1882 / 77 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 30 Mar 1882 18:00:01 GMT) scan diff

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bahn ausgeführt werden solle. Die Regierung wolle sich au als Rechtsnachfolgerin jener Privatgesellshaft dieser Ver- pflihtung nicht entziehen, das Projekt dafür sei auth bereits ausge- arbeitet, es seien aber Schwierigkeiten mit der braunshweigischen Regierung eingetreten, die erst beseitigt werden müßten. Die Aufgabe des Baues werde bald gelöst werden, auf welche Weise dies aber geschehen werde, lasse sich im Augenblicke noch nit sagen. Der Antrag des Referenten wurde hier- auf angenommen.

Dritter und leßter Gegenstand der Tagesordnung war die einmalige S(hlußberathung über die Uebersicht über die Verwaltung der fiskalishen Bergwerke, Hütten und Salinen im preußischen Staate während des Etats- jahres 1880/81.

Der Referent Herr Dr. Baumstark berihtete dem Hause Über diese Ergebnisse, indem er hervorhob, daß dieselben ein ret erfreulihes Bild gewährten, und beantragte, diese Ueber- sicht nach befriedigender Kenntnißnahme für erledigt zu er- klären. Das Haus trat dem Antrage ohne Debatte bei.

Sehluß der Sißung 13/, Uhr. Nächste Sißung morgen 12 Uhr. Tagesordnung: Etatsberathung.

Der S&lußbericht über die gestrige Sitzung des Hauses der Ab geordneten befindet sih in der Ersten, das Protokoll der elften Sißung des Volks- wirthshafstsraths in der Zweiten Beilage.

Jn der heutigen (45.) Sißung des Hauses der Abgeordneten, welcher der Vize-Präsident des Staats- Ministeriums von Puttkamer und der Staats-Minister von Goßler mit mehreren Kommissarien beiwohnten, theilte der Präsident von Köller den nah kurzer Krankheit erfolgten Tod des Abg. Gajewski, Vertreters des 8. Königsberger Wahl- kreises, mit und forderte das Haus, auf sein Andenken in der üblichen Weise zu ehren. Sodann machte der Präsident Mit- theilung von dem Eingang einer Vorlage, betreffend den Bau eines Schiffahrtskanals von Dorimund über Münster nach den Emshäfen zur Verbindung des rheinisch-westfälishen Kohlen- gebietes mit den Emshäfen.

Auf der Tagesordnung stand heute zunächst die zweite Berathung des Entwurfs eines Gesetzes, betreffend Ab- änderungen der kfirhenpolitischen Gesetze, und zwar der Regierungsvorlage, da die Kommission bezüglich dieser Vorlage im Ganzen einen ablehnenden Beschluß ge- faßt hatte. Der Referent derselben, Abg. Dr. Grimm, er- klärte auch im Anfang der heutigen Verhandlung, daß er nd außer Stande sche, Beschlüsse der Kommission zu vertreten.

Art. 1 der Vorlage lautet: „Die Art. 2, 3 Und 4 in dem Geseg vom 14. Juli 1880 treten mit der Verkündung des gegenwärtigen Gescßes wieder in Krast“. Seitens der Abgg. n g SIOUpE und Genossen waren folgende Anträge estellt :

8 Das Haus der Abgeordneten wolle bescliecßen :

1) Im Artikel 1. Hinter dem Worte „Geseßes" einzuschalten : „auf die Zeit bis zum 1. April 1883“.

2) An Stelle des Artikel 2 zu seten:

Artikel 2.

Hat der König einen Bischof, gegen welchen auf Grund der SS. 24 ff. des Gesetzes vom 12. Mat 1873 durch gerichtliches Urtheil auf Entlassung aus seinem Amte erkannt ift, begnadigt, \o gilt derselbe wieder als staatlich anerkannter Bischof seiner Diszese.

In sonstigen Fällen, in welchen auf Grund der 88. 24 ff. des Gesetzes vom 12, Mai 1873 oder des S. 12 des Gesetzes vom 22. April 1875 auf Entlassung aus dem Amte erkannt ist, werden die Folgen der ergangenen Erkenntnisse auf die Unfähigkeit zur Bekleidung des Amtes und die im Artikel 1, Aas 2, und 3 des Geseßes vom 14. Juli 1880 aufgeführten Folgen eshränkt, i sofern niht inzwischen eine Wiederbeseßzung der Stelle erfolgt ijt.

3) An Stelle des Artikel 3 zu setzen:

Artikel 3.

Von Ablegung der im §8. 4 des Gefeßes vom 11, Mai 1873 vorgeschriebenen wissenschaftlichen Staatsprüfung sind diejenigen Kandidaten befreit, welche durch Vorlegung von Zeugnissen den Nachweis führen, daß sie die Entlassungsprüfung auf einem deutschen Gymnafium abgelegt, sowie ein dreijähriges theologisches Studium auf einer deutschen Universität oder auf einem in Preußen bestehenden fkir{lichen Seminare, welches nach dem Gejetze die Universität zu erseßen geeignet ist, zurücgelegt und während dieses Studiums Vorlesungen aus dem Gebiete der Philosophie, Ge- cite und deutschen Literatur mit Fleiß gehört haben.

Der Minister der geistlichen Angelegenheiten ift ermächtigt, auch im Uebrigen von den Erfordernissen des §, 4, sowie von dem Erfordernisse des 8. 11 des Gesetzes vom 11. Mai 1873 zu dis- pensiren, au ausländiscen Geistlichen die Vornahme von geist- lihen Amtshandlungen oder die Ausübung einer der im 8, 10 er- wähnten Aemter zu gestatten. Die Grundsätze, nad welcben dies zu gesehen hat, sind vom StaatsMinisterium mit Königlicher Genehmigung festzustellen.

4) Als Artikel 3a. einzuscalten:

Artikel 3 a,

Die Ausübung der in den 88. 13 ff. des Geselzes vom 20, Mai 1874 und in den Artikeln 4 ff. des Gesetzes vom 21, Mai 1874 (Ges.-Samml. S. 139) den Präfentationsberechtigten und der Ge- meinde beigelegten Befugniß zur Wiederbesetzung eines erledigten geistlichen Amtes und zur Einrichtung einer Stellvertretung in demselben findet ferner nit statt.

5) Die Artikel 4 und 5 abzulehnen.

Der Abg. Dr. von Cuny erklärte Namens seizer Partei den Artikel 2, den Bischofsparagraphen, für völlig unannehm- bar, weil das Ansehen des Staates gefährdet wäre, wenn ein in aller Form abgeseßter Bischof wieder zurückgeführt würde, Wer sich zum Privzip der Stärkung und Erhaltung der Autorität des Staats bekenne, könne einer solhen Maßnahme nicht zustimmen. Seine Partei könne außerdem keinem An- trage zustimmen, der diesen Paragraphen in \ih aufgenommen habe. Wenn man glaube, auf diesem Wege dem Frieden wisckcen Staat und Kirche näher zu kommen, so irre man Ebr, Der einzige Weg zu einem modas vivendi sei der, welchen der Papst vor 2 Jahren in seinem Schreiben an Bischof Melchers angedeutet habe. Redner erinnerte daran, daß die Benennungspfliht keineswegs cine der Kirche bisher unbekannte Last involvire; habe dieselbe doch bis zum Aus- bruch des Kulturkampfs unangefohten bestanden. Er hoffe, daß die Regierung dem auf Grund des Art. 2 zu Stande gekommenen Komproniisse zwischen Konservativen, Centrum und Polen 1 iht die Sanktion ertheilen werde.

er Abg. Dr. Windtho1st erklärte, daß er die Erregung

des Vorredners um so cher verstehe, als dessen Partei ja im Schwinden begriffen sei. Man möge sich hüten, Fragen von der eminenten Bedeutung wie die vorliegende vom Parteistandpunkt aus zu beurtheilen. Die jebige politis&-kirchlihe Entwidelung der Dinge sei lediglih ein Produkt ter liberalen Gelüste, Unter einem absoluten Negis- ment wäre der Kulturkampf etwas Unmöglides gewesen. Der Pseudoliberalièmus allein babe die unheilvolle Unter- brehung des Zustandes nah 1848 zu Wege gebracht. Der

Vorredner vergesse, daß der Art. 2 nicht von den Konser- iven, sondern von der Regierung unter Sanktion Sr. Majestät des Königs vorgeschlagen sei. Daß die Konser- vativen, die früher mit der Partei des Vorredners Hand in Hand gegangen, jeßt deni Centrum ihre Unterstüßung liehen, dafür danke er ihnen. Eine Lobrede wolle er freilich deswegen auf sie niht halten, da ihr Verhalten doch noch Manches zu wünschen übrig lasse. Auch seien ¿hre Absichten keinesweg so selbsilos, wie man denke; sie hofften damit au für die evan- gelische Kirche einen Gewinn zu machen, näwlich das Kultur- examen los zu werden. Es dämmere bei ihnen nur etwas von Gerechtigkeit. Den Widerstand gegen Art. 2 begreife er niht. Derselbe sanktionire nur ausdrüdlih das dem Könige ohnehin zustehende Begnadigungsreht. Er freilich stehe mit seiner Partei auf dem Ständpuntkte, daß ein rihterclihes Urtheil die Bischöfe der Kirche nicht zu amoviren vermöge. Dem Antrage Rauchhaupt, als dem Resultat des Kompromisses, stimme er bei. Der Kompromiß wäre {on in der Kommission zu Stande gekommen, wenn dort nicht eine geschickte Hand den Art. 4 eingeschoben hätte. Mit der Zustimmung zu Art. 1 bringe er ein nit geringes Opfer. An sih fei die dis- fretionäre Gewalt immer unannehmbar, weil sie keine sichere Basis für die Kirche darbiete. Es habe ihr deshalb eine be- stimmte zeitliße Grenze geseßt werden müssen. Nie werde seine Partei von dem Verlangen einer gründlichen Revision der ganzen Maigeseygebung ablassen, ohne die ein klares Verhältniß zwischen Staat und Kirche sih nit herbei- führen lasse. Die Fristbestimmung solle an die endliche Vor- nahme dieser Revision erinnern.

Der Abg. Götting erblickte keine Veranlassung dafür, von der Maigeseßgebung allmählich mehr und mehr abzubröckeln. Warum solle man Nom entgegenkommen, während dieses felbst an keine Gegenleistung denke? Dazu komme, daß die Regie- rung, wie sie wiederholt erklärt habe, nie daran denken werde, etwas Wesentliches aus den Maigeseßen aufzugeben. Bevor nicht genau feststehe, was geschehen solle, wenn die Frist ab- gelaufen sei, könne seine Partei dieser und ähnlichen Vorlagen nicht zustimmen. '

Bei Schluß des Blattes hatte der Staats-Minister von Goßler das Wort.

Wegen Erpressung aus 8. 253 des Strafgeseßz- buches ist nach einem Urtheil des Reichs gerichts, I. Straf- senats, vom 5. Januar d. F, der Thäter nur dann zu be- strafen, wenn ihm bewußt ist, daß der Bermögensvortheil, den er sih dur seine That verschaffen will, ein rechtswidriger sei; dagegen ist er beispielsweise nit strafbar, wenn er einen Rechtsan)pruch zu haben glaubt und nur weiß, daß ihm die Beweise fehlen, um mit seinem Anspruch auf dem Civilklage- wege durzudringen. „Ein Vermögensvortheil, auf welchen der Thäter ein Recht zu haben glaubt, kann auch dure die Realisirung dur das rehtswidrige Mittel der Drohung nicht zu einem rechtswidrigen werden. Die Anwendung jenes rechts- widrigen Mittels kann möglicherweise den Thatbestand der Nöthigung im Sinne des 8. 240 Strafgeseßbuchs, wenn die übrigen in dieser Richtung erforderlihen Merkmale zutreffen, nicht aber den Thatbestand der Erpressung begründen.“

_—_— Das Geseh vom 14, Mai 1879 hat den Zweck, das Publikum vor Benachtheiligungen dadurch zu schüßen, daß es Denjenigen, welcher verdorbene, nachgemachyte oder verfälschte Nahrungsmittel feil hält oter verkauft, nöthigt, den Kauftiebhabern die Möglichkeit zu gewähren, von der, wenn auch nit absolut unbrauchbaren ‘oder gesundheitsgesährlichzn, so doch minderwérthigen Beschaffenheit der Waare Kenntniß zu nehmen. Es is, nach einem Erkenntniß des Reichs- gerichts, II. Strafsenats, vom 3. Januar d. J, für das kaufende Publikum gleihgültig und die tur Verschweigung der {lehten Beschaffenheit der Waare herbeigeführte oder wenigstens mögliheTauschung und Vermögensbeschadigung bleibt dieselbe, ob die der Waare anhaftenden Mängel ers nach deren Verfertigung entstanden oder {on vorher in den verwende- ten Materiale vorhanden waren (im vorliegenden Falle han- delte es sich um das Fleisch ungeborener Kälber).

Wiesbaden, 27. März. Nach Verlesung des Protokolls und Vertheilung neuer Eingänge wurde in der heutigen 7, Plenarsißung des Kommunal-Landtages auf Bericht der einanzkommission auf das Schreiben der Königlichen Regierung, betreffend die Unterhaltung der Saalburg bei Hombura, be- lossen, für die Restaurirung und die Erhaltung der Saal: burg eine Unterstüßung von 3000 M aus allgemeinen ständishen Fonds zu bewilligen mit der Maßgabe, daß die: selbe in 3 nacheinander folgenden Jahresraten von je 1000 44 dem Gemeindevorstande der Stadt Homburg ausbezahlt und diesem die Verpflichtung auf rlegt werde, feinerseits im Ein vernehmen mit dem dortigen Comité díe Obsorgunz für die geeignete Verwendung zu übernehmen und dem kommunal- ständischen Verwaltur.gsaussc{husse alljährlich Viittheilung darüber zu machen.

Auf den seriht der Kommission zur Begutachtung des Entwurfs einer Feuer-Polizeiveroronung für die vormals nassauishen Theile dcs Kegierungstezirks Wiesbaden mit Ausnahme der Stadt Wicsbaden wurde der Entwurf mit den von der Kommission vorgeschlagenen Aenderungen angenomnen.

Auf den Bericht der Rechnungé-Prüfungskommission zu der Nehnung 1) des Wegebaufonds pro 1878 79, 2) des Wegebaufonts pro 1879 80, 3) Über den Bau der Straße von Freilingen nach Langenhahyn, 4) der Heil- und Pslegeanstalt Eichberg pro 1878 79, 5) der Heil- und Pflegeanstalt Eichberg pro 1879/80, 6) dec Brandkasse pro 1878, 7) der Brandkasse pro 1879, 8) der Landesbank und Sparkasse pro 1877, 9) der Landes- bank und Sparkasse pro 1878, 10) der Landesbank und Spar- kasse pro 1879, 11) der ständischen Centralverwaltung pro 1880/81, 12) der Wilhelm- Augusta Stiftung pro 1879/80 und 81, 13) des Entsdä igungéfonts für getödtete roykranke Pferde, 14) des Entschädigungsf„nds für getödtetes l1ungenseuche- krankes Nindvich pro 1880 81, 15) der Hülfskasse pro 1880/81, 16) des Taubstummenivystituts zu Camberg pro 1880/81 (Kreditüberschreitung), 17) der Adolphéstiftung pro 1880/81 wurde beantragt und genehmigt, Decharge zu ertheilen.

Auf die Berichte der Eingabenkommission wurde 1) ein Rekursgesuh der Frau Mathilde von Reppert zu Dresden um Diépensation vom Wiederaufbau ihres zu Langenschwal- bach abgebrannten Hauses abgewiesen, 2) auf das Gesuch der Gemeinde Zsselbah um Gewährung eines Zuschusses aus ständishen Mitieln zur Bestreitung von Gemeindeausgaben noch 10 Proz. der Gesamnibaukoiten bewilligt, 3) auf die Eingabe des Centralvorstandes des Gewerbevereins für Nassau,

betreffend die Erhöhung der Versicherungsbeiträge sür die nassauishe Brandkasse, beshlossen: a, daß der Erhebungs-

termin für die Brandkassenbeiträge für die Zukunft regel- mäßig auf den 1. August oder einen späteren Zeitpunkt fest- zuseßen sei, b. den Antrag des Centralvorstandes des

ewerbevereins, betreffend die Erhebung der Brand- kassenbeiträge von dem im Laufe des Jahres eingegangenen Versicherungen, dem Verwaltungsaus\chus}se zur Berücksichtigung bei einer demnähstizen allgemeinen Revision des Brandkassen- reglements zu überweisen.

Münster, 23. März. Nachdem der am 19. d. Mts. eröffnete westfäliscche Provinzial-Landtag in seiner ersten Plenarsizung die Mittheilungen des Lantags-Marschalls bezüglih der zur Vorberathung der Landtagsvorlagen und Anträge gebildeten 8 Auss{ü}se und anderer geshäftlihen Angelegenheiten entgegengenommen hatte, fand am 2. d. Mts. eine zweite Landtags- sißung statt. Jn derselben wurden die dem Landtags- Marschall zugegangenen Anschreiben des Landtagskommissars sowie ein Verzeichniß der sonstigen für den Landtag ein- gegangenen Geschäftssahen zur Kenntniß der Versammlung gebraht und zuglei die Ausschüsse bestimmt, denen die einzelnen Gegenstände zur Vorberathung zuzuweisen waren.

In der am 26. d. Mts, abgehaltenen dritten Plenar- versammlung wurde zunächst der von det provinzialständischen Verwaltungsaus\chuß ausgearbeitete Entwurf eines Reglements, betreffend die Fürsorge für die Wittwen und Waisen der Be- amten des Provinzialverbandes , berathen und ange- nommen. Den Vorschlägen des ständischen Ausschusses entsprehend, wurde ferner die Errichtung einer Jrren- Siechenanstalt auf dem von dem Provinzialverbande erworbenen Gute Eickelborn in Kreise Lippstadt be- \hlossen und die Wahl eines ständischen Wegebau-Direktors in der Person des bisher mit der kommissarischen Verwaltung dieser Stelle beauftragten vormaligen Königlichen Polizei-Raths Kettner aus Cöln bestätigt. Jmgleichen wurden die Etats der Provinzial Wegebauverwaltung fowie der Unterstüßungsfonds für die Wittwen und Waisen von Straßenaufsehern und Wärtern festgestellt, dagegen ein Anirag des Vaterländischen Frauen- Vereins auf Bewilligung einer Beihülfe aus Provinzial- mitteln abgelehnt.

An den bisherigen Verhandlungen haben 52 Vertreter der N tterschaft, der Städte und der Landgemeinden Theil genommen, Von den Mitgliedern des Standes der Fürsten und Herren ist bisher Keines persönlich erschienen, dagegen werden zwei derselven durch Vertreter repräsentirt.

Bayern. München, 29, März. (W. T. B) Jn der heutigen Sizung der Abgeordnetenkammer stand das Budget \ür das Kultus-Ministerium auf der Tages- ordnung. Die Gencraloebatte wurde von dem Abg. Nittler eingeleitet, welcher ausführte, daß das Placet der göttlichen Lehrfreiheit der Kirche widerstreite, Die Regi:rung sei in manchen Punkten entgegengefommen, und die Kanmermehrheit begrüße dies als cinen Schritt zum Frieden. Gleichwohl müsse die Kammermehcheit ihre bisherige Stellurg aufrecht erhalten und unausgeseßt die Erreichung des ganzen Zieles anstreben. Der Abg. von Schloer bat, von Fragen abzusehen, deren Erörterung abjolut unpraktisch sei; die Regierung sei bis zu der Grenze des Möglichen entgegengekommen. Wenn alle Forderungen der Kanmermajorität erfüllt werden sollten, bevor dieselbe Frieden \{ließe, werde der Frieden in Bayern nie- uals einkehren. Das Placet bestehe au in allen anderen Staaten, und außer der katholishen Kirche gebe es auch noch andere Religionsgenossen chaften. Der Abg. Hafenbrädl er- klärte, daß die äußerste Rechte von dem Gange der Opposition gegen den Kultus-Minister nicht befriedigt sei, und daß dieselbe deshalb ihre Abstimmung immer nur von Fall zu Fall einrichten werde. Der Abg. Schels kündigte cinen Antrag auf Auslösung des Kultus-Ministeriums und Vertheilung der Geschäfte desselben on das Justiz-Ministe:'ium und das Ministerium des Fnnern an und bemerkte, daß es dadur vielleicht werde möglich werden, das System Luß zu beseitigen. Redner sührte cine Reihe von Klagen gegen Luß auf dem Gebiete der Kirche und Schule an und meinte, der Kultus-Minister bleibe der Alte; von ihm sci keine Abhülfe zu erwarten. Auch Bayerns Selbständigkeit wahre er in ungenügender Weise. Der Kultus-Minister von Luß erklärte, es würde jedem be- liebigen bayerishen Minister unmöglih sein, sämmtliche Wünsche des Abg. Nittler zu erfüllen. Daß die Summe seiner Zugeständnisse nicht eine größere sei, liege darin, daß die katholische Kirche in Bayern fast Alles {on habe. Würden Rittlers eFriedensbedingungen acceptirt, so gäbe es erst ret keinen Frieden. Er, der Minister, köónne cine wesent: lie Modifikation seiner kirhenpolitishen und staatsrehtliczen Anschauungen nicht versprechen; er reiche aber bie Hand zu cinem modus vivendi auf thatiächlihem Gebiete. Ein fsolh-r sei jedo unmöglich, wenn der Friede nur von einer Scite gchalten, von der andern aber der Krieg fortgeseßt werde. Den Antrag Schels ernsilih zu bekämpfen, werde ihm Niemand zumuthen. Sei übrigens Schels sicher, ob er (Luß) nicht Justiz-Minister würde?

Hessen. Darmstadt, 29. iur, (W. T. B) Der Großherzog wird sich am nächsten Montag mit den Prin- zessinnen Victoria und Elisabeth nah Berlin be- geben, um der Feier der Konfirmation der Prinzessin Victoria und des Prinzen Leopold beizuwohnen.

Besterreich-Ungarn. Wien, 29. Mär: W. T, V.) Der Großfürst und die Großfürstin Wladimir sind heute Viittag 11'/, Uhr, nachdem sie sih vom Kaiser, der dieselben nah dem Bahnhofe begleitete, auf das Herzlichste verabschiedet hatten, nach Rom abgereist, Der Groß- herzog von Mecklen burg-Schwerin hat \ich heute Abend von der Kaiserlichen Familie verabschiedet und darauf um 71/, Uhr seine Nückreise nah Schwerin angetreten.

30. Värz. Die „Wiener Zeitung“ veröffentlicht das sanktionirte Finanzgeseß pro 1882 und die Ernennung des bisherigen Gesandten in Bukarest, Grafen Hoyo0os, zum Sektionschef im Ministerium des Auswärtigen.

Amtlich wird gemeldet: Eine von Trnowo entsendete Streifskolonne trat am 25. d. bei Mrezica mit einer von Foca aus operirenden Kolonne, welche bei Stuke-Han eine kleine Schaar Jnsurgenten vertrieben hatte, in Verbindung. Jm weiteren Verlaufe des Streifzuges wurden keine Fnsurgenten gesehen. Die meisten Ortschaften wurden von Männern verlassen gefunden. Am 27. März wurde ein Vorposten bei Horovice nächst Cajnica von etwa 200 lang ange- griffen. Lehtere wurden nah einem dre: tündigen Gefechte zurückgeworfen. Auf Seite der Truppen 1 Offizier todt,

2 Mann verwundet. Die Jnsurgenten hatten einen Verlust von 7 Todten und 15 Verwundeten.

Triest, 30. März. (W. T. B.) Der ArgcGimandrit Radulovics und mehrere andere Gefan-ene aus der Herzegowina sind, von einem Stabsoffizi.r begleitet, hier an- gekommen. - i

Zara, 30. März. (W. T. B.) Bei Dablica im Bezirke

Stolac (Herzegowina) griffen 200 JFnsurgenten eine Pa- trouille von 25 Soldaten, zwei Gensd'armen und 2 Panduren an. as Patrouille zog sich nach einem dreistündigen Gefecht urüd,. G Pest, 29. März. (W. T. B.) Das Unterhaus nahm den Geseßentwurf betreffend die Schiffahrtsvervindung Fiumes mit den westeuropäischen Häfen und ben Vertrag mit der Ge- sellschaft „Adria“ an. ®

Schweiz. Bern, 27. März. (N. Zürch. 31g) Die Landesbefestigungs - Kommission hat heute ihr Arbeitsprogramm festgestelit. Es werden nun die Akten studirt, worauf die Kommission dann wieder zusamnentreten wird.

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Frankreih. Paris, 28. März. (Cöln. Ztg.) Im Ministerrath wurden heute zwei Gesetzentwürfe über die Organisirung Tunesiens berathen, doch is noch fein Beschluß gefaßt. Die Parlamentsfecien werden vom 1, April bis 2. Mai dauern. : :

29. Värz. (W. T. B.) Die Kommission der Deputirtenkammer für Vorberathung des Antrags Boysset auf Aufhebung deë? Konkordats lehnte die Trennung der Kirche vom Staate ab und beschloß, daß Mittel und Wege zu suchen seien, um auf gesezlichem Wege die Verhältnisse zwischen der Kirche und dem Staate zu reformiren. A A

Der Kriegs-Minister bereitet die Ocganisation einer Spezialarmee für Afrika vor. :

Toulon, 29. März. S B) Gin Geschwader wird unverzüglich auslaufen, um nach den Küsten von Tunis zu gehen.

Italien. Rom, 29, März. (W. T. B) Die neu ernanxten Bischöfe taben den Eid in die Hände des Kardinals Mertel abgelegt. Morgen findet cin öffent- lites-Konsistorium statt.

Türkei. Konstantinopel, 29. März. (W. T. B.) VBe- züglich der Kriegsentshädigungsfrage überreichte dec russische Botschafter von Novikoff der Pforte eine Note, worin er, da seit der legten Besprehung vierzehn Tage ver- flossen seien und er noch keinerlei Antwort erhalten have, die Pforte um Beantwortung der Garantiefrage bittet und ihr die Wahl zwischen zwei mit der Pforte und dem Palais Ver: handelten Projekten überläßt, zugleih aber jede neuerliche meritorishe Verhandlung der Frage ablehnt.

Nußland und Polen. St. Vetersburg, 30. Mäzz, (W. T. B.) Der „Regierungs- Anzeiger“ meldet: Der Minister für Volksaufklärung, Baron Nicolai, ist mittelst Kaiserlihen Handschreibens auf seine Bitte seines Postens enthoben und der Staatssekretär Dalja no ff zu seinem Nachfolger ernannt worden.

Dánemark. Kopenhagen, 27. März. (Hamb. Corr.) Das interimistishe Budget pro 1882/83, welches am Sonnadend vom Folkething in dritter Lesung angenommen worden war, stand heute im Landsthingz zur ersten Lesung. Nach kurzer Diskussion wurde die Vorlage mit 45 Stimmen gegen eine Stimme angenoinmen und zur zweiten Lesung verwiesen. Eine größere Anzahl von Mitgliedern enthielt sich der Abstimmung.

Zeitungsfstimnren.

Das Erscheinen des dritten Bandes von Noschers „volks- wirthschafstlihem Systeme“, in dritter Auflage, giebt der Augsburger „Allgemeinen Zeitung“ Veranlassung. „Wilhelm Roschers Nationalökononik“ zwei längere _Artifcl zu widmen. Wir entnehmen dem ersien dieser Auf!äte folgende Stellen: : : |

Gbenso wie in der kleingewcrblichen Frage, sicht unser Autor in Betreff der Arbeiterfrage nur da Heil erwasen, wo die Freiheit, durch forporative Gestaltungen, eine organisch?2 Entfaltung erlangt. Bei blos atomisirten Zuständen ballen si die Klassen zu unversöhn- lien Kampfparteien zusammen, und die erboffte Zunahnte der Gleicbheit sc{lägt in die gefährlichste Ungleichheit, die Fessel- losigkeit wieder leiht in Stürme um, welche fast immer zum Verluste aller politischen, wirthscbaftlichen und sozialen Freiheit führen, wie dies die Geschichte wiederholt bewiesen hat. „Aub bier in der Arbeiterfrage“ sagt Roscher „ist cin gesundes éorvoratives Leben die freihßeitlihste und do sicherste Lösung der Fraze. Schließen zwei Genossenschaften von Unternehmern und Arbeitern mit einander Frieden, fo wird der abfallélustige Arbeiter \s{Won dur die Furcht, von seinen Genossen ausgestoßen zu werden, treu erhalten ; und ein Fabrikherr, welcher seine Leute \{lechter bebandeln wollte, als die Genossenschaft seiner Konkurrenten, würde \{chwerlich noch Ar- beiter finden.“ : !

Au in der handelspolitishen Frage zeigt |ch{ch unser Autor in gleider Weise frei von ertremer Einseitigkeit und doktrinärem Abso- lutièmus, Schon in seinem, zu Anfang der vierziger Jahre ver- öffentlibten „Grundriß der Staatäwirthschaft“ wendet er sich gegen das unbedingte Verurtheilen der Schutzollpolitik, wie es damals und noch lange nacher allgemein im Schwange war. Man be- denke doch wenigstens, wie unmwvahrsceinlib es sci, daß eine dur Jahrbunderte fort von so vielen tücbtigen Nationen und Staatéèmännern geübte Praxis ganz grundlos sein sollte Wenn es auch wahr sei, daß Grundsätze, welche, auf ge- wisser Kulturstufe geübt, kbeilsame Folgen haben, zu FJrr- thümern werden, sobald man ihnen absolute, allgemeine und bleibende Gültigkeit zuschreibe, so dürfen diese Grundsätze doc darum noch nibt als abfolut irrige hingestellt und verworfen werden. Jun solcher Auffassung der Dinge hat Roscber dem damals fo vielfach ge- {mähten, nun in seiner Genialität erkannten Friedrich List [on früh gerechte Würdigung zugewendet und die Ansicht vertreten, daß Nationen, welcbe im Uebergange vom Ackerbau zum Zndustrieleben begriffen sind, aut daran thun, cine protektive Handelépolitik zu üben.

In dieser Weise hat Wilhelm Roscher {on vor dreißig Jahren die Sache aufgefaßt. Nicht anders urtheilt er heute, Eine unbefan- gene Betrachtung der thatsäcliden Verhältnisse und der historischen Situation mandcr Völker werde zugeben, daß einem in der Industrie erst nabrückenden Volke die ungehemmte Konkurrenz der autgereiften fremdländishen Industrie sehr binderlih werden könne. Dem cinen Volke werde leiht auf solbem Weg über die angemessene Zeit binaus die Rolle des platten Landes zugewiesen, während das andere Land die Stellung einer industriell berrs{benden Stadt fortüben „Und aus- beuten könne. Auf internationalem Gebiet kann dieses Verhältniß nicht ein für alle Zeit beilsames bleiben. Wenn ein weise geleitetes Scuß- svstem bestimmt ist, für cine gewisse Periode geübt zu werden und in solcher Lage Hülfe zu bringen, dann sei wohl das Scbeltwort , Treibhaut-

pflanze“ nit ganz am Platze. Es sei berechtigt, eine junge, ent- wicklungsfähige Pflanze zu beshübßen, wenn nur der erwachsene Baum der Industrie später genöthigt wird, sich „allem Winde, Regen und Sonneuscbein der Konkurrenz“ voll autzufeten. Wie bei jeder Er- ziehung, müsse sicherlich aub hier vernünftigerweise nur auf die spätere Selbständigkeit des Zöglings abgezielt werden. Die Opfer, welcbe durch eine schütßende Zollpolitifk dem Konsum sür einige Zeit aufgelegt werden müssen, seien, im berebtigten Falle, mit den Er- ziehungsfkosten oder mit dem für die Saat aufgewendeten Korn zu vergleichen. Und das Opfer ist gerechtfertigt, sobald nur „das Saat- korn fräftig, der Boden frutbar und gehörig bestellt, die Jahreszeit günstig ist“. i L

- Der „Ledermarkt“ äußert ih über den Außenhandel der deutschen Lederindustrie im «Januar 1882, wie folgt:

Die Ausweise des statistishen Amtes liefern über den Monat Januar für die deutsche Lederindustrie ganz erfreuliche Ziffern ; sie ergeben in fertigem Leder und Lederwaaren durhfcnittlich gegen den gleihen Monat im Vorjahr eine Verminderung der Einfuhr und gleichzeitig eine Erhöhung der Ausfuhr. Es betrug: :

Januar 1881 Januar 1882 2 Einfuhr Ausfuhr Einfuhr Ausfuhr Doppelctr. Doppelctr. Doppelctr. Doppelctr. Leber aller Ant 1926 2637 1467 3261 Solebe 08I0 530 1168 872 Handschuhleder , Kor- ¿ H duan, Maroquin 2c. 208 1635 185 1931 Halbgare und gegerbte unzugerichtete Ziegen- A l und Schaffele . . 1521 87 1261 _82 Schuhmacherwaaren . 304 713 2774 728 N Lederwaaren . 168 1831 182 2249 ederne Handschuhe . 25 177 20 204 Es hat sib die Ausfuhr gehoben geaen Januar 1881 bei Leder aller Art um 624 Doppelctr. Sohlleder A Handscbuhleder 2c. 296 s Feine Lederwaaren , 418 , oder dem Werthe nach bei diesen vier Positionen um etwa 14 Millionen Mark; bei den übrigen Positionen sind die Aenderungen wenig erheb- lih, Die Verminderung der Einfuhr gegen Januar 1881 Läßt si in Leder und Lederwaaren auf etwa 300000 4 dem Werthe nach taxiren. Diese Besserung in unserer Handelsbilanz betreffs fertiges Leder ist besonders bemerkenswerth, weil der Monat Januar durch die Börsenkrise und den theuren Geldstand den_ Unternehmu ngsgeist lähmte und wenn trotzdem derartig günstige Ziffern erzielt wurden,

so spricht dies entschieden für das Prosperiren unserer Lederindustcie.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Neues Lausißishes Magazin. Im Auftrage der Obe r- lausi kischen Gesellschaft der Wissenschaften heraus- gegeben von Prof. Pr. Schönwälder, Sekretär der Gesellschaft. 97. Band. 2. Heft. Görlik. Im Selbstverlage der Gesellschaft und in Kommission der Buchhandlung von E. Remer. 1882 Das vorliegende Heft der Zeitschrift, welhes ihren 57 Band zum Ab- {luß brinat, enthält an der Spiye: „Sprachproben aus der Land- saft um Sorau in der Niederlausitz“, gesammelt und zusammen- gestellt von dem Schloßprediger Dr. Saalborn in Sorau, Diese Arbeit ist veranlaßt worden dur die eingehenden Forschungen des Dr. Wenker in Marburg über die Dialekte der deutschen Sprache zunächst in der Provinz Westfalen, welche den B. ifall der Fachgelehrten in dem Maße gefunden haben, daß Dr. Wenker den Plan hegt, seine For- {ungen üter das gesammte Nord- und Mitteldeutschland auszudehnen. Nachdem die Königliche Akademie der Wissenschaften hierselbst die Forschungëmethode und den Arbeitsplan des Dr. Wenker geprüft, ge- billigt und der staatlichen Unterstützung mit tem Hinweise darauf empfohlen hatte, daß von diesen Bestrebungen für die deutsche Sprach- wissenschaft sehr werthvollé Beiträge zu erwarten seien, erließ der Staats-Minister von Puttkamer im August 1879 eine bezügliche Ver- fügung an die Kreis- und Stadt - Schulinspektoren. Danach haben die diesen unterstellten Lehrer gewisse von Dr. Wenker für feine Zwecke zusammengestellte kurze Säßchen in hochdeutscher Sprache, 40 an der Zahl, genau in der Norm wiederzngeben, wie die- selben in dem Dialekt ihrer Gegend, ihres Dorfes lauten würden, Die mit diesen Uebersetßzungen ausgefüllten Formulare werden sodann wieder cingesendet. “Aus den 28 Parochien der Gegend um Sorau werden nun solche Dialektübersetungen hier mitgetheilt und denselben noh einige andere Sprachproven aus der Niederlausitz (darunter ein in seiner naiven Wahrhaftigkeit tief ergreifendes Klagelied nach dem Mordanfalle auf Kaiser Wilhelm) bcigefügt. Da das in Sitte und Sprache Althergebracte unter den Landleuten berei!s stark zu {winden begonnen hat, ift es in der That wohl an der Zeit, solcbe Sprachproben zusammenzustellen und sie als Dexkmôäler für die kommende Zeit, in der der. Dialekt geshwunden sein wird, aufzubewahren, Vieles Interessante bieten sodann die dur Abbildungen auf Tafeln und im Text illustrirten, ebenfalls von Dr. Saalborn_mit- aetheilten „Resultate der prähistorishen Forsbungen im Kreise Sorau N.-L.“ und an demselben aus den Jahren 1875 bis 1881 Dies gilt namentli von den Artikeln über das im Jahre i872 beim Bahnbau zerstörte „Hunnerscbloß“ bei Reinéwa!de, über die Königsgräber bei Billendorf, Werdeck, Buchwalde und Klein - Pricbus, über die „Schloßberge“, „Heidenberge“ und „Töppelbcerge“ und über zwei Idole des Pikoll (gefunden 1853 bei Altkirch auf dem reten Bober - Ufer, jeßt im Schlosse des Herzozs von Sagan). Die leßteren sind deshalb besonders werthvoll, weil sie die ersten aufgefundenen Idole dieser Art sind und in ihnen, abweichend von dem cristianisirten generellen Todtengott Hernebog, cin ‘rein beidnises Bild gewonnen worden ist, wodurch die Zahl der bisber neun jlavishen Gottheiten der Gegend um eine weitere vermebrt wird.

Steia: „Keltische Königshöfe in Schlesien“, sowie Miscellen: über die alten Steinkreuze in Löbau, Bautzen, Camenz und deren Umgebung, von Dr. Moschkau, über die „Rundmarken*“ an den Kirchen 2c. Den Nachrichten aus der Gefell schaft zufolge betrug der Personal- bestand derselben zu Michaelis 1881 202 Mitglieder, nämli 31 Chrenmitglieder, 121 wirflice und 50 korrespondirende Mitglieder. Die literarishe Thätigkeit der Gesellschaft ist zunächst auf Preis- fragen, vorzüglich zur Aufklärung von Landesgeschichte und Literatur, gerihtet. Preiéschriften sind im verflossenen Jahre nit eingegangen. Ausstehendzur Bearbeitung waren bezw. sind 3 Aufgaben : 1) Monographie des Herzogs Iohann von Görliß, Preis 300 (, Termin 31. Januar 1882; 2) Biograpbie und literargeschihtliche Würdigung Leopold _Schefers Preis 3 0 M, 1883 31. Januar; 3) Lebenéentwicklung und öffentliche Wirksamkeit der beiden Stifter der Oberlaufißzishen Gesellschaft v, Gersdorf und v. Anton, ihre Verdienste um Gründung und Förderung der Gesellschaft; Preis 150 Æ, Termin 31. Januar 1883. Es ist Aussicht vorhanden, für alle drei Aufgaben Bearbeitungen zu erhalten. Die zweite Frage über Leopold Schefer, welche im ersten Jahre gar keine Berücksichtigung gefunden hatte, hat jeßt ein erhöhtes Interesse gewonnen, seitdem ben Bearbeitern die Einsicht in den literarischen Nachlaß Leopold Swhefers in Aussicht gestellt werden konnte. Die Hinterbliebenen Schefers haben nämlich diefen Nachlaß der Gesellschaft zur Benußung anvertraut. Auch diejenigen Nummern seiner Tagebücber, welche bereits an das Freie deutshe Hochstift in Franffurt abgegeben waren, sind nachträglich eingesandt worden. Seitdem haben sih \ckbon fünf Herren zur Bearbeitung dieses Themas

gemeldet. Gewerbe und Sandel.

Die erste Börsenversammlung der Textilbranche hat gestern in dem dafür bestimmten Theile der hiesigen Produktenbörse stattgefunden und war von ca. 109 Firmen, darunter den Agenten von 20 Fabriken, besucht. Es wurde die Wahl eines provisorischen Comité's, dem bis zum 1. Juli die Leitung der Börse übertragen ift, vorgenommen und gewählt: Dr. Max Weigert, Adolf Gutstadt, Stadtrath Wolff, Hermann Landsberger, H. Liffauer, Oscar Schmidt, David u. Co., I. A. Friedländer jr., E. A. Klein. Das provisorische Comité wird die Grundsäße feststellen, nah denen die zweimal wöhentlih Montag und Donnerstag stattfindenden Versamm- lungen geführt werde 1 sollen, |

Nach den statistischen Ermittelungen des Vereins deut- \cherEisen- undStahlindustriel ler belief sih die Noheisen- produktion des Deutschen Reichs (einschließlich Luxemburgs) im Februar 1882 auf 241 600 t, darunter 148 155 t Puddelroheisen, 11599 t Spiegeleisen, 58 109 t Befsemer- u-d 19 2371 t, Gießerei- roheisen. Die Produktion im Februar 1831 betrug 212 868 t.

Das 3 Heft (16. Jahrg. 1882) von „Kunst und Gewerbe“, Zeitschrift zur {Förderung deutscher Kunstindustrie, herausgegeben vom Bayerischen Gewerbemuseum zu Nürnberg, redigirt von Dr. Otto von Schorn (Druck und Verlag von G, P. F, Bieling (G. Dieß) in Nürnberg) hat folgenden Inhalt: Ueber Technik und GEntwicke- lung der Spißen. Von C. von Braunmühl, Lebrerin an der Königl. Kunstgewerbeschule in München. (Sc{luß.) Die Bürgeler Thon- waaren-Industrie. Von Georg Buß. Museen, Vereine, Schulen, Ausstellungen 2x. Nürnberg: Germanisches Nationalmuseum. Berlin: Die Konkurrenz für den Bau des Neich8tag8gebäudes. Berlin: Das Kunstgewerbemuseum (Forts.) Dreêden: Preisaus- schreiben des Kunstgewerbevereins. Dreéden: Die Königl. sächsische Kunstgewerbeschule und das Kunstgewerbemuseum. Altenburg: Der Kunstgewerbevercin, Magdeburg: Der Kunstgewerbe- verein. Hamburg: Die Abtheilung für Kunstgewerbe des Hamburger Gewerbevereins. Für die Werkstatt: Festes Petroleum. Holztapeten. Imprägnirung von Stoffen zur Sicherung gegen Feuerêgefahr. Aus dem Buwhandel: Das deutsche Schriftwesen und die Nothwendigkeit seiner Reform. Von F. Sönnecken. Mit Abbildungen. Bonn und Leipzig, F. Sönneckens Verlag, 1881. Das Kunstgewerbe-Muscuii zu Berlin. Festsrift zur Eröffnung des Museumegebäudes. Führer durch die Sammlungen des Kunst- gewerbe-Muscums zu Berlin. 2. Aufl. Berlin 1882, Weidmannsche Buchhandlung. Muster altitalienischer Leinerstickerei. Von Frieda Lipperhbeide. Ecste Sammlung. Beklin 1881, Verlag von Franz Lipperheide. Kleine Nachrichten, ‘— Zeitschriften. Erklärung der Beilagen. Jllustrationen : Résean à mailles. Blonde. Fond réseau poiut de Paris, Réseau à mailles carrées. Brüsseler Spiße (18. Jahrh.) Spite von Mecbeln (1800). Brüsseler Tüllspißze. Pokal von Paul Flindt (1594). Majolika- flashe (Urbino 1560 —1570). Französiscbe Holzschnißarbeit (1577). Lederpressung aus dem 16, Jahrhundert. Kun stbeilagen: Kragen, entworfen von Prof. C. Mell, Metallichat, gez. von Prof. H. Otto, Marmorgitter von Ravhazel Donner (18. Jahrh.), aufg. von Prof. C. Mell. Dem Heft liegen ferner die Nummern 4 und 5 der „Mittheilungen des Baycrischen Gewerbemuseums zu Nürnberg“, Beiblatt zur Zeitschrift Kunst und Gewerbe, redigirt von Dr. Otto vou Schorn, bei.

Stuttgart, 309. März, (W_T. B) Die hiesige Volks- bank, eingetragene Genossenschaft, 926 Mitzlieder, früher über 2000, hat gerihtlich den Konkurs angemeldet, nachdem der Versuch, außer- ordentliche Mittel aufzubringen war, mißlungen. Die auf morgen an-

beraumt gewcsene Generalversamn!ung findet nicht statt.

London, 29. März. (W. T. B.) In der gestrigen Woll- | aufktion waren Pceise unverändert. j WVerkehrä-tinftalten. - | St. Petersburg, 39. März. (W. T. B.) Die Newa ist | auf einer Strecke von mehr als 40 Werst ciéfrei, um Kronstadt liegt | nur Brucbeis, so daß die Eröffnung der S ch iffahrt baldigst zu | erwarten ist, | R Syn York, 29, März. (W. T. B.) Der Damvfer „Canada“ von der National -Dampfschiffs- Compagnie (C. Messingsche Linie) und der Hamburger Postdampfer Westphalia* sind hier eingetrofen

Zu den Orten, welche an den Namen dieses Gottes erinnern, möcbte |

der Verfasser vielleidt au die Picheléberge zählen. An der Stelle, | an welcher dic Idole gcfunden worden sind, stand na cinem alten |

Koder (wahrscheinli des 15. Jahrhunderts), der in einer Mauer des

Augustiner-Klosters zu Sagan gefunden worden ist, cin beidniicer |

Tempel nebst Opferstätte und daneben cin Schloß (Hügel, Rundwall). Derselbe Verfasser verbreitet \sih ferner au über die sogenannte „Sorauer Lagerkarte vom Jahre 1733“ und beschreibt eingehend das Lager, in welchem ein Theil der säcsisben Armee während des Mo- nats September jenes Jahres vor Sorau stand. Endlich giebt derselbe eine Gescbicbte der geistlidben Bücberkasse in Sorau. Konsistorial-Rath Eduard Machatschek in Dresden citwirft sodann die „cronologischen Lebensbilder“ dreier Bischöfe des Meißner Hocþ- stifts aus dem 15, Jahrbundert und stellt sorafältia alles Daé- jenioe zusammen, was von den Bischöfen Joharnes 1V., (Hofmann, 1427 bis 1451), cinem der 1409 na Leipzig ausgewanderten Prager Professoren, Caspar von Schönberg (1451 bis 1463) und Dietrich 111, (1463 bis 1476), dem Bruder des Letiteren, und von der gee sammten amtlichen Thätigkeit derselben irgend bekannt geworden ist. Besonderes Interesse erregt das in einem Anhange mitgetheilte Regin;en contra scabiem. verfaßt von dem Arzt des Bischofs Diet- rid (der am Auésay litt), mit genauen diâtetischen Verbaltungs8- maßregeln für diesen. Aus dem weiteren Inhalt des reichaltigen Hesfts seien hervorgehoben die Aufsäße: Die Ruine Falfenburg am Hocb- walde bei Ovbin, topographisch und historisch ge\{ildert von Dr. Alfred Moscbkau; Der leyte „Vorritt“ am 3. April 1780, ein Oberlausitzer Jubiläum, Vortrag vom Pfarrer Johannes Scbeuffler in Lawalde (eine Schilderung der letmaligen Ausführung dieser lehnérech{tlicen Cere- monie dur Heinrich Siegfried Traugott von Scönberg auf Steinitz bei Königswartha); Eine Erianerung an die erste Vereinigung der Lausitz mit Brandenburg unter den Aékaniern, aus einer Urkunde des Klo- sters Dobrilugk, von Otto Sch{lobach (mit Karte) ; Zwischen Elle und Oder, eine Grenzshau, vom Herausgeber, Prof. Dr, Schön- wälder. Unter den „Nachriéten aus den Lausißea“ findet si cine interessante Besprechung der etymolozishen Studie voa v. Keltsc-

Berlin , 30. März 1882, : Spezialausstellung der Königlicben Porzellan- Manufaktur im Kunstgewerbe-Musecum

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| Mit sihtlibem Erfolg strebt die Berliner Porzellanmanufaktur | gegenwärtig wieder dabin, sih auf dem Gebiet der keramischen Pro- |

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duktion die leitende Steilung zu erobern, die dem Staatsinstitut ge-

ziemt. Schon auf den lezten Weihnatsämessen wußte sie dur{ch

Hand in Hand gehende tebuishe und künstlerische Vollendung ihrer | Erzeugnisse ein lebhaftes Interesse zu erregen; noch deutlicher aber giebt | die jeßt im Kunstgewerbemuseum veranstaltete Spezialauéstellung einer | Auswahl ihrer jüngsten Arbeiten von dem neuen, frishen Geist Zeug- niß. der in kurzer Frist cinen geradezu überras{enden Aufscbwung berbeigeführt hat. Unter der oberen Leitung des Geheimen Ober- Regierungs-Raths Lüders ift es der Manufaktur nit blos gelungen, die gecigaeten Kräfte zu gewinnen, sondern sie „au in der ribtigen Weise ineinandergreifen zu lassen. Man sicht, wie der Verwirklibung glütlicber künstlerisder Intentionen auf Schritt und Tritt die wissen- \castli-tehrisde Bewältigung der Materialien entgegenarbeitet und wie andererseits wieder die Bereihetung des Ma- terials durd neue Massen und Glasuren fofort mit treffen- den Blick für die [künstlerisbhe Nuybarmahung erfaßt und in lebendige fkünstlerisbe Produktion umgeseßt wird. So cifreuli, wie dieses sichere, zielbewußte sortsreiten, ist es aber au, daß die Manufaktur dabei die gegebenen Bedingungen, unter | denen sie zu arbeiten hat, niht aus dem Auge verliert, Der „ge- sammten fkunstindustriellea Produktion sind bei uns andere Grenzen gezogen als sie in Eagland oder Fcankreih ols maßgebend betrachtet werden mögen. Es feblt bei uns in den weiteren Kreisen der Kon- [| fsumenten sowobl die Möglicbkeit, als aub zum Tbeil als Folge | davon! die Neigung zu einem Aufwand für einen Luxus des Leb nî, ! wie er sih dort entfaltet und zur Herstellung von Pracbtstückea