1851 / 150 p. 2 (Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

Breslau, 28. Mai. (Sl. Ztg.)

früher gemeldet worden, in Breslau eintreffen. Lichte Menschen- massen drängten sich die Straße entlang nah dem oberschlesischen Bahnhofe. Zunächst wax die Schweidnißer Straße ganz mit Men- schen gefüllt, welhe der Einfahrt des geliebten Königs ins Schloß harrten, Punkt 6 Uhr kündigten Kanonen- {läge die Ankunft des Extrazuges an. Der General von Ascho}, der Polizéi- Präsident von Kehler, der Regierungs-Prä- sident Graf von Zedliß, ‘der Landrath Graf von Königsdorf, der

Bürgermeister Bartsch, die Stadträthe Gerlah und Seidel und der stellvertretende Vorsteher des Gemeinderathes, Aderholz, hatten si versammelt, den Königlichen Herrn zu empfangen, der begleitet von Sr. Excellenz dem General-Lieutenant Herrn von Lindheim und dem Ober - Prásidenten Herrn von Schleinip aulangle. De. Majestät bestieg sofort den bereifstehenden Wagen des Generals von Lind- heim und fuhr sammt Gefolge, begleitet von dem Freudenruf der Menge, ins Sloß. E E ; ;

leber die Reise Jhrer Majestäten des Konigs und des Ka1=-

sers von Rußland gehen uns folgende Nachrichten zu: E Jhre Majestäleu hatten Warschau am 27sten d. verlassen und

waren in Graniza um 84 Uhr Abends eingetroffen, woselbst Se.

Majestát der Kaiser Übernachtete, während Se. Majestät der König

noch nah Myslowiß fuhren, daselbst um 95 Uhr anlangtoen und dié

in Bereitschaft geseßten Räumlichkeiten in dem Königlichen Steuer amts-Gebáude in der Nähe des Bahnhofes bezogen.

Jn der Begleituug Sr. Majestät des Kaisers befanden sich Ihre Kaiserl. Hoheiten die beiden jüngeren Großfürsten, der Fürst Paskiewitsh, die Generale Menczikoff, Orlof, Benkendorf und der Kaiserliche Leibarzt.

Heute Morgen gegen 9 Uhr traf der Kaiser in Myslowih ein, nachdem er in Szarkowa, der österreichischen Station der Krakauer Bahn, vom Feldmarschall-Lieutenant Fürsten Liechtenstein und einer Deputation der Stadt Krakau begrüßt worden war.

Jn Myslowiß , der ersten preußischen Station , empfing Se. Majestät der König den Kaiser, der in preußischer Generalunisorm die aufgestellte Ehrenwache, eine Compagnie Garde - Landwehr, in- spizirte. Gegen 95 Uhr seßten Jhre Majestäten in dem Wagen Sr. Majestät des Königs die Reise nah Kosel weiter fort. Auf allen aufs shóöónste gezierten Bahnhöfen, die Jhre Majestäten berührten, ge- ruhten die Allerhöchsten Reisenden auszusteigen und die Ehren- wachen, in Gleiwiß cine Schwadron Ulanen, in Kosel eine Com- pagnie Jäger, zu besichtigen.

Nach kurzem Aufenthalt auf den Bahnhof in Kosel fuhren Ihre Majestäten nach Ratibor, woselb der Herzog von Ratibor die hohen Herrschaften empfing und zu dem daselbst arrangirten Gabelfrühstück gezogen wurde. Jn Annaberg, der lehten preußi- schen Station , verabschiedeten Sich die beiden Monarchen auf das Herzlichste. Se. Majestät der Kaiser begab Sih nah Olmüt, Se. Majestät der König aber um 15 Uhr nach Breslau.

Auf der Rüdckfahrt von Annaberg nah Breslau is Se, Maje- stät nur in Oppeln ausgestiegen, woselbst sich der Regierungs=-=Prä- sident Graf Pückler verabschiedete, Alle Bahnhöfe, die der Köuig berührte, Oppeln, Löwen, Brieg, Ohlau waren mit Blumen und Fahnen zierlih dekorirt. Se. Majestät der König werden morgen um 141 Uhr nah dem Gottesdienst die Reise nah Berlin weiter

A j Noch früh genug hatte sich die Kunde verbreitet, Se. Majestät der König werde cher als

fortseßen.

Desterreich. Wien, 28, Mai. Gestern früh um 9 Uhr seßte sich ein Extrazug in Bewegung, um die von Sr. Majestät dem Kaiser an das Hoflager nah Olmüß beschiedenen Autoritäten dahin zu bringen. Unter den Abgereisten befanden sich die Feld- marschälle Graf von Radebky, Graf von Nugent und Fürst Win= dischgräß, die Generale Freiherr von Heß, von Jellacic, von Au- gustin, von Wratislaw, von Appel, Fürst Edmund Schwarzenberg, Gust Liechtenstein, Graf Clam - Gallas, Baron von Urban. Die Adjutanten und Flügel - Adjutanten Sr. Majestät des Kaisers wa= ren {on vorgestern mit der Suite und den Kaiserlichen Ordonanz- Offizieren nah Olmüß abgegangen. Zwischen Olmüß und War- {hau in einer, so wie Berlin in zweiter Richtung is cine regel mäßige Courier - Vérbindung auf die Dauer von acht Tagen her- gestellt worden, woraus man {ließen will, daß der Aufenthalt der hohen Gäste in Olmúütz kaum über acht Tage dauecn dürfte, Dey Minister = Präsident Fürst von Schwarzenberg ist vorgestern Abends, der Kriegsminister Freiherr von Csorih gestern nach O[l- müß abgegangen.

Das Tageésgespräch bildet jeßt die bevorstehende Abreise dcs Civil- und Militair-Gouverneurs von Wien, Freiherrn von Welden, auf sein Gut in Steyermark, welche Sonnabend erfolgt. Noch ist man im Publikum darüber in Ungewißheit, ob der Gouverneur auf seinen Posten“ wieder zurückehren werde oder niht. Jm legteren Falle werden Fürst Friedrih von Schwarzenberg und der Gendar- mevie-General-Jnspektor Feldmarschall-Lieutenant Freiherr von Kem pen als Nachfolger bezeichnet. |

Die L. Z. C. schreibt :*,„Der Finanz-Minister von Krauß, wel- cher mit dem Reichsraths - Präsidenten beinahe täglich Konferenzeu ha', hat seiné Finanz-Anträge bereits ausgearbeitet, und es dürftcn dieselben bei der Rückkehr des Monarchen mit Bestimmtheit zur Borlagen kommen. Ueber den Junhalt des Vorschlages cirkuliren nur unverbürgte Gerüchte,“ Verläßlich vernimmt die L. C. daß der Regierung von ausländischen Bankhäusern Offerte im Falle eines eventuellen Staats-Anlehens zugekommen sind, mit denn sid der Finanz - Minister seiner Zeit in näheres Einveruchmen setzen dürfte. Die L. Z¿ E. berichtet ferner: „Ju Betreff des neuen Zolltarifs wird mit Bestimmtheit versichert, daß der Haudcls- Minister von Baumgartner die gegen die Veröffentlichung dessel- ben von mehreren Seiten erhobenen Bedenken einer entspre- chenden Würdigung unterziehen werde. Namentlich wird, bevor der Zolltarif in Wirksamkeii tritt, eine Regelung des gesammten Douanenwesens, dann Revision der Strafgesebe in Zoll-Äugeleger- heiten von demselben als unerläßlih nothwendig erkannt, ohne daß DAROS die Zolltarifsfrage in der Hauptsache rückgängig gemacht würde. ““ /

Die Kommission, welche beauftragt war, die nöthigen Vorar- beiten wegei Wiedereröffnung des Freihafens von Venecig zu be sorgen, hat ihren Bericht erstatte, Nach dem diesfalls gestellten Antrage würde dic Freihafens-Eröffnung am 1. Jui und in der ursprünglichen Ausdehnung erfolgen. Die im Jahre 1849 von Venedig nah Triest verlegten Militair- und Civil-Behörden oder Covporationen aber verbleiben in ihrem nunmehrigen Standorte.

Die Akademie der Wissenschaften hät am 25slten d. die Wahl ihres'Práäsidenten: vorgenomnien ; es fiel dieselbe auf den nunmcehri- gen Handels-Minister von Baumgartner.

Die Regierung hat! abermals 18 nach der Türkei geflüchteten Pólen, welche: in der polnischen Legion Dienste leisteten, die Bewil- ligung zur Rückkehr in ihr Vaterland ertheilt, Dieselben wurden am 21sten d. M. nach Großwardein gebracht und gehen von dort unter Aufsicht! nach Lemberg, wo sie frei entlassen werden, um sih in ihre Heimatsorte zu begeben.

Der Vidensfi Dennj k“ bestätigt, daß Bakunin durch Kraz

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fau transportirt worden sei. „Wenn aber“, wird bemerkt, „mit pieser Nachricht eine Auslieferung Bakunin s an Rußland in Ver- bindung gebracht wird, so ist dies jedenfalls irrig z im Gegentheile wird von gut unterrichteter Seite versichert, daß derselbe nach der Festung Munkats geführt worden sei.“ ;

Eine Kaiserliche Verordnüng vom 11. Mai, wodur das politi schen Behörden zustehende Zwangs- und Executionsre{cht normirt wird, is so eben veröffentliht worden. Danach soll bei Steuer-= Eintreibungen wie bisher bei Eintreibungen von Auflagen auf Re- quisition der Gemeinde =Organe eingeshritten werden. Jeder Staatsbürger ist verpflichtet, sich auf geshehene Vorladung bei den politishen Vehörden zu stellen, um Auskünste zu ertheilen, widri- genfalls eiu Vorführungs-Befehl gegen ihn erlassen werden kann. In Widerseblichkeitsfällen gegen politishe Verwaltungs-Anordnun-= gen ist zunächst die Hülfe der Gendarmerie, nöthigenfalls aber auch des Militairs, zu requiriren, Wegen beleidigender Aeußerungen in shriftlihen Eingaben können Geldbußen bis 50 Fl. C.-M. verhängt werden; doch kann dies nur von Seiten der nächst vorgeseßten po- litischen VBerwaltungs-Behörden geschehen. Die genaueste Hand habung aller dicofälligen Vorschriften wird sowohl den politischen Verwaltungs- als' den Gemcinde-Organen zur strengen Pflicht ge- macht.

Sowohl aus Böhmen als Mähren langen fortwährend Be- richte cin, welche über den Ausbruch der Cholerà in verschiedenen Gegenden dieser Kronländer berichten. ;

Ein Theil der Mannschaft von den Linicn-Jufanterie-Regimen- tern erhält nun auch Kammerbüchsen statt der bisherigen Gewehre. Vorläufig sind 16 Mann in jeder Compagnie mit dergleichen ver- sehen worden.

Aus Dalmatien wird von einem glücklichen Funde berichtet, den die beiden Bauern Joan Barrach und Troppano und Biaggio Anionizza aus Hadiglie machten, indem sie in der Nähe des Dor- fes Ponique ein Steinkohlen- und Harzlager entdeckten, welches nach den bisherigen Ausgrabungen reichhaltig zu sein scheint. Die Kreis- hauptmannschaft hat dieser für die dortige holzarme Gegend höchst wichtigen Angelegenheit die nöthige Aufmerksamkeit gewidmet und ihre regelmäßige Schürfung eingeleitet.

Das Neuigkeits=Büreau bezeichnet die Nachricht von dem Tode des Grafen Sandor als eine irrige. e

Olmüb, 27. Mai. (Lloyd) Heute war auf der nimlauer Haide in Anwesenheit Sr. Majestät und Sr. Durchlaucht des Herrn Minister-Präsidenten Fürsten Schwarzenberg, welcher in seiner Uni- form als Feldmarschall-Licutenant den Evolutionen beiwohnte, aber- mals Feuer-Exerzitiumz um 9 Uhr erschien die zweite Division un- ter Feldmarschall - Lieutenaut Baron Parrot, um 11 Uhr die erste Division unter Kommando des Ficldmarschall - Lieutenant Fürsten Thurn und Taxis auf der Haide und machten Uebungen im Feuer. Auf Nachmittag war die dritte Dioislon unter Feldmarschall - Lieu- tenant Barko bestimm allein diereguerische Witterung ließ dieses Man0- ver unterbleiben. Mit dem heutigen Frühtrain kamen von Wien der Herr Minister des Jnnern und mehrere Mitglieder des diplomatischen Corps in unserer Festung an. Nachmittag waren die von Sr. Majestät ge- ladenêi Gäste angelangt und demzufolge an allen bedeutenden Or- ten Stabs - Offiziere zur Signalisirung der Ankunft aufgestellt. Auf dem Bahnhofe befanden sich der General-Adjutant Graf Grünne, welcher die hohen Gäste im Namen Sr. Majestät begrüßen sollte, mehrere Generale und Stabs-Offiziere, die aus Ungarn ge- kommenen, aus dem Dragoner-Regimente Kaiser Nikolaus, ehemals Auersperg, gewählten je zwei Chargen, mit dem Obersten an der Spiße, und ein großes Publikum, welches sich troß des regune- rischen und unfreundlichen Wetters daselbst eingefunden, “Ves gierig, den geliebten Marshall und Ehrenbürger unserer Stadt zu legrüßen. Gegen halb 1 Uhr langten die Herrschaften mit der Lokomotive „Juno“ im Bahnhofe an, und der greise Feld- marschall wurde mit cincm stürmischen Vivatrufe von der versam: melten Menge empfangen. Unter den Angekommenen befanden sih Se. Königliche Hoheit der Großherzog von Hessen, Se. Excellenz der Herr Feldzeugmeister Baron Jellacic, der Armee Kommandant Ba- ron Appel, der Herr Feldmarschall Windischgräß und mehrere hohe Militairs, welche in bereitstehenden Hofwagen nach der Festung fuhren. Se. Königliche Hoheit der Großherzog ‘inspizirte eine Grenadier-Ehren-Compagnie, welche mit der Musifkapelle des Re= giments Zanini vor seinem Absteige-Quartier, der Residenz des Weihbischofes, aufgestellt war, und ließ sie vor sich defíliren. Se. Majestät Kaiser Franz Joseph stattete demselben in Obersten-Uni- form sogleih cinen Besuch ab, um ihn zu begrüßen. Der Herr Feldmarschall Radebly stieg in der Wohuung des Domherrn Sza- pary ab, Morgen erwartet man die Ankunft des Kaisers vou Rußland, Große Fest-Dckorirung der Häuser.

Sen. Adre e, 2 Aa (S) Das Oos herzogliche Regierungsblatt vom 20sten d. M. enthält die nunmehr ins Leben tretenden geseßlihen Bestimmungen über die Versassuag und Verwaltung der Gemeinken , die Bürgerausschüsse und Gemeindevorstände. Hiernach wird in alleu Gemeinden von achtzig und mehr Bürgern cin großer Ausschuß gewählt; die Zahl der Mitglieder beträgt wenigstens 18 und in Städten über 2000 Einwohucr 96. Die Wahlberechtigten werden in drei Klassen ge- theilt; die erste Klasse besteht aus Höchstbesteuerten, welche zu= sammen ein Drittheil aller in den Gemeindekataster gehörigen Steuerkapitalièn ter Gemeindebürgerz die zweite Klafse aus den Mitielbest;uerlen, welche das zweite Drittheil besißen; die dritte Klasse aus sämmtlichen übrigen wahlbere{chtigten Bürgern. Weun die Klasse der Höchstbesteuerten aus weniger als dem zwanzigsten Theile der Bürger der Gemeinde bestehen würde, so ist dieser Theil derselben zur ersten Klasse zu zichen. Jede Klasse muß übrigens jedenfalls doppelt so viel Wahlberechtigke enthalten, als dirselbe Mitglieder in den großen Ausschuß zu wählen hat. Jede der drei Klassen wählt für sich besonders den dritten Theil dec Mitglicder Des g1oßen Ausschusses. Das Amt cines Mitgliedes des großen Ausschusscs dauert sechs Jahre. Der Ausschuß er- neucrt sich alle drei Jahre klassenweise zur Hälste. Die Zahl der Mitglieder des Gemeinderaths soll außer dem Bürgermeister nicht unter drei und nicht über funfzehn sein. Bürgermeister und Gemeinderäthe werden von der Gemeindeversammlung resp, dem großen Ausschuß gcwäl[t; der Erstere bedarf der Bestätigung vir Staatsbehörde. Wenn er dieselbe au bei der dritten Wahl nicht crhâlt oder nicht die gehörige Stimmenzahl vorhanden ist, so wird mit Umgehung einer weiteren Wahl von der Staatöbehérde der Bürger= meister und zwar auf drei Jahre ernannt, Das Amt des Bür= germeisters dauert 9 Jahre, jenes der Gemeinde - Räthe 6 Jahre. Die Austretenden sind wieder wählbar, Jn Städten über 3000 Einwohner kann zur Unterstüßung des ersten Bürgermeisters noch ein zweiter gewählt werden. Sein Amt dauert 6 Jahre. Die Zahl der Mitglieder des kleinen Bürger-Ausschusses isl der Zahl der Gemeiude- Räthe mit Einschluß des Bürgermeisters gleich. Sie werden von der Gemeinde resp. dem Ausschusse gewählt. Ihr Amt dauert 6 Jahre. Der Austretende is auch. hier wieder wählbar, Die Mitglieder des Ausschusses erhalten weder Ge-

halt noch Gebühren, außer bei Gemeinde - Angelegenheiten außey Orts, Landgemeinden unter sechzig Bürger können bis auf Wi derruf auf das Institut des kleinen Bürger-Ausshusses verzichten in diesem Falle tritt die Gemeinde - Verjammlung an seine Stelle, Gegenwärtiges Geseß soll binnen Jahresfrist von dem Tage seiner Verkündigung an au in Vollzug geseßt werden. Zuerst werden in den betreffenden Gemeinden die großen Ausschüsse gewählt, so- dann die Bürgermeister und nah diescn die Mitglieder des Ge- meinderaths und des kleinen Ausschuss(s. Die gegenwärtig im Amte befindlichen Gemeinde-Beamten haben, ohne Laß inzwischen eine Erneuerungswahl stattfindet, deu Dienst fsortzuverseheu, bis die neuen Wahlen stattfinden und die Neugewählten eingetreten find, Nachdem tie Wahlen stattgefunden, wird Tur das Loos bestimmt, welche Mitglieder nach drei, und welche nah sechs Jahren auszu- treten haben.

Hessen und bei Nhein. Darmstadt, 20, Mai. (Darmst. Ztg.) Zweite Kammer, In Gemäßheit der Tages- ordnung schreitet die Kammer úber den Erlaß ver ersten Kammer, den Geseß-Entwurf die Stellvertretuug im Großherzoglich hessischen Militairdienste betreffend, und den Antrag des Abgeordneten Sar torius über diesen Gegenstand. Dieser Autrag bezweckte, einem vielfa ausgesprohenen Wunsche Worte verleihend, die Großher zogliche Staats-Regierung zu ersuchen, „die durch vas GVeseß vom 1. Márz 1849 aufgehobene Staais=Assekurauz-Anstalt sur die Stell vertretung nah dem Gescße vom 19, März 1836 wiederher}tellen zu wol len“, indem diese Anstalt sich des allgemeinen Vertrauens erfreute. Bevor noch der Ausschuß Über dicsen Antrag Bericht erstatten Fonnte hatte die Staats - Regierung ganz im Sinn Herrn Antrag stellers der ersten Kammer eiuen solchen Gesehentwurf vorgelegl der auch in der Sigung dieser Kammer vom 7, April angenommén wurde, wie wir damals näher berichtct haben,

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Ueber die Deéfall sige Mittheilung der ersten Kammer crstattete Libgeordn. Matty in der zweiten Kammer Namens des Gesebgcbungs Ausschusses Bericht. In diesem Ausschusse hatte sich cine große Berschieden- heit der Ansichten darüber kund gegeben und eine Vrreinbarung derselben konnte nicht vermittelt werden. Die Majorität des Aus- {husses, aus drei Mitgliedern bestehend (den Herren Klipstein Reh und Ploch), {lägt der Versammlung vor: „dem Be {luß der ersten Kammer beizutreten““, die Minorität desselben, aus zwei Mitgliedern bestchend (den Herren Matty Mohr) beantragt: ihm nicht beitreten zu wollen, Das Votum üer Majo= rität basirt sich auf Folgendes :

Die Majorität drs Ausschusses, vou der Anjicht ausgehend, es ein im Lande verbreiteter und wohlbegründeter Wunsch ist, das Gesel vom 19, März 1836, das, wie die Erfahrung gelehrt, nur wohlthätig gewirkt hat, wiederhergestellt zu jehen, erachtet ich verpflichtet, der Kammer die desfallsige Proposition ter Staats Regierung zur Annahme zu empfehlen. Zu Vermeivung von Wit derholungen erlaubt sie sih, Bezug zu nehmen auf die Verhand lungen der ersten Kammer, und bemerkt nur noch, daß sie bel Prüsung der verschiedenen Artikel des Gesehzv! hebliche Bedenken nicht gefunden hat. Das Recht Serien Un D E Jon Den De militairpflich tig ist, durch den Artikel 29 der Verfassungs - UrtunDe rantirt. Der §. 7 der Grundrechte des deutschen Volks \chUeß zwar die Stellvertretung aus, allein die Majorität des Aus|chu)es ist der Ansicht, daß diese Vorschrift wenigstens in fo lange nichk, wie dieses auch der Artikel 3 Nr. 3 des Einführungsgeseßes ver fügt, bindend sein kann, als nicht eine umfassende neue Gesel gebung über die Wehrpflicht erfolgt sein wird. Det tikel hindert deshalb die Faktoren der Geseßgebung nicht, nöthig erscheinenden Abänderungen und Verbesscrungen der Ge}eb( vorzunehmen. Die Majorität des Ausschusses findet in dem Ark {2 des Geseßes vom 19, März 1836 keineoweges cin Monopol sun den Staat, schon darum nicht, weil ein Sondcrrecht nur dann zu einem Monopol wird, wenn es seiner Natur nach dazu geschaffen ist, um zum Privatvortheil ausgebeutet zu werden. Ein Haupi vorzug des Geseßzes vom 16. März 1836 besteht in der damit gründeten Staats-Assekuranz-Gesellschaft, weil durch fle die Stell vertretung bedeutend wohlfeiler geworden, und je zaßlreich( artige Gesellschaft ist, desto weniger Gefahr gelaufen wird, daß un günstiges Loosen den einzelnen Gesellschastsmitgliedern unverhältuiß mäßige Opfer aufbürdet. Die Erfahrung hat gelehrt, daß neben einer Staats =- Assekuranz - Gesellschaft derartige Privatgesellschasten nicht bestehen können; es scheint ‘daher, zumal dic Fonzessions-E1 theilung, wie die Konzessions - Verweigerung scitens des Staates gleichmäßig übel gedeutet werden fanu, der Majorität des Aus \chu}sses zwecklmäßiger, wenn der Artikel 42 folgendermaßen gesaß! werde: „Zur gemeinschaftlichen Aufbringung der Vortretungsjumme soll von Staats wegen eine Assekuranz=-Gesellschast errichtet werden, Privatvereine zu demselben Zwecke sind nicht erlaubl.“

Die Minorität des Ausschusses kann den vom Ausschuß de1 ersten Kammer aufgestellten Gründen, welche ihn bewogen, den Regierungsentwurf zur Annahme zu empfehlen, so wie auch den Gründen der Majorität des Ausschusses dei i Kammer durchaus nicht beistimmen. Diese Gründe und die darauf ge- bauten Konscquenzen scheinen ihr viel zu weit zu gehen Würde cs die Sache fördern, so müßte die Minorität Vieles was richiig stehen soll, in dem Berichte bekämpfen. Nami klich würde das nah Seite 3 und 4 im Ausschußberichte der anderen Kammer Gesagte ihre Zustimmung durchaus nicht erhalten können, da dem höchst wichtige Gründe und Erfahrungen entgegengehalten werden müßten. Aber die Minorität des s, so sagt

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Ausschusses, \o sie ferner, kann für den Augenblick darauf gar nicht eingehen z es ist darum auch die Aufgabe des Berichterstatters nicht, durch Ex-= cerpiren einen Uc-berblik über vie Verhandlungen der ersten Kam= mer oder úber die Ansichten der einzelnen Mitglieder t erselben zu gebenz ihr Standpunkt i in dieser Sache ein ganz anderer als der, von dem der Ausschuß der ersten Kammer ausgiug. Sie hatte bei der Verhandlung über- die vorgeschlagene Stellvertretung im Großherzoglichen Militairdienste nichts vor Augen, als das po= sitive Gesep. Und dieses positive Gesebß gerade unticrsage, dem vor- gelegten Beschluß der ersten Kammer, und damit auch dem vorliegenden Entwurfe über die Stellvertretung ihre Zustimmung zu grben. Ein- mal ist die Bestimmung des §. 7 der Grundrechte sehr klar und icht zu übergehen. Sie lautet: „Die Wehrpflicht if für Alle gleihz Stellvertretung bei verselben findet niht statt.“ Darauf hin wurde das Geseß vom 1. März 1849 emauirt und in dessen Axt. 6 heißt es hierauf lbezüglih: „Die in Folge des Art. 42 des Gesehes vom 19, März 1836 errichtete Staats-Assekuranz-Anstalt für die Stellvertretung hört vom Jahr 1849 an auf.“ Um seden Zweifel über die Geltung der Grundrehte twoorüber sich jedoch auch hon der höchste Gerichtshof des Landes ausgesprochen hat zu beseitigen, erinnert die Minorität des Ausschusses an die Ver= ordnung vom 31. März 1849, in der ausdrücklich gesagt is, daß alle Retchögeseze im Großherzogthum ihre volle Geltung haben. Sie glaubt darum nicht empfehlen zu dürfen, einem Beschlusse bei= treten zu wollen, M 18 gegen die Grundrechte und gegen die Ver- ordnung vom 34, März 1849 ist, Erst wenn die Grundrechte des

deutschen Volkes auf geseßlichem Wege aufgehoben oder für un- gültig erklärt seién, erst dann wäre die Möglichkeit gegeben, den Beitritt zum Beschluß der ersten Kammer im gegebenen Fall auch von ihrer Seite zu befürworten, Dazu komme aber auch noch, daß eine solche Zustimmung zu dem der ersten Kammer vorgelegten Ge- se - Entwurf über die Stellvertretung im Widerspruch mit den flaren Bestimmungen des Geseßes vom 30. Juli 1848 stehe. Durch dieses Geseß wären die Handels- und Gewerbs - Privilegien (Mo- nopole) aufgeboben. Würde der Geseh - Entwurf auch von dieser Kammer gutgeheißen, so träte damit auch wieder der Artikel 42 des Geseßes vom 19. März 1836 in seine volle Gültigkeit, und damit würden wir auch die Staats - Assekuranz - Anstalt sür die Stell- vertretung im Mititairdienst, wie sie Abgeordneter Sartorius bean- tragt - hat, wieder erhalten. Dies habe gerade wegen des angeführten Geseßes vom 30. Juli 1848 ebenfalls seine sehr großen Bedenklichkeiten. Die Monopole seien aufgeho- venz aber der. Staat selbst würde wieder ein nicht unbedeu- tendes Privilegium gleichsam sich selbst schaffen, da eine Konkurrenz der Privaten zur eigentlichen Unmöglichkeit werde. Nach dem Allen beantragt die Minorität, dem Beschlusse der ersten Kammer nicht

beizutreten. / Der Prásident leitete die Berathung ein und erössnete die

Stunden dauerte und woran sich die Herren erster Vice - Präsident Klipstein, Matty, Eich, Zöpprißb, Reh, Müller -= Melchiors, Fran a, D,, Mohr, Bedter, so wie die Großherzoglichen Regicrungs Kommissaire, der Kriegs-Minister Fretherr von Schäffer - Bernstein Excellenz und Ministerial - Rath Maurer betheiligten. Wir bemerken hierbei, daß, nach einer weiteren Debatte dei Herren Reh, Müller = Melchiors, Breidenbach, Mohr, von Rabenau, Lehne, Krug, Matty, Franck a. D., Hofmann 2c, iber die Frage, ob die Abstimmung jeßt schon oder erst nach dem Schlusse der Berathung über die einzelnen Artikel des Geseß-Ent- wurfs zulässig sei? ein Antrag des Abgeordnetcn Müúüller-Melchiors also lautend: „den vorliegenden Geseß-Entwurf zu verwerfen, der Staatsregierung überlassend, eiue dem Art. U, §. 7 leßten Absaß der Grundrechte entsprechende neue Proposition vorzulegen““ nach bejahendem Beschlusse der Kammer über die Vorfrage der Zulässig- feit der Abstimmung zur namentlichen Abstimmung kam und mit „0 gegen 21 Stimmen verworfen wurde.

Frankfurt a. M. Frankfurt, 28. Mai. (O. P. A. Z.) Der Königl. preußische General Lieutenant und Bundestags-Ge- sandte, Herr von Rochow, ist gestern Abend um 10 Uhr mit dem leßten Zuge der Main-Weser-Eisenbahn hier eingetroffen, und hat sein Absteigequartier im Hotel zum cenglishen Hof genommen. Fürst von Metternich wird den 16. Juni Brüss l verlassen und den [9ten desselben auf dem Johannisberg eintreffen. Jm ckeptember gedenkt er nach Wien zurückzufkehren.

Monats

r R

i ala)and.

Hesterreich. Zara, 22, Mai. (W. Z.) Omer Pascha weilt

in Banjaluka, Skenderbeg steht in Novi.,

Franfreih. Geseßgebende Versammlung. Sihung vom 27. Mai. Funfzehn Repräsentanten der Majorität deponiren wieder Petitionen um die Revision der Verfassung aus verschiede- nen Departements. Die meisten dieser Petitionen verlangen die Revision \hlechtweg, einzelne, unter anderen die von General Husson und Odilon Barrot überreichten, die geseßliche Revision, was mit Beifallsbezeugungen sowohl auf der Rechten, als auf der Lin- fen aufgenommen akdere die Revision im Hinblick auf die Abschaffung Artikels 45 der Verfassung gegen die Wiederwählbarkeit Prásidenten der Republik. Ein Mitglied der Linkeu auch eine Petition um Ab- \hafung des Gesehes Zl Vial und Um Mtrebr um allgemeinen Wahlrecht. Hierauf wird die zweite Berathung des Nationalgarden=-Gesebes fortgescht. Der Artikel über die Zu- ammenseßzung des Comités, die in jeder Gemeinde die Listen der Nationalgarde anzufertigen haben, giebt zu längeren Debatten Veranlassung. Regierung und Kommission wollen, daß das Comité zur Hälfte aus dem Gemeinderath, zur Háälfle aus Nationalgar- disten genommen, von den Unter - Präfekten, also unter dem Ein- flusse der Exekutivgewalt, zusammengescht werde. Pascal Du- prat {lägt vor, den Gemeinderäthen die in Rede stehende Func- tion zu übertragen, und fordert besonders die Legitimisten auf, sein Amendement zu votiren, indem er ihnen Hvorwirft, „Renegaten der Gemeindefreiheiten zu sein und Alles zu Gunsten einer Regierung, die sie nicht einmal kennen, centralisiren zu lassen.“ Lacro se antwortet im Namen des Ausschusses, daß im Interesse der Orduung die Exekutiv-Gewalt bci der Zusammenseßung der Nationalgarde ein Wort miisprehen müsse, und scht den Anzüg- lihkeiten dcs vorigen Redners gegen legitimistische Mitglieder des Ausschusses ein „Renegatenthum der Ordnung“ entgegen. Der General Lamoriciere führt einen Angriff gegen das Regierungs und Kommissions-Projekt, indem er jagt : „Es handelt sich im Au genblicke darum, tie Nationalgarde des ganzen Landes zusammen zuschen. Als materielle Macht respektire ich die Natioualgarde wenig, wohl aber als moralische, und diese würde man vernichten, wenn man ihr den Kommunal-Charakter raubte und sie als die Armee einer poli» tischen Partei , die gerade an der Regierung is, erscheinen ließe ; ih protestire dagegen.“ Die Kommission und das Ministerium accevtiren cin Amendemcnt von Monuet und Flandin, wonach der Gemeinde-Rath sein Kontingent zum Comité selbst wählen und die Regierung nur dic andere Hälste ernennen soll. Hierdurch ge- schieht es, daß Pascal Duprat's Amendement, obschon Lamoricière noch bemerklich macht, daß es ganz dem Geseß von 1831 cnt- \preche, mit 327 gegen 286 Stimmen verworfen wird. Ein ähn lihes Amendement von Mitgliedern der jungen Rechten wird auch mit 335 gegen 295 Stimmen verworfen und sodann das Amendemeut von Mouet und Flandin angenommen. Es wird hierauf zu den Bestimmungen über die Organisation der National garde geschritten. Sie soll in Jufanteric=Legionen milk Bataillonen, Compagnieen und Unter-Abtheilungen von Compaguteen cingetheilt werden, Die Bildung von Kavalleric- und Artillerie-Legioneu soll dem Befinden der Exckutivgewalt überlassen bleiben. Schöler (äußerste Linke), der dies mit der absoluten Unterdrückung der Spe- zialwaffen für gleihbedeutcnd hält, hebt die Dienste hervor, welche die pariser Artillerie-Legion im Juni-Aufstand 1848 geleistet, wo- gegen aber von der Majorität an den 13. Juni 1849 erinnert wird. Eine heftige Scene entsteht, als der Redner die Theorie aufstellt : ¡Die Nationalgarde soll nicht blos die Ordnung aufreterhalten, sondern auch, falls die Republik und die Verfassung angegriffen würden, zu deren Vertheidigung die Waffen ergreifen. (Das ist das Recht zum Aufstand! ruft man auf der Rechten.) Wenn z. B. die Exe- futiv-Gewalt die Verfassung angriffe.…..“ Der Präsident Du- pin unterbriht den Redner: „Dann würde die National-Ver- sammlung sie in Anklagezustand verseßen!“ Schöler: ¡Und

wird, Des Des deponirt vom

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wenn die National-Versammlung selbst eine Verfassungs-Verleßung beginge.. ¿vers dulden , Vergehens noch Schölcher berufen gestattet sein, von der Vernunft Aller an zu appelliren!‘’ wird des Ersteren Antrag auf Beibehaltung der Nationalgarden - Artillerie und Kavallerie verworfen und die oben- stehenden Bestimmungen angenommen. tige Bestimmung über die Vorgeseßten-Wahl iu der Nationalgarde, Nach dem Regierungs - und dem Kommissions Wahlen der Subaltern - Offiziere und Unteroffiziere direkt, Bataillons-Chefs und höheren Commandeurs dagegeu INDITCEI, «Da: Ds sie geschehen durch das Offizier - Corps und eine den tagnards wollen die direkte Wahl für alle Grade beibchalten wissen, doch wird obige Bestimmung votirt und sodann die Sibung ge \chlossen,

Dupin entgegnet schnell: „Jh kann nic!

daß alle fonstituirten Gewalten in Verdaht Des | gegen die Geseße gestellt werden. Nachdem |

sich auf den Artikel 110 der Verfassung | Faucher entgegnet hat: „Es kann nicht

und Leon ha die individuelle Vernunft

Es folgt sodann die wich-

- Projekt sind die die der

gleihe Anzahl in

Compagnieen gewählter Bevollmächtigter. Mehrere Mon-

Paris, 26. Mai, Die Sigung vom 23. Mai, in welcher die bci-

| den Minister Baroche und Faucher das Gese vom 31. Mai zu ihrem

Disfussion, welche bezüglich des Geseßes im Allgemeinen über vier_) politischen Programme erklärten, giebt heute tem Constitution

Man... wende die Analyse viel zu wenig auf die Politik an, sonst würde man gefunden haben, daß es in Frankreih heutzutage Factionen, Parteien und Meinungen gebe. „Meinungen““, sagt Veron, „so lebhaft neben ihnen Erinne- rungen und Hoffnungen slehen mögen, beschästigen sich mit der Ge- genwart, sind ruhig und geduldig. Parteien repräsentiren schon die Leidenschaft der Meinungen, sie intriguiren gegen jede bestehende Regierung und finden in einer Versammlung ein weit pas- senderes Terrain, als an einem Hofe, Darum können fie auch das allgemeine Wahlreht nicht vertragen und beschrän- fen es, um es schließlich ganz aufzuheben. Die Factionen endlich sind bewaffnete Parteien. Mit dem Geseße vom 31. Mai als Fahne fönnen die sozialistischen Factionen auf die ganze Demokratie rech- nen,

nel zu folgenden Befnerkungen Käluaß:

ohne dasselbe werden die hervorragenden Demokraten jeden Ausbruch bekämpfen und zurückhalten. Das allgemeine Wahlrecht paßt gut zu dem Glanze des Namens Louis Napoleon Bonaparte, und die Charafter- Vorzüge Louis Napoleon Bonaparte's passcn gut zum allgemeinen Wahlrehte. Das Geseh vom 31. Mai | {chwäche, unserer Ansicht nach, diese doppelte Macht. Uud dennoch | hat Herr Leon Faucher, wie Herr Baroche erklarte, das Gese vom 34. Mat zu scinem politishen Programm gemacht. Wir hâtten begriffen, daß Herr Leon Faucher am Antrittstage seines Ministeriums stolz der Versammlung seine gesammte politische Ueberzeugung vorgelegt hätte. Wir hätten es namentli begriffen, wenn er mu- thig die Verfassungsrevision als Programm und Zweck seiner Po- litif hingestellt hätte. Aber Herr Leon Faucher hütete sich aus Furcht vor dem geringsten Sturme damals wohl, des Gescßes vom 31, Mai auch nur zu erwähnen. Unverhofft erklärte er aber, er und das Gescß vom 31. Mai seien Seele und Leib. Wir bedauern dieses thörihte Verfahren des Ministeriums. Bin- nen kurzem wird es ihm Verlegenheiten bereiten. În Falten seiner improvisirten Fahne gewidckelt , wird es ge=- wiß die Freiheit des Handelns bei den großen De- batten, welche die Verfassungsrevision anregen wird, einbÜßen. Der Sturm wird bei der Revisionsfrage furchtbar werden, und in dem Augenblicke der gänzlichen Erschöpfung aller Parteien hätte dana das Ministerium die {öne Rolle zu übernehmen gehabt, eine neue Politik, die Abschaffung des Geseßes vom 31. Mai, zu beantragen. Der Widerruf oder die Revision des neuen Wahlgeseßes hätte dann si{her Versöhnung bereitet, Wir wissen uns durchaus nicht die váterlie, heftige und so verspätete Zärtlichkeit Fauher's für das neue Wahlgeseß zu erllären, welches die größte Höllenmaschine ist, um auf allen Punkten Frankreichs den Bürgerkrieg anzufachen.“ Der französische Gesandte zu Rom soll den Austrag erhalten haben, bei der päpstlichen Regierung für den Expräsidenten der re- publikanischen Constituante, Karl Bonaparte, Fürst von Canino, die Erlaubniß auszuwirken, zur Abholung seiner Gemahlin auf vierzehn Tage nach Rom zurückkehren zu dürfen. . :

Nach der ersten Diskussion der Verfassungs - Revision, | Dauer man auf beiläufig einen Monat anschlägt, aljo Snde Zuli oder im August, dürfte sich die gescßgebende Versammlung vierzehn | Tage Ferien geben. Thiers geht dann, wie gewöhnlich, in die Py- | renáenbäder, Berryer nah Vichy, welches in Diesem Fahre wahr- \cheinlich der Sammelplaß der politischen Gesellschaft scin wird, und Molé nach Champlatreux, wo er den Besuch mehrere Notqa- bilitáten erwartet. Die Minister werden Paris entweder gar nicht oder nur auf kurze Zeit verlassen.

Dercn

General Grammont soll den Anlrag, daß blos Freiwillige zum Nationalgardedienste gezogen werden sollen, auf den Wunsch des Präsidenten geste haben. Das Journ al des Débats veröffentlicht heute einen thm zugcjendelen National- garde-Organisations-Entwurf, dem es beinahe jcinen ungetheilten Beifall schenkt. Er besteht in folgenden wesentlichen Punkten 1) Allgemeines Exerzitium durch einen Militairlehrer, aus den Strafgeldern oder einer besonderen Slkeuer soldet würde. 2) Die Bewaffnung beschränkt auf 5 bis / pl. de1 Gesammtbevölkerung. 3) Geldstrafen für die meisten Fälle von 1 bis 100 Franken. i) Zuchtpolizeistrafen für gemeinsames Qi

cheinen in Uniform außer Dienst oder aufrührerishe und politische Ausrufungen in Reihe und Glied. 5) Assisenprozeß für gemcinsa

mes Erscheinen unter den Waffen außer Dienst und daraus sich herleitends Gewaltthätigfeiten.

Der Parteiverein der Rue drs Pyramides ha! in feiner gestri gen Sitzung cine neue Redaction seines Revisions - Antrags ange- nommen. Sie lautct: „Die unterzeichneten Repräsentanten habcn in der Absicht, der Nation die volle Ausubung ihrer Souverainetät zurückzustellen, die Ehre, dex Versammlung dea Antrag zu machen, es möge der Wunsch nach Revision der Verfassung ausgesprochen werden.“ Bis jept is diese Redaction definitiv. Man wollte heute im Konferenzsaale der National-Versammlung wissen, daß Broglie gestern in der Rue des Pyramides eine Re- daction des Revisions-Äntrages vorgeschlagen habe, welche Modis- fication der Verfassung in ihrem ganzen lUnfange forderte, Die angenommene Redaction is von Cocquercl, Manchen holl aber die Fassung heute {on wieder reuen, da die „volle Souverainetät“ ver Linken leihtes Spiel geben würde, und sind wirklich bereits mehrere Unterschriften zurückgenommen worden. Man glaubt, die definitive Redaction werde wieder abgeändert werden. Der Na - tional erklärt heute, auch wenn das neue Wahlgeseß abgeschafft würde, wäre er gegen Verfassungsrevision, obwohl er Manches, z. B. die Präsidentschaft, an der Verfassung auszuseßen hátte.

Paris 27 Man

De De

Paris, 2. Mai. (K. Z.) In der heutigen: Sipung der |

National-Versammlung wurde das Nationalgarden-Geseß vollstän-

dig angenommen und der Regierung zwei Jahre zur Reorganisa=

tion und zu den Neuwahlen bewilligt. E Seitens der Regierung sind noch keine Revisions - Vorschläge

gemacht worden. Die Revisions-Petitionen nehmen in Paris nur geringen Fortgang.

Das Charivari ist wegen Beleidigung des Präsidenten der Republik verurtheilt worden.

Großbritanien und Jrland. Jhre Majestät die Königin machte gestern ; sin von Preußen und der Herzogin von Sachsen =- Koburg= Gotha eine Spazierfahrt ins Freie, während Prinz Albrecht mit dem Prinzen von Preußen, dem Prinzen Friedrich Wilhelm, dem Herzog vou Sachsen-Koburg-Gotha und dem Herzog Ernst von Württemberg in Hyde-Park spazieren ritt. Abends war Familientafel bei Hofe. Prinz Heinrich der Niederlande war gestern in Liverpool, um dic dortigen Sehenswürdigkeiten in Augenschein zu nehmen. Heute is cine militairische Parade in Woolwich, welche der Prinz von Preußen mit seiner Gegenwart bcehren wird.

Nußlaud und Polen. Warschau, 28. Mai. War sz.) Gestern sind Jhre Kaiserlichen Majestäten und Allerhöchsten und Höchsten Gäste von Skierniewice reist. Majestät der König von Preußen trat von da die Rückreise nach seinen Staaten an und wurde von Sr, Majestät dem Kaiser begleitet. Gleichzeitig reiste Se. Königl. Hoheit der Prinz Friedrich nach Preußen zu- rück. Der Feldmarschall Fürst von Warschau und zahlreihes Ge- folge geleiteten die hohen Herrschaften. Ihre Majestät die Kaijerin (raf gestern Nachmittag in Gesellschaft Jhrer Königl. Hoheit der verwitwetcn Großherzogin von Medcklenburg - Schwerin unD Jhrer Hoheiten der Prinzessinnen Agnes und Marie von Anhalt-Deßagu und des Herzogs Wilhelm von Mecklenburg-Schwerin wieder in Warschau ein. Die preußischen Hos- und Ministerial= Beamten, namentlich der Geheime Kabinetsrath Illaire und der Geheime Hofra1h Cottel, sind in den leßten Tagen ebenfalls von Warschau abgereist,

Portugal. am 15ten mit einem Corvs in Lissabon ankam, ist zum Minister - Präsidenten mit den Portefeuilles des Jnnern und des Krieges ernanni worden. Ba- ron de Luz und Francini bleiben auf ihren Posten. eFobral ist zum Civil-Gouverneur von Lissabon ernannt. Marschall Saldanha istt zum Oberbefehlshaber der Armee befördert. Lissabon ijt voll- fommen ruhig.

Li \\abon, 23. Mai. (K. Z.) Ein neues Ministerium aus hervorragend progressistishen Mitgliedern ist gebildet. Saldanha, Minister - Präsident; Pestanna , Jnneres; Loulé, Justizz Franzini,

London, 27, Mai. mit der Prinze}\-

C Ar. ihre abge-

Sl,

Lissabon, 19. Mai. (Fr. B.) Saldanha, der auf 6 Dampfschiffen eingeschifsten Armee-

Finanzen ; Antorgia, Aeußeres. Ein Geschwader ist nach dem T D

il as franzósische Dampfboot

Mittelmeer qgeschickt worden. „Anakreon“' ist hier angekommen. Bekann 4 maun g. : | Die am Z3lsten d. M. stattfindende feierlihe Enthüllung des Denkmals Sr. Majestät König Friedrichs Il, giebt zu folgenden polizeilichen Verordnungen Veranlassung: y E l) An dem gedachten Tage sind der Pariser Plaß, die Linden, der Plaß am Opernhause, der Opernplaß, der Play am Zeughause, die S(hloßbrücke, der Lustgarten, Die Schloßfrei= heit und der Schloßplay dem óffentlihen Verkehr von fruh 7 Uhr bis zur Beendigung der Feier Nachmittags gegen 3 Uhr entzogen. Zuschauer werden innerhalb des mit Geländern umgebenen inneren Raumes der Linden gestattet. Die Trottoirs der Lin den und die Fahrdäámme derselben müssen wegen der dort stattfindenden Aufstellungen und wegen des Durchmarsches de1 Truppen von Zuschauern frei bleiben. Desgleichen fönnen Zuschauer sich im Kastanienwäldchen bis an die Höhe der Wache, am Opernhaus bis an den Grünen Graben auf- stellen.

Die nach dem Königlichen ) Personen nehmen zu Fuß ihren Eingang durh das Portal Nr. 4; zu Wagen durch das Portal Nr. 3 an der Schioß freiheit durch den Schloßhof nach dem Portal Nr. 4, 901 welchem die Eingeladenen ihre Wagen verlassen. Diese fah ren demnächst durch das Portal Nr. 2 und dur die Breit Straße wieder ab. Die Anfahrt nah dem Schlopporta! Nr. 3 findet von der Jägerstraße aus über den Werder|chen Markt, die Schleusenbrücke und über die Schloßfreiheit stati desgleichen durch die Brüderstraße über den ch ebenfalls nah der Schloßfreiheit. Die Abholung ijt clben Weise. / Die Königlichen und Prinzlichen Hof-Equipagen fal das Portal Nr. 1 in den Schloßhof Nr. 1, wenden demselben und begeben sich durch das Portal 9 our die Breite Straße ebenfalls wieder zurück Die Anfahrt im Palais Sr. Königlichen Hoheit des Preußen findet am gedachten Tage nur in de

Die Abfahrt von da Markg

Schloß zum Festzug eingeladenen

von

straße statt.

straße. i

Diejenigen Zuschauer, welhe Billets den T1

Magistrats besien, gelangen zu denjelben durch l

Nrd D! LVUI() Vit

renstraße nah dem hinteren Ende des Vperny sie die Tribüne auf den dort befindlichen T T Anfahrt von Wagen findet hier nur Markgrafenstraße, Behrenstraße bis an die Opernplaßes; von da hinter der fatholischen § französische Straße zurüd,

Zu den Tribünen in der Un cen übrigen Lokalen des Universitäts gang nur von ver Dorotheenstraße dur das heu in das hintere Portal des Univer]tials- S Wagen nehmen von da den Weg hinter del am Kupfergraben entlang. Â

Zu den Tribünen in der Univer}llä Ll] ap der Eingang dur die Dorotheenstraße und Univ rate straße statt. Wagen halten an der Ede der Dorotheen i der Universitätsstraße und fahren hinter der Sing-Akademi und dem Kupfergraben ab.

Die Abholung durch Wagen findet Meise statt, wie die Anfahrt geordnet ist. Was das bffentlihe Fuhrwerk betrifft, so dürfen an dem ge dachten Tage von früh 7 Uhr ab bis zur Beendigung der Set die Haltepläße auf dem Schloßplaß, im Lustgarten, 1! L Charlottenstraße, an der Ecke der Linden und Neustádti]chen Kirchstraße, in der Schadowsstraße, auf dem Parijer Plaß und in der Mittelstraße .an der Ecke der Neustäduchzen Kirchstraße von Droschken nit bèseßt werden. N Sben 10 dürfen die Omnibus-Fuhrwerke den Schloßplaß, i Play am Opernhause, die Linden und den Pariser Plas§ nicht passiren.

Berlin, den 27. Mai 1854. s. Der Polizei-Prâäsident. von Hinckteldey.

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