1882 / 137 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 14 Jun 1882 18:00:01 GMT) scan diff

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Er hat den Hrn. Abg. Nichter am wundesten Punkte getroffen mit seiner Rede. s

Der Herr Abgeordnete hat bervorgehoben, die Rede des Herrn Reichskanzlers sei gestern nur eine Wiederholung, eine zweite Auflage seiner Rede vom Jahre 1879 gewesen. Nun, meine Herren, in ge- wissem Maße is das ja nothwendig und natürli der Fall. Wir befinden uns in der Beratbung eines Gescßes, weld%es nur ein Glied in einer Kette bildet, einer Kette, die im Jabre 1878 und E 1879 ihren Anfang genommen hat. Bei solchem fortgeseßten

erfahren ift es niht nur weise, sondern auch nothwendig, von Zeit zu Zeit den Ausgangspunkt in Erinnerung zu bringen, denn er wird von den Gegnern nur gar zu gern vergessen und todtgeshwiegen, und insofern hat der Herr Reichskanzler gute, gegründete Veranlassung ge- habt, auf folche Dinge wieder zurückzukommen, die er {hon 1879 ge- sagt hat. Und jedenfalls werden Sie mir das bezeugen, soweit man der Rede des Herrn Reichskanzlers diese Eigenschaft beilegen kann, daß sie cine Wiederholung einer früheren Rede gewesen \ci, in dem- \elben und in viel größerem Maße wird man der Rede des Hrn. Abg. Richter die Eigenschaft beilegen dürfen, daß sie eine Wiederholung ves van gen wir so und fo oft {on von ihm gehört haben, ge- wesen ist.

Wenn die Rede des Herrn Reichskanzlers gestern keinen Ein- druck hier gemacht hätte, wäre die Rede des Herrn Abgeordneten beute nicht gehalten worden.

Ich muß nun auf einen Theil ganz besonders bitten Ihre Auf- merksamkeit zu lenken. Es ist dieselbe Methode, die allec Proteste, aller Darlegungen ungeachtet immer wieder ron Neuem angewendet wird: die ganzen Reden der Opposition durhzieht wie ein rother Faden diese Fabel von Versprechungen des Herrn Nei hs- Tanilers Der Herr Reichskanzler hat si felbst dagegen verwahrt, in seinem Namen ift wiederholt Protest eingelegt worden und gebeten worden, doch ruhig und objektiv den Hergang unserer Steuerreform zu betraten und nicht diese unwahre Behauptung zu wiederholen, daß Versprechen des Herrn Reichskanzlers vorlägen, daß diese Ver- \prechungen unerfüllt geblieben seien. Der Herr Abgeordnete verscließt

ch alledem und hat also wiederum Dasjenige, was die Regierung als

iele zeigte, die sie nur in Gemeinschaft mit der Reichsvertretung,

eziehungéweise den Bundesvertretungen, zu erreiben strebt, mit Unrecht als Versprehungen des Herrn Reichskanzlers be- zeichnet. Er hat seinerseits die Unterstellung gemacht, als fei von dem Herrn Reichskanzler die Erreichung aller die- fer Ziele {on von der Bewilligung des neuen Zolltarifs allein in Aussicht gestellt worden. Das einfaste Rechenexempel be- weist aber doch, daß dics eine Sache der Unmöglichkeit gewesen wäre, und es ist dem Herrn Reichskanzler am wenigsten zu imputiren, daß er für eine platte Unmöglicbkeit gemeint hätte, die Zustimmung des Reichstags zu gewinnen. Mit dem Zolltarif ist der Anfang der Reichssteuerreform gemacht worden; mit den Ergebnissen, die dabei gewonnen sind, die der Hr. Abg. Richter auf 130 Millionen be- rechnet hat, während ich sie meinerseits in der erften Debatte auf 106 Millionen berechnete. Mit diesen Ergebnissen sind natürlich nicht Dinge zu erreichen gewesen, die 200 und mehr Millionen in An- spruch nehmen. Es wird also ganz mit Unrecht behauptet. daß Alles das, was die Regierung jemals als ihre Ziele bei der Reichssteuer- reform angedeutet und in die Perspektive gestellt hat, {bon mit dem Zolltarif zu. erreichen gewesen wäre. | :

Der Herr Abgeordnete hat dann, der Statistik, die der Herr Reichskanzler gestern in Bezug auf die Klassensteuererekutionen mit- getheilt hat,, nachgehend, gesagt, es scheine darnach, daß neuerlich eine Vermehrung der Exekutionen es habe, und es beweise das gerade gegen die neue Wirthschaftspolitik; die Belastung der unteren Klassen mit größeren Zöllen sei wahrscheinli die Ursache, daß nun bei den direkten Steuern die Exekutionen in den unteren Klassen gestiegen seien. Meine Herren, dem Herrn Reichskanzler hat leider nicht ein reichlicheres Material zu Gebote gestanden, um eine retrospektive Betrachtung dieser Verhältnisse anstellen zu können, er hat si begnügen müssen mit den Daten der leßten Jahre, die ihm zugänglich wären, und er hat daraus selbst im Gegentheil hervor- gehoben, daß seit dem Jahre 1881/82, soweit die Nachrichten {on vorliegen, ein erheblicher üdgang der Erekutionen ftattgefunden hat; er hat auch nit unterlassen, das auf der Hand liegende Erklärungsmoment hinzuzufügen, er hat ge- sagt, in diesem Jahre ist der Steuererlaß eingetreten, ein ganzes

terteljahr ift keine Steuer erhoben worden, in Folge dessen sind auch die Exekutionen für cin Vierteljahr ausgefallen, {on darum ms die Zahl der Exekutionen in diesem Jahre geringer sein. Nun ist der Schluß doch wohl natürlich: wenn wir nur die Neform fortseßen, und nicht blos ein Vierteljahr keine Steuer erheben, fondern vier Vierteljahre, daß dann die Exekutionen überhaupt auf- hören. Das ist gerade die wunde Seite, das haben die Herren, die mit dem Hrn. Abg. Richter übereinstimmen, empfunden, daß fie in diesem Punkte in der That einen \{chweren Stand haben werden, wenn die Reden des Herrn Reichskanzlers in das Volk gedrungen, dort verstanden, dort gelesen sein werden.

Der Herr Abgeordnete hat dann gesagt, der Herr Reichskanzler wisse gar nicht, daß im Jahre 1873 eine Aenderung in der Klassen- steuer eingetreten sei, das gehe hervor aus seiner Kritik dieser Steuer, aus seiner Vergleichung derselben mit der russischen Kopfsteuer und dergl, Meine Herren, das sollte doch ni{t als zulässiger Ton an- gesehen werden, daß man dem obersten Reichsbeamten, der seine ganze Kraft dem Studium dieser Fragen widmet, der an der Spitze der preußischen Regierung steht, daß man dem positiv vorwirft, er wisse nit, daß im Jahre 1873 ein solches Gesetz erlassen worden sei. Gewiß weiß der Herr Reichskanzler das; aber er weiß auch, daß dieses Geseß nicht die Es gehabt hat, in den sämmtlichen Provinzen des Staates die untersten Klassen zu befreien, die in den östlicben Pro- vinzen allerdings befreit wurden. Gewiß weiß er, daß die Wirkung diefes Geseßes im Jahre 1873 eine unendlih unvollkommene gewesen ist, die weitere Aenderungen auf dem Gebiete der direkten Steuern nicht unnöthig macht.

Der Hr. Abg. Richter hat dann geglaubt, sehr großen Werth legen zu dürfen auf die Anzahl von Tabafsteuerprozessen, die in dem vorigen Jahre verhandelt worden sind, und er hat gesagt, wenn das {hon im ersten Stadium der neuen Tabacksteuergeseßzgebung einge- treten ist, wie würde das erst später sein, wenn die Kontrolmaßregeln sich häufen und vershärfen. Meine Herren, die Wahrheit, die auch sehr nahe liegt, ist das gerade Entgegengeseute; das ift nicht der Anfang einer fernerhin wabsenden Zahl von Steuerprozessen, sondern es ist die natürlihe vorübergehende Folge des Ueberganges in neue Verkbält- nisse, Bis zum neuen Tabalcksteuergeset von 187 gab es 82 Tausend und einige Hundert Personen, die Taback steuerfrei bauen konnten. Diese sind betroffen von dem neuen Tabalsteuergeseze und unter dieser ganzen Zahl hat \sich leider das ip, herausgestellt, in ca. 15 Fällen mit Prozefsen erst der neuen Gesetzgebung Eingang

werden sich die Leute {on mehr daran gewöhnt haben, indem fie

schen, unter dem neuen Geseße muß nun einmal Tabacksteuer bezahlt

werden, und die Prozesse werden nach dem ersten Stadium abnehmen, ie sind niht die Einleitung zu einer Perspektive von wachsenden rozessen.

Der Herr Abgeordnete (ich muß bei der Anlage seiner Rede ihm so folgen, wie ich sie mir na den Notizen vergegenwärtigen kann; ih muß auf den Anspruch verzihten, alles in einer wohlgefügten Nede systematisch zu behandeln). Ich sage, der Herr Abgeordnete hat geltend geinast, die Ziele, die auch jeßt mit die Ziele der Reichsfteuerreform,

inführung des Tabackmonopols verfolgt würden, lägen ja auf einem anderen Gebiete, als man erkläre, sie fu auch in den gedruckten Motiven der Vorlage erkennbar, sie gelten dem Heere, und es sei merkwürdig, warum der Herr Reicskanzler gestern nicht von den Ausgaben gesprochen habe, die beabsichtigt wurden für die Ver- sorgung der Rélikten, für die Erhöhung der Pensionen und für die Gehälter der Offiziere und Beamten, kat er dann hinzu- efügt, in der Einleitung aber nur gesagt, es gelte dem re, Davon hâtte der Reichskanzler s\prehen sollen, nicht von den Lehrern in Preußen. Ih möchte den Hrn. Abg,

zu verschaffen. Das ist gerade das erste jewöhnt haben, in Jetzt

RNieter aber bitten, Bs zu vergegenwärtigen, in welhem Zusammen- bange der Herr Reichskanzler von den Divi in Preußen gesprochen. Dieser gedachte er bei Besprc{ung der Verwendungszweckte in Preußen, und unter dieser Rubrik konnte der Herr Reickskan¡;ler unmögli von den Offizieren, von der Erhöhung der Pensionen beim Reichsheer u. \. w. sprechen, denn diese berühren den preußischen Etat nicht ; wobl aber konnte und mußte er von den im preußischGen Verwen- dungsgefeße zwar niht an die Spitze gestellten, aber dem Betrage nah ganz befonders hervorragenden Erleichterungen für die Volks- \{ule in diesem Zusammenhange sprewen. Daß der Herr Reich8- kanzler nit auëdrücklich au von jenen anderen Ausgaben, die ja in den Motiven gedruckt von Anfang an für Jedermann erkennbar waren, seinerseits gesprochen hat, das, glaube i, werden Sie als sehr natürlih erkennen; das erste Ziel der Steuerreform, die finanzielle Selbständigkeit des Reiches war bisher noch immer das Unbestrittenste, und wenn Sie anerkennen dürften, daß folbe Auêëgaben an die Reichskasse, an Ihre Bewilligung hier herantreten werden, so werden Sie den Schluß von selbst mitmachen, daß Sie für diese Ausgaben au hier die Mittel werden beschaffen müssen. Da bedurfte cs weniger der Zuräckweisung eines Angriffes, als bei dem bestrittenen Punkte, was denn für die einzelnen Bundes- staaten vom Reiche zu gewähren ist. : /

Der Herr Abgeordnete hat dann, indem er wieder zurüdfam auf die sogenannten Versprechungen des Herrn Reichskanzlers, gesagt, es würden nicht 5 Tabakmonopole auêreichen, um diesen Versprechungen gerecht zu werden, und er hat in einer Weise, die mich allerdings nit blos betrübt, sondern auch wegen ihrer Zulassung überrascht hat, fich erlaubt, damit in Verbindung zu bringen ein Gesetz, welces fich gegen die Ausbeutung des Leichtsinns uxd der Unerfahrenheit wen- det. Es war ja vielleicht sehr vorsichtig gefaßt, was er da gesagt hat, aber die beabsichtigte Nutzanwendung lag allerdings für Jeder- mann im Hause doch recht verständlih vor. JIch muß mi auf den entschiedenen Protest dagegen beschränken, daß man hier gegenüber irgend einem Faktor der Reicheregierung eine solche vorsichtige, viel- leiht aber in ihrem Kerne unglaubliche Insinuation gebraucht.

Der Herr Abgeordnete hat ferner ausgeführt, daß der Herr Reichskanzler wesentlich cine Wahlrede gehalten habe, daß er sein Wahlprogramm gcstern anderweit entwickelt habe, und er hat geglaubt, hinzufügen zu müssen, daß der Herr Reichélanzler nicht viel Glüd damit haben werde. Ja, meine Herren, das wird sich zeigen. Die Versuche, die der Hr. Abg. Richter und seine Freunde vor den Wahlen machen werden, den Glauben zu verbreiten, daß mit den alten Be- willigungen, wie er es nannte, daß mit den Zöllen und Verbrauchs- steuern, die bisher erhoben worden sind und nach nee Recbnung seit 1879 eine Steigerung um 130 Millionen erfahren haben, daß mit dem das zu erfüllen sei, was die Regierung weiter noch den cinzelnen Län- dern und den Kommunen zu Theil werden lassen will, diese Versuche werden, glaube ich, dem Hrn. Abg. Nichter auch in der.Wahlcampagne schr {wer werden. Die Zahlen find zu hartes Material, und Zu- sprüche wie die: wir müssen abwarten, wir müssen sehen, wie si der Bergwerksetat, der Eisenbahnetat, der Forstetat u. |. w. entwickeln werden, die werden im Lande nicht verfangen. Meine Herren, mit solchen Empfehlungen könnten Sie ja alle Verbesserungen \lets hin- ausschieben, denn eine weitere günstige Entwickelung des Eisenbahn- etats, des Bergwerksetats, des Forstetats und namentlih gute Ernten das sind Dinge, die în jedem Jahre als möglich hingestellt wer- den könnten und die in jedem Jahre mit dem gleichen Rechte etwa den erforderlichen Trost geben könnten, um sich über ablehnende Ute gegenüber der Noth der Steuerexekutionen hinweg- zuteßen.

Ich muß ein Wort noch hinzufügen über die preußischen Geseh- entwürfe, die dem Hrn. Abg. Richter, wie er sih ausdrückte, in die Hände gefallen sind. Es is das ja eine Art, Gesetzentwürfe zu be- kommen, die wenig graziós ist; ich weiß nicht, wie das zugegangen sein kann, daß ihm solche Geseßentwürfe in die Hände gefallen sind ; ih glaube au nit, daß er wirkliche Entwürfe auf diese Weise be- kommen hat, die der Herr Finanz-Minister etwa {on beschlossen hat, dem Staats-Ministerium vorzulegen. Was ih von solchen Plänen und Entwürfen, die ja in irgend einem noch un- reifen Stadium, oft auch im Gespräh, weiterhin kommen, gehört habe, so ist jedenfalls keiner darunter, der da beabsichtigte, mittelst der Entwicklung der direkten Steuern die 14 Millionen wieder einzubringen, die in Folge des Erlasses jeßt diese Steuer weniger einbringt. Jh glaube aub nit, daß ein Stempelsteuergeseß dabei vorbereitet ist, welches die Absicht hätte, die Erleichterungen, die bezüglih des Immobilien- und des Pachtstempels geplant sind, durch anderweite Erhöhung der Stempelsteuer wieder wett zu machen, Der Herr Abgeordnete hat aber dies einmal in den ihm in die Hände gefallenen Geseßen gefunden und plaidirt nun darauf hin. Er sagt weiter: wundern Sie si auch nicht, meine Herren, die Mittel fehlen gar niht, um die nöthigen Verbesserungen in Preußen mit rein preußishen Mitteln auszuführen, und entwickelt nun seinerseits die blühenden Ausfichten des künftigen preußischen Etats. Da kann ih nun ihm entgegnen, daß der preußische Herr e in einer Ausführung, die mir nicht in die Hände ge- allen, fovdern zugekommen ist, ganz das Entgegengesette ausgeführt hat, daß er da der Ueberzeugung Ausdruck gegeben hat, daß der preußische Gtat in den nächsten zehn Jahren bei ruhiger Entwicklung und ohne das Dazwischenkommen von gesetzlihen Neuerungen nicht die Mittel darbieten würde, um die nöthigen Verbesserungen überall zu bewirken und insbesondere eine befriedigende Reform der Steuern herbeizuführen, ja, daß vielmehr mit der äußersten Sparsam- keit in allen Ressorts werde gewirthschaftet werden müssen (und zwar in einem etwas anderen Sinne, wie ih glei bemerken will, als wie der Hr. Abg. Richter Sparsamkeit erklärt), wenn man in Preußen nicht wieder zu Defizits kommen will,

Der Herr Abgeordnete hat im Zusammenhange hiermit auch die Verhältnisse im Reiche beleuhtet und bedauert, daß der Kommissions- bericht in dieser Beziehung so dünn ausgefallen sei. Die Schuld, die er dabei den Regierungskommifsaren zuschob , ist ungerecbtfertigt. Er meint, es werde si vieKeibt heute {hon mittheilen lassen, auf wie boch der Uebershuß des Vorjahres am 29. Juni si feststellen lassen dürfte. Ich kann natürli heute auch noch nicht diese Ziffer be- stimmt angeben, aber wohl beftätigen, wie ih das schon in der Kom- mission gethan habe, daß der Uebershuß noch größer sein wird, als bei der leßten Etatberathung angenommen wcrden fonnte, daß er si auch in den leßten Tagen wieder noch, namentlich in Folge sehr spar- samer und strenger Wirthschaft bei der Militärverwaltung, dur Minderausgaben wesentlich erhöht zeigt. Aber das Wesentliche, worauf es dem Hrn. Abg. Richter ankam, finden Sie {on in den Motiven der Tabackvorlage. Dort ist {hon gesagt, daß nicht nur das Jahr 1882/83, sondern auch das Jahr 1883/84 mit Hülfe des Ueberschufsses des Vorjahres werde in der Lage erhalten werden , auf eine Steigerung der Matrikularbeiträge zu verzihten. Das ist hier auf Seite 25 der Vorlage bereits angeführt. Jh kann nur hinzufügen, daß dieser Uebershuß zum Betrag von ca. 21 800 000 (A der Nüben- zuckersteuer zu verdanken und zwar dem von der leßten Etatsberathung den Herren gewiß allen noch erinnerlichen, dort näher dargelegten neuen Verfahren in Bezug auf die Auszahlung der Bonifikationen für ausgeführten Zucker. Jn diesem ganzen Betrag ist der Uebers{uß ein einmaliger und kann mit irgend cinem Grund nit auf dessen Wiederkehr gerechnet werden, Daneben haben die Post- und Tele- graphen-Verwaltung und auch die Eisenbahn-Verwaltung erhebliche Ueberschüsse geliefert, au die Reichäbank, und von diesen kann man bis L einem gewissen Grad die Hoffnung hegen, daß sie wiederkehren werden,

In Bezug auf die Resolution Lingens hat der Hr. Abg. Nichter und nur deshalb gehe ih darauf ein, um meine Erwiderung mit diesem Punkt zum Abs{luß zu bringen angedeutet, was nah Fetnex Auffassung im Sinne dieser Resolution unter „an- gemessener Sparsamkeit“ verstanden wird, Da waren, wenn ih richtig verstanden habe, die beiden Paiurtpunrke doch nur negative Re- zepte: keine Zuschüsse für die sozialpolitishen Vorlagen, keine Samoa-Politik. Das bringt alles noch nich18 ein. Es bliebe also nur noch das Dritte übrig: sie soll bei dem „ganzen Etat* geübt

werden diese Sparsamkeit, und insbesondere bei den Bauten. Was sih damit thatsählich erzielen läßt, ist herzlih wenig, wenn, wie der Hr. Abg. Richter ja einstweilen auch zugeben will, man nicht etwa den ganzen Militär-Etat in seinen Grundlagen angreifen will. Bezug auf die Bauten ist zugegeben, daß in Folge der Auffassung, die nach den Jahren 1871 und 1872 in weiten Kreisen si verbreitet hatte, in einer Weise gebaut worden ift, der man heut zu Tage nicht mehr folgen möchte, die man beut zu Tage nicht mehr ratihabirt. Aber id möchte Sie bitten, die Gerechtigkeit zu üben, anzuerkennen, daß darin die Regierung keineswegs etwa allein gefehlt hat, sondern daß Landtage und Reichstag, die bei jedem folhen Bauprojekte die Pläne gesehen, und sie vorher gebilligt haben, das mitvers{uldet haben, und daß in dieser Beziehung die Besserung bei uns allen eine allgemeine geworden ist. Das ift eben die überwundene Milliardenarschauung. E: die Reduktion der Beamten hat der Hr. Abg. Richter angedeutet, rüher wären 3, 4 oder 5 Geheimräthe beispielsweise im Reich aus- reichend gewesen, um die Leistungen, die jedenfalls seiner Meinung nah besser gewesen als jeßt, zu bewältigen. Er übersieht dabei, daß alle materiellen Arbeiten damals im Großen und Ganzen im preußisben Ministerium gemacht werden mußten und daß es als {ickliches Verhältniß angesehen wurde, mit der zunehmenden Ent- wickelung und Konfolidation des Reichs eigene Arbeitskräfte beim Reich zu bestellen. Der Hr. Abg. Richter {loß diese seine Betrach- tung, nabdem er den Sinn der Nesolution auch dahin erläutert hatte, daß man „abwarten®* mußte, worauf ih vorbin {on geantwortet babe, daß dem Wesen der Steuerreform, wie cs sich die verbündeten Regierungen dâchten, entgegenzutreten sei, denn diese Steuerreform ginge dahin, die kleinen Leute zu keeinträchtigen zu Gunsten der Großen und Reichen. Meine Herren, in diesem Ziele zu vermeiden, daß die kleineren beeinträchtigt werden zu Gunsten der Großen und Reichen, in diesem Ziele ist die Reichsregierung und sind die ver- bündeten Regierungen mit Ihnen absolut einig. Das ist das Streben der Reichsregierung“ gerade auch, und ih erinnere nur noch besonders daran, wie der Herr Reichskanzler in seiner Rede vom Jahre 1879 damals dasjenige, was ihm vor- sbwebe als das Ziel, das man in Preußen bezüglih der direkten Steuern zu erreichen habe, damit bezeichnete, daß für den Staat nur noch die Einkommensteuer übrig bleibe als eine Art Anstandssteuer für die reihen Leute. Uebcrall ist die Tendenz der Regierung genau dieselbe. Ven Streit, ob das Mittel der indirekten Steuern ein richtiges, acceptables sei oder nicht, werden wir jeßt niht zum Aus- trag bringen. Die verbündeten Regierungen sind überzeugt davon, daß durch diese die kleinen Leute nit bedrückt werden, zu Gunsten der größeren, sondern, daß die damit zu ermöglichende Befreiung der Aermeren von direkten Steuern ein wahrer, ein ihnen zu gönnender und für sie zu erstrebender Vortheil ist. Darin liegt die Differenz, nicht in der Tendenz gegen die „kleinen Leute.“

Ich möchte nur noch zwei Worte hinzufügen, die gegenüber den en Ausführungen des Herrn Vorredners glaube ih nicht fehlen dürfen zur Richtigstellung dessen, was der Herr Reichskanzler ausgeführt hat.

Der Herr Abgeordnete sagte, der Herr Reichskanzler hätte „ab - geleugnet“, die Worte gebraucht zu haben „Macht geht vor Recht.“ Ich bitte, das dahin richtig zu stellen, daß der Herr Reichskanzler wiederholt darauf hingewiesen hat, daß ihm diese Worte zu Un- r echt zugeschrieben würden. Unter „ableugnen“ versteht man gemeinig- lih etwas Anderes, und ih will annehmen, daß dec Hr. Abg. Richter das nicht gemeint hat.

Also der Herr Reichskanzler hat diese Worte nicht ge- braucht, sie sind ihm mit Unrecht in die Schuhe ges{oben worden.

Ich möchte dann noch bitten, daß der Herr Abgeordnete nicht glaubt, die gestrigen Urtheile über Fraktionen und Fraktionspolitik damit abthun zu können, daß er dem Herrn Reichskanzler ein früheres Urtheil über raktionen entgegenhält, Ich glaube, der Herr Reichskanzler wird sein früheres Urtheil nicht zurück- nehmen und die Erinnerung daran sich wohl gefallen lassen können, wenn man nur der Billigkeit halber hinzufügt, was er gestern gesagt hat : A die seiner Meinung nah nicht mehr vor Allem Interesse für das Ganze haben, die es nit mehr in dem Maße im Auge behalten, wie er es für nöthig hält, die das besondere eigene Interesse, wie er gestern anführte, glauben höher tellen zu sollen oder wenigstens thatsählich böber stellen, als _das Interesse für das Ganze. Was er im Jahre 1879 oder 1880 gesagt hat, das hat si natürli nur auf die Parteien bezogen, die sich vor Allem einig E Interesse für das Ganze und für dessen Zwecke \ih auch verbinden.

Der Abg. S A von Minnigerode erklärte, die heutige Rede des Abg. ? ' niht mahen. Der Abg. Richter habe nur zitirt aus Reden, die derselbe früher gehalten habe. Falsh zitirt habe der Abg. Richter den Reichskanzler, welcher gestern ausgeführt habe, daß sih die Steuerexekutionen von 1 100 000 in den leßten Jahren auf 600 000 Fälle vermindert hätten. Diese Vermin- derung sei eine der Folgen der neuen Wirthschaftspolitik. Ebenso unrichtig seien des Abg. Richter Darstellungen über die Auswanderung. Während der Jahre 1872 bis 1876 seien trübe Zeiten in Amerika gewesen, die hätten viele Leute von der Auswanderung zurückgehalten. Jett hätten sih diese Ver- hältnisse gebessert, und neben dem Strome der regelmäßigen und durch solhe Verhältnisse niht bedingten Auswanderung ergieße sich nun auch der zurücckgehaltene Strom der Auswanderungslustigen nah Amerika. Wenn aber der Abg. Richter von dem Leichtsinn und der Unerfahrenheit gesprochen, auf welhe bei manchen Steuervorlagen s\pekulirt werde, so finde er diese Parallelstellung des Wuchergeseßzes mit den Absichten der Geseßgebung von seinem Standpunkte aus geradezu unerhört. Die konservative Partei stimme mit den Liberalen überein darin, daß Steuerermäßigungen ge- schaffen werden sollten, aber die Liberalen hätten bisher den Grundbesiß mit der auf ihm lastenden Grundsteuer ganz und ar vergessen, und Mehreinkünfte aus den Steuern wolle der bg. Richter nit bewilligen. Der Abg. Richter wünsche, daß die Vexationen der Jndustrie und die Beunruhigungen des Publi- kums aufhören sollten ; er glaube, daß seine Reden nicht geeignet seien, Beruhigung zu verbreiten, und wenn der Abg. Richter gesagt habe, der Abg. von Minnigerode sei der Sünder, der die Auflösung des preußishen Abgeordnetenhauses zu verant- worten haben werde, so müsse er (Redner) darauf hinweisen, daß von einem konservativen Abgeordnetenhause niht die Rede sein könne. Seine Freunde hätten das Verwendungsgesehz dort vergeblich zu amendiren versucht, und hätten deshalb aus Prinzip für dasselbe gestimmt. Ob eine Auflösung dem Abg. Nichter so erwlinscht gekommen wäre, scheine ihm zweifelhaft. Der Abg. Richter habe dort seinen Siß für Hagen aufgeben müssen und heiße jeßt Richter-Berlin. Bei iederwahlen seien alle Parteien, vielleiht mit Ausnahme des Centrums, wegen ihrer Sihe in tg ie Das ree darüber, was Byzantinismus bedeute, überlasse er der Ge- schihte. Ohne die wirthschaftlihen Reformen hätte man in Deutschland heute ficherlich ein Defizit, und es handele fich darum, diese Reformen zum AbsGluk zu bringen. ener habe der Abg. Richter erklärt, das Monopol sei die günstige Gelegenheit, den Willen des Kanzlers zu brechen. Das sei leiht zu sagen, wenn man wisse, daß man eine Majorität gegen das Monopol hinter sich habe. Der Abg. Richter habe gesagt, daß das Monopol keine nationale Einrichtung sei, und daß demselben der Wille der Nation widerstrebe; nun meine er aber, daß doch der Neichskanzler mit seinen großen Ver-

tihter könne einen Anspruch auf Originalität

diensten um die Nation ein besserer Jnterpret der Volks- meinung sei, als jene Herren von der Linken, die am Schlusse der Rede des Kanzlers, als dieser davon gesprochen habe, den nationalen Gedanken hochzuhalten und das Reich nicht an dem Maraëzmus parlamentarisher Zerfahrenheit und an den Folgen der Fraktionspolitik zu Grunde gehen zu lassen, mit Zischen geantwortet hätten. Diese Herren hätten wohl kaum einen Anspruch darauf, mit demselben Recht im Namen der Nation zu sprechen, wie der große Mann, dem man erst eine einige deutsche Nation zu verdanken habe. Der Abg. Ritter kritisire die Motive des Kanzlers, aber welche Motive habe der Abg. Richter denn ? Die Linke sammele die Beiträge der Taback- intercssenten, und sage zu diesen, wenn die Linke was für sie thun folle, müßten sie auch dafür erkenntlich sein. Die Redens- art, daß der Taback bluten müsse, finde auf diese Weise eine interessante Bestätigung. Zu denjenigen, die ein Interesse an der Nichteinführung des Monopols in Deutschland hätten, gehöre vor allen Dingen die französische Regie ; sie werde sich bei dem Abg. Richter zu bedanken habe, da derselbe ihre Interessen hier so gut vertreten habe. Der Abg. Bamberger habe nun gestern unter Hinweis auf die vom Kanzler für das Monopol citirte freihändlerishe Autorität Leroy-Beaulieu gesaat: Ja um den Prcis des Freihandels wolle er das Monopol au. Derselbe erkläre sih doch wenigstens bedingungsweise sür das Monopol; ähnlich verhielten sihch viele andere Abgeordnete, die an das Monopol Bedingungen geknüpst hätten, nicht einmal alle so {wer ersüUbar, wie die des Abg. Bamberger. Die finanziellen Vedürsnisse des Neiches würden von feinen Freunden anerkrnnt, ebenso daß der Taba weiter zur Besteue- rung herangezogen werden könne, und daß eine Qualitätenbesteue- rung die einzig gerechte sei; diese aber führe zum Monopol, da sie in diejer Form allein und am besten und zuverlässig- sten gehandhabt werden könne. Er habe die auch hier mehr- erwähnte Tabakprobe der Straßburger Manusfaktur-Fabrikate mitgemacht, und könne versichern, daß die geringeren Sorten, namentlich die 4:, 5- bis 7-Pfennig-:Cigarren besser gewesen seien, als die aus Privathandlungen. Ein Unterschied in der Qualität zu Ungunsten der Straßburger Manufaktur habe si nur bei den theuren Sorten ergeben. Jm Uebrigen hate die Angelegenheit der Straßburger Manufaktur mit dem ‘Monopol garnichts zu thun. Wenn die Angelegenheiten der- selben s{chlecht ständen, so sei das kein Wunder; alle Mittel der Konkurrenz und der Reklame seien ja aufgewendet, um dies Resultat zu erreihen. „Wenn man einen traurigen ‘Abend haben wolle, so kaufe man si eine Straßburger Ci- garre“, solhe und ähnlihe in Umlauf gescßte Redensarten seien sehr geeignet, ihren Zweck zu erreihen. Jm höch- ften Maße bedenkli}h müsse die Arbeit der Kommission ersheinen. Schon bei der ersten Berathung habe der Referent Abg. Barth erklärt, seine Partei werde bei der Kommissionse- berathung energischen Antheil an derselben nehmen. Das scheine denn dieser Abgeordnete auch gethan zu haben, und er (Nedner) müsse sagen: „Vor diesem Werke steh? er staunend!“ Auch in seiner Form sei der Kommissionsberiht unerhört. Ueberall zeige sich eine gewisse nervöse Stimmung ; er sei solche Berichte bisher niht gewöhnt, und wenn er beispielêweise in dem Be- rihte am Schlusse lese: die Jdee des Monopols theile die Nation in ihrer großen Mehrheit niht, so meine er, das sei mehr ein Ton sür Volksversammlungen als für einen Kommissionsberiht. Bisher sei es noch nitt dagewesen, daß Anträge, die in der Komnission gestellt, und von dieser ange- nommen worden seien, in dem Verichte selbst nach dem betreffenden Antragsteller bezeihnet worden feien. Hier sei dies geschehen, und er möchte bitten, daß die alte Praxis in Zukunft beibehalten würde, und daß die von der Kommission angenommenen Anträge einfach als Kom- missionsanträge bezeihnet würden. Er sei der Mcinung, daß die Kommission nicht blos den Grundgedanken des Monopols und die Prinzipien der Vorlage, sondern auch die Einzel- bestimmungen hätte gründlich berathen müssen. Diese seine Ansicht praktisch auszudrücken, habe seine Partei den Antrag eingebracht, der den Namen des Abg, Uhden trage, und der einige Ak- änderungen von Spezialbestimmungen der Vorlage bezwecke. Seine Partei wünsche damit zu sagen, daß auch diese Para- graphen in der Kommission hätten erörtert werden müssen, um auf die einschlägigen Fragen hier Auskunst zu erhalten, und seine Partei wolle damit demonstriren, daß sie dieser Art der Kommissionsberathung nit beistimme. Er habe ferner zu erklären, daß ein Theil seiner Freunde sür den 8. 1 stimmen würden, um damit L daß sie im Prinzip mit dem Gedanken des Monopols einverstanden seien.

Der Abg. Dr. Windthorst erklärte, er werde sich abweichend von den übrigen Nednern lediglih mit der Monopolfrage befassen. Auf die Anträge und Resolutionen einzugehen, werde dann noh Zeit sein, wenn sie zur Diskussion gestellt seien. Schon in der ersien Berathung habe er die Stellung seiner politischen Freunde zu der Monopolfrage und seine cigene klar und kurz dezeihnet. Seitdem sei eine Aenderung in der Anschauung seiner Partei nicht cingetreten. Er würde darum keinen An- laß zu weiteren Bemerkungen haben, würde ih auf seine früheren Auslassungen beschränken können, weun nicht jeßt in der Verhandlung einzelne Punkte zur Sprache gekommen wären, die der Erörterung bedürften. Der Abg. Bamberger habe kein Bedenken getragen, die Sache so darzustellen, als ob er (Nedner) bemüht gewesen wäre, die Entscheidung über die Tabackfrage hinauszuschieben. Er erkläre hiermit, daß er das zu keiner Zeit gewollt habe. Allerdings gestehe er zu, daß er eine gründliche kommissarishe Prüfung der Frage für wünschens- werth erachtet, und seinen politishen Freunden zur Erwägung gegeben habe. Darüber nun seien die wundetiauflen Varia- tionen hier im Hause und mehr noch in der Presse ertönt. Er habe am 15. Mai erklärt, er halte dafür, daß cs wüns chenswerth sei, die Arbeiten, welche erledigt werden könnten, rasch zu erledigen, um diese Frage sür die Wahlen auszu- scheiden. Das also sei das Gegentheil von dem, was ihm in- sinuirt sei. Die Kommissionsberathung könne er nicht als ausreichend, den Bericht nickt als objektiv anerkennen. Eine ganze Reihe von Fragen sei unklar geblieben. Eine objektive

Vegenberehnung von Seiten der Kommission liege nicht vor,

au fehle eine Erörterung über die Wirkung der Taback- steuer auf die Tabackfabrikanten. Und doch habe gerade ierzu eine Anregung vorgelegen, da er selbst in der ersten esung darauf hingewiesen habe ; denn er glaube, daß gerade aus diesen Kreisen Verbündete für das Monopol erstehen würden. Endlich vermisse er eine gründliche Prüfung der Frage, wie ca das Verktältniß zwishen Fabrikanten und Tabadcbauern gestaltet habe. Gingen die Dinge so weiter wie bis- her, so glaube er, daß auch die Tabackbauern bald nah dem Monopol verlangen würden. Gerade dicser Punkt müsse gehörig untersucht werden. Denn gerade aus der

mangelbasten Prüfung desselben werde man die \{ärssten Argumente {öpfen, wenn man dem Reichstage nästens wie- der mit dem Monopol komme. Die liberalen Zeitungen, die jeßt nur Hohn und Spott enthielten, würden dann begreifen, daß der Rath des alten Windthorst do gut gewesen jei. Er wünsche, daß das Monopol beseitigt werde, daß es niemals wiederkomme. Aber er sage, daß die Linke dur ihr Verhal- ten am meisten dazu beigetragen habe, daß es wieder- fommen fönne. Denn der Neicskanzler resignire nicht, wie seine gestrige Rede gezeigt habe. Das preußische Ab: geordnetenhaus werde sih sicher noch einmal mit dieser Ange- legenheit zu befassen haben. Es fönne wohl sein, daß eine Session darüber hingehe, aber kommen werde sie. Wer län- gere Zeit im Parlamente sei und sche, wie sih Gedanken cntwickelten, wie Jdeen, die Anfangs bekämpst würden, ge- rade durch die Diskussion an Boden gewännen, der würde sich sagen, daß mit dem heutigen Volum die Sache ihr Ende noch nicht erreiht habe. Er möchte darum an die Buntdes- reglerungen die Bitte rihten, vor diesem Votum Halt zu mac en, die Monopolpläne auf und offen aufzugeben, und bestimmt bier- über Erklärungen abzugeben. Denn das \ci doc unzweifelhaft, daß nur eine solhe Erklärung die Beruhigung werde möglich machen, die von allen Seiten gewünscht werde zum Nußen einer Jnbustrie, in deren Dienst Tausende von Arbeitern ständen zum Nuygen für die weitere politische Entwickelung des deutschen Vaterlandes, endlih'auch im Juteresse einer gesunden, ruhigen, konservativen Politik. Verlasse die Linke sich nicht zu sehr auf den Sieg, den sie neulih bei der Zolltarisnovelle errungen habe, glaube die Linke nicht, daß es ihr leicht sein werde, diese Majorität auch gegenüber einem ncuen Taback- monopol aufrecht zu erhalten. Denn er habe die Ueberzeuguna, daß die Novelle niht zu Falle gekommen wäre, wenn man an berufener Stelle d1e Positionen mit größerer Energie ver- treten und gewisse Persönlichkeiten an die Stellung erinnert hätte, die sie bei der Tarifberathung eingenommen hätten. Uebrigens seien die Erhöhungen zwar abgelehnt, aber da, wo die Linke der beschlossenen Reform direkt zu Leibe habe gehen wollen, bei dem Schmalzzoll sei die Linke doch niht durch- gedrungen, Da hätten die Nationalliberalen die Heeres- folge versagt und die bedeutenderen unter ihnen hätten erklärt, sie wollten es bei den früheren Beschlüssen bewenden lassen. Troy dieses ablehenenden Votums, das man den BZollerhöhungen ertheilt habe, werde man in kurzer Zeit doch den Honigzoll bekommen, der gerecht fei. Schieferzoll links.) Den Schieferzoll auch, weil derselbe eine onsequenz des Gedankens sei, daß die vaterländische Jndustrie geschüßt werden müsse. (Ruf links: Gründungen.) (Der Prä- sident bat, den Nedner nicht zu unterbrehen.) Was nun die Ausführungen des Reichskanzlers anlangt, so müsse er sagen, daß derselbe bedeutsame Gedanken vorgetragen habe, die wohl zu überlegen seien. Er theile zwar bezüglich der Resultate, zu denen derselbe komme, nicht dessen Anschauung und glaube auch, daß er si nie zu derselben bekehren werde, aber der Gevanke sei richtig, eine Verminderung der direkten Steuern sei nothwendig. Allein, wenn dur das Monopol eine Be- seiligung derselben, und eine Heilung der Schäden herbei- geführt werden solle, so habe man wohl vergessen, daß man zwar Wunden heile, aber auch neue gesährliche schlage. Durch die Einziehung einer großen Privatindustrie, würden Viele brodlos gemaht und ganze Landstrihe in der be- denklihsten Art geschädigt werden. Das sei ein be- deutsames Element, das man nicht untershäßen sollte. Es sei ihm ganz klar, daß die Einführung des Monopols Bremen auf eine Reihe von Jahren schwere Verluste zuführen würde. ZJhm scheine es, als ob man in der neueren Zeit die Bedeutung der Hansestädte immer mehr verlerne, gar nitt daran denke, daß sie für Norddeutschland die eigentlihen Trä- ger des Handels und der Gewerbe seien, Deuts{hlands Ammen, wie er sih einmal aus3gedrückt habe. Wer aber diesen Städten näher wohne, wie in Hannover zumal, fühle, daß Alles zu vermeiden sei, was diesen Städten {hädlih werden könne. Man wolle ja auch immer den Gemeinden helfen. Da sollte man doch immer bedenken, wie viel andere durch eine solche Hülfe geschädigt würden, Die Behauptungen des Reichs- kanzlers, daß die Klassensleuer die Auswanderung vermehxre, sei niht ohne Berechtigung. Dazu komme aber noch die sehr drückende Militärpfliht und daß jeder gern weagehe, um seinem Gott nach seiner Art dienen zu können. Die Herren Liberalen hätten dies unmögli gemacht, und eine große Anzahl von Regierungen habe kräftig mitgewirkt, Baden vor allen, Wie oft hätten die Katholiken hören müssen, wenn es denselben nicht gesalle, so sollten sie fortgehen. Die Neigung zum Kulturkampf sei damals so groß gewesen, daß man die Katholiken am liebsten sämmtlich übers Meer befördert hätte. Das Alles sei jeßt endlich zum Bewußtsein gekommen, und jeßt dürfe man erst hoffen, daß wan wieder zu den alten guten Zuständen, wie fie früher gewesen seien, zurückehren werde. Er höre wohl, daß der Druck der direkten Cteuern gemindert werden müsse, aber die Frage sei doch, woher die Mittel zu nehmen seien. Jndirekte Steuern drüdten doch auch, wenn man es auch nicht so schr bemerke. Er glaube, daß ein gut regierter Staat direkte und indirekte Steuern haben müsse, ein System von aus\{licßlich indirekten Steuern könne seinen Beifall niht finden. Nur komme es darauf an, das richtige Verhältniß zwischen direkten und indirekten Steuern fesizustellen. Der Reichskanzler habe dann auf das Verwendungsgescß hingewiesen. Aber dem- selben habe ja jeglihe Basis gefehlt, Der wesentlichste Grund, weshalb er auf dafelbe nicht eingegangen sei, sei der gewesen, daß durch dasselbe ein Präjudiz für das Monopol habe geschaffen werden follen, und dazu hätte er sih nicht verstehen können. Daneben sei doch zu bemerken, daß ein Verwendunge- geseph nicht eine Steuerreform sei. Wolle man eine solche, so müsse man nah den Steuerverhältnissen nit des Staates allein, sondern auch der Gemeinden fragen, man müsse sehen, ob die bestehenden direkten Steuern, ob die Veranlagung derselben gerecht sei. Das sei cine Steuerreform, davon aber sei in dem Verwendungsgesehß keine Nede. Deshalb habe auch nicht das Centrum allein, sondern weite Kreise demselben Bedenken entgegengebracht. Wenn man nicht im Stande sei Vorshläge zu machen, in welhem Verhältnisse direkte und indirekte Steuern zu ein- ander stehen sollten, so werde man immer Fiaëko machen. Er müsse also das Abgeordnetenhaus gegen die Angriffe, die gegen dasselbe gerihtet worden, vertheidigen. Die oe dasselbe aufzulösen, sei jeßt ja wohl bedeutungslos, da daj- selbe so wie s bald auseinander gehen müsse. Der Reichs- kanzler habe si darüber beklagt, daß derselbe jeßt bei seinen eee weniger Unterstüßung fände, als in seiner S chaftspolitik. Er (Redner) könne den Kanzler versichern, da

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falls er sich von der Ridltigkeit des Monoópols hätte über- zeugen können, er dem Regimente des Kanzlers dasselbe gern bewilligt haben würde, da er gewußt habe, daß die Erträge desselben zu Zwecken verwendet wären, die auch er billige. Aber seine Partei habe nit finden können, daß das Monopol das richtige Mittel sei für eine Steuerreform. Man habe das Centrum wohl aufgefordert, dieselben anzugeben. Darauf habe er geantwortet, daß es nit die Aufgabe repräsentativer Körper sei, solche Mittel anzugeben. Aus dem Parlament könnten nit Vorschläge für neue Steuern hervorgehen. Daher könne er au den Antrag Minnigerode niht an- nehmen, sci aber zu einer Prüfung desselben bereit, falls die Regierung auf denselben eingehe. Wolle die Negierung seine Privatansicht- hören, was er nit glaube, so sei er dazu bereit, ihr seine Anficht zu sagen. Die Ziele und Zwecke der Vorlage, Erleichterung der unteren Klassen und der Kom- munen, billige er voll und ganz. Aber in Beziehung auf die Schulen wiederhole er, daß er sih gegen die Umwandlung der Schullasten in Staats!asten mit dem leßten Finger wehren werde. Bei dieser Gelegenheit mache er darauf aufmerksam, wie die Schullasten unter dem Regime Falk gerade vermehrt seien, Er empfehle das Monopol mit großer Mehrheit abzu- lehnen, die Regierungen aber bitte er, endlih ruhen zu lassen, was doch nicht zu erreichen sei. Auch er habe, wie der Aaner, E Eile, zi G p

Ver Abg. von Kardorff bemerkte, der Wunsch nah Nuhe werde auch nah Ablehnung dieser Vorlage nicht l Fe erhe, denn die einfahe Thatsache, daß der TabaÆ in Deutschland nur mit 1 s pro Kopf der Bevölkerung besteuert sei, wäh- rend derselbe in anderen Staaten mit 5 bis 6 M besteuert werde, hindere die Ruhe. Die Besteuerung solcher entbehrlichen Genußmittel, wie spirituose Getränke und Taback, beruhe auf einem ethishen und sittlichen Grunde. Wenn man diese Artikel hoh besteuere, seße man eine Prämie für diejenigen aus, die sich nur cinem mäßigen Genuß dieser Mittel hin- gäben. Darum hätten alle Kulturstaaten diese Genußmittel hoh besteuert und diesen ethishen Gesichtspunkt habe die gegenwärtige Vorlage verlassen. Gerade für die arbeitende Klasse sei diese Erziehung nothwendig. Es sei nicht gleih- gültig, ob eive Arbeiterfawmilie von ihrem Einkommen den vierten Theil für tiese Genußmittel ausgebe oder nit. Der Abg. Bamberger habe das freilih so dargestellt, als ob es ein geheiligtes Menschenreht wäre, eine billige Cigarre zu rauhen. Das sei Manchesterdokirin, Für dieNegierung wäre cs versührerish gewesen, jenen Standpunkt zu verlassen nach den Agita:ionen, die man bei den legten Wahlen erlebt habe, und gegenüber der Behauptung, das beim Monopol das Pfund Tabak 5 4 kosten werde, den Beweis zu liefern, daß der Tabak troß des hohen Ertrages nicht vertheuert werde. Aber die Grund- lage halte er sür falsch. Wenn man das Monopol überhaupt wolle, so müsse man auch die arbeitenden Klassen hierzu bei- tragen lassen. Wie er den Arbeitern in sozialer Beziehung helfen wolle, so wolle auch er bier helfen. Auch die Ein- nahmen, welche die Vorlage in Aussicht stelle, seien niht fo groß, daß cr die Verantwortung auf sich nehmen möchte, um dieser Einnahmen willen zu der wirthschaftlichen Umwälzung mitzuwirken, welWe das Monopol unzweifelhaft nach sich ziehen müsse. Ueber die Resultate der Straßburger Manu- faktur könne er sih kein Urtheil bilden, aber im Ganzen habe er doch aus der Leitung derselben einige Zweifel darüber bekommen, od die Büreaufratie in Deutschland geeignet sei, eine solche Verwaltung, wie die des Monopols, zu führen. Weiter sei von liberaler Seite als Hauptgrund geltend gemaccht worden, das Monopol gebe dem Staate eine zu große Macht, vor der man sich im konstitutionellen Interesse scheuen müsse. Er habe gerade die entgegengesetzte An- iht. Die Erfahrungen, die man bisher mit Staatsbetrieben gemacht habe, seien darauf hinausgelaufen, daß die Staatsbetriebe keineswegs eine Garantie dafür böten, daß die in derselben angestellten Beamten und beschäftigten Arbeiter einer Becin- flussung im gouvernementalen Sinne zugänglich gewesen seien. Das habe man bei den leßten Wahlen bei der Post, Telegraphie und den Eisenbahnen geschen. Die Staatsbetriebe mit den parlamentarischen Einflüssen, wie sie sih geltend gemacht hätten, hätten gerade für die Konservativen etwas höchst Bedenkliches. Aber selbst wenn alle diese Bedenken gegen das Monopol nicht existirten, so würde er die Vorlage doc nit votiren, weil man mit dem allgemeinen direkten Wahlreht rechnen müsse. Von allen Parteien würde an die \{lechten Leiden- schaften der Massen appellirt, und diesen Agitationen wolle er nit die Grundlage geben, welche ihnen heute noch das Mo- nopol gebe. Alle, wle bei dem Tabackgeschäft interessirt seien, würden zu liberalen Wahlaz-enten, er wolle diese Herren wieder auf die Seite hinüberziehen, auf die sie hingehörten, Der Abg. Bamberger habe das so uasgedrütt: die Majorität des Volkes habe entschieden, und deshalb dürfe man nit für das Monopol sprechen. Jm Gegentheil, den hohen Standpunkt vermöge cr nicht einzu- nehmen. Wenn er von der Richtigkeit einer Sache überzeugt sei, dann lasse er sich durch ein Votum der Nation au nicht von seiner Meinung abbringen. Der Abg. Nichter habe \ih beklagt über die Spradhe des Reichskanzlers, das sei cine Sprache, die zum Konflikt führen müsse. Wie sei aber die Sprache, welche fortschrittliche Flugblätter führten? Treibe das nicht zum Konflikt, wenn die Unwahrheiten verbreitet würden, die noch neuiich in einem Wahlflugblatte, das im Kreise Grimmen verbreitet worden sei, gestanden hätten ? Jn früheren Zeiten hätten als die verächtlihste Klasse von Menschen die professionellen Shmeichler der Fürsten gegolten. Eine ebenso verähtlihe Menschenklasse seien die ocoleslionellti Sqchmeichler der Menge. Der Fortschritt gehe dabei weit über die Sozial- dem\fkratie hinaus. Wenn man auf die Wahlfahne schreibe: billiger Schnaps, billige Cigarren, und wenn man sage, der Gegenkandidat vertheuere den Branntwein, das Bier, die Cigarren sci das eine Agitation, wie sie einer würdigen politishen Partei gezieme? Wenn der alte Waldeck noch gelebt hätte, er würde sich s{hämen über solche Agita- tionen! (Rufe link8a: Den Er wisse gar nicht, was er vorlesen solle, der Wahlaufruf habe in allen Zeitungen gestanden und sei der Linken wahrschein- lih bekannt. (Zuruf links: Nein, „billiger Schnaps“ habe es niemals geheißen !) Er habe ihn nicht hier, derselbe fange an: „Dreihundert Millionen neue Steuern for- dert der Reichskanzler. Wo seien nun diese 300 Millionen, die der Reichskanzler fordere? 160 Millionen [n das Tabackmonopol bringen. Dann komme es weiter wieder auf die Monopolverwaltung: Jn Frankreih koste das Pfund Tabad 5 Francs. Sei nicht die unmittelbare Folgerung, daß cs in Deutschland auch o viel kosten werde? Das sei die zweite Lüge, Daß der Taback nicht ganz zur Ruhe gelangen