1882 / 103 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 02 May 1882 18:00:01 GMT) scan diff

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Diilétnteungs- Amtsbezirke tage. K

Königreich Preußen.

Se. Majestät der König haben Allergnädigst geruht:

dem ‘Erstea Bürgermeister Goebel zu Naumburg a. S. für diese Atostelluns den Titel als Ober-Bürgermeister zu verleihen.

Finanz-Ministerium.

Dem Regierungs-Assessor Bartikowski zu Myslowiß ist die Stelle eines Mitgliedes der Provinzial-Steuer: Direktion u Königsberg, dem Regierungs-Assessor S y zu Liebau eine folche bei der Provinzial-Steuer-Direktion zu Breslau und dem Regierungs-Assessor Lingner zu Hanau eine solche bei der Provinzial-Steuer- Direktion zu Altona verliehen worden.

Ministerium der geistlihen, Unterrichts- und Medizinal-Angelegenheiten.

Bei der Realschule zu Stralsund ist die Beförderung des ordentlihen Lehrers Dr. Ferdinand Bäker zum Ober- lehrer genehmigt worden.

Bekanntmachung.

Preisbewerbung bei der Königlichen Akademie der Künste.

Preisbewerbung der Meyerbeerschen Stiftung.

Der am 2. Mai 1864 verstorbene Königlih preußische General-Musikdirektor und Hof-Kapellmeister Giacomo Meyer- beer hat in seinem unter dem 30. Mai 1863 errichteten und am 13. Mai 1864 publizirten Testament ein Kapital von 10 000 Thalern ausgeseßt, von dessen Zinsen unter dem Namen „Meyerbeershe Stiftung für Tonkünstler“ alle zwei Fahre eine Konkurrenz für Studirende der musikalishen Komposi- tion, für welche die Mitwirkung der Königlichen Akademie der Künste, insbesondere ihrer musikalishen Sektion, in Anspruh

enommen wird, veranstaltet und dem Sieger derselben ie Summe von Dreitausend Mark zu einer Studien- reise durch Deutshland, Frankreich und Ftalien ertheilt werden soll. Bei der für das Jahr 1883 hierdurh eröffneten Konkurrenz- wird jedoch das Stipendium auf „Vier- tausend fünfhundert Mark“ erhöht, wie dies, da im Jahre 1879 der Preis nicht ertheilt worden, im §8. 11 des Statuts der Stiftung bestimmt wird. Nach der ausdrücklichen Fest- seßung des Stifters muß der Konkurrent

1) ein Deutscher, in Deutschland geboren und erzozen sein und darf das 28. Jahr nicht überschritten haben,

2) derselbe muß seine Studien in einem der nahgenannten Jnstitute gemacht haben :

a, in der bei der Königlichen Akademie der Künste in Di bestehenden Schule für musikalishe Kom- osition,

b, in dem Königlichen Jnstitut für Kirchenmusik,

c, in dem vom Professor Stern geleiteten Konserva- torium für Musik,

d, in der vom Professor Dr. Kullack gegründeten neuen

Akademie der Tonkunst,

e, in dem Konservatorium für Musik in Cöln.

3) Der Konkurrent hat sih über seine Befähigung und seine Studien durch Zeugnisse seiner Lehrer auszuweisen.

4) Die Preisaufgaben bestehen in

a, einer ahtstimmigen Vokalfuge für 2 Chöre, deren Hauptthema mit dem Text von den Preisrichtern ge- geben wird,

b, in einer Ouverture für großes Orchester,

c. in einer dreistimmigen, durch eine entsprehende Jnstrumental-Fntroduktion einzuleitenden dramatischen Kantate mit Orchesterbegleitung, deren Text den Be- werbern mitgetheilt wird.

5) Die Konkurrenten haben ihre Anmeldung nebst den betreffenden Zeugnissen (ad 1 und 2) mit genauer Angabe ihrer Wohnung der Königlichen Akademie der Künste bis zum 1. Zuni d. Js. auf ihre Kosten einzusenden. Die Zusendung des Themas der Vokalfuge, sowie des Textes der Kantate an die den gestellten Bedingungen entspre@enden Bewerber erfolgt bis zum 1. August d. Js.

6) Die Konkurrenzarbeiten müssen bis zum 1. Februar 1883 in eigenhändiger, sauberer und leserliher Reinschrift, versiegelt an die Königliche Akademie der Künste kostenfrei ab- geliefert werden. Später eingehende Einsendungen werden nicht berüdcksihtigt. Den Arbeiten ist ein den Namen des Kon- kurrenten enthaltendes versiegeltes Couvert F, dessen Außenseite mit einem Motto zu Ns st, das ebenfalls unter dem Titel der Arbeiten selber statt des Na- mens des Konkurrenten stehen muß. Das Manuskript der gun Arbeiten verbleibt Eigenthum der Königlichen Aka-

mie der Künste. Die Verkündigung des Siegers und Zu- erkennung des Preises erfolgt in der am 3. August 1883 B DEM öffentlihen Sißung der Königlichen Akademie

Künste, deren Jnspektor die uneröffneten Couverts nebst den betreffenden Arbeiten dem ih persönlih oder {riftli legitimirenden Eigenthümer zurückstellt.

7) Der Siegèr ist vecpflichtet, zu seiner weiteren musi- kalishen Ausbildung auf die Dauer von 18 auf einander lgen Monaten eine Reise zu unternehmen, die ersten 6 Monate in JZtalien, die folgenden 6 in Paris und das

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seßte Drittel seiner Reisezeit abwechselnd in Wien, München, Dresden und Berlin zuzubringen, um sih gründliche Einsicht von den musikalishen Zuständen der genannten Orte zu verschaffen. Ferner ist er verpflihtet, als Be- weis seiner künstlerishen Thätigkeit an die mufi- kalishe Sektion der Demgticen Akademie der Künste zu Berlin zwei größere Kompositionen von sich einzu- senden. Die eine muß eine Ouverture oder ein Symphonie- saß, die andere das Fragment einer Oper oder eines Ora- toriums (Psalms oder einer Messe) sein, dessen Aufführung etwa eine Viertelstunde dauern würde. : 8) Das Stipendium wird in drei Raten verabfolgt, die erste beim Antritt der Reise, die zweite bei Beginn des zweiten Semesters, nah Einsendung einer der im §. 7 geforderten Arbeiten, die dritte bei Beginn des dritten Semesters unter gleiher Bedingung. * E ¿h 9) Das Kollegium der Preisrichter besteht statutenmäßig zur Zeit aus den Mitgliedern der musikalishen Sektion der Königlichen Akademie der Künste und zwar: : den Professoren Grell, Commer, Schneider, Kiel, Dorn, Haupt, Joachim, Bellermann, Blumner, Bargiek, Ries, Hofmann, Ober-Kapellmeister Taubert, Kapellmeister Radecke, Musikdirektor Vierkling, - s1wie ferner aus den dere Kapellmeister Kahl, Professor Stern und Direktor Kullack. : Berlin, im April 1882. D - Der Präsident der Königlichen Akademie der Künste : Taubert.

Nichtamtliches.

Deutsches Neich.

Preußen. Berlin, 2. Mai. ? Kaiser und König besichtigten heute Vormittag 10 Uhr imm Lustgarten zu Potsdam die Bataillone des 1. Garde- Regiments z. F.

Der Schlußbericht über die ge strige Sizung des Herrenhauses und des Hauses der Abgeord- neten. befindet sih in der Ersten Beilage.

In der heutigen (16.) Sißung des Herren- hauses, welcher der Minister für Landwirthshaft Lucius, der Justiz - Minister Friedberg und der Kultus - Minister von Goßler sowie mehrere Regierungskommissarien bei- wohnten, und welhe der Präsident, Herzog von Ratibor, um 11 ¡Uhr 20 Minuten eröffnete, trat das Haus so- fort in die Tagesordnung ein, deren erster Gegenstand die einmalige Schlußberathung über den Geseßentwurf, be- treffend die Aufhebung der Verbote gegen das sogenannte Schäfervorvieh und der besonderen Kündigungssfristen und Umzugstermine für Schäfer und deren Gesinde war. Der Referent Herr von Woyrsh empfahl, den Geseßentwurf in der vom Abgeordnetenhause beschlossenen Fassung anzu- nehmen, und das Haus; trat dem Antrage ohne Debatte bei.

Zweiter Gegenstand p] Tagesordnung war die Fort- seßung der Berathung des Verichts der X, Kommission über den Geseßentwurf, betreffend Abänderung der kirchen - politishen Gesetze. Die Debatte wurde bei 8. 3 wieder aufgenommen, welchen die Kommission in folgender Fassung zur Annahme empfahl :

„Von Ablegung der im §. 4 des Geseßes vom 11. Mai 1873 vorgeschriebenen wissenschaftlihen Staatéprüfung sind diejenigen Kandidaten befreit, welche durch Vorlegung von Zeugnissen den Nachweis führen, daß sie die Entlassungsprüfung auf einem deut- {en Gymnasium abgelegt, sowie ein dreijähriges theologisches Studiums auf einer deutschen Universität oder auf einem in Preußen bestehenden fkirchlichen Seminare, hinsichtlich dessen die geseßlichen Vorausseßungen für den Ersay des Universitätsstudium durch das Studium auf diesem Seminar erfüllt sind, zurückgelegt und während dieses Studium Vorlesungen aus dem Gebiete der Philosophie, Geschichte und deutschen Literatur mit Fleiß gehört haben.“ (Die gesperrt gedruckten Stellen sind die von der Kommission vorgenommene Aenderung der Regierungsvorlage.)

Hierzu beantragte Bere Dr. Beseler vor „Universität“ das Wort „Staats“ hinzuzufügen.

Der Referent Graf zur Lippe befürwortete die Annahme des Kommissionsantrags und erklärte sih gegen den Antrag Beseler, den er für überflüssig halte.

Herr Dr. Beseler empfahl dagegen die Annahme seines Antrages, welcher dem Artikel eine präzisere Fassung gebe, die dringend geboten sei.

Herr Adams bemerkte, er halte diesen Artikel 3 für den wichtigsten Artikel des Gesehes, und empfehle die Annahme der von der Kommission vorgeschlagenen Fassung mit dem Amendement Beseler. Der große Mangel an geeigneten Geistlichen gebiete, daß man derartige Einrichtungen treffe, welche eine größere Zahl befähigter Geistliher haf. Das Beselershe Amendement empfehle er deshalb, weil es geeignet sei, in den jungen Geistlichen die Vaterlandsliebe zu fördern, die niht auf allen Universitäten, sondern nur auf deutschen Staatsuniversitäten gelehrt und gefördert werde. Die Weg- lassung des Wortes „Staats“ bringe leiht die Gefahr, daß man Universitäten gründe, auf denen in deutsher Sprache gelehrt, aber die Vaterlandsliebe nicht gepflegt werde.

Graf von Brühl erwiderte, er müsse die Beshuldigungen des Vorredners zurückweisen, daß die katholishe Geistlichkeit Mangel an Vaterlandsliebe habe. Daß dies nicht der Fall sei, hätten die Erfahrungen der Kriegsjahre und des Jahres 1848 in hinreihender Weise bewiesen. Ausnahmen kämen überall vor, auch in der katholischen Geistlichkeit, Aber den ganzen Stand könne man doh-deshalb nicht in einer solchen Weise beschuldigen. Er bitte, den Antrag Beseler abzulehnen.

Herr Adams replicirte, daß es ihm gar nit eingefallen sei, eine derartige Beschuldigung gegen die gesammte Geist- lihkeit auszusprehen und auch Herr Dr. Beseler erklärte, daß eine solhe Beschuldigung von ihm nicht ausgesprochen sei.

Herr Dr, Dove richtet an den Kultus - Minister die An- frage, welche Deutung die Regierung dem Worte „deutsche Universität“ beilege.

Der Kultus-Minister von Goßler erwiderte, daß damit dasselbe gesagt werden solle, was in dem Geseße vom 11. Mai 1873 von den preußischen liniversitäten gemeint sei. Als eine deutsche Universität könne die Regierung nur eine solhe Uni- versität erahten, welche innerhalb des Deulschen Reichs unter staatlicher Aufsicht bestehe, Der Regierung sei es übrigens

Se. Majestät der.

o Gnltig, ob der Antrag Beseler angenommen werde oder nicht.

Freiherr von Maltzahn erklärte, er werde sür den Art. 3 stimmen, nicht etwa weil er denselben für fo gut halte, son- dern weil er Vertrauen habe zur Staatsregierung, daß sie aus dem Artikel nihts anderes herleite, as was damit ge- sagt werden solle. Das Vertrauen basire namentlih auf dem jeßigen Kultus-Minister und seinem Vorgänger. Er wünsche, daß das Bestreben der Staatsregierung den besten Fortgang nehme und daß darauf namentlih hingearbeitet werde, für das Verhältniß zwishen Staat und Kurie einen guten modus vivendi zu finden.

Fürst Ferdinand Radziwill äußerte sich gegen den Antrag Veseler, ebenso Graf von Zieten-Schwerin, der darauf hin- wies, daß dann auch in Betreff der deutshen Gymnasien eine ähnliche Erklärung abgegeben werden müsse.

Herr von Kleist-Reßow hob hervor, daß er es sür völlig

leihgültig halte, ob das Wort „Staats“ in diesem Artikel tehe oder nit, er glaube aber in Betreff des Zustande- E pi t des Gesetzes anrathen zu soliten, diesen Antrag ab- zulehnen.

Die Debatte wurde hierauf ges{lofen, nah einem Scchluß- worte des Referenten Grafen zur Lippe wurde der Antrag Beseler abgelehnt und Art. 3 nach dem Antrage der Kom-=- mission mit großer Majorität angenommen.

Ohne Debatte wurde dann Art. 4 des Geseßes nah den Beschlüssen der Kommission in der von dem Abgeordneten- hause beschlossenen Fassung angenommen, ebenso auch der Schlußsaß und Titel und Ueberschrift des Gesetzes. Ueber das ganze Gese erfolgte Namensaufruf und wurde dasselbe mit 87 gegen 32 Stimmen angenommen.

Jn der heutigen (58.) Sißzung des Hauses der Abgeordneten, welcher der Vize-Präfident des Staats- Ministeriums von Puttkamer und der Staats-Minister Bitter mit mehreren Kommissarien beiwohnten, stand auf der Tages- ordnung die Berathung des Rechenschafts berichts über die Verwendung der flüssig gemachten Bestände der im §. 94 der Hinterlegungsordnung vom 14. März 1879 bezeihneten Fonds und der im 8. 95 Absaß 3 daselbst erwähnten Gelder für die Zeit vom 1. Oktober 1880 bis 31. Dezember 1881.

Namens der Budgetkommission beantragte der Abg. Magdzinski: das Haus der Abgeordneten wolle beschließen : dur Vorlegung des Rechenschaftsberichts die geseßlih vor- geschriebene Rechenschaft für geführt zu erachten. /

Das Haus trat diesem Antrag ohne Debatte bei.

Es folgte die erste Berathung des Entwurfs eines Ge- seßes, betreffend die Verwendung der in Folge wei- terer Neichssteuerreformen an Preußen zu über- weisenden Geldsummen. : j

Der Abg. von Benda führte aus, daß sich die national- liberale Partei einstimmig gegen das diesem Geseß, wie dem Tabalckmonopol zu Grunde liegende Prinzip erklären werde. Bei der Berathung des Verwendungsgeseßes im vorigen Jahre habe si gezeigt, wie große Schwierigkeiten der Aus- führung desselben im Wege ständen. Auch die Motive der diesjährigen Vorlage ließen die Frage ofen, wem die Gelder zu überweisen seien : dem Kreis, der Gemeinde oder der Pro- vinz, Solle das Programm seiner Partei kurz dargelegt werden, so könne er sagen, daß es auf einer ruhigen Weiterentwickelung des Steuersystems unter Anlehnung an die altpreußishen Grundsäße beruhe, in dem Festhal'en an alten, eingewohnten Steuern, die nicht um hoher Jdeale willen preisgegeben werden dürften, und in der Schonung der Steuerkraft des Landes. Ein Verwendungsgeseß, wie es hier vorgeschlagen, sei darum für die größere Mehrheit sciner Partei unannehm- bar. Diese Haltung der Partei sei auch bereits in dem Ge- neralberiht der Nationalliberalen ausgedrücckc worden, käme aber zur Durchführung, was jeßt an Reformen projektirt sei, fo bedeute das einen vollständigen Umsturz aller wirthschaft- lichen Verhältnisse, und zwar in einem Umfange, dessen Einfluß auf das soziale Leben sich gar nicht absehen lasse. Man werde gerade die ärmeren Volksklassen in einer Weise überlasten, die das Bedenken jeder Regierung erregen müsse. Halte er au den vorliegenden Geseßentwurf einer Amendirung nicht fähig, so werde feine Partei auch jeßt niht voi der stets beobachte- ten Praxis, jede Vorlage der Regierung loyal zu prüfen, ab- weihen und gegen eine Prüfung des Geseßes in einer Kom- mission nihts einzuwenden haben.

Der Abg. von Rauchhaupt erklärte, daß das Wieder- einbringen dieser Vorlage beweise, daß die Regierung noch an dem Ziele festhalte, welches sie bei der Steuerreform auf ihre Fahne geschrieben habe: dasselbe bestehe darin, das Reich in seiner eigenen Finanzkraft zu konsolidiren, den Partikular- staaten die Möglichkeit zu eröffnen, ihre eigenen Bedürfnisse zu befriedigen und eine Reform der direkten Steuern vor- zunehmen, vor allem aber ‘den überlasteten Kommunal- verbänden Beistand zu leisten. Dieses Ziel sei bereits 1879 angedeutet worden, und die nátionalliverale Partei -\ei es, der die Vaterschaft des damals votirten Gesetzes gebühre. Sei es darum nicht wunderbar, wenn dieselben Herren sich jeßt gegen das Prinzip eines solchen Gesetzes erilärten? Er empfinde eine gewisse Freude darüber, daß jeßt die National- liberalen bei ihrem Wort gehalten würden. Er erkenne an, daß troy der Bemühungen der Regierung auch die jetzige Vorloge noch Mängel trage, und glaube, daß es vielfach dem Kanzler da Feinde schaffen könne, wo er Freunde habe. Auch sei er ein Gegner jeder s{wankenden Ueberweisungsform und halte das Prinzip fester Dotationen für das allein richtige, aber er bitte das Geseÿ einer Kommission von 21 Mitgliedern zu überwcisen. Es sei noch die Frage aufgeworfen worden, woher denn die Mittel kommen sollten, die dieses Geseh erfordere ; dem gegenüber könne er auf die Motive des Tabackmonopols hinweisen, da würden die Mittel klar nahgewiesen. Auch könne allein auf dem Wege des Monopols eine Entlastung er Kommunen realisirt werden, die man immer im Munde führe.

Der Abg. Ridckert meinte, daß eine Berathung des Ge- seßes in einer Kommission nicht nöthig sei, da schon die Be- rathung im Plenum zu einer gründlichen Prüfung ausreiche. Die Mittel sür das Geseh sollten durh das Tabackmonopol gewonnen werden. Aber die Erträge des Monopols seien auf 156 000 000 M berechnet, während das Verwendungsges 188 000 000 & erfordere, uud überdies / sei es ziemli siher, daß das Tabackmonopol vom Reichstage abge: lehnt erden würde. Völlig unerklärlih sei es für ihn, daß eine so wichtige Gesezesvorlage, für die die Regie- rung eine so lange Zeit gehabt, erst jeßt am Ende der Session dem Hause zugestellt worden sei. Es beweise das nur wenig Nücksiht auf das Parlament. (Bei Schluß des Blattes nahm der Finanz-Minister Bitter das Wort.)

Es wird darauf ausmerksam gemacht, taß die in England beglaubigten Eremplare Abel’scher Petroleumprober für die in Gemäßheit der Kaiserlichen Verordnung vom 24. Februar d. J. erforderlihen Unter- suchungen des Petroleums auf seine Entflammbarkeit im Allgemeinen nit geeignet sind. Die englishen und die deutshen Bestimmungen über die maßgebenden Entflammungs- punkte sind nämlih von einander verschieden; es ist mithin eine ausreichende Sicherheit dafür nicht vorhanden, daß die Angaben von Petroleumprobern, welche nur für den in Eng- land maßgebenden Entflammungspunkt geprüft und beglaubigt worden sind, auch bei den in Deutschland vorzugsweise in Betracht kommenden Anwendungen unter einander und mit

den Angaben der in Deutschland beglaubigten Prober über- einstimmen.

Die Erwiderungauf eine von einem Abgeord- neten in der Ausübung seines Berufs gethane be.eidigende Aeußerung durh eine den Abgeordneten an sih beleidigende Entgegnung ist nach einem Urtheil des Reichsgerichts, 111, Strafsenats, vom 22. Februar d. J., straffrei, wenn der Erwidernde lediglich zur Abwehr gegen den ehrenrührigen Angriff im Reichs: oder Landtage, ohne die Absicht zu beleidigen, jene objektiv beleidigende Entgegnung gethan hat.

Eltern, die in Ueberschreitung ihres Züchtigungs- rechts gegen ihre Kinder dieselben vorsäßlich mißhandeln, übertreten nah einem Urtheil des Reichsgerichts, I. Straf- senats, vom 3. Februar d. J., dadurch nicht eine Berufspflicht im Sinne des §. 232 des Strafgeseßbuchs und es bedarf dem- nah eines Strafantrags des mißhandelten Kindes oder seines Vormundes behufs Verfolgung des Vaters oder der Mutter.

Der General der Jnfanterie von Pape, komman- dirender General der 111. Armee-Corps, hat behufs Besichti- gung der ihm unterstellten Truppen eine mehrwöchentliche Dienstreise angetreten.

Der General-Lieutenant von Dresky, Jnspecteur der 2. Feld-Artillerie-Jnspektion, ist von der Musterung der

Regimenter der 2. und 3. Feld - Artillerie - Brigade hierher zurückgekehrt. ;

Die Bevollmächtigten zum Bundesrath Königlich württembergischer Ober-Finanz-Rath von Moser und Groß- hezoglih sähsisher Wirklicher Geheimrath Dr. Schlichting sind von Berlin abgereist.

Sachsen. Dresden, 1. Mai. (Dr. J.) Nach einem aus Varese hier eingegangenen Telegramm hat die Königin Varese heute verlassen, sih nach Bellaggio begeben und gedenkt am 5. d. M. in Venedig einzutroffen.

Baden. Karlsruhe, 2. Mai. (W. T. B.) Der Domdekan Orbin ist heute Vormittag einstimmig durch

das Domkapitel zum Erzbischof gewählt worden und nahm die Wahl an.

Neuß j. L. Gera, 30. April. (Dr. J.) Dem Lan d- tage, der am 1. Mai zusammentritt, wird eine Vorlage über Einseßung eines. Kirchenratys und über eine, nach dem Muster der weiniarishen gebildete Synodalordnung zugehen. Die leßtere bedarf indessen der Zustimmung des Landtags nicht. Der Rechenschaftsberiht auf die Finanzperiode 1878/1880 \{ließt mit einer Mehreinnahme von 305 000 #4 ab, die wesentlich bedingt ist aus dem Mehrertrag der Zölle und dér Justizsporteln, aber auch der direkten Steuern. Dieser Mehr- R steht eine Mehrausgabe von 118000 A gezen- über.

HDesterreich-Ungarn. Wien, 1. Mai. (W. T. B.) Das Abgeordnetenhaus genehmigte die Positionen des Zolltarifs sür Kaffee, Thee und Kakao nach den der Re- gierungsvorlage entsprehenden Anträgen der Majorität des Ausschusses. Die Annahme der Tarifposition für Kaff:e erfolgte in namentliher Abstimmung mit 165 gegen 138 Stimmen.

Der „Neuen freien Presse“ zufolge erklärte der Minister-Präsioent Graf Taaffe dem Abgeordneten Wolfrum gegenüber, es sei genügendes Militär nah dem Durer Bergwerksdistrikt dirigirt worden, um die die Arbeit Wiederaufnehmenden vor dem Terrorismus der Strikenden zu schüßen. Der Minister erwarte in wenigen Tagen die Becndigung des Strikes; sollte dieselbe niht erfolgen, so würde er sih genöthigt sehen, über den ganzen Beragwerks- distrikt den Ausnahmezustand zu verhängen, um der Bewegung möglichst shnell Herr zu werden.

Amtlich wird gemeldet: Am 29. April hatten das zweite Bataillon des 43. Jnfanterie-Regiments- und das erste Bataillon des Tiroler Jäger-Regiments in der Dragaljer Ebene ein kurzes Gefecht, dur welches die am Nordrande dieser Eben? erneuert auftauhenden Jusurgenten vertrieben wurden. Ein Jäger wurde leiht verwundet.

Prag, 1. Mai. (W. T. B.) Die Strikebewegung ist in den betreffenden Bezirken bisher ohne Ausschreitungen verlaufen. Jn Folge des Eingreifens der Behörde weicht die Erregung allenthalben einer beruhigteren Stimmung. Jn sämmtlihen Revieren wird in einzelnen Schachten unter voll- kommen ‘ausreihendem militärishen Schuße theilw-.ise ge- arbeitet. Einzelnen Versuchen, die Ruhe zu stören, wurde durch sofortige Verhaftung der Aufwiegler vorgebeugt. Jn Auíssig wird bereits für die nächsten Tage die Wiederauf- nahme der Arbeit erwartet. -

2. Mai. (W. T. B) Jn Dur ist den Führern der strikenden Arbeiter eine Entscheidung des Ministe- riums publizirt worden, worin eine Umänderung der Knapp- \schastskassen, die Einseßung von Berginspektoren und der Er- laß eines Haftpflichtgeseßes als nur auf geseßlihem Wege erreihbar bezeihnet wird. Was die Abschaffung der Akkord- arbeit, das Kürzen der Arbeitszeit und die Fixirung der Löhne anbetrifft, so wurden die Strikenden auf das Ueber- einkommen der betheiligten Faktoren und bezüglih der Entschädigung für die Dauer des Strikes auf den Rechtsweg verwiesen. Eine Vorlage wegen der Sonntagsarbeit so wurde den Arbeitern eröffnet befinde sih in gesebmäßiger Behandlung; beschlossen sei, sämmtliche

ädelsführer und Aufwiegler zu verhaften, Jn Ossegg wurde aus Arbeitshäusern der Nelsonkolonie auf das Militär ges{hossen, 5 Personen wurden als verdächtig verhastet, verwundet wurde Niemand, Waffen wurden niht vorgefunden. Jn Tschaush haben 8 Arbeiter die

Arbeit wieder aufgenommen, etwa 20 Arbeitern des Julius- schachtés, die bereit sind, die Arbeit wieder zu beginnen, wurde militärishen Schuß zugesichert. Die Arbeiter in der Münz- bergshen Spinnerei in Tetschen beschlossen die Absendung einer Deputation an ihre Chefs, die um Verminderung der Arbeitszeit bitten und zugleih verlangen soll, daß Sonntags- arbeit nur, wenn es ganz unvermeidlih sei und nur gegen doppelten Lohn stattfinde.

__ Brünn, 1. Mai. Die Eisenarbeiter in den hie- sigen Maschinenfabriken drohen zu s\triken, falls die Abzüge für die Fabrikskrankenkassen fortdauern. Die Arbeiter ver- langen fkorporativen Uebertritt zur Centralfrankenfkasse.

__ Pest, 1. Mai, Abends. (W. T. B.) Die Staats- einnahmen betrugen im ersten Quartal d. J. 67 190 759 Fl. oder 1 199 849 Fl. mehr als im ersten Quartal 1881, die Ausgaben 85 973836 Fl. oder 4 273 604 Fl. weniger als im gleihen Zeitraum des Vorjahres. Die Bilanz des ersten Quartals d. J. ist somit um 5 473 453 Fl. günstiger als die- jenige des ersten Quartals 1881.

2. Mai. (W. T. B.) Nah dem „Pester Lloyd“ bestände die Absicht, in den herzegowinischen Be- zirken entlang der montenegrishen Grenze die politisch- administrative Geschäftsführung auch fernerhin den militärishen Stationskomwandanten zu belassen; diese auf die Dauer von etwa 3 Jahren bemessene Ausnahmemaßregel solle den Uebergang aus den unsicheren Verhältnissen zur bürgerlichen Verwaltung vorbereiten.

Grofßbritanniea und Jrland. London, 29. April. (Allg. Corr.) Jn Frland wollen sich die Zustände noch immer nit bessern; Mordthaten und Gewaltthaten gegen Personen und Eigenthum sind -noch immer an der Tages- ordnung, und die Mondscheinbande treit noch immer ihr Wesen. Hier und da gelingt es wohl, cin oder das andere Mitglied rer Bande zu fassen ; sobald die Verhafteten aber vor Gericht gestellt werden, wagt keine Jury sie zu verurthei- len, und so gehen sie denn gewöhnlih straffrei aus. Wie lange ein solher Zustand der Dinge noch fortdauern wird, ist vorläufig noch gar niht abzusehen. Mittlerweile hat si in Dublin ein Wechsel in dem irishen Vize-Königsposten vollzogen, der möglicherweise niht ohne Folgen für die Be- handlung der geaenwörtigen Zustände in Irland bleiben dürfte. Nachdem Earl Cowper, der bisherige Vizekönig, zum dritten Male um seine Entlassung eingekommen, ist ihm die- selbe von Mr. Gladstone gewährt worden und wurde der erledigte Posten dem Conseils-:Präsidenten Earl Spencer an- getragen. Leßtgenannter, der {hon einmal den irischen Statt- halterposten bekleidet hat und mit irischen Verhältnissen gründ- lih vertraut ist, hat den s{chwierigen Posten abermals über- nommen, indeß mit deni wichtigen Proviso, daß er seinen Siß im Kabinet beibehält. Irland wird somit im Ministerrathe jet doppelt vertreten sein, da der irishe Staatssekrekär Forster ebenfalls Siß und Stimme im Kabinet hat. Ob der Vize-Königswehsel in Dublin von der Befolgung einer neuen Politik in dem Verfahren mit Jrland verknüpft sein wird oder nicht, bleibt abzuwarten. Man wird indeß nicht fehlgreifen in der Annahme, daß mit der Ernennung des Earl Spencer zum Vizekönig der Weg der Milde und Versöhnung in Jrland eingeschlagen werden dürfte, da man sich in Regierungskreisen von einer solchen Politik weit größere Erfolge zu versprehen scheint, als von einer verschärften Zwangspolitik. Schon wird aus Dublin gemeldet, die erste Amtshandlung des neuen General-Gouver- neurs werde die bedingungslose Freilassung Parnells, Dillons und D'Kelley's sein. Die Landliga scheint ebenfalls Symptome der Nachgiebigkeit zu bekunden.

__— 1. Mai. (W. T. B.) Jn der heutigen Unterhaus- sißung erwiderte der Präsident des Handels-Mini- steriums, Chamberlain, auf eine Anfrage Birkbecks: alle Mächte, welche auf der im Haag abgehaltenen Konferenz über Fischerei-Angelegenheiten vertreten gewesen, mit Ausnahme von Schweden und Norwegen, hätten die vorgeschlagene Konvention gebilligt, Die englishen Be- vollmächtigten würden morgen zur Unterzeihnung der Kon- vention nach den Niederlanden abgehen. Der Unter-Staats- sekretär Dilke entgegnete Worms: es sei ihm nicht bekannt, ob die Vereinigten Staaten in St. Petersburg Schritte zu Gunsten der jüdischen Bevölkerug gethan hätten. Die englische Regierung sei der Ansicht, daß offizielle Vorstellungen in dieser Hinsicht eher ein ungünstiges als ein günstiges Resultat haben würden. Dem Deputirten Wolf erklärte Dilke: cs stände noch nichts Definitives über die Absichten des Sultans bezüglih der einzuführenden R e- formen fest; der Sultan habe dem englischen Botschafter gegenüber zu wiederholten Malen den Entschluß geäußert, Reformen einzuführen.

2. Mai. (W. T. B.) Das Unterhaus nahm gestern \{ließlih die Berathung der Cloturebill wieder auf. Nah eincr bis in die Morgenstunden ausgedehnten Debatte wurde das Amendement O’Donnels, welches, anstatt dem Sprecher, dem Minister die Jnitiative zu dem Antrag auf Cloture über- lassen will, mit 220 gegen 164 Stimmen abgelehnt.

Frankreih. Paris, 30. April. (Fr. Corr.) Das „Journal officiel“ schließt eine Note, in welcher es über den militärischen Unfall am Tigri-Schott be- richtet und die Verluste auf 2 gefallene Offiziere, 2 verwun- dete Offiziere, 48 gefallene oder vermißte Soldaten und 26 Verwundete beziffert, mit folgenden Worten : „Dieses Gefecht gereiht den Truppen, welche es bestanden haben, zur größten Ehre. Unsere Verwundeten sind ganz stolz, sagt der General Colonnieu, indem er über ihre Ankunft in Ain-ben-Khelil be- rihtet, Nach einem Telegramm des General Saussier, der sih eben auf einer Rundreise in Tlemcen befindet, darf dieser vereinzelte und zufällige Vorgang durchaus keine Besorgniß einflößen.“ Der „Temps“ schreibt :

Das Gefe{t von Tigri ist cines der blutigsten, welche unsere Truppen seit zwei Jahren auf afrikanishem Boden bestanden haben, und wenn die Stärke unserer Verluste sich aus der ungeheueren Un-

leihheit der Ziffer erklärt, so muß doch {on die Thatsache, daß ein Heer von 8000 Kombatanten sih an unserer Grenze zusammenziehen onnte, schr bedenklih erscheinen. 8000 Mann, das ist in Afrika cine ganze Armee, und niemals hat Bu-Amema z. B. ein solhes Effektiv unter seinen Befehlen vereinigt. Wenn diese Ziffer nit in Folge einer übrigens ents{uldbaren Don übertrieben worden ist, so konnte sich ein derartiger Heereshaufen nur durch die Koalition ciner gewissen Anzahl von Stämmen bilden, welcbe an den \{lecht abgesteckten

renzen Algeriers und Marokkos, südwestlih von Sfisifa, umberschweifen. Um welchen Führer haben sih diese Truppcn geshaart? Wer ist der Häuptling, der einer Depesche zufolge im Kampfe prfanen ist ? Ist es Bu-Amema oder einer der Si-Sliman, oder endlich jener ße: heimnißvolle Scherif Mohamed ben el Arbi, dessen Ankunft prophe-

tisde Schriften aus Konstantinopel angekündigt haben? Darüber fehlt es uns noch an Aufschluß.

Der Militäraus\ch{chuß hielt gestern abermals Sißung. Hr. von Lanjuinais s\prach \ih gestern entschieden gegen dreijährige Dienstzeit aus und erklärte, er würde noch viel eher dem von Baron Reille vorgeshlagenen System, nah welchem eine permanente Armee von 200 000 Mann herzu- stellen wäre, Geshmack abgewinnen. Tezenas, des Roys und Ballue kamen dann wieder auf die Unteroffiziersfrage zurück, und Martin-Feuille trat für die Vorschläge Gambetta's ein. Am Montag soll diese Generaldebatte fortgeseßt werden.

Spanien. Madrid, 1. Mai. (W. T. B.) Der Abgeordnete Castelar erklärte in der Kammer: er bewahre seine republifanishe Meinung, halte aber eine wohlwollende Stellung der Kammer gegenüber einem liberalen Kabinet wie das Kabinet Sagasta sür nothwendig und werde dasselbe wegen des Handelsvertrags mit Frankreih nicht bekämpfen.

_ Numäánien. Bukarest, 1. Mai. (W. T, B.) Die Regierung hat bereits alle Senatoren - und Deputirten zu einer geheimen Versammlung eingeladen behufs Mit- theilung des Projektes Barrère. Die Kommission des Senates hat zu der Regierungsvorlage, betreffend die landwirthschafstlihen Kontrakte, wesentliche Modi- fikationen beantragt. Falls leßtere vom Senate angenommen

werden, soll das Kabinet entschlossen sein, jeine Entlassung zu nehmen.

Nufßland und Polen. St. Petersburg, 2. Mai. (W. T. B.) Das „Fournal de St. Pétersbour g“ sagt : Der Barrère’scche Vorschlag in Betreff der Donau- Kommission sei dem Ministerium des Aeußern am lebten Sonnabend zugegangen. Der Minister habe Kenntniß davon genommen ; die von Paris verbreitete Nachriht von der be- reits erfolgten Zustimmung der Kaiserlichen Regierung sei also jedenfalls verfrüht.

Verschiedene Blätter veröffentlichen den Urtheils\pruchch in dem seit 11/4 Monat dauernden Jntendanturprozeß gegen Maks-hejeff und Gen. Nah demfelben sind der Wirk- lihe Staatsrath Makschejef, Priorof , Schestakoff und Karassewitsh zum Verluste des Adels, des Ranges, der Orden und aller besonderen Rechte und zur Ver- bannung nach Tomsf, resp. Archangel und Perm ver- urtheilt worden. Die übrigen Angeklagten erhielten kleinere Strafen. Der der Krone verursahte Shaden muß von Makschejeff und Prioroff erseßt werden.] Freigesprochen wur- den die Angeklagien Oberst Nawrozki und Oberst Tscheglokoff, Hofrath Spißbarth, Kollegiensekretär Akimoff und die Kauf- leute Wolstein, Kaminka, Warschawsk und Chotimski. Das Urtheil gegen Makschej ff, Prioroff, Schestakoff und Karafsse- m wird durch den Kriegs-Minister dem Kaiser unterbreitet werden.

: Riga, 1. Mai. (W. T. B.) Wie die „Rigaische Zeitung meldet, ist am 28. v. Mts. gegen den Baron Nolcken-Appricken bei Hasenpoth (Kurland) ein Agrar- verbrechen verübt worden, indem aus einem Gebüsche am Wege ein Schrotshuß auf denselben abgefeuert wurde. Der Baron verlor ein Auge und wurde am Arm und an der Schulter verwundet. Die Verbrecher entflohen. Einige Wochen

vorher war auf dem Gute Nolckens eine Brandstiftung ent- deckt worden.

Amerika. Washington, 1. Mai. (W. T. B.) Die Schuld der Vereinigten Staaten hat im vergangenen Monat um 14 420 000 Doll. abgenommen. Im Staatsschaße befanden sich ult. April 245 570 000 Doll.

Afrika. (W. T. B ) Aus Kairo, 1. Mai meldet die „Agence Havas“: Das Kriegsgericht verurtheilte zur Degradation und zur Verbannung nach dem Sudan im Ganzen 40 Offiziere; unter denselben befinden sich der che- malige Minister Osman Refki und der Oberst Young. Zu derselben Strafe ist auch Ratif, gegenwärtig in Neapel, ver- urtheilt worden, der das Komplott organisirte, dessen Anstifter der Ex-Khedive Jsmail ist. Jn dem Urtheil is ferner aus- gesprochen worden, daß, da IUngs das ihm von Egypten gewährte Geld für das Komplott verwendet habe, man dem Khedive die Frage der Streihung der Civilliste für Fsmail unterbreiten werde. Die Regierung hat Maßregeln ge-

troffen, um alle Beziehungen Jsmails zu Egypten zu ver- hindern.

Zeitungsfstimmen.

Dem Reichskanzler ist, wie die „Nordd. Allg. Zt g.“ meldet, nachstehende Adresse zugegangen:

Vir Tabackbauern aus Klingen, Bezirksamt Bergzabern, in der bairishen Rheinpfalz, halten es nach der Andeutung in dem Ant- wortschreiben auf die Ingenheimer Adresse, daß die Pfalz ganz besonders befugt sei, als eine tabackbauende Provinz ihr Urtheil über das Monopol abzugeben, für unser Re{t und unsere Pflicht, nun- mehr muthig und offen unsere Ansicht über das Tabackmonopol zu außern. Es is das unser Ret, weil wir bei dieser geplanten Maßregel am meisten betheiligt sind und über unsere Lage wobl selbst am besten urtheilen können. Es ift aber auc unsere Pflicht, damit nit blos die Stimmen der Gegner in Deutschland gehört werden, die jeßt mit ihrem letzten Mann ins Held rüden. Und so sagen wir es denn frei heraus, daß wir Tabackbauern mit ganzem Herzen auf der Seite unseres hochverehrten, in unserem Stande allgemein geliebten Reichskanzlers steben, und daß wir im Monopol nur Gewinn für den Tabackbauer und den Staat selbst erblickden. Die Staatsaufsicht hatten wir ja auch biéher; dabei müssen wir aber den Preis unserer Waare von einer eng verbundenen Clique von Maklern und Spekulanten festsetzen lassen. Wir Bauern wer- den dur das Monopol des Staats von dem ruinirenden Monopole dieser kleinen, aber allmächtigen Sippe befreit und erhalten dadur einen noblen Abnehmer, der leben und leben lassen will. Es ist eine wahre Schande, wie wir namentli in diesem Jahre von solchen Leuten, die das Monopol thatsählid jeßt in Händen haben, behandelt und um unseren Verdienst gebradt worden sind. Wenn das Monopol fommt, jo bleibt zwar wieder die Staatsaufsicht, aber wir wissen, daß unser Abnehmer, der Stazt, den Bauersmann nit ruiniren, sondern ibm seinen gebührenden Gewinn an \{werer Arbeit lassen will. Wir bören es täglich vön unseren Nachbarn im Elsaß, wie gut sie es zur Zeit des Monopols hatten und wie schr sie wünschen, daß dieses wieder käme. Und wenn wir uns auch manchen lästigen Be- \{ränkungen unterwerfen müssea, wie es ja auch bisher der Fall war so thun wir dies um so lieber, da wir wissen, daß der Vortheil nit Einzelnen, sondern dem Ganzen zu Gute kommt, daß dex Ertrag des Monopols zur Abminderung der Lasten der Einzelstaaten und zur Lösung der gefahrvollen sozialen Frage benutzt werden soll.

So bitten wir denn unsern hochverehrten Herrn Kanzler, das Tabackmonopol nicht fallen zu lassen, und versprechen Ew. Durchlaucht, Sie mit allen Kräften zu unterstüßen. Wir ecllären vor ganz Deutscland, daß wir unser Wrciranes auf Sie seßen und