1882 / 100 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 28 Apr 1882 18:00:01 GMT) scan diff

31 Gallonen) Bier versteuert gegen 13 374 000 Barrels im Jahre 1880. Die ausgedehntcste Bierproduktion besißt der Staat New- York, wovon wieder über die Hälfte in der Stadt New-York selbst erzeugt wird; ibm folaen die Staaten Pennsylvania, Ohio und Wieconfin, fammtlih mit über eine Million Barrels Biererzeugung. Auf die einzelnen Staaten vertheilen \sich im Kalenderjahre 1881 die zum Verkaufe gekommenen Biermengen wie folgt: Arizona 4000 Barrels, Kalifornia 426711, Colorado 77 798, Connecticut 90 507, Dakota 11 439, Delaware 13 725, Columbia- Distrift 37 721, Georgia 876, Idaho 2445, Illinois 989 117, Jn- diana 321 781, Jowa 279 517, Kansas 22882, Kentucky 218 956, Louisiana 56 123, Maryland 290787, Mafssacdusetts 791 946, Michigan 323 130, Minnesota 199569, Missouri 964 620, Montana 10 958, Nebraska 51 045, Nevada 11 886, New-Hampshire 231 423, New-Jersey 746 211, New - Merico 1290, New - York 5294 194, North-Carolina 4, Ohio 1489 862, Oregon 24073, Pennsylvania 1 595 130, Rhode Island 65 786, South-Carolina 10061, Tennefsee 11 543, Texas 2945, Utah 16 841 Virginia 23 850, Washington Territory 13 309, West-Virginia 43 344, Wisconsin 1112357, Wyoming 5978. Summa 15 885 749.

Von den größeren Städten in den Vereinigten Staaten sind im leßten Kalenderjahre an Bier erzeugt worden, resp. zur Versteuerung gelangt: Albany 243 630 Barrels, Alleghany 73 688, Baltimore 282 147, Boston 697240, Baltimore, Brooklyn 749 228, Buffalo 211 666, Chicago 535 065, Cincinnati 731 789, Cleveland 183 307, Detroit 168 086, Milwaukee 844 662, Newark 473 745, New-York 2956 077, Philadelphia 965 172, Pittsburg 184 355, Rochester 205 665, St. Louis 876 061, San Francisco 292 073, Troy 87 170.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Das 2. Heft 111. Bandes der Jahrbücher der Königlich ea Kunstsammlungen (Berlin, Weidmannsche Buch- andlung) bringt unter den fkunstwissenschastlihen Studien und Forschungen den zweiten Theil der Abhandlung von W. Bode über die italienishen Skulpturen der Renaissance in den Königlichen Museen. Dieser zweite Abschvitt bespricht die Bildroerle des Andrea del Verrocchio, deren die Museen cine Anzahl werthvoller Stücke in Originalen und Abgüssen besißen. Die ersteren, sämmtlich «us Thon, sind auf einer beigegebenen photetypischen Tafel abgebildet ; cine weitere zeigt das fTöstlihe Marmorrelief der Sammlung Rattier in Paris, welches den Namen Publius Scipio trägtk. Die auch nocch durch Holzschnitte illustrirte Arbeit giebt an der Hand des vorhandenen Materials dec Werke, welches unsere Sammlungen bieten, ein umfassendes Bild der künstlerischen Thätigkeit Verrocchios und feiner Eigenart, gewährt aber auch zugleih in sein Atelier und die Thâtigkeit seiner Schüler einen Einblick, der namentlich für die frühere Zeit des Leonardo von Bedeutung ist. Weiter finden wir eine gründliche Abhandlung über die Frage, in welchem Verhältniß Dürer zur Antike gestanden, von H. Thode, und eine Charakteristik norditalienisber Centralbauten des 17. und 18, Jahrhunderts, von R. Dohmez; leßterer Aufsaß isl insofern von besonderem Interesse, als darin Camillo Guarino Guarini (geb. 1624 zu Modena), ein in vieler Hinsiht beachtenswerther Meister des Barostyls, hier zum ersten Male fkunstgeshichtlich gewürdigt wird. erner bringt das Heft die 9. Fortseßung der Arbeit von J. riedländer über die italienischen Schaumünzen des 15. Jahrhunderts, ehandelnd die Medaillen und Münzen von dem auch als Gold- {{chmied berühmten Römer Caradosso (geb um 1445), Auch dieser Abschnitt ist durch zwei Lichtdrucktafeln mit zahlreihen Abbildungen von Münzen und Medaillen illustrirt. Auf einer der abgebildete. Medaillen des Galeazzo Maria lesen wir den Wahlspruch „ih hoffe“ und erfahren dazu aus dem Text beiläufig, daß deutsche Wahlsprüche in Italien nicht ganz ungewöhnlich waren; so findet sich auf einer Münze des Galeazzo Maria der Spruch „ich vergies nit“; Franz Il. Sforza hatte die Devise „mit Zait“, Alberich T. Cibo, Fürst von Massa, evvon Guetten in Pesser“; Friedrich Il, Gonzaga von Mantua, „biderkraft“ und die Markgrafen von Saluzzo „noch leit“. Endlich finden wir in diesem Heft noch eine Studie über das Kupferstichwerk des Hanz Sebald Beham von W. von Seydliß, welcher eine gleiche über das Holzs{nittwerk des Meisters folgen foll, und Beiträge zur Biographie Raphaels von Hermann Grimm.

Kulturhistorische Bilder aus der deutschen Reichshauptstadt von Oskar Schwebel (Berlin 1882, Olberheimsche Verlagsbuchhandluna, G. Jcël). Der Verfasser führt in diesem Buche eine Reihe von Mosaikbildern vor, in denen sich die kulturgesihtliche Entwickelung Berlins von seinen Anfängen an bis in die neueste Zeit abspiegelt. Es sind theils leiht hingeworfene Skizzen, theils aber auch sorgfältige, eingehende Beschreibungen, bei welchen sih Hr. Schwebel mit besonderer Vorliebe der Kirchen des alten Berlins zugewendet hat. Ueber Bekanntes i er mdög- lichst kurz hinweggegangen, um bei dem bisher noch gar nicht oder weniger Bekannten, welches er quellenmäßig erforscht hat, desto länger verweilen zu können. Die Darstellung ift frisch und ge- wandt und verräth nicht das trockne Studium, aus welcher sie hervor- gegangen ist. Der Verfasser bezweckt nach seinem Vorwort, die Liebe zu Berlin zu verbreiten, und hinzuweisen auf das Eine, was Noth thut und was wir in unseren Tagen über dem Streite der Parteien so oft vergessen als höchste Pflicht aufzufassen: „die unbedingte Hin- gace jeder Kraft zum Dienste des Vaterlandes“. Und wenn der Ver- asser die Tugenden Berlins auch mitunter überschäßt, so verliert er do in dem ganzen Werke ein Ziel nicht aus den Augen, welches in dem Epilog gekennzeichnet it: „Berlin ist groß geworden dadurch, daß seine Fürsten im reten Augenblick die Jnitiative zu löblichem und gedeihlihem Thun ergriffen haben und scine Bürger mit Verständniß den Regierenden auf neue Bahnen gefolgt sind. Das wird, so Gott will, immer geschehen !“ Der Verfasser verspricht, seine kulturhistorishen Bilder in einem zweiten Theile noch zu vervollständigen; nach dem, was der erste Theil bietet, würde er damit gewiß den Wunsch eines jeden Lesers erfüllen.

Dos neue Gymnasium zu Moabit ist am 24, d. M. eröffnet worden. Die feierlibe Einweihung hat noch hinausges{oben werden müssen. Wahrsceinlih wird, wie die „Post“ mittheilt, die- selbe im Laufe der nähsten Woche stattfinden. Beim Beginne des Unterrichts waren etwa 250 Schüler angemeldet, von welchen die

e auf die Vorbereitungsklassen kommt. Die Sexta zählt 50 üler.

Aus dem Verlage der Schulze’shen Hofbubhandlung und Posen (C. Berndt u. A. Schwartz) in Oldenburg sind uns olgende Bücher zugegangen ;

Hof? und Staats-Handbuch des Großherzogthums Olden - IBLTIEE das Jahr 1882. —- Preis gebunden 1,30 6

ankelmann, Trauerspiel in sünf Akten von Otto Girndt. Preis 2 Æ Dieses Drama wurde von der Beurtheilungs- Kommission für die von der Königlichen Hoftheater-Intendanz in München ausgeschriebene Preisbewerbung vom Jahre 1877 mit dem Preise pas. Dasselbe i, wie eine Bemerkung auf dem Titel- blatte besagt, „mit glänzendem Erfolge“ am Königlichen Hof- und National-Theater in München in Scene gegangen.

Christian Günther. Schauspiel in fünf Akten von Marx Grube. Preis 2 M

Der „Philoloa. Wochenschr.“ wird aus Rom geschrieben : Die jüngst wieder aufgenommenen Ausgrabungen am römischen Forum, welche die zwishen den Kirhen San Lorenzo in miranda und 8. Maria liberatrice befindliden Erdwand wegzuräumen zur Aufgabe haben, lieferten bisher nichts von dem, was man dort zu finden hoffte (Konsularfasten und den Fabierbogen), eueson dagegen ur Entdeckung eines Fragments des römischen Stadtplans. Dieser jon an \sich höchst wichtige Fund wird dadurch noch werthvoller, daß

s neugewonnen Fragment einen Punkt der Stadt Rom betrifft, dessen topographishe Cinzelheiten noch manchem Zweifel unterworfen waren. Soweit sih nämli jeßt beurtheilen läßt, enthält das Frag- ment einen Theil der Umgebungen des Kastortempels, also gerade die Gegend des römischen Forums, welche heute frei gelegt wird.

Land- und Forstwirthschaft.

Vom Unterwesterwald, 23. April, berihtet man der „Wiesb. Ztg.“: Ueber den Stand der Saaten kann ich nur Günstiges beriten. Korn und Weizen steben sehr gut, stellenweise fogar üpvig. Der Raps blüht, Hafer und Klee sind jedo noch weit zurück. Mit dem Kartoffelseßen wurde diese Woche der Anfang ge- macht. Auch die Wiesen zeigen ein sehr gutes Aussehen und ver- sprechen eine gute Heuernte. Die günstigen Aussichten auf ein gutes fmierlodr haben nit verfehlt, auf die Viehpreise zu wirken ; dieselben ind rasch gestiegen und haben sogar auf einigen der leßten Märkte der Umgegend eine ganz bedeutende Höhe erreiht. Wir wollen hoffen, daß die günstigen Anzeichen für eine gute Ernte nicht trügen, so daß wir cinem gefsegneten Jahre entgegensehen.

Gewerbe und HSHande!,

Durch Bekanntmachung des s{chwedis{en Kommerz-Kollegiums vom 18. d. Mts- ist angeordnet worden, daß die Einfuhr von Rindvieh, Scafen, Ziegen und anderen Widerkäuern, sowie von Pferden nah Schweden auf dem Seewege fortan auch*) in den Städten Söderhamn und Hudiksvall stattfinden darf.

Auf die Aktien der seit dem 29. Mai 1878 in Liquidation befindlihen Aktien-Gesellschaft für Tabackfabrikation, vormals George Praetorius, gelangt gegenwärtig eine weitere Quote von 29/6 zur Rückzahlung. Bisher haben die Aktionäre dieses Unternehmens aus der Ligquidationsmafsse zwei Raten, eine von 40 9% e Januar 1879, die zweite von 4% am 18. Juni 1880 er-

alten. j

___— Die „Aenderungen des amtlichenWaarenverzeich- nisses zum Zolltarife“ sind so eben in N. von Deckers Ver- lag, (Marquardt u. Schenck hierselbst) erschienen. (Preis 10 4.) Das vollstäntige amtlihe Waarenverzeichniß und Zolltarif-Gesetz nebst den festgestellten Tarasäßen, Nachtrag und Aenderungen, E gr. 89 geheftet, ist aus demselben Verlage für 3,10 4 zu

eziehen.

_:— Das Aprilheft (16. Jahrg. 1882) von „Kunstund Gewerbe“, Zeitschrift zur Förderung deutsher Kunstindustrie, herausgegeben vom Bayerischen Gewerbemuseum zuNürnberg, redigirt von Dr. Otto von Schorn (Druck und Verlag von G. P. J. Bieling (G. Diek) in Nürnberg) bringt den ersten Theil einer durch viele JUustrationen erläuterten Geschichte der Kammfabrikation, nab einem im Gewerbe- Museum gehaltenen Vortrage bearbeitet von Carl Friedrich; einen Beitrag über die persische Nadelmalerei Susandscird, Mittheilungen aus Museen, Vereinen, Schulen, Auéstellungen 2c, Rathschläge für die Werkstatt, Nachrichten aus dem Buchhandel und kleinere Mitthei- lungen. Außer vielen Abbildungen im Text liegen dem Heft 3 Kunst- blätter bei, von denen das eine zwei (in vorzüglichem Farbendruck re- produzirte) ges{mackvolle italienische Buchdecken des 16. Jahrhunderts aus der Nationalbibliothek zu Florenz, das zweite ein Paar edel stylisirte Blumenvafen aus getriebenem Silber (die Originale be- finden sih in der Stadtkirche zu Annaberg) und das leßte eine hübsche Ctagere in deutschem Renaissancestyl, entworfen von L. Bürger, zur Anschauung bringt. Gleichzeitig mit dem Aprilheft der Zeit- {rift werden die Nrn. 6 und 7 der „Mittheilungen des Baye- rischen Gewerbe-Museums“ als Beiblätter dazu ausgegeben. Da gelegentlih der Bayerischen Landetausstellung in Nürnberg auch das Bayerische Gewerbemuseum mit seinen reihen Schätzen auf die Fremden eine große und gewiß gerectfertigte Anziehungskraft äußern wird, so dürfte folgende Mittheilung über die für den Besuch der Anstalt bestehenden Bestimmungen willkommen sein: Der Eintritt in die Sammlungen, in die Bibliothek mit Lesezimmer und in die permanente Ausstellung kann vom 17. April bis 6. Oktober d. J. täglich, mit Auësnahme des Sonnabends, erfolgen und zwar an den Wochentagen in den Tagcéstunden 10—12 Uhr und 2—dò Uhr, an den Sonntagen von 10—1 Uhr. Mit Ausnahme des Montags und des Donnerstags, an welchen Tagen ein Eintrittsgeld von 1 M er- hoben wird, ist der Eintritt frei. Die Vorbildersammlung mit Zeichensaal und die Bibliothek mit Lesczimmer sind {on um 9 Uhr Vormittags zugänglich und bleiben bis 6 Uhr Abends offen. Ueber die Benußung find die besonderen Bestimmungen in den einzelnen Abtheilungen der Sammlungen maßgebend. Die übrigen Einrichtun- gen des Bayerischen Gewerbemuseums können nur nach eingeholter Erlaubniß, welche im Bureau zu erhalten ist, besuht werden.

Wten, 27, April, (W. T. B.) Die Bilanz der Prag- Duxer Bahn, welche in der heutigen Sikung des Verwaltungs- rathes festgestellt wurde, weist pro 1881 einen Reinertrag von 326 000 Fl. auf.

AUTweLPen 27: Abl, _(W. T. B) Wollaäauktton. Angeboten 2315 Ballen, davon 1674 B. verkauft. Preise unverändert.

Verkehrs-Anstalten.

News Vort, 2 Al, (W. L. B) Ver

Postdampfer „Rhenania“ ist hier eingetroffen.

%) Cr L U Mr, 19.00 1882,

Hamburger

VBerlín, 28. April 1882,

Der Centralverein für Hebung der deutschen Fluß- und Kanalschiffahrt bielt am Donnerstag Abend im BVürger- saale des Rathhauses seine Generalversammlung ab. Der Vor- sitzende, Abg. Dr. Geora v. Bunsen, bemerkte einleitend: Der Verein, der früher mit großen Schwierigkeiten zu kämpfen gehabt, könne nun- mehr mit Genugthuung auf seine Thätigkeit zurückblicken, Seiner Initiative si das Erstehen und die Verbesserung vieler Kanäle zu verdanken. Das Jahr 1881 könne für die Schiffahrt als ein gün- stiges bezeichnet werden. Dank der atmosphärischen Niederschläge sei der Wasserstand ein hoher und die Geschäftslage cine günstige gewesen. Wenn auch noch so manche Projekte bezüglih der Flußregulirung niht erfüllt worden seien, so fönne man troßdem mit Be- friedigung auf die erzielten Resultate zurückblicken. Ganz besonders sci es der Thätigkeit des Vercins zu verdanken, daß gegen- wärtig eine Melioration der Moorkanäle an der Ems und Weser vorgenommen werde. Es gehören gegenwärtig dem Vereine an: 42 Magistrate, 39 Handelskammern, 36 Vereine und Gesellschaften und 589 persönliche Mitglieder. Kaufmann Zeller erstattete hier- nah den Kassenberiht. Danach betrugen die Einnahmen des Vereins im letztverflossenen Geschäftsjahre 7649 A, die Ausgaben 5674 M, der gegenwärtige Kassenbestand 1976 #4 Der Handelskammer- Sekretär Dr. Eras (Breslau) referirte alsdann über: die gesetzliche Regelung der Rechtsverhältrisse der deutshen Binnenschiffahrt und {lug die Annahme folgender Resolution vor: „Die Ver- fsammlurg beauftragt den Vorstand, an die Reichsregierung das Ersuchen zu richten, bei der Vorbereitung und Vor- berathung eines, mit thunlihster Beschleunigung zu erlassenden Reich2gesetßzes über die Rechtsverhältrisse der Strom- und Binnen- \cifahrt, dem Centralverein für Hebung der deutschen Fluß- und Kanalschiffahrt Gelegenheit zu bieten, seine diesbezüglihen An- \cbauungen und Wünsche zu äußern.“ Nach kurzer Debatte wurde diese Resolution angenommen. Professor Dr, Schlichting \sprach hierauf über Ketten- und Seilschiffahrt.

Der Hülfsverein für innere Mission hielt gestern unter Vorsiß des Wirkl, Geh. Ober-Justiz-Raths Wentel im Saale des Evangelisben Vereinéhauses seine zweite Jahresversammlung ab. Die vom Verein angeregte Errichtung einer Lehrlingsherberge ift auf einem zwischen Acker- und Bernauerstraße belegenen Grundstück perfekt geworden. Doch findet die Herberge nod niht die erwünschte Be- theiligung. 1000 4 von den auf 1372,50 Æ \ich belaufenden Ein- nahmen sind von Seiten des Vereins an den Centralauêshuß abge- führt worden, C S

Ulm, 27. April. (W. T. B.) Die Dombaumeister haben die Erklärung abgegeben, daß dem Ausbau des Münsterthurms keine Hindernifie entgegenständen.

__ Das gegenwärtige Gastspiel der Herzoglich sachsen-mei- ningenshen Hoftheatergesellshaft auf der Winterbühne der Friedrich - Wilbelmstadt gestaltet g zu einem gleich bedeut- samen theatralischen Ereigniß wie die früheren und beschäftigte seit dem ersten Tage des Wiedererscheinens der Gäste alle der dramatischen Kunft Zugethanen, ja au Diejenigen, welhe den „Meiningern“ prin- zipiell abgeneigt sind, in höchstem Maße. Bietet doch der „Wallen- stein“, mit dem sih die Gesellschaft diesmal hier einführte, noch eine entschiedene Steigerung gegen ihre früheren vielbewunderten Leistungen, und zwar, was noch mehr heißen will, hinsichtlich der rein dramatischen Interpretation der Dichtung und abgeschen von dem prachtvollen Rahmen, in welchem sie uns entgegentritt. Wer auch nur die eine Scene des Kriegêraths in den „Piccolomini“ so fesselnd und hin- reißend lebendig zu gestalten vermag, wie wir sie von den Meiningern gesehen, der hat ein \trengstes Riaorosum in der Bühnenkunït mit den bösten Chren bestanden. Diese Scene kann deshalb vorzugs- weise als Prüfstein dienen, weil die dekorative Auéstattung, welcher sonst gern die Erfolge der Meininger aus\cließlich zuge- hoben wurden, so gut wie gar niht dabei in Geltung kommt, Die damit erzielte Wirkung ist vielmehr aus\{ließliches Verdienst der Schauspielkunst und einer genialen Regie. Beide feiern au bei dem Gelage des Grafen Terzky großartige Triumphe, aber hier tritt au eine geradezu blendende Ausftattung an Dekorationen und Geräthen mit ihr in Konkurrenz. Ein Kabinets\ück der Inscenirung ist vor Allem „Wallensteins Lager“, welches allabendlih schon beim Auf- gehen des Vorhangs einen Sturm des Beifalls zu erregen pflegt, Angesichts dieser einzigartigen Schöpfung der Bühnenkunst dürfte es \hwer zu entscheiden sein, welhem der Faktoren, die an diesem theils prächtigen, theils charafteristischen lebendigen Gesammtbilde zusammen- wirken, die Palme zu reichen sei. Bedauerlich is nur der geringe Raum, welchen die Bühne zur Entfaltung dieses Bildes bietet und der dur die (von der Tradition abweichend) gewählte Waldlandschaft noch mehr eingeengt wird. Hat übrigens in diesem Vorspiel die Comparferie vollauf Gelegenheit zur Entfaltung derjenigen Wirkungen, in welchen die Meininger Gesellschaft (auch von ihren Gegnern unbestritten) stets besonders excellirte, so stellen die beiden Hauptdramen der Trilogie an die Schauspiel- kunst faterohäân schr bedeutende Anforderungen. Daß die Gesellschaft auch diesen in vollem Maße gerecht geworden, das ist es, was ihren Aufführungen des „Wallenftein“ eine geradezu epochemachende Be- deutung in der Geschichte der deutschen Schauspielkunst zuweist, Die Meininger Hofbühne hat das Verdienst, mit diesen Aufführun- gen dargethan zu haben, auf wie heillos falschen Bahnen sid das deutsche Theater mit feinem Virtuosenkultus befindet. Denn wenn der Gesellschaft auch s\o trefflihe Künstler, wie Hr. Nesper (Wallenstein), Hr. Teller (Illo, in dieser Rolle noch bedeutender denn als Buttler und als Kapuziner), Hr. Arndt (Isolani und erster Holkischer Jäger) und fo beachtenswerthe Künstlerinnen, wie Fr. Berg (Herzogin) und Frl. Schanzer (Gräfin Terzky) angehören, so liegen die Verdienste der Andern doch weniger in ihrer indivi- duellen Kunstbegabung, als in der fügsamen Unterordnung und intelli- genten Ausführung der Absichten einer hohkünstlerischen, geradezu \chöopferischen Regie, welche dadur aus thnen Künstler ges{hult und erzogen hat, welche jedem Theater zur Zierde gereicden würden. Das zeigt sich nicht nur in dem vollendeten Zusammenspiel, nein in der Art, wie sie die Dichtung behandeln, die Verse sprechen und betonen, und sih in den darzustellenden Charakter vertiefen,. Ueber die glänzende, historish getreue Ausstattung dürfen wir uns weiteres Lob ersparen ; bemerkt sei jedo, daß die Kostüme, namentlich der Damen, zum Theil zu fehr den modish outrirten Porträts der Zeit gefolgt zu sein sheinen.— Der gestrigen Vorstellung von „Wallensteins Tod“ wohn- ten wiederum Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz, Ihre Königlichen Hoheiten die Prinzen Wilhelm und Georg sowie die Erbprinzlih sachsen-meiningenschen Herr- [haften bei.

Im Residenz-Theater kam gestern ein neues französisches Sittendrama: „Sergius Panin“, Schauspiel in 5 Akten von Georges Ohnet, deutsch von Carl Saar, zur ersten Aufführung. Im Mittel- punkt der Handlung steht der Titelßeld, Fürst S ergius Panin, ein vornehmer, vermögensloser Noué, dessen vershwenderischer, haltloser Charakter ihn {ließli zum Theilnehmer eines Betruges macht. Als der Fürst vor die Schranken des Gesetzes gezogen werden soll, weiß er in seiner Feigheit nicht den einzigen Ausweg zu finden, der die dunklen Flecken von seiner Ehre waschen könnte. Die arakter- volle energische Frau Desvarennes, außer sich über die Schmach, mit der auch sie ihres Schwiegersohnes Verhalten bedroht, rächt des- halb mit cigener Hand die Schande, die Sergius Panin über sie ge- bracht, indem sie ihn niederschießt. Das Stück bietet somit eine Variante zu dem Dumasschen Thema, daß der Tod allein ‘die Sünde an der Sittlichkeit sühnen könne. Nur wird uns hier an der Stelle des verirrten Weibes ein moralisch gesunkener Mann vorgeführt, dem gegenüber ein Weib die sittlichen Pflichten und die Gesetze der Ehre zu wahren berufen ist. Die beiden Hauptcharcktere sind mit großer Sorgfalt ausgearbeitet: der Fürst durch ewiges Nichtêthun erschlaft und immer tiefer sinkend; ihm gegenüber die verkörperte Arbeitskraft und das gespannte Ehrgefühl der Frau Desvarennes, die nur eine Schwäche kennt, nämlich die abgöttische Liebe zu ihrer Tochter. Die anderen Personen sind geschickt um diese beiden Figuren gruppirt. In dem ganzen dramatischen Aufbau und in dem Reichthum an scenischen Effekten erkennt man wieder die Gewandtheit der modernen französi- \c{hen Autoren, aber von den dargcstellten Charakteren kann kaum ein anderer neben der Frau Desvarennes ein dauerndes Interesse hervor- rufen. “Als Därstellerin der Frau Desvarennes zeichnete si Frl. Boguar durch ihr vorzüglides Spiel aus; in Haltung und Be- wegung, Sprache und Mienenspie“ verkörperte sie die energische Geschäftéfrau auf's Vollkommenste und lieferte damit einen neuen Beweis ihrer Begabung. Hr. Haack bemühte sich, in der Titel- rolle das Beste zu leisten; doch fehlt seiner Sprache und seinen Be- wegungen die Geschmeidigkeit, die von dem Darsteller des Fürsten Panin erwartet werden muß. Eine sehr qute Leistung war die des Hrn. Kober (Cayrol), die ibm auch zu einem Hervorruf auf offener Szene verhalf. Hervorzuheben sind noch Frl. Berger (Michelme) und Hr. Lüpshütß (Maréchal). Dagegen paßte Frl. Ziegler (Jeanne) zu wenig in den Rahmen des Stückes, Das Haus war beinahe aus- verkauft und applaudirte in animirter Stimmung; nah dem vierten Akte ließ diese etwas nah und ließ sogar etwas Opposition zu Tage treten. Im Ganzen war es cin Erfolg, der freilih zum großen Theil durch Frl. Bognars charakteristishes Spiel hervorgerufen wurde.

—- Central-Skating-Rink. Das Gastspiel der Sgra. Emma Saurel, welche heute in der italienischen Oper als Gilda in Verdi's „Rigoletto“ auftritt, dürfte um so größeres Interesse erwecken, als die Künstlerin sich bier bereits eines wohlbegründeten Rufes erfreut. Morgen, Sonnabend, findet eine Wiederholung von „Rigoletto“ und das zweite und letzte Gastspiel der genannten Dame ftatt. Für Sonn- tag steht „Ernani“ auf dem Repertoire, mit Sgr. Brogi in der be- kannten Glanzrolle des Carlo Quinto. Die Titelrolle singt Sgr. egr dessen frühere stimmlihe Jndisposition nunmehr beho- en ift.

Im Zoologischen Garten ist bei günstiger Witterung der Beginn der großen Militär-Concerte am Sonnabend in Ae genommen. Diese bei der fashionablen Welt besonders beliebten und gern besuchten Concerte werden, wie bisher, von sämmtlichen Musikcorps der hier garnisonirenden Garde-Regimenter ausgeführt.

Redacteur: Riedel. Verlag der Expedition (Kessel). Druck: W. Elsner. Vier Veilagen (eins{ließlich Börsen-Beilage).

Berlin:

„X 100.

"T N P

Erste Beilage zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlich Preußischen Staats-Anzeiger.

1882,

Berlin, Freitag, den 28. April

E a I

Neichstags - Angelegenhcite:2,

Dem Reichstag ist folgender Entwurf eines Gesetzes, Mens Abänderung der Gewerbeordnung, vorgelegt

orden :

Vir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser,

König von Preußen 2c. verordnen im Namen des Reichs, nah erfolgter Zustimmung des Bundesraths und des Reichstags, was folgt:

j Artikel 1.

- An die Stelle des §. 6 der Gewerbeordnung treten folgende Be- stimmungen:

__ Das gegenwärtige Geseß findet keine Anwendung auf die Fischerei, die Errichtung und Verlegung von Apotheken, die Erziehung von Kindern gegen Entgelt, das Unterrichtswesen, die advokatorische und Notariatspraxis, den Gewerbebetrieb der Auswanderungsunter- nehmer und Auswanderungsagenten, der Versicherungsuaternehmer und der Cisenbahnunternehmungen, die Befugniß zum Halten öffent- licher Fähren und die Nectsverhältnisse der Schiffmannschasten auf den Seeschiffen. Auf das Bergwesen, die Ausübung der Heilkunde, den Verkauf von KArzneimitteln, den Vertrieb von Lotterieloosen und die Viehzucht findet das gegenwärtige Geseß nur insoweit Anwendung, als dasselbe ausdrüclihe Bestimmungen darüber enthält.

Durch Kaiserliche Verordnung wird bestimmt, welche Apotheker- waaren dem freien Verkehr zu überlassen sind.

Artikel 2,

An die Stelle des leßten Absatzes des §. 30 der Gewerbe- ordnung treten folgende Bestimmungen :

Hebammen bedürfen eines Prüfung3zeugnisses der nach den Landes- geseßen zuständigen Behörde. Auch können die Landesregierungen den Betrieb des Hufbeschlaggewerbes von der Beibringung eines folchen Zeugnisses abhängig machen.

Artikel 3. | I. Hinter §. 33 der s wird eingeschaltet:

8, 33a.

Wer gewerb8mäßig Musikaufführungen, Schaustellungen, thea- tralishe Vorstellungen oder sonstige Lustbarkeiten, bei denen ein höheres Jnteresse der Kunst oder Wissenschaft nicht obwaltet, in seinen Wirth- \chafts- oder sonstigen Räumen öffentlich veranstalten oder zu deren Veranstaltung seine Räume benuten lassen will, bedarf zum Betriebe dieses Gewerbes der Erlaubniß ohne Nücksiht auf die etwa bereits E Erlaubniß zum Betriebe des Gewerbes als Schauspielunter- nehmer.

Die Erlaubniß ist zu versagen: j

1) wenn gegen den“ Nacbsuchenden Thatsachen vorliegen, welche die Annahme rechtfertigen, daß die beabsichtigten Veraustaltungen den Geléen oder guten Sitten zuwiderlaufen werden,

) wenn das zum Betriebe des Gewerbes bestimmte Lokal wegen seiner Beschaffenheit oder Lage den polizeilichen Anforderungen nicht enügt, s 3) wenn der den Verhältnissen des Gemeindebezirks entsprehenden Anzahl von Personen die Erlaubniß bereits ertheilt ist,

Die Erlaubniß kann auf Zeit ertheilt und durch bestimmt zu be- zeihnende Bedingungen eingeschränkt werden. : d at

Aus den unter Ziffer 1 und 2 angeführten Gründen kann die Erlaubniß zurückgenommen und Personen, welche vor dem Inkraft- treten diejes Gesetzes den Gewerbebetrieb begonnen haben, derselbe untersagt werden. : A

Wer gewerbsmäßig Musikaufführungen, Schaustellungen, theatra- lishe Vorstellungen oder sonstige Lustbarkeiten, bei denen ein höheres Interesse der Kunst oder Wissenschaft niht obwaltiet, von Haus zu Haus oder auf öffentlichen Wegen, Straßen, Pläßen oder an anderen öffentlichen Orten darbieten will, bedarf der vorgängigen Erlaubniß der Ortspolizeibehörde. :

Gegen die auf Grund dieses Paragraphen erlassenen Ver- fügungen findet nur die Beschwerde an die unmittelbar vorgeseßte Behörde statt. :

1I. In dem §. 40 Absatz 1 der Gewerbeordnung treten an die Stelle der Worte : : /

Die in den 88. 29 bis 34 erwähnten Approbationen die Worte: 5 Die in den 88. 29 bis 33 und im §. 34 erwähnten Appro-

bationen. i Artikel 4. An die Stelle des §. 35 der Gewerbeordnung treten folgende Bestimmungen: C n 35,

Die Ertheilung von Tanz-, Turn- und Schwimmunterricht als als Gewerbe, sowie die gewerbsmäßige Besorgung fremder Rechtsan- gelegenheiten und bei Behörden wahrzunehmender Geschäfte, insbeson- dere die Abfassung der darauf bezüglichen schriftlichen Aufsäße, ist zu untersagen, wenn Thatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden- in Bezug auf diesen Gewerbebetrieb darthun,

Unter derselben Voraussetzung sind zu untersagen: der Trödel-

handel (Handel mit gebrauchten Kleidern, gebrauchten Betten oder ebrauhter Wäsche, Kleinhandel mit altem Metallgeräth, mit Metall- ruch oder dergleichen), sowie der Kleinhandel mit Garnabfällen oder Dräumen von Seide, Wolle, Baumwolle oder Leinen und der Handel mit Dynamit oder anderen Sprengstoffen. :

Dasselbe gilt von dem Geschäfte eines Gesindevermiethers und eines Stellenvermittlers, sowie von dem Geschäfte eines Auktionators. Denjenigeu Auktionatoren, welche nit von den verfassungsmäßig dazu befugten Staats- oder Kommunalbehörden oder Korporationen an- gestellt sind (§. 36) ist es verboten, Immobilien zu versteigern.

Personen, welche die in diesem Paragraphen bezeichneten Gewerbe beginnen, haben bei Eröffnung thres Gewerbebetriebes der zuständigen Behörde hiervon Anzeige zu machen.

Artikel 5. An die Stelle des §. 42 dec Gewerbeordnung treten folgende

Bestimmungen : e 6.

Wer zum selbständigen Betriebe eines stehenden Gewerbes be- fugt ist, darf dasselbe innerhalb und unbeschadet der Bestimmungen des dritten Titels auch GUNErHaIs des Gemeindebezirks seiner gewerb- lichen Niederlassung ausüben. :

s Eine Ede Niederlassung gilt niht als vorhanden, wenn der Gewerbetreibende im Inlande ein zu dauerndem Gebrauche ein- erichtetes, beständig oder doh in regelmäßiger Wiederkehr von ihm benußtes Geschäftslokal nicht beo,

S, 42a, egenstände, welde von dem Ankauf oder Feilbieten im Umher- ias egenen sino, dürfen au innerhalb des Gemeindebezirkes des Wohnorts oder der gewerblichen Niederlassung von Haus zu Haus oder auf öffentlichen Wegen, Straßen, Pläßen oder anderen öffentlichen Orten nicht feilgeboten oder zum Wiederverkauf angekauft werden. Auf rg g „Os Schriften und Bildwerke findet dieses Verbot nicht Anwendung. Z i Z Die ständige Landesregierung ist befugt, soweit ein Bedürfniß dazu obwaltet, anzuordnen, daß und inwiefern weitere Ausnahmen von diesem Verbote latten sollen. Das Feilbieten geistiger Getränke kann von der Ortspolizei- behörde im Falle besonbeeen Bedürfnisses vorübergehend gestattet

werden.

8, 42b. Dur die höhere Verwaltungsbehörde kann für einzelne Ge- meinten bestimmt werden, daß die in dem Gemeindebezirke einen Wohnsitz oder eine gewerbliche Niederlassung besißenden Personen, welche innerhalb des Gemei:debezirks auf öffentlichen Wegen, Straßen, Plätzen oder an anderen öffentlichen Orten oder ohne vorgängige Be- stellung von Haus zu Haus 1) Waaren feilbieten, oder 2) Waaren zum Wiederverkauf ankaufen, oder Waarenbestellungen bei Personen, in deren Gewerbebetriebe Waaren der angebotenen Art keine Verwendung finden, aufsuchen oder : 3) gewerbliche Leistungen, hinsichtliG deren dies nicht Landes- gebrauch ist, anbieten wollen, der Erlaubniß bedürfen. Jn Betreff der im §8. 59 Ziffer 1 und 2 bezeichneten Erzeugnisse und Waaren, auch wenn diejelben nicht zu den selbstgewonnenen oder selbstverfertig- ten gehören, sowie in Betreff der vom Bundesrath in Gemäßheit des 8. 44 Absatz 2 und 3 gestatteten Ausnahmen darf der betreffende Gewerbebetrieb in dem Gemeindebezirke des Wohnsißes oder der ge- O Niederlassung von einer Erlaubniß nicht abhängig gemacht werden. ; Auf die Ertheilung, Versagung und Zurücknahme der Erlaubniß finden die Vorschriften der §§. 97, 57a., 58 und 63 Absaß 1, und auf die Ausübung des Gewerbebetriebes die Vorschriften der §8. 60b., 60e. und 60d. Absay 1 und 2 entsprehende Anwendung. Die höhere Verwaltungsbehörde ist befugt, die vom Bundesrath gemäß §. 56d. getroffenen Bestimmungen auf diejenigen Ausländer entsprehend anzuwenden, welche innerhalb des Gemeindbezirks ihres Wohnortes oder ihrer gewerblichen Niederlassung auf öffentlichen Wegen, Straßen, Pläßen oder an anderen öoffentlichen Orten, oder ohne vorgängige Bestellung von Haus zu Haus eines der unter Ziffer 1 bis 3 bezeichneten Gewerbe betreiben wollen. Artikel 6.

An die Stelle des zweiten Absaßes des §8. 43 der Gewerbeord- nung treten folgende Bestimmungen: : :

Auf die Ertheilung, Versagung und Zurücknahme der Erlaubniß finden die Vorschriften der SS. 57, 57 a., 58 und 63 Absaßz 1 ent- sprechende Andwendung.

Artikel 7.

An die Stelle des §. 44 der Gewerbeordnung treten folgende Bestimmungen : u

Wer cin stehendes Gewerbe betreibt, ist befugt, auch außerhalb des Gemeindebezirks seiner gewerblichen Niederlassung persönlich oder durch in seinem Dienste stehende Reisende für die Zwecke seines Ge- E Waaren aufzukaufen und Bestellungen auf Waaren zu suchen.

| Die aufgekauften Waaren dürfen nur behufs deren Beförderung nah dem Bestimmungsorte mitgeführt werden, von den Waaren, auf welche Bestellungen gesucht werden, dürfen nur Proben und Muster mitgeführt werden , soweit nicht der Bundesrath für bestimmte Waaren, welche im Verhältnisse zu ihrem Umfange einen bohen Werth haben und übung2gemäß an die Wiederverkäufer im Stück abgeseßt werden, zum Zwecke des Absatzes an Personen, welche damit Handel treiben, Ausnahmen zuläßt. :

Das Aufkaufen von Waaren bei Personen, welGe weder die Waaren produziren noch mit denselben Handel treiben, sowie das Aufsuchen von Bestellungen auf Waaren bei Pérsonen, in deren Ge- werbebetriebe Waaren der angebotenen Art keine Verwendung finden, unterliegt, sobald dasselbe außerhalb des Gemeindebezirks der gewerb- lichen Niederlassung geschieht, den Vorschriften des dritten Titels, soweit nit der Bundesrath hinsichtlich des Aufsfucens von Waaren- bestellungen Ausnahmen für den Umfang des Reichs oder Theile desselben bestimmt.

8. 44 a.

Wer in Gemäßheit des §. 44 Absatz 1 und 2 Waarenbestellungen aufsuht oder Waaren aufkauft, bedarf hierzu einer Legitimations- farte, welhe auf den Antrag des Inhabers des stehenden Gewerbe- betriebes von der für dessen Niederlassungsort zuständigen Verwal- tungsbehörde für die Dauer des Ralenderiahres und den Umfang des Reichs ausgestellt wird. Die Legitimationskarte enthält den Namen des Inhabers derselben, den Namen der Perfon oder der Firma, in pri r gans er handelt, und die nähere Bezeichnung des Gewerbe- betriebes. :

Der Inhaber der Legitimationskarte ist verpflichtet, dieselbe wäh- rend der Ausübung dcs Gewerbebetriebes bei sih zu führen, auf Er- fordern der zuständigen Behörden oder Beamten vorzuzeigen und, so- fern er hierzu niht im Stande ist, auf deren Gehciß den Betrieb bis zur Herbeischaffung der Legitimationskarte einzustellen H

Die Legitimationskarte ist zu versagen, wenn bei demjenigen, für welchen sie beantragt wird, eine der im §. 57 bezeichneten Boraus8- seßungen zutrifft, außerdem darf sie nur dann versagt werden, wenn eine der im §, 57a. Ziffer 2 bis 6 bezeichneten Voraussetzungen vorliegt.

Die Legitimationskarte kann durch die Behörde, welche sie aus- gestellt hat, zurückgenommen werden, wenn sich ergiebt, daß eine der im §8. 57 bezeihneten Vorausseßungen zur Zeit der Ertheilung derselben vorhanden gewesen, der Behörde aber unbekannt geblieben, oder nach Ertheilung derselben eingetreten ist, oder wenn bei dem Geschäftsbetricbe die im §. 44 gezogenen Schranken überschritten werden.

Wegen des Verfahrens gelten die Vorschriften des §. 63 Absay 1.

Einer Legitimationskarte bedürfen diejenigen Gewerbetreibenden niht, welche durch die in den Zollvereins- oder Handelsverträgen vorgesehene Gewerbelegitimationskarte bereits legitimirt sind. In Betreff dieser Gewerbetreibenden finden die vorstehenden Bestimmun- gen über die Verpflichtung zum Mitführen der Legitimationskarte, über die Folgen der Nichterfüllung dieser Verpflichtung, sowie über die Versagung und Zurücknahme der Karte entsprehende Anwendung.

Artikel 8.

An die Stelle des §. 53 der Gewerbeordnung treten folgende Bestimmungen : :

Die in den 88. 29, 30, 32, 33, 34 und 36 bezeichneten Appro- bationen, Genehmigungen und Bestallungen können von der Verwal- tungébehörde zurückgenommen werden, wenn die Unrichtigkeit der Nach- weise dargethan wird, auf Grund deren solche ertheilt worden find, oder wenn aus Handlungen oder Unterlafsungen des Inhabers der Mangel derjenigen Eigenschaften, welhe bei der Ertheilung der Approbation, Genehmigung oder Bestallung vorausgeseßt werden mußten, klar erhellt. Jnwiefern durch die Handlungen oder Unter- lassungen eine Strafe verwirkt ist, bleibt der richterlihen Entschei- dung vorbehalten.

fandleihern, welche vor dem Inkrafttreten des Gesetzes vom 23. Juli 1879 (Neichs-Gesepblatt Seite 267) den Gewerbebetrieb begonnen haben, kann derselbe untersagt werden, wenn Thatsachen vorliegen, welche die Unzuverläfsi keit des Gewerbetreibenden in Bezug auf den Gewerbebetrieb darthun. Artikel 9. } In dem §8. 54 der Gewerbeordnung fallen die Worte: „F. 15

bs. 2 und* fort. D Artikel 10,

An die Stelle der §8. 55 ‘bis 63 der Gewerbeordnung treten

& 55;

Wer außerhalb des Gemeindebezirks seines Wohnortes oder der

dur besondere Anordnung der höheren Verwaltungsbehörde dem Ge-

meindebezirke des Wohnortes gleichgestellten nächsten Umgebung desselben ohne Begründung einer gewerblichen Niederlassung und ohne vorgängige Bestellung in eigener Person

1) W feilbieten,

2) Waaren bei anderen Personen, als bei Kaufleuten, welche mit diesen Waaren Handel treiben, oder an anderen Orten, als in offenen Verkaufsstellen zum Wiederverkauf ankaufen, oder Waarenbestellungen aufsuczen,

3) gewerblicbe Leistungen anbieten,

4) Musikaufführungen, Schaustellungen, theatralische Vor- stellungen oder sonstige Lustbarkeiten, bei denen ein höbercs Interesse der Kunst oder der Wissenschaft nicht obwaltet, darbieten will, i E

bedarf eines Wandergewerbescheins, soweit nicht für die in Ziffer 2

bezeichneten Fälle in Gemäßheit des §. 44 a. cine Legitimationskarte

genügt. O = / |

Für den Marktverkehr (§8. 64) ist in dem Falle der Ziffer 4 ein

Wandergewerbeschein erforderli.

Beschränkungen, vermöge deren gewisse Waaren von dem Feil- halten im stehenden Gewerbebetciebe ganz oder theilweise ausges{lossen find, gelten auch für deren E im Umherzichen. Ausgeschlossen vom Ankauf oder Feilbieten im Umherziehen find: 1) geistige Getränke, soweit nicht das Feilbieten derselben von der Ortspolizeibehörde im Falle besonderen Bedürfnisses vorüber- gehend gestattet ist; 0 2) gebrauchte Kleider, gebrauhte Wäsche, cebraute Betten und gebrauchte Bettstücke, insbesondere Bettfedern, Menschenhaare, Garn- a Enden und Dräumen von Seide, Wolle, Leinen oder Baum- wolle ; : / 3) Gold- und Silberwaaren, Bruchgold und Bruchsilber, sowie Taschenuhren ; 4) Spielkarten ; : / 4 Staats- und sonstige Werthpapiere, Lotterieloose, Bezugs- und Antheilsceine auf Werthpapiere und Lottecieloose ; : 6) explosive Stoffe, insbesondere Feuerwerklskörper, Schießpulver und Vynamit ; j 67 i 7) mineralishe und andere leiht entzündlihe Dele, sowie Spiritus; 8) Sto5-, Hieb- und Scbußwaffen; : E 9) Gifte und gilthaltige Waaren, Arznei- und Geheimmittel. Ausgeschlo)sen vom Feilbieten im Umherziehen find ferner: 10) Druckschriften, andere Schriften und Bildwerke, mit Au3- nahme von Bibeln, Bibeltheilen, Schriften und Bildwerken patrioti- schen, religiösen oder ecbaulihen Inhalts, Schulbüchern, Landkarten und landesüblichen Kalendern. Í Wer von der in Ziffer 10 erwähnten Ausnahme Gebrau machen will, hat ein Verzeichniß der Druckschriften, anderen Schriften und Bildwerke, welcbe er mit sich zu führen beabsichtigt, der zuständigen Verwaltungsbehörde seines Wohnortes zur Genehmigung vorzulegen. Die leßtere ist nur dann zu versagen, wenn das Verzeichniß Dru@- schriften, andere Schriften oder Bildwerke andercr, als der vor- bezeichneten Art enthält. Der Gewerbetreibende ist verpflichtet, das Verzeichniß während der Ausübung des Gewerbebetriebes bei fich zu führen, auf Erfordern der zuftändigen Behörden oder Beamten vor- zuzeigen und, sofern er hierzu nicht im Stande ist, auf deren Geheiß den Betrieb bis zur Dee a T Zes Verzeichnisses einzustellen.

. 56a,

Ausges{lossen vom Gewerbebetriebe im Umkherziehen sind ferner:

1) die Ausübung der Heilkunde, insoweit der Ausübende für die- selbe niht approbirt ist; N

9) das Aufsuchen und die Vermittelung von Darlehns- und Rückkaufsgeschäften ohne vorgängige Bestellung; j

3) das Aufsuchen von Bestellungen auf Branntwein oder Spiritus; i ; r

4) Schaustellungen, welche argen me guten Sitten verstoßen.

Der Bundesrath ist befugt, soweit ein Bedürfniß obwaltet, an- zuordnen, daß und inwiefern der Ankauf oder das Feilbieten von ein- zelnen der im 8. 56 Absatz 2 ausgeschlossenen Waaren im Umher- ziehen gestattet sein soll. L

Aus Gründen der öffentlichen Sicherheit, sowie zur Abwehr oder Unterdrückung von Seuchen kann durch Beschluß des Bundesraths und in dringenden Fällen durch Anordnung des Reichskanzlers nach Einvernehmen mit dem Aus\chuß des Bundesraths für Handel und Verkchr für den Umfang des Reichs oder für Theile desselben be- stimmt werden, daß und inwiefern außer den in den §F. 56 und 56a. aufgeführten Gegenständen und Leistungen auch noch andere Gegen- stände und Leistungen auf bestimmte Dauer von dem Gewerbebetriebe im Umherziehen ausgeschlofsen sein sollen. Aus denselben Gründen kann die gleiche Bestimmung durch Anordnung der zuständigen Landes- behörden für den einzelnen Bundesstaat oder für Theile desselben ge- troffen werden. j E

Durch die Landesregierungen kann das Umherziehen mit Zut- hengsten zur Deckung von Stuten untersagt, oder Beschränkungen unterworfen werden.

8, 56 c.

Das A von Waaren in der Art, daß dieselben versteigert oder im Wege des Glückspiels oder der Ausspielung (Lotterie) ab- geseizt werden, ist bei dem Gewerbetriebe im Umherziehen nit ge- stattet. Ausnahmen von diesem Verbote dürfen von der zuständigen Behörde zugelossen werden. / s

Oeffentliche Ankündigungen des Gewerbebetriebs dürfen nur unter dem Namen des Gewerbetreibenden mit Hinzufügung seines Wohnorts erlassen werden. Wird für den Gewerbebetrieb eine Verkauféstelle benußt, so muß an derselben in einer für Jedermann erkennbaren Weise ein den Namen und Wohnort des Gewerbetreibenden an- gebender Aushang angebracht werden. Dies gilt insbesondere von den Wanderlagern.

S. 564d.

Ausländern kann der Gewerbebetrieb im Umherziehen gestattet werden. Der Bundesrath ist befugt, die deshalb nöthigen Bestim- mungen zu treffen. 457

l,

er Wandergewerbeschein ift zu versagen:

D wenn der E mit einer abschreckenden oder anstecken- den Krankheit behaftet oder in einer abshreckenden Weise eut- tellt ist; :

f 92) wenn er unter Polizeiaufsiht steht; :

3) wenn Thatsachen vorliegen, welche die Annahme redtferiigen, daß der Nachsuchende den Gewerbebetrieb zu Handlungen, welce Gesetzen oder den guten Sitten zuwiderlaufen, oder zu s{windelhaften

wecken benutzen wird; ¿ S 4) wenn Thatsachen vorliegen, welche die Annahme rechtfertigen, daß der Nacbsuchende der Arbeitscheu, der Bettelei, der Landstreicherei, dem Trunke oder cinem liederliden Lebenswandel ergeben ift;

5) in dem Falle des §. 55 Ziffer 4, sobald der den Verhältnissen des Verwaltungsbezirks der zuständigen Verwaltungébehörde entsprechen» den Anzahl von Personen Wandergewerbescheine ertheilt oder aus-

folgende Bestimmungen:

gedehnt sind (§. 60 Absay 2).