1882 / 109 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 10 May 1882 18:00:01 GMT) scan diff

Tapeten nicht na dem Zollsaß für Leder zu behandeln sind, sondern daß ein anderer Zollsaß Plag F greifen hat. ü

Der Abg. Dr. Frege wandte sich gegen den Abg. Braun, da ihm die Sache zu ernst sei, um in dieser Weije fih auf dem Gebiete der Heiterkeit zu ktewegen. Der Kontinental- sperre verdanke seyc wahrscheinlih die deutshe Zuckerrüben- industrie ihren Aufs{hwung. Bezüglih des Müllergewerbes enthalte die Vorlage fast nur dieselben Bestimmungen, die be- reits in den Anträgen der Fraktionsgenossen des Redners ent- halten gewesen seien, die bei der Berathung des Zolltarifs ein- gebracht, damals aber abgelehnt worden seien. Gerade die kleinen Mühlenbesigzer litten gegenwärtig unter der Konkurrenz des

roßen Mühlenbetriebes, von dem sih die ausländischen

uftraggeber in Folge der Getreidezölle abgewendet hätten. Erfreulih sei es, von den Abgg. Bamberger und Stephani zu hören, daß diese Aenderung für den Zolltarif irrelevant sei, das System desselben nicht dadur berührt werde ; der Jdentitätsnahweis werde nicht fallen gelassen. Zu verwundern aber sei, daß von der Seite, von der das Wohl der ärmeren Klassen mit Nachdruck betont werde, man von neuem den Versuh mache, dem gesundheitsshädlihen ameri- kanishen Schmalz wieder Eingang zu verschaffen. Der Honigzoll komme nur den tleinsten und bescheidensten Existen- en des deutschen Vaterlandes zugute, und derselbe werde um o segensreicher wirken, als nah dem Gutachten Sachverstän- diger die deutsche Bienenzuht noch einer bedeutenden Aus- dehnung fähig sei. M

Der Abg. Dr. Stengel erklärte sih gegen den Schmalzzoll, der thatsächlich dem inländishen Schmalz keinen Schuß gewähre, und nur das amerikanishe Schmalz vertheure, das von kleinen Leuten konsumirt werde. Der Schmalzzoll, den in dieser Weise eine Arbeiterfamilie von 5 Personen zu entrihten habe, be-

rehne sich auf zwei Mark jährlih. Den Fnteressen der Schweinezüchter, denen der Zoll dienen solle, ständen die Fnter- essen vieler Tausende von klcinen Leuten gegenüber, die in den Fabriken arbeiteten und nicht einmal ein Huhn, geschweige denn ein Schwein züchten könnten. Freilich komme heut Alles auf die Vertretung der Jnteressen hier im Reichstage an; wenn die Honigliebhaber eine so warme Vertretung hier hätten, wie die Honigpr oduzenten im Abg. Frege, dann würde es mit der Erhöhung des Honigzolls wohl noch gute Wege haben.

Der Abg. reiherr von Wöllwarth betonte, er s{wärme nicht für den Getreidezoll, es wäre ihm am liebsten gewesen, Deutschland hätte ihn gar niht bekommen. Die

Vortheile desselben wögen das Ddium nicht auf, welches dieser Zoll auf die Landwirthschast geworfen habe. Ueber die Frage, wer den Zoll trage, cin Beispiel. Jn Stuttgart habe vor Einführung des Zolles ein Kilogramm Ochsenfleish 1,50 4 gekostet, seit der Einführung desselben habe es 1,20 /6 gekostet, augenblidcklich 1,32, also 18 Z weniger als früher, während es um 6 . hätte theuerer werden müssen.

Die Generaldiskussion wurde geschlossen.

Der Abg. Dr. Barth nahm als Antragsteller das Schluß- wort. Die Abgg. Stephani, Bamberger und er ständen auf demselben Boden, und griffen die landwirthschaftlihen Zölle nicht an, weil auf Beseitigung derselben in diesem Reichstag keine Aussicht vorhanden sei. Den Schmalzzoll betrachte er eben nicht als landwirthschastlihen Zoll, Und deshalb habe er dessen Aufhebung beantragt.

Persönlich bemerkte der Abg. Dr. Braun, der Abg. Frege abe ihm imputirt, er hätte Feindseligkeiten gegen Desterreich egangen, die dort einen s{lechten Eindruck machen könnten.

Jn Oesterreich regierten die Bienenzühier niht, in Deutsch- land werde es hoffentlich auch nicht so weit kommen.

Mit 118 gegen 106 Stimmen wurde hierauf ein Antrag des Abg. Bamberger, die Nummern 4—6 des 8§. 2 an eine Kommission ‘von 21 Mitgliedern zu verweisen, abgelehnt. Die zweite Berathung wird im Plenum erfolgen.

Á a vertagte sih das Haus um 4 Uhr auf Mittwoch L.

Jm weiteren Verlaufe der gestrigen (20.) Sigung des Herrenhauses nahm bei der Berathung über den Gesetzentwurf, be:reffend die Vertretung des lauenburgi- \{hen Landeskommunalverbandes, Staats - Minister von Puttkamer das Wort:

Meine Herren! Es war eigentlih meine Absicht, in der General- diskussion erst dann das Wort zu ergreifen, wenn eins der geehrten Mitglieder des hohen Hauses sich gegen den Standpunkt erklärt haben würde, den hier zu vertreten ih die Chre und die Pflicht habe; indessen da bis jezt Niemand diesen Standpunkt zu bekämpfen unternommen hat, so will ih es nicht unterlassen, in mögli} kurzen Umrissen zur Abkürzung der Spezialdiskussion diejenige Stellung zu bezeichnen, welche die Staatsregierung der Ihnen gemachten Vorlage ich sprecbe in diesem Augenblick von der Vorlage, wie sie aus dem Hause der Abgeordneten kommt gegenüber einzunehmen hat. Die Mit- theilung des Abgeordnetenhauses, also der Beschluß, der dahin geht, den bisherigen Zustand der Landes-Kommunalverwaltung von Lauen- burg bis zu einer anderweitigen gesetßliben Regelung zu verlängern, ist das Ergebniß ciner ziemli lebhaften Auseinanderseßung im andern Bare zwischen denOrganen der Regierung und denWortführern derjenigen

ajorität, aus deren Beschlüssen diese Vorlage des Abgeordnetenhauses hervorgegangen ist, Meine Herren! Jh möchte namentlich auch den Ausführungen gegenüber, die wir heute in diesem hohen Hause {on vernommen haben, betonen, daß ih nicht der Meinung bin, es handle si hier um die Entsceidung großer und wichtiger politisher Prin- ipienfragen , sondern die Regierung steht auf dem Standpunkt, daß je ein dringendes praktishes, den Staatsinteressen gleihmäßig wie den lauenburgischen Kreisinteressen entsprewhendes Bedürfniß anerkennt, dem jetzigen Zustand, welcher allerdings aub aus prinzipiellen Gründen unserer Meinung na unhaltbar ist, ein Ende zu machen, und das Se, welches bereits zweimal verlängert worden ift, in ein efinitivum übergehen zu lassen. Die Staatsregierung kann sich, glaube ih, das Zeugniß geben, und das ist ja auch von der Mehr- zahl der bisherigen Herren Redner anerkannt worden, daß sie den lauenburgishen Verhältnissen keineswegs gegenübersteht, wie das im Abgeordnetenhause und geschweige denn im Reichétage in der bekannten Sitzung vom 15. Dezember vorigen Jahres ausgesproben worden i. Der Kreis Lauenburg befindet sib, was seine finanzielle und wirthschaftlihe Lage anbetrifft, wie ich wobl sagen kann, in einem unvergleihlich cünstigen Zustande, und diesen Gand verdankt er, meine Herren, der Fürsorge der preußi- {hen Gesetzgebung. Es ist dem Kreisverbande von Lauenburg, Herr Dr. Dernburg hat das ja auch {on auédrücklich hervorgehoben, der überwiegende Theil des gesammten lauenburgishen Domaniums zuge- prochen worden; nur drei Sechszehntel hat der König sich zu Éo onderen Zwecken vorzubehalten geruht; der ganze übrige Theil des omaniums, welcher von Rehtswegen nah allgemeinen Prinzipien dem Staat bâtte anheimfallen müssen ich will vur exemplifiziren beispielsweise an dem hannoverishen Domanium, das nah dieser Theorie der Provinz Hannover ja allein hätte erhalten werden müssen, und das dem prenDsten Staate einverleibt worden is also dieser ös werthvolle Komplex von Vermögensobjekten ist dem Kreise uenburg zur Dotirung als Kreisverband übergeben worden, und es handelt fich nun wesentli nur um die Frage, ob diejenige Vertretung,

welche damals ausdrücklich nur bis auf Weiteres für die Verwaltung dieses Kreis-Kommunalvermögens eiugest{t worden ift, als eine gweémäßge und der Erhaltung und Fortdauer fähige noch heute anerkennen will. Diese Frage hat die Königlihe Staatsregierung verneinen zu müssen geglaubt, und i bin nicht in der Lage zu erklären, daß fie dem ent- gegenstehenden Beschlusse des Abgeordnetenhauses, wie er jeßt dem Hause vorliegt, ihre Zustimmung werde angedeihen lassen können.

Herr v. Mirbach hat {on mit vollem Recht hervorgehoben, ih habe mir bereits erlaubt, im Abgeordnetenhaus das auch auszuführen daß, wenn es si hier handeln würde um die Beseitigung eines alt begrün- deten historischen Zustandes, um den Eingriff in Jahrhunderte alte, ehr- würdige Verhältnisse, die Staatsregierung sehr ernst von ihrem

Standpunkte aus erwägen würde, ob ein solcher Eingriff berechtigt und nüßlich und nothwendig ist. Aber so liegt die Sache doch nicht. Es ift ausdrücklich schon betont worden, daß zwar die Korporation, welcher die Vertretung und Verwaltung des Vermögens des Kreises Lauenburg anvertraut worden, eine Jahrhunderte alte ist, Ritter und Landschaft als Repräsêntationskollegium und das landschaftliche Kolle- gium als verwaltendes Organ. Aber in Bezug auf das Verhältniß zur Verwaltung des Kreisvermögens steht diese Ritterschaft und Land- {haft von Alters her in gar keinem organischen Zusammenhang mit dem ganzen bisherigen Zustand, sondern die Verwaltung ist ihr erst durch cin neues, unter Zustimmung der preußischen Regierung erlasse- nes Gese bis auf Weiteres übertragen worden. Also das ganze Verhältniß, welches man hier etwa würde ins Feld führen können, daß es sich hier um eine Jahrhunderte lange Verkuüpfung einer alten auf, wie ich ja anerkennen n und wie allseitig anerkannt werden wird, auf feudalen Grundsäßen beruhenden Korporation zu einem gewissen Finanzobjekt handelt, ist hier nur in- sofern zutreffend, als man dieser alten Korporation eine neue gegrün- dete Verwaltung, die eben so gut den Staatsbehörden hätte über- geben werden können, oder einer modernen Kreisvertretung über- tragen hat.

___ Wenn i nun etwas mir einzugehen erlauben darf auf die prak- tischen Bedenken, welche die Staatsregierung gegen das Fortbestehen des bisherigen Zustandes hat, so ist darauf {on im andern Hause und heute hier hingewiesen worden. Ih übergehe hier die ja der Vollständigkeit halber in den Motiven enthaltenen Andeutungen in Bezug auf die Zusammenseßung der bisherigen Organe,- also der Ritter- und Landschaft und des landschaftliben Kollegiums. Es ift nicht zu leugnen, daß den jeßigen Anschauungen der preußischen Ge- seßgebung gegenüber diese Zusammenseßung wohl als eine etwas dem Widerspruch „auLgeseßte bezeichnet werden muß. Aber das, meine Herren, ist in der That nicht das Entscheidende für die Regierung, sondern das Entscheidende ist das Bedürfniß und das Interesse der Staatsverwaltung, nicht völlig ausgeschlossen zu sein aus dieser kreig- fommunalfinanziellen Verwaltung, an welhe sich ja eine ganze Anzahl anderer Interessen, wie auch heute {on erwähnt ift, knüpfen. Wenn Sie die Güte haben wollen, den Etat der lauen- burgischen Kreisverwaltung anzusehen, werden Sie finden, daß eine ganze Reihe öffentlicher Zwecke, Wegesachen, Schulsachen, Forstver- waltung in diesem Etat ihre Befriedigung findet und daß alle diese Verwaltungszweige auch für die Staatsregierung und ihre Organe von dem unmittelbarsten Interesse, vom allgemeinen und administrativen Standpunkte aus, und der größten Wichtigkeit sind, wird Niemand verkennen können. Wie steht nun die Sache heute ? Das einzige Organ, welches die Staatsverwaltung im Kreise Lauenburg besißt, also der Landrath ist von der Verwaltung des ganzen Vermögensobjekts und aller derjenigen Interessen, die sich daran knüpfen, insofern völlig ausge- \{chlofsen, als er nur als Königlicher Kommissarius in einer sehr respektvollen Entfernung von diesen ganzen Angelegenheiten steht, allerdings das Recht hat, jeder Sitzung beizuwohnen. Er muß von der Tagesordnung benachrichtigt werden und hat auch das Recht, seine Bemerkungen zu machen, aber die Leitung und das wirklich pragmatische Verhältniß zu den ganzen Angelegenheiten steht ihm nicht zu und das ist ein ganz entshiedener Mangel. Ferner läßt fi nicht leugnen, daß die Oberbeamten, welche dem landschastlichen Kollegium als ausführende Organe zur Seite stehen, nach der jeßigen Drganisation doch ein Maß von Selbständigkeit in Bezug auf die Verwaltung be- fißen, welhes man fast ein Uebermaß nennen könnte, denn wie die Sachen jeßt regulirt und organisirt sind, haben diese Herren, an deren vortreffliher Qualifikation ih meinerseits niht den mindesten Zweifel erheben will, fast aus\{ließlich die Leitung der Geschäfts- zweige, die ihnen anvertraut sind, in der Hand. Sie sind beispiels- weise die disziplinarischen Vorgesetzten aller der Unterbeamten ihrer für sie bestimmten Geschäftszweige, und es mangelt in erheblichem Grade an einer einheitlichen Leitung.

_ Ih glaube in der hat, daß der Kreis Lauenburg si in keiner Weise prägravirt fühlen kann, wenn an Stelle des als unhaltbar anerkannten jeßigen Systems ihm eine Kreiskommunalverwaltung auf der bewähr- ten Basis und in dem unseren gegenwärtigen Zuständen mehr ent- \sprehenden Rahmen und Herr von Mirbach hat ja das zu meiner Freude anerkannt der Kreitordnung unserer altländisben Provin- zen vom Jahre 1872 gewährt wird. Wie man darin eine Vergewal- tigung, ein Verfahren sehen will, welches mit den geheiligten Rechten des Ländchens in Widerspruch steht, wie das ja mit großer Emphase hervorgehoben ift, das ist mir, offen gestanden, ganz unklar ; was die Regierung beabsichtigt, ist, ich möchte sagen, eine Dotirung des Krei- ses Lauenburg mit den gesunden Prinzipien unserer Kreisordnung von 1872, und zwar, wie die Sache jeßt liegt, zu einem früheren Zeitpunkt, als es in derjenigen Provinz geschehen kann, welcher der Kreis Lauenburg angehört, nämlich Sbleêswig - Holstein. Und dabei komme ih noch auf einen anderen Punkt, der wesentlich mit zu dieser Vorlage geführt hat: anerkannt muß werden, und ich nehme keinen Anstand das auszusprechen, daß ein, mit den wichtigsten preußischen Staatsinteressen in unlösbaren Widerspruch stehenden un- erträglihen und deshalb unter allen Umständen sfofort zu beseitigenden Zustand in den bisherigen lauenburgisen Kreiskommunalverhältnissen nit vorlag, und daß er allenfalls ohne Gefährdung des Staatëwohles noch würde etwas länger fortdauern können, aber, meine Herren, das fann jedenfalls keine horizontlose unbestimmte Fortdauer sein. Früher bei einer ganz verschiedenartigen Sachlage stand die Regierung auf diesem Standpunkte, und ih glaube, es kann ihr daraus kein Wider- spruch mit der heutigen Haltung hergeleitet werden, daß sie sich sagte: Wir dürfen hoffen nach Abschluß der allgemeinen Verwaltun gs- organisation eins{ließlich der sogenannten Reformgeseßgebung auch die neuen Provinzen, in specie “Scleswig-Holstein, welhem der Kreis Lauenburg administrativ angehört, mit der Kreisordnung be- dacht zu sehen auf Grundlage von 1872 unter Beachtung natür- lich der berech{tigten provinziellen Eigenthümlichkeiten; und diesem Standpunkte gegenüber ist es ja natürlich, daß man sich sagte, es ist nit nöthig, noch vor dieser Regulirung für die ganze Ae für Lauenburg, vielleit für wenige Jahre, eine besondere Ordnung zu hafen; und darauf allein beruht das Einverständniß der Staats- regierung zur zweimaligen Verlängerung des bisherigen Provisoriums, welches mit dem ersten Oktober dieses Jahres abläuft. Inzwischen hat sich die Sachlage, wie Ihnen bekannt ist, wesentlih verändert. Die Hoffnung, den westlichen und neuen Provinzen die gesammte Ver- waltungsgeseßgebung, den ganzen Komplex der Selbstverwaltungêsgeseße einshließlich der den Unterbau dieser Gesammtheit bildenden Kreisord- nung bald verleihen zu können, ist in den Hintergrund getreten durch die bekannten Meinungsverschiedenheiten über die Grundlagen der Verwaltungsorganisation, namentlich auch dur die bervorgetretenen Differenzen bei Berathung der für Schleswig-Holstein entzporfenen Keisordnung Seitens des Provinzial-Landtages. Namentlich in leßterer Beziehung muß ih mir erlauben, hervorzuheben, daß der Provinzial-Landtag von Scleswig-Holstein den Entwurf, welchen die Regierung ihm vorgelegt hatte, einer sehr eingehenden Kritik unter- zogen hat, und daß Amendements so mannigfaltiger, so wichtiger und nah so zablreihen Seiten auseinanderliegender Natur gestellt worden [n daß die Regierung sih für verpflichtet hält, diese Erinnerungen n die sorgfältigste Erwägung zu ziehen ; des in Folge dessen minde- tens eine erhebliche Verzögerung der Émanirung einer Kreitordnung ür Saedv - Holstein hervorgerufen wird, ist unzweifel- aft, Jh s{chweige dabei gänzlich von dem wichtigsten Um-

stande, nämlich von -dem Zweifel, wann es mögli sein wird, die SERNI E ebung, im Großen und Ganzen also unser Ver- waltungsfkreisve as und alles, was damit zusammenhbängt, für Schleswig-Holstein einzuführen. Also, wenn man diese Sachlage zu- sammenfaßt, wenn man erwägt, daß mit Rücksicht hierauf auch nicht einmal annähernd der Zeitpunkt angegeben werden fann, bis zw welhem der Kreis Lauenburg gemeinscaftliÞ mit der Provinz, welcher er angehört, in den großen Zusammenhang unserer Reform- geseßgebung bineingezogen werden kann, dann drängt \ih die Frage auf, ob es nicht dem von mir vorher gescilderten Bedürfniß gegen- über nothwendig ist, nunmehr der Verwaltung des Kreises Herzogthum Lauenburg ich meine die finanzielle und kommunale eine solhe Gestaltung zu geben, daß sie in Ueber- einstimmung tritt mit denjenigen Grundprinzipien, die in den übrigen Theilen der Monarchie für Kreisverwaltungen bestehen, als daß das Haupt der Verwaltung der Landrath ist, gleichzeitig Staats- beamter und gleichzeitig berufener Vertreter der kommunalen Inter- essen. Ich bin fest überzeugt, daß der Kreis Lauenburg, wenn er diese Organisation empfangen wird, sich ebenso zufrieden unter ihr: fühlen wird, wie das bei den Kreisen der alten Provinzen doch, Gott sei Dank, in der bei weitem größten Mehrzahl der Fall ist. Ich betone ausdrücklich, etwaigen Bedenken gegenüber, die noch erhoben. werden könnten, daß es fich hier lediglich um kreiskommunale Fragen handelt. Das ganze System des Verwaltungsftreitverfahrens, der: obrigkeitlihen Aemter, deren Träger die Kreisversammlungen in den übrigen Kreisordnungsprovinzen_ außer und neben ihren fommunalen Funktionen sind, is durch die Spezialbestimmungen, die ja auch Herr Dr. Dernburg die Güte gehabt hat in sein Amendement aufzunehmen, ausdrücklich von der gegenwärtig beabsichtigten Regelung aus- geschlossen beziehentlich der Zukunft vorbehalten. Alles das kann zu politishen Grörterungen über die großen Gesichtspunkte, die damit rerbunden sind, in keiner Weise Veranlassung geben. Es han- delt sih ledigli um den engen Kreis der Verwaltung, eines aller- dings erheblichen finanziellen Objekts; für dieses die Organe zu schaffen,

für dieses den berufenen Beamten an die Spitze zu stellen, ist die-

einzige Absicht dieses Gefeßes; und ih glaube, alle politischen Ausein- anderseßungen, die auch im anderen Hause, namentlich vom Abgeord- neten Windthorst an diese Frage geknüpft wurden, E einigermaßen gegenstandslos. Ih muß immer wieder betonen: lediglich dieser bes schränkte Zweck liegt für uns vor, und deshalb kann ih es nur mit Dank begrüßen, daß der Herr Dr. Dernburg die Güte gehabt hat, Dasjenige, was in der Kommission, wie Ihnen bekannt ift, in der Form seines Amendements wieder aufzunehmen. Ich A erklären, daß die Regierung mit dem prinzipalen Amende- ment de

namentlich den Schlußsaß des Art. 5, der über ihre Vorlage, wie ih glaube sagen zu dürfen, nur formell hinausgeht wegen der Kom- mission, welche die aufgenommene Domanialanleihe zu verwalten hat, nicht bemängelt, und daß sie auch nihts Wesentliches zu er- innern hat gegen Art. 2, wie er im Nachtragsamendement des Herrn Dr. Dernburg formulirt ist, nämlich daß durch diesen Artikel in Be- tref der Ernennung des Landraths auch die Vorschriften des 8. (4 der Kreisordnung vom Jahre 1872 in Geltung treten sollen. Daß diese Klausel wegen der Ernennung des Landraths in der ursprünglichen Vorlage keine Aufnahme gefunden hat, entspringt ein- fach aus dem Umstande, daß wir_beabsichtigten, uns in dieser Be- ziehung möglichst eng an den an Schleswig-Holstein bestehenden Zu=- stand anzuschließen, und daß wir der Meinung waren, daß die wich- tige Frage wegen des Rechtes der Kreisvertretung, Vorschläge für das Landrathsamt zu machen, besser dem künftigen Gesammtgesetß für die ganze Provinz Schleswig-Holstein vorzubehalten sei. Jndeß, wenn das hohe Haus einen besonderen Werth darauf legen sollte, diese Frage für den Kreis Lauenburg jeßt mit zur Erledigung zu bringen, so is das zwar eine Abweichung von der Vorlage der Regierung; aber ih darf wohl sagen, keine so bedeutende, daß wir daraus Bedenken gegen die Annahme des etwa so aus Ihrem Beschluß hervorgehenden Entwurfs zu ent- nehmen haben würden. Ich kann deshalb zum Schluß der General- diskussion mich im Allgemeinen auf den Standpunkt des Amende- ments des Hrn. Dr. Dernburg stellen, und vielleicht gleih hinzufügen, daß meiner Auffassung nach gegen das Unteramendement, welches Hr. Dr, Beseler zu Absaß 4 geftellt hat, keine Bedenken zu erheben sind, sondern e das eine einfahe Konsequenz dessen ist, was der Entwurf bereits enthält, nämlich daß die statutarischen Bestimmungen, welche für den Kreis unter König- lier Genehmigung werden erlassen werden, folhe sein müssen, in welhem das Recht der durch die Geseße und die Staatsaufsicht geregelte Selbstverwaltung gewahrt wird, in Bezug auf die Angelegen- heiten, um die es sich hier handelt, also in Bezug auf die Verwal- tung der kreiskommunalen Angelegenheiten. Jch nehme an, daß Herr Dr. Beseler scinen in allgemeinen Worten gestellten Antrag so ver- standen wissen will. Sollte dies der Fall sein, dann würde seitens dee C keine Veranlassung voxliegen, denselben zu be- ampsen,

Graf von der Schulenburg-Beeßendorf sprah den Wunsch aus, daß der Wiederbelebungsversuh des Herrn Dr, Dernburg nicht gelingen, sondern auf eine bloße Galvanisirung hinaus- laufen möchte. Der geschihtlihe Rückblick, den der Antrag- steller gegeben habe, erfreue sih niht der genügenden Objek- tivität, und die Bezeichnung der lauenburgishen Verwal- tung als „feudale Abnormität“ sei vollends unangebracht. Trete man den Abgeordnetenhaus-Beschlüssen bei, so ent- stehe kein Vacuum, sondern es bleibe Alles beim Alten. Außerdem sei man über die Frage, wie sich die maßgebenden Prinzipien der Kreisordnung bewährt haben, keineswegs so einia, wie Herr von Mirbah und der Minister gemeint

ätten. Bei der Geschäftslage des Landtages könne nichts

3esseres und Praktischeres geschehen, als der Beitritt zu dem Vorschlage des anderen Hauses.

Graf von Arnim-Boitenburg plaidirte für die Annahme des Amendements Dernburg; man würde durch die Einführung der Kreisordnung von 1872 in Lauenburg auch weitergehenden Aspirationen auf die Aenderung der jeßigen Vorschriften der Kreisordnung einen Riegel vorschieben. Noch jüngster Tage hätten die Sezessionisten auf einer allgemeinen Versammlung in Berlin cinstimmig eine Resolution des Jnhalts gefaßt, daß die gerehtere Vertretung in Kreis und Provinz zu erstreben sei; „gerehtere“ könne doch nur im Sinne einer weiteren Benactheiligung des Grundbesizes verstanden werden.

Die Generaldiskussion wurde hierauf geschlossen.

Bei der Spezialdebatte gab zu Artikel 1. Herr von Kleist- Reyow die Erklärung ab, daß er für den Artikel stimmen werde, aber niht damit auésprehen wolle, daß er die Kreis- ordnung für vorzüglih halte, sondern daß er nur deshalb für die Vorlage stimme, weil die Verhältnisse in Lauenburg geordnet werden müßten, und weil kein anderer, besserer Weg vorliege, der zum Ziele führe.

_ Artikel 1, wurde alsdann ohne Debatte angenommen, so-

wie die Artikel 11, 111, und IV. nah dem Antrage des Herrn Dr. Dernburg. __ Vei Artikel V, vertheidigte Herr Dr, Beseler das von ihm gestellte Unteramendement; dasselbz wurde angenommen und mit ihm Artikel V, und ohne Diskussion auch Artikel VX, des Antrages Dernburg. Schließlih wurde der so amen- dirte Gesegentwurf im Ganzen angenommen, wodurch der Kommissionsantrag beseitigt und eine vorliegende Petition aus Lauenburg erledigt war.

(Schluß in der Zweiten Beilage.)

M2 10D.

Zweite Beilage zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlich Preußischen Staats-Anzeiger.

Berlin, Mittwoch, den 10. Mai

fjaale des Abgeor der beiden tags l und gab sodann die übliche Uebersicht über die thätigkeit des Hauses in der abgelaufen dankte der Präsident dem Hause für die Geschäfte zu Theil gewordene Unterstühung, / Mitgliedern des Büreaus. Herr Dr. Sulzer sprach hierauf des Hauses den Dank für die cchäfte aus, welhen die Anwesenden durch Plätzen bethätigten. (Schluß 3 Uhr 10 Mi-

nicht zur Majorität hat gelangen können, ,

Herrn Dr, Dernburg zunächst einverstanden ift, daß sie au“

dem Präsidenten Namens Leitung der Ges Erheben von den nuten.)

entwurf, betre l } räthen der Minister der öffentlichen gehalten hat, lautet wie folgt: / | Fcch muß zunächst das hohe Haus um Nachsicht bitten , wenn ih mi in meinem heutigen Vortrage etwas kürzer fasse, als vielleicht erwartet wird. Unwohlsein, welches ich noch nit habe überwinden Fönnen, legt mir eine gewisse Beschränkung auf. i: i Der Geseßentwurf, welcher dem hohen Hause vorliegt, hat eine besondere Entstehungsgeschichte, deren der Herr Referent \{chon gedact hat. Sie werden sih erinnern, daß ozeß der Eisenbahnen begann,

bei den Zwet, tSeisen Anschauung von den Bedürfnissen des Verkehrs fodann, um C zu gewähren, ihre Anschauungen an der berufenen Geltung zu btingen und im gemeinsam denjenigen Weg zu finden, i beste sih erweisen würde, auch daß die Aufgabe: für die Wohlfahrt des Landes z | ten. Die Königliche Staatsregierung hatte in Ausficht genommen daß auch bci der Centralstelle ein Fehl-

zur mehreren Sicherheit, : ) ste scastlihen Gebiete der Cisenbahnverwal-

\chritt auf dem wirth tung nicht welcher T, liden Zweige in sih vereinigen hier einschalten, daß d ferenzen, wie sie vorhin gen meinen recht befriedigende gewe

halten, mit den Eigenth bekannt zu machen, und

Es ist ih habe das sor das richtige Verständniß für das für das

lite Marie Pauline Adolphine L l am 23. Juli 1835 zu Hohenböke, welche flüchtig ist resp. si verborgen, Dee [a ene dure eere D s Urt des früberen Königlichen Stadtgeri | ta | S e Pa h vom 26. September 1878 in actis 8. Besondere Kennzeichen fehlen 144, 78. Dep. T: Fn Gefängnißstrafe von sech8 Wochen vollstreckt werden. 1 i dieselbe zu verhaften und in das Amtsgerichts- | Kaufmann Fran Leufgen aus Berlin, unbekannten Kennzeichen: Um die Augen herum hat die 2c. Graß- gefängniß des Ergreifungsortes abzuliefern. Berlin, | Aufenthalts, ist in den Aften c/a, Leufgen und Gen. ärz 1882, Königliche Staatäanwalts{aft | V. R. I. Nr. 257 de 1882 die Untersuchungéhaft förner).

= Kp Beschreibung : lter | wegen wiederholten, theils vollendeten, theils ver-

46 5 be Vibhe 1,80 Statur unterjetzt, Haare | suhten Betruges 46 Jahre, Größe 1,80 m, Slatur zt, C Ges L

1 \ e incides beschlossen. Die Verhaftung hat niht | Steckbriefs - Erncuernug. , Augenbrauen dunkelblond, | Meincives besGlo} baltung Grite Beilage) dieses Anzeivers de 1881 binter den | 3. Comp. Rheinischen Jäger-Bataillons Nr. 8 zu bei der Niederscblesisch-

ärkishen Eisenbahn Carl Arthur Otto Schulze l erlin, den 6. Mai 1882, | von hier am 6. Juli 1881, wegen fahrläfssiger Ge- | Aachen, ist groß 1,625 m, geseßter fährdung eines Eisenbahntranévorts, erlassene Steck- | Kinn un Frankfurt a./O., den

dunkelblond C 1 öh d gewöhnli, Zähne gesund, | ausgeführt werden fönnen. Es wird ersucht, den Fa gewöhnli, Mund gewöbnl, Se gesund, 2c. Leufgen im Betretungsfalle zu verhaften und in

Sprache deuts{. das Üntersuhungögefängnis zu Berlin, Alt-Moabit

2 Sepk 1846 in Pasewalk geboren, welcher , September ) in Pasewa ; i ü bält, ist die Unter- | Kreis Bergheim, Größe 1 m 65 em, ucbungebaft wegen Betruges verhängt SEN em melirt, Stirn frei, Bart Schnurbart, Augen- | [21088] in das Untersucbungs-

rsananiß ju Berlin, Y (t-eMoabit 11/12 abzuliefern. n lid, E E elta (Que: Go ans Dinterpommern if we A 6 t8- c ouderc 4 : , [4 nter u

Beschreibun (Aar Verhaftung und Nachricht wird gebeten. binde 4.

gefananis u Ee ai 1882 , den 2, Ma k 9 aniat L, Abtheilung 92. Oppert. Beschreibung: färbt fih die Haare

(Sóluß aus der Ersten Beilage.)

Es folgte der mündlihe Bericht der Kommission für kom- munale Angelegenheiten über eine Anzahl von Petitionen wegen Aufhebung der Bestimmungen, welche die Kommunen in der Besteuerung der Eisenbahnen beschränken.

Der Referent Graf von Dönhoff-Friedrichstein beantragie mit Nü&sicht auf §. 10 des Gesezes vom 28. März 1882, be- treffend den weitecen Erwerb von Privateisenbahnen für den Staat, über diese Petitionen zur Tagesordnung überzugehen, und das Haus trat diesem Antrage bei. : V bs Herr Dr. Dernburg berichtete sodann über die Petition des Vereins der Grund- und Hausbesißer von Aachen und Burtscheid um Herabseßung der Prinzipalsteuer auf Gebäude und beantragte, diese zulegen. Das Haus beschloß demgemäß. : Endlich berichtete Herc von Pfuel über die Petitionen der Bevollmächtigten der Amtsversammlungen des Stader Marschkreises, des Amtes Osten und über die Petition des Bürgermeisteramtes zu Worxringen. Das Haus be- {loß auf seinen Antrag, über diese Petitionen zur Tages- ordnung überzugehen. : . ; Der Präsident theilte hierauf mit, daß nah einer ihm zugegangenen Privatmittheilung am Donnerstag in dem Sißungs- dnetenhauses eine gemeinsame Sißung user des Landtags stattfinden werde,

Die Rede, welche in der vorgestrigen (19.) Sißung des Herrenhauses bei der Berathung : ffend die Einseßung von Bezirks-Eisenbahn- Arbeiten Maybach,

einmal den Staatseisenbahnbehörden eine

den Interessenten des Verkehrs die

Landeseisenbahnrath

geschehe, einen bal verschiedenen

wiederum Wertreter der

Petition unerörtert zurüd-

en Session. Weiter ihm bei Leitung der besonders den

über den Geseh-

\{on, bevor der Verstaatlihungs- die Staatsregierung aus eigener nitiative dazu übergegangen war, sogenannte freie Konferenzen Staatsbahn-Direktionen einzurichten mit dem doppelten

Austausch der Meinungen und Ansichten en, der im gegebenen Falle als der Staatseisenbahnen ihre erste a wirken, rechtfertigen möch-

sollte. Jch darf gleich die Erfahrungen, die wir mit diesen freien Kon- annt wurden, gemaht haben, im Allge- sen sind, sie haben dazu beigetragen, die Beamten in ununterbrochener Fühlung mit dem Verkehr zu er- ümlichkeiten verschiedener Verkehrsverhältnisse auf der andern Seite die Erkenntniß zu weden, daß das, was abgeschlagen, was nicht gewährt wird, dieses Schicksal nicht theoretischer oder bureaukratischer r e das {on an einer andern Stelle ausgedrückt Wollen auf der einen Seite und Können auf der andern Seite erweckt und erweitert worden. Während jenes Stadiums begann der Verstaatlichungspz0ozeß,

i t Inserate für den Deutschen Reich8- und Königl. Preuß. Staats-Anzeiger und das Central-Handel8- register nimmt an: die Königliche Exveditiou des Deutschen Reichs-Anzeigers und, Königlich Prenßischeu Staats-Anzeigers: Berlin 8W., Wilhelm-Straße Nr. 32.

—— ——— E =————-——- ————= =—- = ——————— S O e D L

Sander, geboren

Es wird ersucht,

Lodcken,

eboren am

Geschäfts-

Tebendigere zu geben, Möglichkeit Stelle zur

einzurichten, wirthschaft-

Auffassung verdankt.

und diejenigen Abgeordneten, welche dem Gedanken an \ih freundlih gesinnt waren, hielten es für nothwendig, daß ein Korrelat zu der erweiterten, wenigstens quantitativ erweiterten Machtbefugniß der Königlichen Staatsregierung geschaffen würde, eine wirthshaftliche Garantie, wie man es nannte, indem man das bis dahin auf der freien Initiative der Königlichen Staatsregierung beruhende In- stitut der Œisenbahnräthe auf einen geseßlihen Boden stelle. Auch die Staatsregierung würde, wenn sie ganz freie Hand gehabt hätte, vielleidt dem den Vorzug gegeben haben, den Weg des administrativen Verfahrens fernerhin zu beschreiten, weitere Erfahrungen abzuwarten und erst später die Einrichtung zu einer geseßlichen zu machen. Ein ähnlicher Weg is ja au be- \chritten worden in den übrigen deutschen Staaten, in welchen wir nach dem Vorgange Preußens diese Einrichtung haben ins Leben treten sehen; ih nenne Bayern, Sachsen, Württemberg und Baden. Dort ist dur landesherrliche Verordnung die Institution geschaffen, welche hier durch Gesetz fixirt werden soll. Der Wunsch, auf geseß- lichem Boden einzurihten, was bisher auf administrativem Wege geschaffen war, konnte indeß bei der Staatsregierung ernsten Be- denken nit begegnen, weil wir uns verpflichtet fühlten, in Aus- führung des großen Gedankens, mit welhem wir uns trugen, dem Lande jede irgendwie mit der verfassungsmäßigen Auto- nomie und Verantwortlichkeit der Regierung vereinbare Garantie zu geben, daß es uns voller Ernst sei, die Staatsbahnverwaltung als eine Verwaltung zur öffentlihen Wohlfahrt hinzustellen und zu leiten. Da man nun dieses Verlangen gestellt hatte, glaubten wir dem nicht widersprechen zu sollen, und zwar um so weniger, als bei vielen Freunden des Verstaatlichungsprozefses die Annahme dieser Be- dingung zur conditio sino qua non gemacht worden war. Das Königliche Staats-Ministerium ich betone das erklärte si da- mit einverstanden, und wir haben sodann, den Beschlüssen des an- dern Hauses entsprehend, denen wir zustimmen konnten, eine Bor- lage gemaht im vorigen Jahre, und in diesem Jahre wiederholt, genau angelehnt an jene Beschlüsse des andern Hauses. Das Produkt der Erwägungen und der gegenseitigen Abmachungen bildet dieser Gesetzentwurf, der nur etwas verändert vor Ihnen liegt. Wenn der Herr Vorredner bemerkt hat, es seien in diesen Entwurf einige Acnderungen hineingetragen gegen die Regierungsvorlage, ins- besondere in Bezug auf die Zusammenseßung der Bezirkseisenbahn- räthe, so sind dieselben als Verbesserungen Seitens der Regierung anerkannt worden. Die Regierung konnte ihre Vorlage eben nicht anders machen als früher mit dem anderen Hause fompro- mittirt worden. Dasselbe Ziel ist am Ende auch im gesehz- liden Wege zu erreichen, welches auf ‘administrativem Wege vielleicht leichter bätte erreicht werden können. Aber ih sehe, wie gesagt, niht ein. weshalb wir dem Wunsche widerstehen sollten, der im anderen Hause ausgesprochen worden ist, und der auch für das Land zu einer Beruhigung gereichen wird. Ob man eine große Be- geisterung für das Gesetz empfindet, von der allerdings în Ihrer Kommission nit viel zu \spüren gewesen, das ist eine andere Frage. Ich bitte Sie, lediglih zu erwägen: Jst die Vorlage zwoek- 0 bietet sie den Boden für eine gedeihliche Gnt- widckelung und giebt sie dem Lande die Garantie, daß die Staatseisenbahnverwaltung bemüht a wird, das Ziel, welches sie fic gesteckt hay die Wohlfahrt des Landes auch wirklich zu erreichen? Ich glaube, diese Frage kann man bejahen. Es ist ja ritig, daß eine gewisse Beschränkung der Autonomie der Regierung in diesem GELLGuT enthaften ist. Allein diese Beschränkung ist doch mehr cine scheinbarë als eine wirklihe, wir würden bei der großen Verwaltung, die wir zu leiten haben, doch nicht umhin können, uns vor der Entscheidung über rihtige Verkehrsfragen zu unterrichten bei denjenigen Organen und Personen, bei denen wir Urtheil über die betreffenden Fragen erwarten dürfen. Es wird uns nun hier von vornherein das Material für eine ständige Enquête geboten. Ich glaube, daß dieser Gesichtspunkt in dem Gehe auch genügend gewahrt bleibt, wenngleih die Vertretung der wirthschaftlichen Interessen in die Hände von ständigen Mitgliedern gelegt ist. Bei den gegen- wärtigen freien Konkurrenzen findet zwar eine Vertretung je nach dem Gegenstande statt, der auf der Tagesordnung steht ; handelt es si um Fragen der Eisenindustrie, so sind in der Regel deren Interessenten erschienen ; handelt es sib um landwirthschaftliche, forstwirthschaftliche oder um Interessen, z. B. der Zuckerindustrie, so jind sachverständige aus diesen Kreisen aufgetreten. Ich glaube aber, daß es nit so {wer sein wird für die ständigen Vertreter, sich diejenigen íúInfor- mationen zu verschaffen, die für die Wahrnehmung der besonderen Gesictspunkte, die in der Konferenz zur Sprache kommen, nothwendig sein werden. : Dann hat der Herr Vorredner Anstoß daran genommen, daß in dem 8. 10 eine Vertretung der übrigen Staatsressorts, des Finanz» Ministeriums, der Landwirthsbaft und des Handels-Ministeriums vor- gesehen sei und damit cine Verschiebung der Verantwortlichkeit des Eisenbaha-Ministers bewirkt werden könne. Ich gestatte mir indeß,

2.

darauf aufmerksam zu machen, daß nach §. 10 sub b. die Vertreter der speziellen Interessen nit Staatsbeamte, nicht gewissermaßen Kommissa- rien der betreffenden Minister sein sollen. : i für die Entscheidung bleibt einzig und allein dem Minister der öffentlihen Arbeiten. Das aus §. 19 entnommene Bedenken, wo geschrieben ift, es sollen die Verhandlungen des LandeZeisenbahn- raths dem Landtage vorgelegt werden —, daß | 1 einen sehr diden Band ausfüllen und eigentlich nußlos nur über vergangene Dinge berihten würden, dies Bedenken theile ich nicht. Fch glaube, es i für das Verständniß der Berichte, die wir der Landesvertretung vorlegen müssen über die Schritte, welche gethan und welche wir vorhaben für die Etatisirung der Einnahmen, von Wichtigkeit, zu sehen, welche Vorgänge dabei mitgewirkt haben. Das Verständniß wird jedenfalls 4-fördert werden und ih fürchte nit, daß diese Verhandlungen die befürchtete Weitläufigkeit gewinnen werden.

Die Verantwortung

diese Verhandlungen

Der §8. 20, der ein Novum bildet gegen das Kompromiß mit

dem anderen Hause, ist von einer Seite gelobt, von anderer getadelt worden. Die Staatsregierung verhehlt nit, daß sie gegen diesen Paragraphen nach einer gewissen Richtung hin Bedenken hat, Be- denken insofern, als der Paragraph wenigstens formell die Autonomie der Staatsregierung einshränkt und wir grundsäßlih gern daran fest-

halten möchten, daß eine Beschränkung der Autonomie der Staats- regierung auf dem Gebiete des Cisenbahnwesens nur zu Gunsten des Reichs eintreten sollte. Außerdem ist dieser Paragraph an sich kaum nöthig. Für die Verschiebungen, welche si nöthig machen im Laufe der Entwickelung der Verhältnisse, läßt er naturnothwendig freie Hand. Der verfassungsmäßigen Ein- wirkung des Reichs ist voller Spielraum gelassen und wenn die Re- gierung dazu übergehen wollte, allgemeine Erhöhungen des Vüter- tarifs vorzunehmen, dann würde sie ja do eben so gewiß der A stimmung der Landesvertretung in der einen oder anderen Weise si versichern, wie dies im Jahre 1877 geshehen. I meine also, aus diesem Gesichtspunkte würde der Paragraph überflüssig sein. Auf die Geschichte der Tariferhöhungen von 1874 möchte ih hier nit eingehen, gewiß ist, daß sie im Lande sehr tief und bitter empfunden worden sind und daß was man auch darüber sagen mag jene Maßregel, zu jener Zeit vorgenommen, keine glückliche war. Der Tendenz der Politik der Regierung würde es entsprechen, selbst in finanziellen Kalamitäten, vor denen uns Gott bewahren wolle, den Verkehr des Landes lieber nicht zu belasten, sondern, wenn erforderlih, auf anderem Wege für die finanziellen Interessen des Landes zu sorgen. Sedenfalls kann die Regierung nit daran denken, eine solche große \chwer wiegende Maßregel vorzunehmen, ohne der Zustimmung der Landesvertretung und verfassungsmäßig auch des Reiches sicher zu sein. Wir würden ja mit dem Grundgedanken, von dem unsere ganze Eisenbahnverwaltung beherrscht ist, in den \hreiendsten Wider- spruch gerathen. Aus diesem Gesichtspunkte und so gedacht, können wir den Paragraphen zwar für überflüssig und nicht unbe- den kli halten, aber er ist nach unserer Auffassung nicht geeignet, das ganze Geseß unannehmbar zu machen.

Es ist dann noch, um das gleich vorweg zu nehmen, zn dem 8, 8 von Seiten Ihrer Kommission ein Vorshlag gemacht worden, wonach außer den Vertretern anderer Eisenbahnverwaltungen und Staatsbehörden auch noch die Vertreter von Reichsbehörden hinzu-

ezogen werden können. Ih würde mir die Bitte erlauben, diesem

Antrage nit zuzustimmen und zwar aus dem einfachen Grunde, weil unter den Staatsbehörden auch die Reihsbehörden zu subintelligiren sind. Außerdem if jene Anordnung ja nur eine fakultative, die eigentlih mehr in die Ausführungsinstruktion hinein- Es heißt: den Sitzungen des Bezirkseisenbahnrathes fönnen auf Ginladung des Präsidenten der Eisenbahndirektion auch Vertreter anderer Behörden beiwohnen. Es bedarf also nur einer Anweisung an die betreffenden Präsidenten in den gegebenen Fällen, au die Vertreter der betreffenden Reichsressorts mit einzu- [ladenz von solhen Reichsressorts könnten in Betracht kommen : Post- und Telegraphenverwaltung, vielleiht auch die _Zollver- waltung ; die Militärverwaltung, die wir ja als eine preußische be- traten dürfen, ist ohnehin durch den Wortlaut des Paragraphen vollständig gedeckt. Es würde also nicht nothwendig sein, dieses ge ringfügigen, im Wege der Instruktion ebenso wirksam durchzuführen- den Wunsches wegen den Gesetzentwurf noch einmal an das andere Haus zurückzugeben. Ich bitte also, wenn sonst keine Aenderungen des Geseßes beliebt werden, dem Antrage der Kommission in diesem Punkte nicht zuzustimmen. : 42A

Meine Herren, ih {ließe meinen Vortrag, indem ih Sie bitte, die Vorlage aus dem Gesichtspunkte zu betrachten, daß die Staats- regierung ihrerseits den Wunsch hat, au bei oe! p elegenheit zu bethätigen, wie sie ihre ganze Staatseisenbahnpolitik aus dem Gesichts- punkte der Förderung der öffentliben Wohlfahrt zu leiten gewillt und daß sie bereit ist, auch in dieser Vorlage ein Pfand dafür zu geben, daß es ihr voller Ernst ist mit der Erfüllung dieses Borsatzes.

gehört.

1, Steckbriefe und Untersuchunge-Sachen, 2, Snbhbastationen, Aufgebote, Vorladnugen u. dergl.

Deffentlicher Anzeiger.

| 5, Indusetrielle Etabliasements, und Grosahandel.

3. Verkünfe, Verpachtungen, Submissionen etc.| 7. Literarische Anzeigen,

4. Verloosung, Amortisation, Zinezahlung | 8, Theater-Anzeigen. Fm der Börsen- u. 9. w. von öffentlichen Papieren.

GSteckbriefe und Untersuchungs - Sachen. Alter S Jahre, Größe d m Ds am, Mas [21277] i 2 nittel, Haare blond, irn gewölbt, Va ) Steckbrief. Gegen die untenbescriebene unverehe- Gucabait, Augenbrauen blond, Augen blau, Nase

in der Mitte etwas gebogen, Mund gewöhnlich, rbe gesund, Sprache deutsch. Kleidung unbekannt.

Steckbrief.

11/12, abzuliefern.

Steckbrief. Gegen den unten beschriebenen Han- | Der Untersuchungsriter bei dem Königlichen Land- N richte I. Goey. Beschreibung: Alter 41 Jahre, | brief wird hiermit erneuert. Paul Gleynider Heinri Sao, ZB, 1e 1840, Geburtsort Bedburg, | 4. Mai 1882, Königliche Staatsanwaltschaft.

rauen dunkel, Zähne vollständig, Gesichtsbildun

99

| 9, Familien-Nachrichten.

| §3, Verschiedene Bekanntmachungen.

Interate nehmen an: die Annoncen-Expeditionen des „Juvalideuvank“, Rudolf Mosse, Haasenstein & Vogler, G. L. Daube & Co., E. Schlotte Büttner & Winter, sowie alle übrigen größeren Annonucen-Bureaux.

Fabriken

beilags. M e

m D

Steckbrief.

Amtgeriht. Beschreibung :

Gegen den unten beschriebenen Nase gewöhnli, Mund

betrügliden Bankerutts und | [21267

üheren Hülfsarbeiter

August Haare blond, Steckbrief.

Gestalt \ch{lank. | Gaels aus Hinterpommern ist

mann kleine weiße Fleckchen (sogenannte Mohn-

Der in Ne. 160

—————————————_— E _ =—

Signalement: Name: angeblich Emilie Gaels,

Gegen die unten beschriebene unverehelihte | Alter : ca. 20 Jahre, Statur: groß, stark, Gesicht: Auguste Maric Graßmann aus Ziesar, welche | voll, rund, Gesichtsfarbe: gesund, Augen : lau, sich verborgen hält, ist die Untersuhungshaft wegen | Nase : Stumpfnase, Haace: as{blond, äbne vollständig, Kinn rund, Gesicht oval, Gesichts- | Diebstahls verhängt. Es wird ersucht, dieselbe zu gekämmt. verhaften und in das hiesige Gerichtsgefängniß ab- , | d zuliefern. Genthin, den 5. Mai L, Königliches punktirter Kattunjacke, braunem mit weiß und Alter 21 Statur \{lank, Haare dunkelblond, Augen grau, ecwöhnli.

intenüber- G. war bekleidet mit blauer, geblümter und roth-

Jahre, | ziegelrothen dünnen Streifen versehenen Wollrock, Leaunein Strobhut, Schnürshuhen und weißer Besondere | Scbürze. Neubrandenburg, den 6. Mai 1882, Großh. Amtsanwaltschaft. Brehms.

Steckbrief. Werner, Iohann, Jäger der

abern i. Elsaß, geboren am 25. Mai 1857 zu Aldringen, E Malmedy, MRe terungbenrt

e, und sind gewöhnli, Haare {warz, kurz ehaltener \{warzer Vollbart, Bare Schuster.

rselbe hat sich am 1, Mai cr., Morgens, ohne Erlaubniß aus der hiesigen Garnison en und ist bis beute nicht wieder hierher rt, so

Gegen die unverchelichte angebliche Emilie | daß der Verdacht der Desertion vorli A.

Unters{l hat Königlichen Montirungs 1 Waffen aft Vi i Ee rod C Sond. 1 Tuchbose 4. 1 Hals- Garnitur, 1 Feldmüye 4.

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