1882 / 71 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 23 Mar 1882 18:00:01 GMT) scan diff

T E I ÓR L E E E gi Q m aud M s

Jhre Kaiserlichen und Königlichen Hoheiten die Kronprinzlichen Herrschaften begaben Sich gestern Vormittag 91/2 Uhr mit Jhren Königlichen Hoheiten den Prinzessinnen Victoria, Sophie und Margarethe zur Gratula- tion zu Sr. Majestät dem Kaise. ;

Gegen 11/2, Uhr stattete Se. Kaiserliche Nen der Kron- prinz den hier eingetroffenen Fürstlihkeiten Besuche ab.

Um 4 Uhr fand bei den Kronprinzlihen errschaften das Familien-Diner siatt, zu welhem Jhre Majestäten und die in Berlin anwesenden Fürstlichen Gäste erschienen.

Se. Kaiserliche Hoheit der Kronprinz begab Sih Abends 91/2 Uhr zur Soirée nah dem Königlichen Schlosse.

fand gestern im Weißen Saale und in den Paradekammern des Königlichen Schlosses eine Soirée statt. :

Nachdem Sih in der Schwarzen Adler-Kammer und in der Rothen Sammet-Kammer Se. Kaiserliche und König- lie Hoheit der Kronprinz, Jhre Königlichen Hoheiten die Prinzen und die Prinzessinnen des Königlichen Hauses, sowie als Höchste Gäste Jhre Königlichen Hoheiten die Großherzogin- Mutter von Mecklenburg-Schwerin, die Großherzogin und der Erbgroßherzog von Baden, der Großherzog und die Groß- herzogin von Sachsen mit Prinzessin-Tochter Elisabeth, die Großherzöge von Mecklenburg-Shwerin und Mecklenburg- Streliß, der Prinz Georg von Sachsen, der Erbgroßherzog und die Erbgroßherzogin von Sachsen, der Landgraf und die Landgräfin von Hessen mit Prinzessin - Tochter Elisabeth, Se. Großherzogliche Hoheit der Prinz Heinrich von Hessen, Jhre Hoheiten die Herzöge von Sawhsen - Mei- ningen und von Sachsen-Altenburg, der Herzog und die Her- zogin von Anhalt, der Herzog Paul von Medlenburg- Schwerin, der Erbprinz von Hohenzollern, der Prinz Ferdinand zu Schleswig-Holstein-Glücksburg,Fhre Durhlauchten die Fürsten von Schwarzburg-Nudolstadt und zu Waldeck und Pyrmont, der Prinz Ernst von Sachsen-Meiningen und der Erbprinz und Prinz Otto zu Schaumburg-Lippe versammelt hatten, er- schienen um 91/2 Uhr Fhre Kaiserlichen und König- lihen Majestäten.

Das Gefolge der Allerhöchsten und Höchsten Herrschaften war im Kapitelsaale zusammengetreten, während die übrige geladene Gesellschaft sih in der Bildergalerie und im Weißen Saale aufgestellt hatte.

Unter Vortritt der obersten Hof-, Ober-Hof- Und Hof- argen begaben Sich Jhre Kaiserlihen und Königlichen Ma- jestäten mit Jhren Erlauchten Gästen durch die Bildergalerie nach dem Weißen Saale, der Allerhöchste Hof von der Gesell- schaft überall auf das Ehrfurchtsvollste begrüßt. i

An der Kapellenseite des Weißen Saales war eine Bühne errihtet; der übrige Theil des Saales wurde dur lange Stuhlrethen ausgefüllt. Nachdem Jhre Majestäten mit Jhren Erlauchten Gästen Plaß genommen hatten, gelangten unter Leitung des Ober-Kapellmeisters Taubert zur Aufführung :

1) Linda von Chamounix. Musik von Donizetti. Szene aus dem ersten Akt (Fr. Lammert, Fr. Artôt de Padilla, Frl. Tagliana, die Herren Beß und de Padilla);

2) Tannhäuser. Musik von Richard Wagner. Finale des 1. Aktes (die Herren Fricke, Niemann, Betz, Ernst, Kro- lop, Junck und Barth); i

3) Drientalishes Bild von Paul Taglioni. Musik von Rubinstein. Ausgeführt von den Fräulein dell’Era, Fors- berg und Wisoßky; /

4) Ein Fesi in Venedig. Genrebild mit Musik von ver- schiedenen Komponisten (Fr. Artôt de Padilla, Frl. Leh- wann, Frl. Tagliana, die Herren de Padilla, Salomon, Ernst und Krolop).

Zwischen der zweiten und dritten Nummer des Programms fand eine Pause statt, in welcher Jhre Kaiserlichen und König- lichen Majestäten Cercle hielten. Nah Beendigung der Auf- führungen wurde das Souper an Buffets eingenommen.

Gegen 12 Uhr erreichte das Fest sein Ende.

Ueberaus zahlreich sind die heute vorliegenden Be- richte, welhe davon Kunde geben, wie der Geburtstag Sr. Majestät des Kaisers und Königs im Jn- und Auslande mit gleicher Freude und Festlichkeit begangen ae ist. Wir lassen zunächst die Depeschen des „W. T. B“ olgen :

Posen, 22. März. Die Feier des Geburtstages Sr. Ma- jesiät des Kaisers wurde gestern Abend durch einen Zapfen- streih sämmtlicher Musikcorps der Garnison eingeleitet. Heute früh fand Reveille und im Laufe des Vormittags Festgottes- dienst statt. Nach dem Festgottesdiensst wurde von dem kom- mandirenden General von Stiehle über sämmtliche hier garnisonirenden Truppen Parade abgehalten. Heute Nach- mittag sind die Spißen der Militär- und Civilbehörden mit dem Magistrat und zahlreihen Mitgliedern der Bürgerschaft zu einem gemeinsamen Festdiner vereinigt. Für den Abend ist die Zllumination der Stadt in Aussicht genommen. Die Stadt ist zur Feier des Tages festlih mit Flaggen geshmüdt.

Breslau, 22. März. Die Feier des Geburtstages Sr. Majestät des Kaisers wurde heute früh durch Neveille einge- Ieitet. Am Vormittage fanden in allen Schulen Festakte und in den Kirchen Festgottesdienst statt. Auf dem Palaisplaße aid sämmtliche hier garnisonirenden Truppentheile unter

anonendonner Festparade. Die Stadt ist bis in die ent- legensten Theile sestlih beflaggt. Abends war die Stadt illuminirt.

Cassel, 22. März. Der Geburtstag Sr. Majestät des Kaisers wurde hier in herkömmlicher Weise dur Zapfenstreich, Reveille, Gottesdienst, Schulakte und Parade über die Garnison begangen. Mittags fand ein Festdiner statt.

Frankf urt a. M., 22. März. Zur Feier des Geburts- tages Sr. Majestät des Kaisers fand gestern Abend Zapfen- streich, heute früh Reveille und sodann Militär-Gottesdienst und Parade statt. Am Nachmittage vereinigte ein Festbanket im Palmengarten eine Eee Gesellschaft. Für den Abend sind besondere Feierlichkeiten von zahlreihen Vereinen arran- girt, Die Stadt ist reich beflaggt.

München, 22. März. Zur Feier des Geburtsfestes des Kaisers Wilhelm sind zahlreiche städtishe sowie Staats- und a e festlih beflaggt. Am Abend findet ein Fest- mahl statt.

München, 22. März, Abends. Das heutige zu Ehren Sr. Majestät des Kaisers veranstaltete Festmahl, an welhem sämmtliche Minister, der preußische Gesandte, Grof v. Werthern, beide Bürgermeister und zahlreiche Personen der verschiedensten

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Stände theilnahmen, nahm einen glänzenden Verlauf. Der von dem ersten Bürgermeister, Dr. Erhardt, auf Se. Majestät

den Kaiser Wilhelm ausgebrahte Toast wurde von den An- wesenden jubelnd aufgenommen.

Dresden, 22. März. Dem heutigen Festmahle zu Ehren

._ des Geburtstages des Deutschen Kaisers wohnten sämmtliche

hier anwesende Staats-Minister bei. Der Reichstagsabgeord-

nete und VizePräsident Ackermann brachte das Hoch auf den - Kaiser aus und betonte dabei besonders die von Sr. Majestät

in Seiner Botschaft ausgesprohenen Wünsche, Die Festtheil- nehmerhörten die Toastrede stehend an und stimmten begeistert

in das Hoch auf Kaiser Wilhelm ein.

Leipzig, 22. März. Zur Feier des Geburtstages des

“Kaisers ist die Stadt festlih geshmückt. Morgens fand Reveille Aus Anlaß des Allerhöchsten Geburtstages |

und Mittags auf dem Balcon des Rathhauses eine Musikauf- führung statt. Die Schulen begingen die Feier dur einen Festaktus. Nachmittags ist Festtafel der Bürgerschaft im Schütßenhause, Abends Festvorstelung in den Theatern. Jn den verschiedenen Vereinen und Gesellschaften finden patriotische Kundgebungen und Konzerte statt. Für den Abend ist eine glänzende Beleuchtung der öffentlichen Plätze in Ausficht ge- nommen.

Karlsruhe, 22. März. Der Geburtstag Sr. Majestät des Kaisers ist hier in üblicher Weise festlich begangen wor- den. Vormittags fand eine Parade über die Truppen der Garnison statt, bei welcher General von Obernit ein Hoch auf den Kaiser ausbrachte, das stürmischen Widerhall fand. Bei dem Festmahl im Museumssaale feierte Minister Turban den Kaiser in s{wungvoller Rede, welche mit einem Hoch auf Se. Majestät \{loß. Ein alsbald abgesandtes Tele- gramm gab den Glück- und Segenswünschen der Festversamm- lung für den Kaiser Ausdruck.

Weimar, 22. März. Der Geburtstag Sr. Majestät des Kaisers ist in gewohnter Weise dur Gottesdienst, durh Fest: alte in den Schulen und durch eine Parade der Garnison festlih begangen worden. Mittags fand bei dem preußischen Gesandten festlihec Empfang statt. Für heute Abend ist in mehreren Vereinen eine besondere Festfeier veranstaltet.

Wien, 22. März. Heute Abend um 6 Uhr fand bei dem Kaiser und der Kaiserin anläßlich des Geburtstages des Kaisers Wilhelm ein Diner statt. Zu diesem waren er- schienen: von der deutschen Botschaft der Botschastsrath Graf Berhem mit Gemahlin und der Attaché Graf Schwerin- Wildenhoff, der erste Oberst- Hofmeister Prinz Hohenlohe, der Minister Graf Kolnoky, der Oberst-Kämmerer Graf Crenneville, der Minister-Präsident Graf Taaffe, der Oberst-Hosmeister Freiherr Nopcsa, der Oberst-Küchenmeister Graf Kinsky, der General-Adjutant Freiherr von Mondel, der Chef des Generalstabes Freiherr von Beck und der Kriegs- Minister Graf Bylandt-Rheydt; ferner die Oberst- Hofmeisterin Gräfin Goeß, die Hofdamen Gräfin FFesletics und Landgräfin Fürstenberg, der Kämmerer vom Dienst Fürst Franz Joseph Auersperg, der Vorstand der Militärkanzlei, General-Major Popp, die Stabs-Oifiziere des 34. Linien-Fnfanterie-Negiments Oberst-Lieutenant Shhwingen- schlögel, Major Pagay, Major Schiefer und der Fiügel- Adjutant vom Dienst, Major Graf Rosenberg. Prinz Reuß und Gemahlin waren in Folge eines Krankßeitsfalles in der Familie verhindert, deçn Diner beizuwohnen. Se. Majestät der Kaiser Franz Josef \ brachte einen Toast auf das Wohl Sr. Majestät dcs ‘Deutschen Kaisers und Königs von Preußen aus.

London, 23. März. Zur Feier des Geburtstages des Kaisers Wilhelm fand gestern bei dem deutschen Botschafter, Grafen Münster, ein Festmahl statt, welhem ein zahlreich be- suhter Empfang folgte. Die meisten Morgenblätter widmen dem Kaiser sympathishe Glückwunschartikel.

Bukarest, 22. März. Zur Feier des Geburtstages des Deutschen Kaisers wurde heute feierlicher Gottesdienst in der protestantishen Kirche abgehalten, welhem außer den Mit- gliedern der deutschen Gesandtschaft und der hiesigen deutschen Kolonie der Minister-Präsident Bratiano, der Minister des Aeußern, mehrere Generale, zahlreihe Senatoren und Deputirte beiwohnten. Der König war durch den Hof- marschall und zwei seiner Adjutanten vertreten. Nach dem Goltesdienste nahm der deutshe Gesandte , Graf von Wesdehlen, die Glückwünsche der Minister, des diploma- tishen Corps 2c. in seinem Hotel entgegen. Die deutsche Kolonie feiert den Geburtêtag des Kaisers heute Abend durch ein Festbankett, zu welhem auch die österreichish-ungarische Kolonie ihre Glückwünsche durch eine Deputation darbringt, die bereits heute Nachmittag den deutshen Gesandten im Namen der österreichish- ungarischen Kolonie beglückwünschte.

St. Petersburg, 22. März. Bei dem heutigen Gala- diner in Gatschina brachte der Kaijer Alexander einen Toast auf den Deutschen Kaiser im Sinne seines Glückwunschtele- gramms aus.

Dieses Glückwunschtelegramm des Kaisers Zlexander an den Kaiser Wilhelm hat nah den „Regierungs-Anzeiger“ folgenden Wortlaut: „Die Kaiserin und Jch sind ganz mit Herz und Sinn an Jhrem Geburtstage gegenwärtig und ge- sellen Uns den Beweisen der Liebe und Achtung, welche Sie umgeben, zu. Möge Gott noch für lange Jahre Ihr so ruhmgekröntes Leben erhalten zum Wohle Deutschlands, für den Frieden Europas und für die Befestigung der Freund- schaftsbande zwischen Uns und Unsern Reichen. Alexander“.

Bei dem deutschen Botschafter erschienen zur Gratulation anläßlih des Geburtstages des Deutschen Kaisers die Groß- fürsten Alexei, Sergei, Paul, Nicolai Michailowitsh und Michael Michailowitsh, die Herzöge Karl Michael von Medcklenburg, Georg von Leuchtenberg und Prinz Alexander von Oldenburg; ferner u. A. die Minister Graf Woronzoff - Dashkoff , Nabokoff , Graf Jgnatieff, und vom Auswärtigen Amte der Geheime Nath Giers, Baron „Jomini und Graf Kapnist; dann das gesammte diplomatische Corps, Graf Walujeff und zahlreiche Würdenträger, sowie viele Herren und Damen der Aristokratie. Gegen 4 Uhr Nach:nittags begaben sich der deutshe Botschafter General von Schweiniß und die übrigen Mitglieder der Botschaft in einem Kaiserlichen Extrazuge nah Gatschina. Heute Abend findet hierselbst ein Festmahl deutsher Reichsangehöriger statt.

St. Petersburg, 23. März. Das gestrige Festmahl der deutschen Reichsangehörigen, welches überaus zahlreich besuht war, nahm einen sehr glänzenden Verlauf. An Stelle des in Gatschina weilenden deutshen Botschafters brachte der bayerische Gesandte, von Ruthardt, den Toast auf den Kaiser Alexander aus; hierauf folgte der Toast auf den Kaiser Wilhelm. Bei jedem Toast wurde die entsprechende National- hymne gespielt und enthusiastish aufgenommen. Fernere Toaste galten dem Kronprinzen, dem deutschen Vaterlande u. A.

_StoFhólm. März. Anläßlich des heutigen Ge- burtstages des Den'tshen Kaisers gab das Kronprinzliche Paar ein déjeuner d:inatoire, zu welhem die Mitglieder der Deutschen Gesandtschc ft und im Uebrigen vorzugsweise folche Personen eingeladen waren, welche mit dem Könige und mit dem Deutschen Kaifer zugleih in Ems gewesen waren. Der König brachte die Gefundheit des Kaisers Wilhelm aus und geiacte Seiner besonders. als des Großvaters der Kron- prinzessin.

Den Zeitungen sind ferner folgende Festberihte ent-

T Mi 8b 22. März. (K. Hartg. Ztg.) te früh

onigsSberg, 22. Mrz. .- Hartg. ; eute frü läuteten die Kirchenglocken den Geburtatas des gouie ein, der übliche Kanonendonner exrschallte, die Kirchen füllten si mit Andächtigen, und die SHüler eilten in die Schulen, um dur die daselbst stattfindenden Festakte über die Wichtigkeit des Festtages belehrt zu werden. Um 10% Ubr fand eine Truppenausfstellung auf dem Königsgarten statt. Jn der Universität wie in der Deutschen Gesellschaft wurden zur Feier des Tages Reteakte abgehalten ; in dem Junkerhofe wie in der Königshalle fanden Diners und in dem Sommerlokale der Börsenhalle ein Souper statt, das von den Subaltern- beamten arrangirt war, und besonders freudig wird es in der Schügßengilde bei der Festfoiree, wie in den Kasernen hergehen, woselbst das Militär festlich bewirthet und durch Tanzbelustigungen unterhalten wird. Für den Abend sieht man überall Vorbereitungen zur Jllumination treffen, die eine überaus glänzende zu werden verspricht. Der \{chöne Frühlingstag hatte zahlreiche Menschenmassen hervorgelockt, die den ganzen Tag hindur den Straßen ein ungemein leb- haftes Ansehen gaben. Schon früh Morgens waren viele öffentlihe und Privatgebäude beflaggt. Diefen Schmuck hatte bis 10 Uhr Vormittags auch eine so große Anzahl von Häusern angelegt, wie dies bis jeßt no felten wahrgenommen worden ist. Aber sicher noch nie ist es an diesem Tage vor- gekommen, daß auch die Schiffe im Hafen prachtvollen Flaagen- \{chmuck gezeigt haben, denn der Monat März hat bisher selten die Schiffahrt gestattet.

Cöln, 22. März. (Cöln. Ztg.) Der dicsmalige Geburts- tag unseres allverehrten und geliebten Kaisers, über dessen theuerem Haupte sichtbar der Schuß des Himmels waltet, ift in unserer Stadt wie im ganzen Lande mit großer Freude begrüßt worden und schon am gestrigen Nachmittage war man vielerorts damit befaßt, das Feierkleid zu weben, welches die Stadt und die zahlreichen Festlokale zur Ehre Sr. Majestät, zur Ehre des hohen Tages anlegen sollten. «Fn den höheren und niederen Lehranstalten brachten die Stunden des Nach= mitiags die erhebenden feierlichen Akte der Loyalität, in denen die Liebe zu Kaiser und Reih durch patriotishe Reden und Deklamationen, durch Lieder und exestaufführung den schönsten, freudigsten Ausdruck fanden. Bei einbrehenver Dunkelheit grüßten die ehernen Rufer hoch oben auf den Thürmen unserer sämmtlichen Kirchen in harmonishem Chore den in der Ferne weilenden Landesvater. Als die frommen Klänge verhallt waren , erschollen die frohen Weisen der Musikcorps unserer Garnison nah allen Richtungen hin durch die Stadt, und zahlreihe Schaaren begleiteten die militärishen Auf- züge, bis dieselben das ihnen gesteckte Ziel erreicht hatten. Unterdessen erglühten die Monumente, das Königsdenkmal auf dem Heumarkt, das Bismarck- und Moltkedenkmal in magischem Lichte. Der deutsche Kriegerverein veranstaltete bald nach 8 Uhr eine prächtige Feier im Victoriasaal, zu der außer dem Gourerneur unserer Stadt auch mehrere andere Mitglieder des hiesigen Offiziercorps ershienen waren. Auch der evan- gelishe Bürgerverein, der \{chlesishe Verein und andere Gesell- schaften begingen den Geburtstag des Deutschen Kaisers in Festversammlungen.

Heute am frühen Morgen wurde die Feier mit allen

Glocken eingeläutet, und bald nachher ertönten von verschie- denen Thürmen herab fromme und patriotische Weisen hinein in die Morgenstille. Wehende Fahnen an den Privat- häusern, auf den öffentlichen Gebäuden, auf beiden Rhein- brüden und den im Hafen liegenden Schiffen, aus frischem Waldesgrün gewundene Kränze und Guirlanden, Wappen und bunte Fähnchen an den Fronten der Kasernen, die lorbeer- umkränzten Büsten des Hohen Gefeierten auf Balkonen und an Schaufenstern bekundeten überall, daß der festlihe Tag erschienen war. Während der Morgenstunden wurde in ver- schiedenen Gotteshäusern der Segen des Himmels auf den Kaiser und das Kaiserliche Haus herabgefleht, und Mittags nahm der Gouverneur unserer Stadt, General-Lieutenant von Cranach, auf dem Neumarkt die große Parade ab. Um 2 Uhr fand sodann das Festmahl auf dem Gürzenich statt, an welhem 450 Personen theilnahmen. _ Hamburg, 22, März (Hamb. Corr.). Die Feier des Geburtstages Kaiser Wilhelms begann heute Morgen 6 Uhr mit der üblichen Reveille. Später wurden von den Thürnten, die mit Fahnen ges{chmückl sind, Choräle geblasen. Sämnit- liche öffentlihe Gebäude sowie viele Privatgebäude sind be- flagat, und auch cine große Anzahl im Hafen liegender Schiffe prangen in {öônem Flaggenshmuck. Jn der Alster sprang wiederum der srüher bei Anwesenheit des Kaisers neben der Schwanen-{Fnsel hergerihtete Springbrunnen. Zu der Parade, welche heute Mittag auf dem Heiligengeistfelde abgeha!ten wurde, hatten sih sehr viele Schaulustige von hier und von Altona eingefunden.

Die vereinigten Ausschüsse des Bundesraths für das Landheer und die Festungen, für das Seewesen und für JZustizwesen traten heute zu einer Sißung zusammen.

—- Jn der heutigen (40,) Sißung des Hauses der Abgeordneten, welcher der Staats-Minister Maybach nebst mehreren Komiissarien beiwohnte, theilte der Präsident mit, daß ein Antrag der Abgg. Nichter und Genossen, betreffend die Steuerreform, eingegangen sei.

Das Haus trat hierauf in die Tagesordnung ein : Fort- seßung der zweiten Berathung des Entwurfs des Staats - haushalts-Etats für 1882/83, und zwar Eisenbahn- verwaltung, dauernde Ausgaben Kap. 23 Tit. 2—19. Die Tit. 2 und 3 wurden ohne Debatte erledigt. HU Tit. 4 der Kap. 23, 24, 25, , 27, 28 und 29 lag ein Antrag des Abg. Büchtemann vor. Derselbe lautet :

Das Haus der Abgeordneten wolle beschließen : In Tit. 4 der Kap. 24—29 die Worte „künftig wegfallend“ hinter Werkstättenvorsteher zu streichen.

Nachdem der Regierungskommissar Ministerial-Direktor Schneider sich gegen den Antrag erklärt hatte, wurde derselbe vom Hause abgelehnt und Tit. 4 der betr. Kapitel in der Fassung der Regierungsvorlage angenommen,

Zu Tit. 6 des Kap. 23 war vom Abg. Bücßtemann be-

ntragt :

9 Oas Haus der Abgeordneten wolle" beschließen : Königliche Staatsregierung aufzufordern, die Stellen der Weichen- steller, Bahn- und Brückenmeister, Portiers, Heizer und Bremser, soweit sie unter dem Titel der diätarischen Besoldungen aufgenommen sind, im nächsten Jahr als et2têsmäßige in den Etat aufzunehmen.

Namens der Budgetkommission beantra .te der Abg. Dr. Hunmmacher (Essen), den Antrag abzulehnen.

Der Regierungskommissar Geheime Regierungs - Nath Fleck trat gleihfalls für die Ablehnung des Antrages, den der Abg. Büchtemann noch einmal empfohlen hatte, ein unter Hin- weis auf die Thatsache, daß bei einer diätarishen Anstellung die Regierung weit besser für die bezeichneten Beamtenklassen sorgen könne.

Der Abg. Dr. Windthorst erklärte in der Materie, die hier verhandelt werde, einen Beweis dafür zu erblicken, was es zu be- deuten habe, wennalle Eisenbahnen verstaatlicht würden. Mehr und mehr würde Jeder, der an den Bahnen beschäftigt werde, sich als Beamter ansehen und dementsprechend Ansprüche erheben. Anzuerkennen sei, daß die unteren Beamten zu sehr der freien Disposition der Oberbehörden unterstellt seien, nament- lih bezüglih der Versezung. Den vorlieg-nden Antrag halte er für antizipirt, denn um denselben richtig zu beurtheilen, sei ein Nachweis erforderli über die Verhältnisse der Unter- beamten, den er für das nächste Jahr von der Regierung erwarte. Aber der Tendenz des Antrags könne er troßdem seine Billigung nicht versagen. Der Titel wurde bewilligt.

n Tit. 8 der Kap. 23—29 beantragten der Abgg. Riert u. Gen. : Das Haus der Abgeordneten wolle beschließen : Die Königliche Staatsregierung zu ersuchen, dem Landtage in

der nächsten Session mit dem Staatshaushalts-Etat eine Nach-

weisung bezüglich der aus Tit. 8 gezahlten Ausgaben an: a, Unterstüßungen, b. außerordentlichen Remunerationen für besondere Dienst- leistungen, c. Weihnachtsgratifikationen vorzulegen Der Abg. Rickert gab in der Motivirung seines Antrags der Regierung zur Erwägung anheim, ob es sih nicht empfehle, das System der Weihnachtsyratifikationen überhaupt zu beseitigen, damit wolle er indessen Remune- rationen für besondere Dienstleistungen nicht mißbilligen. Be- sonders unerfreulih finde er es, daß die Unterzeihner von Petitionen an das Haus prinzipiell von den Weihna chts- gratifikationen ausgeschlossen worden seien. Bei Schluß des Blattes nahm der Minister der öffent- lichen Arbeiten Maybach das Wort.

Der Bericht über die zehnte Sigung des permanenten Ausschusses des Volkswirthschafts - raths befindet sih in der Ersten Beilage.

Somw:it als ein Hypothekengläubiger, dessen Hypothek auf mehreren Grundstücken ungetheilt haftet, aus dem einen zur Subhastation gelangenden Grundstücke seine Befriedigung erhalten hat, erlischt nah 8. 42 des Gesetzes über den Erwerb von Grundeigenthum die Hypothek auf dem mitver- hafteten Grundstü. Dieser Befriedigung gleich steht, nah eine m Urtheil des Reichsgerichts, V. Civilsenats, vom 1. Februa r d. F., die Einräumung der Priorität Seitens des Gesammt - hypothekars auf dem einen Grundstü an einen seiner nach- eingetragenen Mitgläubiger. Soweit dieser demzufolge aus dem sodann zur Subhastation gelangenden Grundstück be- friedigt wird, erlisit die Hypothek des Prioritätscedenten au f dem mitverhafteten Grunditück.

Die Strafbarkeit des Feilhaltens gesundheits- shädlicher Nahrungsmittel als Nahrungsmittel aus §8. 12 Nr. 1 des Geseßes vom 14. Mai 1879 wird nach einem Urtheil des Reichsgerihts, Ill. Strafsenats, vom 4. Ja- nuar d. J., dadurch nicht ausgeschlossen, daß der Verkäufer ausdrüdcklich die gesundheitsschädlihen Eigenschasten des Kauf- objekts dem Käufer mittheilt.

Der Remonte-Jnspecteur General-Lieutenant von Rauch hat sich zur Musterung und Klassifizirung der Re- monten auf Dienstreisen begeben.

Mecklenburg-Schwerin. Schwerin, 22. März. Die heutigen „Mecklenb. Anzeigen“ schreiben: Ganz Deutsch- land begeht heute mit tiefbewegtem Dank zum Allerhöchsten die Feier des Tages, an welchem es unserm geliebten Kaiser Wilhelm beschieden ist, in Sein sechsundahtzigstes Lebensjahr einzutreten. Die Hand Gottes, welche auf das ehrwürdige 6 unseres Kaisers eine lange Reihe von Jahren hindur

nade, Glück, Ehre und Segen in reihstem Maße gehäuft, Jhn für Seinen hehren Regentenberuf tis in das höchste Alter hinein wie durch ein Wunder rüstig und kraftvoll erhalten sie schenke Fhm ein neues Lebensjahr, daß Jhn aufs Neue reich macht an der Liebe und Treue Seiner Bundesfürsten und Seiner Völker, dem Deutschen Reiche aber ein neues Segensjahr werden soll im Lohn für schaffensfreudige Arbeit und im Völkerfrieden.

Braunschweig. Braunschweig, 22 März. (W. T. B.) Jn der heutigen Landtagssißung erklärte der Finanz- Minister Graf Wrisberg auf eine bezügliche Jnterpellation : Die Landesregierung habe noch keinen bestimmten Entschluß fassen können, welche Stellung sie dem Tabackmonopol- Entwurf gegenüber einzunehmen habe, zumal noch nicht definitiv feitstehe, ob und wann derselbe beim Bundesrath eingebracht, eventuell mit welchen Abänderungen dies geschehen werde. Der Landtag hat sich bis zum 27. April vertagt.

Oesterreich-Ungarn. Wien, 22. März. (W. T. Y.,) Die „Wiener Abendpost“ schreibt: Kaiser Wilhelm, der Erlauchte Freund und Verbündete unseres Monarchen, vollendet heute in geistiger und körperlicher Nüstigkeit das 85. Lebensjahr. Jn herzlihster Weise {ließt sich an die Fa- milienfeier in Berlin das Allerhöchste Kaiserhaus an und an den Glücwünschen des deutshen Volkes nehmen auch die Völker Oesterreih-Ungarns innigsten Antheil.

Die „Polit. Corresp.“ dementirt die Meldung verschiedener Zeitungen in Betreff einer Entrevue des Kaisers Franz Josef mit dem König Humbert in Turin am 14. April und fügt hinzu, daß in Betreff des Gegenbesuches des Kaise:s bisher keinerlei Verhandlungen stattgefunden haben, geshweige denn, daß Zeit und Ort des Besuches bereits fixirt wären. i i

Das Abgeordnetenhaus seßte heute die Spezial- debatte über die Wahlreform fort und nahm den Parga-

graphen, betreffend die Erweiterung des Wahlre{ts in der Fassung der Aus\shußmajorität unter Atlehnung der bezüg- lihen Abänderungsanträge an.

Amtlich wird gemeldet : |

&ML. Jovanovic hatte am 19. d. berichtet, daß General- Major Sekulich dur das obere Narentathal, General-Major Cveits über Pluzine, Oberst Schulenburg über Glavaticevo und Bao Polie am 20. d. bei Ulok eintreffen sollten. Gleichzeitig sollten nebst Ulok noch einige Orte der Umgegend, eventuell auß im oberen Narentathale dauernd beseßt werden. General-Major Cveits und Oberst Schulenburg sollten auch die Gegend von Ramizono, Zivanj, Selani, Tresnovica, Bionogi und Selo aufklären und durchstreifen. Wie nun FML. Dahlen am 21. d., Nachmittags, meldet, ist der anläßlich der Bewegung der vorbenannten 3 Kolonnen gegen Ulok fofort zur Mitwirkung befehligte Oberst Arlow am 19. d. aus Kalinovic unter Detachirung kleinerer Ab- theilungen nah Glina und Hotovlje mit der Hauptkolonne gegen Obali vorgegangen. Am 20. d., Vormittags, erreichte die Hauptkolonne und die über Glina kommende Seitenkol onne die Höhen von Stranji. Die Seitenkolonne aus Hotovlje war zu derselben Zeit bei der Narenta-Ucberfubr Luk eingetroffen. Die gegen Ulok vor- gesendete Abtheilung hatte ein Geplänkel mit einem kleinen íIn- surgententrupp ohne Verluste zu erleiden. Am Mittag wurde die Verbindung mit den Kolonnen Cveits und Sekulich hergestellt. Auf die Nachricht, daß bei Zivany und Bjelemik Insurgentenan- sammlungen stattgefunden hätten, wurde am 18. d. aus Konyica eine Kolonne die Narenta aufwärts entsendet, welce sich am 19. d. in Glavaticevo mit der Kolonne Schulenburg vereinigte, ohne auf Insur- genten zu stoßen. Oberst Arlow hatte in Obalj erfahren, daß am 18, und 19. d. etwa 400 Insurgenten unter Tungus und Forta in Dbalj und Zezero gewesen seien. —- Die Brigade Leddihn ist am 20. d. in Serajewo eingerückt. Die Stimmung, die Haltung und der Gesundheitszustand der Truppen sind trotz der überstandenen Strapazen vorzüglich. Die Leistungen der Truppen im Ueberwinden der Terrainschwierigkeiten in der rauhen Jahreszeit haben ihre Wir- kung auf die Bevölkerung nicht verfehlt, und haben den Wahn derselben, daß die Soldaten entlegene Gebirgsgegenden viel- leiht nit erreichen könnten, vollkommen zerstört. Bei Cajnica zeigen sih Jusurgentens{chwärme in der Gesammtzahl von 2 bis 300 Mann. Von Foca und Gorazda sind Truppen gegen Cajnica dirigirt worden. f 19. d. ift ein Train mit der Bedeckungs- mannschaft des 77. Infanterie-Regiments zwischen Gajnica und Go- razda von circa 200 Insurgenten angegriffen worden. Ein Infanterist und ein Trainsoldat wurden hierbei getödtet. Als jedoch eine Truppen- abtheisung aus Gorazda auf dem Kozara-Sattel anlangte, ergriffen die Insurgenten die Flucht und wurden in der Richtung auf Buovici verfolgt. Am 17. d. ist aus Praca eine Kolonne über Han Orahoica und Bogovice gegen den Stolac Berg vorgegangen, weil dort Insurgenten konstatirt wurden. Die Vorhut stieß auf 50 Insurgenten und lieferte denselben ein kurzes Feuergefecht ohne eigenen Verlust. Die Insurgenten hatten 3 Verwundete. Am 18, d. M. durhstreifte eine Kolonne von Usti-Kolina aus die Orte Bratis, Kadic, Gurovic, Bahoj, Okotirte und Nokope, dann das untere Osanicathal bis Osanica. Die Einwohner der genannten Orte sind bestimmt im ECinverständnisse mit den Insurgenten, welche nicht angetroffen wurden. FML. JIovanovic _meldet unterm 21. d. M., daß in der Crivoscie bei Crkyice Geplänkel mit einzelnen kleinen Insurgentenbanden stattfanden. /

Pest, 23. März. (W. T. B.) Der Unterrichts8aus- \chuß des Reichstages hat den Geseßentwurf über die Mittelschulen mit 7 gegen 5 Stimmen abgelehnt.

Ragusa, 23. März. (W. T. B.) Der Banden- führer Kokolj, welcher in Grahovo eingetroffen war, ist auf Befehl der montenegrinishen Regierung festgenommen und nah Cettinje ins Gesängniß gebraht worden.

Fraukreih. Paris, 21. März. (Cöln. Ztg.) Der Präsident der Republik hat dem Geseßentwurf über die Rekrutirung, der am Sonnabend der Kammer vor- gelegt werden wird, seine Zustimmung ertheilt. Die Ben e- dictiner von Solesmes wurden heute Morgen auf Be- fehl des Ministers des Jnnern ausgewiesen.

Aus Tunis, 22. März, wird gemeldet: Jn Folge weiteren Vorrückens der aufständishen Stämme nah der algerischen Grenze zu beginnen neue Truppenbewegungen. Eine neu formirte Marskolonne, bestehend aus einem Jnfanterie- bataillon, einem Tirailleurbataillon, zwei Shwadronen Spahis und einer Artillerieabtheilung, is gestern nah El Djeridj ab- gegangen.

Marseille, 22. März. (W. T. B.) Laut Privat- nachrichten aus Tlemcen meldet das Journal „Le petit Algérien“, daß eine Truppenkolonne in der Nähe von El Aricha mit Fnsurgenten zusammengestoßen sei, unter denen sih Si Sliman befunden haben folle. Die Insurgenten seien überrumpelt worden und hätten auf marokkanishes Ge- biet fliehen müssen. Zwei Rebellenstämme seien um 3000 Schafe razziirt worden.

Dánemark. Kopenhagen, 20. März. (Hamb. Corr.) Das Folkethin g verwies heute ohne Diskussion das dem- selben unterbreitete interimistishe Budget pro 1882/83 ZUr zweiten Lesung.

Das Landsthing begann die erste Lesung des vom Folkething fertig gestellten ordentlihen Budgets pro 1882/83.

Zeitungsstimmen.

Die „Essener Zeitung“ behandelt in ihrer Wochen- umschau die Tabackmonopolfrage, erwähnt, daß die Volks- vertretungen der Einzelstaaten zum Theil {hon Stellung zu derselben genommen haben, und weist dann besonders darauf hin, daß die Erste bayerishe Kammer der Resolution des bayerischen Abgeordnetenhauses gegen das Tabackmonopol nicht beigetreten is. Fm Anschluß hieran äußert das Blatt:

Die meisten Reicbsräthe haben si im Gegentheil in einer höchst bemerkenswerthen Sißung am 11. März für die Einführung des Monopols erklärt. Allseitig wurde zugestanden wie auch wir {on hervorgehoben haben —, daß die öffentlihe Meinung in Deutsch- land prinzipiell vorwiegend eine dem Monopol günstige sei {hon aus dem einfachen Grunde, weil sich immer dringender die Frage erhebt, ob man lieber das Fortbestehen oder gar die fernere Erhöhung der direkten Gemeindesteuern oder aber eine wirk- same nur durch das Tabackmonopol zu erreihende Verminderung derselben vorzieht. Diese Frage ist dur die dem preußischen Ab- géordnetenhause gemachte Vorlage des neuen „Verwendungsgesetzes“ auch in unserem Vaterlande wiederum akut geworden. Der Geset- entwurf zeigt, daß eine Steuerreform in Preußen, welche die Ent- laftung der unteren Steuerklassen von der Klassensteuer, eine Er- leihterung der sämmtlichen Steuerklassen von den drückenden Gemeinde-Abgaben und endlich eine immer nothwendiger wer- dende Erhöhung der Beamtenbesoldungen in sid \{ließt, die Einführung neuer Steuern von Reichswegen im Betrage von mindestens 180 Millionen Mark zur Vorausseßung hat, Daß diefe Summe nur auf dem Wege der indirekten Besteuerungsart herbei- geführt werden kann, ist wobl ebenso klar, „wie daß keine indirekte Steuer für das Volk fo leicht zu tragen ist, als die Tabalsteuer oder, da dieselbe in Deutsbland kaum noch erhöht werden kann, als das Tabackmonopol. Hoffentlih wird dieser Gesichtspunkt bei der

demnäcst auch im preußishen Abgeordnetenhause bevorstehenden Mo- nopoldebatte befonders von nationalliberaler Seite niht aus dem Auge verloreu werden. ; Î

Die „Augsburger Abend-Zeitung“ schreibt:

Wenn irgend cin Gegenstand des Luxus zum Objekt einer Staats- einnabme geeignet scheint, s ist es sicher nächst dem Wein, Bier oder Branntwein der Taback. Die Raucher werden kaum \{lecht da- bei fahren, wenn erwogen wird, was der einzelne Fabrikant bei der jeßigen Konkurrenzjagd nur für Cigarrcnformen aufzuwenden hat; jeßt, wo eine Façon die andere verdrängt und für jede eine größere oder fleinere Anzahl neuer Holzformen nöthig wird, je nachdem die Fabrik groß oder klein ist; denn nur der Naucher, nicht der Fabrikant, trägt den Schaden der kurzen Nußnießung der Holzformen. Eine weitere Schwierigkeit für den einzelnen Fabrikanten liegt in der Farbe der Deckblätter, da die Raucher von einer Sorte Taba die hellen, von einer anderen wieder die dunklen Farben vorzugsweise lieben; obgleich nun in verschiedenen Gegenden der Geshmack wie die Farbenwahl verschieden ist, z. B. in Nord und Süd, fo haben doch kleine Fabrikanten oft zu viel Reisespesen dadur (12—18 #4 per Tag), um ihre Waare sehr billig und mit Vortheil abgeben zu können. Ferner ergiebt si fürs Monopol eine viel vortheilhaftere Verwendung der Stengel oder Rippen; und da die billigen Rauchtabacke mehr oder weniger aus Rippen bestehen, so dürfte „die Pfeife des armen Mannes“ dar- unter sier nicht leiden, besonders wenn noch Luxus in den Packungen in Abfall kommt. Ein tweiterer Lurus, welcher viel Geld koscet, besteht in der Cigarrenverpackung in Seidenbändern, Kistchen mit und ohne Verzierungen; die?z können wegen der Zersplitterung der Fabri- kation und der Sorten jeßt selten Wiederverwendung finden, was, wenn der Staat diesen Luxus beibehält, doch leichter wieder Nußung finden könnte. Wird aber behauptet, durch alle diese unnöthigen Sachen seien Hände beschäftigt, so antwortet man, daß Arbeiten für Land- und Gartenzwecke sicher bei uns nüßtlicher wären. Zu all diesem kommen noch die Spesen für Reisende, Frachten. und Ueberkosten ; alles Dinge, für welches der Raucher bezahlt, und daß, wenn es einem Fabrikanten gelingt, eine billige Komposition herzustellen, welhe dem großen Publikum mundet, er selbst {hon 50 bis 75% Nuten allein unter Umständen nimmt, von Grossisten und Hândleraufschlag ganz abgesehen ; denn viele Naucher rauchen nur die Façon und unterscheiden wenig die Qualität. Zu diesem allem aber kommt für einen rationellen Monopolbetrieb noch der Nußen des Großbetriebs au in den Vorarbeiten, der Fermentation u. dergl., was Alles zusammen Millionen ausmacht. uch für die Händler dürfte die Sache so ungünstig kaum \ein, da die Regie \{chwerlich ohne Geld abgeben würde, wodurch Versteigerungen und Zwangsverkäuf. 2c. 2c. aufhörten; überhaupt würde sich der Verschleiß weniger zersplittern. Das rauchende Publikum würde aber fiber kaum \ch{lecht fahren, da ja die meisten erfahrenen Leiter der Ge- schäfte, die Arbeiter u. \. w. vom Staate besoldet würden. Dieses

ist die Ansicht von Einem, welchem der Artikel nicht ganz fremd ift.

-- Der „Schwäbische Merkur“ {ließt di: bereits er- wähnte Artikel-Serie über „das Reichstabackmonopol“ mit folgenden Sätzen :

Wir glauben im Vorstehenden gezeigt zu haben, daß die Frage des Tabackmonopols in erster Linie eine finanzielle if, und daß unter allen für die Deckung des finanziellen Bedarfs von Reich, Staat und Gemeinden in Betracht kommenden Besteuerungsarten das Taback- monopol die höchsten Erträge liefert, den Verbraucher am wenigsten belastet und bei loyaler Entschädigung au dem Privatinteresse der Mehrzahl der Tabacindustriellen mehr gerecht wird, als irgend eine andere auf hohen Ertrag abzielende Tabacksteuerform. Mögen die geseßgebenden Körper und die Betheiligten ihre Entscheidung fällen eingedenk des Satzes: salus publica suprema lex esto.

Fn einer der in Augsburg erscheinenden „All ge- meinen Zeitung“ aus Karlsruhe, 19. März, zugegangenen Korrespondenz heißt es betreffs des Tabackmonopols :

Uebrigens darf nit geläugnet werden, daß das Monopol au bei uns mehr Freunde gefunden, seitdem der Geseßentwurf bekannt gemacht ist. :

Die „Deutsche Reichs-Post“ meldet aus Bayern, 18. März:

Die Handels- und Gewerbekammer zu Augsburg und das land- wirthscaftlihe Kreiscomité der Pfalz haben sich mit großer Mehr- heit für das Tabackmonopol ausgesprochen.

Aus Passau, 20. März, wird der „Nordd. Allg. Ztg. geschrieben, daß die Handels- und Gewerbekammer für Niederbayern an diesem Tage in öffentliher Sißung mit 8 gegen 4 Stimmen den Geseßentwurf für das Tabackmonopol anzunehmen beschlossen habe,

Aus dem Wolffschen Telegraphen-Bureau.

St. Petersburg, Donnerstag, 23. März. An dem gestrigen Galadiner in Gatschina nahmen außer den Mit- gliedern der Kaiserlichen Familie Theil: der deutshe Bot- schafter, General von Schweiniß, mit seiner Gemahlin, sämmt- liche Mitglieder der deutshen Botschaft, der Leiter des aus- wärtigen Amt.s, Geheimer Rath Giers, mit Gemahlin und eine große Anzahl anderer hoher Würdenträger mit ihren Gemahlinnen. Der Kaiser brachte in herzlihen Worten den Toast auf den Kaiser Withelm, seinen erlauchten Freund und Alliirten aus. Zu dem Diner, welches die Groß- fürstin Alexandra Josephowna zur Vorfeier des Geburtstages des Kaisers Wilhelm am Dienstag im Marmorpalais gab, waren außer dem deutschen Botschafter nebst Gemahlin und den Mitgliedern der Botschast auch Geheimrath Giers und andere Personen von Distinktion geladen. Der Saal, in welchem das Diner stattfand, war mit der Büste des Kaisers Wilhelm geschmüdckt, dessen Gesundheit die Großfürstin aus- brachte. Heute findet bei dem deutschen Botschafter ein Gala- diner statt, zu welchem sämmtliche hier akkreditirte Botschafter und Chefs auswärtiger Missionen, sowie auch Geheimrath Giers mit Gemahlin geladen sind.

Warschau, Donnerstag, 23. März. Jn dem Vereins- lokale der Offiziere des St. Petersburger Grenadier-Regiments, dessen Chef Kaiser Wilhelm is, fand gestern ein Festdiner ftatt, zu welchem der hiesige deutsche Generalkonsul, Freiherr von Rechenberg, geladen war.

Nr. 17 des Amtsblatts des Reichs-Postamts hat folgenden Inhalt: Verfügung: vom 13. März 1882: Unzulässige Angaben auf der Außenseite der zu Postversendungen zu benugenden Briefumschläge; vow 16. März 1882: Unzulässigkeit des _gewerbe- mäßigen Vertriebs von gewerblichen Erzeugnissen und Drucksachen 2c. dur Post- und Telegraphenbeamte. j ;

Nr. 5 des Archivs für Post und Telegraphie, Beibeft zum Amtsblatt des Reichs-Postamts, herausgegeben im Auftrage des Reichs-Postamts, hat folgenden Inhalt: Aktenstücke und Auf- säße: Eine Post von New-York nah Bremen. Die deutsche Ab- theilung der Pariser Elektrizitätsauéstellung. Das Kaiserreich Japan (Fortseßung). Kleine Mittheilungen: Zur Frage der Berufskrankheiten des Eisenbahnpersonals. Der Bau einer Eisen- bahn auf die Wartburg. Die Ergebnisse der Postsparkassen in Frankreich. J. G. Bennetts Polarerpedition. Dampfschiffs- verkehr auf dem Rothen Meere. Schiffsverbindung zwischen Triest und Südamerika. Der Postverkehr in Paraguay. Zeitschriften- Ueberschau.

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