1882 / 75 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 28 Mar 1882 18:00:01 GMT) scan diff

12. Plenarsißung des Herrenhauses, Mittwoch, den 29. März 1882, Mittags 12 Uhr.

Tagesordnung:

Mündlicher Bericht der Petitionskommission über die Fe tition der städtishen Behörden zu St. Johann. Mündli Bericht derselben Kommission über die Petition des früheren Domänenpächters Rassow zu Berlin. Bericht der Matrikel- Kommission. Einmalige Schlußberathung über den Antrag Brüning und Freiherr von Mirbach.

Nichtamlli®ßes. Deutsches Nei.

Preußen. Berlin, W. März. Se. Majestät der Kaiser und König nahmen heute die Vorträge des Militär-Kabinets sowie des Polizei-Präsidenten von Madai entgegen und empfingen im Laufe des Tages den komman- direnden General des VI. Armee-Corps, General der Kavallerie von Tümpling, den Regierungs-Präfidenten von Pilgrim, den Major a. D. von Wrangel und den Legations-Sekretär von Tümpling.

_— Ihre Majestät die Kaiserin und Königin er- schien heute Vormittag in der Generalversammlung des Fcauen- Lazarethvereins im Saale des Justiz-Ministeriums.

Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz begab Sich mit Jhren Königlichen Hoheiten den Prinzessinnen Victoria, Sophie und Margarethe gestern Vor- mittags 11 Uhr nah Potsdam, besuchte daselbst die Kapelle der Friedenskirhe und kehrte um 3 Uhr hierher zurück.

Der Bundesrath trat heute zu einer Sißzung zu- sammen.

Der Sl ußberiht über die gestrige Sißung des Hauses der Abgeordneten und das Protokoll über die elfte Sißung des permanenten Ausschusses

des Volkswirthschaftsraths befinden sich in der Ersten Beilage.

Jn der heutigen (43.) Sißung des Hauses der Abgeordneten, welcher der Vize-Präsident des Staats-Mini- steriums von Puttkamer, sowie die Staats-Minister Bitter und Lucius nebst mehreren Kommissarien beiwohnten, theilte der Präsident mit, daß Se. Majestät der Kaiser und König die von dem Präsidium dargebrachte Gratulation des Hauses huldvollst entgegen genommen und das Präsidium R habe, dem Hause Allerhöchstseinen Dank auszu- prechen.

Das Haus trat hierauf in die Tagesordnung ein. Erster Gegenstand derselben war: Fortsezung der dritten Be- rathung des Entwurfs des Staatshaushalts-Etats für 1882/83 (Ministerium des Jnnern, landwirthschaftliche Verwaltung, Gestütverwaltung, Ministerium der geistlichen,

Unterrichts- und Mediziualangelegenheiten, Kriegs-Ministerium, L E mit dem Geseßentwurfe, betreffend die Feststellung ese ats. i

Der Abg. Bachem kam noch einmal auf die e er

Angelegenheit zurück und warf die Frage auf, ob Îas Einschreiten der Behörden überhaupt ents haltbar sei. Die Aeußerung eines Regierungsbeamten daß in diesem Falle Gemwalt vor Recht gehe, spreche nit sonderlich hierfür. Schließlich bat Redner, daß eine Untersuhung darüber veranstaltet werde, ob es zulässig sei, die durch den Vorfall erwachsenen Kosten der Gemeinde aufzubürden.

Der Vize-Präsident des Staats-Ministeriums, von Putt- kamer, erklärte, daß, wenn hier eine Rechtsfrage überhaupt aufgeworfen werden sollte, dieselbe wohl besser so formulirt würde, ob es der Gemeinde erlaubt sei, Anordnungen der Be- hörden nicht nur passiven, sondern auch aktiven Widerstand entgegenzuseßen. Bezüglich der Kostenfrage bemerke er, daß die egerung die Liquidation prüfen und viellcicht in der Lage sein werde, einen Theil der Kosten der Gemeinde abzunehmen. Das ihm vorliegende Aktenmaterial enthalte S N nichts von der Aeußerung eines Regierungsbeamten, we sie der Abg. Bachem citirt habe. Er könne aber konsta- tiren, daß, wenn dieselbe begründet wäre, er nit unterlassen haben würde, dieselbe auf das Entschiedenste zu reprobieren.

Von den Abgg. Hahn und Francke wurden sodann Aeußerungen, die von den Abgg. Wierzbinski und Lasson in der gestrigen Sißung über Unterdrückung der polnischen, resp. dänischen Sprache gemacht worden waren, rihtig gestellt.

Der Antrag der “bag, Dr, Thilenius und von Wedell- Malchow, betreffend die Reorganisation des meteorologischen Jnsftituts, welcher lautet :

_ Das Haus der Abgeordneten wolle beschließen :

die Königliche Staatsregierung zu ersuchen, dieselbe wolle die Re- organisation des Königlicen meteorologishen Institutes sowohl im Interesse der zissen{hast als auch in demjenigen der Nutbar- machung der Beobachtungen für das bürgerlicbe Leben in Angriff

neuen und die erforderlichen Mittel im Etat 1883/84 bereit ellen.

wurde nah einer kurzen Motivirung desselben Seitens des Abg. Dr. Thilenius der Budgetkommission überwiesen.

Beim Etat der Polizeiverwaltung in Berlin kam der Abg. Stöcker auf die Behauptungen zurüdck, die der Abg. Richter bei der zweiten Lesung dieses Etats über den Nedacteur Dietze gean hatte. Jn dem Erkenntniß des Gerichts befinde si der

usdruck „empörende Gemeinheit“ nicht. Der Abg. Richter räumte dies ein, versicherte aber, daß er persönlich Erkundigungen eingezogen, die ergeben hätten, daß der Richter sih jenes Ausdrucks in der mündlichen Verhandlung bedient ges Die weiteren Titel des Etats des Ministeriums es H E us Tala bie ugt, ei Schluß des Blattes folgte die Berathung des Etats der landwirthschaftlihen Verwaltung. fia

Nah einer telegraphischen Anzeige ist am 23. d. M. der Kaiserliche Konsul Brüning in Beirut gestorben. Näheres über den Tod ist pes niht bekannt, Das Auswärtige Amt, dem der Verstorbene seit dem Jahre 1871 angehörte, verliert in ihm einen tüchtigen und pflihttreuen Beamten, dessen An- denken in Ehren gehalten werden wird.

Die Bestimmung des §. 9 der Strafprozeßordnun , nah welchem bei einer im Auslande begangenen rat

baren Handlung dasjenige Gericht zur Aburtheilung der

Strafthat zuständig ist, in dessen Bezirk die Ergreifung des Thäters erfo , findet nah einem Beschluß des Reichs - gerichts, I. 8, vom 2. Januar d. J., au dann An- wendung, wenn die Ergreifung niht wegen der im Auslande

begangenen Strasthat, sondern aus einem anderen Grunde erfolgt war.

i ra ; a det der mi I L Nr ps o ch ist behu ornahme jahrs-Jnspizirungen na Wilhelmshaven und as abgereist. y its

Oldenburg. Oldenburg, 24. März. (Kl. Ztg.)

Durch ftaatsministeriellen Erlaß vom 27. Februar sind die Standarten des Großherzoglichen Hauses wie folgt festgestellt worden : i , Die Großherzogliche Standarte enthält in blauem Grunde ein einfaches rothes Kreuz VLelegt mit dem Großherzoglichen, von der Kette des Haus- und Vétdienst-Ordens des Herzogs Peter Friedrich Ludwig umgebenen Wappen und in den. vier Eckfeldern des Fahnen- tuchs je drei Königliche Kronen. Die Erbgroßherzoglihe Standarte enthält die drei Kronen nur in dem oberen ersten Eckfelde, die Stan- darte der Herzöge hat keine Kronen in den Eckfeldern. Im Uebrigen stimmen diese Standarten mit der Großherzoglichen überein. Die Standarten haben die Form eines Quadrats.

Oesterreich-Ungarn. Wien, 27. März. (W. T. B.) Jm Laufe des Vormittags empfing die Großfürstin Wla- dimir die Besuche der Kaiserin und der Erzherzoginnen. Der Großfürst Wladimir empfing um 11 Ühr den Mi- nister des Aeußeren, Grafen Kalnoky, welcher fast eine Stunde bei demselben verweilte und besihtigte Nachmittags einige Sehenswürdigkeiten der Stadt.

Zu Ehren der hier anwesenden Fürstlichen Gäste fand heute in der Hofburg ein Galadiner statt, an welchem der Kaiser, die Kaiserin, der Großherzog von Mecklenburg-Schwerin, der Großfürst Wladimir, die Minister Kalnoky, Taasfse, Szlavy, Orczy, Bylandt-Reydt, die Mitglieder der russischen Botschaft, der deutsche Botschafts- rath Graf Berchem und das Gefolge der Fürstlichen Gäste theil- nahmen. Abends war bei der Erzherzogin Elisabeth eine Soirée, zu welcher die Fürstlihen Gäste und die Mitglieder des Kaiserlichen Hauses geladen waren. Der Erzherzog Karl Ludwig nahm Abends mit seiner Gemahlin den Thee bei der Großfürstin Wladimir ein, welhe wegen ihres leidenden ZU- standes an dem Galadiner nicht theilnehmen konnte.

__— Das Ab geordnetenhaus nahm den Handelsvertrag, die Konsularkonvention, die Verträge über gegenseitige Rechts- hülfe bei Behandlung von Verlassenschaften, sowie ein Ueber- einkommen in Betreff der Viehseuchen an, welche sämmtlich mit Serbien abgeschlossen worden sind. Ferner wurde der Geseßentwurf über Einführung von Postsparkassen angenom- men. Weiter überreihte der Handels-Minister einen Geseh- entwurf, betreffend die Herstellung einer Abzweigung der Hstrianer Staatsbahn von Herpelje nah Triest; ferner einen Geseßentwurf , betreffend die Herstellung von Abzweigungen der Galizishen Transversalbahn von Sucha über Skawina nah Podgorze und nah Oswiecim und von Saybusch zur Verbindung mit der Käschau-ODderberger Bahn auf Staats- kosten im Maximal-Kostenbetrage von 14 Millionen Gulden. Der Entwurf bestimmt im Art. 2, daß, falls mit Ungarn eine Vereinbarung zu Stande komme, dur welche die Verbindung von Saybusch ‘mif. « Kaschau-Oderb|sxger Bahn theilweise auf ungarishem Gebi sichergestellt werde, diese Abzweigung nur bis zu dem einverständlih zu ermittelnden Anschlußpunkte an der galizish-ungarischen Landesgrenze herzustellen sei und in diesem Falle der Gesammtbetrag 111/, Millionen als Maximalbetrag zu gelten habe. Bei dem Abschlusse solcher Vereinbarungen dürfen jedo keinesfalls Verpflichtungen ein- gegangen werden, dur welche die volle Selbständigkeit der Galizischen Transversalbahn in Beziehung auf die Tarif- und Verkehrspolitifk eingeschränkt würde. Der Bau hat im Fahre 1883 zu beginnen und ist in 21/, Jahren zu vollenden. Das Haus stimmte der provisorischen Handelskonvention

mit Frankreich zu. Das Herrenhaus nahm die Petro- leumsteuererhöhung an.

,_— Die vom Handels-Ministerium einberufene Kommis- sion zur Berathung der Eisenbahntariffrage wurde heute von dem Sektionshef Pußwald im Namen des Handels- Ministers eröffnet. Die Handelskammern , Gewerbevereine,

sonstige Korporationen und die Eisenbahnen sind zahlreich vertreten.

Das „Fremdenblatt“ erblickt in dem überaus freundlichen Empfange des Großfürsten und der Großfürstin Wla- dimir Seitens des Kaisers und der Kaiserlihen Familie einen neuen Beweis für die freundschoftlichen Beziehungen zwischen Wien und St. Petersburg, sowie eine weitere Ge- währ für die freundlihe Gestaltung der internationalen Lage Gegenüber den Meldungen, der Großfürst Wladimir sei der Träger wichtiger politisher Anträge und fei insbesondere beauftragt, über eine Zusammenkunft der Kaiser von Oester- reih und von Rußland zu verhandeln, versichert das „Fremden- blatt“ auf das Bestimmteste, daß der Großfürst mit keiner Spezialmission betraut sei.

28. Värz. (W. T. B.) Die Delegationen sind dur Kaiserliches Handschreiben für den 15. k. M. zu einer außerordentlihen Session nah Wien einberufen.

Nach einer Meldung aus Zara soll sich bei Orahovci und bei dem montenegrinishen Orte Zalazzi eine JFnsur- gentenbande angesammelt haben. Der Prozeß gegen den englishen Zeitungscorresondenten Evans und gegen Gopcevic und den Kaufmann Alexis wird im nächsten Monat vor dem Säwurgeriht zu Ragusa zur Verhand- lung kommen, da die Verhaftung der Angeklagten noch vor Einführung des Ausnahmegesehzes erfolgte. Aus Ce ttinje wird gemeldet, in dem am 24. cr. abgehaltenen Ministerrathe sei beschlossen worden, die Flüchtlinge aus der Crivoscie in Podgorizza und Spuz, diejenigen aus der Herzegowina in Niegush, Grahowo, Niksic und Bjelopovlic zu interniren ; bis- lang sei die montenegrinishe Grenze von 2500 bewaffneten Insurgenten überschritten worden.

Jn dem Befinden des Sohnes des deutschen Bot-

schafters Prinzen Reuß ist eine anhaltende Besserung ein- getreten.

Großbritannien ünd Frland. London, 27. März. (W. T. B.) In der heutigen Unterhaussitßung erwiderte der Unter-Staatssekretär Dilke auf eine Anfrage O'Shea's : die spanische Regierung habe den Wunsch ausgesprochen, die Frage bezüglih der english-spanischen Handelsbezie-

hungen in Madrid zu berathen. Dem Deputi

entgegnete der General-Postmeister Fawcett: das Statnt habe die Einführung der Packetpost genehmigt. Sobald dieselbe im Jnnern eingeführt sei, solle sie sofort mit der internationalen Packetpost verbunden werden. Alsdann würden z. B. Packete bis zu einem Gewicht von 3 kg aus ganz England nah allen Theilen Frankreihs 1 s. 9 g, kosten Der bezügliche Plan sei jeßt den Eisenbahnen unterbreitet: die Clerauf, wurde die Debiite nbe K gotrtuste erfolgen e die Debatte über die Refo ¿ schäfts ordnung fortgeseßt. orm der Ge-

Frankreih. Paris, 27. März. (W. T. der Deputirte nkammer interpellirte beute der Bij Freppel die Regierung wegen der Ausweisung der Benediktiner aus der Abtei Solesmes und warf der- selben Willkür vor. Der Minister des Jnnern erwiderte: die Regierung habe nur das betreffende Gesetz ausführen lassen ; die Rückkehr der Benediktiner nah Solesmes sei eine Herausforderung gewesen, welhe nicht hätte geduldet werden können. Die Kammer nahm s\cließlich mit 418 gegen 2 T, A Ag Gn, dur welche die von der egterung dehuss Anwendung der Mösrzdekrete i Maßregeln gebilligt werden. N y Oen

Italien. Rom, 27. März. (W. T. B. n heute abgehaltenen Konsistorium ernannte ber PuBt 0 der üblichen Allocution über die Verdienste der zu ernennen- den Persönlichkeiten folgende Kardinäle: den Päpstlichen Majordomus Ricci, den Sekretär des h. Kardinalskollegiums Lasagni, den Patriarchen von Venedig, Agostini, die Erz- bischôfe von Algier, Sevilla und Dublin, und den Affsessor nes E S E JJacobini. Fer- ner präconisirte der Papst den neuen Erzbischof von i und 15 Bischöfe. ad s

28. März. (W. T. B.) Jn dem am Donner stattfindenden Konsistorium wird der Papst mrs französische und deutshe Bischöfe präconisiren. Garibaldi is gestern Nachmittag über Messina nah Pa- lermo abgereist, wo er heute eintreffen wird. Ruhestörungen sind niht vorgekommen.

Numänién. Bukarest, 27. März. (W. T. B.) Die Deputirtenkammer begann die Berathung des von dem früheren Minister Rosetti eingebrachten Geseßentwurfs, welcher die Verbesserung der Lage der unter dem bezüglichen gegenwärtigen Geseße vollständig von den Großgrundbesigzern abhängigen Bauern bezweckt. Nachdem zahlreiche Deputirte, darunter die dem Entwurfe günstigen Mitglieder der Oppositionspartei, Jonesco Karp und Cogalniceano, ge-

sprochen hatten, wurde der erste Artikel mit 65 gegen 19 Stimmen angenommen.

Nußland und Polen. St. Petersburg, 28. März. (W. T. B.) Nach einer Meldung des „St. Petersburger Herold“ aus Kiew ist daselbst verfügt worden, daß die jüdi- schen Einwohner ihre im Podol, dem Geschäftsbezirke, be- legenen Wohnsitze aufzugeben und si jenseits des Kanals in die Vorstadt zurückzuziehen haben. Ferner dürfen jüdische Dienstboten, wenn sie nicht berehtigt sind, in Kiew zu wohnen, nicht länger bei ihrer Herrschaft und in der Stadt bleiben. Die jüdische Bevölkerung muß sich verpflichten, ihre hristlihen Dienstboten zu entlassen.

Amerika. Washington, 8. März. (Allg. Ztg.) JZmmer trauriger lauten die Nachrichten aus den über- shwemmten Gegenden des Mississippi- Thals. Der einzige Trost läßt sih aus der Mittheilung \{höpfen, daß es zu regnen ‘aufgehört hat und an cinzelnen Punkten das Wasser ein wenig gefallen ist.

In einzelnen Gegenden is der telegraphische Verkehr unterbroen, und in Folge dessen sehlen Berichte aus einem nicht unbeträchtlichen Theil der heimgesuchten Landesgegend. So viel aber läßt sih mit annähernder Bestimmtheit konstatiren, daß nicht viel weniger als sech8zigtausend Menschen von Haus und Hof vertrieben wurden und viele derselben fast ihr ganzes Hab und Gut eingebüßt haben. Der größere Theil der besten Survo l Bnleveten in Louisiana, Missisippi, Arkansas und Tennessee steht unter Wasser, und unter den günstigsten Umständen kann niht mehr als zwei Drittel des Baum- wollareals im Missisippi-Thal dieses Jahr bepflanzt werden, da die Baumwollpflanzer ihr Vieh und ihre Ackerbaugeräths{aften eingebüßt haben und mittellos dastehen. Die mit der Vertheilung der von der Regierung gelieferten Lebensmittel betrauten Kommissäre be- stätigen in ihren Depeschen an den Kriegssekretär die Berichte über den großen Nothstand. So telegraphirte heute L. H. Mangum, der Kommissär von Arkansas, von Memphis aus: „Ic habe an unge- fähr 15 000 Nothleidende in den übershwemmten Bezirken von Arkansas 100 000 Rationen vertbeilt, welche für sieben oder aht Tage genügen. Die Situation is besorgnißerregend und der Nothstand im Zunehmen und wird es unter den günstigsten Umständen noch vierzig bis fünfzig Tage sein.“ Wm. L. Henningway, Kommissär für Mississippi, telegraphirt: „Achtzebntausend Personen sind ohne Lebens- mittel und nicht im Stande, \ich dieselben zu verschaffen. Diese Zahl wird rasch zunehmen. Die vertheilten Rationen werden am 15. d. M. aufgebrauct sein.“ Gouv. Hawkins von Tennessee hat den Kriegssekretär benachritigt, daß die Zahl der Nothleidenden in Tennessee auf 3000 bis 5000 veranschlagt wird. Der Kriegs- sekretär telegraphirte ihm hierauf, er habe angeordnet, daß zwanzig- tausend Rationen nah Memphis ges{hickt werden. Aus Memphis, Tennessee, 8. März, wird weiter berihtet: Der Wasser- stand des Flusses ist derselbe geblieben und zeigt 36 Fuß über nie- drigem Wasser. Der Mississippi war noch immer im Steigen be- griffen. ID Austin, Missifsippi, zwishen Memphis und Helena, war das Wasser in die Stadt gedrungen und batte die Hauptgebäude, darunter den Freimaurertempel und den sogenannten Centennial- Blo, vollständig umgerissen. Das Wasser steht dort zwanzig Fuß boch. Eine große Menge Geschäfts- und Wobnhäuser wurden zer- stört. Der Verlust der Farmer an ihrem Viebstande u. \. w. ist ein sehr bedeutender.

New-Y ork, 24, März. (Alg. Corr.) Das ReprÄä- sentantenhaus hat mit 167 gegen 65 Stimmen das Geseß angerommen, welhes die Einwanderu ng der

Chinesen verbietet, Alle mildernden Amendements wurden verworfen.

Afrika. Egypten. Aus Paris, 28. März, meldet ¿W. T. B.“ : Nach einer Meldung aus Kairo hat der Minister- Präsident eine Eingabe an den Khedive gerichtet, in welcher darauf hingewiesen wird, daß in dem Berichte der ¿Finanzcontroleure* bezüglih der fkünstigen Handhabung der Finanzkontrole und bezüglih der Jntegrität der Garantien der egyptishen Gläubiger eine gewisse Be- unruhigung zu Tage getreten sei. Der Minister-Präsident er- klärt dem gegenüber den festen Entshuß des Ministeriums, die für die Sicherstellung der Verwaltung der konsolidirten Schuld bestimmten Jnstitutionen loyal aufrehtzuerhalten, insbesondere

-Kurfürstenthum

gie Finanzkontrole und die Befugnisse der Controleure, wie dies in dem vom Khedive am 15. November 1879 erlass.nen "d unter Zustimwung Frankreichs und Englands veröffent- ligten Dekrete bestimmt worden sei. Die Thatsache der Kon- Zie und der Einrictung einer finanziellen Ueberwachung hänge mit den politishen Einrichtungen Egyptens absolut „nit zusammen; die in der politischen Organisation Egyptens eingetretenen Aenderungen fönnten die Finanzkontrole weder ín dem Umfange ihrer Befugnisse, noch in den den egyptischen Gläubigern gewährten Garantien irgendwie berühren.

I

Zeitungss\timmen.

Vom konservativen Kreisverein Witzenhausen is, wie ‘die „Nordd. Allg. Ztg.“ meldet, dem Reichskanzler nach-

stehende Adresse zugegangen.

Der heute in Wiytenhausen zusammengetretene konservative

-Kreisverein sagt Ew. Dur(laucht seinen eérfurchtsvollsten Dank für

die bereits eingeführten und ferner beabsihtigten Wirthschafts-, Steuer- und Sozialreformen. ; E

Mohl in keinem anderen Regierungsbezirke findet die Wirthschafts-

politik Ew. Durchlaucht ungetheiltere Zustimmvng als im ehemaligen

Hessen. Bei dem praktischen Sinne der Bevölkerung finden die maßlosen Entstellungen der Fortschrittspartei nur wenig Glauben. Gerade die dur die Bodenverhältnisse weniger begünstigten Gegenden wissen den Scbuß der nationalen Arbeit in Landwirthschaft und Industrie und die Beseitigung der doppelten Besteuerung am meisten zu {äßen. N ö :

Wir freuen uns, diese Zustimmung auch {on durch die That ‘haben bezeugen zu können, denn seit dem Sommer 1878 sind von den aht Reichstagswahlkreisen drei (bei dem vierten fehlten nur wenige Stimmen) und von den vierzehn Landtagswahlkreisen unseres Bezirks neun im Besiß der Konservativen, während dieselben früher nur einen Reichstags- und drei Landtagswahlkreise inne hatten. Wie in unserem Regierungsbezirke, so werden überall die großartigen Reformpläne Ew. Durchlaucht siegreich durchdringen ! i

Möge Gott Ew. Durchlauht noch lange Jahre zum Heil und ‘Segen unseres Vaterlandes erhalten!

Witzenhausen, März 1882. : : / :

m Auftrage des konservativen Kreisvereins Witzenhausen.

Der Vorstand. (gez.) G. Wbbecke, Gutsbesißer zu Marzhausen. (gez.) Frhr. von Buttlar-Ziegenberg.

Eine vom 23. d. M. datirte Correspondenz der „Leiziger Zeitung“ aus Thüringen beschäftigt sih wiederum mit dem Tabackmonopol und stellt, nachdem sie die Ablehnung des das Monopol betreffenden Geseßentwurfss Seitens des ‘Volkswirthschaftéraths einer Besprehung unterzogen, folgende ‘Betrachtungen an: | j

Wie man sich auch in den einzelnen Parteigruppirungen Thü- ringens und Deutschlands zu dem Monopol stellen möge, ob ab- lehnend oder bejahenck, fo sollte man doch, auch bei den Gegnern, einige Hauptgesichtspunkte nicht unberücksichtigt lassen. Durch die neue Zoll- und Steuerreform, besonders aber durch das Monopol, ist es allein möglich, die Matrikularbeiträge der einzelnen Staaten, welche die Finanzen derselben niht wenig belasten, wesentlich und dauernd zu mindern, auch die direkten Abgaben auf den untersten Steuer- \tufen ganz fortfallen zu lassen. Der Einfluß, welchen eine solche Steuerbefreiung auf die ärmere Bevölkerung speziell der Waldorte Thüringens haben würde, ist niht hoh genug anzuschlagen und würde auf Wohlsein und Stimmung dieses Theils des thüringischen Volkes höchst segens8reih einwirken. Dem Tabakproduzenten selbst aber würde es, unter der selbstverständlihen Voraussetzung, daß die Bebauungs- gebiete niht einges{chränkt werden, nur zum Vortheil gereichen, wenn er von den s{chwankenden Tabalpreisen der Spekulation nicht mehr abhängig erscheint, sondern am Staate einen- sichern und zahlungsfähigen Abnehmer seiner Produkte ge- winnt, während der Konsument die gleihmäßige Güte der gebotenen Waare bald \chägen lernen wird. Dazu kommt, daß Deutschland keine andere Einnahmequelle hat, welche auch nur an- nähernd die Einnahme aus dem Tabackmonopol ersetzen könnte; selbst die vom Volkswirthschaftsrath empfohleue höhere Besteuerung des Tabacks wird den angestrebten volkswirthschaftlihen Zweck nicht zu erfüllen vermögen und das Bebauungsgebiet gewiß wesentlih ein- \{hränken. Diese ganz objektive Betrachtung sollte keine Partei aus den Augen lassen, der es um ein objektives Urtheil zu thun ift.

Dem „Düsseldorfer Anzeiger“ wird vom Nieder- rhein, 23. März, geschrieben:

Nehmen wir an, die vom Volkswirthscbaftsrath und demnächst auch vom Reichstag vorgeschlagene enorme Erhöhung der Tabaksteuer werde Gesetz: was dann? Zuerst werden die mittleren und kleineren Tabakinteressenten ohne Entschädigung dur die großen an die freie Lift gedrängt. Und dann werden die wenigen Tabackmonopolisten den Tabakkonsumenten bluten lassen. Während der Staat sowohl ein Interesse daran hat, daß die Produzenten nicht geschädigt werden und au im Hinblick auf die Konsumenten bei der Preisbestimmung die Kirche im Dorfe bleibt, werden die Privatmonopolisten gar keine Rüdsicht obwalten lassen.

Aus Düsseldorf, 24. März, schreibt Blatte :

_Wir haben für alle wohlmeinenden Betheuerungen, mit denen unsere Parteien, der rührige Fortschritt mit dem starken Centrum voran, jih der Steuerreform widersetzen, gar kein Verständniß, \on- deru sehen nur den Effekt, daß Deutschland nit vom Fleck kommt und daß \{ließlich jede Opposition gegen die Finanzreform gegen den Bestand der vaterländischen Wehrkcaft gerichtet bleibt bewußt oder unbewußt, Man täusche sih darüber nicht.

Jn einem Artikel der „Wiesbadener Zeitung“, welher die Ueberschrist führt: „Der Anwalt des kleinen Mannes im Verwendungsgeseß“, heißt es:

, Wenn sich das geistige Libt der Wahrheit so {nell verbreitete, wie das physisbe Licht, so würde der Fürst Reichbkanzler spätestens 24 Stunden nah dem Verwendungsgeseße im Besitze von Arbeiter- Dank’adressen aus allen Städten und Dörfern des Reiches gewesen sein, Denn die Wohlthaten, welde der „Anwalt des kleinen Mannes* den Arbeitern durch dieses Gesetz zufügen will, sind voll- fommen dazu angethan, in den besitlosen Volksklassen ein lebhaftes Dankgefühl gegen eine so landesväterliche, d. b. gegen cine so er- leubtete, gütige und gerechte Staatsregierung zu entflammen Ein Staatsmann, der 86% aller Klassensteuerpflitigen von jeder Klassensteuer befreien und nebenbei das Scbulgeld in allen Volks- klassen erlassen will, errihtet sid {on durch diese bloße Absicht ein unvergänglihes Denkmal der Liebe und Verehrung in den Herzen, wenn auh nicht der Mitwelt, so aber sicherlich in dem der Nach-

M Jn der That, auch wenn der Kanzler zur Milderung wirthschaftliher Nothstände nie etwas anderes gethan hätte und nie etwáäs anderes thun wollte, als dies, es reichte vor Gott und den Menschen für den Ehrennamen „Anwalt des kleinen Mannes“ voll- ommen aus. L _— Das „Deutsche Tageblatt“ beschäftigt sich mit einem Berichte des amerikanishen Farmers Hrn. Dumy zu Baltimore, welchen derselbe „als Antwort auf einen von den britischen Kommissaren im englischen Agrikultur-Departement, Read und Peél, publizirten Bericht“ veröffentliht hat, Der Verfasser dieses Berichtes wirft in demselben die Frage auf: Wie hoch stellen si die faktischen Gesammtkosten von 1 Quarter

tien nah Europa? und antwoitet darauf dur folgende

avele:

man demselben

Nah Read Correft und Peel nach Dumy Kosten der Produktion . 28 8h. d. 21 Sb. d. Fracht nab Glo x 4-5 R S E Ï s S E E 2 I 2 E W À S. Verschiedene Spesen in Amerika . . é Es E, Verschiedene Spesen in England . i E P Z e Q B L PaL 7d

Hieraus ist ersichtlih, so heißt es* in dem Berichte weiter, daß die Totalkosten von 1 Quarter Weizen (rund 26 Sceffel zu 50 Liter) sich richtig auf 35 Shilling 7 Pence (der Gewinn der Produzenten ist in dieser Ziffer nicht enthalten) stellen, also um 12 Shilling 23 Pence niedriger, als dieselben nah der Berechnung der britischen Kommissare betragen. Daraus aber folgt, daß Amerika auf dem europäischen Getreidemarkt auch dann noch konkurriren könnte, wenn sich der Preis des Weizens in Liverpool selbs nur auf 40 Shilling (= 2 Ltr., also 40,86 4) für den Quarter stellte.

Das „Deutsche Tagebl.“ bemerkt hierzu:

Diesen Zahlen gegenüber und in Berücksichtigung des Umstandes, daß die amerifkfanishe Konkurrenz auf dem Getreidemarkte in Deutsch- land noch durch Rußland bekämpft wird, wird Niemand mit Erfolg behaupten können, daß der fortschrittlicherseits so sehr bekämpfte Korn- zoll irgend welchen für den deutschen Konsumenten nachtheiligen Ein- fluß auf die Getreidepreise übt, oder gar dazu angethan wäre, die Produzenten, d. h. die Grundbesiver auf Kosten der Konsumenten zu bereihern. Der deutshe Landwirth, dur übermäßige Abgaben, welde ibm zumeist dur das ihm leider feindlih gegenüberstehende Kapital auferlegt sind, in seinen Verhältnissen erheblich zurückgekommen, vermag beidem Mangel der erforderlichen Mittel den heimischen Boden nicht mit folcher Jn- tensität zu bewirthschaften, die nöthig sein würde, so viel hervorzubrin- gen, als Deutschland an Brotfrüchten bedarf, oder auch nur den deutschen Landwirth befähigten, mit dem amerikanischen erfolgrei zu konkurriren. Hieraus geht hervor, daß, wird nicht in irgend einer Weise Wandel geschaffen, die deutsche Landwirthschaft einer Krisis entgegengeht, deren Folgen nit zu übersehen sind. E

Die „Kaufmännischen Blätter“, Fadscyrift für Kaufleute, insbesondere für die Fnteressen der Handlungs- gehülfen (Leipzig), besprehen in einem Artikel „Ein Wort noch zur rehten Zeit“ die vom Reich beabsichtigte geseßliche Regelung der zwangsweisen Krankenversicherung für Hand- lungêëgehülfen und Lehrlinge, für Gehülfen und Lehrlinge in Apotheken 2c., und äußer sih über den betreffenden Geseß- entwurf, wie folgt: | E

Wir begrüßen denselben sympatisch. Bisher sind die Kranken- fassenverhältnisse in unserem Stande fo durchaus zerfahren gewesen, die Mitglieder haben sich allen genossenshaftlichen Unternehmungen mit einem solch beispiellosen Indifferentismus etngegengestellt, daß \{ließlich nihts anderes übrig bleibt, als die Verhältnisse, die frei- r Drama der Interessenten nicht gebessert werden, durch Zwang zu ändern.

Amtsblatt des Reichs-Postamts. Nr. 19. Inhalt: Verfügungen: Vom 21. März 1882. Unzulässigkeit der Versendung von Bücherzetteln im Verkehr mit anderen Ländern. Vom 18, März 1882. Abfassung der Berichtigungs-Telegramme im Ver- fehr mit dem Auslande. Vom 21. März 1882. Seepostverbin- dung mit Norwegen.

Centralblatt der Bauverwaltung. Nr. 12. Inhalt: Amtliches: Personalnachrichten. Nichtamtliches: Der Tempel der Athena Alea in Tegea (Schluß). Die Themsebrücken in London. Neue Scleuse und Hafeneinfahrt in Harburg (Schluß). Mas- sive Deckenkonstruktion, System Murat. Barock, Rokoko, Zopf. Vermischtes: Dankeskirhe in Berlin. Ehrenforum in Hannover. Holzarchitekturaufnahmen. Die evangelische Kirche in Groß-Lunau. Eine Konkurrenz für einen Aussichtsthurm auf dem Asfftenbergé in Westfalen. Theaterbrände. Zur Stephanie-Brücken-Konkurrenz in Wien Die Frage der Dauer der Eisenkonstruktionen. Technische Hochschule in Darmstadt. Die diesjährige Generalversammluag deutscher Architekten- und Ingenieurvereine.

Statistische Nachrichten.

Gemäß den Veröffentlichungen des Kaiserlihen Gesundheit s- amts sind in der 11. Jahreswoche von je 1000 Bewohnern auf den Jahresdurchscnitt berechnet als gestorben gemeldet: in Berlin 26,2, in Breslau 37,8, in Königsberg 29,1, in Cöln 26,2, in Frankfurt a. M. 28,5, in Hannover 20,0, in Cassel 20,5, in Magdeburg 16,4, in Stettin 14,6, in Altona 24,3, in Straßburg 30,7, in Meß 17,9, in München 41,9, in Nürnberg 34,9, in Augsburg 42,9, in Dres- den 25,9, in Leipzig 27,3, in Stuttgart 28,9, in Braunschweig 23,6, in Karlsruhe 22,9, in Hamburg 27,2, in Wien 39,0, in Budapest 40,4, in Prag 43,3, in Triest 37,8, in Krakau 41,3, in Basel 24,4, in Brüssel 26,8, in Amsterdam 27,4, in Paris 28,4, in Kopen- hagen 27,6, in Stockholm 21,9, in Christiania 26,4, in St. Peters- burg 39,3, in Warschau 38,5, in, Odessa 34,7, in Rom —, in Turin 31,0, in Bukarest 25,7, in Madrid 58,3, in London 22,7, in Glas- gow 24,9, in Liverpool 26,0, in Dublin 31,2, in Edinburg 18,4, in Alexandria (Egypten) 28,7. Ferner aus früheren Wochen: in New-York 36,2, in Philadelphia 27,3, in Chicago 22,5, in St, Louis 22,2, in Cincinnait 23,9, in San Franzisko 28,9, in Kalkutta 31,9, in Bombay 34,4, in Madras 44,1. ;

Während der Berichtswoche herrschten an den ost-, mittel- und norddeutschen Beobachtungsstationen meist s{wace, an den Ost- stationen auffrishende bis stürmische, zwishen Nord- und Südwest id bewegende Wiadrichtungen, die gegen Ende der Woche in Mittel- deutshland bis nah Südost, in Berlin und Bremen bis na Nordost umliefen. An den süddeutshen Stationen waren während der Woche östliche und nordöstlibe, in Cöln \üdöstliche Luftströmungen vorwiegend, die nur um die Mitte der Woche in Süddeutschland vorübergehend nach West und Südwest gingen. Die Temperatur der Luft lag an allen Stationen um mehrere Grade über der normalen, bedeutend waren die Tagesschwankungag der Luftwärme besonders an den süd- und westdeutshen Stationen {Tin Karlsruhe bis zu 20 Grad C.). Meßbare Niederschläge fielen nur spärlih. Der beim Wochen- beginn hohe Druck der Luft nahm unter geringen Schwankungen in der ersten Wocbenbälste noch zu, zeigte jedo gegen S®Fluß der Woche ein langsames Abnehmen, : E

Obgleich die Sterblichkeitsverhältnisse der meisten Großstädte Europas noch keine günstige zu nennen waren, zeigte sib do in vielen, besonders in den westlih gelegenen Städten eine Abnahme der Sterblichkeit. Die allgemeine Sterblichkeitsverhältnißzahl für die deutshen Städte sank auf 27,7 (von 28,0 der Vokkvocbe) pro Mille und Jahr berechnet. Namentlih wurde die Theilnahme des Säuglingsalters an der Sterblichkeit eine geringere. Von 10 000 Lebenden starben pro Jahr 89 Kinder unter 1 Jahr gegen 93 der vorangegangenen Woche (in Berlin 90 gegen 83). : :

Ünter den Todesursahen wurden von den Infektionskrankheiten Masern und Keuchhusten seltener, die übrigen, in außerdeutschen Städten uamentlich Pocken und Flecktyphen häufiger. Die Masern- epidemien in Breslau, München, Stuttgart, Barmen, Bochum, Triest, London zeigen noch keinen Nachlaß der Todesfälle, wohl aber werden leßtere in Berlin, Christiania, Kopenhagen, Wien, Pest, Dare seltener. Todesfälle an Scharlacbfieber haben in München,

reêden, London, St. Petersburg ab-, in Erfurt, Berlin, Hamburg, Barmen, Frankfurt a. M., Wien zugenommen. Die-Zahl der Opfer an Diphtherie wurde in Elbing, Breslau, München, Stuttgart, Augsburg, Dresden, Chemniß, Magdeburg, Hamburg, Barmen, Düsseldorf, Karlsruhe, Wien, Triest, Turin, St. Petersburg eine ge-

steigerte, in Berlin, Königsberg, Danzig, Stettin, Nürnberg, Hanno- ver, Braunschweig, Paris, London eine etwas rerminderte. Todes- fälle an Unterleibstyphus waren in Königsberg und stff, an Fleckiyphus in Wien, Krakau, Amsterdam, rau, St. Petersburg häufiger. Einzelne Sterbefälle daran kamen aus Pest, Odessa, Valencia, Malaga, Murcia, Saragossa und aus deutschen Städten 2, (aus Posen und Danzig je 1) zur Meldung. Einzelne Erkrankungen und 1 Todesfall an Rüfallsfieber kamen aus Das bezw. aus Tilsit zur Anzeige. Der Keucbhusten bedingte in Rostock, Berlin, Hamburg und London zahlreiche Sterbefälle. Darmkatarrhe der Kinder führten in Berlin bäufiger, in Breslau, München, seltener zum Tode. Sterbefälle an Pocken wurden aus deutshen Städten 9 (8 davon allein aus Cffen, 1 aus Dortmund) gemeldet. Zahlreih waren Todesfälle an Blattern in Wien (25), in Prag, Krakau, Pest, Paris, in Warschau (47). Abgenommen haben Podckensterbefälle in London und St. Petersburg. Einzelne Sterbefälle kamen aus Chri- stiania, Brüssel, Manchester und Murcia zur Meldung. Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Von“ dem im Verlage der Königlichen Hof-Buch- und Kunst- handlung von Sigmund Soldan in Nürnberg erscheinenden großen Werke „Albrecht Dürer's sämmtliche Kupferstiche, mit Tert von Dr. Wilhelm Lübke. Nach den besten Originalen des Königlichen Kupferflichkabinets in München, durch unveränder- lihen Lichtdruck in Originalgröße reproduzirt von F, B. Ober- netter, liegen uns weitere folgende Blätter vor: Adam und Eva. Pasfion: Christus am Delberg. Passion: Die Gefangen- nehmung. Passion: Die Dornenkrönung. Passion: Die Schau- stellung Christi. Christus am Oelberg. Eisenstih. Maria mit dem langen Haar und dem Stirnband. Maria mit dem Affen. Der Apostel Philippus. Der heilige Georg zu Fuß. Der heilige Sebastian an den Baum gebunden, Die Buße des heiligen Chrysostomus. Die Entführung der Amymone. Das kleine Glück Der Marktbauer und die Bäuerin. —* Der Salkpfeifer. Kurfürst Friedrih der Weise von Sachsen. Wilibald Pirkheimer. Wir ergreifen diese Ge- legenheit, erneut auf dieses verdienstliche Unternehmen ‘der thätigen Verlagshandlung aufmerksam zu machen. Durch diese sehr gelungene Reproduktion der trefflihen Kupferstihwerke des e deutschen Meisters werden dieselben, bisher wegen ihres hohen Preises und ihrer Seltenheit nur in einigen reih ausgestatteten Museen zu finden, weiteren Kreisen zugänglich. Die Kupferstibe Albrecht Dürers sind nicht nur wegen ihres hervorragenden historischen Werthes für Kenner der Kunstgeschihte von besonderem Werthe, auch ihr hoher unvergänglicher. Kunstwerth, der die Jahrhunderte überdauert hat, macht sie für den wverständnißvollen Freund deut- {her Kunst zu einer überaus werthvollen und genußreichen Gabe. Die vorzügliche technische Ausführung wird auch den weit- gehendsten Kunstforderungen gerecht, und der begleitende Tert aus der kundigen Feder Lübke's giebt dankeswerthe historische und künstlerische Erläuterungen der einzelnen Blätter sowie der gesammten Thätigkeit Dürers als Kupfersteher. Alle Kunstfreunde ernster Richtung, welche die Größe und Bedeutung Dürers zu würdigen verstehen, werden es daher der Verlagshandlung Dank wissen, daß sie die großen Kosten und viele M he, welche das Ünternehmen verursacht, im Dienste der Kunst nicht gescheut hat; zu wünschen bleibt nur, daß sie in ihrem loben8werthen Bestreben recht rege und wirksame Unterstüßung finde. In diesem Sinne sei das Werk hier wiederholt auf das Wärmste empfohlen, auch im Hinblicke auf das herannahende Auferstehungsfest. Die große Anzahl der Bläiter, welche religiöse Stoffe behandeln, birgt eine Fülle christlich-weihevollen Gehaltes, und eignet \ich das Sfr, Ie recht eigentlich zu einer ebenso würdigen wie werthvollen

ergabe.

Im Verlage von Emil Prager hierselb ist soeben erschienen : „Wilhelm Wieprecht, Direktor der sämmtlihen Musikchöre des Garde-Corps, sein Leben und Wirken, nebst einem Auszuge seiner Schriften", von A. Kalkbrenner, Musikmeister im 42. Infanterie- Regiment. Die kleine Schrift giebt den interessanten Lebensabriß des seiner Zeit bei den Berlinern außerordentlich beliebten und populären Mannes von seinen erfien Lehrlingsjahren an (er war 1802 in Ascher8- leben als Sohn des dortigen städtishen Musikmeisters geboren) bis zu seinem nach ehrenvollster Laufbahn im Jahre 1872 erfolgten Tode. Die großen Verdienste Wieprehts um die Reorganisation der preußi- \{en Militärmusik find allgemein anerkannt : hauptsäcblich seinen grundlegenden Bemühungen ift es zu verdanken, daß dieselbe auf den im Auslande, in Paris und Philadelphia, stattgehabten Wett- fämpfen den internationalen Siegespreis davongetragen hat. Um fo dankenswertber ist die hier gebotene knapp gefaßte Geschichte der allmählichen Entwickelung unserer Militärmusik, welbe nament- lih durch die mitgetheilten Briefe an den Geheimen Hofrath Louis Schneider (den Sohn seines Amtsvorgängers, des Musikdirektors Abraham Schneider) lebendig illustrirt Ävird, insofern diese einen lebendigen Einblick gewähren in seine Ideen und seine uner- müdlichen Bestrebungen in der Richtung auf Vervollkommnung. Dasselbe gilt von den im Anhange abgedruckten Vorreden zu seinen Bearbeitungen einiger größeren Orchesterwerke für Militärmusik. Ein ganz eigenthümlies Interesse aber be- an1pruchen die Mittheilungen über sein Zusammentreffen mit dem Pariser Instrumentenmacher Sax in Coblenz, welcher ihm bei dieser Gelegenheit Rede stehen mußte wegen der von Sar in Anspruch ge- nommenen, in Wirklichkeit deutswen Erfindung der Ventil-Instrumente (von Stölzel und Blümel). Das hübs{ch ausgestattete Werkchen ist mit dem sprechend-ähnlihen Porträt Wieprechts in Lichtdruck geziert und ihm Facsimiles aus Briefen von Liszt, Meyerbeer, Spontini und Ole Bull beigegeben.

Land- und Forstwirthschaft.

In der Königlichen Gärtner-Lehranstalt zu Sans- \souci bei Potsdam fand am Sonnabend, den 25. März d. Is., die Abgangéprüfung von 13 Eleven in Gegenwart des Kuratoriums und unter Leitung des Direktors der Anstalt statt.

Von den auf der Anstalt befindliben 33 Gleven wurden 13 Eleven geprüft und erhielten 12 das Prädikat Gartenkünstler und einer das Prädikat Kunstgärtner.

Von dem verbliebenen Bestande von 20 Eleven gehören an: den Provinzen: Brandenburg 4, Pommern 2, Sacbsen 2, Scleswig- Holstein 1, Hannover 2, Hessen-Nafsau 1; dem Königreich Bayern 1 ; den Großherzogthümern : Mecklenburg 1, Oldenbura 2; den säcbsischen Herzogthümern 1, dem Fürstenthum Reuß 1, der Stadt Hamburg 1, Bremen 1.

Die Zahl der neu aufgenommenen Eleven beträgt 17.

iervon stammen aus den Provinzen: Ostpreußen 1, Brandenburg 8, gets 2, Swlesien 1, Sbleswig-Holstein 1, Rheinprovinz 1 ; dem Großherzogthum Mecklenburg 1, dem Fürstenthum Neuß 1, der Stadt Bremen 1, N

Bestand für den Kursus vom 1. April 1882 bis dahin 1883 în Summa 37 Eleven. :

In der bei der Königlichen Landesbaumschule zu Alt-Geltow be- stehenden ersten Abtheilung wurde ein Zögling entlassen und einer neu aufgenommen, so daß daselbst ein Bestand von 3 Zöglingen verbleibt. « N ;

Greifenhagen (Prov. Pomm.), 20. März. Der „N. St. Z. s{reibt man: Die Befürchtungen, zu denen die Ernte des verflossenen ungünstigen Sommers Anlaß bot, haben sich erfreuliher Weise hier nur \{wach erfüllt. Dem ausnahmsweise milden Winter ist es ju verdanken, daß der befürchtete Futtermangel si nit in dem Maße fühlbar gemacht hat, wie mancher Landwirth im Herbste annehmen mochte. Einerseits konnte das Vieh ungewöhnli lange auf den Weidepläßzen Nahrung finden, andererseits hat die reihlich und gut gewonnene Kartoffel, die außerdem keine Einbuße dur Lieferungen nach dem Auslande erlitt, manhen Ausfall gedeckt. Wegen ihrer ergiebigen Menge konnte sie zur Viehfütterung verwendet werden; zudem gelang es den praktishen Landwirthen, wohl manche Mittel und Wege zu ersinnen, um. dem befürchteten

uttermangel durch Ersaß anderer Nährmittel Abhülfe ju leisten. es kommt noch die günstige Aussicht auf eine frühzeitige Ent- wickelung der ganzen Vegetation. Auf diese Weise sind wohl nur die