seßen. bin daß die Weiterentwicklung des Taback- A die vagiaigere der und der Mile Verkehr der Tabackbauer und der verwa dazu führen wird, daß unser heimisher Taback in qrô Umfange benußt werden kann, als bis jeßt. Daß thatsählich schon bisher, viel mehr deutscher Taback geraucht worden ift, als man na der Star bisher ge- glaubt hatte, darauf werde ih später noch zu sprechen kommen.
Meine Herren, eine weitere Garantie, die der Herr Vorredner entshieden unterschäßt, ist die Möglichkeit der Ausfuhr. Diese ist insbesondere deshalb eine sehr wihtige Garantie, weil Seitens der Se dele hu eine für die Pflanzer hochwitige Konzession gemadt ist, die in den Kreisen der Tabackbauer wohl beachtet zu werden verdient. Es \oll nah der Vorlage jedem Tabackpflanzer, der nit zufrieden ist mit der Klassifikation feiner Waare durch die
Negie, gestattet sein, das Produkt auch dann noch auszuführen, wenn er es ursprünglich als für die Regie gebaut deklarirt hat. Das ist eine eminent wichtige Konzession, welche dem Tabackpflanzer die rih- tige Vergeltung seines Aufwandes an Mühe, also einen gehörigen Preis seiner Waare mit Nothwendigkeit sichert.
__ Meine Herren! Ea der Herr Vorredner bei der Gelegenheit die Bedeutung der bisher gen Ausfuhr etwas zu hoh veranschlagt hat, möchte ih, da er seinerseits Zahlen genannt hat, dies nebenbei ein- fleten. Wenn ich nicht irre, sprach der Herr Vorredner von 400000 Ctr. jährlide Ausfuhr, während nach dem neunjährigen Dur{scnitt 1871/80 nur 140 000 Ctr. in Frage sind — doch ein großer Unterschied.
erner hat der Herr Vorredner die Hypothese aufgestellt: ja, bei dem usfuhrhandel, der jeßt kommt, wird kein Pflanzer den Tabak bauen, den er ausführen will, wenn er nit vorher einen Händler hat, der ihn den Taback abkauft. Jch sehe niht ein, wenn die Be- fürctungen, niht ausführen oder überhaupt verkaufen zu können, \o dominirend wären, warum schon jeßt die Pflanzer, au wenn sie niht vorher Händler haben, bauen. Unter den Bestimmungen des Mono- polgeseßes wird fi eine ganz regelrechte Ausfuhr in den Bezirken erhalten, in denen die Ausfuhr von Taback bisher eine bedeutende Rolle gespielt hat, und es werden sich die Handelsmänner, welche diese Ausfuhr gern ihrerseits unter Annahme eines entsprechenden Profits unterstüßen, au zu rechter Zeit dazu einfinden.
Der Hr. Vorredner kam dann ferner auf die Entschädigungsfrage zu sprechen, und hat sih da insbesondere mit den vermeintlich arbeits- los werdenden Personen beschäftigt. Auch hier hat er in der Zahl do erheblih hoch gegriffen. Nah der Enquete sind es nicht ganz 100000 Arbeiter, die in Frage kommen, und er will gleihwohl, ob- wohl ja inzwischen Veränderungen im Arbeiterstand na der Richtung der Erhöhung anerkanntermaßen nicht eingetreten sind, wenigstens 40 000 Personen arbeitslos werden lassen. Meine Herren, ih kann nach den Absichten der Reichsregierung, wie sie in diesem Mo- pol ihren Ausdruck finden, nur sagen, daß diese Zahl sehr über- [chäßt ist. Es läßt sih darüber streiten, wie groß die Zahl Derjenigen ist, die in der Tabackindustrie als Arbeiter zur Zeit thätig sind. Ganz bestimmt weiß das Niemand, aber das wissen wir, daß die Absiht ist, im Wesentlichen Alle, die vorhanden sind, mit sehr wenigen Aus- nahmen in der Staatsindustrie zu beschäftigen und zwar auch môg- lichst ähnlih in den Formen, wie jeßt die Beschäftigung stattfindet.
Nun kam der Herr Vorredner auch speziell auf die Cigarren zu sprechen und das is ja ganz gewiß von Seiten der Reichsregierung eben so gut anerkannt, E die Cigarre bei dem deutshen Monopol die Hauptrolle spielen wird. Jch komme auf die Frage der Preis- bestimmung, speziell auf die Fünfpfennigcigarre, die auch der Herr Vorredner hervorgehoben hat und die au {hon zu einer literarischen Bedeutung gelangt e später noch des eingehenderen zu \prechen. Ich möchte nur hier hervorheben, daß der Herr Vorredner von der unzutreffenden Ansicht auszugehen scheint, als sollten in jeder Monopol- fabrik alle Sorten hergestellt werden. Ja, meine Herren, wenn das der Fall wäre, dann, gebe ih zu, wäre es \{wierig, die volle Gleich- mäßigkeit der einzelnen Sorten im ganzen Gebiet aufre{cht zu erhalten. Daran wird aber nicht gedacht, sondern man wird im Wesentlichen Arbeitstheilung auh nah Sorten eintreten lassen und damit die mög- liste Gleichartigkeit der Fabrikate sichern.
Es ift ganz richtig, was der Herr Vorredner sagte, der Cigarren- genuß ist der Nation anerzogen. Das ist aber eben eine sehr günstige Bedingung, unter welcher das deutshe Monopol jeßt ins Leben tritt, daß sie auf den bereits vorhandenen Genuß trifft und dies für die Zwecke utilisiren kann. Wenn so leit ein Cigarrenraucher sich von der Cigarre abwendig machen ließe, wie der Herr Vorredner anzunehmen scheint, meine Herren, so wundere ih mi, daß niht schon jeßt unter der freien Industrie schr viele von der Cigarre ohne Weiteres zum Rauchtaback übergegangen sind. Der war ja au billig, meine Herren. Ferner, daß derjenige, der cine Zeit lang eine Cigarre gerauht hat, die ihm geschmeckt hat, auf eine andere stieß, die ihm nicht s{meckt, ist doch auch {on vorgekommen, daß aber die Leute dann zum Rauchtaback übergehen und nicht bei der Cigarre bleiben, ist mir neu.
Der Herr Vorredner kam dann auf die Erfahrungen der Reisen- den an der Grenze zu sprechen und hob bervor, daß einige Stationen vor der Grenze immer gefragt würde, wie viel Cigarren man nah Oesterreich oder Frankreich eins{muggeln könne. Gut, es mag sein, daß das stattfindet, aber, meine Herren, ih muß dem widersprechen, daß das umgekehrt nit der Fall wäre. Die Franzosen und Oester- reicher nehmen sich au die Cigarren, die sie gewohnt sind, mit über die Grenze. Und fo ist in Bezug auf die Bewegung über die Grenze nah Außen manches nicht ohne Interesse. Da kommt oft ein so harmloser Deutsher nach Oesterreich und wird dann geheimnißvoll vom Kellner angesprochen, ob er niht eine ges{muggelte Cigarre kaufen wolle. Der Mann glaubt dabei beser wegzukommen, er nimmt die Cigarre und hat sich für theures Geld eine österreichische Regiecigarre gekauft. / :
Meine Herren! Der Herr Vorredner kam dann auf die Detail- händler zu sprehen und hat, glaube i, deren Bedeutung für den Absatz der Fabrikate doch übershäßt. Meine Herren, ih nehme denn doch an, daß der weitaus überwiegende, ja nahezu volle Konsum von Raucbtabacken und Cigarren fo stattfindet, daß derjenige, der nah dem Genusse strebt, der Versuchung, ihn zu verwirklichen, niht mehr widerstehen kann nach seinem innern Antriebe, daß aber das Zureden der Tabackhändler dabei verhältnißmäßig eine untergeordnete Rolle spielt. Es mag das Zureden manchmal helfen, daß Jemand eine Cigarre kauft zu cinem andern Preise, als er sie zu kaufen brauct. Aber daß Jemand am Tabackgenuß zu partizipiren, durch das Zureden cines einzelnen Materialwaarenhändlers beeinflußt wird, das glaube ih nit. Es kommt in der Regel Jeder mit der festen Absicht in den Laden, dieses oder jenes zu erwerben, und faßt nicht erst gelegent- lich bei einem Glas Branntwein — wie der Herr Vorredner be- merkte — auch den Entschluß, sich eine Cigarre zu kaufen. Daß die Thôtigkeit der Verscbleißer thatsächliÞch von wesentlicher Bedeutung für den Konsum ist, nehme ih nicht an, und wenn das Zureden wirklich cine Rolle spielt, in den künftigen Verscleiß stellen der Monopolverwaltung kann au zugeredet werden. Also ih sehe nit ein, welcher Unterschied zwischen der freien Jn- dustrie und der Monopolverwaltung besteht. f
Der Herr Vorredner hat in sehr drastisher Weise den Sah aus- gesprochen: das Monopol wird gar nichts bringen, hat aber dann, einigermaßen ers{üttert von der Schärfe des Ausdrucks, nachträglich gesagt, er wolle niht übertreiben, hat aber ganz besonders an den Regierungstisch die Anforderung gestellt, man folle auf die Ver- sprehungen verzichten, wenn man überhaupt die Erträge von dem Monopol haben will, die in der Vorlage enthalten sind. Meine Herren, von Versprechungen im wörtlihen Sinne is wohl in der Vorlage nichts zu entdecken, sondern nur von Voraussetzungen, unter welchen die erwarteten Erträge des Monopols sih ergeben würden. Diese Voraussetzungen werden im Einzelnen diskutirt werden, und es wird sih dann zeigen, ob da oder dort etwas zuzuthun oder wegzu- nehmen ift, und es wird si dann \{licßlich die Gestaltung des ganzen Monopolprojekts ergeben. Aber daß die Absicht bestehe, mit Ver- sprehungen, von deren illovaler Weise man überzeugt sei, vorzugehen, dem muß ih auf das Entschiedenste entgegentreten. — Von „illoyalem
Phantom* war die Rede, und das if dem Ausdrucke einigermaßen verwandt, den ih die Ehre gui poTas zu gebrauchen.
Meine L Der Herr Vorredner kam endlih auf eine lite-
rarishe Darstellun ju sprechen, in welcher E ist, daß der Gewinn, der bisher den Privatfabrikanten und Privathändlern zu- fiel, in Fraue dem Staate zufallen wird. Ganz dasselbe können Sie auc in den Motiven der Monopolvorlage selbst lesen. Es ist nur der Unterschied, daß das nicht der Ausgangspunkt der ganzen Aktion ist, das ift, sih des bisherigen Gewinnes zu emächtigen, son- dern daß man nothgedrungen zu diesem Resultate dadur kommt, daß eben das Monopol die einzig richtige und ausgiebige Besteuerungs- form des Tabackes ist. Weil mit keiner anderen Form der Taback- befteuerung irgendwie Erklecklihes vom Taback geleistet werden kann, muß man zur Monopolform greifen, und kommt dann allerdings \{ließlich zu dem Resultate, daß der Gewinn, der bisher Privaten zufiel, nunmehr dem Staate gehört.
Endlich hat der Herr Vorredner mit einem warmen Appell an alle Diejenigen, die gegen die Sache sind, ges{lossen, daß die Ge- legenheit zu redlihem Erwerb vielen genommen werde. Meine Herren, das ist einmal, wenn man es analysirt auf die Zahl derer, die thatsächlih betheiligt sind, dem Quantum nach nicht so bedeutend, wie es vielfach geschildert wird, und sodann sind noch zwei Umstände zu beachten: Erstens ist von vielen Seiten, früher wenigstens, die E. vertreten wordèn, es sei nicht das höchste Ideal im Wirth- \chaftsleben eines Volkes, wenn auf überflüssigen Zwischenhandel auf dem Gebiete des Getränke- und Tabackvershleißes ganz enorme Arbeitskräfte der Nation vergeudet werden. Ein anderer Gesichts- punkt ist der, daß man die thatsählihe Bedeutung des Aufsuchens neuer Arbeitsquellen durch einige Tausende, die aus dem bisherigen Grwerbe hinauskommen, übershäßt. Man geht da ge- wissermaßen von der falshen Voraussezung aus, als ob die Gesammtheit der im Erwerbe thätigen unershütterlih feststehe, und nun als etwas Unerhörtes einige tausend neue dazu kämen. Meine Herren, so ist die Sache niht. Wir wissen aus der Bevölkerungsstatistik, daß der jährlihe Uebershuß der Geburten über die Sterbefälle eine halbe Million beträgt. Einige Hunderttausend Menschen haben jährlih ganz dieselbe Aufgabe wie diejenigen, die jeßt aus ihrem Erwerbe heraustreten sollen. (Widerspru links.) — Ja wohl, meine Herren, die Nothwendigkeit der Berufswahl, die Noth- wendigkeit, eine Erwerbsquelle zu finden, ist ein Ding, das täglich für Hunderte im Reiche sih ergiebt, und die durhaus nihts Neues und Unerhörtes ist.
Meine Herren, ih komme nun auf den Antrag der Herren Aus- feld und Genossen, beziehungsweise die Begründung desselben durch den Hrn. Abg. Sandtmann. Ich habe zunächst zu konstatiren, daß meines Erachtens sowohl der Antrag als insbesondere die Art der Begründung desselben durch den Herrn Abgeordneten auf das ent\ciedenste für die Nichtigkeit der Monopolidee spriht. Hr. Sandtmann hat anz ausdrüdcklich hervorgehoben, — und im Antrage findet das seinen
usdruck, — daß mit keiner anderen Steuerform vom Taback irgend mehr erhoben werden kann, als jeßt der Fall ist, und die Ueber- zeugung ist allerdings in weiteren Kreisen verbreitet, daß das deutsche Volk auf die Dauer nach den finanziellen Bedürfnissen von Reich und Staat mit einer Mark vom Taback per Kopf der Bevölkerung nit genug haben kann. Wenn die Herren ausdrücklich und feierlich bestätigen, daß man das mit einer anderen Steuerform nit kann, daß man dann zum Monopol greifen muß, so ist dies eine wesentliche Unterstüßung der Monopolidee.
Meine Herren, in werde in möglichster Kürze die einzelnen Ein- wendungen des Hrn. Sandtmann noch kurz durchzugehen versuchen. Meine Herren, er hat au gegenüber dem Landwirth die große Be- deutung der Konkurrenz hervorgehoben und angenommen, die Kon- kurrenz werde dem Landwirth immer die besten Preise sichern. Jch kann Ihnen nur sagen, daß die Erfahrung der neuesten Zeit den Landmann eines besseren belehrt hat und daß die hypothetishe und theoretishe Annahme über den Nutzen der freien Konkurrenz ihm nicht N bietet für den Schaden, den er in der Praxis bei der Sache erlitten hat.
Meine Herren, was die politishen Folgen betrifft, so ist bereits zu Eingang der Erörterungen hervorgehoben worden, daß man doch die Bedeutung der Beeinflussung, die von Staats wegen erfolgen könnte auf die Funktionäre des Staates und des Reiches, sehr wesentlich übershäßt. Jedenfalls aber is dafür gesorgt, daß jeder Versuch einer derartigen Beeinflussung eine viel \{härfere Kritik und eine ständigere Verfolgung von Seiten der parlamentarischen Körper- schaften findet, als sie bei privater Beeinflussung möglich ist.
Meine Herren, man hat dann Ausdruck gegeben der Furcht vor weiterer Verstaatlichung und gesagt, wenn man einmal die Taba- industrie verstaatlihl, weiß Gott, was man, dann später noch ver- staatlicht, welcher Appetit, sagte man sih dann noch nach dem Gewinn anderer Industrien entwickeln wird. Dabei wird vergessen, daß in diesem Falle doch die Verstaatlichung nicht Selbstzweck ist, sondern daß hier nur die Verstaatlichung gewählt is und gewählt werden muß, weil die Monopolisirung allein die beste und rictigste Steuerform gestattet. Ueberdies, meine Herren, ist ja doch das Tabackmonopol wirkli keine neue Erfindung, vor der man deshalb Furcht haben könnte, daß sie bedenkliche Konsequenzen nah sich zieht. Es besteht {on seit Jahr- zehnten in anderen Ländern und hat dort nicht zu den Konsequenzen geführt, die man nun von demselben zu befürchten anfängt.
Meine Herren, was die Unzulässigkeit der Vergleichungen mit den im Jahre 1871 gewährten Unterstützungen betrifft, so hat der Hr. Abg. Sandtmann dieselben erstreckt auch auf die Hauptindustrie des Tabadcks. Meine Herren, das ist wohl nit völlig zutreffend. Meines Wissens ist die Vergleihung zunächst nur angestellt bezüglich derjenigen, die indirekt von der Einführung des Monopols betroffen werden, weniger bezüglich derjenigen, die direkt betroffen werden. Bezüglich dieser ist ausdrücklich ein Entschädigungsanspruh aus Billigkeitsrücksichten anerkannt.
Meine Herren , der Herr Abgeordnete Sandtmann kam auf die Enquete von 1878 zu sprechen und hat gesagt, sie sei niht ganz und voll in ihrer Bedeutung gewürdigt worden. Meine Herren, ih glaube, die Ausarbeitungen in den Motiven sprechen dafür, daß das thatsäch- lih der Fall ift, daß aber allerdings daran korrigirt worden ift, inso- weit die seitdem vorliegenden Erfahrungen uns eines Besseren belehrt haben. Einfach auf den Erfahrungen von 1878 \tehen bleiben und das ignoriren zu wollen, was seitdem an Erfahrungen vorliegt, das hätte doch dein Gesetzgeber niht wohl angestanden. — Mein Herren ! auch Herr Sandtmann nimmt an, die Preise der Fabrikate wolle man wesentlih erhöhen. Wie \{on erwähnt, ist das für absehbare Zeiten nicht zutreffend und wie dies eventuell nach der absehbaren Zeit werden würde, darüber jeßt zu entscheiden, ist ganz gewiß kein Anlaß gegeben. E
Meine Herren, Herr Sandtmann kam zu sprechen auch speziell auf die Hülfsindustrien der Tabackindustrie und hat bei der Gelegen- heit auch seinerseits \sih bekannt zu den 20 Millionen Jahresums{lag dieser Hülfsindustrien. Zum S{lusse meiner Betrachtungen will ih noch auf diese 20 Millionen zurückommen.
Meine Herren ! Dann hat der Herr Abgeordnete Sandtmann mit voller Emphase auch in Beziehung auf die Hansestädte betont, der ganze deutshe Handel komme in Frage, nicht etwa bloß der Tabackhandel werde geschädigt, sondern der ganze deutsce Handel stehe in Frage. Meine Herren, auch die Reichsregierung ist voller Sympathie, wie dies {hon in den einleitenden Worten hervorgehoben worden ist, für die Interessen der Zollauss{lüsse und, soweit diese im Gesche jeßt Berücksichtigung finden konnten, ist es prinzipiell aud im Gesetze angedeutet. Aber, meine Herren, wenn man inder Uebertreibung der Sache — so darf ih es wohl be- zeichnen — so weit geht, daß man sagt, der ganze deutsche Handel wird nun zerstört, wenn der Taback — wenn der Tabackhandel etwas alterirt wird in den Zollauss{lüfsen, so darf ih wohl auch daran erinnern, wie der Tabackhandel überhaupt entstanden ist, Meine Herren, eine sehr interessante Darstellung darüber is in der Taback- enquete gegeben. Dort hat ein sehr fachverständiger Mann, Hr. Nebelthau in Band I. Anlage VII. Seite 2 der Tabackenquete ganz deutli auseinandergeseßt, wie überhaupt der Bremer Tabackhandel
entstanden ist. Meine Herren, er hat dort gesagi: der Tabackhandel ist eine Folge der Auswandererbeförderung fiber Bremen nach Nord- amerifa, sobald die Audwandermg nach Nordamerika über Bremen ch günstig gestaltet hatte, konnte man als Rückfracht den Taback E. “na bekommen. So hat si allmählich der Tabackthandel en k
Meine Herren, wer hat den Tabackhandel also thatsäblic ge- {afen ? Das Hinterland hat ihn geshaffen und Bremen hat E pelten Profit genommen: erstens von der Auswandererbeförderung und zweitens von dem damit begründeten Tabackhandel. — Ja, meine Herren, derselbe Herr, den ih hier angeführt habe, sagt dabei in meines Erachtens recht charakteristisher Weise:
In Folge dieses erfreulichen Verhältnisses, daß da immer viele Menschen exportirt werden konnten und viel Taback herübergeführt werden Fonnte, hat sih inzwischen die Kapitalansammlung in Bre- ves in Snitiger Weise entwickelt. (Zuruf links: Ist dagegen etwas zu sagen _ Meine Herren, ih habe das nur angeführt, um gegenüber den
weitgehenden Uebertreibungen, die ih vernommen habe, — ih hätte sonst auf diese Thatsache niht rekurrirt, — denn - doch auch daran zu erinnern, wie ein konkreter Handelszweig entstanden ist, und möge man sih auch dessen bewußt sein, daß naturnothwendig im Handel auch Wandel eintritt. Es kann nicht der Handel eines bestimmten Landes Peter werden auf gewisse Artikel, es wird je nah Zeit- läufen, je nah der wirthschaf\tlichen Entwikelung, je nah der politi- {en Gestaltung einmal der Artikel, ein anderes Mal ein anderer Artikel in den Vordergrund treten. Manchmal kommt au ein Glücksfall dazu. Meine Herren, daß das Petroleum in Amerika fließt, niht in Deutschland, das is ein Glück für Bremen, das Bre- men ganz gern acceptirt. Nun wird nach der anderen Seite hin auch nicht verlangt werden können, daß unbedingt alle politischen und wirthschaftlihen Vorausseßungen so bleiben müssen, daß die kommer- ziellen Konstellationen immer die günstigsten find.
Meine Herren, der Hr. Abg. Sandtmann kam dann auf die Berechnung des Ertrages des Monopols zu \prechen und sagte, es sei in den Motiven davon die Rede, daß die Erfahrungen der Straß- burger Tabackmanufaktur wesentlih maßgebend gewesen seien. Meine Herren, das ist allerdings zum Theil richtig; aber es sind nicht aus\chließlich die Erfahrungen der Tabackmanufaktur maßgebend gewesen. Jch begreife aber eigentli nit, wie der Herr Abgeordnete von seinem Standpunkte aus auf die Auffassung kommen konnte, daß die Ergebnisse der Straßburger Manufaktur maßgebend gewesen seien, Meine Herren, er hat nämli, ohne die Bilanzen zu kennen, was er selbst zugiebt, gesagt, da würde ungünstig gearbeitet, die Er- fahrungen seien keine erfreulichen. Meine Herren, wenn man solche Erfahrungen wie sie der A Abgeordnete unterstellt, zu Grunde gelegt hätte, hätte man do die 163 Millionen gewiß nicht heraus-
ebracht. Die Annahme, die der Herr Abgeordnete gemacht hat, Aunmnt mit seiner eigenen Behauptung über die Betriebsergebnisse der Straßburger Manufaktur nicht überein.
Meine Herren, der Hr. Abg. Sandtmann kam dann weiter zu sprechen auf die Angriffe, welche die Rentabilitätsberechnung aus verschiedenen oppositionellen E gefunden hat. Meine Herren, das Rezept für diese Angriffe ist sehr einfah: man \{lägt überall etwas Tüchtiges zu den Ausgaben der Regie hinzu und von den Cinnahmen zieht man etwas ganz Tüchtiges ab, dann ist man sehr bald dabei, daß die Regie gar nichts trägt. Die einzige Grenze dieses Abziehens und Zuschlagens liegt nur darin, daß nicht ohne Weiteres ein Minus kommt, insofern man nämlich den Vergleich mit der Privatindustrie doch nicht ganz vermeiden kann. Mehrere der Herren, die aus oppositionellen Kreisen unsere Renta- bilitätsberechnungen angreifen, haben eigentlich — wenn man es be- nußen wollte, man thut es aber nicht — ein re{cht bedenkliches Ma- terial zu der GCntschädigungsfrage geliefert, Wenn man nämli den Ansäten der Leute glauben wollte, dann könnte die jeßige Tabak- industrie überhaupt nichts verdienen und würde also für sie das Monopol als Erlösung aus einem bedauerlichen Zustande anzusehen sein. (Widerspruh.) Ja, dahin kommt man mit Uebertreibungen, und ih werde hierfür ein glänzendes Beispiel am Schlusse meiner Ausführungen noch zu bringen haben.
Die einzelnen Punkte, bezüglich deren eine Kritik ‘au von dem Hrn. Abg. Sandtmann in Uebereinstimmung mit den oppositionellen Sahkreisen erhoben worden is, will ih hier im Plenum nicht fkritisiren, ich nehme an, daß darüber zweckmäßiger, wie auch der Hr. Staatssekretär Scholz \{chon hervor- gehoben hat, in der Kommissionsberathung \ich Näheres ergeben wird und ich erkläre, daß ih mit dem größten Interesse und vollster Theilnahme auf die Diskussion eines jeden einzelnen Punktes der Auseinandersetßzungen des Hrn. Abg. Sandtmann eingehen werde. Aber eines, meine Herren, muß ich allerdings noch hier im Plenum thun, ih muß noch gegenüber den einzelnen Beanstanvungen der Rentabilicätsberechnung doch in großen Zügen zeigen, wie sib die Rentabilitätsberechnung der Motive als vollkommen berechtigt und die Probe bestehend darstellt.
Meine Herren! Jch habe in dieser Richtung vor allen Dingen zu betonen, daß die Menge der Fabrikate schr vorsihtig veranschlagt is. Meine Herren! Aus den Motiven der Vorlage ist zu ent- nehmen, daß die Menge der Fabrikate um ungefähr 10 %% niedriger veranschlagt ift, als die statistishen Erhebungen durch die Enquete- kommission für das Jahr 1877 ergeben haben. « Meine Herren! Das Jahr 1877 ift häufig als ein abnormes bezeichnet worden, indem be- sonders viel fabrizirt worden sei, also als ein Jahr, das man nicht zur Grundlage der Berechnung nehmen dürfe. Das ift ganz und gar nicht der Fall und kann aus den Erhebungen der Enquetekommission selbft bewiesen werden. Es war nicht mögli, in der Enquetekommission die Gesammtfabrikation für die drei Jahre 1875, 1876 und 1877 vollständig zu erheben, insbesondere nicht diejenige, die außerhalb des Betriebs mit Gehülfen stattfindet, wie ja überhaupt, was ich bier einshalten will, die Enquetekommission selbst zugiebt, daß die ganze Erhebung unvollständig war. Und wenn weiter von einer Seite be- tont wurde, die Fabrikanten seien damals unter dem Eindruck der Monopolfurcht gestanden, so glaube ib, das war nit der Fall. Nach der Behandlung der Vorlage der Engquetekommission im Reichs- tage und nach Ablehnung jener Fragen, die speziell auf die Monopol- einführung Bezug hatten, war nicht die Monopolfur{t im Lande, aber die allgemeine Steuerfurcht bei jedem Interessenten geblieben, und meine Ueberzeugung ist deshalb die, daß die Fabrikanten, die niht wußten, ob das Monopol, oder eine Fabrikatsteuer, oder eine Gewichtsteuer kommt, die aber sehr wohl wußten, daß es im Lande einen Fiskus giebt, der Gewerbe- und Einkommensteuer erhebt, sich sehr in Acht nahmen, zu hoh ihre Fabrikationsquanten anzugeben, woraus Slüsse auf das Maß ihres Einkommens hätten gezogen werden können. Wenn irgend eine Hypothese aufzustellen wäre, wie das der Hr. Abg. Sandtmann gethan hat, fo ist die Hypothese, daß die Fa- brikanten zu wenig angegeben haben, nicht zu viel, berechtigt, und das stimmt auch mit der Bemerkung, daß die Erhebung unvollständig ist. Aber annähernd vollständige Erhebungen liegen vor für die- jenigen Geschäfte, welbe mit Gehülfen arbeiten, und das ist die aus- \chlaggebende Menge der Geschäfte. Da ist nun der Verkehrswerth der Fabrikate in den Betrieben, die mit Gehülfen arbeiten, ohne die Zollaus\{lüsse, also im Zollgebiete nah der statistischen Erhebung der Enquetekommission im Jahre 1875 2254 Millionen gewesen, im Jahre 1876 228 Millionen, im Jahre 1877 2284 Millionen. Meine Herren, wie da irgendwie das Jahr 1877 ein abnormes Jahr gewesen
F
sein soll, vermag ib nit zu entdecken.
(Sc{luß in der Zweiten Beilage.)
Ergebniß des Etatsjahres 1881. sich darüber noch beschaffen konnte, zeigen, daß für das Jahr 1881 fih mindestens derselbe Ertrag pro Hektar, ja wahrscheinli ein
Zweite Beilage
zum Deuischen Reichs-Anzeiger und Königlih Preußischen Staats-Anzeiger.
2 110.
F
(SWluß aus der Ersten Beilage.)
Daß aber die Verbrauhsmenge — und das ist ja die Basis der ganzen weiteren Kalkulation -— vorsichtig verans{lagt worden ist, das zeigt auh-die in den Motiven betonte neueste Kenntniß über den Er- trag der heimischen Ernten. Meine Herren, das ist der Punkt, den ih vorhin in Aussicht gestellt habe, wo ih Jhnen zu zeigen versprach,
‘daß man {on bisher glücklicher Weise viel mehr deutshen Tabak
geraucht hat, als man geglaubt hat. Die frühere Ansicht, als müsse der Konsum erheblich unter der Statistik vom Jahre 1877 über die
Fabrikation angenommen werden, cine Ansicht, die selbst das Stati-
tishe Amt seiner Zeit theilte, ehe die Erfahrungen über die Gewichts-
Feuer vorlagen, ist seit der Zeit widerlegt, seit wir die Erfahrungen
mit der Gewichtsfteuer haben. Scbon in der Enquetekommission be- standen große Bedenken gegen diejenigen Ertragsmengen, welche
‘Seitens der Steuer- und Zollverwaltung angegeben waren. Schon in ‘der Gnquetekommission find vielfa höhere Ertragsmengen, als sie
in den Schäßungen der Zoll- und Steuerverwaltung enthalten waren,
angegeben worden, aber nit von allen Bezirkskommissionen gleich-
mäßig; die einen glaubten ihre praktishen Erfahrungen benußen und die wahre Menge angeben zu müssen, die anderen wollten nit so Leicht hin sich von den Zahlen entfernen, die in der Schäßung der Zoll- und Steuerverwaltung enthalten waren. Daher kommt es, daß die Angaben der Enquetekommission, die sih damit beschäftigen, wie
Hoch der Ertrag pro Hektar vom heimischen Tabak ist, nur um
etwa zehn Prozent, aber doch {on um zehn Prozent höher sind, als die
“Statistik der Steuer- und Zollbehörden ergeben hat. Nun, meine „Herren, inzwischen ist das Ecntejahr 1881 gekommen und hat nun
mittelst thatsächlider Abneigung ganz entshieden den Nachweis ge- liefert, daß die einheimische Ernte von jeher größer war, als man an- genommen hat. Es ift inzwischen auß Vorläufiges bekannt über das Die Notizen, die die Verwaltung
nit unerheblich höherer, als für das Jahr 1881 herausstellt. Ich bemerke, daß für das Jahr 1881 pro Hektar ih ergaben: für die bayerische Pfalz 38—40 Ctr., für Baden 45—48 Ctr., für Hessen 43 Ctr., für Elsaß-Lothringen 50—64 Ctr.
Das sind Erträge, die über den früheren Annahmen ganz außer- ordentlich loch stehen, wie bei näherer Durchsicht des Jahrbuches, das vom Statistischen Amt veröffentlidt wird und speziell auch die Ta- backerträgnisse behandelt, sih fofort den Herren ergeben wird. Daß außerdem seit dem Jahre 1877 eine Bevölkerungszunahme eingetecten ist, die auch für den Konsum nit zu untershäßen ift, das will ih nur nebenbei hier einschalten.
Wichtig ift zweitens auch die vielbestrittene Frage der Ein- \cchäßung der Fabrikate, der Arten der Fabrikate und der verschiedenen Sorten in die Preislagen, zu denen dieselben muthmaßlih jeßt ver- kauft werden. Denn, reine Herren, das is der Sinn der Ein- \{häßung, und cs wird dann einfah das, was man als jeßigen Zu- {tand erkannt hat, transponirt als zukünftiger Zustand unter der Mo- nopolverwaltung. di /
Ueber die Vertheilung der -Sbalfabrikate nach verschiedenen Arten, im Rauchtaback, Cigarren und Schnupftaback, ist kein Streit, ih ‘habe au heute darüber wesentlive Bedenken nicht vernommen.
“Was aber die Preisscätzung speziell betrifft, so ist sie ja allerdings
wiederholt in der Presse, wie auch heute hier im Hause als unzutreffend anerkannt worden. Daß die Preitschäßungen in der Enquete zu niedrig find, ist in den Motiven {on hervorgehoben. Ich möchte hier nur noch in aller Kürze Folgendes bctonen. Meine Herren! Schon das Statistisbe Amt, welches später das vollständige Material hatte, was der GEnquetekommission selbst gar nidt zur Verfügung stand — be kanntlich gelangte dieses statistisde Material erst nah Schluß der Enquetekommission zur vollen Zusammenstellúíng — also das Stati- stishe Amt hat sih schon genöthigt gesehen, wesentlih andere Preis- ansäße zu machen, als dies summarish in den Ermittelungen der
* Enquete geschehen konnte, und so kommt es, daß, wenn man die
reftifizirte Quantitätss{häßzungen des statistishen Amts mit den rekti- fizirten Preisansägen desselben in Kontakt bringt, sich hon nah der Schäßung des Statistishen Amts ein Konsumtionsquantum von 336 Millionen für 1877 ergiebt. Dann, meine Herren, kommt zweitens in Betracht die seitdem ein- getretene Zoll- und Steuererhöhung. Man kann ja darüber streiten, ob sie {on voll gewirkt hat auf die Preise der Fabrikate; jedenfalls find wir am Ende des Uebergangéstadiums und Sie dürfen die Zu- stände während des Monopols nicht vergleichen mi1 dem Zustand vor der Gewichtssteuer, sondern wie sie bei Abschluß der Wirkung der Gewichtésteuer auf die Preise der Fabrikate si gestalten, bezießunas- weise sih noch gestalten müssen. : E :
Ein fernerer Umstand, der bei unserer Pre einiahung vielfa überschen wird, ist der, daß die vollen leßten Detailpreise in Ansatz gebracht sind, die der Konsument bezahlt, und zwar unter der An- nahme, daß au die Konsumenten, die jeßt Engros beziehen und also nicht die vollen letzten Detailpreise bezahlen, künftig die leßten De- tailpreise im Kleinverkauf bezahlen würden. Denn nur das ist der richtige Vergleihungêmaf: stab und so wird die Sache unter dem Mo- nopol, Unter dem Monopol hat keiner mehr die Aussicht dazu, daß er, wenn er ein größeres Quantum von Cigarren kauft, sie billiger bezieht und ih glaube, das ist gerade eine Seite des Monopols, die fozialpolitisch nit zu untershätzen ist; denn der mehrfach genannte arme Mann pflegt niht Derjenige zu sein, der große Quantitäten auf einmal kauft und auf Lager legt. i
Endlich liegen seit den Verhandlungen der Enquete die tech- nishen Erfahrungen vor, die von dec Verwaltung gesammelt wor- den sind.
Meine Herren! Sehr interessant übrigens gerade für die Frage der Einschäßzung is das von der Enquete gesammelte, aber von ihr nicht ausgenutzte Material über die gangbarsten Sorten Cigarren. Unter den verschiedenen Tabellen, die in den Verhandlungen der En- quete enthalten sind, vermißt man eine Ausbeutung der Frage, die von den Bezirkskommissionen gestellt war darüber, welches die gangbarsten Sorten von Tabakfabrikaten und insbesondere, wel®es die gangbarsten Sorten von Cigarren seien. Meine Perren! Ich habe mir cine anderweite Zusammenstellung aus den
ntworten der Bezirkslommission gemacht und babe danach zu meiner
Freude O daß die Fünfpfennigcigarre, die au heute genannt worden ist und die auch in den Motiven eine gewisse Rolle spielt, diejenige ist, die im ganzen deutschen Konsumtionsgebiet entschieden im Vordergrunde steht. Jch muß das namentli gegenüber den Aus-
führungen des letzten Herrn Vorredners entschieden betonen. Ueberall wird von den Bezirkskommissionen berichtet, daß die gang- barsten Sorten Cigarren Fünf- bis Seh8-, Vier- bis Fünf-, Fünfpfennigcigarren , kurz, im großen Ganzen die ünf pfennigcigarren seien. Nun, meine Herren, nehmen Sie unsere Kal- fulation gegenüber dieser, von der Enquete gesammelten, aber nicht von ihr statistisch ausgenüßten Thatsache. Was ist der Durchschnitts- preis der Cigarren nach der Vorlage? Wenn Sie die Berechnung anstellen, so ist der legte Detaildurhschnittspreis — ih bitte zu be- achten mit völliger Ausscheidung der Engrospreise — der Cigarren 5,6 Pfennig, also rand 5} fennig, Meine Herren! Ein Durchschnittspreis von 54 Pfennigen 1 gegen-
Berlin, Donnerstag, den U. Mai
12,
E P rue L E Se T O U C E D A E E
über der von der Enquete fkonstatirten Thatsache, daß die Fünf- pfennigcigarren die gangbarste Sorte sei, in Falkulatorischer Beziehung vollfländig beruhigend, selbs wenn man due inzwischen eingetretene Steuer- und Zollerßöhung nicht berücksichtigt. Und, meine Herren, darüber ist gar kein Zweifel, wenn auch nicht der Menge na, so find doch jedenfalls dem Werthe na, und das ist entscheidend, die Cigarren, die zu einem Preise von über 5 Pf. verkauft werden, die aus\{laggebenden im Vergleich mit denen, die zu unter 5 Pf. abgeseßt werden. Im Quantum könnten die leßteren bedeutender sein, aber dem Werthe nah, der hier entscheidend ift, kombinirt mit dem Quantum, würden jedenfalls die drüber- stehenden den Autschlag geben. Auch dafür liefert die Enquete interessantes Material, indem wiederholt betont wird, - daß auck die Sorte mit 6 Pf. ‘mit 8 und 9 u. \. w. Pf. viel begehrt sei. Wenn ich unsern Durchschnittspreis mit ungefähr 51 Pf. mit dem der Enquete vergleiche, so bin i vollkommen beruhigt; und wenn auch ein kleiner Irrthum im einzelnen untergelaufen sein sollte, wenn die Sech8pfennigcigarre nit ganz richtig veranschlagt ist oder die Fünf- oder die Zehnpfennigcigarre zu boch, dagegen cine andere Sorte zu niedrig veranschlagt wäre, so ist das für das Resultat gleichgültig, wenn nur der Durchschnittspreis von 95 Pf. fich als richtig herausstellt. :
Was übrigens diese Berechnung der Jahreskousumtion von 388 Millionen Mark betrifft, die meines Erachtens bescheiden ge- griffen ist, so liegen gerade aus den Kreisen dec Gegner symptoma- tisbe Angaben vor, welche zu der Annahme berechtigen, daß die Er- mittlung des Jahresaufwands mit 388 Millionen nit zu hoh ist. Meine Herren, ih kann nicht umbin, ein paar dieser Beispiele, die, da sie gerade von Gegnern der Vorlage herrühren, um so mehr Be- achtung verdienen, hier anzuführen.
Im preußischen Volkswirthschaftsrath s die Außenstände der Labackindustriellen auf 400 Millionen Mark angegeben worden. Es ist doch — ih glaube, alle Unterrichteten werden mir Recht geben — unwahrscheinlich, daß mehr als ein voller Jahreskonsum ganz und gar ausständig sein soll. Meine Herren, der Gesammtverbrauch an Gegen- ständen der Hülfsindustrie für die Cigarrenfabrikation allein wird zu 20 Millionen verans{lagt in der Petition, die vorhin angezoge 1 ist. Aber weit- aus am s{lagendsten zur Probe der Berechnung auf 388 Millionen Mark sind die Aeußerungen, die der badische Abgeoronete Hr. Kopfer in der zweiten badisben Kammer gemacht hat. Es sind ja die Verhand- [lungen der zweiten badischen Kammer, glaube ich, allen Mitgliedecn des Hauses und auch der Regierung zugängig gemacht worden, sie sind ohnedies publici juris — es ist alïo durchaus kein Mißbrauch der Verhandlungen, wenn hier darauf Bezug genommen wird, was dort gesagt ist, Nämlich, meine Herren, in der zweiten badischen Kammer hat Hr. Kopfer die Verluste berechnet, die aus der Ein- führung des Monopols sich ergeben, und er hat gesagt: es fällt weg, es muß abgezogen werden der Ertrag von Gewerbe- und Geschäfts- steuer für Staat und Kommune, welche die freie Konkurrenz jeßt aufbringt. — (Unterbrechung . . . .) Nicht die Position ist das, was mir besonders interessant ist, sondern die Zahl, die nachher folgt, der Grtrag der Geschäftssteuer für Staat und Kommune beträgt nach der Mittheilung des Herrn Kopfer 40 Millionen Mark. Nun, meine Herren, wenn wir die Steuer für Staat und Gemeinde zu 10% des Reingewinns annehmen — ein anderer Gegner des Monovols hat sie in einer Druckschrift, die uns zugegangen ist, nur zu 3% angenommen — so ist sie ganz gewiß außer- ordentlich loch geréchnet. Was ist dam die Folge? Dann ergiebt sib ein Reinertrag der gebigen Industrie von. 400 Millionen Mark, und wenn Sie einen Reingewinn von 400 Millionen Mark haben, wie hoch muß dann der Bruttoumschlag scin? Selbst wenn der Reingewinn 25 %/ betrüge, was Sie ganz gewiß nicht zugeben würden, hätten wir einen Bruttoumschlag von 1600 Millionen Mark. Solche schäßzbaren Ziffern liefern uns die Gegner.
Meine Herren! Endlich zur Kontrole und nur zur Kontrole sind am Schluß der Motive noch die Gestehungskosten, wie sie für die Monepolverwaltung eingehend veranschlagt sind, mit den Aufschlägen der Fabrifanten und Händler in Kontakt gebracht. Meine Herren, es ist da vielfach der Einwand erhoben worden, man rechne nur mit cinem großen Unbekannten, der diesen Aufschlag von 60 bis 70 % berechnet. Der Einwand ist heute im Hause, wie ih allerdings zu- geben muß, noch nit erhoben worden, follte er erhoben werden, bin ih bereit, den großen Unbekannten zu enthüllen; im Augenblick ist es wohl noch nit nôthig. :
Uebrigens ist die Annahme aus gegnerishem Lager, daß die Bruttoaufschläge von Fabrikanten und Händlern auf etwa 65 9/6 ver- anshlagt werden können, in die Motive nur deshalb aufgenommen worden, weil man sie au saclich für begründet gehalten hat. Wenn man Bruttoaufschläge der Fabrikanten von 20 bis 39 und der Händ- ler von 30 bis 40 9%/%% annimmt, kommt man s{chon über den Betrag hinaus, der in der Monopolvorlage, wie gesagt, nur zur Kontrole als muthmaßlicher Aufschlag angewendet ist. Dafür, daß auch die Händler-Bruttoaufscbläge, welhe ja nit mit dem Reingewinn ver- wechselt werden müssen, — das ist vielfah eine Quelle von Mißver- ständnissen geworden — daß die Aufscbläge der Händler mit 33% niht zu hoc berechnet worden sind, finde ih aud in einer Petition, die dem hohen Hause unterbreitet ist. Die Händler und Fabrikanten aus Frankfurt erkennen vollkommen an, daß unter dem Monopol für die Tabakverschleißer eine wesentlice Erleichterung eintrete gegenüber dem jetzigen freien Verkauf, weil der Absaß dadurch gesicherter wird, daß ein größerer Kundenkreis gewonnen wird, und sie sehr viel weni- ger Auélagen haben würden, als dies jeßt bei dem freien Verkauf der Fall ist. Aber doch sagen diese Händler, selbst wenn sie die günsti- geren Chancen des Tabackverscbleißers, der gewissermaßen ein Bann- recht in gewissen Bezirken gewinnt, in Betracht ziehen, noch 29 °%/ zur Bestreitung der Kosten nöthig zu haben. Wenn die Leute unter den günstigeren Chancen des Tabackverschleißes 20 9/6 wollen, so geben sie damit implicite zu, daß sie jeßt wenigstens 33 9/6 Aufscblag haben.
Meine Herren! Von diesen Gesichtêpunkten aus läßt \sih im Großen und Ganzen — das Detail muß wohl der Kommissions- berathung vorbchalten bleiben — volle Beruhigung darüber gewinnen, daß die Ansäte der Motive zutreffen, daß insbesondere die Verbrauchs- mengen und der Verbrauch8werth nit zu hoch ges{äßt, sondern so sind, wie sie muthmaßlih {on bei Einführung des Monopols sich thatsächlich ergeben werden. 5 :
: Der Abg. Frhr. von Minnigerode erklärte, die maßvolle Art, in welcher die Redner aus dem Hause bisher die Vor- lage besprochen hätten, müsse allgemein befriedigen. Umso- mehr msse es auffallen, daß bei den Ausführungen des Vertreters der verbündeten Regierungen auf der linken Seite ein ungewöhn- liher Lärm entstanden sei, und daß sogar Rufe „zur Sache !“ laut geworden seien. Derjenige, der dies gerufen habe, sei sich gar nicht klar über die Stellung des Reichstags; kein Mitglied desselben habe das Recht, ein Mitglied des Bundes- raths zur Sache zu rufen (Unruhe links.) Die Linke ver- kenne damit vollständig den Respect, den man dieser Körper- {hast u! sei, (Stürmi® ge Unterbrehung und Lärm links; d Richter ( agen): der Ba von Minnigerodz fe! kein Schulmeisier! Der Präsi",ent rief den Abg. Rüger (Hagen) unter großem Lärm Wegen dieses Ausdruck2, zur Ordnung.
Bisher seien die Vechar.olungen dieses auses mit absolutem
Anstand geführt, und ein derartiger Ton sei unêrhört gé- wesen, das Haus habe ein Recht darauf, d,26 solhe Ausschrei- tungen in Zukunft unterblieben! Die My.1opolfrage sei durchaus feine Parteifrage; in den Reihen der Kc1servativen seien die sähsishen und badischen Mitglieder absolute Gegner des Monopols, ebenso seien warme Anhänger desselben unter den Mitgliedern dieses Hauses und eine dritte Nich=- tung, der auch er angehöre, stehe prinzipiell dem Monopol nicht feindlih gegenüber, habe aber gegen seine Ein- führung unter den jeßigen Verhältnissen Bedenken. Er ver=- halte sich also zur Zeit noch gewissermaßen neutral. Details habe man heute hon genug gehört, er könne fih daher auf die großen Gesichtspunkte beshränken. Wenn man fich auf
den rein finanz-politischen Standpunkt stelle und wenn man wie
er anerkenne, daß im Neiche und in den Einzelstaaten große finanzielle B-dürfnifse vorlägen, so komme man nothwendig zu der Anerkennung, daß der Tabak zur Befriedigung der- selben dienen müsse. Deshalb könne seïne Partei auch niht dem Antrage der Fortschrittspartei zustimmen und aus= sprehen, daß ma1 am Taback nicht rütteln dürfe. Das stehe fest : der Taback müfse mehr bluten, es frage fich nur noch wie. Eine erheblihe Erhöhung der Gewichtesteuer halte er für
ausgeschlossen, denn fie würde für die Tabaindustrie s{chlimmer
sein als das Monopol. Die Fabrikatsteuer bringe ja in Nord=- amerika hohe Erträge, seße aber wesentlih andere Verhältnisse voraus, als in Deutschland beständen. Die Defraudation
nehme bei denselben unerhörte Dimensionen an, die Hausindu- strie, die in Deutschland eine so wichtige Bedeutung habe, könne bei der Fabrikatsteuer nicht aufrecht erhalten werden. Die Fabri-
katsteuer habe also ein höncs Deblatt mit höchst zweifelhafter Einlage. Es bleibe mithin von allen Besteuerungsarten nur das
Monopol übrig, das sich für die deutschen Verhältnisse eigne. Die
Vorlage beweise auch, daß die unglaublichen Uebertreibungen
der Linken — er erinnere nur an den billigsten Taback zu
5 6 und die Brodlosigkeit der Arbeiter — Phantasien seien, die einer Kritik niht Stand halten könnten und durch den Entwurf vernichtet worden seien. Man habe auch beim Mo- nopol die Gewißheit, daß man wenigstens reinen Taback zu rauchen bekomme. Verfälschungen seien ebenso ausgeschlossen, wie die Defraudationen, die Kontrole sei eine sehr einfache. Es ergäben sich also für das Monopol folgende Erwägungen : Ein großes finanzielles Bedürfniß liege vor, der Taback müsse zur Befriedigung desselben herhalten und die einzig mögliche Form dazu sei das Monopol ; das seien nun fühlbare Schlußfolgerungen. Dagegen lasse sich allerdings mit Recht einwenden, daß der finanzielle Effekt, den die Vorlage berehne, doch sehr zweifel- hast sei, und daß man auf die bestehenden Verhältnisse, wie sie sih historisch entwickelt hätten, Rü&sicht nehmen müsse. Am besten würden noch die Tabackbauer fortkommen, darum seien dieselben auch im Elsaß und in Baden gar nicht Feinde des Monopols. Gewissen Beschränkungen würden sie sih unterwerfen müssen, auch der Export würde zurückgehen, weil die Monopolverwaltung die besten Sorten Tabak für sih würde in Anspruch nehmen dürfen. Daß die Zahl der Arbeiter erheb- lih abnehmen würde, glaube er nit, die soziale Stellung derselben würde sich auch unter der Staatsregie bessern. Es würden allerdings zahlreihe Arbeiterfamilien nah ein- zelnen Fabrikationscentren verpflanzt werden müssen, und mit der Hausindustrie wäre es vorüber. Die großen Fabrikanten kämen bei der Entschädigung ganz gut fort, am s{chlimmsten wäre die Lage der kleineren bei der Einführung des Mono- pols, Es habe allerdings große Bedenken, eine ganz bedeutende Anzahl von Personen aus ihrem bisherigen Beruf hinauszustoßen, und ihnen zu sagen, daß sie sich eine neue Existenz suchen sollten. Er komme in politisher Beziehung nah diesen Er=- wägungen zu dem Resultat: Wenn die Existenz des Reichs die Einsührung des Monopols erheische, so würde er es nicht ab- lehnen, zur Zeit aber, und unter den bestehenden Verhältnissen trage er Bedenken, demselben zuzustimmen. Jedenfalls halte er eine eingehende Berathung der Vorlage für unerläßlih, auch die Gegner müßten an derselben ein Jnteresse haben; er bean- trage die Ueberweisung an eine Kommission von 28 Mit= gliedern. Das Wort Monopol s{hrecke ihn nicht. Man habe in Deutschland ja {hon einige Arten von Privatmonopolen, so die Zettelbanken und auch die Reichsbank sei ein folces. Er möchte auch namentlich die Nationalliberalen warnen, sich nicht zu energish gegen das Monopol festzulegen, im poli= tishen Leben seien die Verhältnisse sehr wandelbar und das „Niemals“, das vorhin links ertönt sei, sei gewiß nicht aus dem Munde eines Politikers gekommen.
Ein Vertagungsantrag wuffnde angenommen.
Persönlih bemerkte der Abg. Richter (Hagen): Der Prä= sident habe ihn zur Ordnung gerufen. Er wisse nicht, ob der Präsident den Vorfall, welcher die Veranlassung dazu gegeben habe, vollständig wahrgenommen habe. Der Abg. von Min= nigerode habe der linken Seite des Hauses vorgeworfen, daß fie den. schuldigen Respekt gegen Mitglieder des Bundesrathes verletze. Es sei bis dahin der Anstand gewahrt worden, und er erwarte, daß weitere Ausschreitungen solcher Art unterblieben. Gegenz solche unzulässige Censuren eines Theils des Hauses dur ein Mitglied sei in früheren Sessionen das Präsidium gerade deux Abg. von Minnigerode gegenüber wiederholt E, Da dies diesmal unterblieben sei, so hätten mehrere itglieder der linken Seite „zur Ordnung“ gerufen. Er selbst habe fich mit. dem Zwischenruf begnügt: der Abg. von Minnigerode sei dodz kein Schulmeister! Der Ausdruck Schulmeister sei übrigen, wiederholt parlamentarish gerade von Mitgliedern der "en gebraucht worden, ohne eine Rüge zu erfahren. :
Der Präsident erklärte, er habe den Abg. Rer zur Ordnung gerufen, weil er verstanden habe, daß d“'cselbe ge- rufen hätte: „Der Abg. von Minnigerode s& ei» Schul: meister.“ Eine solche Aeußerung werde er stets ” ix unzulässig erklären. Der Abg. Richter habe seine (des Pr?“ enten) Geschäfts- eas trmifrt; es sei seine Sache, zu *” scheiden, was er für unzulässig halte und was nit, w*, pieses Recht werde er h nicht nehmen lassen.
Der Abg, Frie: von Mi? ¿tgerode erklärte, es sei ersiht- lih gewesen, daß seine Bo" „rkung sih nicht auf die gesammte
Linke, sondern nux av ¿inzelne Personen bezogen habe.