1882 / 131 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 07 Jun 1882 18:00:01 GMT) scan diff

Die vereinigten Auës{üsse des Bundesraths für Zoll- und Steuerwesen und für Rehnungswesen sowie der Ausschuß desselben für Zoll- und Steuerwesen hielten heute Sitzungen.

Der S@&lußbericht über die gestrige Sißung des Reichstags befindet sih in der Ersten Beilage.

In der heutigen (13.) Sißung des Reichstags, welcher der Staats-Minister von Boetticher und mehrere andere Bevollmächtigte zum Bundesrath nebst Kommissarien desselben beiwohnten, theilte der Präsident dem Hause mit, daß eine Uebersicht über die Ergebnisse des Heeresergänzungsgeschäftes in dem Jahre 1881/82 eingegangen fei.

Das Haus trat hierauf in die Tagesordnung ein. Erster Gegenstand derselben war: die zweite Berathung des von den Abgg. Dr. Barth und Genossen eingebrahten Geseßent- wurfs, betreffend die Abänderung des Zolltarifgeseßes vom 15. Juli 1879. Derselbe lautet:

Der Reichstag wolle beschließen: dem nachstehenden Gesetz- entwurf die verfassungsmäßige Zustimmung zu ertheilen:

LTCB betreffend die Abänderung des Zolltarifgeseßes vom 15. Juli 1879.

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König

von Preußen 2c.

verordnen im Namen des Reichs, nah erfolgter Zustimmung

des Bundesraths und des Reichstags, was folgt:

Der Zolltarif zu dem Geseße vom 15. Juli 1879 (Reichs- Geseßblatt Seite 207) wird in nachstehender Weise abgeändert :

Der Eingangszoll fällt fort für Schmalz von Schweinen und Gänsen Nr. 26 e. 1.

Der Abg. Dr. Barth suchte einige Bemerkungen rihtig zu stellen, die von dem Direktor im Reichs- shaßamt Burchard bei Gelegenheit der ersten ‘Lesung der Vorlage gemacht worden. Er habe Erkundigungen eingezogen und in Erfahrung gebracht, daß in Oester- reih die Einfuhr von Schweineschmalz niemals verboten gewesen sei. Es sei übrigens auch ganz überflüssig, den Import des Shmalzes zu inhibiren, da Shmalz doch nit trichinenhaltig sein könne, besonders bei der Art, wie das exportirte Schmalz in Amerika präparirt werde. Auch bezüglih Frankreichs stellten sih nach den Erkundigungen, die er eingezogen, die Dinge etwas anders, als sie der Bundesrathskommissar dargestellt habe : Dort sei die Einfuhr vonamerikanischem Schweinefleisch allerdings für kurze Zeit verboten gewesen, allein das Verbot sei zurück- genommen worden, nachdem man sich überzeugt habe, daß die Trichinose, in Folge deren das Verbot erlassen sei, nicht von amerikanishem Schweinefleish herrühre.

Bei Schluß des Blattes nahm der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Direktor im Reihs:Schaßzamt Burchard das Wort.

Die Bestimmung tes §. 24 der Neichs-Konkurs:-Ordnung, welGer zufolge Rechtshandlungen, die der Gemein- s{huldner in der dem anderen Theile bekannten Absicht, seine Gläubiger zu benachtheiligen, vorgenommen hat, a nfechtbar sind, findet nach einem Urtheil des Reich s8gerichts, Il. Civilsenats, vom 4. April d. J., au auf die Fälle Anwen- dung, in welchen die anzufechtende Rehtshandlung zu einer Zeit vorgenommen worden, in der der Schuldnex sih noch nicht in dem Zustande der materiellen Jrsolvenz befunden hat, ferner au auf die Tilgung von Schulden dur Hingabe von Waaren oder sonst in anderer als geshuldeter Weise.

Der General-Lieutenant von Kleist, Commandeur der 1. Garde-Jnfanteric-Division, ist von Urlaub aus Mecklen- burg hierher zurückgekehrt.

Der General-Lieutenant Wiebe, Inspecteur der 1. Fuß-Artillerie-Jnspektion, ist behufs Abhaltung des Prü- E Mens auf dem Schießplaßz bei Lockstedt nah Holstein abgereist.

Sigmaringen, 5. Juni. (Schwäb. Merk.) Heute trafen die erbprinzlihen Herrschaften, welche sih meh- rere Monate in Obermais bei Meran aufgehalten haben, hier wieder ein. Die angegriffene Gesundheit Jhrer Königlichen Hoheit der Frau Erbprinze})sin, wegen derer Wiederherstellung ein längerer Aufenihalt im Süden auch im verflossenen Winter leider nöthig geworden war, scheint sich wesentlich ge- bessert zu haben.

Württemberg. Stuttgart, 6. Juni. (St.-A.f.W.) In der heutigen Sißung der Kammer der Abgeordneten theilte der Präsident von Hohl mit, daß der feierlihe Schluß der Session morgen um 10 Uhr erfolgen werde, und hielt dann folgende Ansprache an die Kammern:

Die Arbeit eines \ech8jährigen Landtags wäre nun gethan. Nab menschlider Voraussiht werden wir bis zum Ablauf dieser Landtagsperiode nicht mehr in Thätigkeit treten. Wenn wir zurücks{chauen, so fällt das \{werste Stück Arbeit in die pa des ersten Landtags, welber am 6. Februar 1877 eröffnet und den 31. Januar 1880 ges{lossen wurde, Zwei Hauptfinanzetats beschäftigten uns in dieser Zeit und daneben nit weniger als 25 Gesetzeëentwürfe. Außer den Aen über die Rechts- verhältnisse der Volksschullehrer und der Lehrer an den böberen Mädchenscbulen, dem Forststraf- und Spe leigeleH, die ih als die wicbtigeren nenne, waren es vornehmlich die Ausführungsgesetze zu den vier großen Reichsjustizgesetken: nämlich zum Reichsgerichts- verfassungsgeses, zur Reichscivilprozeßordnung, Reichsstrafprozeß- ordnung und Reichs-Konkursordnung; sodann eine Anzahl weiterer Landeêgesetze, deren gänzliche oder theilweise Umgestaltung dur die enannten Reichsgeseße veranlaßt war. Man kann über einzelne Prinzipien die in diesen Reichsgeseßen zur Durchführung gelangt nd, streiten, man fkann sfogar der Ansicht sein, wie es viele der einsihtsvollsten Männer find, daß Manches anders ge- mat würde, wenn wir wieder am Beginn der Arbeit \tünden. Aber darüber besteht Einmüthigkeit, daß die angie Einheit auf den ge- nannten Rechtsgebieten für das deutshe Volk eine große Errungen- saft ift, an deren Einführung in das Rechtsleben unseres Landes mitgearbeitet zu haben für uns Alle wohl ein mühevolles aber au ein ebrenvolles Stück Arbeit war. Und dabei haben wir da, wo Mängel der neuen Gesetzgebung drückend wirkten und rasche Abhülfe verlangten, z. B. im Gerichtékostenwesen, uns nicht zurückgehalten, sondern den dringenden Wünschen des Landes nah Ab- hülfe Ausdruck gegeben und ein Eintreten der Königlichen Staats- regierung im Bundesrath für Revision nit ohne Erfolg befürwortet. p anderen Gebieten der Reichsgesetßzgebung, wo wir das Gleiche gethan, bleibt der Erfolg theilweise noch zu erwarten.

Während in die Zeit des ersten Landtags unser Antbeil an der Arbeit der Durchführung des großen Werks der Reichs-Justiz-Orga- nisation fällt, so kennzeihnet den zweiten Landtag, welcher am 4. Februar 1880 eröffnet wurde, und nun zu Ende geht, die sorgen- volle Arbeit an der Herstellung des Gleichgewichts in unserem Landeéhaushalt aus Anlaß der Feststellung des Finanzetats von 1881/83. Diese sorgenvollen Arbeiten des Winters 1880/81 sind noch anz in Ur Erinnerung. Vier große Gesetze standen damit im

usammenhang: das Gese über die Erbschaftésteuer, das allgemeine

Sportelgesez, die Malzsteuer und das Geseß über unsere Staats- \{uld. Der uns leitente Gedanke war : bei Aufbringung der zur Deckung des Staatsbedarfs erforderlihen Steuern die Er- böhung der direkten Steyern aus Grund und Boden, Ge- bäuden und Gewerben zu vermeiden, so lange noch andere weniger drückende und die Last allgemeiner wvertheilende Steuerquellen uneröffnet oder doch niht im Maße ihrer Ertrags- fähigkeit eröffnet waren. Und bei dem wichtigen Gesetze über unsere Staats\{uld haben wir in der Frage der Fortseßung oder Einstellung der Tilgungen der kleineren Hälfte unserer Eisenbahnshuld zwischen den zwei sih bekämpfenden Ansichten einen versöhnenden Mittelweg eingeshlagen, welcher der jeßigen {wer belasteten Generation die allgemein gewünshte Erleichterung bringen soll und die Pflicht der er in vorgesehener Zeitfrist im Grundsaß zu wahren ge- eignet ift.

Was an uns war, haben wir gethan; wir wollen er- warten, daß unsere Hoffnung auf Besserung der Finanz- lage des Landes nicht getäuscht werden möge. Und wenn wir Anderes, worüber wir ja in den „leßten Tagen im Hause gesprohen haben, auf diesem zweiten Landtag nicht in Angriff genommen haben, so wissen wir Alle in diesem hohen Hause und erkennen es alle gerechten und billigen Männer im Lande, daß für Weiteres, zumal nicht Dringendes, offenbar Raum und Zeit nicht gegeben war. Unsere ganze Kraft hatten wir einzu- seßen gehabt für zwei große Aufgaben: die Neugestaltung der gemein- samen Einrichtungen für unser Rechtsleben, sodann die Anbahnung und Herstellung der Ordnung in unserem Landeshaushalt, von welcher die Wohlfahrt des Landes und seiner Bürger abhängt.

Baden. Karlsruhe, 7. Juni. (W. T. B.) Der Großherzog und die Großherzogin haben sich von Badenweiler nah Schloß Mainau begeben.

Baden, 7. Juni. (W. T. B.) Jhre Majestät die Kaiserin ist heute früh von hier nah Berlin abgereist.

Mecklenburg- Schwerin. S{werin, 4. Juni. Gestern und heute wurde hier das hundertjährige Ju- biläum des Mecklenburgishen Grenadier-Regi- ments Nr. 89, von dem das erste und dritte Bataillon hier- selbst, das zweite aber in Streliß in Garnison steht, geseiert. Die Stadt Schwerin schenkte dem Regiment einen s{hönen Ehrenschild aus vergoldeter Bronze mit passender Jnschrist, die Damen, welche Angehörige im Offiziercorps haben oder hatten, der Offiziersmesse einen großen silbernen Tafelaufsaß, die Reserve- und Landwehroffiziere des Regiments ebenfalls zwei große silberne Fruchtaufsäße. An hundert Offiziere in und außer Dienst, die früher dem Regiment angehört, darunter General-Lieutenant von Kleist, Commandeur der ersten Garde-Jnfanterie-Division, General-Major von Conring aus Straßburg, dann der kommandirende General des X1. Armee-Corps, zu dem das Negiment gehört, von Tres- kow aus Altona, und eine große Zahl ehemaliger Unter- Offiziere und Grenadiere aus ganz Mecklenburg waren zu diesem Feste nah Schwerin gekommen. Die Festlichkeiten bc- standen in Aufführungen lebender Bilder und militärischer Züge im Thalia-Theater vor dem Offizier:Corps des Regi- ments und von diesem eingeladenen Gästen und aus einem Feldgottesdienst in der Garnisonkirhe, Tafel in der Offizier- messe, festliche Speisung der Mannschaften in den Kasernen und (heute Nachmittag) festlihe Spiele der Soldaten und ihrer. Gäste auf dem kleinen Exerzierplaß, Tanzbelustigungen in“ woxschiedenen U. st. w., denen auch der Groß- herzdg, der zu diestin Zwecke die Rückreise von Palermo nah “Schwerin in fünf Tagen gemacht hatte, mit seiner Familie beiwohnte, wie denn auch in Privatkreisen noch manche kleinere Vereinigungen von früheren Kameraden statt- fanden, die jeßt in allen Armee-Corps des deutshen Reichs- heeres dienen.

Elsaß-Lothringen. Straßburg, 5. Juni. (Els\.-Lothr. Ztg.) Der Kaiserlihe Statthalter hat durh Erlaß vom 31. Mai d. F. auf Grund der von der Optionskommission in ihrer vierzehnten Sißzung abgegebenen Gutachten die Option bezw. Auswanderung von 210 Personen als gültig anerkannt.

Oesterreich-Ungarn. Wien, 5. Juni. (W. Ztg.) Gestern Vormittags um 11 Uhr fand in der Schloßkapelle zu Schönbrunn die Firmung der Frau Erzherzogin Marie Valerie statt.

Wie der „Polit. Corresp.“ aus Serajevo gemeldet wird, haben die Assentirungs-Kommisfionen in Bosnien ihre durch die Pfingstfeiertage unterbrochene Thätigkeit wieder auf- genommen. Jm Stellungsbezirke Visoka (Kreis Serajevo) ist von 419 Stellungspflichtigen die größte Anzahl erschienen; die Losung der ‘ersten und zweiten Altersklasse wurde am 1, d. M. anstandslos vorgenommen und die Assentirung selbst am folgenden Tage in durchaus befriedigender Weise vollzogen, wobei das Kontingent von 36 Mann gedeckt wurde. Jm Stellungsbezirke Zwornik (Kreis Dolnj Tuzla) ergab die am 2. d. M. anstandslos durchgeführte Afferitirung die Deckung des rorgeschriebenen Kontingents von 34 Mann.

Pest, 5. Jurnil, E Ztg.) Das Abgeordnetenhaus votirte heute den Geseßentwurf über den Verkauf der ära- rishen Ueberlandfelder endgültig. Sodann wurde die Be- rathung des Geschentwurss über die Gründung von 120 Stiftungspläßen an den gemeinsamen Offizier - Bildungs- anstalten für ungarishe Jünglinge fortgeseßt. Otto Herman (Unabhängigkeits - Partei) reihte folgende zwei Beschlußanträge ein: erstens, das Abgeordnetenhaus möge den Honved-Minister anweisen, daß derselbe den detaillirten Lehrplan sämmtlicher gemeinsamen militärischen Lehranstalten, von den untersten bis zu den höchsten, dem Hause unterbreite, damit dasselbe in den Stand geseht werde, fih von der Nichtung und dem Geiste der militärischen Erziehung zu überzeugen; zweitens, das Gesammt-Ministerium möge den ihm geseßlih gebührenden Einfluß dahin geltend wachen, daß dem Offizierscorps aus der Konstitutionslehre mit beson- derer Rücksicht auf das Verhältniß zwischen der Armee und den steuerzahlenden Bürgern Unterricht ertheilt werde undò daß die Kenntniß derselben in den Rahmen der Offiziersprüfung und unter die pflihtgemäß vorgeschriebenen Gegenstände der militärishen Erziehungsanstalten aufgenommen werde, Schließlih beantwortete der Justiz-Minister die von dem Abg. Szederkényi gestellte Jnterpellation in Betreff der vor dem Jnslebentreten des Strafgeseßes bestandenen Arbeits- háuser. Das Haus nahm die Antwort zur Kenntniß, worauf die Sißung geschlossen wurde.

,— 7. Juni, (W. T. B.) Der Kaiser hat den Fürst- erzbishof von Wien, Ganglbauer, zum Prälaten des Leopold-Ordens ernannt und ihm gleichzeitig das Großkreuz dieses Ordens verliehen.

Schweiz. Bern, 6. Juni. (W.T.B.) Der Nationa rath beshloß heute mit 63 gegen 20 Stimmen auf den An- trag Morels folgende Resolution: Der Nationalrath bringt im Namen des Schweizervolks dem Andenken Gari- baldi’s seine Huldigung dar und {ließt \sich der Trauer n, S welche der Tod dieses großen Patrioten Jtalien verseßt.

Großbritannien und Jrland. London, 5. Juni. (Allg. Corr.) Am Sonnabend fand im ganzen Lande die “gans Feier des 63. Geburtstages der Königin

att.

Der an das Kriegs-Ministerium gerichtete Bericht der Departements-Kommission, welhe ernannt worden war, um die Möglichkeit der Vertheidigung des unter- seeishen Kanal-Tunnels zu prüfen; is, wie der „Dbserver“ erfährt, jet dem Herzog von Cambridge zur Be- gutachtung unterbreitet worden.

6. Juni, (W. T. B.) Jm Unterhause antwortete heute der Unter-Staatssekretär Dilke auf eine Anfrage Bourke's: am 2. Juni habe der Admiral Seymour berichtet, daß die Erdwerke in Alexandrien niht armirt seien ; seitdem sei der Regierung die Nachricht geworden , daß sie ar- mirt worden seien. Dem Deputirten Wolff entgegnete Dilke: sämmtlihe Mächte, mit Ausnahme der Pforte, hätten sih günstig über die Jdee der Konferenz aus- gesprochen ; die Pforte habe die Konferenz zwar nicht ab- gelehnt, halte sie jedoh nicht für nothwendig. Die Pforte jei vor dem Erlaß der Einladungen zur Konferenz nicht be- fragt worden, wie dies auch anläßlih der Konferenz im Jahre 1876 nit geschehen sei; troßdem seien damals die Vorberei- tungen zur Konferenz eifrig betrieben worden; die Pforte habe erst vierzehn Tage später zugestimmt. Von den Groß- mäten seien keine formellen Antworten eingegangen, sondern nux mündliche Erklärungen, Arabi Bey habe die Ein- stellung der kriegerishen Vorbereitungen angeordnet. Auf eine weitere Ansrage Northcote's erwiderte Dilke: die Mächte be- folgten das Beispiel von 1876 und hielten mit ihren formellen Antworten zurück, bis sie sich untereinander geeinigt. Der türkische Botschafter Musurus Pascha habe gestern in einer Unterredung mit Lord Granville im Allgemeinen konstatirt, daß die Derwisch Pascha ertheilten Jnstruktionen im Wesentlichen dieselbe Basis wie die für die Konferenz vor- geschlagene hätten. Das Haus begann hierauf die Be- rathung des Art. 3 der irishen Zwangsbill.

Frankreich. Paris, 5. Juni. (Fr. C.) Der Ge- meinderath hat heute eine Sißung gehalten und auf An- trag Havelaque's beschlossen, sich bei dem Leichenbegängnisse Garibaldi's durch eine Deputation vertreten zu lassen und derselben die Summe von 3000 Fr. auszuseßen.

Die kleine Republik Andorra steht bekanntlich unter dem doppelten Protektorat des französischen Staatsoberhaupts und des spanischen Bischofs von Urgel. Diese beiden Pro- tektoren ernennen abwechselnd alle zwei Jahre den Oberrichter und alle Fahr einen der Vögte der Nepublik, wofür ihnen die Einwohner des Thals von Andorra einen jährlichen Tribut von je 960 Fr. zahlen. Bisher vertrat der Präfekt der Arriège, der seinen Sig in Foix hat, ‘den Präsidenten der franzó- sischen Republik, und er war es, der seit 1806 jährlich den Huldigungseid von drei Abgeordneten von Andorra entgegennahm. Das „Journal officiel“ veröffent- licht nun einen Bericht des Ministers des «Fnnern an den Präsidenten der Republik, in welchem ausgeführt wird, daß in Folge der Entwicklung der Kommunikatione- wege der eigentlihe Berührungspunkt zwishen Andorra und Frankreih niht mehr in der alten Grafschaft Foix, sondern in der Cerdagne liege. Demgemäß verfügt ein dem Bericht beigeschlossenes Dekret, daß die erwähnten Funktion-n von dem Präfekten der Arriège auf den Präfekten der Ostpyrenäen übergehen sollen; gleichzeitig wird der unter dem leßteren stehende Unterpräfekt von Prades mit der dauernden Vertre- tung Frankreihs den Autoritäten von Andorra und dem Bischof von Urgel gegenüber beaustragt.

6, Juni. (W. T. B.) Jn einêr gestern von dem Finanz-Minister Léon Say in Saint - Quentin gehaltenen Rede fkonstatirte derselbe die günstigen Ernteaussichten und sagte: die Ernte würde Frankreich der Nothwendigkeit überheben, beträchtliche Kapitalien zu expor- tiren, werde den Markt erleichtern und eine Herabseßung des Zinsfußes für 1883 zulassen. Die Regierung werde alsdann sehen, welhe Arrangements bezüglih der öffentlichen Schuld sih würden treffen lassen.

Italien. Nom, 6. Juni. (W. T. B.) Der Sekretär der Mailänder Leichenverbrennungs-Gesell schaft, Dr, Pini, ist gestern nah Caprera abgereist, um die Verbrennung der Leiche Garibaldi's nah dem System Gori vorzubereiten. Der Herzog von Genua, der General Carava, Oberst Morozzo und der Ceremonienmeister Tolomei und della Stufa werden den König bei den Leichenfeierlihkeiten vertreten.

6, Juni, Abends. (W. T. B.) Morgen Nachmittag werden sich die an den Leichenfeierlihkeiten auf Caprera theilnehmenden offiziellen Persönlichkeiten nach Civita vecchia begeben, von wo aus die Ueberfahrt nah Caprera erfolgt. Am nächsten Sonntag soll auf dem Kapitol ene Feier zu Ehren des Andenkens an Garibaldi statt» inden,

7. Juni. (W, T. B) Die Verbrenn ung und Beiseßung der Leiche Garibaldis wird morgen Vor- mistag um 11 Uhr stattfinden. Die Minister Zanardelli und Ferrero werden persönlich den Leichenfeierlichkeiten beiwohnen ; die übrigen Minister lassen sih vertrcten.

Türkei. Konstantinopel, 6. Juni. (W. T. B\,) Wie verlautet, l ätte der englische Botschafter Lord Dufferin den Vorschlag gemacht, die Konferenz solle formell zu- jammentreten, sih aber dann sofort vertagen, bis das Resultat der Mission Derwish Paschas vorliege. Eine Meldung der „Agence Havas“ zufolge sollen die Admirale des englischen und des französishen Geschwaders Derwish Pascha nach Kairo begleiten.

Einer Mittheilung der „Times“ aus Konstantinopel ufolge hat der französische Botschafter, Noailles, den

inister des Aeußern, Said Pascha, in Erwiderung auf das jüngste Cirkular der Pforte benachrihhtigt, daß die franzö- sishe Negierung dur die Argumente der Pforte nicht überzeugt worden sei und dabei beharre, daß die Konferenz sofort zusammentrete.

Nußlaud und Polen. St. Petersburg, 4. Zuni, St. Pet. Ztg.) Der „Regierungs- Anzeiger“ veröffent- ichte gestern den Kaiserlihen Ukas über die Aufhebung

des Generalgouvernements von Westsibirien und die gleichzeitige Gründung eines neuen, des sogenannten Steppen-Generalgouvernements“ mit dem Verwal- tungssißze in Omsk. Die russishe „St. Petersburger Zeitung“ bemerkt dazu: „Die gegenwärtige Reform hat die wihtige Ve- deutung, daß sie: 1) zwei Gouvernements, das von Tobolsk und das von Tomséf, unmittelbar der Centralverwaltung unter- ordnet -und auf diese Weise sie dem Europäischen Rußland näher bringt, wodur es möglih gemaht wird, in kürzester Zeit die lokalen Geseßesbestimmungen bezüglih der Ver- waltung zu beseitigen, und 2) daß sie die an China grenzenden Gebiete einer centralen und genieinsamen Ver- waltung in Omsf unterstellt. Bisher grenzte das chinesische Reich an Turkestan und Westsibirien. Jn den leßten Unterhandlungen mit der Pekinger Regierung traf es sih häufig, daß die Kundgebungen und Erklärungen der beider- seitigen Generalgouverneure si widersprachen. Das erregte Mißtrauen, und Vershleppungen und SHhwierigkeiten im diplo- matischen Verkehr waren die Folge davon. Nunmehr werden alle Angelegenheiten bezüglih der Westgrenze Chinas in der Verwaltung des Generalgouverneurs der Steppengebiete con- centrirt werden können.“

e U (W: T. B) Der . „Regierungs- anzeiger“ veröffentliht die Ernennung des Generals Kolpakowsïy zum General - Gouverneur des Steppengouvernements und zum Kommandirenden des neukreirien Omskshen Militärbezirks, sowie des Generals Tschernajeff zum General-Gouverneur von Tur- kestan und zum Kommandirenden des Turkestanshen Militär- bezirks.

" 7. Zuni. (W. T. B.) Großfürst Wladimir ist gestern nah dem Auslande abgereist. s - Niktolajew, 6, Juni. (W. T. B.) Der Gr oßfürst Alexis, welcher gestern hier eingetroffen ist, besichtigte heute die Admiralität und beabsichtigt morgen die Reise nach Sewag- stopol und Batum fortzuseßen.

Schweden und Norwegen, Stocckholm, 6 Juni. (W. T. B.) Anläßlich der silbernen Hochzeit des Kö- nigspaares ist die Hauptstadt festlich geschmückt. Aus den Provinzen sind viele Deputationen zur Beglückwünschung des Jubelpaares eingetroffen. Nach einem feierlichen Gottesdienste in der Schloßkirche findet heute Galadiner und zugleich eine Speisung der Armen statt. Sämmtliche Zeitungen enthalten sympathische Artikel anläßlich des Festes.

Amerika. New-York, 3. Funi. (Allg. Corr.) Hier eingegangenen Nachrichten zufolge hat General Fuero mit 400 Mann mexikanischer Reiterei am 25. v. M. eine Bande marodirender Apache-Jndianer in Chihuahua an- gegriffen. Jn dem Gefechte blieben 37 Jndianer todt auf dem Plate, und eine Anzahl wurde zu Gefangenen gemacht. Die Berluste der Mexikaner beschränkten sich auf 9 Todte, darunter ein Dffizier, und 14 Verwundete, einschließlih zweier Offiziere. )

La röômisch-katholishe Bischof von Clevelan d (Ohio) hat einen Hirtenbrief erlassen, worin er droht, alle fatho- lishen Frauen, welche Mitglieder des weiblihen Zweiges der

Landliga werden oder dessen Versammlungen anwohnen,

zu exkommuniziren.

Zeitungsstinmmmen,

Das „Deutsche Tageblatt“ stellt eine vergleichende Uebersicht über die Ein- und Ausfuhr der wichtigsten Waaren- artikel in der Zeit vom 1. Januar bis ultimo April 1882 resp. 1881 auf und knüpft daran folgende Bemerkungen :

Im Großen und Ganzen hat unsere heutige Uebersicht dieselben Resultate aufzuweisen, wie solche für die ersten 3 Monate dieses Jahres erfreulicher Weise zu verzeichnen waren: Stetige Zunahme der Ausfuhr auf den hervorragendsten Gebieten unserer Industrie; Abnahme der Einfuhr bei denjenigen Artikeln, in deren Erzeugung wir dem Auslande ausreichende Konkurrenz zu machen im Stande sind; Steigerung der Einfuhr namentliÞch solcher Lebensbedürfnißgztikel, welhe wir selbst nicht produziren, deren zunehnMder Bezug aber für die unverminderte Konsum- tionsfähigkeit der Bevölkerung ein nicht zu untersbätendes Zeugniß ablegt. Eine von der Bibbetiaen abweichende Erscheinung bieten dieses Mal nur Eisen, Ganz: und Halbfabrikate, deren Ausfuhrmenge um 4700 t gegen den entsprechenden Zeitraum des Vorjahres zurück- gegangen ist, und zwar sind es Eisenbahnschienen, welche diesen Aus- fall verschuldet haben; deren Ausfuhrmenge blieb um 31 000 t zurü, von welchem recht beträchtlichem Quantum jedo Eisendraht, ein seit lange {on von den Vereinigten Staaten ungemein stark begehrter Artikel, allein 22000 t an Mehrausfuhr wieder einbrachte. Der Gesammt- auéfall ift ja nur cin gexinger, wir machen nur deshalb besonders auf denselben aufmerksam, weil wir s\eit länger schon in der Lage waren, regelmäßig das Gegentheil beriten zu können; aller Wahr- \ceinlichkeit nah wird cin Ausgleich auch bereits in allernächster Zeit stattfinden.

In der gesammten Textilindustrie zeigt sich dagegen, ohne Ausnahme, recht beträchtlihe Zunahme der Ausfuhr: bei Baum- wollenwaaren von 700 t, Wollenwaaren 500 t, Seidenwaaren 280 t, und Leinenwaarcen 336 t, ebenso bei Leder und Lederwaaren von 670 t und bei Holzwaaren von 1220 t, auch die Auéfuhr von Holz, meistens geschnittenen Hölzern, wuhs um die ansehnlihe Menge von 40 009 t.

Die Müblenindustrie betreffend, sei darauf verwiesen, daß das Minus der Einfuhr und das Plus der Ausfuhr zusammen gegen den entsprehenden Zeitraum des Vorjahres 22500 t ausmacen, also immerhin doch schon eine Besserung zu erkennen is, deren weite- res Fortschreiten wir durch f\teigende Erportzahlen boffentlich bald darzuthun in die Lage kommen werden. A

Beachtenswerth erscheint die stetige Zunahme der Einfuhr von roher Wolle 7000 t gegen das Vorjahr in Verbindung mit der steigenden Ausfuhr von Schafvieh mehr als 100 000 Stück gegen das Vorjahr; die heimishe Wollproduktion scheint danac nicht mehr lohnend zu fein. :

Die Einfuhr von Kolonialwaaren zeigt sih überall im Steigen begriffen, au für Wein findet dasselbe statt, wie ebenso eine Zu- nahme der Ausfuhr; die Tabakeinfuhr nimmt zwar zu, bleibt jedo noch immer weit hinter der erwarteten Menge zurü. -

Die Petroleumeinfuhr zeigt \{ch um 11000 t geringer, unsere neue heimische Produktion dieses Artikels wird darauf, bis jetzt jedoch, wohl noch ohne großen Einfluß geblieben sein. i

Einen außerordentlichen Ausfall gewahren wir in der Einfuhr amerikanishen Schmalzes; derselbe betrug niht weniger denn 4000 t.

Die Ziffern der Steinkohleneinfuhr weisen mit immer größerer Deutlichkeit darauf hin, daß es hohe Zeit ist, endlih einmal den ersten Spatenstib zum Bau eines Kanals zu thun.

Der „Staats-Anzeiger f. Württ.“ enthält fol- gende Notiz:

Wie wir vernehmen, sind in den leßten Tagen aus mehreren Städten des Landes (Biberah, Schorndorf, Ura, Vaihingen), sowie aus dem sechsten Reihstagswahlkreis (Tübingen, Reutlingen, Rotten- burg) Adressen zu Gunsten des Tabackmonopols an den Reicbskanzler

abgegangen. Dieselben {ließen \sich an den Wortlaut der Resolu- tion der Heilbronner Versammlung vom Mai an unter gleih- zeitiger Beibringung des Nachweises, daß die betreffende Resolution durch eine Mehrheit von # der Versammelten angenommen worden ist, Die Adresse aus dem sechsten Wahlkreis allein trägt mehr als 4000 Unterschriften. i f i:

Die neueste „Wiesbadener Zeitung“ knüpft in ihrem Leitartikel an eine Aeußerung der „Volksztg.“ an, nah welcher eine Besserung unserer gewerblihen und wirthschaft- lichen Verhältnisse nur eintreten könne, wenn Ersparnisse in der Staatsverwaltung, und zwar an demjenigen Theile der- selben gemaht würden, an welchem allein mit dur: greifendem Erfolge Verminderungen eintreten könnten, dem Heere und der Marine Die „Wiesb. Ztg.“ bemerkt hierzu :

So weit also wären wir wieder gekommen, daß von der Fort- \hrittspartei an unserem Heer und an der Marine gerüttelt wird ! Die Forderung nah „Verminderungen mit durchgreifendem Erfolge beim Heer und der Marine“ bedeutet nichts Anderes, als an die Heerverfassung, und damit an die Grundpfeiler des Reiches die Art anzulegen. Freilich versichert au die Fortschrittspartei, daß sie nicht an „eine Wehrlosmachung des Reiches“ denke. Welche andere Folge würde aber jene Forderung, wenn fie durchgeseßt würde, bei den be- stehenden thatsächlihen Verhältnissen haben können?

Die beste Widerlegung solcher Angriffe auf die deutsce Heer- verfassung geben die Worte, welche Hr. Rickert, der jeßige Führer der Sezessionisten, vor zwei Jahren bei Berathung der Militärnovelle in Bezug auf diese Punkte, gegenüber gleichlautenden Aeußerungen der Sortschrittspartei, gesprochen hat. Hr. Rickert erkannte unumwun- den an, daß in Deutschland die Steigerung der Militärlasten im Verhältniß zu derjenigen in den anderen großen Militärmächten, namentlich Frankreich, Rußland und England, die „bescheidenste Zahl“ auêmacbt, daß ferner „unsere tüchtige und umfichtige Kriegsverwaltung es allen anderen vorcausthut, wo es sich um eine sparsame Verwaltung und Durchführung der Militärorganisation handelt“, daß Deutschland jährli für sein Heer 105 Millionen Mark weniger ausgiebt als Frankrei, obwohl es 6 Millionen Einwohner mehr hat, daß die efffcktive und etatsmäßige Friedenspräsenzstärke in Frankreih um 30 000 Mann höher ist, daß es „eine Nothwendigkeit im Interesse des Deutschen Reiches ist, den militärishen Anstrengungen Franf- reis und Rußlands zu folgen“, und daß auch das Volk finanziell und wirthschaftlih hierzu fehr gut im Stande ist, da in Deutschland bisher nur 16—17 M, in Frankreich 53 4. an direkten und indirek- ten Steuern pro Kopf erhoben werden.

Die Fortschrittspartei hat in der Monopolkommission die An- nahme der Resolution Lingens durchgeseßt. Ueber die Art ihrer Ausführung läßt die „Volkszeitung“ keinen Zweifel, und cs muß ihr zugegeben werden, daß, da auf anderen Gebieten Ersparnisse in irgendwie nennenêwerthem Umfange niht gemacht werden können, die bis jeßt zurückgestellten Bedürfnisse der Kommunen ohne Steuer- reform und ohne Vermehrung der indirekten Einnahmen des Reichs nur auf dem von ihr angedeuteten Wege ihre Befriedigung finden könnten. Wollen nun die übrigen Parteien die Konsequenzen, welhe die Fortschrittspartei aus der Resolution Lingens zieht, auch ihrerseits ziehen? Wollen sie durch Unterstützung der gegen jede Steuerreform gerichteten Resolution auch nur den Schein erwecken, daß sie auch im Uebrigen den Absichten der Fort- \hrittspartei in Bezug auf eine Neduktion des Heeres und der Marine beistimmen? Die Wehrkraft des Reichs würde geschwächt werden, wenn auch nur ein Theil der auf sie verwandten Summen zu denjenigen Zwecken, für welche die Steuerreform bestimmt ist, Verwendung finden sollte. Wer also die Wehrkraft des Reiches un- angetastet erhalten will und wer also den von dem Organ der Fort- schrittspartei empfohlenen Ersaß der Steuerreform verwirft, der muß au die Resolution Lingens verwerfen. Sie annehmen heißt, wie die Sachen liegen, nichts anderes, als die Bestrebungen der Fort- shrittspartei, welche auf cine Shwächung der Wehrkraft hinauslaufen müssen, bewußt oder unbewußt zu stärken. / i

Aus dem oberschlesischen JFndustriebezirk, d. d, 1. Juni, shreibt man der „Schlesischen Zeitung“:

Die gedeihlihen Folgen der seit vorigem Jahre erfreulicherweise fast ununterbrochen fortschreitenden Lebhaftigkeit in der Betriebs- Thätigkeit der meisten im diesseitigen Berg- und Hüttenrevier vor- handenen industriellen Anlagen, sowohl kleineren als größeren Genres, geben sih nach verschiedenen Richtungen hin deutli kund. Vom Steinkohlenbergbau kann dies augenblidlich aus Gründen, die in der Natur der Dinge liegen, nicht ebenfalls gelten. Allein, wo man auf industriellem unnd gewerblihem Gebiete sonst hinblickt, wird man gewahr, daß+ nit blos in den großen industriellen Anlagen, sondern auc bei den in der Umgegend und darüber hinaus bestehen- den gewerblichen Werkstätten, ferner in Ziegeleien, Steinbrücben, Eisenerz- und Eisensteingräbereien im Verhältniß niht minder flott gearbeitet wird, als z. B. in den bedeutenden, auf die Gewinnung sehr werthvoller Montanprodukte- en masse abzielenden Anlagen Mancberlei Eisensteingräbereien 2c., die bis vor wenigen Monaten noch infolge des damals sehr gesunkenen Werths der Eisensteine „in Fristen“ lagen, sind längst wieder in Betrieb gesetzt und prosperiren.

Statistische Nachrichten.

Summarische Uebersicht über die Zahl der Stu- direnden an der Königlichen vereinigten Friedrichs- Universität Halle-Wittenberg im Sommer-Semester 1882, Im Winter - Semester 1881/82 sind immatrikulirt ge- wesen 1351, nach Aufstellung der betreffenden Nachweise wurden noch immatrikulirt 27; zusammen 1378, Davon sind abgegangen 386. Es sind demna geblieben 992, Dazu sind in diesem Semester gekommen 385, Die Gesammtzahl der immatrikulirten Studirenden beträgt daher 1377. Die evangelisch-theologisbe Fakultät zählt Preußen 344, Nichtpreußen 45; zusammen 389, Die juristishe Fa- fultät zählt Preußen 137, Nichtpreußen 6; zusammen 143, Vie medizinische Fakultät zählt Preußen 173, Nicbtpreußen 20; zu- sammen 193. Die philosophische Fakultät zählt a. Preußen mit dem Zeugniß der Reife 371, b, Preußen ohne Zeugniß der Reife auf Grund des §, 3 der Vorschriften vom 1. Oktober 1879 145: zu- sammen 516, e, Nichtpreußen 136; zusammen 652, Summa 1377, Außer diesen immatrikulirten Studirenden besuchen die Universität als Hospitanten 37. Es nehmen mithin an den Vorlesungen über- haupt Theil 1414.

Der Verein zur Beförderung des Gewerbfleißes hat eine

+ Kommission beauftragt, festzustellen, für welhe Gewerbzweige in

Deutschland und den benachbarten Ländern Fahschulen bezw. Lehr- werkstätten bisher thatsächlich eingerichtet sind, um daran Vorschläge in Betreff der Ausbildung jener Anstalten zu knüpfen. Der von dem Dr. Hermann Grothe erstattete eingehende Bericht is in cinem Ergänzungsheft der Verhandlungen des Vereins (Berlin, Verlag von Leonhard Simion) abgedruckt, und entnehmen wir dem Bericht die nachfolgende Uebersicht der in den einzelnen Staaten bestehenden technisben Facbschuülen:

In Frankreich wird der mittlere gewerblide Facbunterricht auf den Ecoles d’arts et metiers zu Chalons, Aix und Angers gelchrt, welhe Schulen mit Werkstätten verbunden sind; diese 3 Gewerbe- \{ulen haben zusammen Raum für 900 Schüler. Neuerdings sind noc einige Ecoles indnstrielles oder Ecoles supérieuses de commerce et d’industrie für Spezialitäten hinzugetreten ; in Limoges für Keramik, Lille für Leinenspinnerei und «Weberei, Nevers für große Eisenkon- struklionen, Roubair für Weberei, Rouen, Bordeaur. In Paris gehören die Ecole centrale des arts et manufactures und das Con- servatoire des arts et metiers in die Sphäre der böberen technischen Fachbildung. Außer den staatlichen mittleren FaGschulen giebt es in Frankrei noch zahlreichbe kommunale und private, so die Institution Delahaye zu Paris, Inst. Notre Dame zu Nantes, Springer in Paris, St, Nicolas, Ecole communale de la Rue Tournefort, Die

Ecole la Martinière in Lyon ift ein Uebergang zur niederen Stufe, zu welcher diejenigen ebenfalls Ecoles d’arts et métiers oder Ecoles supérieures de commerce et écoles industrielles benannten Gewerbe- \culen gehören, welche zum Theil für die Staatsgewerbeshulen vor-

bereiten. Viele dieser Schulen sind Spezialfabschulen geworden, fo-

die Ecole nationale d’horlogerie in Cluses, die Schule für Tertil- industrie in Epinal, die Ecole supérieure d’industrie in Rouen, das Institut industriel in Lille für Flachs\spinnerei, die Ecole des arts industriels in Roubair, die Webscule zu Lyon, Spitenklöppelschulen in Dieppe, Creuzot, Bayeur, St. Brienc u. \. w., für Weidenkultur und Korbflechterei in Origny sur le Thou u. \. w., für den Stein- {nitt in Clermont-Ferraud, Grenoble und Neuilly-sur-Seine, für Gbenisterie, Möbelfabrikation, Schriftseterei, Papierindustrie u. f. w. Auch mit den Waisenhäusern sind Werkstätten verbunden.

In Belgien bestehen keine Anstalten für die technische Aus- bildung in der mittleren Sphäre, dagegen waren im Jahre 1879 32 Ecoles industrielles vorhanden, die den Arbeiter eine höhere theoretishe Ausbildung geben sollen, 59 ateliers d’apprentissage und zahlreiche Zeichnenschulen.

In Italien hat die Regierung dahin gewirkt, daß sih im

Lande 50 und einige Arbeits\{ulen und Industrieschulen (Scuole professionali, industriali) mit 20 000 Schülern gebildet haben, viel- fa abhängig und unterstützt vom Minister für Aerbau und Handel. Ihnen gesellen sih die Scuole d'arte zu als Zeichnen-, Modellir- \{ulen und dgl., auch eine Anzahl 8cuole professionali Feminili, viele von Gesellshaften unterhaltene Fortbildungs\chulen und Privat- institute. Höhere technishe Bildung erzielen die Institute tecnici, welche theils Provinzial-, theils Kommunalsculen sind, und dann în den Seestädten noch die TInstituti tecnici e nautici hinzutreten; e Schulen waren auf der Mailänder Ausstellung 1881 67 ver- reten. __ In den Niederlanden sind professionelle Schulen (Ambachts- \chool) in Anisterdam (seit 1861). Rotterdam, Arnheim, Haag, Gro- ningen und Utreht. Eine höhere Stufe bilden die Mas\chinistenschool in Amsterdam und die Akademie von Beeldende Kunsten en technische Wetenschappen in Rotterdam.

In Spanien wird {on im Elementarunterriht auf die Zecnifk (nociones de agricultura, artes, industia, comercio y nautica) Rücksicht genommen. Höhere technische Unterrichtsanstalten sind die Ingenieurschulen (für Tngenieros de Caminos, Canales y Puertos. de Minas, de Montes u. f. w.) und 6 Feldmesserschulen.

Portugal besaß bis zum Jahre 1873 nur zwei theoretische technische Institute, zu Lissabon und Oporto. Mit dem letzteren wurde fodann eine mechanische Werkstätte für Präzisionsinstrumente verbunden. Weitere Reformen scheinen mit dem Tode des Direktors der polytechnischen Schule zu Lissabon, Fradesso da Silveira, ins Stocken geïommen zu sein.

Nußland hat an höheren technishen Schulen seit 1825 das technische Institut zu Moskau, 1831 das tehnologische Institut in St. Petersburg, 1847 die tehnishe Schule in Helsingfors und 1861 die polytecnishe Schule in Riga. Hierzu sind viele, meist mit Werkstätten verbundene Anstalten für den mittlecen und niedrigen Unterricht, auch Kunstgewerbeschulen und das polytechnishe Museum in Moskau getreten.

In Schweden und Norwegen ist man bemübt gewesen, der Hausindustrie durch Abe:d- und Sonntagschulen zur Fortbildung der Arbeiter und Handwerker sowie durch Arbeits- und Nähschulen möglichst aufzuhelfen. In Gothenburg werden in 21 Werkstätten 1600 Kinder unterrichtet, nahe der Stadt befindet sich cine großartige Arbeits\hule. In Stockholm ist der Unterricht in der Hausindustrie an die eigentlichen Volks\{ulen geknüpft. Fast alle Städte in SZ weden besißen Industrieschulen.

Dänemark besißt in Kopenhagen eine polytecnische Lehranstalt und eine Gewerbschule für die mittlere Sphäre der technischen Aus- bildung. Seit 1873 entstanden auf Clauson Laas’ Anregung zahl- reibe Handarbeits\culen.

EGngland besißt keine polytehnishe Schule. An mehreren könig- lihen Anstalten und Colleges werden regelmäßige Vorträge über tecnische Wissenschaften gehalten, au sind in neuerer Zeit mit diesen Colleges Werkstätten verbunden. Dem mittleren technischen Unter- riht dienen namentlich Fachschulen für Textilindustrie. Jn London haben die Stadt und Gilden auch eine Centralanstalt mit Lehr- werkstätten begründet.

In Amerika sind bemerkenswerth das Worcester County free Institute für Industriewissenschaften und besonders Cooper Ünion, eine großartige Maschinenhalle in New-York. Theoretisher Unter- riht wird auf den meisten Universitäten und Colleges, deren es cinige 80 ersten Nanges und mehr als 159 andere giebt, ertheilt. Neuer- dings ist auch eine Webschule in Philadelphia eingerichtet worden.

Die Schwe iz besißt in dem eidgenossishen Polytehnikum cine höhere technishe Lehranstalt, auf der mittleren Stufe stehen Industrieschulen ohne Werkstätten. Auch sind Handweckerschulen vorhanden.

Desterrreih-Ungarn hat technishe Hobschulen in Wien, Prag (2), Brünn, Graz, Lemberg und Pest. Die Staatsgewerbe- schulen bestehen aus mehreren an sich vollständigen Fabschulen. Unter den mittleren te{nischen Lehranstalten is das tehnologische Museum in Wien hervorzuheben. Zahlreih sind die Fabschulen; unterstüßt werden vom Staate: 29 für Spitenklovpelei, Stickerei, Posamentierarbeit, Weberei und Wirkerei, 22 für Holz- und Stein- industrie, 6 für keramishe und Glasindustrie, 7 für Metallindustrie, 5 verschiedene, zusammen 69.

In Deutsch{land sind höhere technische Lebranstalten zu Berlin, Hannover, Aachen, Dresden, Münster, Stuttgart, Braunschweig und Karlsruhe. Die durch Beuth in Preußen cingerihteten 24 Provinzial gewerbeshulen sind theilweis wieder eingegangen. Jn Barmen ist im Jal\re 1863 eine höhere und niedere Gewerbeschule begründet worden, später in Crefeld eine böbere Tertilscbule, in Remscheid und Iserlohn Facbschulen für Kleineisenindustrie bezw. Metall- und Bronzeindustie, Montabaur und Wiesbaden keramise Facbschulen, in Heinsberg (Aachen) Lehrwerkstätte für Korbflechterei, in Glashütte eine Uhrmacherschule u. A., zahlreiche private Bau- gewerkschulen und Fortbildungss{hulen, im Ganzen 213 gewerbliche Facsculen. In Ha mbur g bestcht eine allgemeine Gewerbeschule und damit verbundene Schule für Baubandwerker, außerdem eine fehr besubte Fortbildungsanstalt (für Mädchen). Sab sen besißt die Kunstgewerbes{hulen in Dresden und Leipzig, 20 W-eb- und Wirk\chulen, 31 Klöppel-, Näh- und Stickschulen, 3 Spinn- schulen, 2 Holzindustrieshulen, 3 Strohflechts{hulen, 1 Fach- schule für Blecharbeiter, 1 dgl. für Jnstrumentenmacber, 1 Uhr- macbershule, 2 Musikshulen, 4 Scbifterschulen, verschiedene Fach- zeicbnenshulen. Dem mittleren technischen Unterricht dienen 5 Werk- meistershulen und eine höhere Gewerbesbule in Chemnitz, dem höh- sten Unterricht das Polytehnikum in Dreéden. Im Herzogthum Sachsen-Coburg-Gotha sind Baugewerbeshulen zu Gotha und Coburg, auch die Unterweisung in der Korbflecbterei findet werk- stattartig statt. In Greiz und Gera befinden sich Webschulen. Braunschweig besißt eine sehr bemerkenswerthe Schule des Ver- eins zur Förderung des Kunstgewerbes und die Baugewerbeschule zu Holzminden; Mecklenburg das Fischcreiswulshiff in Wismar und die Baugewerbeshule zu Schwerin. Besonders ausgebildet if das Gewerbesculwesen in Württemberg durch die Centralstellen, die Wanderlehrer, Vereine und 153 gewerblicbe for lange Qulan, In Baden vertritt das Polytewniîum in Karlsrube den böberen 44 Gewerbeschulen den niederen gewerblichen Unterrich1. In Karls- ruhe besteht au cine Baugewerkschule und eine Kunstgewerbeschule. Im Großherzogthum Hessen giebt es 48 Handwerker-Fortbildungs- schulen, eine Baugewerkschule und die polytewnishe Schule zu Darm- stadt. Jn Bavern find viele der 251 Feiertagss{ulen mit gewerb- liden Fortbildungsshulen verbunden; au bestehen 45 Leue Mittelswulen (Kreisgewerbeschulen) und verschiedene Facbschulea. Die höbere mittlere Stufe des Unterrichts halten 4 Industriesculen inne. In Elsaß Lothringen zeichnen si besonders die Mübl- hausfer technischen Unterritsanstalten aus. Straßburg besitzt cine Winterscbule für Bautechniker und eine Handfertigkeitsscule.

P S f ¿00ER EE K E e] Get M kan I Zem R enrmveius

(E 2 S Ne eri E Ad A I A SX E: