1882 / 53 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 02 Mar 1882 18:00:01 GMT) scan diff

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Land- und Forstwirthschaft.

Karlsruhe, 20. Februar. (Karlsr. Ztg.) Die vorjährige Ernte im Großherzogthum Baden ist na den Berichten der Groß- herzoglichen Bezirkéämter über deren Ausfall im Ganzen als eine mittelmäßige oder durschnittliche zu betrahten. Als solche erscheint sie darnach auch für die meisten einzelnen Kulturgruppen, indem die Erträge an Getreide, Wein, Obst und Handelsgewächsen im Ganzen nit nennenswerth vom Mittel abweichen. Zwischen der Kartoffel- ernte, die einen guten Ertrag lieferte, und der Futterernte, welbe in allen Theilen (Futterkräuter, Stroh- und Futter- hackfrüchte) um eine Stufe hinter dem Durchschnitt zurükblieb, bat ein gewisser Ausgleih stattgefunden. Auch die einzelnen Fruchtarten haben meistens durchschnittlihe oder dem Durchschnitt nabe fommende Erträge geliefert. Die vorläufigen Angaben über den Ausfall der Ernte, so weit sie zu Anfang September eingebraht war, also wesentlich an Getreide, Wiesenheu und Ackerfutterkräutern, führten zu ähnlihen Ergebnissen. Die Ernte- erträge von Bezirk zu Bezirk waren vielfah sehr ungleich. Diese Erscheinung zeigt sich auch in den definitiven Ergebnissen bei den meisten Fruchtarten. Immerhin läßt sich erkennen, daß die Gegenden der Baar und des Schwarzwaldes im Ganzen eine bessere Ernte gemacht haben als die übrigen Landesgegenden (abgesehen von den vereinzelten Bezirken Konstanz, Karlsruhe, Bruchsal, Gberbach und Tauberbischofsheim, welche gleichfalls gut oder ziemlich gut geerntet haben), während sonst in der Rheinebene und im Baulande die Ernte im Ganzen am wenigsten befriedigend ausgefallen ift.

Gewerbe und Handel.

Nach einer Veröffentlihuvg in der Beilage des in Neapel er- \cheinenden „Foglio periodico della Regia Prefettura“ vom 17. Fe- bruar sollen von der Direktion der Waffenfabrik zu Torre An - nunziata, bezw. der Schiffsbau-Direktion zu Neapel fol- gende Lieferungen im Submissionswege vergeben werden:

1) ein Posten Gußstahl im Werthe von 13 515 Lire,

9) ein Posten Stahl und Gußstahl in Stangen im Werthe von 11 125 Lire, |

3) Material für Flintenläufe im Werthe von 27 500 Lire,

4) ein Posten von verschiedenen Metallen im Werthe von 21 801,80 Lire. J

Die Submission auf die ersten drei Posten findet am 6. März um 11 Uhr Vormittags in der Waffenfabrik zu Torre Annunziata, die Submission auf den vierten Posten am 8. März, Mittags 12 Uhr, in der Schiffsbau-Direktion zu Neapel statt, Ueber die speziellen Bedingungen ist das Nähere an Ort unv Stelle zu erfahren.

Der Cours für die jeßt hier zahlbaren Desterreichischen Silbercoupons ist auf 170 4 für 100 Fl. österr. Silber erhöht worden. i

Nach der Bilanz der Berliner Brodfabrik-Aktien- gesellschaft für das Jahr 1881 beziffert sih der im vorigen Jahre erzielte Bruttogewinn (inkl. 1509 A Ueberirag aus 1880) auf 80 480 6. Davon werden auf Gebäude 11100 Æ, auf Mühlen und Dampfmaschinen 16167 #, auf Utensilien 2707 4, auf Pferde 724 é. abgeschrieben; die Dividende von 59%% absorbirt 45 000 M, die Tantième des Aufsichtsrathes beziffert sih auf 4500 M, und 282 M. werden auf neue Rechnung vorgetragen. Unter den Aktiven figuriren die Bestände in Roggen, Mehl, Kleie, Kohlen 2. mit 239 283 M, Wechsel mit 11 314 4, Effekten mit 10573 46 Die ausstehenden Forderungen inkl. Bankier-Guthaben bezifferten sih ultimo Dezember auf 291 556 A, denen 104 646 A. Kreditoren gegenüber- standen. Der Kassenbestand betrug 36 179 M.

—. Der AufsiWtsrath der Aktiengesellsch!aft für Wagenbau, vorm. Jos. Neuß, hat die für das Jahr 1881 zu vertheilende Dividende auf 3% festgeseßt.

Der Rechnungsabschluß der Kammgarnspinnerei in Leipzig pro 1881 ergiebt cinen Gewinn von 484 546 A, wovon die Aktionäre zunächst 4/9 ordentliche Dividende erhalten mit 90 000 46; es bleibt alsdann ein Gewinnübershuß von 394546 (A Derselbe soll nach Beschluß des Aufsichtsrathes wie folgt vertheilt werden: 10% für dea Aufsichtsrath und das Unterstüßungêconto; 10% für den Vorstand und Gratifikationen für die Beamten und Arbeiter; Ab- schreibung auf Maschinenconto 105 637 4 Die Aktionäre erhalten eine weitere außerordentliche Dividende von 9%%/9 mit 210000 M Die Gesammtdividende beziffert sih demnach auf 13149%%.

Frankfurt a. M., 1. März. (Delberiht von Wirth & Co.) In Amerika war nicht viel Leben im Petroleumgeschäft. Die Produktion scheint zwar im Rücigang zu sein Die Abnahme ift aber so gering, daß sie den Markt nicht dauernd zu heben vermochte. Der ergiebigste Oelbezirk des Bradford Distrikt hatte seinen Höhe- punft im Mai 1881 erreicht, wo er mit 10018 Quellen 71 562 Faß Oel pro Tag lieferte. Im Januar 1882 dagegen produzirte er mit 11 566 Quellen nur 56 391 Faß pro Tag. Die Abnahme des Ver- brauchs wirkt natürlih ebenfalls drückend auf den Markt. United Certificates gingen daher auf 83 Cents pro Faß herunter. Raffinirtes folgte aber niht nach, es gelang vielmehr, durch mäßiges Angebot den Preis zu halten; die gegenwärtige Notirung is laut Kabel- telegramm 73/3 Cents pro Gallone. Das Geschäft in Lubricating Dils (Schmierölen) ist etwas stiller geworden. Für gute Winteröle ist immer Nachfrage, aber sie fehlen fast ganz. Oele von geringerem cold test finden nur langsam Käufer.

Verkehrs-Anstalten.

Southampton, 1. März. (W. T. B.) Der Dampfer des Norddeutschen Lloyd „Mosel " ist hier eingetroffen.

Berlin, 2. März 1882,

Die Gesellschaft für Kircbenrechtswissenschaft in Göttingen zählte nah dem in der Sitzung vom 25, Oktober v. J. von dem Vorsitzenden, Geheimen Justiz-Rath Dr. Dove erstatteten ersten Jahresbericht bereits 33 heimische und 64 auswärtige Mit glieder. Die Gesellschaft wurde durch eine am 14, November 1880 von den Professoren des Kirchenrechts in Göttingen, den Geheimen Justiz-Räthen Dr. O. Mejer und Dr. R. Dove, dem Professor der Geschihte Dr. jur. et phil. R. Pauli und den Professoren der Theo- logie, Konsistorial-Räthen Dr. theol. Wagenmann und Dr. theol, A, Rits{l erlassene Einladung begründet und ift dazu bestimmt, „einen Sammelpunkt für Bestrebungen im Gebiete des Kirchenrechts, des kanonischen Rechts, des Kirchenstaatêrehts, des Ehberechts und ihrer Geschichte zu bilden und des wissenschaftlicben Austausches mit den verwandten Disziplinen, insbesondere der Theologie, Geschichte und Jurisprudenz zu pflegen“. Unter jenen einheimischen Mitgliedern befinden sich 12 Theologen, 16 Juristen, 5 Historiker (darunter 21 Universitätslehrer, 6 juristisbe Praktiker und 4 Geistlihe), Dur die Erwählung auswärtiger Mitglieder war der Vorstand bestrebt, „der Gesells{aft die Betheiligung einer Reibe namhafter Rechts- gelehrter zu fichern, welche in ihren Schriftwerke besonders auch das Kirchenreht bezw. das kanonishe Recht, das Kirchenstaats- recht, das Eherecht und ihre Geschichte erfolgreih bearbeitet haben ; demnächst einige Gelehrte, welcbe, außerhalb der akademischen Lebr- thätigkeit stehend, das Fach des Kirchenrechts wissenschaftlich gepflegt haben, in dankbarer Anerkennung ihrer Verdienste um die Wissen- schaft der Gesellschaft als Mitglieder zu gewinnen; endlich solchen Vertretern ver verwandten Disziplinen, insbesondere der Kircben- geschichte und Geschichte, aus deren Werken auch die historische Kirchen- rechtswissenshaft besonders reihen Gewinn gezogen hat, den Dank auszudrücken, den sie sid auch um diesen Zweig gelehrter Forschung erworben haben.“ Der Jahresbericht erkennt mit lebhaftem Danke

das allseitige Entgegenkommen an, welches die Wahlen gefunden haben, gleihwie er mit Genugthuung von den zahlreichen ermuthigen- den Aeußerungen der Theilnahme an den Bestrebungen spricht, welhe die Erklärungen der Annahme der Mitgliedshaft be- gleiteten. Von den beigetretenen 64 auswärtigen Mit- gliedern sind 10 Theologen, 40 Juristen und 14 Historiker. Nach Ländern gehören von diesen Herren 52 dem Deutschen Reiche, 7 der österreichish-ungariswen Monarchie, 2 Großbritannien, und je einer Frankreih, der Schweiz und Rußland (Osftseeprovinzen) an. 49 auswärtige Mitglieder waren zur Zeit ihrer Wahl Lebrer an Universitäten bezw. theologishen Seminarien. Speziell genannt seien: der Königlich sähsishe Kultus-Minister Dr. von Gerber und der Wirkliche Geheime Rath und ehemalige Präsi- dent ‘des evangelishen Ober-Kirchenraths zu Berlin, Dr. Hermann. hnen reihen sh an cin Konsistorial - Präsident und frühere ÚÜniversitätslehrer, zu denen noch ein früherer Regens und Professor des Klerikalseminars zu Pelplin tritt. 3 auswärtige Mitglieder ge- hören der Verwaltung der Archive Deutschlands und Frankreichs an. Ein katholischer Stiftsprovst, ein anglikanisher Domherr und 2 evan- gelische Prälaten (1 in Württemberg, 1 in Siebenbürgen) sind unter den auswärtigen Mitgliedern, desgleihen ein englischer Lord, ein Mitglied des Senats der französischen Republik; auch von den Mit- gliedern aus dem Deutschen Reih und Oesterreich-Ungarn gehören verschiedene kraft Amts (wie der Kanzler der Universität Gießen), oder kraft landesherrlicher Ernennung auf Lebenszeit, oder kraft Wahl parlamentarischen Körperschaften an. Auch einzelne der staat- lien, Justiz- und Kultusverwaltung, den Kirchenregierun- gen, dem Richter- und dem Anwaltstande angehörige Gelehrte finden sich bereits unter den auswärtigen Mitgliedern der Gesellschaft. Die statutenmäßigen vier Plenarsißzungen des ersten Geschäfts- jahres wurden am 20. Dezember 1880, am 7. März, 30. Mai und 18. Juli 1881 gehalten. Vorträge haben gehalten die Geh. Justiz- Räthe Dr. Mejer und Dr. Dove, Professor Dr. Pauli, Dr. Bern- heim, die Konsistorial-Räthe D. Ritshl und D. Wagenmann; von den von auswärts eingegangenen wissenschaftlichen Mittheilungen sind na- mentlich Abhandlungen des Geh. Justiz-Raths Dr. von Schulte und des Professor Dr. Thaner, sowie von Professor Dr. Loersh und Professor Dr. Winkelmann eingesandte Urkunden besprochen worden. Vorträge und Mittheilungen sind in dem Organ der Gesellschaft, der „Zeitschrift für Kirchenreht“ zum Abdruck gelangt, oder wenigstens auszüglich in den „Nachrichten von der Gesellschaft für Kirchenrechtswissenschaft“ (welchen auch die vorstehenden Mittheilungen entnommen sind) ver- öffentlicht worden. Andere von den auswärtigen Mitgliedern v. Scheurl, Martens, Bierling, K. Köhler, Kahl, Friedri, Stölzel eingesandte Abhandlungen und Beiträge sind theils in dem ersten Bande der neuen Folge der Zeitschrift veröffentliht worden, theils gelangen sie im zweiten Bande zum Abdruck, Der aus den Eingangs genannten fünf Universitätélehrern bestehende Vorstand hat 6 Sibßungen gehalten: am 10, und 14. November, 6. Dezember 1880, am 21. April, 12. August und 18. Oktober 1881. Von der „Zeitschrift für Kirchenreccht“ wurde, seitdem die Gesellschaft ins Leben getreten, nihcht nur das S(cblußheft des XV. Bandes der älteren Reihe ausgegeben, sondern es ist im Jahre 1881 außerdem der vollständige erste Band der neuen Folge (Band XVI.) erschienen und das erste Heft des zweiten Bandes N. F. (Bd. XVIL.) vor Jahres\chluß ausgegeben worden. Von den die Sizßungsberichte enthaltenden „Nachrichten von der Ge- sellschaft für Kirchenrechtsw1issenschaft zu Göttingen“, welche in der Zeitschrift enthalten sind, wird ein Separat- abdruck nur für Zwecke der Gesellschaft, nicht für den Buch- handel, hergestellt. Es ift dafür gesorgt, daß über die Sitzungen unverzüglich durch die Zeitschrift vorläufige Mittheilungen gegeben werden. Die „Zeitschrift für Kirchenrecht“, herausgegeben von dem Geh. Justiz-Rath, Prof. Dr. Dove und dem Geh. Hofrath Prof. Dr. Friedberg (Verlag von J. C. B. Mohr (Paul Siebe) in Freiburg i. B. und Tübingen. Preis jährl. 10 4) is eine wissen- schaftliche Zeitschrift für Kirchenrecht, kanonisches Recht, Kirchen- staatsreht, Chereht und ihre Geschichte. Bereits in ihrer älteren Reihe bot die „Zeitschrift für Kirchenrecht" zugleich eine reiche Samm- lung von Gesetzen, urkundlichem Material und Aktenstücken dar, deren Benutzung bei den Arbeiten der Gesetzgebung, bei der Recht- \prehung und Verwaltung fast ebenso unentbehrlich ist, wie für das Studium der Kirchen- und Staatengeschichte unserer Zeit; auch in ihrer neuen Folge {ließt sie ein Archiv für Gesetzgebung und Praxis, eine Sammlung offizieller Aktenstücke zur Kirchen- und kirchen- politischen Geschichte der neueren Zeit ein, Den Inhalt der Zeit- chrift bilden: 1) Größere Abhandlungen; 2) kleinere wissen- \chaftliche Mittheilungen, auch von kirchenrechtlih und rechtsgeschicht- lich interessanten Urkunden; 3) Rechtsquellen: Staats- und Kirchen- geseke, in der neuen Folge auh die bedeutendsten päpstlichen Kon- stitutionen; bei wichtigeren Geseßen werden auch die Materialien mitgetheilt; 4) offizielle Aktenstücke in Beziehung auf die neuere Entwickelung des Verhältnisses von Staat und Kirchen, der Kirchen- verfassung und des kirchlichen Rechtslebens; 5) die eins{lagende Rechtsprechung der ordentlichen und besonderen Gerichte, mit vor- züglicher Berücksichtigung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts; 6) die Nachrichten über die Gesellschaft; 7) Literatur des Kirchen- rets mit Berücksichtigung der angrenzenden Disziplinen. Die Zeit- {rift will keiner Partei, sondern allein der Wissenschaft dienen. Wenn dieselbe in ihrer neuen Folge, Dank der Unterstützung der ausgezeichneten theologishen und historischen Kräfte, welche für die Gesellschaft gewonnen wurden, den wissenschaftlichen Austausch mit den dem Kirchenrecht angrenzenden Disziplinen, wovon bereits der jeßt vollendet vorliegende Band des Organs Zeugniß giebt, leb- hafter zu pflegen in den Stand gesetzt ist, so wird dies nur dazu dienen, die kirchenrechtlichen Studien selbs noch fru{tbarer zu machen. Der Jahresbericht hat ferner zu melden, daß die Fachbibliothek der Gesellschaft bereits 281 Nummern aufzuweisen hatte, endlich aber die erfreuliche Mittheilung zu machen, daß ein anonym bleiben wollender vormaliger Studiosus juris der Georgia Augusta, welche den hundert- jährigen Geburtstag Karl Friedrich Cichhorns am 20, November v. J. feierliÞ beging, zur Unterstüßung der wissenschaftlihen Zwecke der Gesellschaft ihrem Vorsitzenden die Summe von 500 übersandt hat. Die Summe i} mit Zustimmung desselben als erster Beitrag zu cinem „Karl Friedrih Eichhornfonds“ zur Förderung der wissen- [chaftlichen Bestrebungen der Gesellschaft zinsbar belegt. Der Bericht {ließt mit den Worten: „Wir haben als Ergebniß der bisherigen Entwickelung unserer Gesellschaft ermuthigende Anfänge zu verzeichnen. Unser Provisorium, das sich seinem Ende zuneigt, hat unsere Hoff- nungen übertroffen.“ Der neugewählte Vorstand der Gesellschaft hat sih am 27. November 1881 konstituirt und für die Zeit bis zum 10, November 1883 zum Vorsißenden den Geh. Rath Dove, zu dessen Stellvertreter den Geh. Rath Mejer und zum Schriftführer den Kons.-Nath Wagenmann gewählt. Außerdem gehören zum Vorstande Professor Pauli und Konf.-Rath Ritscl.

An dem Genossenschaftsfeste (Herrenabend) der Berliner Bühnen, welhes am 18, März im Central-Skating- Rink stattfindet, werden wieder die hervorragendsten Mitglieder dcr beiden Hofbühnen sowie der größeren Privottheater mitwirken. Es sollen dem Publikum an diesem Abend außergewöhnliche Ueber- Lang geboten werden. Der Eintrittspreis ist auf 5 A fest- ge?eßT,

Lieutenant Dannenhauer von der „Jeannette" wird, wie man dem „Golos" unterm 14./26. Februar telegraphisch meldet, da die Aerzte ihm wegen seines Augenleidens die Fortsetzung der Reise nach St. Petersburg nicht gestatten, bis zum Sommer in Ir kutsk bleiben, während die übrigen, zugleid mit ihm geretteten Personen bald nach St. Petersburg abreisen werden. :

Im Victoria-Theater kommt heute „Der Troubadour“ in der bekannten vortrefflichen Beseßung Turolla, Pasqua, Verger und Signoretti nochmals zur Aufführung. Morgen bleibt das Theater geschlossen, und am Sonnabend findet dann die erste Aufführung von „Don Pasquale“ ftatt, in welcher Oper Sgr. Aristide Fiorini, der Baßbuffo der Gesellschaft, welcher zu den tüchtigsten Künstlern seines Genres zählen foll, zum ersten Male auftreten wird. Den Dottore Malatesta singt Sgr. Napoleone Verger, und da díe Norina von Sgra. Malvezzi, dem Pagen aus „un Ballo in maschera“ und die Liebhaberpartie von Sgr. Corsi creirt wird, so dürfte dies gewiß eine der interessantesten Vorstellungen der Stagione werden. Diesc geht übrigens bereits am 24. d. M. zu Ende.

Wetterbericht vom 2. März 1882, 8 Uhr Morgens.

Barometer auf |

raun pjarv ven Wind. | Wetter. jin Celsins

Millimeter. 50 C,=4 R.

Mullaghmore 738 [NW 4 Regen 4 Aberdeen . . 739 8 |bedeckKt!) 6 Christiansund 753 4 wolkenlos 5 Kopenhagen. 748 4 [bedeckt 0 Stockholm . . 756 2 bedeckt —12 Haparanda . (09 | 4 wolkenlos —9 Moskau ... 75T 1 [bedeckt 2

Cork, Queens- |

r 744 5 wolkig?) Bet T51 bedeckt Helder. T44 bedeckt Hamburg ,. 748 wolkig?) Swinemünde. 750 wolkig Neuahrwass 751 halb bed.#) Memel. ..…, O bedeckt*) Ï 753 wolkenlos Münster . .. 748 bedeckt) Karlsruhe . . T55 bedeckt Wiesbaden . O2 Regen?) München .. 758 heiter Leipzig .., 753 wolkig | Ben 751 halb bed 8) Wien 756 wolkig | Breslau ... 709 wolkig Me d'AIxX 756 Regen N 756 2 wolkenlos | TIeSO 759 still [Nebel

; Temperatur Stationen.

00M R RNAE I D N |

D I V I S I V O I O0 Aa! D O DD I O

1) Seegang sehr hoch, 2) Seegang mässig. 9) Gestern Regenschauer. #4) Nachts Schlacken. 9) Nachts Schneefall, s Gestern Regen. 7) Gestern Regen mit Graupeln. ®) Gestern

egen.

Anmerkung: Die Stationen sind in 4 (ruppen geordnet : 1) Nordeuropa, 2) Küstenzoue von Irland bis Ostpreusgsen, 3) Mittei- europa südlich dieser Zone, 4) Südeuropa. Innerhalb jeder Gruppe ist die Bichtung von West nach Ost eingehalten.

Skala für die Windstärke: 1= leiser Zug, 2 = leicht, 3 = schwach, 4 = mässig, 5 == frisch, 6 = stark, 7 = steif, 8 = stürmisch, 9 = Sturm, 10 = starker Sturm, 11 = heftiger Sturm, 12 = Orkan.

Uebersicht der Witterung.

Das gestern erwähnte Minimum ist sehr langsam nordost- wärts nach Südschottland fortgeschritten, umgeben von stellen- weise stürmischer Luftbewegung und regnerischem Wetter. Bei warmem, trübem und zu Niederschlägen geneigtem, nur im Süden theilweise heiterem Wetter sind über Centraleuropa südliche und südwestliche Winde wieder vorherrschend geworden, die auf der Westhälfte mässig bis stark, sonsgt nur schwach auftreten. Am Skagerrack dagegen wehen bei Frostwetter und Schneegestöber stürmische nördliche und östliche Winde, In Denutschland ist im Norden die Temperatur gestiegen, im Südwesten gesunken. Die strenge Kälte über dem mittleren und nördlichen Ostseegebiete dauert fort.

Dentscte Seewarte.

Berlin, 1.März 1882. Marktpreise nach Ermitt. des K. Pol.-Präs

Höchste | Niedrigste P6186, per 100 Kilogr. M | A M S Ur Sea U S e A 20 W120 | TICIEEN L O a 21 C0 1-21 160 V CLEON Sorge Be e 20 40 102 Oen Le U Se 17 / 60117 | D I E 10 [O10 {00 I E e «i 16 | 115 | 60 E E Ca 9 | 80 115 1-20 Gee U D S 1.00416 1-20 Gerste geringe Sorte . H 3 | 20113 | C 116 | 80 E S ) 114 |/90 O E 9/0113 | M i 25 6 5 ee C 1M 6 E N 32 122 SUSIOTO O. 26 C C 32 c, i 3 Rindfleisch von der Keule 1 Kilogr. . Bauchfleisch 1 Kilogr. Schweinefleisch 1 Kilogr . Kalbfleisch 1 Kilogr. . Hammelfleisch 1 Kilogr. . Bntter 1 Kilogr. . Eier 60 Stück Karpfen per Kilogr. . Aale 9 Zander " Hechte Y Barsche D Schleie d Bleie Y p Krebse per Schock ,

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Redacteur: Riedel,

Verlag der Expedition (Kessel). Druck: W. Elsner. Vier Beilagen (eins{ließlich Börsen-Beilage).

Berlin:

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Erste Beilage i | zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlich Preußischen Staats-Anzeiger. 12,

Berlin, Donmerstag, den 2. März

Nichtamtliches.

Preußen. Berlin, 2. März. Jm weiteren Ver- laufe der gestrigen (23.) Sißung trat das Haus der Abgeordneten in die Berathung des Antrages des Abg. Knebel ein, betreffend die Untersuchung über die Lage des Kleinbauernstandes der Rheinprovinz. Der Antrag des Abg. Knebel lautete: :

Das Haus der Abgeordneten wolle beschließen:

Die Königliche Staatsregierung zu ersuchen, : I. cine Untersuchung über die Lage des Kleinbauernstandes

der Rheinprovinz anzustellen, welche sich vornehmlich erfstrecken

würde auf ; 1) dessen Verschuldung und deren Anwachsen ;

9) die Gründe der Zunahme der Verschuldung, soweit sokche

Tonstatirt wird ; : S : S die Mißstände der Befriedigung des ländlichen Kredits; 4) die Schäden des noch bestehenden Flurzwanges ; : 5) die Unwirthschaftlichkeit der zerstreut belegenen und immer

i etheilten Parzellen ; : U O e e e Felicfeit der Stroheiustreu und die Möglichkeit der Schaffung von Ersaßmitteln; e S A

7) A der gemeinsamen Einrichtungen für die

achzucht des Viehes; :

L 8) die geringen Erfolge des Wassergenossenscaftsgeseßes.

Il. Dem Landtage baldthunlihs von dem Ergebnisse der Un- tersuhung, sowie von den behufs der Abhülfe zu treffenden Maß- regeln Mittheilung zu machen.

Hierzu hatten die Abgg. Frhr. von Huene und Janssen folgenden Antrag gestellt: 2

Das Haus der Abgeordneten wolle beschließen:

Die Königliche Staatsregierung zu ersuchen, j

I. in geeigneter Weise eine Untersubung über die Lage des Grundbesitßes in den einzelnen Provinzen des preußischen Staates anzustellen, und zwar unter besonderer Berücksichtigung des Tleineren, bäuerlichen Grundbesitzes. Es wird festzustellen sein:

1) der Umfang der Verschuldung des Grundbesitzes,

2) die Gründe dieser Verschuldung,

3) die Belastung des Grundbesißzes mit Staats- und Kom- munalsteuern, Nenten und sonstigen Auflagen, S N

4) die Zulänglichkeit der zur Deckung des Kreditbedürfnisses bestehenden Einuichtungen, - f:

5) in wieweit bereits die in einzelnen Theilen der Monarie durch verschiedene Unistände veranlaßte Theilung des Grundbesißes die Gefahr der Unwirthschaftlichkeit desselben nahe gebracht hat.

11, Dem Landtage baldthunlichst von dem Ergebniß dieser Untersuchung Mittheilung zu machen.

Der Abg. Knebel befürwortete seinen Antrag. Zur Hebung des vershuldeten Bauernstandes der Rheinprovinz sei zunächst die Einführung einer Schuldenstatistik unerläßlich. Sie würde eine Art Barometer dafür abgeben, ob die Lage des Bauernstandes eine günstige, eine normale oder eine un- günstige sei, sie würde dem Hause eine Ermahnung sein, das Interesse des Kleingrundbesigers mehr ins Auge zu fassen. Der Wunsch nah einer Schuldenstatistik sei hier im Hause schon früher laut geworden, leider Habe der Minister das Haus nur mit einer Subhastations- statistik vertröstet. Diese würde doch zu spät zur Kennt- niß des Hauses kommen, wenn es helfend eingreifen wolle. Das Hypothekenwesen der Rheinprovinz sei sehr mangelhaft, überall müsse der Personalkredit aushelfen. Die Aufnahme dieser Statistik könne in der Weise ausgeführt werden, daß Ortskommissionen ernannt würden, welche sowohl die gegen- wärtigen Schulden, als auch deren Anwachsen in den leßten zehn Jahren festzustellen hätten. Es möchte ausreichen, wenn zu diesem Zwelke die Kreistage Distriktsver- trauensmänner wählen würden. Wie ungünstig die Lage des rheinishen Grundbesißes sei, beweise - das Auswanderungsfieber, welches unter den dortigen Landleuten herrsche, weil leßtere von ihrem bisherigen Erwerbe mcht mehr leben könnten. Während man im Osten einen scßhaften Bauernstand schaffen wolle, lasse man denselben im Westen zerfallen. Denn aus der Zerstückelung der Güter werde sich fein gesunder Bauernfand, sondern Latifundien entwickeln. Die Zersplitterung der Parzellen und ihre zerstreute Lage lasse kaum begreifen, wie bei derartigen Zuständen Ackerbau getrieben werden könne. Jm Herrenhause sei neulich eine Gemeinde erwähnt, in der 24000 Parzellen vorhanden seien. E flit kenne _Gune _ Gemeinde, wo die größeren Bauerngüter eine Größe von 11 Heftaren mit 338 Parzellen hätten, die mittleren 1 Hektar mit 30 Parzellen und die kleinen 1/4 Hektar mit 5 Parzellen. Jn Folge dessen müßten alle Besißer die gleichen Früchte bauen, weil vor der Ernte Niemand zu seiner Parzelle mit dem Gespann gelangen könne, da ja zu derselben keine Wege führten. Das Mittel zur Abhülfe dieses Uebelstandes sei die Verkoppelung. Diese sei aber in der Rheinprovinz nicht beliebt, dagegen sei ein Flurweggeschß populärer. Aber es sei überhaupt unmöglich, alle diese Parzellen durch einen Flurweg zugänglich zu machen, ohne zuviel Terrain brach liegen zu lassen. Da sich gegenwärtig die landwirthschaft- lichen Vereine troß ihres früheren Widerstandes in der Mehrzahl für das Verkoppelungsgeseß ausgesprochen hätten, so sei die Grundlage zum Erlaß dieses Gesehes gegeben. Gegenwärtig rentire sich der Bau von Halmfrüchten in der Rheinprovinz überhaupt nicht mehr. Schon der größere Grundbesitz erhalte aus demselben keine Rente, viel weniger noch der kleine. . Und doch sei man auf den Halmfruchtbau an- gewiesen, weil als Streu für das Vieh meist Stroh ge- braucht werde. Was den ländlichen Kredit betreffe, so sei zu bemerken, daß, während für alle anderen Stände der Kredit organisirt sei, es bei den Kleinbauern an einer folchen Organisation fehle, dieser sei vollständig einem Ney von Geld- vérleihern überlassen, welche in der Rheinprovinz unter ein- ander die Geschähte nach Distrikten eingetheilt hätten, um die gegenseitige Konkurrenz fernzuhalten. Nun frage es sich, ob zu diesem Zwecke genossenshafstlihe Darlehns- oder fommunale Sparkassen angezcigter wären. Er entscheide sich für die leßteren, Denn die Sparkassen erfreuten sich einer intelligenteren Leitung, gewährten billigeres Geld und könnten von der Regierung zu dem in Rede stehenden Zwecke leihter organisirt werden. Die Vorbedingung hierfür sei sreilich, daß sie nah unten genügend gegliedert würden und daß dem Bauer Gelegenheit gegeben werde, sich

persönlih und gründlich über die von ihm zu übernehmenden Bedingungen zu informiren. Endlih müßten auch über die Unzulänglichkeit der Einrichtung für die Nachzucht des Viehs, sowie über die mangelhaften Erfolge des Wassergenofsen- schaftsgesezes Erhebungen gepflogen werden. Namentlich sei die Ausführung des leßterwähnten Gesetzes bei der großen Par- zellenzersplitterung sehr in Frage gestellt. Der Antrag Huene unterscheide sich von dem seinigen dadurch, daß derselbe die Untersuhungen auf den ganzen Staat und den gesammten Grundbesiß ausdehnen wolle und die Punkte, welche nur lokale Bedeutung hätten, weglasse. Neu fei darin nur der einzige Punkt bezüglich der Beiastung des Grundbesißes mit Staats- und Kommunallasten, Renten und sonstigen Auflagen. Er sei damit einverstanden, ver isse aber ungern das Verlan- gen nah Erhebungen über die Wassergenossenschasten und die Angelegenheiten lokaler Natur. Es würde sih empfehlen, Pun Anträge einer Kommission zur Vorberathung zu über- weisen.

Hierauf ergriff der Minister für Landwirthschaft, Do- mänen und Forsten Dr. Lucius das Wort:

Meine Herren! Anträge wie der vorliegende des Herrn Abg. Knebel und des Herrn Baron von Huene können ja der Staats- regierung und insbesondere der landwirthschaftlichen Verwaltung nur willkommen fein, insofern fie Anregungen geben für die Fürsorge der- jenigen Erwerbs- und Bevölkerungsklassen, die unserer besonderen Für] orge anvertraut sind. Wenn ih also in verschiedenen Theilen alaube, den Ausführungen des Herrn Abg. Knebel und auch einem Theil des Inhalts seiner Anträge widersprechen zu müssen, fo glaube ih doch, daß wir in dem Schlußergebniß uns verhältnißmäßig leicht verständigen und zusammenfinden werden. Ich habe allerdings, als ih zunächst den Antrag des Herrn Abg. Knebel gesehen habe, die Empfindung gehabt, daß eine gewisse Gefahr darin läge, einen be- stimmten Bezirk gewissermaßen als eine Nothstandsgegend zu be- zeichnen und ihn dadur zu bestimmen, nicht nur cine Erörterung blos über die mögliche Verbesserung der Lage, sondern zugleich auch da die Er- wartung hervorzurufen, daß unmittelbar helfende Maßregeln angewendet werden können in der Hauvtsache sind mir allerdings die Bedenken, die ih gehabt habe, widerlegt worden dur die Ausführungen des Hrn. Abg. Knebel. Troßdem würde ih glauben, daß es zweckmäßig fein würde, diese Untersußungen nicht auf einen zu engen Kreis zu beschränken, sondern ihnen, wenn sie stattfinden sollen, einen möglichst weiten Kreis zu geben. Es ift eine bekannte Thatsache daß sich nicht blos der kleine Bauernstand vielfach in einer mißlichea Lage befindet, sondern wir können dasselbe auch sagen von dem mittleren, ja selbst auch von dem größeren Besißer.

Wir können nicbt zugebcn, daß uns in gewissen Theilen der Rheins provinz diese Mißstände vorliegen, sondern wir müfsen anerkennen, daß sich dieselben Zustände mutatis mutandis in verschiedenen Landes- theilen mehr oder weniger vorfinden. Diese Fragen haben aber au) bereits die Staatsregierung beschäftigt und beschäftigen sie zur Zeit. Allgemeine Untersuchungen über die Lage des landwirthschaftlichen Gewerbes bilden ja den Mittelpunkt darZghrlichen Berichte, die von den landwirthschaftlichen Vereinen eingehen Und die hier cine eingehende Beachtung und Prüfung finden. Insofern glaube ih auch, daß, wenn man die nächsten Berichte gerade auf diese Spezialität noch hinlenken würde, so weit überhaupt noch Unklarhcit oder Mangel an Material hier existiren sollte, man das verhältnißmäßig leiht ergänzen könnte.

In dem ersten Punkte seines Antrages aber, der mit dem des Hrn. Abg. von Huene übereinstimmt, würde er meine lebhafte per- fönliche Unterstüßung finden. Ich. halte es allerdings für nöthig und wünschenswerth, daß cine Schuldenstatistik aufgenommen werde. In welcher Weise sie aufzunehmen it, wird einer weiteren Erörterung zu unterziehen sein. Jch glaube, daß man den Rahinen1 dieser Untersuchung räumlich nicht zu weit wird ausdehnen dürfen, sondern daß, wenn man damit zu einem baldigen und {nellen Ziele kommen will, man si in diesen Aufnahmen anlelnt an die Statistik, die bereits vorhanden ist. In dieser Beziehung finden Sie in dem dritten Band des bekannten Meitzenschen Werkes ausführliche Darlezungen über statistische Ermitt- lungen, die.in früheren Jahren in Bezug hierauf stattgefunden haben, und ih glaube, daß die weiteren Ermittelungen sih wesentlich an diese früberen Arbeiten anschließen müssen hon aus der Rücksicht, weil wir nur dann wirkliche Vergleicbungspunkte gewinnen, wenn wir nah denselben Grundsätzen und in denselben Dertlichkeiten, wo früher Er- mittelungen stattgefunden haben, diese jet erneuern, erweitern und fortseizen bis auf die nächstliegende Zeit.

In dem Meitzenschen Werk finden Sie Angaben über Ermitte- lungen, welche insbesondere die Hypothekenschulden betreffen, zunächst aus den Jahren 1805, 1811 und 1823, Die letzteren sind geordnet nach Ober-Landesgerichtsbezirken. Sie beziehen sih sowobl auf die städtischen Grundstücke als wie auf die Rittergüter und die bäuer- lichen Grundstüke und zwar in gesonderter Weise. Wenn ih nun einige Daten daraus anführen will, so geschieht es, um darzulegen, daß dieselben Fragen, die uns heute beschäftigen, in den verschiedensten Perioden auch die Staatsregierung beschäftigt haben, daß ähnliche Beunruhigungen auch früher vorbanden gewesen sind, daß man damals allerdings - aub eine Hohe Belastung mit Hypotheken|chulden konstatirt hat und daß troßdem und alledem wir doch immer auf dem Wege zur Besserung geblieben sind. Wenn Sie jeßt lesen, daß in dem Ober-Landesgerichtêbezirke Marienwerder von 1511 bis 1823 eine Vermehrung des Hypothekensculdbetrages stattgefunden hat um 30% des ritterschaftliden Gutsbesitzes, um 152° des städtischen Besitzes, so ist das an sich eine ershreckende Zahl; wenn Sie ebenso von demjelben Bezirke lesen, daß die bäuerliben Grundstücke eine Vermehrung des Hypothekenkredits und der Hypothekenschulden er- litten haben in 12 Jahren um 65", so ist das auch eine enorme Steigerung. Marienwerder stand damals am höcbsten. Demnächst fommt Cöslin mit ciner ähnlichen Steigerung in 12 Jahren für den ritterlihen Besitz um 32/0, für den bäuerliwen Besitz um 68°%%. Troßdem hat die weitere Entwilkelung der Dinge nicht zu einem Rüctgange dieser Landestheile geführt, sondern wir können jedenfalls annehmen und sagen, daß heute die Zustände wahrscheinlich nicht ungünstiger sind in Bezug auf die Verschuldung, wie sie es damals auch ge- wesen sind und zwar in einer Neihe von Jahren, diean landwirthschaftlichen Kalamitäten und niedrigen Preisen wic die 20er Jahre ganz beson- ders reich gewesen sind. Es hat dann später aus Anlaß der Land- tagsverhandlungen dcs Jahres 1857 über die Lage des landwirth- schaftlichen Kredits ‘eine statistiswe Ermittelung stattgefunden, welche einmal die Mehrzahl der größeren Güter aus 6 Kreisen der Mon- archie umfaßt, und zwar der Kreise Niederung, Konitz in Preußen, Lauenburg in Pommern, Wirsiz in Posen, Sternberg in Branden- burg und Rybnik in Schlesien und zwar hinsictlih ihres Werthes und ihrer Grundbuchbelastung und zwar rü@gceisend auf den Zustand der Fahre 1837, 1847, 1857, Jch würde glauben, daß eine erneute Er- mittelung sih zwcckmäßig gerade an diese Kreise anschließen könnte und daß man die Ermittelungen in der Weise erweiterte, daß man in den übrigen Provinzen au Kreise autfucbte, die als typisc gelten fönnten und auf diese zunächst eine Untersuhung anstellte auf die Höhe der Verscbuldung. I sprechbe vorläufig blos nur von der Realvers{uldung, nit von den Personalsbulden. In Beziehung auf

enn

diese leßterwähnte Ermittelung, dic also 20 Jahre umfaßt, 1837 bis

1857, will ih die Zaßblen nicht mittheilen, weil das in einer münd- lien Erörterung doech nit haftet, sondern blos das Schuldergebniß, wie es aus dieser Ecmittlung konstatirt it: Es wird gesagt:

Im Allgemeinen erreichte also die Belastung mit Hypotheken in den Jahren 1837, 1847 und 1857 aber nur 68 °/9 des arbitrir- ten wirklihen Werthes der fraglichen Güter, und es fand im Ganzen keine Steigerung der Belastung gegenüber dem Kauf- und arbiträren Werthe ftatt. Wohl aber erhöhte sich mit diesem Werthe auch der Betrag der Schuldenbelastung inden 20 Fahren von 1837 bis 1857 auf ziemlich genau das Doppelte.

Eine weitere Ermittelung hat stattgefunden auf Grund land- rätblicher Angaben für die Provinz Sachsen. Auch in Bezug hierauf würden also Vorgänge vorliegen, an die anfnüpfend weitere Ernzittec- lungen von Vergleichépunkten nüßlicher Art sich bieten.

Weitere Ermittelungen, welche die Frage der Verschuldung des Grundbesites klarstellen würden, würde die Fortführung der Statistik der stattgehabten Subhastationen sein. Auch diese Ecmittelungen erstrecken si blos bis zum Jahre 1867 insofern, als sie eine stati- stisbe Bearbeitung gefunden haben. Seitdem haben im Justiz-Mi- nisterialblatt blos jährliche Veröffentlichungen stattgefunden, in denen eine Trennung der verschiedenen Arten des ländlichen oder städtischen Klein- und Großagrundbesißes nicht stattgefunden hat. Ich würde aber glauben, daß es möglich sein würde, auf diesen vorhandenen Materialien weitere werthvolle Resultate zu gewinnen. Allerdings ist es mir zweifelhaft denn diese Ermittelungen würden wesentlich nicht auf dem Gebiete meines Ressorts liegen inwieweit der Herr Justiz-Minister die Arbeitskräfte und die finanziellen Mittel hat, um diese Arbeiten anzustellen. Ich hege aber keinen Zweifel, daß, wenn man in der Richtung die Unterstüßung der Landesvertretung findet, sich in jedem Falle auch die Mittel und die Arbeits- kräfte finden werden, um das, was man nach der Rücksicht für zweckmäßig erachtet, auch erörtern zu können. Ich würde also, gleichgültig, ob der Antrag des Hrn. Baron von Huene oder der An- trag des Hrn. Abg. Knebel zur Annahme gelangt, in dieser Be- ziehung zusagen können, daß Seitens der Königlichen Staatsregierung die zweckmäßig erscheinenden Ermittelungen angestellt werden würden, daß zunächst kommisßsarishe Berathungen stattfinden werden zwischen den betheiligten Ressorts und daß wir je nach den Ergebnissen der- selben in verhältnißmäßig kurzer Zeit vielleiht zu Propositionen kommen fönnten. In Bezug auf die rheinischen Verhältnisse find allerdings die Ermittelungen der Hypothekenschulden ganz besonders schwierig, wie den Herren: Abgeordneten und den anderen aus der Nhein- provinz gebürtigen Herren ja bekannt ist, wegen der dortigen Hypo- thekenverhältnisse, wegen des Systems der General- und gesetzlichen Hypotheken und endlich deêwegen, weil Realfolien . dort überhaupt fehlen. Man kann also in allen diesen Beziehungen sehr viel weniger auf dem Boden thatsächlicher Verhältnisse vorankommen, als wie ander- wärts. Inwieweit und wie diese Schwierigkeiten zu lösen sein werden, das wird fsih erst noch in wciteren Ermittlungen ergeben müssen. Die Gründe der Verschuldung anzugeben, würde versciedentlich bei den Subhastationen bis zu einem gewissen Grade möglich sein ; e3 wird auch bei den sonstigen Untersuchungen festzustellen sein, îin- wieweit Erbtheilungen, s{lechte Ernten, {lechte Wirthschaft oder dergleichen zur Verschuldung und Subhastation geführt hat. In die- ser Beziehung möchte ih hinweisen auf die Ermittlungen, die vor kurzer Zeit im Königreich Bayern stattgefunden haben, wo dur die Gemeindebehörden ein fehr ausführlihes Material zusammengestellt ist, ein Material, vcn dem ih aber doch hoffe, daß die Untersuchungen, die wir bei uns anstellen werden, ergeben werden, daß unsere Ver- hältnisse noch wesentlich gesunder und geordneter sind, wie dort. Wenn Sie aus diesem Bericht lesen, daß es dort vorkommt, daß Grundstücke für 6 Kreuzer, Parzellen für 6 Kreuzer ver- fauft werden, daß hypothefarishe Eintragungen stattfinden im Werthe von 6 Kreuzern, so glaube i, ist das ein Niveau, auf dem bei uns die Grundbesitzzersplitterung und der Grundbesitz noch nit angelangt ist. Daß das cin Zustand ift, der intollerabel ift, liegt auf der Hand.

Der Abg. Knebel hat dann in dem dritten Theil feines Antrags hingewiesen auf die vorhandenen Mißstände der Befriedigung des ländlichen Kredits. Meine Herren, in Bezug hierauf liegen gerade auch wieder in den Hypothekenverhältnissen für die Rheinprovinz die besonderen Erschwernisse.

Wenn in den rechtsrheiniswben Provinzen durch die Landschaften und ähnliche Institute es möglich gewesen ist, einmal untündbare niedrig verzinsliche Darlehne, die in langen Perioden erst amortisirt werden, zu ctabliren, so steht der Uebertragung auf das linke Rheins» ufer auch wieder das System des dortigen Immobilienrechts entgegen und ich sehe also keine Möglichkeit der Lösung dieser Verhältnisse, ehe nit diese anders geordnet sind. Es wird aber dafür au nicht ein Provisorium zu \ck{affen scin, soweit ib juristisch belehrt bin, sondern es wird erst der Erlaß des deutshen Civilgeseßbuchs die Hindernisse beben, die es unmöglich machen, die Grundkreditverhält- nisse am linken Rheinufer neu zu regeln. Es wird also der Rege- lung, der Erleichterung des Realkredits in diesen spezifiscen Verhält- nissen nah wie vor dauernd ein Hinderniß entgegenstehen. Was nun die Erörterungen betrifft, die sich beziehen auf eine Verbesserung des ländlichen Personalkredits, \o ist das eine Frage, die über die ganze Monarchie wobl gleichartig sich erstreckt und über die ja zwar die Meinungen vielfa auseinandergehen, für die aber die aktive Abhülfe allerdings recht große Schwierigkeiten bietet. Wenn wir auf der einen Seite es als wünschenswerth bezeichnen müssen, die Kreditfähig- keit des ländliden Grundbesitzers zu erhöhen, niht blos den Real-, sondern auc) den Personalkredit, so sind wir damit nachgerade wieder arf dem \{wierigsten Gebiet des Kreditwesens angelangt. Meines Erachtens haben wir ebensoviel Anlaß, einem leihtstnnigen Scbulden- macben vorzubeugen, als wir umgekehrt das Nehmen soliden Kredits zu erleichtern suhen müssen. Dieselben Fragen haben uns ja beshâf- tigt theils in den Erörterungen über das Nothstandsgeseß für Ober- {lesien und alle die Gesichtspunkte, die damals entwickelt worden sind, werden auch beute noch für Behandlung dieser Sache zutreffend und gültig sein. Ich sche allerdings au die wahrscheinlide Lö]ung dieser Frage cine absolute definitive Lösung dafür giebt es über- haupt nicht die praktisch mögliche Lösung auf dem geno}tenscchaft- lihen Gebiet ob man die Reifeysenshen Darlehnskassen, ob man die Schulze-Delitishen Kassen, dem einen oder dem anderen System den Vorzug giebt, ob man die Sparkassen weiter entwickelt und benußt als Kreditinstitute, ob man die Provinzialhülfskassen in die Lage fett, ähn- ¡ch wie in Scblesien geschehen ist durch unverzinslihe Darlehen Seitens L: Staates, alles das sind offene Fragen und jedes einzelne dieser Mittel kann anwendbar erscheinen und ist durchführbar bis zu einem gewissen Grade, wenn man die Mitwirkung der intelligenten Bevöl- kerungs\{icht dafür gewinnt, im Dienste des Gemeindewesens und des Gemeindenutzens. Gerade au die Broschüre des Hrn. Knebel giebt cinen erfreulichen Beleg für diese Regsamkeit, daß eben nur durch die Mitwirkung der besitzenden gebildeten Klassen es mögli sein wird, hier mit der Zeit eine langsame Besserung der Kreditverhält- nisse zu \{affen. Man wird allerdings nach dem Prinzip even ver- walten müssen, daß man nit Dividenden herauswirthschaftet, fondern daß die Kossen ledigli gemeinnützige Zwecke verfolgen, daß fie aller- dings einen soliden Kredit gewähren zum nicdrigs#t möglichen Zinss fuße und sich ledigliÞ damit begaügen, n die Gescafts-

unkosten zu verdienca und zu erwerben Das s\{cheint mir