virchow hier die Freiheit der Katholiken in Vergleich ziehe und dabei das Wort Emanzipation gebrauche, so müsse er sagen, daß die Katholiken in Preußen niht mehr emanzipirt zu werden brauhten. Der Liberalismus habe freilih diese Freiheit wieder etwas einzuschränken gesucht. Es sei ferner gesagt, der Abg. Stöcker leide an großer Armuth an Gedanken. Aber auch bei dem Abg. Virchow kehrten immer wieder dieselben Gedanken zurück, namentlih wenn es sih um kirchliche Angelegenheiten handele. Der Abg. Virhow irre, wenn derselbe meine, daß die Zudenfrage dur die Er- klärung des Ministers aus der Welt geschaft sei. Diese Frage betreffe niht die religiöse Seite; er habe zwar die größte Achtung vor der Religion der Juden und wolle diese nit antasten, er verlange nur, daß die Juden ebenso vor den Heiligthümern des Christenthums stilleständen. Nicht die semitis Abkunft mache er ihnen zum Vorwurf. Seine (des Redners) Partei treibe nur zur Agitation gegen die Juden die enorme Benachtheiligung, an welcher die ndwerker, Landwirthe und kleinen mten durch das wucherishe Treiben der Juden zu leiden en. Und es seien {on eine Anzahl jüdischer Stimmen aufgetre- ten, die sih selbst über dieses unwürdige Gebahren ihrer Glaubensgenofsen beklagt hätten. Es der Fortschritts- partei zum Schaden, daß derse!ben fast alle Juden an denn

dadurch werde sie zur Vertheidigung des Judenthums ver- anlaßt und vergelte dabei, was fie ihrer Kirche s{huldig