1882 / 54 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 03 Mar 1882 18:00:01 GMT) scan diff

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sonders die schiedsrichterlichen Jnstitute, die von der Regierung eingeführt worden. Nur zwei Beschwerden beständen auch jeßt noch weiter, auf die er die Aufmerksamkeit der Regierung hin- lenken müsse. Zuerst sei es wünschenswerth, daß das Grundeigenthum auch anderen Kohlenbergwerken als Braun- kTohlenbergwerken gegenüber gesichert werde, und sodann mache {ih der Mangel an geseßlichen Bestimmungen darüber fühlbar, wer im Falle der Auflösung eines Bergwerkes sür etwaige entstandene Schäden haftbar gemacht werden solle. Die Titel 1—12 wurden hierauf genehmigt.

Bei Kap. 9 Tit. 13 äußerte der Abg. Dr. Schult, daß eine Aenderung der Bergwerkssteuer nothwendig sei. Man sollte entweder den Bruttoertrag der Bergwerke besteuern oder, was rihtia wäre, diese Steuer ganz beseitigen.

Der Regierunaskommissar Ministerial-Direktor Dr. Serlo erklärte, daß eine Steuerreform bezüglih der Bergwerke in Aussicht genommen sei.

Der Abg. Schmidt (Sagan) wendete sih gegen die For- derungen des Abg. Dr, Schul. Eine Verminderung oder gar cine Aufhebung der Bergwerkssteuer werde von bedenklichen Folgen sein. Nachdem si überall eine Neaktion gegen das laisser aller geltend, gemaht habe, sei er gespannt, ob die Regierung auch auf dem Gebiet des Bergbaues mit den alten Traditionen brechen werde. Redner wünschte eine Einshränkung des Berg- baues, insofern als er die Eröffnung von Bergwerken abhängig gemacht wissen wollte von einer staatlihen Konzession. Nach- dem der Abg. Dr. Hammacher die leßtere Forderung als nit realisirbar nahgewiesen hatte, wurde die Debatte geschlossen und der Titel bewilligt.

Bei Kap. 14, dauernde Ausgaben Tit. 7 (Betriebslöhne der Werks-Unterbeamten und Arbeiter) nahm der Abg. Dr. Hammacher das Wort, um zu konstatiren, daß die Be- schwerden, die in der Presse und auch im Reichs- tage von dem Abg. Frhrn. von Schorlemer-Alst gegen die Bergwerksverwaltungen erhoben worden, unbegründet seien. Die Behandlung der Arbeiter sei eine durhaus humane, und der Lohn vollkommen den Zeitverhältnissen entsprechend.

Der Abg. Schröder erklärte, daß die Vorwürfe des Abg. Frhrn. von Schorlemer-Alst sih nicht gegen die Staatsregierung, jondern gegen die Privatbergwerke gerichtet hätten. Er habe übrigens aus der Rede des Abg. Dr. Hammacher nur entnehmen können, daß die Behauptungen des Abg. Frhrn. von Schor- lemer durchaus begründet gewesen seien.

Bei Schluß des Blattes nahmfder Abg. Dr. Schult das Wort.

Die zweite Sißung des preußischen Volks- wirthschaftsraths am 1. d. M. wurde von dem Vor- M Staats - Minister von Boetticter, um 11/4 Uhr eröffnet.

Erster Gegenstand der Tagesordnung war die General- berathung des Entwurss eines Gesetzes, betreffend Abänderung der Gewerbeordnung. Der Vorsißende {lug vor, über die Artikel dieses Gesezentwurss in folgender Reihenfolge in Berathung zu treten: zu- nächst über Artikel 2, betr. Musikaufführungen, Schau- stellungen 2c., bei denen ein höheres Jnteresse der Kunst oder Wissenschaft nicht obwaltet, demnächst über Artikel 3, betr. die gewerbsmäßige Besorgung fremder Angelegenheiten 2c., das Gewerbe der Auktionatoren, Trödelhändler, Gesindevermiether 2c., sodann über Artikel 4, betr. den stehenden Gewerbebetrieb, ins- besondere auf öffentlihen Wegen 2c. oder von Haus zu Haus, demnächst über Artikel 6, betr. den Geschäftsbetrieb der Handlungsreisenden, sodann über die Artikel 5 und 7 gemein: sam, bétr. den Gewerbebetrieb mit Druckschriften 2c. auf öffentlihen Wegen 2c., und den Gewerbebetrieb im Umher- ziehen, s{hließlich über die sonstigen Bestimmungen des Geseß- entwurfs, welche zu einer Generalberathung etwa noch Anlaß aeben fönnten. Die Versammlung trat diesem Vor- Jchlage bei.

Zum Artikel 2 erklärte Hr. Heimendahl, er stehe auf dem Boden der Vorlage, welche einem unzweifelhaftenBedürfniß gerecht werde, und wisse der Statsregierung Dank für dieselbe. Er glaube jedoch schon hier eine allgemeine Erörterung darüber anregen zu sollen, ob es sih nicht im Jnteresse der Behörden selbs, und um dieselben vor einem Mißtrauen zu hüten, welches ihnen von den Gewerbetreibenden entgegengebracht werden könnte, empfehle, anderweite Bestimmungen über das bei Ertheilung oder Versagung der Genehmigungen 2c. zu be- obachtende Verfahren, insbesondere in der Rekursinstanz, zu geben. Der Regierungskommissar, Geheime Regierungs-Rath Bödiker, wies demgegenüber darauf hin, daß der vorliegende Geseßentwurf nur bestimmt sei, einzelne Materien der Ge- werbeordnung anders zu regeln, dieselben theils abzuändern, theils zu ergänzen, ohne jedo die Grundlagen der Gewerbe- ordnung selbst zu berühren. Die leßteren seien vielmehr \o- wohl in materieller wie in formeller Bezichung unverändert gelassen; insbesondere blieben auch die in den 88. 20, 21 a. a. D. enthaltenen Bestimmungen über das Verfahren be- stehen und auf die in dem gegenwärtigen Gesetzentwurf geregelten Materien lediglich anwendbar. Der Geseh- entwurf ziehe denn auch diese Konsequenz, etwa mit alleini- ger Ausnahme des 8. 33a, welhe aber in der Natur der Sache begründet sei. Wollte man annehmen, daß in einer oder der anderen in diesem Entwurf geregelten Materie die «Znteressen der Gewerbetreibenden, was das Verfahren anbe- lange, nicht voll gewahrt seien, so würde man die Schuld hieran den betreffenden allgemeinen Vorschristen der Gewerbe- ordnung zuweisen und diese abändern müssen: doch vermöge er hierzu einen ausrcihenden Anlaß nicht zu erkennen, da dié S8. 20, 21 a. a. D. ja nur allgemeine Umrisse enthielten und diese die Fnteressen der Gewerbetreibenden durchaus befrie- friedigen dürften. Hr. Kalle wünschte eine Abänderung des in §. 33a, des Entwurfs gebrauhten Ausdrucks „gewerbs- mäßig“, weil der leßtere dasjenige, was nah den Motiven gemeint zu sein scheine, nicht vollständig treffe und deshalb zu Mißverständnissen führen könne. Bedenklih erscheine ihm, daß in 8. 33a, nicht der Rekurs, sondern nur die Beschwerde zugelassen sei. Hr. Dr. Jansen wünschte eine präzisere Fassung der Vorausseßungen, unter welchen die Behörden zur Ablehnung von Anträgen der Ge- werbetreibenden berechtigt sein sollen, damit die Behörden durch das Geseh gedeckt und dem Verdacht der Willkür nicht ausgeseßt seien.

Zum Artikel 3 gab Hr. Kalle zunächst der Befürchtung Ausdruck, daß derselbe in der gegenwärtigen Fassung auch die legitime Advokatur und das Notariat treffen könne; man werde durch eine andere Fassung der Bestimmung dafür Sorge tragen müssen, daß diese Anwendbarkeit unter allen Umständen ausgeschlossen sei. Demnächst ging der Redner auf die bereits mehrfach hervorgehobenen, auch von ihm oben

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angedeuteten Bedenken ein, daß der Entwurf dem Ermessen der Behörden bei Versagung einer naGgesuhten Ge- nehmigreng einen zu weiten, ihnen selbst schädlihen Spielraum gewähre. Nachdem der Vorsißende das von dem Redner vorgetragene Bedenken, es sei die Anwendbarkeit des 8. 35 auf die Advokatur und das Notariat niht ausgeschlossen, durch den Hinweis auf Artikel 1 des Entwurfs widerlegt hatte, erahtete Hr. Kade im Anschluß an die Ausführungen des Vorredners für erforderlih, die Behörden ins- besondere der unteren JFnstanzen darüber niht im Zweifel zu lassen, was unter dem Ausdruck „Unzuverlässigkeit“, der im ersten Absaß des §. 35 gebraucht ist, zu verstehen sei. Der Redner wünschte sodann, daß den Auktionatoren die Besugniß zur Versteigerung von Jmmobilien versagt werde, wenn ihnen niht auf Grund des 8. 36 der Gewerbeordnung eine besondere Glaubwürdigkeit durch. die zuständige Behörde beigelegt worden sei, und wies darauf hin, daß bei dem gegenwärtigen Rechts- zustande, bei welchem jeder Auktionator befugt sei, sowohl Mobilien wie Jwmwobilien zu versteigern, Unzuträglichkeiten sür den Grundbesiß unvermeidbar seien. Hr. von Rath hätte gewünscht, daß der Gewerbebetrieb der Gesindevermiether, deren gemeinschädlihes Treiben er eingehend schilderte, noch schärfer unter Kontrole genommen worden wäre, als dies in §. 35 geschehen sei. Hr. Leuschner erachtete es im Gegensaß zu Hrn. Kalle nicht für angängig, in diesem Entwurf Bestimmungen über das Rekursverfahren zu treffen, weil sonst Kollisionen mit der in den östlichen Provinzen durchgeführten, auf dem Prinzip der Selbstverwal- tung beruhenden Organisation der Behörden zu besorgen seien. Im Uebrigen erklärte der Redner, daß er der Vorlage sympathisch gegenüberstehe, weil dieselbe die Einzelfreiheit in einer für das allgemeine Wohl unumgänglich nothwendigen Weise und praktisch zuträglicher beshränkte, als dies bis- her der Fall gewesen sei. Hr. Wolff verwies insbesondere auf das gemeinshädlihe Treiben dex Winkeladvokaten und Auktionatoren, von denen thatsächlih ein weit größerer Pro- zentsaß, als sich amtlih habe feststellen lassen, unzuverlässig jei, Dieselben könnten viel Schaden anrichten, bevor sie gerihtlich bestraft seien, und es erscheine daher angezeigt, die gegen sie gerichteten Bestimmungen des Entwurfs thun- lichst scharf zu fassen. Nachdem sodann Hr. Heimendahl sich dahin ausgesprochen hatte, daß seiner Ansicht nach eine allge- meine Regelung der das Rekursverfahren betreffenden Grund- säße sehr wohl in diesem Entwurf erfolgen könne, in welcher Beziehung das Weitere der Detailberathung vorzu- behalten sei, und nachdem Hr. Kalle auf die verschiedenen Behörden kurz hingewiesen hatte, welche gegenwärtig im Geltungsbereih des Zuständigkeitsgeseßes über gewerbliche Konzessionen zu befinden haben, wies der Regierungskommissar Geh. Negierungs-Nath Bödiker wiederholt darauf hin, daß die für das Verfahren und für die Kompetenz der Behörden ge- gebenen Bestimmungen der Gewerbeordnung und der Landes- geseße bestehen zu bleiben hätten, und erörterte, daß die vor- geschlagene Abänderung der §8. 20, 21 der Gewerbeordnung dur allgemeine Betheiligung von Organen der Selbstver- waltung an der Entscheidung der Konzessionssachen unaus- führbar sein würde," weil niht in allen deutschen Staaten Selbstverwaltung bestehe und kein Staat genöthigt werden könne, dergleihen Behörden lediglich für die Ausfüh- rung der Gewerbeordnung ins Leben zu rufen. Daß m S 04A „statt des Nekurses nux die Beschwerde gegeben set, ri fertige sih {hon daraus, daß dieser Para- graph geseglih regele, was bisher nur der polizei- lihen Einwirkung unkerworsen gewesen sei. Schließlich sei darauf hinzuweisen, daß eine der wesentlichsten Garantien, welche die Entscheidung durch Behörden der Selbstverwaltung biete, hon gegenwärtig bestehe, da dergleichen Streitigkeiten in fast allen Staaten in einer der beiden Jnstanzen kontra- diktorish behandelt würden. Hr. von Herford wünschte, daß der Gewerbebetrieb der Nechtskonsulenten von einer Konzession abhängig gemacht werden mge. Die in den Motiven hier- gegen geltend geinachten Gesichtspunkte müßten gegen den Schaden zurücktreten, welchen diese Leute anstisten könnten, ehe ihnen durch Entziehung dcr Befugniß die Möglichkeit wei- terer Benachtheiligungen des Publikums genommen werde. Demgegenüber führte Hr. Wolff aus, daß die Konzessions- ertheilung in neuerer Zeit eine gewisse Bedeutung erlangt und den Konzessionirten eine gewisse Legitimation beigelegt habe. Er glaube daher sih gegen die Konzessionirung der RNechtskonsulenten aussprehen zu müssen, weil ihnen dadurch ein Standesbewußt- sein und nah Außen eine Autorität gegeben würde, die er diesen Gewerbetreibenden im Allgemeinen nicht zugestehen möge.

Zum Artikel 4 erhob Hr. Kalle das Bedenken, daß die Fassung des §. 42b, Absay 1 zu der Annahme nöthige, als müsse sih die Erlaubniß zu den in Nr. 1, 2, 3 daselbst nam: haft gemachten Verrichtungen auf alle derartigen Betriebe be- ziehen, was nach den Motiven nicht beabsihtigt sei. Es empfehle sih, durch Einschiebung des Worts „gewisse“ erkenn- bar zu machen, was gemeint sei. Demgegenüdber bemerkte der Regierungskommissar Geh. Regierungs-Näth Bödiker, daß die Jukongruenz nur eine scheinbare sei; das majus {ließe das minus ein; die Behörde sei nach dem Entwurf nur befugt, nicht aber auch verpflichtet, generclle Anordnung zu treffen. Hr. Rosenbaum begrüßte es, daß die Vorlage die Wanderlager von dem stehenden Gewerbebetrieb aus- ließen will, da dieselben ein Krebsschaden seien, welcher das solide, seßhafte Gewerbe auf das ärgste benactheilige. Unter Darlegung des Verfahrens der Jnhaber solher Wander- lager glaubte der Redner aber, daß die in 8. 42 gebrauchten Worte „bei regelmäßiger Wiederkehr“ den beabsichtigten Zweck nicht erreichen lassen würden. Der Regierungs-Komnissar Geheimer Regierungs-Rath Bödiker erklärte, er könne dieses Bedenken niht theilen, da jene Worte sich auf die sogenannten Saisongeschäste beziehen, und eine regel- mäßige Wiederkehr des Jnhabers der Wanderlager den- selben gerade für die von ihm Geschädigten faßbar mache. Hr. Rosenbaum entgegnete darauf, daß die Jnhaber der Wanderlager direkt gezwungen werden müßten, in ihrer Hei- math ein eigentliches stehendes Gewerbe zu betreiben, nicht blos daselbst einen Ort zu haben, den sie angeblih zu einer Niederlage für ihre Waare benußt.n. Dies allein werde dazu führen, die große Schädlichkeit dieser Wanderlager zu beseiti- gen, was bei ihrer Beweglichkeit sonst nit erreiht werden würde.

Bei Art, 6 behielt \sich Hr. Dr. Jansen für die Spezial- berathung eine Erörterung darüber vor, wie dem Geschäfts- betrieb der Handlungsreisenden im Verkehr mit Pri- vaten entgegenzutreten sei. Die Vermehrung dieser Ge- werbetreibenden sei insbesondere der Textilindustrie \{häd- lih ,Mzumal die Besoldung und die Spesen derselben

doh s{ließlich auf den Preis der Waare aufgeschlagen werden müßten, wodurch die legtere vertheuert werde. Hr. Kauffmann machte darauf aufmerksam, daß neben den Handlungsreisen- den, welche im Dienst einer einzelnen Firma stehen, neuer- dings sogenannte Agenten üblich geworden seien, welche mehrere Gewerbetreibende vertreten, und selbständiger seien, wie jene. Auf diese Agenten dürften die Vorschristen des §. 46 nicht Anwendung finden. Nachdem Hr. Kahle die Erörterung mehrerer hierher gehöriger Punkte für die Spezialberathung angekündigt hatte, schilderte Hr. Wolff die Wirkung des gegen- wärtigen Rechtszustandes dahin, daß man si in feiner eigenen Behausung nicht mehr \{üßen könne vor den Handlungs- reisenden, welche das Publikum mit Mustern 2c. geradezu über- liefen, und welche sih namentlich seit der stärkeren Besteuerung der Wanderlager außerordentli vermehrt hätten. Diese Muster- reisenden Lelästigten aber niht nur das Publikum, sondern s{ä- digten auch den stehenden Gewerbebetrieb, da sie mit ihren Mustern Hausirhandel trieben und bei ihrem großen Umsaz den Preis für die Waare dergestalt bestimmten, daß die kleinen Gewerbe- treibenden und Handwerker zu billig verkaufen müßten und kaum noch die Miethe für ihr Geschäftslokal aufbringen könn- ten. Es sei dies umsomehr zu beachten, als die Rücksicht auf die Konkurrenz fast alle besseren Firmen nöthige, \ich solcher Hausirer zu bedienen, wodurch ihre Anzahl naturgemäß wachse. Die Waare, welche von den leßteren vertrieben werde, sei meist geringwerthia, und daraus erkläre es fich, daß die Fabrikation s{lechter Waare zugenommen habe. QOL. Rosenbaum möchte für die Goldwaarenindustrie erleichterte Bestimmungen fürwünschenswerth halten, da es allgemein üblich geworden sei, daß die Fuweliere in den Provinzialstädten ihren ganzen Bedarf von Reisenden bezichen, welhe in gewissen Zeiträumen mit Waaren im Betrage von oft mehr als 100 000 _von den großen Fabrikanten zu ihnen abgeschickt würden. Der Regierungskommissar Geheimer Regierungs- Rath Bödiker seßte auseinander, daß die Stellung der Handlungsreisenden speziell der Musterreisenden, nah dem vorliegenden Entwurf eine andere werden solle, als bisher. Gegenwärtig gelte der Geschäftsbetrieb dieser Reisenden als Ausfluß des stehenden Gewe! bebetriebs ihres Ausftraggebers, mögen sie mit Geschäftsleuten oder mit dem Publikum in Verbindung treten. Der Entwurf wolle die Reisenden als solche auf den Verkehr mit denjenigen Geschäftsleuten, welche mit ihrem Auftraggeber geschäftlihe Beziehungen haben, beshränken ; darüber hinaus, also namentlich bei einem Ver- lehr mit dem Publikum, sollten sie als Hausirer gelten und den für diese getroffenen Bestimmungen unterliegen. Wolle man sür einzelne Betriebe den Verkehr der Handlungs- reisenden mit dem Publikum überhaupt verhindern, so seien entsprechende Anträge zu den §88. 56, 56a. zu stellen. Was die Goldwaarenbranche anbetreffe, so seien die von Hrn. Rosenbaum hervorgehobenen Gesichtspunkte {hon früher , ins- besondere bei den im Fahre 1869 im Reichstage gepflogenen Verhandlungen über den Entwurf der Gewerbeordnung er- örtert, aber wegen der Exetnplifikationen, die dann unvermeid- lih sein würden, abgelehnt worden. Hr. Delius konstatirte, daß nah dem Entwurf troß der gemachten Unterscheidung der beklagte Uebelstand verbleiben werde. Es müßten aber Mittel ge- funden werden, um demselben abzuhelfen, und es empfehle sih zu dem Zwecke, einen von der Handelskammer in Osnabrück ge- machten Vorschlag in Erwägung zu ziehen, daß nur derjenige als Musterreisender fungiren dürfe, welcher dur einen Lehr- brief nah mehrjähriger Lehrzeit als tüchtig sich ausweisen könne. Hr. Kohhann fand die Ursache, aus welcher gegen- wärtig andere Grundlagen im Geschästsbetrieb gelten, wie früher, darin, daß der Gewerbebetrieb in großen Städten und in den Händen weniger Jndustrieller konzentrirt sei, daß die- selben mit mäßigem Nußen arbeiteten, deshalb billiger produ- zirten als die Gewerbetreibenden in der Provinz und nun ihre Produkte durch Musterreisende ins Land versendeten, die dann allerdings fo billige Preise stellen könnten, daß die dortigen Häuser, welche niht nach jenen Gesichtspunkten arbeiten und die Vortheile der Großstadt nicht genießen, mit ihnen nicht konkurriren könnten. Gegen diese Aeußerungen wendete sich Hr. Hessel mit der Ausführung, daß nicht die Centralisa- tion, fondern die shwindelhafte und shlehte Arbeit den billigen Preis bedinge. Zwischen großen und kleinen Städten bestehe darin kein Unterschied. Der Gewerbebetrieb der Muster- reisenden und Hausirer müsse aber hon um deswillen ein- geshränkt werden, weil sie unproduktiv seien und sich der Ar- beit entzögen.

Zu den Artikeln 5 und 7 erklärte Hr. Björnser, daß die Klagen über die Hausirer überall dieselben seien. Man müsse darauf Bedacht nehmen, diefen Gewerbebetrieb zu be- {hränken, und es empfehle sih zu dem Zweck, die Wander- scheine nur für einzelne Bezirke und nur an Personen aus- zugeben, welhe völlig einwandsfrei seien. Hr. Dr. Jansen wies darauf hin, daß das Hausirgewerbe insbesondere die Handwerker und den Kleinbetrieb s{hädige. Dies werde noch eine Vermehrung erfahren, wenn nah deu Vorschlägen des Entwurfs die Musterreisenden jeßt auch in die Kategorie der Hausirer treten sollten. Auf die Anfrage des Hrn. Kiepert, ob in §8. 56 auch das Reisen mit Wein, Bier und Liqueur sowie das direkte Beziehen dieser Waaren Seitens der Konsu- menten von den Reisenden getroffen werden solle, erklärte der Regierungskommissar, daß das Feilbieten und der unmittel- bare Ankauf von Person zu Person zur sofortigen Abnahme für geistige Getränke aller Art versagt sein soll, und für Branntwein und Spiritus gemäß 8. 56a. Nr. 3 auch das Aufsuhen von Bestellungen untersagt ist. Hr. Kalle wies Hrn. Björnsen gegenüber darauf hin, daß die persönliche Jntegrität der Hausirer nah 8. 57 eingehend ge- prüft werde, und meinte, daß diese Gewerbe weiteren Be- shränkungen, als im öffentlihen Jnteresse erforderlich sei, nicht unterworfen werden dürfe. Der Standpunkt der Vor- lage scheine ihm daher ein richtiger zu sein. Zu begrüßen sei das Verbot des Hausirens mit Shußwaffen 2c. und mit Werth- papieren, Antheilscheinen 2c. ; in 8. 56 Nr. 10 solle man nicht nur die „erbaulihen“, sondern die „belehrenden“ Schriften er- ziehlihen Fnhalts nahgeben. Bei 8. 57 Nr. 3 werde, wie in 8. 35, eine Beschränkung des Ermessens der Behörden an- gezeigt sein; endlih vermöge Redner nicht zu ersehen, wes- halb gegen die nah §8. 63 Absay 2 zulässige Versagung der Genehmigung eines Drucksschristenverzeihnisses ch2. nicht der Rekurs, sondern nur die Beschwerde nachgelassen sei. Der Regierungskommissar führte auf das zuleßt hervorgehobene Bedenken aus, daß die Beschwerde dem Jnteresse des Gewerbe- treibenden ebenso Rehnung trage wie dem öffentlichen Jnter- esse. Leßteres verlange insbesondere eine nah dem subjektiven Ermessen der Behörde anzustellende Prüfung, für welche das Rekursverfahren nicht geeignet erscheine. Uebrizens enthalte

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die Zulassung Tes Hausirens mit Druckschristen s{chon eine Konzession gegenüber ver weit verbreiteten Annahme, daß ein Folcher Handel überhaupt verboten werden müsse, wie er denn bis zum Erlaß -der Gewerbeordnung in fast allen deutschen Staaten verboten gewesen sei. Ueber diese Konzession hinaus könne nicht gegangen werden. Hr. Wolff führte im Gegen- say zu Hrn. Kalle aus, daß nicht nur die öffentlichen, sondern auch die wirthshaftlihen Jnteressen bei der Beurtheilung der Zulässigkeit des -Hausirgewerbebetriebes in Betracht gezogen werden müßten, wobei insbesondere auf die Vertreibung von Schwindelwaaren durh die Hausirer hinzuweisen sei. Hr. Rosenbaum begrüßte den Ausschluß der Geheimmittel und erklärte, er ‘nehme an, daß dur :8. 56 Nr. 7 au Petroleum von dem Gewerbebetrieb im UmÿHerziehen ausgeschlossen sein soll. Redner empfahl gleichfalls die Zulassung von Druck-

schriften rein wiffssenschastlihen Jnhalts und wünschte Auskunft | darüber, wie die Bestimmung des 8. 56 d. zu verstehen sei. Der Regierungskommissar beantwortete diese Anfrage dahin, daß Ausländern ein Necht auf Zulassung zum Betrieb des Wander-

gewerbes {chon jeßt niht zustehe, daß sie vielmehr nur dann zugelassen werden könnten, wenn sich ein Bedürfniß hierzu zeige. Ueber die Voraussezungen habe der Bundesrath Be- stimmungen erlassen: ob dieselben aufrecht erhalten oder etwa noch beshränkt werden sollen, darüber habe er keine Kenntniß. Hr. von Herford führte Klage über die Unzu- träglichkeiten, welhe durch die slovakishen Drahtbinder, namentlih auf dem platten Lande, herbeigeführt würden. Der Regierungskommissar Bödiker erwiderte, er hoffe, daß die neuen Bestimmungen der 88. 42, 42b., 44, 44. des Ent- wurfs zur Beseitigung dieses Uevelstandes führen werden, Hr. Sartori wünschte in der Spezialdiskussion eine Definition des Ausdruäs „Geheimmittel“ herbeizusühreu. Hr. Kade mö@hte das Verbot des §. 60c. cuch auf den Sonntag aus- gedehnt haben. Hr. Rosenbaum bemerkte, daß im Reichs- Gesundheitsamt ein reihlihes Material darüber zu finden sei, was Geheimmittel sind. H

Zu den übrigen Artikeln wurde das Wort nicht verlangt und dieser Gegenstand der Tagesordnung damit für erledigt ertlärt.

Der Gesetentwurf wurde an den permanenten Auss{uß verwiesen . und soll vemnächst im Plenum nochmals durch- berathen werden. Zum Referenten wurde Hr. Dr. Jansen, zum Korreferenien Hr. Kochhann bestellt. A

Hierauf trat der Volkswirthschaftsrath in die General- besprechung ‘über den Entwurf einos Geseßes, betreffend die Zwangsvollstre&ung in bas unbeweglihe Vermögen

Hr. von Rifselmann sprach zunächst seine Sympathie für den Entwurf aus: derselbe werde, zum Geseß erhoben, sicher wohlthätig wirken. Für die Spezialdiskussion mache er zu Frage 4 der Denkschrift darauf aufmerksam, daß häufig der Ersteher eines Grundstücks in die Lage kommen werde, Hypo- theken mit hohem Zinsfuß, sehr lange Kündigungsfristen oder sonstige lästige Bedingungen zu übernehmen. Es müsse eine Bestimmung dahin in den Entwurf aufgenommen werden, daß es dem Eusteher ¿gestattet fein soll, derartige Hypotheken bei der ersten von ihm zu leistenden Zins- zahlung zur Rü@zahlung bianen der geseßlihen Frist zu kündigen. Sodann sei ihm, und zwar auch von Sach: verständigen, die Befürchtung ausgesprochen worden, daß zur Umgehung des ¿n Frage 5 der Denkschrift aufgestellten Grund- saßes in die Verpsändungsverträge in Zukunft eine Klausel wegen sofortiger Fälligkeit der Hypothek im Falle der Zwangs- versteigerung werde aufgenommen werden; er stelle zur Ex- wägung, ob nicht die Ausnahme derartiger Klauseln geseßlich zu verbieten sein möchte. Hr. Paetsh wies; zu 8. 39 Nr. 1 des Entwurss darauf hin, daß nah den bestehenden Vor- schriften das versteigernde Gericht nicht verpflichtet sei, in die Bekanntmachungen von Versteigerungen städtisGer Besißungen die Bezeichnung von Straße und Hausnummer aufzunehmen. Ohne diese Bezeichnung könne sich aber das betheiligte Publikum schwer über das ausgebotene Grundstü orientiren : er stelle deshalb zur Erwägung, ob nicht eine entsprechende Vecpflichtung sür die Gerichle in den vorliegenden Entwurf aufzunehmen sein werde. Hr. Sartori empfahl den Entwurf unter Bezugnahme auf die den Bestimmungen desselben im Wesentlichen entsprehende Praxis, die von Gerichten seiner engeren Heimath Holitein bei vorkommenden Subhastationen seit 1879 geübt werde, und mit der alle Betheiligten zufrieden gewesen seien. Zu Frage 5 der Denkschrift gab Nedner unter Anderem der Spezialdiskussion die Prüfung anheim, das Wort „brauchen“ richtig gewählt sei. Hr. Nosen- baum hob die üblen Wirkungen des bisherigen Subhastations- verfahrens und die bedenklichen Manipulationen hervor, zu welchem dasselbe von Leuten mißbraucht worden sei, die den Ankauf von Hypotheken gewissermaßen gewerbsmäßig betrieben hätten, um unter Benußung derselben das Grundstück zur Subhastation zu bringen und unter vortheilhaften Bedingungen zu erstehen. Diesen Mißständen werde durch Annahme des Grundfaßes zu 4 der Denkschrift voraussihtlich vorgebeugt werden. Ob durch die Annahme dieses Grundsatzes und des-

. jenigen zu 5 der Denkschrift der Realkredit nicht werde beschränkt

werden, lasse sih noch niht übersehen; jedenfalls werde aber der alsdann noch bewilligte Kredit ein gesunder und gut fun- dirter sein. Schattenseiten des Entwurfs lägen in den Be- stimmungen über die Befriedigung der Hypothek-:ngläubiger, wenn die Zwangsversteigerung auf Antrag des Konkurs- verwalters erfolge, in der zu befürchtenden Mehrung der Prozesse, in der Schwierigkeit der Uebernahme der sogenann- ten Korrealhypotheken durch den Ersteher. Wer solle die Kosten zahlen, wenn bei der Versteigerung das niedrigste Gebot nichi erzielt werde? Hr. Kade hegte Bedenken bezüg- lih der Bestimmungen über die Zwangsvollstreckung in Berg- werkseigenthum, insbesondere in die Kohlenabbaugerechtig- keiten in den vormals sächsischen Landestheilen, und behielt sih vor, hierauf in der Spezialdiskussion näher einzugehen. Jm Uebrigen wolle er noch auf die Schwierigkeit der Behand- lung von Kautionshypotheken aufmerksam machen und ferner zur Erwägung stellen, ob nicht die JFnteressenten von der Fest- stellung des „niedrigsten Gebots“ vorher zu benachrichtigen seien. Hr. Heimendahl erklärte sich im Ganzen mit dem Entwurf einverstanden: ob durch denselben der Realkredit werde ge- hoben werden, sei freilih zweifelhaft. Hr. von Velsen fand, daß die Bestimmungen des Entwurfs über die Zwangsvoll- stredung in Bergwerkseigenthum in einzelwen Punkten noch ungünstiger seien als die jeßt bestehenden, und daß sie in- anderen Punkten nicht die nöthige Abhülfe gewährten. Jm Jnteresse der gemeinnüßigen Knappschafts-

kassen, die jeßt mit ihren Forderungen wegen rückständiger Beiträge bei Subhastationen häufig Verluste erlitten, müsse werden, daß den rüdckständigen Knappschaftskassen-

verlangt

beiträgen dasselbe Vorzugsrecht verliehen werde, welches im 8. 27 des Ent wurfs den Gemeindelasten gewährt sei. So- dann müße en für immobile Kuxe ausgeschriebenen Zu-

bußea daëjenige Vorzugsrecht zugebilligt werden, welches das Bevzgeses denjselben beizulegen beabsichtigt habe, das aber in Entscheidungen des höchst-n Gerichts-

hofes näht anerkannt sei. Dieselben würden den in

8. 25 deë Entwurfs erwähnten Deichlasten gleihzustellen sein.

Hx. Lobeckt hob hervor, daß si in Neuvorpommern und Rügen

die Guendzüge des Entwurfs, insbesondere diejenigen zu 4

und 5 der Denkschrift, durch die Praxis bereits bewährt hätten.

Ein Uébelstand sei insofern hervorgetreten, als der Käufer

auch dann, wenn die Subhastation wegen geringer Beträge

an rü&ständigen Zinsen erfolgt sei, Kaufstempel und Gerichts-

kosten nah dem vollen Werthbetrage des fubhastirten Grund-

stücks have entrihten müssen. Wenn bei der Verfsteige-

rung das niedrigste Gebot nicht erreiht werde, seien

die Kosten dem die Subhastation betreibenden Gläubiger

zur Last zu legen. Hr. Vorderbrügge macht auf die großen

Nachtheile und Verluste aufmerksam, welche Bauhandwerker, die durch häufig in betrügerischer Absicht handelnden Unternehmer von Neubauten zu Lieferungen veranlaßt würden, dadur erlitten, daß ihre Forderungen bei Subhastation dieser Bauten nicht realisirt würden. Ec gebe zur Erwägung, ob nil in die §8. 21 bis 28 Bestimmungen dahin einzusügen seien, daß Bauhandwerkern, welche zu subhastirten Neubauten Lieferungen gemacht hätten, ihre hieraus rücfständigen Forderungen von dem Ersteher bezahlt werden müßten. Hr. Wesenfeld wünschte Ausdehnung des Prinzips der Denkschrist, wonach das Ver- fahren durch das Gericht von Amtswegen betrieben werden müsse, auf die Rheinprovinz, in welcher dieses Prinzip nicht Gültigkeit habe. Auch gebe das rheinische Verfahren nach vorgekommenen Brandschäden zu Verkürzungen der Gläubiger dadur Anlaß, daß die Befriedigung derselben aus den von den Versicherungsgesell|haften gezahlten Versicherungssummen nicht gleichmäßig zu erfolgen brauche. Hr. von Rath sprach fich für den Entwurf und ferner dahin aus, daß für die Rheinprovinz eine Neuregelung des Hypothekenrechts und des Subhastationsverfahrens unbedingt erforderlich sei. Die bestehende auf dem französischen Recht basirende Hypotheken- ordnung sei total veraltet, namentlich in Bezug auf ländliche Verhältnisse. Sie wirke fo schädigend, daß der Rückgang des Bauernstandes unvermeidlih sei. Hr. Leuschner hielt gleich- falls ein Vorzugsreht für Knappschaftskassenbeiträge sür un- bedingt erforderlih. Nicht so dringlich, aber immerhin wichtig sei die Frage des Vorzugsrechts für die Zubußen von immo- bilen Kuxen, da inzwishen die Mobilisirung der meisten Kuren erfolgt el Uebrigens vedeutelen auO ur die Kohlen-Abbaugerechtigkeiten der vormals sächsischen Landestheile die Bestimmungen des Entwurfs keine Ver- s{lechterung der gegenwärtigen Verhältnisse. Hr. Wolff erklärte si gleihfalls für den Entwurf und außerdem für eine Neuregelung des rheinischen Hypothekenwesens, sowie für die von dem Mitgliede Vorderbrügge verlangte vorzugäweise Berücksichtigung der Forderungen von Handwerkern bei Subhastation von Neubauten. Hr. Pr. Jansen erläuterte die Neformbedürstigkeit des rheinishen Hypotheken: uud Sub- hastations8wesens aus eigener Erfahrung und stimmte dem Entwurf zu. Hr. Kochann äußerte seine Meinung dahin, daß die Annahm: des Grundsaßes 4 der Denkschrift für den Grundbesiß sich sehr wohlthätig erweisen werde. Aus der Adoption des Grundsaßes 5 könne eine Verschlehterung des Realkredits deshalb eintreten, weil in Zukunft der Gläubiger werde ge- nöthigt werden können, den Ersteher als Schuldner anzu- nehmen und hierdurch der Garantie verlustig gehe, welhe ihm die Persönlichkeit des früheren Besißers vielleicht geboten habe. Die den Handwerkern bei Subhastation von Neubauten häufig durch die Unreellität der Baußherren erwachsenen Nachtheile rührten in vielen Fällen von der übergroßen Vertrauens- seligkeit und Leichtgläubigkeit der Handwerker selbst her, die ohne Prüsung der Verhältnisse zu Lieferungen sich verleiten ließen. Hr. Hessel sprah für die Vorlage, insbesondere für die Annahme des Grundsaßes 5 und nahm mit Hrn. Vorder- brügge die Handwerker gegen den Vorwurf der Leichtgläubig- keit und übergroßen Vertrauensseligkeit in Schuß.

Hiermit war die Debatte erschöpft. Die Vorlage wurde dem permanenten Ausschuß überwiesen. Zum Referenten be- stellte der Borsißende Hrn. von Nathusius, zum Korreferenten Hrn. von Tiele-Winller.

Sodann lud der Vorsißende die Mitglieder der land- wirthschaftlihen Sektion ein, zur Berathung über die wegen Einführung einer Milchkontrole und bezüglih der Hundesperre ihr gemachten Vorlagen am Donnerstag, den 2, März, Mor- gens 10 Uhr, zusammenzutreten, und seßte auf die Tagesord- nung der an demselben Tage, Mittags 12 Uhr, stattfindenden dritten Plenarsißung die Generalbesprehung . der Vorlagen, betressend die Kreirung von Staatspapicren auf Namen u. #. 1w., und des Geseßentwurfs, betreffend die Anfertigung von Zünd- hölzern unter Verwenckung von weißem Phosphor. Nach der Plenarsißung foll die erste Sizung des permanenten Aus- {usses stattfinden, auf deren Tagesordnung der Vorsitzende die Spezialberathung des die Abänderung der Gewerbeordnung betreffenden Geseßentwurfs sett,

Die Reichsbank hat heute den Diskont für Wechsei auf 4/2 und den Lombardzinsfuß auf 51/, pCt. herabgesett.

Zu dem am 1. d. Mts. bei der Militär-Turn- anstalt begonnenen 5monatlichen Lehrkursus ist wiederum eine größere Anzahl von Offizieren aller Waffengattungen kommandirt worden und hier eingetroffen,

S. M. S. „Carola“, 10 Geschüße, Kommandant Korvetten-Kapitän Karcher, ist am 2. März cr. in Sidney ein- getroffen und beabsichtigt am 23. dess. Mts. die Reise fortzu- seten.

Elsaß; - Lothringen. Straßburg, 1. März. Der Statthalter hat, wie die „Els. Lothr. Ztg.“ mittheilt, durch Erlaß vom 20. Februar d. J. auf Grund der von der Options- kommission in threr zwölften Sißung abgegebenen Gutachten die Option bezw. Auswanderung von 887 Personen als gültig anerkannt. i

2. März. (W. T. B.) Die „Elsaß - Lothring\che Zeitung“ schreibt: Der Gesehentwurf über das Reichs- Tabaksmonopol ist, wie wir hören, den Handelskammern in Straßburg, Colmar, Meh und Mülhausen, sowie den landwirth- schaftlichen Bezirksvereinen von Ober- und Unterelsaß Seitens der Regierung zur Begutachtung mitgetheilt worden. Da Elsaß- Lothringen daß einzige deutsche Land ist, welches praktische Erfahrungen über das Tabaksmonopol besißt, darf man an-

nehmen, daß die Gutachten, welhe von den berufenen Ver-

| 6 stündigem Fehr (l | i i Felsen erstiegen wir am 26. v. M. Vormittags 11 Uhr

Truppen beschossen.

tretern der Landwirth zst sowie des Handels und Verkehrs im Reichslande nuan xehr a5zugeben sind, durch besondere Sachkenniniß und r ihtige Beurtheilung sich auszeihnen werden.

Oesterreich:Un garn. Wien, 2. März. (W. T. B.) General-Major Le ddihn meldet vom 28. v. M.: Die Kolonne Czveits hat gestern Vormittag Ulok genommen. Oberst Arlow, dessen rechte Seitenhut auf die Fnsurgenten gestoßen war und dieselben unter Beibringung größerer Verluste geworfen hatte, war bis zu den Ulok beherrshenden Höhen vorgedrungen und ist heute zurüdckgekehrt, da Oberst Haas einer weiteren Unter- stüßung nicht benöthigt war. Die Kolonne Arlow hat keine Verlusie gehabt. Die Befestigungen von Kalinovic find nahezu vollendet. FML. Jovanovic meldet vom 1. d. M. Abends: General Czveits telegraphirt: Nach beshwerlihen Marsche in den Pluzine-

nte Merinje-Fzanina. Uin 121/45 Uhr stieß die rechte Seiten-

" hut bei dem öftlih gelegenen Weiler Paschina Livada auf

100 Jnsurgenten, die sich. dort festgeseßt hatten und unsere Die Jnsurgenten wurden von 2 Com- pagnien vertrieben, wobei die Hütten des Weilers in Brand geriethen und flohen in östliher Richtung. Als wir um 2/4 Uhr bis auf eine Entfernung von 4 km von Ulok ange- kommen waren, fanden wir die von Felskuppen gekrönten Höhen von Crveni-Clanac von starken Fnfurgentenbanden beseßt, ich ließ das Artilleriefeuer eröffnen, die Vnfanterie in Gefechtsstellung übergehen und auch von der Jafanterie das Feuer beginnen. Jnzwischen wurde festgestellt, daß ein direkter Angriff unthunlich sei, weil ein ganz offenes Terrain zu passiren war, wobei man außerdem von einer in unserer eigenen rechten Flanke liegenden, sehr markirten Höhe beschossen werden würde, ih entschloß mich daher, diese durch 5 Steinkaraulen verstärkte Höhe anzugreifen. Während die Geschüße und die Fnfanterie-Abtheilung die Höhen beschosscn, ließ ih dieselbe umfassen und zog sämmtliche Truppen auf die Höhe und ordnete troß heftigen Schneesturms den Haupt- angriff an. Die steilen Abhänge der von Natuc starken Stellung wurden erflommen und um 7 Uhr nach heftigem G:w hr- und Kartätschenfeuer genommen. Alle Anstrengungen des Feindes, den Schlüsselpunkt von Ulok zu retten, blieben erfolg- los. Der Feind war gänzlih geschlagen, floh nah allen Rich- tungen, ließ mehrere Todte zurück und schleppte zahl- reihe Verwundete und Todte mit sich fort. Auf unserer Seite blieben vom 71. Jnfanterie-Regiment 8 Todte, 9 Shwer-, 6 Leichtverwundete. Fh beseßte die Umgebuna, die ih in Kanonenschußstelung zu enfiliren und selbst im Rücken zu fassen in der Lage war. Am 27. Februar früh traf ih mit der über Slivlje vorgerückten Kolonne Sekulih zusammen und stellte den weiteren Vormarsh fest. Um 7 Uhr wurde der Angriff begonnen und stetig gegen die Brücke bei Ulok vorgerückt, während Sekulih als linke Staffel nach- folgte. Mittags wurden die leßten partiellen Wider- standsversuche einzelner fliehender Gruppen im Orte ge- brohen, um 4 Uhr Nachmittags wurde der Rest der Fnsurgenten durch halbstündiges Feuer auch vom rechten Narenta-Ufer vertrieben. Um 6 Uhr Abends rückte die Kolonne Haas über die Brücke auf das linke Narenta-:Ufer, wo dieselbe Nachts mit meiner Kolonne in Verbindung trat. Beg Jazic, der Hauptaufwiegler bei dem \. Z. stattgehabten Angriff auf den Gensd'arm-rieposten bei Ulok, wurde ge- fangen und nah Nevesinje gebraht. Die Stärke der Ja- surgenten betrug 800 bis 1000 Mann. Tungus kommandirte 250 Christen, Dmer Cucic 350 Türken, Cekulic eine gemijchte Abtheilung von 200, Kurtovic eine solche von 200—300 Mann. Tungus foll mit seiner Familie nah Montenegro geflohen sein. Das Benehmen, die Opferwilligkeit, Tapferkeit und Ausdauer der Truppen is im höchsten Grade lobenswerth.

Aus Mostar, 21. Februar, wird der „Pol. Corr.“ geschrieben :

Im letzten Herbste wurde, als sich in Gacko und Umgebung in Folge der Mißernte große Noth fühlbar machte, von der bosnis{- herzegowinischen Landesverwaltung die Jnangriffnahme von Noth- standsbauten beschlossen. Als diesem Beschlusse vor Kurzem Folge gegeben wurde, zeigte sich ein solcher Andrang arbeitsuhender Indi- viduen, daß der bewilligte Betrag erhöht und die Herstellung eines zweiten Straßenzuges von Gacko abwärts in Aussiht genommen werden mußte. Dieses Faktum sowie der Umstand, daß an diesen Nothstandsbauten ungeachtet der in näbster Nähe vegetirenden Em- pôrung ununterbrochen gearbeitet wird, charakterisirt besser, als es noch so viele Worte vermöchten, die ganze aparte Art des Landes und die seltsamen Verhältnisse in demselben. Während einige Mitglieder dieses oder ienes Hauswesens als Banditen und Empörer in den Bergen umherschweifen, geht der Rest, wenn auch vielleiht nur \{ein- bar, friedlicher Beschäftigung nah und bettelt um Arbeit Seitens desselben Staatswesens, gegen das sich einer oder der andere der An- gehörigen in Aufruhr befinde. S

Es geht daraus hervor, daß fich ein ganz fals{ches Bild von der Situation im Insurrektionsgebiete mat, wer etwa annimmt, daß alle friedliche Beschäftigung daselbst stockt. Die Behörden funktioniren ungehemmt inmitten der Insurrektionszone und die Existenz des Auf- ruhres kündet sih ihnen hauptsächlih durch zahlreihe Klagen über Diebstähle und Plünderungen an, mit denen dringende Bitten um Unterstüßung meist Hand in Hand gehen. Die Landesverwaltung wird es gewiß an nichts fehlen lassen, um helfend einzugreifen und nachgewiesen unverschuldete Noth zu mildern. Hervorzuheben bleibt nur noch als höchst charakteristishes Faktum, daß die öôsterreichish- ungarischen Behörden bis zum Augenblicke, wo die Regierungshülfe eintritt, der dringendsten Noth aus Privatmitteln abzuhelfen bestrebt sind, wie z. B. in Foca, wo die Beamten und Offiziere die ersten und allernothwendigsten Unterstütungen an die Opfer der Plün- derungen aus eigenem Vermögen gewährten.

Prag, 4. März, (W. L. V) Die Slaotvevrs- ordneten haben beschlossen, nah Publizirung des Uni- versitäts gesetzes eine Deputation an den Statthalter ab- zusenden, um ihren Dank dem Kaiser zu übermitteln. Von der städtishen Vertretung wurde ein dreima!iges „Slava“ und Hoch auf den Kaiser ausgebracht. i

Pest, 2, März. Das Unterhaus beendete die Be- rathung des Antrags auf Einsezung einer parlamen- tarishen Kommission zur Untersuhung der angeblichen Mißbräuche im Kommunikations-Ministerium und nahm den Antrag Baroß, auf Uebergang zur Tagesordnung, an.

Großbritannien und Jrland. London, 2. März. (W. T. B.) Jn der heutigen Sißung des Unterhauses antwortete der Unter-Staatssekretär Dilke auf eine Anfrage Ashmead Bartletts: die Grenze für das Vordringen Rußlands in Centralasien bilde den Gegenstano eines Meinungsaustausches zwischen der englischen und russischen

Regierung; dasselbe sei der Fall mit dem durch den jüngsten