Nachdem der Abg. Freiherr von Schorlemer-Vehr für den Antrag eingetreten war und der Regierungskommifsar, Geh. Ober-Regierungs - Rath Wohlers \sich gegen den Antrag aus- gesprochen haite, wurde derselbe vom Hause angenommen.
Es folgte die Berathung des Antrags des Abg. Knebel, betreffend die Untersuhung über die Lage des Kleinbauern- standes der Rheinprovinz.
Bei Schluß des Blattes sprach der Antragsteller Knebel.
— Der Disziplinarhof für nihtrichterliche Beamte trat heute zu einer Sißung zusammen.
— Dem in dem Stadttheil Moabit zu Berlin errichteten staatlihen Gymnasium ist von des Königs Majestät der Name Luisen-Gymnasium beigelegt worden.
— Die Archiv-Hülfsarbeiter Dr. Friedensburg bei dem Staatsarhiv in Marburg und Dr. Baer bei dem Staatsarchiv in Posen sind zu Archiv-Assistenten er- nannt worden.
— Nach Beendigung des Winter-Kursus bei der Militär-Turnanstalt werden fih die zu demselben kom- mne gewesenen Offiziere heute in ihre Garnisonen zurück-
egeben.
Sigmaringen, 2. Februar. (Schwäb. Merk.) Gestern versammelten sih die Mitglieder des hohenzollernschen Landesaus\chusses zu einer Sißzung. Die Berathung verschiedener Straßenbauverwaltungsangelegenheiten, sowie die Erledigung zahlreicher Unterstüßunasgesuche bildeten die Haupt- gegenstände der Verhandlung. Die stetige Zunahme der leßteren sür Hülfsbedürstige nehmen leider die spärlichen Mittel der Landeskommunalkasse in bedauerlicher Weise immer mehr in Anspruch. Als erfreulihes Zeichen bezüglih der Verbesserung unserer landwirthschaftlihen Zustände is zu erwähnen, daß für ausgesührte Meliorationen Gesuche um Kostenzuschüsse von 5 Gemeinden zur Vorlage kamen.
Sachsen. Dresden, 28. Februar. (Dr. J.) Jn beiden Kammern gelangte heute vor Eintritt in die Tages- ordnung ein Königliches Dekret zur Verlesung, demzufolge die feierliche Verabschiedung der Ständeversammlung am Mittwoch, den 1. März, Mittags, im Königlichen Nesidenzschlosse statt- finden wird. Jn beiden Kammern wurden demnächst Mit- theilungen über Vereinigungsversahren gemacht, welche fol- gendes Resultat ergeben haben: Der von der Zweiten Kammer gestrichene Absaÿ 2 des Artikels 11. in dem Geseßz- entwurfe, Errichtung von Familienanwartschaften an Lehen be- treffend, ist mit der Einschränkung wieder hergestellt worden, daß die Stempelermäßigung gewährt wird für den Fall, daß Besißer, die freie Verfügung über das Lehngut haben, zu Gunsten der lehnsfolgeberehtigten Descendenz Familien- anwartschaften errihten. Beide Kammern ertheilten diesem Vorschlage ihre Zustimmung. Ueber den Geseßentwurf, be- treffend das Pfandleihgewerbe, war kein vollständiges Ein- verständniß erzielt worden; einer Reihe von Vorschlägen, welhe sich als ein Kompromiß zwishen den Be- s{lüssen beider Kammern darstellten, ertheilte die Zweite Kammer ihre Zustimmung, während die Erste kammer heute Abend darüber Beschluß fassen wird. Rück- sichtlih der Eisenbahnpetitionen *trat die Erste Kammer dem jenseitigen Beschlusse bezüglih ‘der Haltestelle Paunsdorf, die Zweite Kammer den Beschlüssen der Ersten Kammer rück- sichtlich der Projekte Wilsdruff-Nossen, Altenburg-Kohren und Fußwegunterführung bei Neumark bei, wogegen bezüglich der Projekte Berggießhübel-Gottleuba, Müglißthalbahn und Lichtenberg-Nossen ein gemeinschaftliher Beschluß nicht zu Stande gebraht wurde. Ebenso ist bezüglich der Straßenbau- Petitionen, zu welchen abweichende Beschlüsse vorliegen, und bezüglih des Beschlusses der Zweiten Kammer auf Beseitigung Der p und Brücengelder eine Vereinigung nitt erzielt worden,
Jn der Vormittagssißung der Ersten Kammer beschloß dieselbe, dem Vorgange der jenseitigen Kammer entsprechend, der Königlichen Staatsregierung, betreffs der mittelst Aller- höchsten Dekrets vom 5. September 1881 abgelegten Nechen- hast über den Staatshaushalt innerhalb der Finanzperiode 1878/79 Decharge zu ertheilen, und ihre Genehmigung dazu zu geben, daß von dem auf die Finanzperiode 1880/81 sich voraussihtlich ergebenden Ueberschusse zu- nächst der zur Deckung des Fehlhetrags der Finanz- periode 1878/79 den mobilen Beständen des Staats- vermögens entnommene Fehlbetrag von 6 360502 (4 den mobilen Beständen wieder zugeführt, der etwaige Rest aber in den außerordenilihen Etat der Finanzperiode 1884/85 ein- gestellt werde. Auch der mittels Königlichen Dekrets vorgelegte weitere Nachtrag zu dem außerordentlichen Staatsbudget auf die Jahre 1878/79, sowie der Nachtrag zum ordentlichen Staats- haushaltê-Etat auf die Jahre 1880/81 wurden ohne Debatte angenommen. Fn Uebereinstimmung mit der jenseitigen Kammer erklärte sih hierauf die Kammer durch die bisherigen Mittheilungen der Königlichen Staatsregierung über den Stand der Angelegenheit Betreffs der Verunreini- gung der fließenden Wässer in Sachsen für befriedigt und beshloß weiter, die Königliche Staatsregierung ju ersuchen, die zur Einschränkung des Uebelstandes erforder- ien Untersuchungen dur ihre Organe fortseßen, auch die für diese Einschränkung nôthigen Maßregeln unter möglichster Zuziehung der Jnteressenten und unter s{honendster Wahr- nehmung der Interessen der Jndustrie wie auch der Land- wirthschaft fernerweit anordnen zu lassen, auch dem nächsten Landtage über den Stand der Angelegenheit Mittheilung zu machen. Schließlih wurden die in der jenseitigen Kammer von den Abgg. von Oehlschlägel und Philipp eingebrachten Anträge auf Aufhebung der Schonzeit für die Sperlinge bez, für die Raben und rabenartige Vögel angenommen. Die Shlußsißung wurde auf Abends 5 Uhr festgeseßt.
Die Zweite Kam mer genehmigte Kap. 111 des Staats- haushalts-Etats, Reservefonds, in Höhe von 859 548 M und sodann das P manzgeses und den Staatshaushalts-Etat im Ganzen. Nach den gefaßten Beschlüssen balancirt der ordent- liche Etat in Einnahmen und Ausgaben mit 67 767 236 M jährlih, während die außerordentlichen Ausgaben in der ganzen Periode 4 014 905 M betragen. Die Kammer beschloß ferner auf Antrag des Abg. Käuffer, die Staats- regierung zu ersuhen, auf geeignetem Wege zu ver- anlassen , daß bei Ausarbeitung des deutshen bürger- lichen Geseßbuhs in Erwägung gezogen werde, ob nicht zur möglichsten Sicherung der zu einem Bau liefernden Hand- werker und Materiallieferanten gegen Schädigung ihrer An-
.
treffen sei. Zahlreiche Vetitiionen um Herabseßung der Fort- bildungs\{hulpfliht von 3 auf 2 Jahre ließ die Kammer auf sih beruhen. Außerdém erledigte die Kammer noch einige andere Petitionen.
Oesterreich-Ungarn. Wien, 2. Februar. (W. T. B.) Das Herrenhaus nahm das Geseß, betreffend die Aus- nahmegerihte in Dalmatien an. Bei der Berathung des Sperrgeseßes wurde der Antrag der Majorität der Kommis- sion auf Uebergang zur Tagesordnung mit 54 gegen 41 Stim- men abgelehnt und das Sperrgesez in der Fassung des Ab- geordnetenhauscs genehmigt.
— Von der 18. Division wird unter dem 27. d. M. Abends gemeldet: Um den vor den Truppen der Expedition gegen die Zagorje und Ulok zersprengten und kombinirten Angriffen ausweichenden Jnsurgenten in zweiter Linie ent- gegenzutreten, wurden von Nevesinje und Avtovac Truppen- verschiebungen angeordnet. Eine Compagnie des 26. Jäger- Bataillons in Jugovic, nordwestlich Packos, trat am 25. d. M. Abends in scharfe Fühlung mit ungefähr 150 Jnsurgenten südlih von Kokorina. Am 26. d. früh griff die Compagnie die von den Fnsurgenten vertheidigten Höhen an und beseßte die- selben mit einem Verlust von einem Todten und zwei Ver- wundeten. — Das General-Kommando in Serajewo meldet von heute Nacht: Laut Meldung des Generals Leddihn aus Kalinovic vom 26. d. ist die Verbindung mit dem Obersten Haas hergestellt. Derselbe traf am Abend in Hotovlje ein. Die Zagorje is von den Ein- wohnern meist verlassen. Der Knez der Zagorje kehrte zurückE und unterwarf {G mit der Betheuerung, daß er von den Aufständischen gewaltsam fortgeführt worden sei. Derselbe giebt an, daß die Jnsurgenten sich in das obere Narenta-Thal zurückgezogen hätten. Der optische Telegraph zwischen Trnova und Kalinovic ist durch einen elektrischen erseßt. — General Obadich meldet aus Foca, daß schon jeßt in den durch die Jnsurgenten heimgesuhten Orten Noth herrsche, so daß die Bezirksbehörde an die zu Hause gebliebenen gutgesinnten Einwohner Lebensmittel vertheilen mußte.
Großbritannien und Jrland. London, 1. März. (W. T. B.) Den „Daily News“ zufolge hätte der gestrige Kabinetsrath über die vom Comité des Oberhauses zur Untersuchung über die Wirkungen der irischen Land- bill an den Ober-Sekretär für Jrland, Forster, erlassene Einladung, sih behufs seiner Vernehmung vor demselben ein- zufinden, berathen und beschlossen, demselben die Erlaubniß hierzu zu verweigern. — Die „Times“ bespricht, an General Skobeleffs Rede anknüpfend, die Bestrebungen und Ziele der Panslawisten und sagt: Europa könne so verzweifelte Experimente nicht billigen. Europa habe seine eigenen Fnter- essen zu wahren und stelle sich auf den Standpunkt der feier- lichen Verträge, durch welche diese Jnteressen verbürgt worden seien. Vor Allem verlange Europa aber Frieden und eine ehrliche Probe für die im Jahre 1878 hergestellte neue Ord- nung der Dinge.
, Das Unterhaus erklärte gestern mit 242 gegen 29 Stimmen de Wa h\ des“ irishen Agitators Michael - vits in ath, Welcher sih zur Zeit in Haft befindet, Für illegal. — Auf eine bezügliche Anfrage erwiderte dex Unker- Staatssekretär Dilke: das in der Chefu-Konvention L add Opiu A ge ment sei noch nit ratifizirt worden, da wegen anderer Arrangements zwischen En und China unterhandelt werde. h S a ai
V- Der Ministerrath hat beschlossen, das Gesey vom Jahre 1849 über die Ausweisung von Ausländern wie folgt zu modifiziren : Jeder Ausländer, welcher bercits cine Bestrafung erlitten hat, soll ohne weitere Förmlichkeit sofort ausgewiesen werden; ist eine Bestrafung noch nicht erfolgt, so soll die rage wegen der Ausweisung vor den Ministerrath gebracht werden. — Das Gerücht, daß Andrieurx zum Botsch after in Madrid ernannt werden soll, bestätigt sich
Türkei, Konstantinopel, 28. Februar. (W. T. B.) Vei dem gestrigen Diner in der deutschen Botschaft, welchem die Mitglieder der außerordentlihen preu ßischen Gesandtschaft und zahlreiche türkische Würdenträger bei- wohnten, toastete der Geschäftsträger, Botschasts\ekretär von Hirschfeld, auf den Sultan, Said Pascha auf den Deut- |hen Kaiser. An das Diner {loß sih ein glänzender Raout. Heute unternimmt die preußische besondere Mission eine Fahrt nah Skutari. Die Abreise derselben findet nicht vor Ende Loe Woche statt.
— 1. März. (W. T. B.) Der Sultan empfing gestern den russischen Botschafter von Novikoff in Siv anldceA, Der Empfang war ein fehr herzliher. Das die Regelung der Kriegskostenentshädigung sanftionirende Jrade ist bis jezt noch nicht erlassen.
Frankreich. Paris, 28. Februar. (W. T B.)
Numänien. Bukarest, 28. Februar. (W. T. B.) Die Gerüchte über bevorstehende Personalveränd im ) je Uder vevorstehende Personalveränderungen im diplomatischen Corps Rumäniens entbehren jeder Begründung.
. Nußland und Polen. St. Petersburg, 28. Februar. (W. T. B.) Jn dem Prozesse Trigo nja wurde in der vergangenen Nacht das Urtheil gesprochen: von den An- geklagten wurden zehn, darunter eine Frau, zum Tode, die übrigen zu Zwangsarbeit verurtheilt.
Dänemark. Kopenhagen, 26. Februar. (Hamb. Corr.) Der Bericht der Fi ission über den Fi zl der Flinanzkommission über den Finanz-
gejeß- (Budget-) Entwurf ist gestern im eFolkething vertheilt worden. Die 11 der Linken angehörenden Kommissions- mitglieder haben in diesem Jahre dieselben Aenderungs- anträge wie im vorigen Jahre gestellt, und ebenso haben die 4 der Rechten angehörenden Mitglieder den Forderungen der Regierung bis auf einige Bagatellen zugestimmt. Bezüglich der drei Hauptlstreitfragen nimmt die Linke ebenfalls den früheren Standpunkt ein. Statt der für die Universität geforderten 166 000 Kronen will sie nur 50000 Kronen bewilligen und hält sie im Uebrigen daran fest, daß die Unterbilanz der Universität aus deren Kapitalvermögen gedeckt werden soll. Statt eines größeren Panzerschiffes will sie kleinere Schiffe gebaut wissen, die in- dessen zusammen niht mehr als 2!/, Millionen Kronen kosten sollen. Die Theuerungszulage soll nur für Gehalte bis zu 2500 Kronen, anstatt, wie die
sprüche bei etwaigem Besitwehsel besondere Bestimmung zu
Torpedoboot geforderten 100 000 Kronen werden verweigert sodann werden mehrere Forderungen zu extraordinären Landesvertheidigungszwecken mehr oder weniger reduzirt. E Streitpunkte von Bedeutung hat die Linke diesmal nicht erhoben.
Zeitungsstinnmen.
Aus Dresden, 6. Februar, wird der „Nordd. Allg. Ztg.“ gemeldet :
Heute sollte die von dem christlich-sozialen Verein in Dresden
vom hohen Staatsdiener und Großindustriellen bis zum \chlihtesten Bürger, versehene Adresse an den Reichskanzler abgehen. Die ein- zelnen Bogen mit den Unterschriften sind in einem prächtigen Album vereinigt, und die Adresse selbst ift ein kalligraphishes Musterwerk. Die Adresse lautet:
«Ew. Durchlaucht!
Durchdrungen von der Ueberzeugung, daß die soziale Frage nur durch praftishes Christenthum und ein starkes monarchisches Staats- wesen gelöst werden kann, haben die chrfurchtsvoll Unterzeichneten es mit der größten Freude und Genugthuung begrüßt, daß Ew. Durch- laucht, nachdem Sie dem Deutschen Reihe nach Außen hin zu einer großen und ruhmreichen Stellung unter den Nationen Europas ver- holfen, nun auch die inneren Fragen mit nicht minder großartigen Gesichtspunkten zum Wohle des gesammten Volkes, und insbesondere der wirthschaftlich Schwachen, in Ihre starke Hand genommen aben U Hinblick auf die jüngst geschlossene Reichstags- session fühlen wir uns gedrängt, Ew, Durchlauht für Ihre mannhafte Vertheidigung des monarchischen Prinzips , gegen die von der - Fortschrittspartei versuchte undeutsche Entstellung und Abschwächung desselben auch von unserem Standpunkt aus die dankbarste und freudigste Zustimmung auszudrücken, und geben uns der zuversichtlichsten Hoffnung hin, Ew. Durchlaucht werden ich dur die unauêgeseßten Angriffe einer Partei, die ihre Stärke wesentlich im Verneinen alles positiven Schaffens sucht, nicht einen Augenblick beirren lassen, auf dem eingeschlagenen Wege sozialer und wirthschaft- licher Reformen fortzuschreiten, auf welchem alle wahren Freunde unseres Volkes Sie mit ihren Segenêwünschen begleiten, und für welche die ehrfurchtsvoll Unterzeichneten nah Kräften einzutreten ge- loben.“ Folgen die Unterschriften.
S Aus Gera ist dem „Deutschen Handels: Archi v“ über den Geschäftsgang der hervorragendsten Jndustriezweige der dortigen Gegend während des Jahres 1881 ein Bericht zugegangen, in welchem es heißt:
Der wohlthätige Einfluß des erhöhten Eingangszolles auf Kamm- wollgarnfabrikate zeint sich auch deutlih in der Erscheinung, daß: die den hauptsächlihsten Theil der hiesigen “ Produktion bilden- den Stapelartikel Kaschmire und Merinos in französishem Fa- brikat fast ganz vom deutschen Markte verschwunden sind, wäh- rend früher noch Tausende von Stücken eingeführt wurden. Wich- tiger noch als die hierdurch beeinflußte günstige Entwickelung der Höhe der Arbeitslöhne erscheint der Umstand, daß dem Arbeiter eine gesicherte Gristenz gewährleistet wird, und daß durch diese von äußeren Einflüssen unabhängiger gemachte Entwicklung des Industric- zweiges die Fabrikanten zur Erweiterung ihrer Etablissements und Einführung der neuesten Vervollkommnungen ermuthigt werden. Eine derartig gestärkte und vervollkommnete Industrie is denn auch im Stande, der Konkurrenz auch im Auslande erfolgreih die Spitze zu bieten; der bedeutend gestiegene Erport der Gera-Greizer Stoffe nah England und nach Nordamerika liefert hierfür einen erfreulichen Be- weis. Nach der uns vorliegenden Zusammenstellung der hiesigen Konsularagentur dèr Vereinigten Staaten von Nordamerika belief fich im Jahre 1881 der Export von Gera-Greizer Wollkleiderstoffen auf etwa 632 500 gegen etwa 166 000 4 in den letzten neun Monaten des Jahres 1880, (Die Konsularagentur wurde hier erst am 1; April 1880 eingerichtet.) ; Die Jutespinnerei und Weberei erfreut sich andauernd des leb- haften Aufshwungs, der seit Einführung des Zolles auf JIutegarne Plaß gegriffen hat. Die Fabrik in Lriebes hat ununterbrochen volle Beschäftigung gehabt und ist dadur in der Lage, 400 Arbeitern des industriearmen und unfruchtbaren Reußischen Oberlandes andauernd lohnende Arbeit und eine gesicherte Existenz zu gewähren. Die glanellweberei in Pößneck hat im Jahre 1881 durc\s{nittlich ein recht lebhaftes Geschäft aufzuweisen gehabt, erst das andauernd
der leßten Monate brachte einen Stillstand. Die
milde Wetter
gesteigerte Produktion erschwert zwar eine Besserung der Preise jedo scheint sich dieselbe bereits auch außereuropäishe Äbsat- gebiete, z. B. Mittel- und Südamerika, mit Erfolg aufzusuchen : Die Nôhmaschinenfabrikation hatte, wie in früberen
jo auch im Jahre 1881, hauptsächlich mit der Konkurrenz der Nord- amerifaner zu kämpfen; den Manipulationen derselben gegenüber ver- mochte unsere heimische Industrie auf deutschem Gebiet nur ungefähr ein Dritttheil ihrer Fabrikation abzuseßen und war bisher haupt- 1achlih auf den Export angewiesen. Das Geschäft lag im Sommer elwas darnieder, hat aber in den leßten Monaten wieder an Leb- haftigkeit gewonnen. Die amerikanische Konkurrenz, welche über ge- waltige Mittel gebietet, verkauft ißre Maschinen in Deutschland schon mit Absclagszahlungen von 50 „ pro Woche, was dem fkapitals- armeren deutschen Händler oder Fabrikanten unmöglich ist, und er- reibt dadurch cinen jährlichen Absatz von etwa 50 000 Stück Mascbinen in Deutschland. Erleichtert wird die Einführung fremden Fabrikats durch den geringen Zoll von etwa 3 °/%, während Nordamerika cinen jolchen von etwa 33h % erhebt, Die Arbeitélöhne sind etwas ges stiegen, ein guter Arbeiter verdient 18 bis 20 K in der Woche . . Die Scieferbrücbe in dem Thüringer Walde baben ib im ver- rlossenen Jahre einer fortschreitend günstigen Entwickelung zu er- sreuen gehabt. Die wachsende Nacfrage gestattete cine entsprechende Erhöhung der Produktion, sowie eine Befestigung der Berkaufêpreise. Vie Löhne der Schieferbrucarbeiter haben in den früheren Jahren während der ungünstigen Konjunktur keine Herabsetzung erfahren : in der jeßigen arbeitsreicheren Zeit hat man es für zweckmäßig ge- halten, statt einer Erhöhung des Lohnes der bisherigen Arbeiter die Zahl der Arbeiter im Ganzen zu vermehren, um so einer größeren Anzahl von Perfonen die Vortheile der besseren wirthschaftlice Lage zugute Tommen zu lassen. Als bemerkenéwerth ist hecvorzubeben, daß troß des durch den neuen Zolltarif auf ausländiscen Scbiefer ge- legten Eingangszolls von 0,50 A für 100 kg, ih der Preis für einen Quadratmeter Stieferdach vom besten englischen Sciefer cin- \ch{ließlich Latten jeßt auf 5 M bis 5,50 Á, auf Schaalung aus\{[l, Scaalung auf 4,50 bis 5 K stellt, d. h. genau so, wie der Preis 1ch am Berliner Baumaikt laut „Berliner Börsenzeitung“ am 13. Dezember 1878 (also zur Zeit des zollfreien Eingangs fremden Scbiefers) stellte. der gegen das Vorjahr um 30 °% erhöhten Einfuhr fremden Sciefers im Jahre 1881 bat also weder der Pro- duzent noch der Konsument Nactheil gehabt, sondern dem Reich ist eine nit unerhebliche Einnabme zugeflossen, und zwar auf Kosten der auélândishen Produzenten.
— Dem Dortmunder Wochenbericht der „Essener Ztg.“ entnehmen wir folgende Bemerkungen über die gegenwärtige Lage des Eisenmarktes: /
n x Dortmund, 27, Februar, Wegen des großen Bedarfs an Roheisen hat die Baisse auf dem englisch-s{ottischen Robeisenmarkt das heimische Roheisengeshäft nit ungünstig zu becinflussen vermocht vielmehr sind die angestellten Versuche, cinen Druck auf die Preise auszuüben, sämmtlich gescheitert, Die Walzwerke sind ebenfalls stark engagirt und für längere Zeit ausreichend mit Ordres vérseben. Die Stahlwerke haben zu belangreihen älteren Bestellungen neuerdings wieder bedeutende Aufträge durbd Submissionen heimisher Eisen-
Bei
/ Regierung verlangt, bis zu 4400 Kronen, bewilligt worden. Die für ein größeres
bahnen, ebenso die Kleineisenzeug-, Lokomotiv- und Waggonfabriken, auch sind auf demsclben Wege noch umfangreiche Ordres zu erwarten.
veranlaßte und mit ca. 34 Tausend Unterschriften aus allen Kreisen,
— Die „Nordd. Allg. Zkg“ bemerkt in ihrer gestrigen Abendnummer, daß, fo oft au die manchesterliche Behaup- tung widerlegt und als unrichtig nachgewiesen worden sei, vag die indirekten Steuern allein die Lebensmittel zu ver- theuern vermögen, dieselbe doch immer wieder auftauhe und eines der meistbegünstigten Rüstzeuge der oppositionellen Agi- tationen bilde. Zum Beweisc, daß selbst bei einer nah höheren Säßen berehnenden Accise die Lebensmittel inner- halb eines Accisenbezirks billiger seien als außerhalb desselben, führt sie ein Beispiel aus „einem nichts weniger als \huß- zöllnerishen Blatte“, dem „Rheinischen Courier“ an. Diesem Blatte wurde im vorigen Monat vom Rhein ge- schrieben : : : : i :
Aus dem im „Rhein. Kur.“ veröffentlichten amtlichen Berichte des Acciscamts zu Wiesbaden vom 7. Januar l. J. ist bei einer kurzen Vergleichung leicht ersihtlich, daß die Preise für Naturalien und andere Lebensbedürfnisse daselbst viel niedriger stehen, gls in unserem Gaue. So kostet u. A. 1 Ctr. Kartoffeln in Wießbaden 2 M, im Rheingaue 2 4 25 §; 1 Pfd. Butter in Wiesbaden 1 M 25 S, im Rheingaue 1 # 30—40 S; 1 Ei in Wiesbaden S im MNeingaule 9—10 A; 3 Psd. Langbor in Miesbaden 400 9, im Mheingaue 93 Z; L Psd. Kühe oder Rindfleisch in Wiesbaden 40 -Z, im Rheingaue 52 H; 1 Pfd. Fleishwurst in Wiesbaden 69 8, im |Rheingaue 80 --; 1 Pfund Blutwurst in Wiesbaden 48 §3, im Rheingaue 60 -. Auffällig ist es, daß bei manchem unserer Bäker fast das ganze Jahr hindur der Preis des Brodes sich auf gleicher Höhe hält, während doch die Fruht- und Mehlpreise öfters fallen; aber noch auffälliger ist es, wie verschieden die Meßger den Preis des Fleisches festseßen, die doch ihr Vieh gemeinschaftlih kaufen und scchlachten, während ¿. B. der Metger in der Stadt zu 48—50 Z das Pfund Fleisch verkauft, nimmt der einfache Landmeßger 52 -Z für das Pfund. Aehnliche abnorme Precisdisferenzen zwischen Stadt und Land findet man auch bei den Kolonialwaaren. E L
Um das bezügliche Material zu vervollständigen, theilt die „N. A. Z.“ noch mit, daß die Accise, welche der Stadt Wies- baben die Lebensmittel in keiner Hinsicht zu vertheuern ver- möge, der Stadt über 300 000 M p a. eintrage, welcher Be- trag, im Falle er durch direkte Abgaben erhoben werden müßte, etwa 40—50 Prozent der direkten Steuern ausmachen würde.
Statistische Nachrichten.
Bei dem Reich8gericht waren im Jahre 1881 in bürger- lihen Rechtsstreitigkeiten, auf welche die Neihs8-Civil- prozeß-Ordnung Anwendung findet, 1248 ordentliche, 15 Wechsel-, 3 andere Urkundenprozesse, 49 Che- und Entmündigungs8sachen, zu- sammen 1315 Sachen anhängig geworden, von denen die Civilsenate I. 200, 209 U 201, V 3838 V. 309 bearbeiteten Mündliche Verhandlungen fanden 849 statt (168 in Sachen aus früheren Jahren, 681 in neueren Sachen), davon vor den Civilsenaten T. 32 und 116, 42 und 10 1 36 und. 99 V 29 und 109, V, 29 Und 142, Unter der Gesammtzahl der mündlichen Verhandlungen befanden sich 825 kontradiktorische (Cvilenat I 148, Ma U V 199 V. 160) Won det - evgangenen Urtheilen lauteten 625 auf Zurückweisung oder Verwerfung des Rechtsmittels bezw. Bestätigung des angefochtenen Urtheils, auf Auf- hebung des angefohtenen Urtheils 129 unter Zurükverweisung der Sache in die frühere Instanz und 82 unter Entscheidung in der Sache selbst bezw. auf Abänderung des angefochtenen Urtheils. An Patentsachen waren 11 überjährige und 20 neue anhängig, von denen 22 erledigt wurden, davon 20 dur Urtheil (in 13 Fällen wurde die angefochtene Entscheidung bestätigt). Auf Grund des S. 14 der Ge- \{äftsordnung wurden 2 Schiedssprüche abgegeben. : :
An Strafsachen, auf welche die Reichs-Strafprozeß- ordnung Anwendung findet, waren 285 überjährige und 3321 neue anhängig, zusammen 3606, davon vor dem Strafsenat 1. 1575, II. 1237, 11], 1194, Erledigt wurden 48 durch Verzicht oder sonst ohne Gerichtsbeshluß, 434 durch Beschluß, in welhem das Rechts- mittel für unzulässig erachtet ift, 3 dur Beschluß, welcher die Un- zuständigkeit des Gerichts aus\fpricht, 2787 durch Urtheil, zusammen 3272. Unerledigt blieben 334. Hauptverhandlungen fanden in Re- visions\achhen 2787 statt (vor den Strafsenaten I. 893, I1, 998, III, 896), davon lautend 2120 auf Verwerfung der Revision, 632 auf Aufhebung des angefochtenen Urtheils unter Zurück- verweisung der Sache und 35 unter Entscheidung in der Sache selb. An Strafsachen, für welche das Reichsgericht in erster und leiter Instanz zuständig ist, rwoaren 5 anhängig (2 über- jährige und 3 diesjährige). Davon sind erledigt durch Urtheil des Reichsgerichts 2, durch Beschluß des RNeichs8gerichts auf Außerverfol- gungsetzung der Angeschuldigten 2, durch Abgabe an die Staats- anwaltschaft bei einem Landgericht behufs Verfolgung wegen anderer strafbaren Handlungen 1.
An Beschwerden waren 189 anhängig, von denen 55 ohne, 434 mit Entscheidung erledigt wurden (38 Beschwerden wurden für begründet, 396 für unbegründet erklärt). Hierzu traten noch 44 Be- \{werden gegen Verfügungen des Untersuchungérichters bei dem Reichs- gericht (21 für begründet, 23 für unbegründet erklärt).
Die Reichsanwaltschaft hatte zu bearbeiten: 1) Strafsachen 3382, 2) Disziplinarsahen 20, 3) Ehbrengerichtlihe Sachen gegen Rechtsanwälte 10, 4) Ehefachen 38, 5) Entmündigungs\sachen —, 6) Sonstige Vivilsahen 1, 7) Beschwerden 102, 8) Anträge auf Ent- scheidung des Revisions8gerichts (8. 386 Abs. 2 St. P. O.) 150, 9) Gesuche um Wiedereinsetzung in den vorigen Stand 40, 10) Vor- tragsstücke überhaupt 4930. Verhandlungen haben stattgefunden 2902, darunter in Strafsachen (einscließlich der zwei Termine in Hoch- verrathsfachen) 2830.
Berufungen in ehrengerichtlichen Sachen gegen Rechts- anwälte waren 15 zu bearbeiten (5 aus dem Vorjahre, 10 neue): 13 erledigten sich durch Urtbeil, von denen 6 bestätigend, 7 abändernd oder aufhebend waren; 2 Berufungen blieben unerledigt.
An Berufungen, Revisionen, Nichtigkeitsbeshwerden und Kassa- tionsrefursen in Civilsachen, die nah den vor dem 1. Oktober 1879 in Geltung gewesenen Prozeßgeseßen zu bebandeln find, waren 4095 (1724 überjährige, 2371 neue) zu bear- beiten, Davon schieden 1023 in Folge Entsagung, Zurück- weisung, Inkompetenzerklärung aus, so daß 3072 verblieben (für die Civilsenate I. 467, IT, 295, 111. 346, IV. 265, V. 230, Hülfssfenate I. 704, 11. 765). Durch Urtbeil wurden 2184 Sacen erledigt, 888 blieben unerledigt (404 bei den Civilsenaten, 484 b«i den Hülfs- senaten). Bestätigend oder das Rechtsmittel verwerfend lauteten 1619 Urtheile, abgeändert oder unter anderweitiger Entscheidung auf- gehoben bezw. vernichtet 367, aufgehoben oder vernichtet unter Zurück- weisung zur anderweiten Entscheidung 198.
An Nechtsmitteln in JInjurienprozessen und fsolcGen Strafsachen, in denen vor dem 1. Oktober 1879 bereits ein Endurtheil erster Instanz ergangen war, blieben 99 (28 aus den Vorjahren, 71 neue) zu erledigen, und zwar bei den Strafsenaten 1. 9, 11, 65, 111. 25, Davon wurden erledigt dur Verzicht oder sonst ohne Gerichtsbes{bluß 33, durch Urtheil 62; un- erledigt blieben 4. Die angefochhtene Entscheidung wurde von 50 Ur- theilen bestätigt, von 2 abgeändert oder unter anderweitiger Entschei- dung aufgehoben, von 10 unter Zurückweitung zur anderweiten Ent- scheidung aufgehoben. ï
— Das Telegraphenwesen im deutschen Reichspofst- gebiete 1880. (Stat. Corr.) Während des Jahres 1880 hat das Tele- graphenneß des Deutschen Reiches sih ansehnlich verstärkt. Von den unterseeischen Kabeln nah Schweden und Dänemark gehört ihm die Hälfte mit 41,91 km Haupt- und 125,74 km Leitungsëlänge, wogegen dem dies- seitigen Netze nicht angerechnet werden: das dreidrahtige Kabel: der
„Gesellschaft für Legung und Unterhaltung des deutsh-norwegi- {hen unterseeishen Kabels“ von Hoyer über Sylt nah Arendal 465,80 km lang, das vierdrahtige der „Vereinigten Deutschen Telegraphen-Gesellschaft“ von Emden über Borkum nah Lowestoft mit 416,25 km und das der englishen Regierung gehörige vier- drahtige von Emden über Norden nah Lowestoft mit 429,66 km Linienlänge. Die unterirdischen Linien vermehrten sich auf 5243,66 km mit 35 830,94 km Leitungen oder um 44,44 %/9 und die oberirdischen eins{ließlich der Kabel in Städten, durch Tunnel, Flüsse und See auf 54 674,97 km mit 177 370,82 km oder um 3,47 °/9 der Drahtlänge. Es sind 855 016 Telegraphenstangen aufgestellt und 2725675 Isola- toren angebracht. S Einschließlich 1126 Fernsprehämter und 23 mit Rohrpost-Ein- richtung versehener Aemter in Berlin gab es Ende 1880 auf dem Reichspostgebiete 8475 Telegraphenanstalten oder 7,93 °/9 mehr als zu Anfang des Jahres; davon waren 2816 zur Annahme und Be- förderung privater Telegramme ermächtigte Eisenbahn-Stationen und 9599 mit Postanstalten vereinigte Kaiserliche Telegraphenanstalten. Bei selbständigen und nicht mit Postanstalten vereinigten Zweig- Telegraphenanstalten sind 2160 Beamte und 556 Unterbeamte ange- stellt, weniger als im Vorjahre. Die Apparate vermehrten sih auf 8153 nah dem System Morse, 159 nah Hughes, 1976 Fernsprecher und 3 Ludewigsche Gegensprecher, die Batteric-Elemente auf 120 214. Während die Linien der Neichêstelegraphie um 7,2, die Leitungen um 856, die Apparate um 9,62 9/9 zugenommen haben, woraus eine intensivere Leistungsfähigkeit hervorgeht, wuchs die Benußung der Telegraphie um 11,05 °/9, also noch stärker. Es wurden im Jahre 1880 überhaupt 14 412 598 Telegramme befördert, nämlich 9 448 128 innerhalb des deutschen Reichspostgebictes, 2242456 nach und 2273 806 aus anderen Ländern und 448 208 im Durchgang. Von den im eigenen Gebiete aufgegebenen Telegrammen waren im Gebiet A Uen verblieben gesandt 8 297 586 1 984 000
329 616 10-200
F HLO
120 337 158 38 326 1020
295
6 346 349
34 550 11 066 37 965
483 74 948
a. gebührenpflihtige :
gewöhnliche Telegramme dringende f verglichene s S Telegramme mit bezahlter Antwort
" y «„ Empfangsanzeige namzusendende Celearanne Telegramme mit mehreren Adressen . mit Post, Eilboten, Estafette weiter bc-
fördert C Sectelegramme E telegraphische Postanweisungen
b. gebührenfreie : n Mewe im Telegraphendienst 167 939 im Cisenbahndienst E 740 A
Sügen wir hinzu, daß auf jeden Quadratkilometer 479,3 m Tele- graphendrähte kommen, d. h. unter Annahme paralleler Aufreihung die Drähte nur eine Viertelmeile von einander entfernt herlaufen, und daß eine Telegraphenanstalt auf 525 qkm kommt, so erscheint die Benutzung dieses ausgedehnten Netzes noch viel zu schwach; von je 1000 Bewohnern geben durchschnittlich nur 308 jährlih eine De- pesche auf.
— Bevolkerung von Britt\ch Indien. (Stat: Cour.) Am 17. Februar 1881 fand in sämmtlichen Provinzen des indischen Reiches und den ostindischen Lehnstaaten eine allgemeine Volkszählung statt, die erste dort überhaupt zu gleicher- Zeit vollzogene und vor ähnlichen Leistungen dur die Masse der an einem einzigen Tage ge- zählten Personen hervorragend, Die Gebirgslandschaften der Naga
in Affsam, sowie die Bezirke Lahoul, Spiti und Hazara im Pundjab mußten außer Betracht bleiben, und in der Radschputana ließ {ich die Aufgabe nicht überall durchführen, sondern mußte durh Schätzung ergänzt werden.
Diejenigen Provinzen, welche {on früher eine Volkszählung ausgeführt hatten, zeigen eine Zunahme der Bevölkerung um 1223 Millionen oder 6,2 9% während eines Zeitraumes von durhschnittlich etwa zehn Jahren. Die Theile des großen Reicbes natürlih hierin fehr verschieden: in
54 D420 7440
24 038
159 145
verhalten #fch Maisur ist eine Verminderung um 17 9/6, in Madras um 2,4 9/6, in Bombay eine unbedeutende Abnahme als Folge von Hungersnoth bemerkbar, während Burmah um 35, die Centralprovinzen um 24, Berar um 20, Affam um 19 und Sindh um 10 °/% mehr Bewohner besißen sollen, als nah der vorigen Zählung. Ob eine solche be- trächtliche Vermehrung wirklich eingetreten ist, kann jedo \{werlih nachgewiesen werden; muthmaßlih hat die Wiederholung der Arbeit an fich einen großen Einfluß geäußert. Der Zählungskommissar für Indien, Herr W. C. Plowden, giebt dieser Meinung, daß die faktische Volkszunahme geringer war, in seinem ersten kurzen Berichte an den Vizekönig ebenfalls Ausdruck.
Bemerkenswerth ift die ziemlich allgemeine Erscheinung, daß der Antheil des weiblichen Geschlechtes seit der vorigen Zählung gestiegen ist; in den Nordwestprovinzen z. B. kamen auf“ hundert männliche damals 877 und jetzt 92 weibliche Personen, woraus die allmähliche Einwirkung der Humanität auf die vielfah landesüblicbe Sitte der Vernichtung neugeborener Mädchen bervorzugehen scheint. Nicht bekannt ift das Geschlechtsverhältniß in dem zu Bengalen gehörigen Sikkim, in der Nadschputana und in den Paegahbezirken von Hatderabad.
Die Hauptergebnisse der indischen Volkszählung {ind :
am dav In t 870 | 17 &2x „davon, Un i : L, Febr. joweit bekannt (0cza blt s O ] gezählt
Provinzen u. dgl.
männliche weiblicbe 2 747 148] 3 707 646} 1 987 426| 1 720 220 4 056 054! 4 815 1571 2 465 453! 2 349 704 62 709 405 68 829 920134 220 905/34 601 015 11 219 675/11 407 625] 5 860 960! 5 546 665 30 769 056/32 699 436117 041 020/15 658 416 Rampur s 04D 102 284 593 960 559 Garhwal (Lehnstaat) i | 2005231 102044 98 479 Pundjab (britisch{) 17 611 498/18 786 107/10 189 727! 8 596 380 (Lehnstaaten) ; 3 853 282] 2 106 359! 1 746 923 Khbybertruppen — 8 153 7970 183 Sindh 9 192 415| 2404 934} 1 311 006| 1 093 928 Adfchmir 426268| 453075) 243904| 209171 Radschuptana (Lehnstaaten) . . . Baroda (Lehnstaat) Central-India (Lehnstaaten) . . . Berar Centralprovinzen . . Madras Haiderabad (Lehnsft.) Bombay (britis) „ (Lehnstaaten) 16) Maisur
British Burmah. . Affam
Bengalen
Oudh Nordwestprovinzen .
x 11005 512 : 2 000 225} 2 154 469 1031 158
f 9 200 881] 9931 565! 2 670 982 ¿ 997| 1 291 985 9 251 229/11 505 149} ! 794| 5 703 355 31 597 872/30 839 181/15 242 122/15 597 059
S 9167 789] 4 568 993! 4 448 796 14 038 359/13 978 488] 7 164 824! 6 813 664 6 786 855} 6 941 6311 3 575471! 3 366 160 5055 412! 4 186 399] 9 086 292! 2 100 107 17) Coorg 168 312) 178283] 100 854 77 429 18) Kotschin (Lehnstaat) 601 114 600 278 301 415 998 863 19) Travankur L 2 308 891! 2 401 158} 1 197 134! 1 204 024 o
Dieser vorläufige Abs{luß ergiebt für British Indien nebst Lehn- und Schutzstaaten 252 541 210 Bewohner, worunter 51,045 °%/ männlichen Gescblechts sind.
Kunst, Wissenschaft und Literatur.
Am 27. Februar starb in Dresden Wilhelm Heinrih Ludwig Gruner, Direktor der Königlihen Sammlung der Kupferstiche und Handzeichnungen, Professor an der Königlichen Akademie der Künste,
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— In M. v. Deckers Verlag, Marquardt u. Schenck hierselbft, hat der Geheime Ober-Finanz-Rath R. Wi niker ein kurzes, aber vollständiges Werk über die direkten Steuern in Preußen heraus- gegeben, welches unter dem Titel: „Steuer-Katechismus“ er- schienen ist und vorzugsweise dem Bedürfnisse des steuerzahlenden Publikums entspricht, aber glei{wohl den betheiligten Behörden und Beamten willkommen sein wird, weil es alle wesentlihen Grundsätze sämmtlicher direkten Steuern, nit blos einzelner Steuerarten, \yste- matish zusammenfaßt. Dem Zwecke entsprebend haben die Detail- bestimmungen über die Formen, in denen sich die Steuerverwaltung zu bewegen -hat, * keine Aufnahme gefunden. Auch is die An- gabe der Quelle im Interesse der nothwendigen Kürze des Werkes unterblieben. Die Idee, mit dem Werke cine Dar- legung aller direkten Kommunalsteuern zu verbinden, mußte wegen der Verschiedenheit derselben in den verschiedenen Gemeinden, und weil dadurch das Werk zu umfangreich geworden wäre, aufgegeben werden. Es ift jedoch ein Anhang, betreffend die direkten Kommunalsteuern in Berlin, beigefügt, welher auch für andere Gemeinde-Angehörige brauchbar ist, wo Zuschläge zu den direkten Staatssteuern erhoben werden. Für ein mögli} vollständiges Inhaltsverzeichniß und Sach- register zur Erleichterung des Gebrauches i| Sorge getragen. Somit bildet das Werk (Pr. 2,80 M) ein brauchbares und zuverläfsiges Handbuch für alle Steuerpflichtigen und in allen die Besteu:rung be- treffenden zweifelhaften Fällen.
— Aus dem Verlage von H. W. Müller hierselb liegen uns folgende neu erschienene Bücher vor:
1) Das europäische Völkerrecht der Gegenwart auf den bisherigen Grundlagen von Dr. August Wilhelm Heffter. Siebente Ausgabe bearbeitet von Dr. F. Heinrich Geffcken, ord. Professor des öffentlichen Rechts an der Universität Straßburg. — Das ausgezeichnete Werk Heffters erschien zuerst 1844. Sodann mit zeitgemäßen Verbesserungen und Nachträgen 1848, 1855, 1861, 1867. Die secbste Auflage bésorgte der gelehrte Verfasser im Jahre 1873 noch selbst. Es wäre zu bedauern gewesen, wenn dies trefflihe Werk in Zukunft deshalb weniger brauchbar geworden wäre, weil es nach dem Tode seines Verfassers allmählich veraltete. Um dem vorzubeugen, bietet Prof. Geffcken in dèm vorliegenden Bande eine neue (siebente) Ausgake des Hefftershen Völkerrechts. Der große Erfolg des Buches erklärt sih aus scinem Verdienste, in knapper Form und mit juri- stisher Präzision ein Bild des wirklich geltenden Völkerrehts zu geben. Ein internationales Recht läßt sich mit Erfolg nur behaupten, wenn man fich streng an das hält, was wirklih allgemein als gül- tiges Necht anerkannt ist und hiervon die wünschenswerthen Reformen genau trennt, und eben dies ist die gesunde Grundlage, auf der das Hefftershe Völkerrecht beruht und die es zu einem zuverlässigen Führer macht. Der Herausgeber der neuen Auflage hat die Anordnung des Stoffes beibehalten, auch den Text des Werkes unverändert gelassen und si darauf beschränkt, die literarischen Nachweise und Daten bis auf die Gegenwart fortzuführen. Die gebotenen Ergänzungen dagegen, seine eigenen Ansichten und scine Abweichungen von Heffter hat er in selbständigen, dur ein G. bezeichneten, Ausführungen gegeben.
2) Das preußische Grundbuchrecht in seiner gegenwärtigen Geltung. Geseßestert mit erläuternden Anmerkungen von Wi llen- bü her, Landesgerichts-Rath. — Das erste Jahrzehnt seines Bestehens hat dem preußischen Grundbuchrebte ein umfangreiwes Material an Ergänzungen, Akänderungen und Erläuterungen zugeführt, so daß ih die Fülle des Stoffs nur mühsam übersehen, nur unsicher handhaben läßt. C8 hat sih deshalb das Bedürfniß nach einer knappen, über- sichtlihen Darstellung des gegenwärtigen Rechtszustandes fühlbar ge- macht. Der Herausgeber der vorliegenden Bearbeitung bestrebt si, diesem Bedürfnisse abzuhelfen. Der Kommentar bietet in prägnan- ter Kürze die maßgebenden Entscheidungen der höchsten Gerichtshöfe, sowie die Ansichten der übrigen Kommentatoren des Grundbuchrechts, so weit diese Ansichten in der Praxis Beifall gefunden haben.
3) Das behördliche Polizei-Straf-Verordnungsrecht in Preußen, gleichzeitig als Anleitung zur Prüfung der Rechts- giltigkeit älterer und neuerer behördlicher Polizei-Straf-Verordnungen von Parey, Direktor des Königlichen Verwaltungsgerichts für den Negierungsbezirk Cöslin. Die kleine Schrift, deren Preis nur 1,80 M. beträgt, dürfte für städtishe und ländliche Polizeibeamten eine will- kommene Gabe sein.
4) Das preußische Gesinderecht im Geltungsbereiche des Allgemeinen Landrechts, gemeinfaßlich dargestellt, an Beispielen er- läutert und durch eine Darstellung über die neue Verwaltungs- und Gerichtê-Organisation ergänzt, von H. Posseldt, Amtsgerichts- Rath in Berlin. (Preis 1,50 4). — Kein anderes Gesetz greift fo allgemein in die verschiedensten Lebenskreise ein und kommt daher so oft zur Anwendung, als die Gesinde-Ordnung. Und gerade bei den Stxgitigkeiten zwischen Herrschaft und Gesinde kommt es nur zu hâufi g vM, daß die Parteien ihre gegenseitigen gesetzlichen Rechte und Pflichten niht kennen. Viel Aerger, Versäumniß und Kosten würden sich diese Prozeßparteien ersparen, wenn sie sh mit den Vorschriften der Gesindeordnung rechtzeitig bekannt machten. In der vorliegenden Darstellung versucht nun der Verfasser, die ganze Ge- sindeordnung in ihrer gegenwärtigen Geltung fo vorzutragen, daß sie Jedermann auch ohne juristische Vorkenntnisse verständlich ist. Da den Polizeibehörden eine umfangreiche Thätigkeit bei den Gesinde- angelegenheiten, namentlich bei den Gesindestreitigkeiten übertragen ist, so hat der Verfasser au ihre hierauf bezüglichen Rechte und Pflichten erörtert und wird ihnen hierdurch nütlich sein. Auch dem Juristen wird seine Arbcit willkommen sein, da in dem Buche die auf das Gesindereht bezüglichen, bis îin die neueste Zeit ergangenen Entscheidungen der obersten Gerichtshöfe in einer wohl auch ihm genügenden Weise wiedergegeben sind. Ferner sei noch die in der Anlage I. gegebene Darstellung der neuen Verwaltungs- und Gerichtsorganisation bervorgehoben, die in kurzer und gemecinfaßlicher Weise diese verwickelte Materie wiedergiebt.
5) Sammlung der zum Reicbsstemyelgesez vom 1, Juli 1881 ergangenen preußischen Finanz-Ministerial- reskripte. Nebst den Beschlüssen der Sachverständigenkommission der Fondsbörse, der ständigen Deputation der Produktenbörse und der QVelegirtenkonferenz und einem Nachtrag bhberaus- gegeben von F. Braken hausen, Regierungs-Rath und Stempel- fiskal in Berlin. (Preis 1 M) — Das Reichsstempel-Geset vom 1, Juli 1881 nebst dem zugehörigen Tarife, den Motiven und den Ausführungsvorschriften des Bundesraths vom 7. Juli 1881 ift in zahlreiben Ausgaben verbreite. In Ergänzung derselben bietet nun die vorliegende Arbeit die Zusammenstellung derjenigen Bestim- mungen, welche in Auéführung und Erläuterung der geseßlichen Vor- schriften von dem preußischen Finanz-Ministerium erlafsen worden sind. Die Bestimmungen des Letteren sind svystematisb unter Hin- weisung auf die bezüglichen des Gesetzes und des Tarifs geordnet. Gesperrter Druck und ein Sacbregister erleihtern das Auffinden der einzelnen Materien. .
— DieNähterin vonStettin. Eine Erzählung aus der Zeit der Thränen und Wunder von Adelheid von Rothenburg, geb. von Zastrow. 2 Bde. (Gotha, Friedrih Andreas Perthes, 1882, Preis 6 4) — Die Hauptscene der den Triumph s\elbstopfernder Liebe prei- senden Erzählung ist Stettin, die Zeit der Geschichte das Kriegsjahr 1866. Krieg und Cholera bilden den düsteren Hintergrund und lie- fern die Hauptmotive der Erzählung. Die Mehrzahl der handelnden Personen gehören dem Soldatenstande an, und darin liegt ein charak- teristishes Moment, daß die Stimmungen, fozialen Gewohnungen, das militäriswe Standesgefühl hier auf das Anschaulichste zu Worte fommen. Dabei durhweht das Ganze, ohne sich aufzudrängen, ein ernster frommer Geist, der die webselnden Menschengeschicke anknüpft an die in Liebe und Weisbeit waltende göttlihe Führung. Es ift niht zu zweifeln, daß gerade diese Erzählung wegen ihrer Frische und des lebendigen bistorischen Hintergrundes sowie wegen der oben bervorgebobenen inneren Vorzüge besonders in militärishen Kreisen, in denen die Verfasserin lebt, eine bedeutende Anziehungskraft aus- üben wird, insonderheit wegen der mit Lebendigkeit ges{ilderten Vorgänge der böhmischen Schlachtfelder und der Details aus dem Kleinleben der Schlachten sowie der persönliden Geschicke der
im Alter von 81 Iahren.
Offiziere und Mannschaften.