1882 / 61 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 11 Mar 1882 18:00:01 GMT) scan diff

Kreisabgaben a. im ganzen Staate im Jahre 1877/78 1,93 M, im Jahre 1880/81 112M, also 1880/81 mehr 0,09 4; b. im Geltungsbereiwe der Kreisordnung im Jahre 1877/78 1,10 «“, im Jahre 1880/81 1,18 Æ, also 1880/81 mehr 0,08 M, c. in den übrigen Landestheilen im Jahre 1877/78 095 Æ im Sahre 1880/81 1,041 , also 1880/81 mehr 0,09 Æ Hiernach ist seit dem Jahre 1877/78 eine erbeblihe Er- böbung der Kreisabgaben und in Folge dessen eine erheblibe Ver- änderung des Verhältnisses derselben zu dem Aufkommen an Staats-, Grund- und Gebäudesteuer eingetreten. Es würden jeßt 211 von 425, also fast genau die Hälfte aller Landkreise, dur die Ueberweisung der Hâlfte der Grund- und Gebäudesteuer noch immer weniger erhalten, als sie an Kreis8abgaben zu entrihten haben, und fernere 113 Landkreise würden wenigstens den größten Theil der überwiesenen Suntme zum Erlaß der Kreisabgaben verwenden. Nur in 80 Landkreisen betragen jeßt die Kreisabgaben weniger al8 25 9%/% des Aufkommens an Grund- und Gebäudesteuer und die Zahl der Kreise, in welchen Kreis- abgaben nicht erhoben werden, hat \ich seit dem Jahre 1877/78 um 8 vermindert, so daß dieselbe jeßt nur noch 19 beträgt. Wenn- leih sich das Verhältniß vorzugsweise in dem Geltungsbereiche der reisordnung geändert bat, fo ist dies do auch großentheils in den übrigen Landestheilender Fall gewesen, namentlich in der ProvinzWestfalen und der Rheinprovinz. In der Rheinprovinz betragen die Kreisabgaben in 18 Landkreisen mehr als 50 9/), in 39 zwischen 25 und 50 ©/q und nur in 3 Kreifen weniger als 25 %%; in Westfalen in 16 Kreisen mehr als 50 9%, in 6 Kreisen zwischen 25 und 50. und in 12 Kreisen weniger als 25 9/9 des Aufkommens an Grund- und Gebäudesteuer. Am Slufse seiner Arbeit bekämpft der Verfasser die mehrfach auf- gestellte Behauptung, daß nicht sowohl die Belastung mit Kreis- abgaben, als die eigentlicbe Gemeindésteuerlast als drückend empfunden werde und deshalb zur Erleichterung der leßteren die Ueberweisung nit ‘an die Kreise erfolgen dürfe, sondern den Einzelgemeinden zufließen müsse. Im Geltungsbereihe der Kreisordnung, in welbem die Kreisabgaben im Wege der Individualrepartition zur Erhebung gelangen, mache gerade der Umstand, daß dieselben im Wege einer selbständigen Steuerumlage erhoben werden, diese Steuer besonders drückend, und ihre Beseitigung erscheine im Hinblicke auf diese Individualrepartition als besonders wünschenswerth. Wenn jener Einwand aber hauptsächlich bezüglih der übrigen Landestheile, namentlich bezüglih der westliben Provinzen, geltend gemacht werde, so werde dabei übersehen, daß, da in diesen Landestheilen in der Regel die Kontingentirung der Provinzial- und Kreisfteuern, also eine Subrepartition auf die Einzelgemeinden stattfinde, durch den Erlaß der Kreissteuern direkt und unmittelbar die als noth- wendig bezeichnete Verminderung der Gemeindesteuerlast erstrebt und auch erreiht werde. Denn in diesen Landestheilen erschienen die Provinzial- und Kreisabgaben als ein besonderer Posten meistentheils nur in dem Gesammthaushalts-Etat der Einzelgemeinden, nit aber in den Gemeindesteuer-Repartitionslisten und den Steuer- zetteln. Der Erlaß der Kreisabgaben habe hier demnach unmittelbar eine Erleichterung der kommunalen Steuerlajt zur Folge. Wenn aber an Stelle der Ueberweisung an die Einzelgemeinden nah Maß- gabe des Aufkommens der in denselben zur Hebung gelangenden Grund- und Gebäudesteuer treten sollte, so würden dadurch noth- wendigerweise große Ungleihmäßigkleiten, cine unbillige Bevorzugung einzelner und eine ungerechtfertigte Benachtheiligung anderer Gemein-

den eintreten. Land- und Forstwirthschaft.

„Vom Fuße der Achalm, 7. März. (Schwäb. Mk.) Die prächtige Witterung kommt natürlich dem Landwirth sehr zu Statten, da mit dem Bestellen der Felder tüchtig vorangemacht wird. Die Winterfr ut ist im Ganzen gut überwintert, auch die Klee- felder sind sehr \{ön und gleichmäßig gedeckt. Apfel- und Birnbäume zeigen dieses Frühjahr wieder eine große Menge von Tragknospen. Am meisten erfreut sind unsere Imker über die warme Witterung, da die Bienen bereits „Höschen“ bringen. Sehr zu bedauern ist, daß von unsern Gemeinden aus nicht mehr gethan wird für Anpflanzung von Linden, deren Blüthen bekanntlih ein prächtiges Bienenfutter. Die Bienenvölker sind, Dank des guten Winters, im Ganzen gut be- todt. Auch sind Fälle von Ruhr bis jeßt nicht bekannt. Jn warmen Lagen findet man {on Bruteinschlag.

(Allg. Ztg.) In einem in Wien eingetroffenen Berichte des öfterreihish-ungarishen Konsulats in Alexandrien wird mitgetheilt, daß Ende Februar die neue Ernte von Baumwolle in Egyp- ten schon vollständig eingeheimst war und ein Ergebniß von min- destens drei Millionen Kantar geliefert hat. Die Qualität ist jedoch gering ausgefallen und bei fast keiner Partie ist die Faser kräftig. Es werden somit hauptsächlich Mittelsorten zum Verkaufe gelangen und sih die Notirungen nur auf diese beziehen, weil gute Sorten selten sind und die s{lehten, da ein mißrathcnes Produkt keine Aus- wahl zuläßt, in diesem Jahre nicht in Betracht kommen werden.

___— „Der Deutsche Sportsman“, ein Fachblatt für sämmtlihe Sportzweige, erscheint (in Berlin) vom 1. April cr. wöchentlih zweimal für den Abonnementspreis von 7,50 4 pro

Quartal. Gewerbe und Handel.

Frankfurt a. M., 10. März. (W. T. B.) In der heute statt- gehabten Sitzung des Aufsichtsraths der Deutschen Effekten- und Wechselbank wurde beschlossen, der auf den 12, April einzu- berufenden Generalversammlung die Vertheilung einer Dividende von 16 M = 134% pro 1881 vorzuschlagen. Die Gewinnreserve foll, wie im vorigen Jahre, mit 180 000 4. dolirt werden; zum Vortrag in neuer Rechnung gelangen ca. 250000 M.

Die Frankfurter Bank seßt von morgen ab den Wehsel- diskont auf 49/6 herab.

London, 10, März. (W. T. B.) In der gestrigen Woll- auktion waren Preise unverändert.

New-York, 10. März. (W. T. B) Baumwollen - Wocenbericht. Zufuhren in allen Unionshäfen 59 000 B., Aus- fuhr nach Großbritannien 75000 B., Ausfuhr nah dem Kontinent 26 000 B., Vorrath 965 000 B.

Verlíin, 11. März 1882,

Zur Beschleunigung der Briefbestellung in Berlin trägt es wesentli bei, wenn bei Sendungen nah Berlin in den Aufschriften außer den Bezirksbuchstaben (§W., W., C. 2c.) und der Wohnung des Empfängers auch die Nummer des betreffenden Bestell-Postamts ange- geben ist. Es wäre daher zu wünschen, daß diese Adressirungs- weise allgemein angewendet würde, und daß zu diesem Zwecke die in einzelnen Berliner Geschäftshäusern bereits bestehende Uebung: am Kopfe der Briefbogen 2. neben der Woh- nung und dem Postbezirk auch die Nummer ihres Bestell-Postamts durch Vordruck oder handschrift- lih anzugeben, in allen hiesigen Geschäfts- und Privatkreisen Nachahmung fände. Beispieleweise würden die im Bezirk des Postamts 30 (Verlängerte Genthinerstraße) wohnenden Korre- spondenten des Hauses Frobenstraße Nr. 13 ihre Briefe zu datiren haben: „Berlin W. 30 (Frobenstraße Nr. 13), den . . - März 1882,“ und ebenso wäre an dieselben zu adressiren : „Herrn Rentier X., Berlin W. 30, Frobenstraße Nr. 13.“ Zu welchen Bestellpostämtern die einzelnen Häuser gehören, geht aus dem von der Postverwaltung veröffentlichten „Alphabeti- schen Verzeichniß der Straßen und Pläße Berlins“ hervor, welches sich im Schaltervorraum jeder Reichs-Postanstalt aus- gehängt und außerdem im "Postbuch für Berlin“, sowie im StraUbe'’schen Postplan abgedruckt findet.

Vaterländischer Frauen-Verein.

__ Nah Allerhöchster Bestimmunz Ihrer Majestät der Kaiserin und Königin findet die diesjährige General-Ver- fammlung des Vaterländischen Frauen-Vereins am

Sonnabend, den 25. März, Abends 6+ Uhr, im Saale des Ministeriums für Landwirthschaft, Domänen und Forsten hierselbst, Leipziger Plaß Nr. 8 Statt, wozu wir die Mit- E des Hauptvereins und der Zweigvereine hierdurch freundlichst einladen. .

Zugleich bemerken wir, daß nach 88. 5*und 6 des Vereinsstatuts zur Aufnahme in den Verein als ordentliche Mitglieder unbescholtene Frauen und Jungfrauen ohne Unterschied des Glaubens und Standes befähigt sind, welche für die Dauer ihrer Mitgliedschaft sich verpflichten, einen Beitrag von monatlih mindestens 50 4 zur Vereinskasse zu zahlen und außerdem weibliche Handarbeiten für die Zwecke des Vereins unentaeltlich auszuführen oder sonst für den Verein nah Maßgabe der Umstände thätig zu fein.

Außerordentlihes Mitglied des Vereins wird ein Jeder, der einen regelmäßigen Geldbeitrag zur Vereinskasse zu zahlen ih verpflichtet.

Etwaige Gesuche um Aufnahme in den Verein mit Angabe des zu zahlenden Geldbeitrages bitten wir an unser Bureau Wilhelm- straße Nr. 73 hierselbst zu richten.

Berlin, den 8. März 1882. :

Der Vorftand des Vaterländischen Frauen-Vereins. Charlotte Gräfin von Jtenplißt.

Der 28. Jahre2bericht des Germanischen National- museums zu Nürnberg für 1881 bezeichnet das verflossene Jahr mit seinen Freuden und selbs seinen Leiden als ein hohwichtiges und im Ganzen für die Anstalt schr günstiges. Das Museum hatte sich auh im_ abgelaufenen Jahre reicher Zuwendungen zu erfreuen. An der Spiße ihrer Gönner steht Se. Majestät der Kaiser, Allerhöcbstwelher, nahdem der Termin abgelaufen war, bis zu dem der jährlide Beitrag von 1500 M für allgemeine Zwecke und 600 M für die Hohenzollernstiftung zugesagt war, die Gnade hatten, diese Bei- träge auf weitere 3 Jahre, 1882 bis 84 zu bewilligen. Ebeaso hat Se. Majestät der König Albert von Sachsen der Anstalt, nach Ab- lauf des seitherigen Termins, den jährlihen Beitrag von 600 M. auf fernere 3 Jahre 1881 bis 83 zugesagt. Ferner erfolgte die weitere Be- willigung der Beiträge von den Städten Anklam, Bruck a. d. Muhr, Brürx, Herford, Ilmenau, Löbau, Nostock und Villingen. Eine be- trächtliche Zahl von Städten sowie eine bayerische Distriktsverwaltung find theils neu beigetreten, theils haben sie ihre Beiträge erhöht. Gbenso ist die Zahl der Jahresbeiträge aus Privatkreisen erheblich gewachsen, mit Hülfe welcher sowie anderer einmaliger Gaben nicht nur die inzwischen durch elementare Schäden entstandenen Ausfälle gedeckt werden konnten, sondern auch eine Mehrung der jährlichen etatsmäßigen Einnahmen erzielt worden ist. Jedoch bedarf es, wie der Jahresbericht sagt, derartiger Zuwendungen auch ferner noch in erhöhtem Grade, weil die Bedürfnisse des Instituts in gleichem Schritt mit den Ansprüchen, welhe an dasselbe gestellt werden, und mit der steten Zunahme der Sammlungen in fort- dauerndem Wachsen sind. —- Eine der täglich dringender sich geltend machenden Anforderungen ist vor Allem das Bedürfniß nah Raum, und zwar nicht etwa blos zur Vergrößerung der Anstalt, sondern zur ersten Unterbringung der neuen Erwerbungen. Der planmäßige Aus- bau der ursprünglih als Nuine übernommenen Karthause kann nur \chrittweise vor sih gehen, soweit die Stiftungen zu diesem Zweck die aus den laufenden Einnahmen disponibel zu machenden kleinen Summen mehren. Dies war übrigens auch im verflossenen Jahre der Fall. Namentlih hat Se. Königliche Hoheit der Großherzog von Mecklenburg-Schwerin als Zuschuß zu den Kosten für den mecklen- burgischen Saal 1000 M gespendet, nahdem die Anstalt bereits dem mecklenburgischen Adel eine ansehnlihe Summe zu danken hatte. Gine Anzahl von Städteverwaltungen ferner hat sich bekanntlich ver- einigt, um dur eine gemeinsame Stiftung den Bau eines Saales zu ermöglichen, der ein Seitenstück zu dem Saale der chemals reihs- unmittelbaren Städte bilden soll. Auf Grund eines vom Vorstande des Museums gemachten Vorschlages, je 100 (A als Normalbeitrag festzustellen wobei es einzelnen Städten unbenommen sein sollte, größere, anderen, deren Mittel zu beschränkt, auch kleinere Beiträge zu geben waren im Jahre 1880 74 Städte beigetreten, und im Jahre 1881 haben \ich ihnen weiter angeschloffen : Altena, Apolda, Barth, Berlin, Bielefeld, Brauns{weig, Buchholz, Charlottenburg, Colberg, Düsseldorf, Eisena, Erfurt, Erlangen, Frankenberg i. S., Frankenhausen i, Th., Gießen, Görlitz, Göttingen, Greifswald, Heidelberg, Hirschberg i. Schl., Langensalza, Lauban, Leisnig, Mülheim a. Rh., Münden, Naumburg a. S., Neisse, Neumarkt, Neuß, Neu-Ulm, Northeim, Oppeln, Osnabrü, Rosto, Sagan, Sangerhausen, Scheinfeld, Selb, Stuttgart, Torgau, Wei- mar, Wien, Wiesbaden, Wismar und Würzburg. Wenn nicht uner- erwartete Hindernisse in den Weg treten, wird dem- nah der Bau noch in diesem Jahre erfolgen können, Auf Grund von früheren Stiftungen war der Baufond in der Lage, im Jahre 1881 die Errichtung einer langen Oberlichtgalerie zu bestreiten, die so weit fertig ist, daß man sie noch im Frühjahre in Gebrauch nehmen zu können hofft, sodann einen neuen Saal für die Kupferstihsammlung zu errichten, zugleich eine neue steinerne Treppe zur Bibliothek und zur Kupferstichsammlung zu erbauen und endlich eine bestehende alte Halle für die Aufstellung der Geshütsammlung ein- zurichten. In der Hoffnung, daß freundliche Zuschüsse die baldige Deckung der Baukosten ermöglichen werden, um wenigstens von allen Bedürfnissen das allerdringendste befriedigen und die Gemäldegalerie noch im Frühjahre aufstellen zu können, sind die {on früher in An- griff genommenen übrige Lokale für dieselbe, obgleich die Bausumme noch nit vorhanden ist, bereits fertig gestellt, so daß außer der {on erwähnten Oberlichtgalerie in nächster Zeit 6 größere und kleinere Räume, von denen die hauptsächlisten der Gemäldegalerie angehören, einige aber Räume für Gipsabgüsse bieten, dem Publikum werden übergeben werden können. Freilich sind auch damit noch lange nicht die Be- dürfnisse befriedigt, die auf den endlichen gesammten Ausbau hinweisen. Damit aber inzwischen den Räumen des Museums auch der äußere Schmuck nicht fehle, sind weitere Summen zur Fortseßung des ge- malten Fensterschmucks gespendet worden, welchen Mitglieder des deutschen Adels in verschiedenen Theilen der Kreuzgänge zu stiften begonnen hatten. Nach alledem, was für den Bau geschehen ift, kann der Bericht sonach das Jahr 1881 als ein erfreuliches be- zeihnen. Allerdings ist dasselbe aber auch nit ohne ein unheilvolles Ereigniß vorübergegangen, Am 21. August entlud sich bekannter- maßen über Nürnberg ein Hagelwetter, wie es vielleiht noch nie zuvor in dieser Gegend gewüthet hatte und unter welhem mit dem ganzen südlichen Theile der Stadt, der vorzugsweise hart betroffen wurde, auch die Karthause fehr zu leiden hatte. Sämmtliche gegen Westen gelegene Fenster, die Oberlihter, Schiefer- und Ziegel- dâcher erfuhren {were Beschädigungen, deren Wiederherstellung Monate erforderte und Tausende kostete, welchbe das Museum so dringend zu anderen Bauten nöthig hatte. Die Gaben, welche zum Ersaß der herben Schäden von einigen Freunden der Anstalt eingingen, wurden daher mit ganz besonderem Danke aufgenommen. Was die Sammlungen selbst betrifft, so wurden auch diese im Jahre 1881 sehr beträchtlih vermehrt. Auch hier konnte aus den laufenden Einnahmen, die allerdings nur eine nicht sehr hohe Ziffer für diesen Zweck übrig licßen, Einiges gesehen, vor Allem aber dur freund- liche besondere Stiftungen. An folcen Stiftungen zur Vermehrung der Sammlungen erhielt das Museum von ‘Sr. Königlichen Hoheit dem Prinzen Georg, Herzog zu Sachsen, 60) K zum Ankaufe eines gothischen Vortragekreuzes und weitere Summen zum Ankaufe eines Sattels, einer Armbrust mit Winde, sowie zu Erwerbungen für den Incunabelnsaal. Ferner wurde durch eine große Anzahl von Beiträgen der endliche Ankauf der Platnerschen Bettstätte ermöglicht, die \{chon seit Jahren im Museum steht, deren Erwerbung nun aber nothwendig geworden

war, ohne daß bisher die Mittel der Anftalt gereiht hätten. Dem

Fonds zur Anfertigung von Gipsabgüssen wurden von einem Unge- nannten 1000 Æ und andere Summen zugewiesen. Eine große Stiftung zum Ankaufe von Kunstgegenständen verschiedener Art im Betrage von 10000 ( machte Freiherr Leop. von Borch in Inns- bruck. Mit diesen Mitteln war es möglich, eine Reihe hervorragender Stüe für alle Abtheilungen des Museums zu erwerben, an deren Spitze die Platnersche Prachtbettstätte steht, sodann einige interessante gothische Möbel, eine Reihe interessanter Kirchengeräthe aus der romanischen und gothischen Periode, mehrere Waffen u. A., weiter eine Reihe von Gipsabgüssen hervorragender Skulpturwerke des Mittel- alters, derenErgänzung nunmehr dieHauptsorge bildet.— Außerdem gingen aber au allen übrigen Abtheilungen manche freundliche Geschenke zu. In dieser Hinsicht sind vor Allem drei vollständige interessante Spezialsammlungen zu nennen, welche im abgelaufenen Jahre der An- stalt zufielen. Dies war zuerst die Sammlung von Hausgeräthen (ca. 900 Nummern, vorzugsweise Krügen und Gläsern), des verstorbenen Notars E. Wolf in Altenburg (als Geschenk des Vaters des Ver- storbenen, der noch zur Bestreitung der daraus erwachsenen Kosten den Betrag von 300 F beifügte), aus welcher jedoch auch die Waffensammlung durch einige nicht uninteressante Stücke, vor Allem einen merkwürdigen Cisenhut aus dem 14. bis 15. Jahrhundert vermehrt wurde, während mehrere Glasgemälde 2c. andere Abtheilungen bereicherten. Einen Zuwachs von zweitens hervorragender Bedeutung brachte die Sammlung des in Berlin verstorbenen Landgerichts-Raths Rosen- berg der Abtheilung der prähistorishen Alterthümer; in einer An- zahl, die heute noch nit feststeht, sind die merkwürdigsten Geräthe aus Feuerstein, Bronze u. a. Materialien darin enthalten, dur welche diese Abtheiluig des Museums eine bis dahin nicht geahnte Bedeutung erhält. Die würdige Aufstellung der Sammlung erfor- dert allerdings, wie der Bericht hervorhebt, bei ihrem be- trähtlihen Umfange den Bau eines neuen Saales und kann bis zu dessen Vollendung nur in proviforisher Weise geschehen. Die dritte merkwürdige Sammlung hinterließ Graf Botho zu Stol- berg-Wernigerode dem Museum. Diese enthält in einer Anzahl von über 30 000 Blättern merkwürdige ältere und neuere Abbildungen zur Geschichte des Baues der Burgen, der bäuerlichen und bürgerlichen Wohnhäuser, der Turniere, Waffen und Kostüme, insbesondere auch der Volkstrachten, ergänzt also die Kupferstihsammlung außerordent- lih. Eine dazu gehörige Sammlung von Büchern, etwa 500 Bände, darunter manche Prachtwerke, brachten ferner der Bibliothek einen erfreulichen Zugang von längst vermißten Werken. Von den übrigen Geschenken sind zunächst die reichen Zugänge zur Bibliothek zu erwähnen, die das Museum meist dem Interesse, das der deutsche Verlagsbuchhandel fortdauernd der Anstalt zuwendet, sowie den Verfassern so mancher interessanten Schrift, endli dem Schriftentaush mit gelehrten Anstalten, Gesellschaften und Vereinen dankt. Daneben aber erhielt die Bibliothek auch einige Werke von hervorragender Kostbarkeit: so vom Gemeinderath der Stadt Wien das große Festzugswerk, vom Rath der Stadt Dreéden ein Prachtexemplar der Chronik des sächsischen Königshauses und seiner Residenzstadt von 1853—1878, ein Exemplar der kostbaren Prachtausgabe des neuen Testaments aus der von Deckerschen Offizin, vom Jahre 1851, sowie des großen Krönungéwerks vom Jahre 1868; als Vermächhtniß des K. K. Konservators Albert v. Camesina, Ritters v. S. Vittore, mehrere Schriften desselben, insbesondere die Pläne der Stadt Wien von 1547 und 1566 ein kostbarem Pracht- bande ; endlich von Hrn. Direktor Klemm in Dresden cine Reihe seltener und höchst werthvoller Jncunabeln. Von den vielen weiteren Geschenken seten endlih noch zwei Urkunden von den Kaisern Friedrich I. und Heinrich VI., sowie andere des 11. und 12, Jahrhunderts genannt. Diese qroßen Bereicherungen der Sammlungen haben troß der er- folgten Erweiterung der Räume, die nur zum Theile dem längst vor- handenen Nothstande abhalf, die noch übrig gebliebenen Naumbedürf- nisse des Museums erheblich gesteigert, indem, wie {hon erwähnt, nit nur die Nosenbergshe Sammlung bis jeßt nicht untergebracht werden konnte, fondern auch, um die Wolfsche aufstellen zu können, beträchtliche Theile der bis jeßt sihtbaren Sammlungen, wie die ganze textile Kollektion, haben zurückgestellt werden müssen. Auch eine Ver- \hiebung in der Anordnung aller Abtheilungen hat in Folge dessen statt- gefunden, die wieder manch neues Provisorium, jedoch auch da und dort wieder manhes Stück zur Geltung brachte, das bis dahin verborgen war. Besondere Publikationen hat das Museum im abgelaufenen Jahre nicht ausgegeben. Die alljährlihe neue Auflage des Wegweisers für die Besuchenden hat ganz umgearbeitet werden müssen, ist jedoch dur die neuen Umgestaltungen |{chon vor Jahres\{chluß wieder über- holt worden. Das deutsche Handelsmuseum, welches seinen eigenen Jahresbericht ausgiebt, hat im Jahre 1881 festen Halt ge- wonnen, indem auf seine Kosten im Anschlusse an die Bauten des Germanischen Museums ein Saal errichtet werden konnte, in welchem die {hon ret interessanten und reichhaltigen Sammlungen auch den Freunden des Germanishen Museums zugänglich gemacht worden sind. Der Etat des Germanischen Museums «für das Jahr 1881 weist in den Einnahmen 129 579 #4 86 , in den Ausgaben 126 813 45 H und sonach einen Bestand von 2756 M 41 » auf. Die neueste (Februar-) Nummer des Museumsorganes, des e Anzeigers für Kunde der Deutschen Vorzeit“ enthält u. A. cine interessante wissenschaftliche Untersuchung aus dem Gebiete der Paläographie, nämlich über die Frage, in welche Zeit die lateini- {chen Evangelienfragmente des Germanischen Museums gehören. Der Verfasser, Zucker in Erlangen, gelangt zu dem Resultat, daß die Herkunft frühestens in die leßten Jahrzehnte des 8. Jahrhunderts zu seßen - sein dürste. Die außerordentlich \{chöne Uncial- handshrifsft mit kunstvoll verzierten Fnitialen wäre \o- nach_ ein Muster der Kalligraphie aus fkarolingischer Zeit. Die Chronik vom 15. Februar meldet den Eingang fernerer ansehnlicher Beiträge zu dem Ausbau der Karthause und zu gemalten Fenstern. Den Städten, welche sih an der Errichtung eines Städtesaales betheiligen, sind beigetreten: Coburg, Erlangen und Grabow. Endlich hat die Freiherrlich von Löffelholzshe Gesammt- familie ihr umfangreihes Familien-Arhiv dem Museum unter Vorbehalt des Eigenthumsrechts überlassen.

Als drittes Abonnements-Concert brachte gestern die Gesellschaft der Sing-Akademie hierselbst die Hohe Messe (FH-moll) von Joh. Seb. Bach zu Gehör. Die ebenso schwierigen wie gewaltigen Aufgaben, welche der Altmeister der Musik hier an die Leistungs- fähigkeit des Chors stellt, wurden unter der bewährten Leitung des Hrn. Professors M. Blumner vorzüglich gelöst. Zu ergreifender Wirkung kamen die Chorsäte des „Et incarnatus est“ und „Cruci- fixus“, ebenso erkflang in prahtvoller Würde das erhabene 6 stimmige „Sanctus“, In dem Chorsaße „Et resurrexit“ wollen wir den Bässen für die shwungvoll ausgeführte Chorfolostelle „Et iterum venturns est“ unser Lob nicht vorenthalten. Die Solisten, und zwar die Damen &rl. Rüdiger (Sopran) und Frl. Schmidtlein (Alt), (ge die beiden Domsänger Herren Th. Hauptkstein (Tenor) und Adolf Schulze (Baß) fangen ihre s{chwierigen Partien in befriedigender Weise. Den Orgel- part spielte Hr. Organist Kawerau. Orchester war die Sinfonie- kapelle. Besondere Erwähnung und Anerkennung verdiente die dies- malige A und Ausführung der Soloinstrumente durch die Kammermujiker Hellmich (Violine), Wiepreht (Oboe d'amore) und Kosleck (erste Trompete). Am Freitag, den 31, März, Abends 63 Uhr, wird J. Seb. Bachs Passionsmusik nach dem Evang. Meatthäi aufgeführt werden. Einlaßkarten zu 44 M (Loge 3 M, Balkon 2 4) sind bei dem Hauswart der Sing-Akademie zu haben .

Redacteur: Riedel.

Verlag der Expedition (Kessel). Druck: W. Elsner. Fünf Beilagen (eins{ließlich Börsen-Beilage).

Berlin:

Erste Beilage zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlih Preußischen Staats-Anzeiger.

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Berlin, Sonnabend, deu 11. März

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Nicchtamllicßes.

Preußen. Berlin, 11. März. Jm weiteren Ver- Taufe der gestrigen (31.) Sitzung seßte das Haus der ‘Abgeordneten die zweite Berathung des Entwurfs des Staatshaushalts3-Etats für das Etatsjahr 1882/83 mit «der Diskussion des Etats des Finanz-Ministeriums fort. Kap. 27 der Einnahmen 1 662 219 # wurde ohne Dis- kussion genehmigt. Beim Ordinaruum der Ausgaben :36 738 713 6, Kap. 57 Besoldungen Ministerium 1 034475 M Titel 1 (Gehalt des Ministers 36 000 #4) fragte Dec Abg. von Tiedemann (Bomst) an, in welchem Stadium der Berathung die Vorarbeiten zu dem ‘Gesetzentwurf sich befänden, welcher im vorigen Jahre anläß- lih seines Antrages auf die Ausgabe von Staatspapiéren auf Namen in Aussicht gestellt worden sei. Jn einem Augen- blie, wo. man im Begriffe sei, außerordentlihe Summen neuer Konsols an den Markt zu bringen, würde es sich sehr empfehlen, diese Form der Ausgabe anzunehmen, es würde ¿dadurch der Staatskredit außerordentlih gehoben werden.

Hierauf ergriff der Finanz-Minister Bitter das Wort:

Meine Herren! Von dem Augenblicke an, als _im vorigen Jahr ‘Hier in dem hohen Hause sich eine sympathishe Stimmung für die “Anträge, die der Hr. Abg. von Tiedemann gestellt hat, kundgegeben “hatte, und nachdem ich, wie ihm bekannt sein wird, Erklärungen ab- «gegeben habe, die ebenfalls entgegenkommender Natur gewesen find, ist diese Angelegenheit fortwährend in forgfältiger Be- «arbeitung geblieben. G8 bedurfte indessen des Studiums “der gleihmäßigen Einrichtungen, welche in fast allen civili- firten Lndern nach dieser Richtung hin stattgefunden haben ich nenne blos Holland, England, Frankreih, Nordamerika, Oesterreih und Rußland alle diese Einrichtungen, die dort auf die Namensobligationen gerichtet waren, haben studirt werden müssen. Nichtsdestoweniger if es gelungen, das Geseß selbst niht blos in seinen Grundzügen, sondern auch in einer wesentlich vollständigen ‘-Formulirung herzustellen. . Die Staatsregierung hat indessen für nothwendig erachtet, bei dem großen Verkehrs- und bei dem wirth- \chaftlichen Interesse, welches diese Frage in sih \{ließt, den Volks- ‘wirthschaftsrath über gewisse Punkte zu befragen. Diese Punkte sind bereits Gegenstand einer wie ich sagen darf wohlwollenden und entgegenlommenden Erwägung gewesen. Sowie diese Frage von dort «aus wieder in die Hände der Staatsregierung zurückgelangt sein wird, wird dem Geseß Fortgang gegeben werden. Ob es noch mögli sein wird, das Geseß in diesem Jahre dem hohen Hause vorzulegen, ift zweifelhaft, nicht deshalb, weil es niht mehr vorgelegt werden könnte, sondern lediglich deshalb, weil bei dem ungeheuren Gesezgebungs- material, welbes dem hohen Hause bereits ‘vorliegt, wahrscheinlich ist, daß die Durc@berathung niht mehr würde erfolgen kön- nen. Sollte Werth darauf gelegt werden, dann wird es auch noch vorgelegt werden, aber ‘in jedem Falle wird es s{chwierig sein, ‘das Geseß in diesem Jahre zur Geltung zu bringen, in jedem Falle liegt die Sache so das kann ich dem Hrn. Abg. von Tiedemann erwidern daß die Frage nicht blos vorbereitet, sondern im Wesentlichen fertig ist, und daß, wenn in diesem Jahre nicht, jedenfalls im nächsten Jahre der Geseßentwurf vorgelegt werden wird, da von keiner Seite dagegen Anstände oder Bedenken erhoben werden und Schwierigkeiten zur Zeit auch ni{cht mehr vorliegen. :

Der Abg. Kalle glaubte, daß die Berathungen des Volks- wirthschaftsraths in 14 Tagen beendet sein würden, er würde seinerseits großen Werth darauf legen, daß der Entwurf noh in dieser Session an das Haus käme, um durch die Dis- kussion die ôffentlihe Meinung zu informiren und zu klären.

Tit. 1 wurde darauf bewilligt, desgleichen der Rest des Kapitels, ferner Kapitel 58, Ober-Präsidenten, Regierungs- Präsidenten und Regierungen 2c., 12 198 250 /6, Kap. 59, Nentenbanken 649 361.4, Kap. 60, Wittwen- und Waisen- verpflegungsanstalten 3 356 450 M, Kap. 61, Verwaltung des Thiergartens bei Berlin 143 900 4/6, Kap. 62, Wartegelder 2c. 16 516 176 4, Kap. 63, Allgemeine Fonds 2 840 000 M, desgl. das Extraordinarium Kap. 1B. 30 000 /

Damit war die zweite Lesung des Etats des Finan z- Ministeriums beendigt. A

Es folgte der Etat der Verwaltung der indirekten Steuern. Kapitel 4 der Einnahme 144 453 700 M

Titel 1, Grundsteuer 40 188 000 4, wurde ohne Debatte genehmigt.

Bei Titel 2, Gebäudesteuer 28056 000 4 bemerkte der Abg. Dirichlet, nachdem im vorigen Fahre sein Antrag, welcher von der Regierung statistishes Material darüber gefordert habe, ob die Einschäßung zur Gebäudesteuer gemäß den in der betreffenden Denkschrift aufgeführten Grundsäßen vor- «genommen würde, von der Regierung und dem Hause zurückgewiesen worden sei, hätten sih seine Befürchtungen, daß die Behörden sich bei der Einshäßung lediglih von fis- falishen Grundsäßen hätten leiten lassen, bestätigt dur die ‘Rede des Reichskanzlers, welcher aus eigener Erfahrung her- "gehoben habe, daß seine Tagelöhnerhäuser, welhe während 15 Jahren niht reparirt worden seien, plößlih wegen des

öheren Werthes um den befohlenen Prozentsaß in der Gebäude- teuer erhöht worden seien. Von dieser befohlenen Gebäude- steuererhöhung stehe aber absolut nichts im Geseze. Es sei nun im Provinzial: Landtage für Ostpreußen von ihm ein Antrag gestellt und nahezu einstimmig angenommen worden, welcher die Negierung auffordere, eine Untersuhung darüber ein- treten zu lassen, in wie weit die Provinz Preußen durch diese Einschäßung prägravirt worden sei und, event, Remedur ein- treten zu lassen. Eine Antwort auf dieses Petitum sei nicht erfolgt. Er erlaube sich die Frage an den Minister, ob die Regierung sih über diesen Antrag \{lüssig gemaht habe und ob sie beabsihtige, eine Nevision der Gebäudesteuer vorzu- schlagen. i j / j

Demnächst nahm der Finanz-Minister Bitter, wie folgt ‘das Wort: ,

Meine Herren! Es ist nicht meine Absicht, auf Alles das, was ‘der Hr. Abg. Dirichlet ausgesprochen hat, einzugehen ; ih glaube, diese Fragen können einer näheren Diskussion dann unterzogen werden, wenn wirklich greifbare R A vorliegen, um die es sih jeßt nicht handelt. Jch bin daher nicht in der Lage, auf etwas anderes zu antworten, als auf die präzise Frage, die er an die Staatsregie- rung gerichtet hat in Bezug auf die Behandlung des Beschlusses des Provinzial-Landtages, eines, wie er sagt, nahezu einmüthig gèfaßten Beschlusses. Ich behalte mir jede Erklärung und Meinungsäußerung vor, wenn die Frage zur Diskussion kommen oder bei der Staatsregierung

eintreten zu lassen; zu diesen Erörterungen wird es ja kommen, wenn die Sache so weit sein wird.

Der Beschluß des Provinzial-Landtages ist, wie der Abg. Dirichlet eben sagte, im Mai v. J. gefaßt; im September v. F. ist er erst hierher gelangt, und vorher war es also unmöglich, das geringste zu thun. ch habe es bei dem großen Umfang von Zahlen und Zahlengruvpi- rungen, die in diesem sehr umfangreichen Schriftstück enthalten sind, doch für durhaus nothwendig gehalten, zunächst die Provinzialregie- rung darüber zu hören. Der Bericht derselben ist vor wenigen Tagen eingegangen. Bei dem ebenfalls O Umfange desselben ist aber bis jeßt nicht möglich gewesen, sih über die Sache {chlüssig zu machenz es ist sogar zweifelhaft, ob niht noch Rückfragen nöthig sein werden. Ih muß mir und der Staatsregierung daher die ganze Frage vorbehalten, bis sie vollständig vorbereitet sein wird und dann wird, so weit es nöthig ist, Auskunft darüber gegeben werden.

Der Tit. 2 wurde darauf bewilligt.

Die Tit. 3 und 4, Klassen- und Einkommensteuer, unter- liegen noch der Berathung in der Budgetkommission.

Tit. 5, Gewerbesteuer 18 662 000 4, Tit. 6, Eisenbahn- abgaben 2 986 000 6, Tit. 7, direkte Steuern in den hohen- 40 fd Landen 269 000 6, wurden ohne Debatte ge- nehmigt.

Tit. 8 enthält 96 000 /6 an Fortschreibungsgebühren.

Der Abg. Hollenberg befürwortete den künftigen Wegfall dieser Steuer. Das Geschäft der Fortschreibung liege doch im «nteresse des Staates, der also auch die Kosten tragen müsse. Außerdem drücke diese Steuer gerade die ärmsten ländlichen Kreise der Bevölkerung Preußens am meisten.

Der Tit. 8 wurde genehmigt, ebenso Tit. 9 Strafbeträge und desgl. 223 000 M |

Das Ordinarium dieser Verwaltung beirägt in Kap. 6 der Ausgaben 10 203000 \/

Tit. 1, Direktion für die Verwaltung der direkten A in Berlin 291 910 4, wurde ohne Debatte ge- nehmigt.

Bei Tit. 2, Verwaltung des Grund- und Gebäudesteuer- katasters 1 666 020 M regte der Abg. Dr. Franz eine Cr- höhung der Remuneration der Kataster-Supernumerare an.

Der Finanz-Minister Bitter sagte möglichste Abhülfe zu und versprach in den nächsten Etat einen größecen Fonds einzustellen und auch s{chon in diesem Jahre aus anderen Fonds berechtigte Wünsche zu befriedigen.

Titel 2 sowie der Rest des Etats der direkten Steuern wurde ohne Diskussion bewilligt.

Damit war die Tagesordnung erledigt.

Hierauf vertagte sih das Haus um 2/4 Uhr auf Sonn- abend 11 Uhr. :

Protokoll der ersten Sitzung des permanenten Ausschusses des Volkswirthschaftsraths.

Verhandelt Berlin, den 8. März 1882.

Die erste Sißung des permanenten Ausschusses des Volkswirthschastsraths wird um 111/ Uhr von dem Vor- sißenden, Staats-Minister von Boetticher, eröffnet.

Als Kommissarien ' der Staatsregierung sind anwesend: der Unter-Staatssekretär Dr. von Mayr, der Geheime Regierungs-Rath Boccius und der Regierungs-Rath Dr. Roller.

Das Protokoll der gestrigen Sißung des Plenums liegt zur Einsicht auf. : : a

Der Vorsitzende theilt vor Eintritt in die Tagesordnung mit, daß an Stelle der verhinderten Mitglieder des perma- nenten Ausschusses folgende Stellvertreter bis auf Weiteres an den Verhandlungen sih betheiligen werden:

Hr. Kosmack für Hrn. Hagen, Hr. Kade für Hrn. de Neuf- ville, Hr. Delius für Hrn. Dr. Q Hr. Krüger für Hrn. Cramer, Hr. von Rath sür Hrn. Dietze, Hr. von Rissel- mann für Freiherrn von Hammerstein, Hr. Herz für

rn. von Born, Hr. Leyendeckter für Hrn. Kalle, Hr. von

chenck - Kawentshin für Freiherrn von Landsberg- Steinfurt, Hr. von Schöpplenberg für Hrn. Neubauer, Hr. Kruszinski für Hrn. Rust, sowie ferner, daß einem aus der Mitte der Versammlung laut gewordenen Wunsche entsprehend die in den Drucksachen der Kommission für Erhebungen in Betreff der Besteuerung des Tabads befindliche Skizze zu einem Geseßentwurf, die Einführung einer Tabackfabrikatsteuer betreffend, unter die Mitglieder zur Vertheilung! gelangt sei.

Zum Gegenstand der heutigen Tagesordnung, Berathung des Geseßentwurfs, betreffend das Reichstabackmonopol, schlägt der Vorsißende vor, von einer nohmaligen Generalbesprehung abzusehen und sofort in die Spezialberathung einzutreten.

Der Referent Hr. von Nathusius \priht sih in dem- selben Sinne aus, erklärt es aber für wünschenswerth, die Abstimmung über die allgemeinen Grundlagen des Entwurfs (88. 1 bis 6) bis zum Abschluß der Berathun- gen der übrigen Theile des Entwurfs auszuseßen, da- für Manchen die Gestaltung, welche die speziellen Bestimmungen des Entwurfs im Laufe der Berathungen annehmen würden, für die Entscheidung über Annahme oder Ablehnung des Monopols maßgebend sein werde.

Der Korreferent Hr. Schöpplenberg empfiehlt vor Eintritt in die Spezialberathung zunächst in eine Besprehung darüber einzutreten, ob die in den Erläuterungen vorausgesetten Ein- nahmen durch das Monopol in der That auch würden erzielt werden können, sowie ob die vorgesehene Entschädigung als genügend zu betrachten sei. M

r. Mevissen beantragt, der Spezialberathung eine nähere Erörterung über die Frage vorangehen zu lassen, ob der Tabak als ein ganz vorzu weise geeignetes Objekt für eine höhere Besteuerung angesehen werden müsse, und eventuell eine Reso- [ution in dem Sinne zu fassen,

daß der Tabak zum 2wece der Durchführung der

Reichsfinanzreform einer ausgiebigeren Besteuerung zu

unterwerfen sei, als bisher. __ An diesen Antrag knüpft sih eine längere Debatte über die geschäftlihe Behandlung der Tagesordnung, an welcher sih namentlih die Herren von Ruffer, Leyendecker, Kade, von ns, Kochhann, Graf Hendel von Donnersmarck,

Dr. von Mayr, betheiligen. Nah der Erklärung des Herrn

Neserenten, daß er bitten müsse, das Referat einem anderen

Mitgliede des Auss{husses zu übertragen, wenn die beantragte Resolution schon jeßt und nicht, wie er es für sahgemäß halte,

am Schluß der Verhandlung über die 88. 1 bis 6 zur Ab- Mng gestellt werde, zieht Hr. Mevissen seinen Antrag zurüd.

Der Referent Hr. von Nathusius leitet die Verhandlungen ein, indem er darauf hinweist, daß in der Generaldebatte von keiner Seite in Zweifel gezogci worden sei, daß erhebliche Geld- mittel für die Zwecke des Deutschen Reichs und zur Entlastung der Einzelstaaten und der Gemeinden dur indirekte Steuern beschafft werden müssen. Ob der Taback hierzu als ein geeig- netes Objekt zu betrachten sei, habe allerdings Widerspruch ge- funden, und es werde bei der Detailberathung auf diese Frage näher einzugehen sein. Sache Derjenigen, welche die Nothwendigkeit einer Vermehrung der indirekten Steuern anerkennen, aber einer Mehrbelastung des Tabacs wider- streben, würde es jeßt sein, zur Unterstüßung ihrer Auffassun andere geeignete Steuerobjekte zu bezeichnen. Dies fei au bereits insofern geschehen, als von einer Seite auf die Erhöhung der Spiritussteuer hingewiesen worden sei. Nach=- dem der Hr. Referent noch der Seitens der süddeutschen Ab- theilung des deutschen Vereins für Tabackfabrikanten und Händler dem Volkswirthsc;aftsrath mitgetheilten Zusammen- stellung derjenigen Handelskorporationen Erwähnung gethan, welche sich in ihren Jahresberichten über das Tabackmonopol geäußert haben, wiederholt ex seinen Antrag auf einstweilige Ausseßung der Abstimmung über die 88. 1 bis 6 des Entwurfs. Hr. Heimendahl verbreitet fich in längerer Auseinander= seßung über die in den Vereinigten Staaten von Nordamerika bestehende Fabrikatsteuer, deren Uebertragung auf Deutschland er befürwortet. Jn der mit Untersuchung derselben betrauten Tavackt-Enquetekommission seien die Hrrn. H. H. Meier aus Bremen, und Ministerialrath Felser aus München lebhaft für jene Besteuerung eingetreten. Die Reichsregierung habe die Ent- sendung einer eigenen Kommission, der au der Regierungs- fommissar, Unterstaatssekretär von Mayr angehört habe, nah den Vereinigten Staaten veranlaßt, um die dortige Art der Fabrikatsteuer kennen zu lernen. Redner erwähnt, daß si alle Deutschamerikaner für die Uebertragung derselben auf Deutschland, unter Berülksichtigung der deutshen Verhältnisse, welche durchaus günstiger seien, ausgesprochen, und erörterte an der Hand des Berichts der Enquetekommission (S. 155) die Bedeutung der Tabackfabrikatsteuer für die Vereinigten Staaten. Er konstatirt na längerer Darlégung der Einzel- verhältnisse und unter besonderer Hervorhebung der auf Seite 155 und 156 in dem Berichte der nah Amerika entsendeten Sachverständigen angeführten Thatsachen, daß in dem Apparat, der hiernah für den Vollzug einer Fabrikatsteuer, welche in den Vereinigten Staaten der Bundeskasse 160 Millionen Mark Netto Einnahme zuführe , in Bewegung geseßt werden müsse, Deutschland den Vereinigten Staaten weit überlegen sei. Das amerikanishe System habe ausweislih des RNeferats gewisse Mängel in Bezug auf Kontrole, Taback- kultur, Steuerveranlagung 2c. mit sich gebracht, auch müsse zugegeben werden, daß eine Erhöhung der Fabrikatpreise durch die Fabrikatsteuer herbeigeführt werde; andererseits sei aber zu erwähnen, daß diese Verhältnisse, wie Felser nahgewiesen habe, sih für Deutschland alle würden vermeiden lassen, und anz insbesondere dürfe niht unberüdlsichtigt bleiben, daß (S. 167) in Amerika unter dem Regime der Fabrikatsteuer billigste Fabrikate ohne Surrogatverwendung zu 2 Cent pro Pfund Fabrikpreis exkflusive Steuer zur Befriedigung des Tabackgenusses der unbemittelten Volksklasse noch hergestellt werden. Das Resumé des Referenten gehe dahin (S. 168):

1) daß in den Vereinigten Staaten die Tabackfabrikat- fleuer mit glänzendem Ergebniß für die Staatskasse habe etablirt werden können und aufrecht erhalten werde, ohne irgend welche Jnteressen des Tabackbaues, des Tabackhandels Und der Tabackfabrikation zu schädigen ; (ves

2) daß in Deutschland die Verhältnisse für die Einführung einer Tabackfabrikatstener in den für die Veranlagung einer folhen Steuer in Betracht kommenden Hauptrichtungen gün- stiger als in Amerika gestaltet seien. i

Demnach könne man doch den Einwand der Undur{hführ- barkeit einer Fabrikatsteuer in Deutschland ohne Verneinung von steuergeschichtlihen Thatsachen nicht für begründet erach= ten. Bei Befürwortung der Tabalkfabrikatsteuer für Deutsch- land müsse aber allerdings von der Vorausseßung ausgegangen werden, daß dem deutschen Tabackbau der - gleihe Zollshuß BOEIE werde, wie bei einer Rohtabackbesteuerung.

edner weist ferner auf die Erwägung am S@thlusse des Berichts hin, daß bei der Fabrikatsteuer der freien Erwerbs- thätigkeit die Möglichkeit erhalten bleibe, der ihr innewohnen- den Tendenz folgend, Mittel und Wege aufzusuchen, um den Verkauf von Tabackfabrikaten zu erleihtern und zu erweitern, wie au auf die Ausführungen, aus welhen Gründen es zweckämäßig sein könne, wenn man der Ansicht zuneigen sollte, daß das Tabackmonopol eingeführt werden müsse, zunächst die Fabrikatsteuer vorhergehen zu lassen.

Gegen das Monopol seien folgende Gründe geltend zu machen. Es nehme der Nation ein Arbeitsfseld, dessen sie bei so rapid wa@sender Bevölkerung nicht entbehren könne. Dies sei um so bedenklicher, als die Tabacindustrie bei der Fabrikatsteuer einer großen Entwicklung durch den Export für fähig zu erachten sei. Das Monopol sei ein starker Ein- griff in das Privateigenthum ; auch werde die Entshägigungsfrage u den bedenklihsten Konsequenzen führen, Die Nichtberük- fichti ung Bremens und Hamburgs mache sür ihn (Redner) dasselbe |hließlich ganz unannehmbar.

Redner geht sodann auf die in den Händen der Mitglieder befindliche Skizze zu einer Geseßesvorlage für eine deut he F EIEE (Nr. 72 der Drucksachen der Kommission für

rhebungen in Betreff der Besteuerung des Tabacks im Deutschen Reich) über.

Nach derselben würden die Jnteressen des Ackerbaues durch die Bestimmungen über den Tabackbau gewiß nicht mehr geshädigt, als durch das Monopol. Ein Zollshuß von 15

zur Entscheidung gelangen sollte, ob der Provinzial-Landtag berechtigt gewesen s auf Grund der Provinzialordnung cine solche Berathung

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Mevissen, Delius, Schöpplenberg, Heimendahl und Baare, sowie der Regierungskommissar, Unter - Staatssekretär

müßte nach seiner Ansicht, da derselbe doch früher nur 9 M