1882 / 64 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 15 Mar 1882 18:00:01 GMT) scan diff

zur Bestreitung überhaupt [davon f Mittelschulen von in Städten auf dem Lande; städtishe ländliche Schulbauten . .. 6573686 11069067 566 115 41 688

sonstigen sächlichen i Zwedcken .……. , 5542615 6247 628 620275 14158 55 846

_ zusammen Æ 12116301 17316695 [1186390 auf je eine Klasse , 589- 439 |

Die Gesammtheit der Unterhaltungskosten der preußischen öffent- lihen Volkss{Gulen beträgt also 101 016 623 M, wovon auf die städtischen 43 898 750 f entfallen. Von ihrer Höhe erhält man eine kÉlarere Anschauung, wenn man erwägt, daß sie fih zum Soll der gesammten direkten Staatsfteuern wie 67,72 zu 100 verhalten, also Uber zwei Drittel des Betrages der Grund-, Gebäude-, Einkommen-, Klafsen- und Gewerbesteuer zusammen ausmachen.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Aus dem Verlage der Königlichen Hofbuchhandlung von Ernst Siegfried Mittler und Sohn hierselbst, liegen wiederum zwei Res gimentsgeschihten vor. Es sind dies: i L

1) Die Geschichte des Hessischen Feld-Artillerie- Regiments Nr. 11 und seiner Stammtruppentheile, bearbeitet von v. Cochenhausen, Premier-Lieutenant in dem genannten Re- gimente. Das Buch giebt ein übersichtlihes Bild der Crlebnisse des Regiments und seiner Stammtruppentheile. Es geht daraus heror, daß das Hessishe Feld-Artillerie - Regiment Nr. 11 seine Gristenz als Ganzes, abgesehen von den später durhgemahten Meta- morphosen, vom 11. November 1866 datirt, an welchem Tage die verschiedenen Bestandtheile der in den neuer- worbenen Landestheilen zu formirenden LTruppenkörper aus der Verpflegung ihrer alten Regimenter aus- und in diejenige der neuen Regimenter eintraten. Der 11, November 1866 ist demnach als Ge- burtstag des Regiments anzusehen. Die Allerh. Kabinetsordre vom

30. Oftober 1866 hatte die Zusammenseßung des Regiments theils aus übernommenen ehemals kurhessischen und nafsauischen Truppen- theilen, theils aus Abgaben älterer preußischer Regimenter befohlen. Hiernach und mit Berücksichtigung der nah dem Jahre 1866 an- geordneten Aenderungen hat der Verfasser seiner Darstellung die Ein- theilung in folgende 3 Abschnitte gegeben. Der erste Abschnitt be- handelt die Vorgeschichte der Stammtruppentheile und zwar zunächst der altpreußishen Batterien in den Zeitabschnitten bis zum Jahre 1842, vom Jahre 1842 bis zum Jahre 1860 und seit 1860. Die

auptmomente der Regimentsgeschichte sind die Feldzüge in den Jahren 1813/14 und 1815 und der Feldzug im Jahre 1866. Ein eigenes Kapitel ist dem Zeitraum von 1816—1866 gewidmet. Im zweiten Kapitel dieses ersten Abschnittes wird über die ehemals kurhessischen Batterien und ihrer Theilnahme an den Feldzügen in Frankreich in den Jahren 1814 und 1815 berichtet, sowie über die Friedensperiode von 1816 18668. Die ehemals nafsauischen Batterien bilden den Gegenstand des letzten Kapitels dieses ersten Abschnittes. Der zweite Abschnitt umfaßt die Geschichte des Regiments vom 11. November 1866 bis 24, Oktober 1872 und berichtet über die Theilnahme des Regiments an dem Kriege von 1870/71 in folgenden Artikeln: Die Mobilmachung. Vis zum Vorabende der Schlacht bei Sedan. Die Schlacht bei Sedan und der Zeitraum bis zum Eintreffen vor Paris. Vom Beginne der Belagerung von Paris bis zum Waffenstillstande. Vom Beginne des Waffenstillstandes bis zur Demobilmachung. Der dritte und leßte Abschnitt des Buches beschäftigt sih mit der Geschichte des Regiments vom 24. Oktober 1872 bis auf die Gegenwart. Als Anhänge sind dem Buche beigegeben die Verzeichnisse der Namen dèr sämmtlichen Stabs- offiziere und Batteriechefs, mit Angabe des Datums, an welchem sie ihr Kommando übernommen haben; der Namensänderungen der Batterien seit der Zeit ihrer Zugehörigkeit zum Regiment bezw. 11. November 1866; ferner der von den Batterien des Regiments mitgemachten Schlachten, Gefechte, Belagerungen 2., sowie die Verlustlisten der jeßt noch zum Regimente gehörigen Batterien vom Feldzuge 1870/71 und ein Verzeichniß der in Folge des Feldzuges 1870/71 dekorirten Offiziere und Mannschaften. Der Preis des mit einem kolorirten Üniformbilde ges{mückten Buches beträgt 5,50 M. :

2) Geschichte des 1. Westfälischen Husaren-Regi- ments Nr. 8. Preis 3,50 4 Die Darstellung der vorliegen- den Regimentsgeschichte ist in folgende neun Abschnitte gegliedert : Die Errichtung des Regiments und der Feldzug von 1815. Die

eriode von 1815—1848, Die Periode von 1848—1864. Der eldzug 1864, Friedensperiode 1865—1866. Der Feldzug 1866, rieden8periode von 1866—1870. Feldzug gegen Frankreich 1870 —1871, Frieden8periode von 1871 bis zur Gegenwart. Ange- fügt sind der Geschichte des Regiments die Verzeichnisse sämmtlicher Offiziere, Portepéefähnrihe, Aerzte und oberen Militärbeamten, die dem 1, Westfälischen Mie Deonenle Nr. 8 vom Tage seiner Er- rihtung ab bis zum Schluffe des Jahres 1881 angehört haben, sowie eine Rang- und Quartierliste des Regiments am Schlusse des Jahres 1881,

Die Verlagshandlung von Edwin Schlömp in Leipzig hat ihren verschiedenartigen interessanten Publikationen auf dem Gebiete der Kunst, der künstlerishen Jllustration und des Kunstgewerbes seit Kurzem ein neues Unternehmen hinzugefügt. Seit einigen Monaten Täßt sie nämlich eine Sammlung kunstgewerblicher und kunsthistorisher Vorträge erscheinen, welhe in gefällig aus- gestatteten, zwanglosen Heften zu je 1 bis 1,50 A ausgegeben werden und im Ganzen 12 Hefte umfassen sollen. Das Prinzip, welches bei der Herausgabe dieser Sammlung leitend war, ist das: „dem Künstler sowohl wie überhaupt allen Gebildeten ein billiges und bequemes Mittel zu bieten, um sich nach freier Auswahl über diese oder jene kunstwissenschaftlibe Frage und Verhältnisse zu unterrichten.“ Bis jeßt waren erschienen: 1) Die Kunst im Hause von Dr. Stockbauer (1 M), 2) Die Kunstweberei der Alten von Dr. Kuhn (1 M), 3) Die Aufgaben der Provinzialmuseen von Dr. Pinder (1 4), 4) Der Kunst- aae zur Zeit Hadrians und der Gegenwart (mit Berück- ihtigung des Romans „Der Kaiser“ von Georg Ebers) von Dr. Pyl, 5) Das Kunstgewerbe auf den Aus- stellungen zu Mailand und Stuttgart von Friß Werni. Ganz besondere Beachtung aber verdient das neueste Bändchen, Nr. 6 (Pr. 1,504), betitelt: „Reflexionen über die deutsche Malerei der Gegen- wart“, von Walter Schulte von Brühl, welcher darin mit beher- zigenswerthen ernsten Worten die flachrealistishe Strömung der heu- tigen Kunst bekämpft. Die namhaftesten Maler der verschiedenen Richtungen und Schulen, wie Defregger, Dieß, Gussow, Knaus, Len- ba, Makart, Max, Menzel, Piloty u. a. werden darin gegen ein- ander gehalten und ihre Stellung zur nationalen Kunst mit feinem Verständniß gekennzeichnet,

Die neue (13.) illustrirte Auflage von „Brockhaus? Con- versations-Lexikon“ is mit dem 15. Heft, das soeben ausge- geben worden, zum Abschlu des ersten Bandes gelangt, der auf 954 Seiten den Text von A. bis zum Artikel „Arraroba“ fortführt. An dem fertigen Bande, wie er jeßt vorliegt, treten die Garisritte dieser neuen Auflage erst ins rechte Licht. Vor allem macht si die Menge instruktiver, künstlerisch ausgeführter Jllustrationen als eine werthvolle Bereicherung geltend; dieselben umfassen bereits 35 be- sondere Tafeln, nämlih 22 Tafeln mit mehreren hundert Abbildun- gen und 13 geographische, historische, Mate Karten und außerdem 42 in den Text gedruckte Figuren. Ein zweiter Gewinn is die durch den Saß in gespaltenen Kolumnen erzielte Raumersparniß, die es gea, auf gleiher Bogen- zahl um fast ein Drittel mehr Terxtstoff zu liefern. In noch größerem Maße aber is im Vergleih mit der vorigen Auflage die Anzahl der Artikel vermehrt worden; denn während in dieser der 1. Bd. 2310 Artikel enthält, werden in der jetzigen 3814 geboten. Aus solcher Vergleichung geht au hervor, wie durchgreifend die Erneuerungen

und Ergänzungen sind, die der gesammte Text diesmal aufweist. Alle Fächer nehmen daran Theil, und namentlich werden die Natur- wissenshaften, sowie die Volkswirthschaft, Landwirthschaft und Technik, entspreend der wihtigen Rolle, die fie im Kulturleben der Gegen- wart spielen, mit möglichster Vollständigkeit vorgeführt. So kommt Brockhaus’ Conrersations-Lerikon dem höchsten Ziel eines solchen Werkes immer näher: auf den mannigfacen Gebieten des Lebens und Wissens über jede Einzelheit dem Suchenden leiht auffindbare, gründliche und zuverlässige Auskunft zu gewähren.

Am 1. Mai und an den folgenden Tagen d. I. kommi zu Göttingen, im Auktionslokale, Jakobi-Kirhhof Nr. 3, cine Samm- lung von Bücern aus allen Wissenschaften, größtentheils aus dem Nachlasse des verstorbenen Prof. Dr. Loße in Göttingen, zur Versteigerung. Die Dieterich'sche Sortiments-Bucbhandlung in Göttingen (Weenderstr. 25), hat über diese Büchersammlung einen Katalog ausgegeben, der im Ganzen 918 Nummern unter folgenden Rubriken aufführt: Philosophie (Nr. 1—362), Theologie (Nr. 363 —430), Akademien, Gesellschaften, Zeitschriften, Sammelwerke (Nr. 431—490), Naturwifsenschaften, Mathematik, Astronomie, Bau- und Ingenieurwissenshaf (Nr. 491—643), Medizin und Phy- fiologie Nr. 644— 669), Geschichte, Geographie, Jurisprudenz, Staatswissens{baft (Nr. 670 730), klassishe Philologie und Alterthumswissenshafst nebst Sprachwissenshaft (Nr. 731 812), ältere und neuere deutsche und ausländische Literatur (Nr. 813 851), Kunstgeschichte, Kupferwerke, Musik (Nr. 852—893), Gartenbau (Nr. 894—906), Wörterbücher, Atlasse und Varia (Nr. 907—918). Unter den verschiedenen wissenschaftlichen Gebieten ist die Philosophie mit den meisten Schriften (362) vertreten, nächstdem die Naturwissen- schaften u. st. w. (mit 153 Schr.). Fast alle Schriften gehören den leßten 40 Jahren an ; nur einige wenige find aus dem Anfange des 19. und aus dem 18. Jahrhundert. Unter denselben befinden sich viele interessante und wichtige Werke. Namentlich gilt dies von der Abtheilung über Philosophie. Die oben erwähnte Dieterich {e Sortiments-Bucbhandlung in Göttingen erbietet sich zur Besorgung von Aufträgen zu der am 1. Mai d. J. und an den folgenden Tagen bevorstehenden Auktion, die bis spätestens 3 Tage vor Beginn der- selben portofrei erbeten werden.

__— Stolls u. Baders Buchhandlung und Antiqua- riat zu Freiburg i. Br. hat unter dem Titel „Theologie und Philosophie. Jncunabeln“ soeben Katalog 39 ihres antiqua- rishen Bücherlagers veröffentliht. Derselbe enthält ein Ver- zeihniß von 1376 Schriften, von denen sich 1327 auf Theologie und Philosophie, 49 aber auf Pädagogik beziehen. Die theologischen Werke sind des verschiedenartigsten Inhalts, Bibelausgaben (90 Nrn ), be- treffen außerdem das Christenthum sowie das Judenthum überhaupt, ferner Kirchengeschihte und Dogmatik, das Papstthum, verschiedene Kirchenväter, Konzilien und Mönchthum, die Reformatoren (Luther, Zwingli, Calvin) und deren Werke. Ebenso mannigfaltig ist der Jn- halt der Schriften über Philosophie. Man findet in dem Kataloge die Schriften der älteren wie der neueren Philosophen (Spinoza, Kant, Fichte, Hegel, Schelling, Schopenhauer) verzeichnet sowie Schriften über dieselben. Die Mehrzahl der verzeihneten Werke ge- hört zwar erst dem 19. Jahrhundert an, doch datirt eine ziemlich große Anzahl derselben auch aus dem 15., 16.,, 17. und 18. Jahr- hundert. Unter denselben befinden sich viele seltene Werke.

Land- und Forstwirthschaft.

Kirberg, 13. März. (Wiesb. Ztg.) Der ungewöhnlich gelinde Winter und die warmen Tage des Lenzmonates haben nicht nur die Knospen der Bäume, sondern au die Herzen unserer Landwirthe vor Freude \{chwellen gemacht, denn bis jeßt sind die Aussichten auf ein recht gesegnetes Jahr wirklich ganz ausgezeihnete. Wie erquicend ist der Anblick des im üppigsten Grün prangenden Kornfeldes! Aber auch das Weizenfeld berechtigt zu den s{önsten Hoffnungen. Der junge Klee steht durchweg recht gut und treibt bereits cine reiche BVlätterfülle. Die Wiesen {müden sich mit ihrem anmuthigen Grün, und die Obstbäume zeigen eine Fülle von Tragknospen. Die Feld- arbeiten haben in der hiesigen Gegend bereits begonnen; gar mancher Aer ist {on mit Frühlein und mit Hafer besäct, und in den Gärten graben die Hausfrauen gar fleißig, um die „Frühgesäme“ dem Schooße der Erde anzuvertrauen.

Gewerbe und Handel.

Aus dem Abschlusse der Breslauer Straßenbahn werden folgende Zahlen® bekannt: Der Reingewinn beträgt 166 393 #Æ, davon kommen der Gefellshaft vorab 59% von 1700000 A zu mit 85000 M; von den verbleibenden 81 393 M gebührt . der Stadt Breslau y mit 27131 4, dagegen der Gesell- schaft F mit 54262 M, so daß der Gewinnantheil der Gesellschaft inkl. eines leinen Vortrages aus 1880 insgesammt beträgt 139 279 Æ Der Separat-Reservefonds erhält hiervon 5567 4 und nachdem von den verbleibenden 133 712 #6 statutengemäß 5 9% als Rücklage zum Reservefonds und 9 9/0 als Tantième für den Aufsichts- rath (zusammen 13 371 6) gekürzt sind, beträgt der gesellschaftliche Gewinnrest 120 341 4; derselbe gestattet die Vertheilung einer Divi- dende von 6 9%.

Der Recbenschaftsberiht der Rücckversiherungs-Aktien- gesellschaft Providentia in Frankfurt a. M. über das Jahr 1881 weist eine Gesammteinnahme von 342 202 6 und eine Ge- sammtausgabe von 266 991 M na, so daß ein Uebershuß von 75 210 A. resultirt. Von diesem Ueberschusse sind dem Kapital- Reservefond 15 274 A überwiesen worden; an die Aktionäre kommen zur Vertheilung 56 000 #, der Rest von 3936 4 wird auf neue Rechnung übertragen. Die Aktionäre empfangen hiernah 14 0/6 des eingezahlten Kapitals. Der Kapital-Reservefond erhöht sich von 101 473 M auf 116747 M

Darmstadt, 15. März. (W. T. B.) In der heutigen Auf- sihtsrathsfizung der Darmstädter Bank wurde die Dividende pro 1881 auf 10% festgesetzt.

Pest, 14. März. (W. T. B.) Die Hauptbilanz der Ungari- schen Kreditanstalt weist folgende Positionen auf: an Aktiven: eigene Effekten 621935, Debitoren 9 520 470, Diverse und Einzah- lung auf Konsortialges{äfte 4 692 525, Realitäten 411 300, vereinigte Dampfmühle 1021175, in Summa 16 267 406 Fl. An Passiven: Aktienkapital 10 000 000, Reservefonds 775 476, unerhobene Dividende T ol R 1027 161, Kreditoren 3 209 129, Gewinn per Saldo

London, 14. März. (W. T. B.) In der gestrigen Woll- auktion waren Preise unverändert.

Glasgow, 14, März. (W. T. B.) Die Verschiffungen von Roheisen während der leßten Woche betrugen 13 287 gegen 8261 Tons in derselben Woche des vorigen Jahres.

Havre, 14. März. (W. T. B.) Wollauktion. Angeboten be tet verkauft 1333 B. Die Auktion war belebt, Preise ehr fest.

Washington, 14. März. (W. T. B.) Der Schaßsekretär Folger hat 3 Posten sechsprozentiger prolongirter Obli- LA O von je 5 Millionen Dollars zur Rüczahlung einbe- rufen.

New-York, 13, März. (W. T. B.) Weizenverscchif!- fungen der leßten Woche von den atlantischen Häfen der Ver-

einigten Staaten nah England 33000, do. nach dem Konti-- nent 85 000, do. von Kalifornien und Oregon nah England- 100 000, do. do. nach dem Kontinent 10 000 Qrtrs.

Verkehrs-Anstalten.

Verkehrsverhältnisse auf den Eisenbahnen in Ruß- land. Die Rostow-Wladikawkas Eisenbahn übernimmt wieder die Haftpfliht für Innebaltung der Lieferfrist bei Eil- und Frachtgütern.

Plymouth, 14. März. (W. T. B,) Der Dampfer des Norddeutschen Lloyd „Neckar“ ist hier eingetroffen.

Berlin, 15, März 1882,

Das Schinkelfest wurde auchß in diesem Jahre, wie alljährlid, am 13. März festlich begangen. Der Festraum im Architektenhause war durch eine prächtige Dekoration ges{hmüdckt. Cine mächtige rothe Draperie, mit goldenen Schnüren und OQuasten aufgenommen, hüllte die ganze Fenfterseite ein. Den Mittelpunkt bildete eine plastishe Gruppe unter einem großen Bal-- dachin : Rauchs Victoria, die über einem von Kindergenien gehaltenen Wappenschilde \{chwebte, auf welhem mit goldenen Lettern die Namen der bedeutendsten Männer unter den im vergangenen Jahre dahinge- \{biedenen Mitgliedern des Architektenvereins zu lesen waren: Hitig, Möller, Pardow, von Weber, Wer, Wiebe, Richter. Palmen und andere Dekorationspflanzen hoben sich mit dem dunklen Grün ihrer Blätter kräftig von dem rothen Hintergrunde ab und brachten einen frischen Ton in die Farben des übrigen Arrangements. Im fkleineren Vordersaale waren die Arbeiten der Bewerber um den Scinkelpreis ausgestellt. Ein Festlied von Grell, gesungen von einem Männerquartett, eröffnete die Feier. Darauf gab der Vor-- sißende, Hr. Hobrecht, eine kurzgefaßte Uebersicht dés verflossenen Vereinsjahres, welches cinen nicht unbeträhtlihen Zuwachs an Mit- gliedern gebracht hat, deren Zahl auf 1796 gestiegen is. Von dem regen Vereinsleben zeugen die stattliche Reihe von wissenschaftlichen Vorträgen 27 und die 14 gemeinschaftlichen Exkursionen, unter denen ein Ausflug zur Ausftelung nach Halle besonders erwähnt

werden möge. Auch der Lotterie, die der Verein zur Förderung kunst--

gewerblicher Interessen veranstaltet hat, gedachte der Redner. Als ein freudiges Zeichen des wachsenden Gemeinsinns ist das “Vermächtniß eines verstorbenen Mitgliedes zu be- grüßen, das nah des Erblassers Wunsh den Namen Karl und Klara Richterstiftung tragen \oll. Bis es die Höhe von 60 000 e erreiht haben wird, follen die Zinsen zum Kapital ge- {lagen werden. Von da ab wird die eine Hälfte des Ertrages den

bedürftigen Hinterbliebenen von Vereinsmitgliedern zu gute kommen,-

während die andere Hälfte das Kapital vermehren soll, bis dieses auf 100 000 gestiegen ist. Dem Bericht über die kleineren Monats- konkurrenzen {loß fich die Verkündigung der Schinkelpreise an, um die sich acht Entwürfe für Hohbau und sechs sür Wasserbau be- worben hatten. Für ersteren war das Thema der Museumserweite- rung gestellt. Der erste Preis war dem Bauführer B. Sehring (Motto : Spreeathen) zuerkannt; der zweite dem Bauführer Ludwig Hoffmann (Motto: Forum), doch waren die Preisrichter, um der hervorragenden Leistung gerecht zu werden, beim Ministerium um eine zweifache Verleihung des ersten Preises eingekommen. Den dritten Preis hatte Bauführer Richter davongetragen z; den ersten Preis für das Thema aus dem Gebiete des Wasserbaues war dem Bauführer Roloff zugefallen. Hierauf nahm der Ministerial-Direktor Schneider in Vertretung des Ministers die Preisvertheilung vor, die er unter allgemeinem Beifall mit der Verkündigung eröffnete, daß der Minister für den Entwurf des Bauführers Hoffmann noch einmal den ersten Preis (1700 4) gewährt habe, cine Entscheidung für die der Vorsitzende sofort in warmen Worten den Dank des Vereins au?sprach. Die Festrede des Abends, vom Baurath R. Neumann verlesen, verbreitete sich über die eigenartige Stellung der Baukunst zum Volke, Bei dem darauf folgenden Festmahl brachte Hr. Hobrecht das feierlihe Hoch auf Se. Majestät den Kaiser aus. Professor Lessing knüpfte an die Festrede an und toastete auf das frische Vorwärtsstreben unter den Arcitekten,.

das auch in dem Arrangement des \{önen Festes seine Bethätigung:

gefunden.

An dem 3. Vortragsabend des Wissenschaftlihen Cen--

tralvereins sprach der Direktor Prof. Schwalbe über Natur- erscheinungen in Ungarn, auf Grund perfönlicher Beobochtungen im vorigen Sommer. Nach einer allgemeinen Skizze des Landes, das wie kein anderes in Europa die größten physischen und ethno- graphischen Gegensäße in näcster Nähe vereinige, verweilte der Vortragende besonders bei den Quellen, den Seen und den Eishöhlen

dieses merkwürdigen Landes, Kein anderes besitze so viele und verschiedene-

Mineralquellen ; darunter seien sehr heilkräftige, und einige, den Geysern Islands ähnliche, welche näher besprochen wurden. Von den Seen fanden vorzugsweise die zahllosen kleinen hohromantischen „Meeraugen“ in Tatra, sowie der große Platten- und der zeitweise vershwindende Neusiedlersee Beachtung. Das höchste Interesse aber erregten die Penn engen, welche vem Frühjahr bis zum Herbst das durh- ickernde Wasser in gewaltige und abenteuerliche Eismassen verwan- deln; zahlreihe Photographien veranschaulihten das Dargestellte.

Belle-Alliance-Theater. Von der Gesangêposse Kyrit-

Zurie können nur noch 3 Aufführungen stattfinden, da am Sonnabend

rl. Ernestine Wegner ihr Gastspiel mit Jacobsons „Mann inx Monde“ beginnt.

Redacteur: Riedel.

Berlin: Verlag der Expedition (Kessel). Druck: W. Elsner.

Fünf Beilagen (einschließlich Börsen-Beilage).

Duis

Nichtamtliches.

Vreußen. Berlin, 15. März. Im weiteren Ver- Taufe der gestrigen (34.) Sißung seßte das Haus der Abgeordneten die zweite Berathung des Staats- Hhaushalts-Etats sür das Etatsjahr 1882/83 mit der Diskussion des Etats des Ministeriums der geist- lichen 2c. Angelegenheiten (dauernde Ausgaben, Kap. 115 Bisthümer und die zu denselben gehörenden Jnstitute 1254261 M ‘Tit. 4) fort. Bei Tit. 4 (Bisthum Breslau 152 110 A) klagte der Abg. Dr. Franz über die“ unpraktishe und kostspielige Verwaltung des Vermögens einzelner Kirchen dur Kommis- sarien. So habe in einem Bezirke die, Verwaltung allein 15 Prozent der Revenüen vershlungen. Auch könne er einen Rückgang der Krankenpflege konstatiren; gleihwohl ertheile der Minister zur Bildung diesbezüglicher Orden seine Geneh- migung nicht, wie dies in Peterëwaldau der Fall gewesen fei.

Hierauf ergriff der Minister der geistlichen 2c. Angelegen- heiten von Goßler das Wort:

Auf die allgemeinen Fragen gehe ih nit ein, aber auf die leßte Behauptung kann ich zurückommen, weil ich das Material ungefähr im Gedächtniß habe. Es ift s{wer aus einem einzelnen Fall allgemeine Folgerungen zu ziehen; so auch hier. Es ist nit richtig, daß der Kultus-Minister und der Minister des Innern die Nieder- lafsuna in Peterswaldau abgelehnt haben aus Gründen, weclce der Hr. Abg. Dr. Franz als vorliegend annimmt; sondern es ist damals der Antrag ¡eftellt worden, in Peterswaldau eine Niederlassung zu gründen zu Gunsten der Grauen Schwestern zur Fürsorge für Kranke, Arme und Verlassene. Bei dem Bescheide ist darauf hingewiesen worden Seitens der Centralbehörde, daß solhe Ordensthätigkeit nicht dem Gesetze entspriht; Arme und Verlassene fallen nicht unter die Anwendung des Geseßes vom 14. Juli 1880. Seit dieser Zeit ist ein neuer Antrag bezüglih der Gründung einer Niederlassung zur Krankenpflege gestellt worden, und über diesen Antrag noch nicht ent- ge derselbe befindet sich, so viel ih mich erinnere, in Verhand- Tung bei den Lokalbehörden.

Tit. 4 wurde bewilligt.

Bei Kap. 116 (katholishe Kirhen und Geistliche 1 291 057 A) bemerkte zu Tit. 1 (katholishe Geistlihe) dcr Abg. Mosler, die Pfarrzusaßgehälter der Gemeinden im Be- zirk Trier seien auf Grund des Sperrgeseßes zu Unrecht ein- behalten worden. Dennoch seien die Bürgermeister stets an- gewiesen worden, gegen die zur Zahlung verurtheilenden Er- kenntnifse die Rechtsmittel einzulegen. Er bitte mit Nücksicht darauf, daß auch Obergerichte die Ansprüche der Geistlichen für berechtigt erklärt hätten, die Behörden mit anderen An- weisungen zu versehen, und ihnen insbesondere die Verwen- dung gewisser Einreden zu untersagen.

Der Abg. Dr. von Cuny erklärte, au er sei mit der be- züglihen in den Urtheilen der Gerichte vertretenen Rechtsauf- fassung nicht einverstanden, da die Last der Gehalts3zahlung niht auf der Civilgemeinde als folcher, sondern auf den katholischen Gemeindeangehörigen ruhe. Somit hätten die Bürgermeister, wenn sie Berufung eingelegt hätten, nur die Rechte ihrer Gemeinden wahrgenommen.

Der Staats-Minister von Goßler entgegnete, daß diese Frage zu dem Ministerium des Jnnern gehöre, weshalb er zur Zeit über dieselbe nicht orientirt sei. Einreden würden den Behörden nicht vorgeschrieben, sondern ergäben sich aus der Sache selber... :

Die Diskussion wurde ges{lossen und Tit. 1 genehmigt. Zu Tit. 2 (Bedürfnißzuschüsse, insbesondere für einen [alt- katholishen] Bischof 48 000 (M) batten die Abgg. Frhr. von Heereman und Frhr. von Huene folgenden Antrag gestellt :

Das Haus der Abgeordneten wolle beschließen :

1) Kap. 116 Tit. 2 abzulehnen ;

2) eventuell für den Fall der Ablehnung des Antrages ad 1, die Position in ein besonderes Kapitel 116 a. zu stellen.

Der Abg. Frhr. von Huene besürwortete scinen Antrag. Jn einem Kapitel des Budgets dürften nicht Dinge stehen, die ihrem inneren Wesen nah nicht in dasselbe gehörten. Die Regierung und dieses Haus hätten durch die Proponirung bez. Bewilligung einer preußischen Gesandtschaft beim päpstlichen Stuhl es als ihre Ansicht dokumentirt, daß der heilige Vater in Rom das Oberhaupt der katholischen Kirhe auch Preußens sei, und daß, wenn man in Preußen von einer katholischen Kirche spreche, darunter nur diejenige zu verstehen sei, die als ihr Dberhaupt den Papst anerkenne. Nun wolle diejenige kirhlihe Genossenschaft, für die Tit. 2 Sorge tragen solle, von diesem Oberhaupt in Nom nichts wissen. Deshalb empfehle sich sein eventueller Antrag. Vorzüglih bitte er aber, die Position ganz abzulehnen.

Demnächst nahm der Staats-Minister von Goßler wie folgt das ‘Wort: /

Meine Herren! Ob Sie den Eventualantrag annehmen wollen, muß ih im wesentlichen Jhrer Entscheidung überlassen; jedenfalls würde cin folher Beschluß, wie ih ihn verstehe, niht geeignet sein, den Staatshaushalts-Etat in seiner Annahme zu gefährden. Ob alle die Ausführungen, welche der Hr. Abg. Frhr. von Huene gemacht hat, genügen, um den Eventualantrag zu begründen, stelle ich anheim; doch könnte die jeßige Fassung bestehen bleiben, ohne daß weitergehende Folgerungen daran geknüpft werden. Dagegen muß ih mich ganz bestimmt wenden gegen den Prinzipalantrag. Die Stellung der Königlihen Staatêregierung zu diesem Titel: «Bedürfnißzvschüsse und einmalige Unterstüßungen, insbesondere für einen Bischof“, ist dieselbe geblicben wie vordem, fie ist noch zuleßt im vorigen Jahre von meinem Herrn Amtsvorgänger klargestellt worden und die Staatsregierung hält daran fest, daß die altkatholische Gemeinschaft dur ein Geseß eine öffentlihe rechtlihe Aner- kennung gefunden hat, zweitens, daß ein von der Gemeinschaft nach Auffassung der Staatsregierung in zulässiger und formeller Weise eingeseßter Bischof die Bestätigung Seitens des Landesherrn gefunden hat und endlich, daß der Staat sehr wohl in der Lage war, eine Dotation für die M Gemeinschaft auszuwerfen. So lange in diesem Verhältniß eine Aenderung nicht eingetreten ist, hält die Staatsregierung durchaus fest an der Dotation, welche gena der Staatshaushalt, wie bisher, unverändert Jhnen zur Annahme vorgeschlagen hat. Jch bitte daher, den Prinzipalantrag unter allen Umständen abzulehnen. j Ls ; ;

Der Abg. Graf zu Limburg-Stirum hielt es bei dem be- tehenden Antagonismus des Centrums und der Altkatholiken ür eine berechtigte Forderung des Centrums, den Posten in ein anderes Kapitel zu verweisen und erklärte, für den Eventual:-

Antrag stimmen zu wollen.

Erste Beilage zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlih Preußischen Staats-Anzeiger.

M 64.

Berlin, Mittwoh, deu 15. März

, Der Eventual-Antrag wurde angenommen, im Uebrigen die Position bewilligt.

Bei Kap. 117, Provinzial-Sculkollegien 502 336 M, be- {werte sih zu Tit. 1 (höhere Beamte 196 050 A) der Abg. Dr. Kolberg darüber, daß in Ost- und Westpreußen die katho- lischen Gymnasien von evangelischen Schulräthen inspizirt würden, und regte ein besseres allgemeines Ascensionsverhältniß der Lehrer an nah der Richtung, daß bei Regelung der Lehrer- gehälter eine bessere Skala aufgestellt werde.

Hierauf ergriff der Staats-Minister von Goßler das Wort :

Meine Herren ! Auf den ersten Theil der Anfrage desz Hrn. Abg. Kolberg mödte ih Folgendes erwidern. Che die Provinz Preußen getheilt wurde, befanden sich bei dem preußischen Provinzialschul- kollegium vier Räthe. Davon waren 3 evangelischer, 1 katholischer Konfession. Bei der Theilung der Provinz ging in das westpreußische Provinzialkollegium ein evangelischer und ein katholischer Rath über. Was nun die Vertheilung der Dezernate anlangt, so ift in den Pro- vinzen, wo die höheren Lehranstalten beider Konfessionen \id im All- gemeinen die Waage halten, vielfa die Vertheilung der Dezernate nach Konfessionen eingetreten. In der Provinz Westpreußen ift dies nicht der Fall, sondern da isl, wie dies in der Befähigung der einzelnen Räthe liegt, oder sonst aus anderen Ursachen sich ergiebt, dem cinen Rath das seminaristishe und dem anderen das gymnasiale und realistische Dezernat übertragen worden. Schwierigkeiten bestehen, soweit West- preußen in Frage kommt, bei dieser Einrichtung überhaupt nicht, denn in Danzig werden alle Angelegenheiteu, wenn sie die eine Kon- fession betreffen, von dem Dezernenten, welcher der anderen Konfession angehört, mit bearbeitet.

Ich will jeßt einige Zahlen geben, um den Herrn Vorredner darauf aufmerksam zu machen, daß eine Dezernatstheilung nah Maß- gabe der Konfession in Westpreußen in der That nicht wobl durh- führbar war. Oer evangelische Provinzialshulrath hat dort die höheren Szulen, der katholische Schulrath dic sämmtlichen Seminare, darunter natürlih auch die evangelishen Seminare. In Westpreußen giebt es unter 13 Vollgymnasien nur 4 Gymnasien, welche einen über- wiegend fkatholischen Charakter baben, aber einen fatholishen Charakter nicht etwa in der Weise, daß die Schüler über- wiegend der katholishem Konfession angehören; im Gegentheil. Unter diesen 4 Gymnasien ist nur ein einziges, in welhem die Mehr- zahl der Schüler der katholischen Konfession angehört, das ist das Gymnasium zu Kulm. Dasselbe zählt 178 katholische, 161 evangelische und 39 jüdishe Schüler, alle übrigen 3 Gymnasien katholischen Charakters werden überwiegend von cevangelishen und jüdischen Schülern besucht ; Koniß von 154 katholiscen, 204 evangelischen und 72 jüdishen Scbülern, Deutsch-Crone von 61 Katholischen, 128 Evan- geli]en, 45 Juden; Neustadt von 92 katholischen, 137 evangelischen, 22 jüdishen Schülern. Schon die Vorführung dieser Ziffern ergiebt, daß eine Spaltung der Dezernate in Provinzen, welbe so geartet sind, wie die Provinz Westpreußen, sich ohne sachliche Schwierigkeiten niht durchführen laße. Selbst wenn eine Trennung nach dem Charakter der Anstalten eintreten könnte, so würde damit immer noch nit in Beziehung auf das Sqchülermaterial die ge- eignete Parität herbeigeführt werden. Zu meiner Freude hat der geehrte Herr Vorredner auch aus der thatsächlichen Lei:ung der Schulangelegenheiten der Provinz Westpreußen eine Bemängelung nit begründet, ih glaube es wäre au keine Veranlassung dazu ge- wesen. Ich kann nur versiche rn,' daß wie in der Central- so auch in Provinzialinstanz in allen Angelegenheiten, welche die Interessen einer Konfession betreffen, Beamte dieser Konfession soweit als möglich zu- gezogen werden. Was die Ascensionsverhältnisse anbetrifft, so werde ih mir erlauben, durch meinen Herrn Kommissar auf einzelne Schwierigkeiten, die von dem Herrn Vorredner vielleiht nicht ge- würdigt worden sind, hinweisen zu lassen.

Der Regierungskommissar Geheime Ober-Regierungs-Rath Dr. Boniß entgegnete, die Verhältnisse der Ascension für die Lehrer der höheren Unterrichtsanstalten seien bei Gelegenheit der Vorarbeiten für das Unterrichtsgesez ermittelt worden. Eine Aszension bestehe gegenwärtig nur innerhalb jeder ein- zelnen Anstalt. Es wäre sehr vortheihaft, wenn man die ordentlihen und Oberlehrer nah demselben Prinzip wie die Direktoren und die Elementarlehrer an höheren Lehranstalten aszendiren lassen könnte, nämlich so, daß alle Direktoren und die betreffenden Elementarlehrer in der Monarchie ein Ganzes bildeten und nun nach der Anciennität, abgesehen von Lokal- zulagen, im Gehalt stiegen. Es beständen dagegen aber fol- gende Bedenken: eine solhe Negelung lasse sich nicht auf dem Verwaltungswege regeln, man brauche dafür ein Geseh. Man könnte ja tine Aenderung nur für die staatlihen An- stalten eintreten lassen, etwa für die einzelne Provinz. Dann würden aber einerscits wiederum die Lehrer an diesen Staats- anstalten gegenüber den Schulen der Kommunen, und anderer- seits einzelne Provinzen, die viele staatliche Anstalten besäßen, vor denen mit einer kleineren Anzahl begünstigt. Geseßlich müsse die Materie aber für die Privatanstalten geregelt wer- den, weil die Patrone dieser Anstalten wohl das Berufungs- recht hätten, jedo keine Gehaltsbestimmung treffen dürften. Diese Schwierigkeiten hätten eine prinzipielle Aenderung bisher verhindert. e J

Der Abg. Platen glaubte, daß die Ascensionsverhältnisse sih nah dem Lebensalter regeln lassen würden. Die Lehrer würden dadurch in die Lage kommen, mit der Vermehrung der Familie größere Subsistenzquellen zu erhalten, während der Staat in der Auswahl tüchtiger Kräfte für Oberlehrerstellen nit beschränkt sei; der Staat brauche den Lehrern ja kein größeres Gehalt zu geben. Das bisherige System sei {on deshalb zu tadeln, weil es den Lehrer in fieberhaster Auf- regung erhalte darüber, ob niht seine Vormänner durch Tod ihm Play machen würden.

Der Abg. Schmidt (Stettin) machte darauf aufmerksam, daß die Unterrichtskonferenz im Fahre 1873 sich mit der Sache beschäftigt habe, aber wegen der Schwierigkeit der Materie zu keinem endgültigen Resultate gekommen sei. Auch der Minister Falk sei einem allgemeinen Ascensionsverhältniß nicht abgeneigt gewesen. Derselbe habe es für durchsührbar durch eine Ausgleichung innerhalb der Provinzen gehalten.

Der Regierungskommissar erwiderte, dies habe er nicht bestritten, er habe nur gesagt, daß dies eine große Kluft zwischen staatlihen und nichtstaatlichen Lehrern und einzelnen Provinzen aufweisen würde. Jn Brandenburg seien nur 5 staatlihe und 22 städtishe Gymnasien. Jn der Provinz Posen dagegen seien sämmtliche Gymnasien staatlih. Eine allgemeine Ascension wäre hinsichtlih der Direktoren niht s{hwierig, denn sie würden von der Centralstelle angestellt, wohl aber bezüg- lih der Lehrer. Der Platenshe Vorschlag scheine die nöthige

1882.

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Untersheidung zwischen Lehrern und Oberlehrern nicht im Auge zu behalten. ,_ Der Abg. Platen erklärte, er könne die Schwierigkeiten einer Ascension durh die ganze Monarchie nit anerkennen. Aber auch für die Elementarlehrer an höheren Lehranstalten beständen keine feste Normen, die Gehaltsbestimmung hinge lediglih von dem Gutdünken des Provinzialshulkollegiums ab. Veo aus zu Titel, sowie der Rest des Kap. 117 wurden be- willigt.

Bei Kap. 118 (Prüfungskommissionen 79 666 A) bean- tragte der Abg. Frhr. von Schorlemer-Alst eine getrennte Ab- stimmung über denjenigen Titel, welchen die Kommission für das „Kulturexamen“ betreffe, gegen den seine Partei aus den avs im vorigen Fahre vorgebrahten Gründen stimmen werde. v

,_ Dieser Titel sowie das ganze Kapitel 118 wurde geneh- migt. Kap. 119 fordert für Universitäten 5 918468 A und zwar in Tit. 1 als Zuschuß für die Universität Königsberg 742189 M.

ZU Tit. 1 ging der Abg. Dr. Reichensperger (Cöln) des Näheren auf das preußishe Universitätswesen ein und be- klagte sih darüber, daß auf den Universitäten zu wenig gelernt werde. Die Ferien, die eigentlich nur 31/4 Monate dauern sollten, beirügen effektiv 5 Monate. Eine Beschränkung der An- und Abmeldezeit müsse herbeigeführt werden. Wenn die jungen Leute 4—6 Wochen beim Anfang des Semesters nicht die Vor- lesungen zu besuchen brauchten, so gewänne es fast den Anschein, als wenn es nur auf das Anmelden, das Bezahlen der Gelder ankomme, niht auf das Studium. Nicht selten komme es vor, daß die Prósessoren sagten, sie könnten niht anfangen, denn es seien keine Studenten da. Werde da nicht das so hoh gehaltene Prinzip der Lernfreiheit etwas zu weit getrieben? Oder wäre es da nicht besser, wenn die jungen Leute ihre Studien machten, wo sie wollten, gar keine Universitäten besuhten und wie in Belgien nur ein strenges Examen durh- machen müßten? Thatsählih beschränkten sich die meisten Studenten, namentlich die Juristen, darauf, die Kollegien zu belegen. Die hiesige Juristenfakultät habe dies in einer Petition sehc angesehener Professoren, welche eine Ausdehnung der juristishen Studienzeit gefordert hätten, bestätigt. Au Professor von Schulte habe si in einer Nede darüber beklagt, daß die Mehrzahl der Studenten nur die Prüfung als den eigent- lihen Zweck des Studiums ansehe und den größten Theil des Universitätslebens durh Vergnügungen und Duelle ausfülle. Es scheine, daß Rektor und Senat diesem Treiben gegen= über machtlos daständen. Oder solle es etwa ein Produkt der „formalen, idealen, wahrhaft humanen Gymnasialbildung“ sein, wenn die Studenten ihre Zeit mit „Holzereien“ füllten 2 Das Duell, meist ein Produkt des Hohmuths und der Eitelkeit, namentlich bei diesen jungen Menschen, sei veraltet, es sei in England ganz abgeschafft, Belgien habe den Militärs das Duell verboten. Ferner werde viel zu wenig auf die Lehrgabe der Professoren Rücksicht genommen. Wenn diese ihre Studenten zu kleinen Cyflen vereinigten, ihnen bestimmte Diskussionsthemata stellend mit ihnen debattirten, würde mehr erreicht werden, als dur bloße Vorlesungen. Ein wunder Punkt sei das Examen- wesen. Auch bei den Juristen müßte {hon in den ersten Se- mestern wie bei den Medizinern ein Examen gemacht werden und der Examinand je nah seiner Jgnoranz um mehrere Semestir degradirt werden. Beklagenswerth sei auch die vielfah mangelhafsté Gymnasialvorbildung, welche den Stu= denten das Folgen ershwere. Eine Abhülfe aller dieser Miß- stände sei schwierig, denn man laufe Gefahr, durch eine Bu- reaukratisirung der Universität ihnen den eigenthümlichen Charakter zu nehmen. Aber man müsse allmählih das Un- kraut auf den Universitäten ausroden.

Der Abg. Dr. Windthorst erklärte, er sei seinem Partei= freunde für die gegebenen Anregungen sehr dankbar. Alle müßten das Gefühl haben, daß es, so wie es sei, mit den Universitäten niht bleiben könne. Der Minister müsse eine dahingehende Enquete sobald wie möglich veranlassen. Nament- lih in der juristishen Fakultät sei es traurig bestellt. Es fehle an Lehrern, welhe anregend wirkten und es der Mühe für werth hielten, mit den Studenten in nähere Berührung zu treten. Eine rühmenswerthe Aus- nahme habe für Berlin leider nur der {on verstorbene Professor Bruns gebildet. Außerdem müßte in den Kollegien nicht blos gelesen und geschrieben, sondern auch diskutirt wer= den. Das Schreiben helfe gar nihts, man könnte ebenso gut auch nach gedrudten Büchern studiren. Ferner müßten die Privatdozenten etwas mehr in eine einträglihe Stel= lung befördert werden. Man sehe auf allen Univer- sitäten eine Menge tüchtiger Privatdozenten, welche mehr Zuhörer hätten als die eigentlichen Professoren, nur deshalb nicht befördert, weil sie niht zu dem Projessorenring gehörten. Der Senat, welcher die Beförderung vorschlage, sehe in den Bewerbern die geborenen Rivalen. Wer es nicht verstehe, das Wohlgefallen der Pro=- fessoren oder der Frau Professorinnen zu ‘erringen, werde nicht angestellt. Der Minister müßte persönlich sih von diesen Zuständen an den Universitäten überzeugen. Man höre sogar, daß in der theologischen Fakultät positiv Gläubige hinter den nega= tiveren Elementen zurückgestellt seien ! Diese Professoren müßten. auf Vorschlag der kirchlichen Organe ernannt werden. Dem Vorschlag des Vorredners bezüglich des Examens stimme ex zu. Das Freiwilligenjahr übe au eine nicht günstige Wirkung ; während desselben nehme die Lust zum Studium generell ab, und so lange die jungen Leute in der Ausbildung begriffen seien, stelle es ein Hinderniß der allershwersten Krt dar. Zudem habe das Studienquantum u Es angenommen, der in drei Jahren niht mehr zu bewältigen jet, wenigstens nicht beim Juristen; eine Beschränkung würde »urhaus zu= lässig sein, wenn man das Refendariat entsprecgend milderte. Eine Enquete sei also mehr als dringend nöthzag.

Hierauf vertagte das Haus um 41/4 Uhr, die weitere De-

batte auf Mittwoch 11 Uhr,