1882 / 60 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 10 Mar 1882 18:00:01 GMT) scan diff

die spätere Abänderung ihrer Zusammenseßung; 5) die Ver- waltungsorgane der Genossenschaften ; 6) die Ausdehnung der Organisation auf die Landwirthschaft. Der Vorsitzende pflibtet diesem Vorschlag bei und eröffnet zunächst die Generalbesprehung über den ersten Punkt, die Grundzüge der Organisation betreffend. Hr. Dr. Jansen, während dessen Ausführungen der Re- ierungskommissar Hr. Bosse, in Vertretung des an der eiterleitung der Verhandlungen behinderten Herrn Staats- ministers von Boetticher, den Vorsiß übernimmt, bedauert, daß die Reichsversicherungsanstalt aufgegeben worden sei. Das Prinzip der Genossenschaftsbildung könnte zu dem Jrr- thum verleiten, daß die Fürsorge für die Arbeiter von der Industrie getragen, und die dazu erforderlichen Aufwendungen auf den Preis der Waare aufgeschlagen werden sollten. Der in dem Entwurf vorgesehene Beitrag des Reichs sei zu acceptiren, da die Fürsorge für die Arbeiter nicht blos den einzelnen Jn- dustriezweigen und dem Handel zufalle, sondern ein allge- meines volkswirthschaftlihes Jnteresse darstelle, zu dessen För- derung die Gesammtheit beizutragen habe. ;

Hr. Hagen erkennt die Bemühungen der Staatsregierung, den großen Gedanken der Unfallversiherung praktish zu ge- stalten, dankbar an, vermag aber dem vorliegenden Entwurf wiederum nicht zuzustimmen. Er hege Bedenken 1) gegen den Neichszuschuß, weil das Reih niht einzelne Jndustriezweige unterstüßen dürfe, zumal die Jndustrie die ihr aufzuerlegenden Lasten voll tragen könne und hierzu in früheren Verhand- lungen (mit alleiniger Ausnahme der Kohlen- und Eisen- indusirie) sich auch bereit erklärt habe; 2) gegen die in den Bestimmungen über die Karenzzäit enthaltene Verquickung der Unfall- mit der Krankenversicherung; 3) gegen die zu geringe Mitwirkung, welhe man den Arbeitern eingeräumt habe; 4) insbesondere aber gegen das Wesen und die Zu- jammenseßung der Genossenschaften. Dieselben vermöchten die nöthige Sicherheit nicht zu bieten da wohlhabende Mit- glieder in Vermögensverfall gerathen oder austreten könnten —, falls niht etwa die Rente kapitalisirt und eine große Reserve angesammelt würde. Jn leßterem Fall aber sei die Genossen- schaft einer Privatversicherungsanstalt durhaus ähnlih, nur nicht so sicher wie leßtere, weil ihr die Uebernahme anderer lukrativer Versicherungen nicht freistehe. Redner glaubt, der Verbesserung und Ausdehnung des Hastpflichtgesezes den Vor- zug geben zu sollen. \

Hr. Baare begrüßt die Vorlage, insbesondere das in der- selben ausgesprohene Prinzip der Zwangsgenossenschaften, wünscht aber, daß die Gesammtorganisation in irgend einer Weise, welche sich ja wohl werde finden lassen, in einer Neichs- anstalt gipfeln möchte, um die Sicherheit zu erhöhen. Ein Beitrag des Reichs sei unentbehrlih: der Standpunkt, daß

die Jndustrie die aus der Unfallversiherung erwachsenden -

Lasten allein tragen könne, sei verlassen. Die Einwendungen des Vorredners gegen die Verbindung beider Zweige der Versicherung mit einander und gegen die angeblich zu gering bemessene Mitwirkung der Arbeiter seien unzutreffend; den leßteren seien vielmehr zu viel Befugnisse eingeräumt. Die von den Genossenschaften gebotene Sicherheit könne allerdings durch eine in das Reih hineinreichende Spiße vermehrt werden, sei jedoch keineswegs gering, weil fie für größere Bezirke errichtet und deshalb jedenfalls lebensfähig lein würden; der Fall, daß ein Judustriezweig durch Eingehen mehrerer Etablissements „erlahme“, komme 4 selten vor, daß diese Rücksicht die Gesammtorganisation nicht stören dürfe, zumal sich ja auch für diesen Fall Vorsorge treffen lasse und insofern getroffen wäre, als die Ansammlung eines Reservefonds vorgeschrieben sei. Es müsse bestritten werden, daß die von den Privatversicherungsgesellshasten gebotene Sicherheit eine arößere sei; ohne die Wirksamkeit cines Theils derselben angreifen zu wollen, sei doch darauf hinzuweisen, daß einzelne Gesellschaften nicht gut gewirkt hätten, und daß „Prometheus“ sogar bankerott geworden sei. Eine Verbesse- rung des Hastpflichtgeseßes sei unmöglich, da das Prinzip des- selben in der Praxis zu Unzuträglichkeiten geführt habe, die durchaus vermieden werden müßten.

Hr. Kamien bedauert, daß die Berathung dur die vor- genommene Eintheilung der Debatte ershwert worden sei, und wünscht, daß künftig den Vorlagen eine das Studium erleich- ternde shristlihe Begründung beigegeben werden möge. Er befürwortet eine Anlehnung an die freien Genossenschaften, welche sich im Allgemeinen bewährt hätten. Ein Zuschuß des Reichs erscheine ihm nicht angezeigt, weil derselbe aus den indirekten Steuern entnommen werden müsse und daher Per- sonen zu demselben beizusteuern haben würden, welche mit der Unfallversiherung nichts zu thun hätten.

Die Bestimmungen über die Karenzzeit hätten eine solche Belastung der Krankenkassen zur Folge, daß der Arbeiter fast Len die Kosten der Unfallversiherung zu tragen haben würde.

Hr. Springmann is für das in der Vorlage vertretene Prinzip, das für einen überaus glücklihen Griff gelten müsse. Er wünscht aber eine Mitwirkung der Arbeiter, welche sich in Lüdenscheid bewährt habe und welhe auch vom Standpunkt der Moral aus sih empfehle, da nur dann eine ausreichende Unfallverhütung zu erreichen sei. Die ausgiebige, mit Jnteresse geübte Mitwirkung der Arbeiter werde aber nur dann erzielt werden, wenn man dieselben auch zu den Kosten beitragen lasse, der Beitrag könne immerhin ein minimaler sein, sei aber nicht vollständig zu entbehren. Analoge Bestimmungen, wie die Vorlage sie für die Verantwortlichkeit des Arbeit- gebers bei Unfällen, welche durch Vorsaß oder grobes Ver- \hulden herbeigeführt seien, enthalte, sollten auch für Arbeiter gegeben werden.

Hr. Kalle perhorreszirt die Ausdehnung des Hasftpflicht- geseßes, welhes von der Vorausseßung eines Verschuldens ausgehe, während es sih gegenwärtig darum handele, den Arbeiter auch gegen die Unfälle sicherzustellen, an welchen Niemand ein Verschulden trage. Die Annahme eines Ver- shuldens auf Seiten der Arbeitgeber aber noch weiter auszu- dehnen, als dies in jenem Geseß geschehen, würde dem Rechts- begriff des Vershuldens und der Billigkeit niht entsprechen, vielmehr die Annahme begründen, daß alle Unfälle in gewerb- lihen Betrieben von dem Unternehmer, eben weil ex Unter- nehmer sei, verursaht würden. Das heiße ein Odium auf den Stand dcr Arbeitgeber werfen, welhes durchaus unbe- gründet und bei dem heut gegen denselben theilweis bestehen- den Mißtrauen des Arbeitnehmers gefährlih sei. Die Jn- duslrie dürfe aber auch nicht etwa um deswillen besonders shwer herangezogen ‘werden, weil sie gefährlicher sei als andere Betriebe. Der allein rihtige Ausgangspunkt sei die Versicherung gegen Unfälle; man folle sogar niht Entschädi-

sozial-politishe Momente, nicht auf strafrechtlihe Er- wägungen.

Redner vermag zur Zeit noch nit zu übersehen, ob er sich von den Vorzügen des Genossenschaftswesens gegenüber den Vorzügen der Reichsversiherungsanstalt wird überzeugen können, zumal Privatgenossenschaften wohl neben den leßteren, niht aber neben den ersteren würden beibehalten werden können. Bei einer kleinen Zahl von Versicherten sei das Risiko zu groß, wenn auch die hieraus hergeleiteten Befürch- tungen übertrieben sein möchten; der Bezirk einer Regierung, welcher als Normalbezirk scheine gelten zu sollen, sei aber eben (mit wenigen Ausnahmen) zu klein, als daß es möglich sein würde, innerhalb desselben Kategorien gewerblicher Etablissements zu lebensfähigen Genossenschaften zusammenzulegen. Das

will, sei überhaupt niht unbedenklich. Der Hauptvorzug der Genossenschasten sei die in denselben sich bethätigende Selbst- verwaltung. Eine solche sei mit gutem Erfolg nur zu er- warten bei der Zusammenlegung verwandter Betriebe ohne Rück- n auf geographische oder administrative Bezirke und auf gleiche

nfall3gefahr. Wolle man aber die Genossenschaften in Anlehnung an geographische oder administrative Grenzen wesentlich nah dem Gesichtspunkt gleiher Unfallsgefahr bilden, so würde die hieraus entstehende Vereinigung ungleichartiger, / einander niht nahe stehender Jndustriezweige eine wirksame Selbstver- waltung nicht aufkommen lassen. Der Entwurf sehe eine Zusammenlegung verwandter Betriebe ohne Rücsiht auf Bezirksgrenzen als Ausnahme für große und gleichartige Un- fallgefahr vor; sie sollte aber die Regel sein. Eine Central- instanz, z. B. die volkswirthschaftlihe Abtheilung des Reichs- amts des Fnnern, sollte die von ihm skizzirten Genossenschaften beaufsichtigen, niht die Provinzialbehörden (Regierungen 2c.), welche wegen Mangel an geeigneten Krästen dieser Aufgabe regelmäßig niht gewachsen sein würden. Eine derartige Or- ganisation würde auch billiger werden.

Der Regierungskommissar Hr. Lohmann begrüßt es, daß der Vorredner die Diskussion in den Mittelpunkt der Frage hineingeführt habe, welche gegenwärtig zur Erörterung stehe. Die Staatsregierung suche eben Belehrung darüber, ob die Grundlage der von ihr beabsichtigten Organisation praktisch durchsührbar und wirksam sein werde.

Als Grundlage nehme die Vorlage eine Eintheilung nah Gefahrenklassen und Bezirken an. Die Klassen seien auf Grund der Unfallstatistik zu bilden, doch seien nicht ohne Weiteres alle Betriebe mit gleicher Gefahr auch in dieselbe Klasse zu bringen, vielmehr. könne man auch bei gleicher Ge- fahr doch verschiedene Klassen haben, gerade um die Selbst- verwaltung durch Gleichartigkeit der zusammengelegten Be- triebe thunlichst zu erleichtern. Als Bezirke seien im All- gemeinen die Zegierungsbezirke in Aussiht genommen, weil es wichtig sei, bereits bestehende und mit den Verhältnissen des Bezirks vertraute Behörden an die Spigze zu stellen, und weil die preußischen Regierungsbezirke den kleineren Bundes- staaten einigermaßen parallel seien. Die Klasseneintheilung sei nun freilih eine vielseitige, und es werde nur wenig Re- gierungsbezirke geben, in denen jede Klasse auch eine eigene Genossenschaft werde bilden können. Um einen Ausgleich herbeizuführen, sei in Aussicht genommen, die potenten Be- triebe vorweg auszuscheiden und zu eigenen Genossenschaften au vereinigen, den Rest. abex nach Gefahrenklassen zusammen- zulegen. Der Vorschlag einer centralen Organisation würde bei der Ausführung auf s{chwer überwindlihe Schwierigkeiten stoßen; die erste Einrichtung würde mehrere Jahre in Anspruh nehmen und dann möglicherweise doch wieder umgeworfen werden müssen, wenn sich demnächst herausstelle, daß bei derselben örtlihe Verhältnisse unberück- sichtigt geblieben seien, die eine Centralstelle unmöglih kennen und- beachten könne.

Hr. Herz erkennt an, daß die Schwierigkeiten der Organi- sation, wie sie die Vorlage in Aussicht nehme, groß feien. Die Erweiterung des Hastpflichtgeseßes sei zu verwerfen, weil dies Geseß eine offenbare Ungerechtigkeit enthalte, wenn die Entschädigungspfliht, was do zur Regelung dieser Materie nöthig sei, über das Verschulden des Unternehmers hinaus ausgedehnt werde. Ein Beitrag des Reichs sei nothwendig, weil jeder Produzent und jeder Konsument an der Sicher- stellung der Arbeîter das gleiche sozialpolitische Jnteresse habe, diese Herstellung also niht blos den Handel und die Jndustrie angehe. Eine Erhebung von Beiträgen der Arbeiter würde die Schwierigkeiten der Organisation noch vermehren, sei auch entbehrlich, weil für die in die Karenzzeit fallenden zahlreichen kleineren Unfälle der Arbeiter beitragspflichtig sei.

_ Das Prinzip der Genossenschaften sei rihtig, auh am leihtesten durchführbar. Die Bildung der Klassen aber biete um deswillen Schwierigkeiten, weil die Gefahr in einer und derselben Fndustrie sehr verschieden sei, je nachdem das eine Etablissement mehr, das andere weniger Schußvorrichtungen getroffen habe. Besonders gute Einrichtungen würden die in einem Fndustriezweig an und für sich bestehende große Ge- fahr für einzelne Fabriken so herabmindern können, daß die- jelben einer niedrigeren Gefahrenklasse zugewiesen werden könnten. Er empfehle deshalb, das Prinzip der Vorlage zwar festzuhalten, einzelnen Fabrikbetrieben aber, welhe sih dur besonders gute Einrichtungen auszeihneten, zu gestatten, in die Genossenschaft niht einzutreten und bei Privatversiche- rungsgesellshaften, deren Sicherheit behördlih zu prüfen sei, zu versichern, falls sie auf den Reichszuschuß verzichten wollten. Die Bemühungen, zweckmäßige Schußvorrichtungen anzubringen und dadur Unfällen vorzubeugen, würden bei solcher Be- stimmung gefördert werden.

Hr. Leyendecker begrüßt die Vorlage als einen Schritt zum Ziel, welches durch den von den liberalen Parteien des Neichstages aufgestellten Geseßentwurf nicht zu erreihen sei, sondern nur durch obligatorische Versicherung gegen alle Un- fälle. Er wünscht aber nicht die obligatorische, sondern nur die fakultative Bildung von Versicherungsgenossenschaften, neben einer Zulassung von Privatversicherungsgesellschaften, deren Zuverlässigkeit die Staatsbehörden zu prüfen haben würden ; es empfehle sich dies hon im Fnteresse der Genossen- schaften, damit die leßteren bei jenen Rückdeckung nehmen tönnten.

Die Verquickung der Unfall- mit der Krankenversiherung erscheine ihm bedenklih, wenn nicht die Kassen für leßtere, welche durch die Arbeiter unterhalten würden, Entschädigung für die von ihnen getragenen Unfälle erhielten, weil sonst der Löwenantheil der Unfallversicherung auf den Arbeiter falle. Das sei um so mehr zu vermeiden, als nach seiner Meinung dem Fabrikanten die Pflicht zur Versicherung seiner Acbeiter

gungen, sondern Unterstüßungen gewähren, begründet auf

gegen Unfälle obliege. Dem Arbeitgeber zur Erfüllung dieser

Prinzip, nah welchxm die Vorlage die Genossenschaften bilden

Pflicht einen Zuschuß durch das Reich zu gewähren, erscheine ihm verfehlt, und so weise er seinerseits diefen Zuschuß zurü.

Hr. Wolff kann den Ausführungen des Vorredners, welche nach seiner Ansicht auf doktrinären Lehrmeinungen beruhen, nit beipflihten. Fn der Praxis habe sich die Fakultät nicht bewährt; Privatgesellshaften seien zur Ueber- nahme von Zwangsversicherungen ganz ungeeignet, weil sie zu theuer (oft mit 25 bis 50 Proz. Verwaltungskosten) arbeiten und für die dem Unfallversiherungszwang verbleibenden wenigen aber s{chweren Versicherungen so hohe Prämien nehmen müßten, daß Niemand bei ihnen auf Grund des Unfallversicherungs8geseßes Versicherung nehmen werde, wenn wirkli, was er bezweisele, Privatkapital zur Uebernahme so wenig einträgliher und doch wegen ihrer Kostspieligkeit übel berufener Versicherungen si hergeben sollte.

Zur Herstellung von Schuzeinrihhtungen für ihre Arbeiter seien die Fabrikinhaber genöthigt und würden darin durch die eFabrikinspektoren kontrolirt. Die neueren Schußeinrichtungen hätten von der Unfallstatistik noch nicht berücksihtigt werden können; dieselbe würde daher den Verhältnissen , wie sie sih jeßt entwideln würden, niht entsprehen. Auch die Selbsikontrole der Arbeiter innerhalb der Genossenschaften würde eine Verminderung der Unfälle herbeiführen. Das Haftpflichtgeseß habe das Verhältniß zwischen dem Arbeitgeber und Arbeitnehmer verschlechtert und sei daher zu einer Grund- lage für weitere Organisationen ungeeignet. Redner wünscht, daß die Prämiensäge nicht nah Gefahrenklassen, sondern wie bei den Krankenkassen nah den Löhnen bemessen werden, und empfiehlt, die neuen Genossenschaften im Reich zu einer Ver- einigung zu nöthigen, welche den Zwet habe, die großen ganz unberechenbaren Risiken unter einander auszugleichen.

Auf die Anfrage des Regierungskommissars Hrn. Loh- mann, wie denn diese großen Risiken vertheilt werden sollten, weist Hr. Wolff darauf hin, daß er die Gefahrenklassen ja überhaupt beseitigen und lediglich die Höhe des Arbeitslohns für die Prämiensäße maßgebend sein lassen wolle.

Hr. Paetsh befürwortet unter Hinweis auf einen ent- sprechenden Beschluß des deutschen Keramikerverbandes, einer Vereinigung von Porzellan- und Steingutfabrikanten Deutsch- lands, welche 30 000 Arbeiter beschäftigten, über das gesammte Reichsgebiet auszudehnende Genossenschasten für die einzelnen «ndustriezweige zu bilden. So komme man zu leistungs- fähigen Verbänden, deren Organisation und Leitung eine ein- fache sein werde. Er nehme an, daß bei Zusammenfassung der verwandten Fndustriezweige 10 bis 15 derartige Genossen- schaften zu bilden sein werden.

Hr. Baare wendet sih gegen die Ausführung verschie- dener Vorredner, indem er im Wesentlichen ausführt, daß die nah den Grundzügen für die geseßlihe Regelung der Kranken- versicherung der Arbeiter Seitens der Arbeitgeber zu zahlenden Beiträge lediglih den Ersaß für solche Leistungen zu bilden hätten, welche den Krankenkassen aus versicherungspflichtigen Unfällen in Folge der Bestimmung über die 13 wöchige Karenz- zeit (Nr. 111. 1 der Grundzüge für die Regelung der Unfall- versicherung) erwüchsen. Die Statistik werde ergeben, daß diese leßten mit den auf 331/, Proz. bemessenen Beiträgen der Arbeitgeber vollständig gedeckt würden. Ein weiteren Beitrag zu den Krankenkafsen von den Arbeitgebern zu fordern, liege keine Veranlassung vor. Für die niht durch Unfälle hervor- gerufenen Krankheiten müßten die Arbeiter allein aufkommen. Die Anerkennung dieses Grundsaßes dürfe namentlich von denjenigen erwartet werden, welche als Anhänger des „Prinzips der freien Kassen“ jeden Versicherungszwang perhorreszirten. Daß durch die Ordnung, wie sie in den vorge- legten Grun"zügen in Aussicht genommen werde, die den Unter- nehmern obliegende Entschädigungspflicht auf die Arbeiter ab- gewälzt werde, lasse sih nicht behaupten; einer derartigen Ueber- vortheilung der Arbeiter würde Redner selbst entschieden entgegen- treten. Daß einer Regelung des Unfallversiherungswesens, wie Hr. Wolff sie vorgeschlagen, unüberwindlihhe Schwierigkeiten entgegenständen, oder daß dieselbe nur mit erheblichem Zeit- verlust auszuführen sei, vermöge er niht zuzugeben. Der in Aussicht genommene Zuschuß des Reichs, welcher übrigens durch die eintretende Entlastung der Kömmunen ausreichend gerechtfertigt werde, biete eben die Möglichkeit, den erforder- lihen Ausgleih zwischen den verschiedenen Genossenschaften herbeizuführen. Zu diesem Zwecke werde es vielleicht zweck- mäßig sein, aus dem Reichszushuß zunächst lediglich einen Reservefonds zu bilden, aus welchen eventuell das bei den einzelnen Genossenschaften entstehende Defizit zu decken sei. Es empfeh!e sih daher die Durhführung der Unfallversicherung auf der in den Grundzügen vorgeschlagenen Basis, also die Bildung von Genossenschaften nah örtlichen Bezirken. Als solhe würden jedoh anstatt der Regierungsbezirke die Pro- vinzen zu wählen sein und hätten die so gebildeten Verbände in eine gemeinsame Spitze, die durch ein geeignetes Organ des Reiches zu bilden sei, auszulaufen, damit auf diese Weise die unbedingt erforderliche Sicherheit herbeigeführt werde.

Hr. Kos8mack bemerkt, daß durch den in Aussicht genom- menen Zuschuß des Reiches die vier östlihen Provinzen nicht, wie die Grundzüge hervorhöben, entlastet, sondern vielmehr erheblih beshwert würden. Jn diesen Provinzen seien nah den statistishen Erhebungen Unfälle der fraglichen Art sehr selten, weil wenig Fabriken existirten. Durch den Reichs- zushuß würde deshalb hier der Steuerzahler lediglih zum Vortheil anderer Theile des Reichs in höherem Maße als bisher in Anspruch genommen werden.

Hr. Hessel würde die Bildung einer Reichsversicherungs- anstalt den gegenwärtigen Vorschlägen der Staatsregierung vorgezogen haben, erkennt jedoch an, daß die Zustimmung des Reichstags zu einem solhen Fnstitut gegenwärtig \{chwerlich erhosft werden könne. Redner erwartet aber, daß man ähn- lih, wie man im Eisenbahnwesen von Privatbahnen zu Staatsbahnen gekommen sei und vermuthlich zu Reichseisen- bahnen kommen werde, auf dem Umwege der Genossenschafts- bildung zu dem im Vorjahre in Aussiht genommenen Ziele gelangen werde. Uebrigens sei bei Ordnung dieser An- gelegenheit vor Allem damit zu rechnen, was die «Industrie leisten könne, ohne für den internationalen Markt konkurrenzfähig zu werden. Schon ein Aufschlag auf die Löhne von 2 bis 3 Proz. werde aber im Stande sein, diese Konkurrenzunfähigkeit für einzelne Jndustriezweige her- vorzurufen. Wer behaupte, daß die Jndustrie die gesammte Last der Unfallversicherung tragen könne, urtheile nur von einem einseitigen Standpunkte aus. Für ihn sei die Gewäh- rung eines Zuschusses aus Reichsmitteln die unerläßliche Be- dingung eines zustimmenden Votums.

Hr. Graf Hendel von Donnersmarck glaubt in dieser Versammlung besonders vor der Tendenz warnen zu müssen,

den politishen Parteistandpunkt auf das wirthschaftlihe Ge-

biet zu übertragen. Man möge doch hier das'Moment der praftishen Durchführbarkeit allein als bestimmend ansehen. Von diesem Standpunkt aus ergeve sih die Nothwendigkeit des Versicherungszwanges; werde ein Zwang ausgeübt, fo müsse auch absotute Sicherheit dafür gegeben werden, daß der verfolgte Zweck erreicht werde; diese Sicherheit sei durch Bil- dung von Genossenschaften unter subsidiärer Haftung des Reichs, Staats oder der Provinz zu erreichen; jede Abfin- dung der Arbeiter in Kapital sei auszuschließen ; die bestehen- den Knappschaftskassen seien unter Einfügung in den Rahmen des Gesetzes zu erhalten. Die Konservirung dieser alt- bewährten Kassen, an welchen sih bisher jede auf Erzeugung von Unsfrieden zwischen Arbeitern und Arbeitgebern gerichtete Agitation gebrochen habe, bilde eine nothwendige Vorausseßung für seine Zustimmung zur Vorlage. Es handele sich bei der Organisation der Unfallversiherung um das Problem, die Verwaltung in die engsten, die Garantie in die weitesten Kreise zu verlegen. Die Anregung des Hrn. Baare, betreffs der Bildung eines Reservefonds aus dem Zushuß des Reiches, werde alle Berücksichtigung verdienen.

Hr. Kochhann betont, daß man nach Lage der Umstände

keinen Anstand nehmen dürfe, im Jnteresse der Erreichung dessen, was allseitig als wünschenswerth anerkannt sei, das Opfer der eigenen Meinung zu bringen. Es werde deshalb in der Richtung der Vorlage vorzugehen sein, so schwierig die Ausführung im Einzelnen sein möge. Jn dieser Beziehung werde die Bildung der Gefahrenklassen und die Ver- einigung der verwandten JFndustrien zu Genossenschaften zu lebhaften Kämpfen Veranlassung geben. Für die Genossen- \chasten die Grenze der Regierungsbezirke einzuhalten, werde nicht immer möglih sein. Besonders industriereihe Distrikte würden die Lasten allein nicht tragen können und werde auf einen Ausgleih Bedacht zu nehmen sein. Es wäre erwünscht, wenn dies im Rahmen des Reichs geschehen könne; ob dies unter den heutigen Verwaltungsformen möglih sei, müsse aber bezweifelt werden, eine ausgedehnte Betheiligung der Selbstverwaltung erscheine ihm unentbehrlih. Seines Erachtens werde nicht in Aussicht zu nehmen sein, aus einer Gefahrenklasse auch eine Genossenschast zu bilden, vielmehr würden mehrere Gefahrenklassen in einer Genossenschaft zu vereinigen sein. Bei allgemeinem guten Willen erscheine eine Ausführung der Sache denkbar, wenn man die Grenzen "überall nicht zu fest lege und für Abänderungen, welche sich als nothwendig herausstellen würden, thunlichst Spielraum lasse. Die Einführung der 13wöchigen Karenzzeit erleichtere die Ausführung der Sache wesentlih, weil nur noch der kleinere Theil der Unfälle unter das Unfallversiherungsgeseßz fallen werde. Ob der Zuschuß der Arbeitgeber zur Kranken- kasse mit 331/; Prozent ausreichend bemessen sei, müsse zunächst noch von den statistishen Erhebungen abhängig bleiben. Dieser Punkt sei mit besonderer Sorgfalt zu prüfen, damit bei dem Arbeitnehmer keinenfalls der Gedanke aufkommen könne, daß er zu hoch belastet sei.

Hr. Meyer (Celle) hält die Lösung der Frage durch Bil: dung von Genossenschasten theoretish für einen sehr glüdlichen Gedanken, hat aber hinsichtlih der praftishen Ausführbarkeit ernste Bedenken. Redner erläutert an einem Beispiel, wie die Durchführung des genossenschaftlichen Prinzips beim Rül- gang eines Jndustriezweiges einzelne Unternehmen, welche be- stehen blieben, in die Lage verseßen werde, fortdauernd sür die Lasten aufkommen zu müssen, welche den untergegangenen Unternehmungen aus Unfällen erwachsen seien. Wie solle es werden, wenn ein Fndustriezweig distriktsweise ganz untergehe, wie es an einzelnen Stellen, z. B. bezüglich des Bergbaues, in bestimmter Zeit vorauszusehen sei? Es müsse einleuchten, daß die Genossenschaften, auf sihch allein gestellt, auf die Dauer nicht als genügend leistungsfähig angesehen werden könnten, und sei es deshalb nothwendig, daß die sämmtlichen Genossenschaften des Reichs in einer Centralgenossenschaft gipfelten. Bei den abweichenden Ansichten über die Ord- nung der in Rede stehenden Materie werde vielleicht die Erledigung im Wege des Kompromisses auf der Grund- lage sih empfehlen, daß die in Aussiht genommenen Ent- \{chädigungen um 50 Proz. ermäßigt würden. Damit werde gegen den heutigen Zustand immerhin ein bedeutender Fort- schritt herbeigeführt werden. Ad I[. 1 der Vorlage wünscht Redner den aufgeführten JFndustriezweigen noch den bei in- dustriellen Unternehmungen stattfindenden privaten Eisenbahn- betrieb angereiht zu sehen. i L

Hr. Kade wünscht vor Allem eine baldige Erledigung der in der Vorlage behandelten Frage, möge dieselbe dem Ein- zelnen auch Opfer auferlegen, und befürwortet speziell eine Betheiligung der Arbeiter sowohl an der Verwaltung, wie an der Prämienzahlung und Bildung der Genossenschaften, wenn niht für das ganze Neichsgebiet, so doch für den Bezirk mehrerer Provinzen.

Hr. Rosenbaum glaubt, daß es vor Allem darauf an- komme, die aus den Unfällen erwachsenden Lasten von den Schultern des Einzelnen auf die der Gesammtheit zu über- tragen, also das Assekuranzprinzip thunlichst zur Geltung zu bringen. Die Form, in der dies geschehen könne, erscheine insofern gegeben, als die Jndustrie sih schon jeßt in ganz be- stimmte, die verwandten Arten umfassende Gruppen gliedere, die als solche eine organisirte Verbindung unter sih und eine zum Theil vorzügliche Vertretung nah außen besäßen. Diese Korporationen würden im Wesentlichen nur der staatlichen Anerkennung bedürfen, um die Funktionen, die den Genossens E nah der Vorlage zufallen sollten, übernehmen zu önnen.

Hr. Hessel macht auf die Gefahren aufmerksam, welche die von anderer Seite befürworteten freien Genossenschaften mit sih brädten, und bezeichnet solhe als ungeeignet, die Zwecke, um die es sih handele, zu erfüllen. :

Hr. Heimendahl steht auf dem Standpunkt, daß man gegenüber den Schwierigkeiten, welche dem Projekte der Un- fallversiherung in den politischen Körperschaften bereitet wür- den, im Fnteresse der Sache die eigenen Wünsche beschränken und seine Anschauungen modifiziren müsse. Von dieser Auf- fassung aus werde die Vorlage im Auss{huß zu berathen sein. Es erscheine jedoch wünschenswerth, hier die geeignete Form zu finden, um den Reichsgedanken gebührend zu wah: ren, wie es etwa durch die Bildung von großen Central- genossenshaften in den Händen des Reichs geschehen könne.

Hr. Mevissen würde es nah den gemachten Erfahrungen für bedenklih halten, wenn man durch die gegenwärtigen Verhandlungen die Einfügung eines Centralorgans, dessen Mangel die wesentlihste Abweihung von der voriugjährigen

Vorlage darstelle, in den Rahmen des neuen Entwurfs würde.

bewirken wollen, Dies sei umsoweniger zu rathen, als die

li unentbehrlih erscheine, sich im Laufe der Zeit nothwendig von selbst ergeben werde, wie er auch überzeugt sei, daß man s{hließlich auf den Grundgedanken des vorigjährigen Entwurfs, wenn auch in anderer Form, zurücckommen werde. Jn erster Linie nothwendig werde ein finanzielles Centralorgan werden, das unter Aufsicht des Reichs die finanzielle Verwaltung in die Hand nehme. Man könne es aber der Zukunft über- lassen, wie dies zu geshehen habe. Zunächst würden die ge- bildeten Genossenschaften als einzelne ge\s{chlossene Korporationen zu operiren und die erwachsenden Lasten unter Kapitalisirung der zu übernehmenden Renten, also auf der Grundlage des Versicherungsprinzips, voll zu leisten haben. Dem- nächst werde zu prüfen sein, wie jede Genossen- haft der Versicherungspfliht gewachsen sei und ein Ausgleih herbeigeführt werden können, da voraus- sichtlih bei den im Jnnern der verschiedenen Jndustriezweige umfassenden Genossenschaften sich Differenzen über die Prämien- säße ergeben würden, zu deren Ausgleihung \chließlich Gesammtorgane sich als unumgänglih erweisen würden. Damit ist die Besprehung des Abschnitt 1 erledigt.

Vor Uebergang zu den ferner zu erörternden Fragen bemerkt der Vorsißende, daß es erwünscht sein werde, beim näheren Eingehen in die Materie einen Einblick in das Er- gebniß der statistishen Erhebungen zu erhalten, welche behufs Vorbereitung des Entwurfs eines Unfallversicherungsgeseßzes im Herbste des vorigen Jahres veranlaßt worden seien, soweit es gegenwärtig möglich sei, einen solchen Einblick zu gewähren. ZU diesem Zweck erhält das Wort der Regierungs- O Geheime Regierungs-Rath Bödiker, welcher ausführt :

Durch Rundschreiben vom 11. Juli habe der Herr Reichs- fanzler die Bundesregierungen ersucht, in den Monaten August bis Nevember 1881 eine allgemeine Unfallstatistik für alle diejenigen Betriebe zu erheben, welhe unter den vorigjährigen Unfallversicherungs-Geseßentwurf fielen. Dem Schreiben habe der Entwurf eines Ersuchungsschreibens für die Gemeindebehörden beigelegen, welches diese an die Be- triebsbesiger rihten möchten, um von diesen die erforderlichen Mittheilungen zu erhalten, zugleih seien die nöthigen Er- hebungsformulare mit übersandt. Außerdem habe der Herr Reichskanzler sich an die Vorstände zahlreiher großer in- dustrieller, kommerzieller und tehnisher Verbände mit dem Ersuchen gewandt, die Erhebungen bei ihren Verbandsmit- gliedern zu unterstüßen. Dank dieser bereitwilligst ge- währten Unterstüßung und der Thätigkeit der Behörden habe die Statistik zu reht brauchbaren Zahlen geführt. Dies sei die übereinstimmende Ansicht des Direktors des Königlichen Statistishen Amtes, Dr. Becker, dessen Personal mit der Bearbeitung der Zählbogen beschôstigt sei, des Kaiserlichen Regierungs-Raths Herzog, welchem die Leitung der Arbeiten obgelegen habe und des Redners selbst, unter dessen Augen gewissermaßen die Verarbeitung stattgefunden habe, indem jenes Beamtenpersonal in demselben Hause wie die Wirth- E Abtheilung des Neichsamts des Fnnern untergebracht gewesen sei.

Die Erhebungen haben sich bezogen auf die vier Monate August bis November, von denen die beiden ersten in das Sommer-, die beiden leßten in das Winterhalbjahr fallen, in welchem minder oder mehr bei Licht gearbeitet wurde, also vier Monate, welche den Durchschnitt der Jahresverhältnisse darstellen. ..Der Statistik komme . ferner zu statten, daß sie nicht vergangene Verhältnisse ermittelt habe, sondern daß es sih um die fortlaufende Aufzeihnung gegenwärtiger Ereignisse gehandelt have, um welche die einzelnen Betriebsbesißer vorher ersuht worden seien. Wenn nun berücksichtigt werde, daß die Aufzeihnungen für rund 94 000 Betriebe mit rund 2 Mil- lionen Arbeitern stattgefunden haben, so dürfe angenommen werden, daß das Prinzip der großen Zahlen in der vorliegen- den Statistik vereits zur Geltung gelangt sei, denn 2 Mil- lionen Arbeiter vier Monate lang beobachtet, sei so gut wie 200 000 Arbeiter vierzig, Monate beobachten, und Jedermann werde zugeben, daß die leßtere Beobachtung zu Durchschnitts- zahlen führen werde. Die vorliegenden Hauptresultate der Statistik seien folgende:

Die Gesammtzahl der Betriebsbeamten und Arbeiter, auf welche die Erhebungen sich bezögen, betrage bei:

93 554 Betrieben 1615 253 männliche UND N : 342 295 weibliche, zusammen 1 957 548.

Von diesen seien verstorben in Folge Un- C . 651 männliche und S 11 weibliche , zusammen . .. 662.

Dauernd erwerbsunfähig seien geworden : a, gänzlich . 122 männliche,

1 weibliche,

A p . 410 männliche,

27 weibliche, 437

zusammen b, theilweise .

123;

. 437

O, 560

und vorübergehend erwerbsunfähig 27 644 männliche u. 708 weibliche,

zusammen . 28 352 28 352

Summe aller Unfälle . 29574

Aufs Fahr berechnet, mit 3 multiplizirt würden diese Zahlen

ergeben : 1 986 Unfälle mit tödtlihem Ausgang, 1680 mit nachfolgender dauernder Erwerbs- unfähigkeit,

850566 mit nadfolgender Erwerbsunfähigkeit. Summe 88 722 Unfälle, d. i. auf je 1000 Betriebsbeamte und

Arbeiter 45,3 Unfälle.

Sehe man zunächst die Betheiligung der beiden Ge-

h vcagt an diesen Unfällen an, so ergebe sich, daß sich ereig- neten:

bei den männlichen

Arbeitern 651 Unfälle 00A 5, T

M4

zusammen

vorübergehender

bei den weiblichen mit tödlihem Ausgang 11 folgender dauernder 828 Erwerbsunfähigkeit mit folgender vorübergehen: 708 eldo der Erwerbsunfähigkeit Summe 28 827 747 V n der Gesammtzahl der Arbeiter 2c. seien 82,5 Proz. männlih, 17,5 Proz. wèiblih; von der Gesammtzahl der

Bildung eines solchen Organs, das manchen vielleicht {ließ-

die weiblihen Arbeiter. Auf je 1000 männliche Arbeiter kämen, auf das Jahr berehnet, 53,5 Unfälle, auf 1000 weiblihe 6,5 Unfaüe. Das männliche Geschlecht sei somit auf den Kopf berehnet reichlich 8 Mal (genauer 8,2 Mal) mehr an den Unfällen betheiligt gewesen als das weibliche, mit anderen Worten: das männlihe Geschleht sei 8 Mal mehr Gefahren ausgeseßt als das weibliche.

Aufs Fahr berechnet, kämen im Einzelnen

a, auf 10006 mäinliche Arbeiter 12 Unfälle mit tödtlihem Ausgang,

1 Unfall mit tödlihem Ausgang,

10 Unfälle mit folgender dauernder Erwerhbs- unfähigkeit

2 Unfälle mit folgender dauernder Erwerbs- unfähigkeit,

532 Unfälle mit folgender vorübergehender Erwerbsunfähigkeit,

62 Unfälle mit folgender

vorübergehender

: Erwerbsunfähigkeit.

Es verhalte sich also die Betheiligung des weiblihen Ge-

10 000- weibliche n 10 000 männliche

10 000 weibliche

10 000 männliche 4

10 000 weibliche

shlechts an den Unfällen zu der des männlichen

in den Fällen unter a. wie 1 zu 12, Ar: DE "n i P 1 "n D, " t 11 ,” C. " F Von der Gesammtzahl aller Unfälle bildeten die Fälle untex a... 2,2 Proz., O E O Summe 100 Proz, Seße man die Gesammtzahl der Unfälle mit tödtlihem Ausgange und mit folgender dauernder Erwerbsunfähigkeit der Gesammtheit der Unfälle mit folgender vorübergehender Erwerbsunfähigkeit gegenüber, so entfallen / auf jene s{chweren Fälle 4,3 Proz. aller Unfälle, auf diese leihten Fälle 957 , 7 7 | Würden nun diese leihteren Fälle weiter unterschieden, und zwar um nicht zu sehr ins Einzelne zu gehen, ohne weitere Trennung nah Geschlehtern, so ergeben fich Unfälle Tagen, Krankentage. 1) 16 139 mit Erwerbsunfähigkeit von 1—14 mit 126 340 2) 6532 S 15—28 135 706 9) Dl von mehr als 28 287 813 Ca. 2832 t . , 549 859 oder pro Jahr S E Zu einer Ausfonderung der Fälle mit folgender Erwerbs- unfähigkeit von über 4 bis zu 13 Wochen sei das Material nicht geeignet ; da die Erhebungsperiode sich auf nur 4 Monate beshränkt habe, hätte eine Frage hierauf niht gerihtet wer- den können, weil dadur der Schäßung ein zu weiter Spiel- raum eröffnet worden wäre. Von den Unfällen unter 1, 2 und 3 vorstehend machten die Fälle unter 1) 56,9 Prozent aus, [4 "” I” 2 23,1 "” "” "” "” " 3) 20,0 I” ry während die Krankentage sih vertheilten auf die Fälle unter 1) mit 23,0 Prozent, r” I 4 " 8, ) /4 t " e E also dort eine fallende, hier eine steigende Z2hlenweise.

Die große Verschiedenheit der Gefahren in den einzelnen Gewerbebetrieben erhelle bereits vollkommen aus der vorliegen- den Generalübersiht. Beinahe die Hälfte aller Todesfälle und Unfälle überhaupt entfalle auf den Bergbau, das Hütten- und Salinenwesen, während die Zahl der in diesen Betrieben be- \chäftigten Arbeiter niht den vierten Theil der gesammten Arbeiter erreiche, auf welche die Erhebungen sih bezögen. Man habe dort : i

bei 450 449 Arbeitern 307 Unfälle mit tödtlihem Ausgang,

R, folgender dauernder

Erwerbsunfähigkeit

und

folgender vorüber-

gehender Erwerb- unfähigfkeit,

Summe 13 298 Unfälle, wogegen die Tertil-

Industrie, welhe das nächst-

größte Arbeiterkontingent stellt, bei 384 278 Arbeitern nur 29 Unfälle mit tödtlihem Aus-

gang,

50 D folgender dau- ernder Erwerbs- unfähigkeit, folgender vor-

ÜüÜbergehender Erwerbsunfähig- keit, Summe 1 455 Unfälle aufweise.

Jn jenem Falle kämen 29,5 Unfälle auf je 1000 Arbeiter, in diesem Falle nur 3,8 Unfälle auf je 1000 Arbeiter.

Weiter glaube Redner in die vorliegenden Zahlen die Versammlung nicht hineinführen zu sollen. Dieselben würden ja binnen Kurzem veröffentliht werden. Man werde die Verhältnisse alsdann nicht blos für das Reich, sondern au für die einzelnen Bundesstaaten, nicht allein für die Fndustrie- gruppen, fondern auch für die Jndustrie-Ordnungen und Klassen übersehen können, es werde ein Einblick in die Alters- verhältnisse der Arbeiter gewährt werden, und da auch in Betreff der Versicherung der einzelnen Betriebe gegen Unfälle eingehende Erhebungen stattgefunden hätten, würden auch nah dieser Richtung hin weitere Mittheilungen erfolgen, vielleicht weitere Schlußfolgerungen gestattet sein.

Daß in der That die vorliegende Statistik den Anspruh auf Glaubwürdigkeit machen könne, obgleih auch sie natürlich, wie selbst die besten Statistiken von Fehlern nicht frei sein werden, sei hiernah an einem Beispiele, welches die Ver- gleihung mit anderweiten Erhebungen gestatte, noch kurz nachzuweisen. :

Es sei dies die wihtige Gruppe des Bergbaues, Hütten- und Salinenwesens. Die vorliegende Statistik beziehe sich auf 450 449 Arbeiter dieser Gruppe.

Die Gewerbezählung vom 1. Dezember 1875 habe das Personal für die leßtere nur auf 433 206 beziffert, darunter -

"” " "” " " ,"”

12 809

1 376 M

Unfälle hätten erlitten 97,5 Proz. die männlichen, 2,5 Proz.

9210 in Torfgräbereien und Torfpreßanstalten, welche hier