1925 / 243 p. 6 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 16 Oct 1925 18:00:01 GMT) scan diff

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Und nun Karbe! Das war eine Glanzkleistung des Herrn Ab- geordnelen Milberg. (Zuruf rechts.) Warten Sie! E Ich habe eigentlih kaum herauéfinden können, was der Herr Abgeordnete Milberg mit der detaillierten Schilderung des Falles Karbe wollte. Ex selbst mußte gestern zugeben, daß dieser, früher in Kassel amtierende Regierungsrat Karbe am 23. März 1920 in ein Disziplinarverfahren

und zwar durch den Geheimrat Schellen im Auf-

gezogen worden ist, i M trage des Minifters Heine. Geheimrat Schellen war früher Personal-

referent im Preußischen Jnnenministerium ih habe ihn heute hier im Hause gesehen —, man wird ihm gewiß nicht vorwerfen können, daß er den Koalitionsparte!en allzu nahesteht. Dann ist die Sache an das Disziplinargericht weitergegeben worden. Sie wissen viel zu gut, Herr Abgeordneter Milberg, daß „auf die Verhandlungen etnes Disziplinar- gerichts die Entschließung des JInnenministers keinen Ginfluß haben. (Aba. Milberg: Hat kein Mensch behauptet!) Der Minister hat nur treiben können, und er hat getrieben, so daß am 20. Juni 1923 Negierungsrat Karbe. vom Disziplinarhof mit Strafverseung be- straft . wurde. Die Dinge sind dann beim MReichs- geriht anhängig gemacht worden, weil Regierungsrat Karbe. auf ZU- rüderstattung dex Gehaltsbeträge, die thm abgezogen worden waren, kfiagte. Bei ciner Amtssuspension ist es üblich oder war es üblich, die Hälfte des Betrages einzubehakten. Das ist der ganze Sachver- halt. Jch we:ß nicht, inwiefern das gegen mich sprechen sollte; denn ih habe ja erstens das Verfahren nicht eingeleitet und zweitens auf den Gang des Verfahrens nicht den geringsten Einfluß gehabt. Aber es schien so, als ob mit diesem Fall gegen den Innenminister etwas auszurihten wäre. E

Was die Sparkassen anlangt, (Abg. Milberg: Können Sie nicht, Herr Minister, auf den Erlaß wegen der Afkteneinsicht etwas eingehen ?) Nein, darauf will ih nicht eingehen (Lachen recchtê), weil ih die Akten von gestern bis heute nicht studiert habe. Aber wenn Sie das so sehr interessiert, will ih das gern nahholen und im Laufe der Debatte auh diese Dinge noh einmal schildern, Sie werden auch dann schen, daß es da nichts zu verheimliden gibt und daß die Rechte des Beamten bis aufs Tipfelhen vom J gewahrt worden sind. /

Was die Sparkassen betrifft, so bin ih dem Herrn Abgeord- neten Dr. Peucker sehr dankbar, daß er diese Dinge ins rechte Licht gerüdt hat. Gewiß, in der Zeit der Inflation und der Deflation sind bei einer ganzen Reihe von Sparkassen Unregelmäßigkeiten vorge» fommen. Daß diese Unregelmäßigkeiten an die VDesfentlichkeit gezertt worden sind, lag daran, daß in den Kuratorien dieser Kassen politiscbe Beamte waren und daß man glaubte, mit der Erörterung dieser Falle auch den betreffenden politisden Parteien eins auswischen zu können, Jch glaube aber, daß Herr Dr. Peucker recht hat, wenn er sagte, daß ebenso viele Unrege:mäßigkeiten in der Zeit der Jnflation und De- flation bei den privaten Banken vorgekommen sind. Das soll keine Ent- \chuldigung sein, meine Damen und Herren, es soll aber die Auffassung zurückweisen, als ob unter diesen Wirrungen und Irrungen des Jahres 1923 nur die Sparkassen zu leiden gehabt hätten. Jch habe vom Jahre 1924 an s{arfe Erlasse herausgegeben, die sih jetzt auêzu- wirken beginnen. Falls es notwendig sein sollte, diese (Frlasse zu ver- {härfen und den ausführenden Beamten weiter Nichilinmien zu geben, wird das gesheben. Sie dürfen überzeugt sein: an der notwendigen Aufsicht werde ih es nicht fehlen lassen. Ich bitte aber dringend im Jnteresse unserer Wirtschaft, im Interesse ber Syarer und im Junter- esse des Ansehens unserer Sparkassen alle diese Dinge nicht zu verall- gemeinern und nicht zu vergröbern. (Sehr wahl&bei der Sozialdemo- fratisden Partei.)

Dann darf ih mih noch mit einigen kurzen Bemerkungen zu den Ausführungen des Herrn Abgeordneten Dr. Leidig wenden. (Zuruf rets.) Nein, Herr Kollege Milberg; aber die Angelegenheit ist vertagt. Für heute können Sie gehen. (Heiterkleit.) Der Herr Ab- geordnete Dr. Leidig hat an die Spiße seiner Ausführungen gestellt, daß er und seine politischen Freunde nicht beabsichtigten, di e So0- zialdemokratie von der Mitarbeit am Staats- ganzen auszuschließen. Herr Kollege Dr. Leidig, wenn man's so hôrt, möcht's leidlih scheinen! (Heiterkeit und Sehr qut! bei der Sozialdemokratischen Partei.) Aber Sie haben das, was Sie so schon in dieser Präambel gesagt haben, durch Jhre weiteren Ausführungen gänzlich wieder zerstört. Sie haben das Mißtrauen®votum der Deut- {hen Volkspartei mit dem Hinweis darauf begründet, daß die Ver- \chiedenheiten in unserem Nolksleben ausgeglichen werden müßten, daß das insonderheit die Aufgabe des Mannes fei, der an der Spiße des preußiscken Innenministeriums stehe, und daß ih durh meine Amtsführung bewiesen hätte, daß ich dieser Aufgabe niht gewachsen wäre. (Abg. Dr. Leidig: Nicht gewachsen sein will! Bravo! rechts. Zuruf: Also böser Wille!) Es gab einmal eine Zeit, Herr Kollege Dr. Leidig, da dachten Sie über meine Fähigkeiten auf diesem Ge- biete ganz anders. (Hört, hört! bei der Sozialdemokratischen Partei.) Das war am 13 August 1923. - (Zuruf des Abg. Dr, Leidig.) Ih

. entsinne mich da eines Gesprächhs, das ih nicht diskret zu behandeln brauche, denn es war ein politis&es Gespräch, das ja auch später ganz offizielle Formen bekommen : hat. h entsinne mi, daß wir im Reichêtage am Tage der Bildung des Kabinetts Stresemann über die weitere politische Entwicklung im Neiche sprachen, deß Sie es wie ih für erforderlich hielten, daß zur Beendigung des passiven Widerstands, zur Nettung Deutschlands in den Augusttagen stand es schr kritisch, die Augusttage waren so eiwas wie der Nitt über den Bodensce ein Zusammenschluß aller Kräfte erforderlich sei, die guten Willens für den Aufbau des Vater- landes wären. Da haben Sie, Herr Kolleoe Leidig, mich ersucht, auf die Reichstagsfraktion der Sozialdemokratishen Partei einguwirken. Es war nicht notwendig, ih hätte es frewillig getan. Jch bin am gleihen Tage noch von anderen prominenten Führern der Deutschen Volkspartei im gleichen Sinne aufgefordert worden. Sie haben b nicht an. mich gewandt, nur weil ich Severing hieß, oder weil ih besonders s{öne Augen hatte (Heiterkeit), nein, Sie haben es getan das ist mir auch von ihren Freunden gesagt worden —, weil Sie von mir wußten, daß ich grundsäßliß auf dem Boden der Koalitionspolitik stehe. Sie wollen also keînen S»gialdemokraten aussließen, mih halten Sie aber für die Vertretung der Idee, die Verschiedenheit der politishen Gruppen in Deutschland aus- zugleichen, für ungeeignet! Da möchte ih Jhnen raten, Herr Kollege Leidig, ‘suden Sie einmal bei meinen politischen Freunden, ob Sie da einen andern, ich will nit sagen, besseren finden, der Ihren Erwarkungen mehr entspriht, der diese Aufgabe besser erfüllt. (Zurufe.) :

Sie machen es mir zum Vorwurf, daß ih Sozialdemokrat ge-

blieben sei. (Widerspruch rechts:) Schön, Sie. stellen die Tatsache i

fest, Es wäre eine arge Bloßstellung für mich, wenn Sie zu anderen

“votum

Feststellungen kommen sollten. {Sehr richtig! bei der Sozialdemo- kratischen Partei.) , daß in einer Koalitionsveg.erurg Männer sfiten, die in ihrer Partei feiren G.nfluß mehr ausüben fönnen, keine Achtung genicßen in ihrer Partei den notwendigen Respekt verloren haben. ( Auch deswegen werde ih immer Gewicht darauf legen, Sozial- demokrat zu sein. Ih kann Ihnen versprechen, ih bleibe bis an mein Lebenéende den politishen Idealen treu, die politische Leben getrieben haben. (Bravo! bei der Sogialdemokratischen

Partei.)

Sie können gar fein Interesse daran haben, ier

Sehr richtig!)

m;ch in das

Ih glaube, es war nèht klug von Ihnen, Herr Kollege Leid:g

eine Formulierung zu treffen, die ungefähr den Wortlaut hat: Die Türen werden geöffnet, aber hineinkemmen nur diejenigen, die die erforderlihe S'ärke und Größe heben. D'e Türen zur gemeinschaft-

lichen Arbeit! Ja, aber das bestimmen doch Sie nicht allein, sondern

die andern sehen sih doch auch noch die Leute an, die durch die Tür gehen sollen! Wern Sie nicht eine Vorhetrschaft der Volks- partei oder der Roten etablieren wollen, sondern auf die Mitarbeit der andern Pauteien Wert legen, dann müssen Sie auch den anderen Parteien ein Recht, sagen wir, für die Auswahl der Persönl1keiten, die berufen sind, mit gestatten. Jh bin Sozialdemckrat geblieben,

(Zuruf.) Herr Kollege Boeliß, sind Sie in Jhrer Amtstätigkeit nicht auch Volksparteiler geblieben? Jch glaube, wir haben einander gar nichts vorzuwerfen, (Heiterkeit.) Wir sind unseren politischen Prinzipien in der Koalitionsvegierung treu geblieben. Wir haben zwar recht oft poli:tishe Meinungsverschiedenheiten ausgefehlen, wir haben auch Konzessionen machen müssen, wie es im Wesen der Koalitionspolitik liegt. Aber wir sind uns selbst treu geblteben. Wenn ih mix denken könnte, daß statt meiner der Kollege Boeliß in der Koalitionsregierung geblieben ware und er heute hier stände und etwa meine politischen Freunde ein Mißytrauens- gegen den Herrn Kollegen Voeliß begründen müßten, dann könnte ih mir auch wohl denken, daß sie sagen würden: der Kollege Boeliß ist Volksparteiler geblieben und hat seine Personal- politik in der Schulabteilung nah volksparteilichen Grundsäßen ein- gerichtet. (Zurufe rechts: Hat er auch! Widerspruh und Zurufe links.) Jch sage es ja nit, ich konstruiece bloß so eiwas. (Große Heiterkeit.) Jch sage es nicht, aber Sie haben auch kein Recht, mir vorzuhalten, daß ich als Sozialdemokrat in der Koalitionêsregierung kein Staatsminister gewesen sei; Sie haben kein Necht, zu sagen und Sie können es auch nicht belegen —, daß meine Maßnahmen von Pacteipolitik diktiert seien, so wenig ih Ihnen unterstelle, daß Sie bei der Ernennung volksparteiliher Schulmänner von volks- parteilihen Gesichtspunkten ausgegangen sind.

Herr Kollege Leidig, Sie haben ih kann das gar nicht oft genug hervocheben als die Verpflichtung des Ministers des Jnnern

betont, daß er zwischen den Jdeen der alten Zeit und den Anforde- |

rungen der neuen Zeit mitteln solle. Ja, ih bin da mit Ihnen ein- verstanden, ih mittle auch. Meine ganze Tätigkeit im Staats- ministerium und vorher meine ganze Tätigkeit im öffentlichen Leben ist nichts anderes gewesen als das Bestreben, die großen Gegensäße im deutschen Volke, die bis zum Fahre 1918 bestanden, in Arbeiter- haft und Bürgertum, auszugleichen. (Bravo! links, Zurufe und Unruhe rechts.) Ich könnte Jhnen Zeugnisse für diese meine Tätig- keit gecade aus Ihren Neihen beibringen, wenn es mir darauf an- käme, mir ein solhes Leumundszeugnis zu verschaffen. Aber, Herr Abgeordneter Leidig, Sie müssen es mir {on überlassen, wie ih diese Vermittlung vornehme. S i e wünschen, daß ih den Anhängern der neuen Zeit, den republikanishen Parteigängern sage: wie schon ist’s in der alten Zeit gewesen. Nein, das kann ih nicht. Nach meiner Meinung is es notwendig, den Anhängern der altew Zeit ins Ge- dächtnis zurückzurufen, weil sie das schon vergessen haben, daß das Alte nicht wiederkehri und es jeßt darauf ankommt, in der Gegenwart für eine bessere Zukunft zu arbeilen. (Lebhafter Beifall bei dec Sozialdemokratishen Partei.) Jch mittle wie der alte Attinghausen: Das Alte stürzt, es ändert sih die Zeit, und neues Leben blüht aus den Ruinen. (Lebhafter Beifall bei der Sozialdemokratishen Partei.) Das Geseß der Trägheit ist ein so retardierendes Moment, ist ein Faktor, so stark für das Alte, daß man gar niht Temperament genug aufbringen kann, um auf die Alten einzuwirken, sich mit der neuen Zeit zu versöhnen. (Sehr gut! bei der Sozialdemokcatischen Partei.) Ich habe die Hoffnung, daß meine Mittlertätigkeit {ließlich zu dem Erfolge führen wird, daß die Träger des Alten einstmals sagen werden wie Ulcih von Nudenz, der Träger des Alten im „Hohen Lied“ von „Wilhelm Tell“: „Und frei erklär ih alle meine Knechte!" (Anhaltenderx stürmisher Beifall und Händeklatschen bei der Sozial- demokratishen Partei und in der Mitte. Lebhafte Zurufe und Zischen rechts. Erneuter anhaltender Beifall links.)

78. Sizung vom 15. Oktober 1925, Mittags 12 Uhr. (Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscber Zeitunzsverleger ®).)

Ein kommunistisher Antrag, der sih gegen den Besuch des ungarischen Unterrichtsministers richtet, wird nach- träglich auf die Tagesordnung geseßt. Die Abstimmung ergibt die Ablehnung des Antrags.

Das Haus verabschiedete hierauf den Entwurf über die Vereinigung der Landgemeinde Rauschwalde mit der Stadt Görliß und stimmte den Auss{huß=- beschlüssen über Unterstüßung dervonderBrands- ktatastrophe in Labiau betroffenen Pers sonen zu.

Ein sozialdemokratisher Antrag, der sih mit der Sied- lungstätigkeit der Bas dorferBoden-Aktiengesell- shaftm. b, H, in Wandliy beschäftigt, wird dem Siedlungs- ausschuß überwiesen.

Die Kommunisten nehmen nunmehr ihren zu Beginn dev Sitzung abgelehnten Antrag wieder auf und fordern seine Veberweisung zur Aus\hußberatung. L Antrag wird mit den Stimmen dex Linksparteien und des Zentrums an- genommen.

Hierauf seßt das Haus die allgemeine Aussprache zum Haushaltdes Ministeriums fort.

e Leinert (Soz.) erklärt, daß die Angriffsrede des deutsch- nationalen Abgeordneten Milberg lediglich Nebensächlichkeiten ents halten habe, die im übrigen vom Minister widerlegt worden seien. Im allgemeinen sei zu sagen, n nach Eintritt der Deutschnationalen in die Meichürertéruhg alles viel schlechter geworden sei. Der Zoll- Die Position der Deutschnaticnalen t habe sih erheblih verschlehtert. Der Schwindel mit der Er- Jett sei diese Partei auch daran,

l sei durhgedrückt worden.

elb langt sei niedergebrochen.

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*) Mit Ausnahme der durch Sperrdruck hervorgehobenen Reden

der Herren Minister, die im Wortlaute wiedergegeben sind.

den Sicherheitspakt zu unterzeichnen und damlii feierlich und dauernd auf Elsaß-Lothringen zu verzichien, was nmals vorher e.ne demo» Fralishe Yuegieruug getan have. Der Abgeordnete itilberg habe durchaus keine Ursache, Beschwerde zu führen uber Uebungen anderer Organisationen. Ér Nee sich doch erinnern an die Berichte über die Uebungen der rechlsgerichteten Verbände bei Kölpin, die an Deutlichkeit nihts zu - wünschen übrig lie en. Auch die Erklärungen des deutshnationalen Redners über den Luxus, den die Gemeinden trieben, seien nicht stichaltig. Das zeige auch eine Protesterkläcrung des Reichsstädtebundes. (Der Redner verliest die Érk.ärung.) Eigenartig sei, daß Herr Milberg kein Wort mehr gegen das System Severing gesprochen habe. Freilich sei iebt genug in die Oeffentlihteit gedrungen von einem anderen System, nämlich von dem System Backem und dem Bespibelungssystem der republikanischen Beamten. Leider seien noch immer viel zu viel deutshnationale Beamte im Dienst und hätten die Republik in der Hand. Die Nes publikaner seien viel zu wenig aktiv. Bezeichnend sei, daß i. B. in Königsberg ein deutschnationales Büro von Beamien aufgemacht und ein Beamter zur Rechenschast gezogen worden sel, weil ev sich ungünstig über den „Stahlhelm“ ausgesprochen hatte. In Han- nover sei ein Landrat Mitglied des Johanniterordens geworden, Gr habe dabei einen Eid auf den König von Preußen leisten müssen. Wie sei ein so‘cher Cid vereinbar mit dem Cid der Beamten auf die Ne- publik? Früher durfte ein Beamter nicht Sozialdemokrat un, da ivar hon die Gesinnung strafbar. Der Minister des Fnnern v.Da lwiß habe die Förderung der sozialtemokratischen Partei seinerzeit geradezu als Eidbruch bezeichnet. Ein Beamter, dex der Republik schwöre und dann später dem König von Preußen, könne nie und mmmer Beamter bleiben. Der Redner kritisiert die Vorfälle bei derx Denkmalsent- hüllung bei den Augustanern und fragt: Ist es möglich, daß es sich das deutsche Volk gefallen lassen soll, daß ein Denkmak im Auftrage des früheren Kaisers enthüllt wird, und daß erst der Kranz des Königs niedergelegt wird und dann der des Reichspräsidenten. Das wird aber unterstützt von. den Angehörigen derjenigen Parteien, die Jahre lang den ersten E ivi durch die Gosse gezogen haben und an seinem Tode si mitschuldig gemacht haben. (Andauernder Widerspruch rechts.) Damit dient man dem Frieden in Deutschland nicht, wenn man immex wieder die monarchistishe Seite der Bestrebungen in den Vordergrund rückt. Mit Vorhedaht wird auf den Bürgerkrieg hins- gearbeitet. Wir werden unser Volk und Land nur vorwärtsbringen, wenn sie geleitet werden vonder Demokratie. Man hat die Räumung des Nuhrçebiets zu einer s{chwarz-weiß-roten Festivität macen wollen. Das i niht gelungen. Demokratis@e Minister und der Reichskanzler Marx haben das Verdienst, as es zur Räumung kam. (Andauernder Lärm bei den Deutschnationalen. Die Deutsche Volkspartei hat nah den Deutshnationalen ein Mißtrauensvotum gegen Severing eingebracht: erst der Herr dann dex Diener! (Lachen bei der Deutschen Volkspartei. Zuruf des Abg. Beuermann.) Herc Abg. Beuermann, Sie entschuldig nur das eine, daß Sie Oberlehrer sind! (Schallende Heiterkeit.) Herx von Richter von der Deutschen Volkspartei, der Minister der Großen Koalition war, hat selbst ausgesprochen, daß die einzelnen Minister der Großen Koalition niht als Parteiminister, sondern als Minister der Großen Koalition tätig gewesen seien, daß die Arbeit dex Koalition erfolgreih und bedeutungsvoll Hela se? Wie reimt sich damit das n Les jeßt nachträglich der Abg. Dr. Leidig über die Große Koalition geäußert T Was soll dieses Mißtrauensvotum? Erfolg kann es um so weniger haben, als es ja jeßt auch der Abg. Pie von den Kommunisten ablehnt, weiter den Eidhelfer zu spielen. Es liegt ja auch ein Sieg gar nicht im Futeresse der Rehtsparteien. Die Absicht geht nux dahin, eine Heße gegen den Fnnenminister zu veranstalten für den Wahlkampf. Die Erklärung des Abg. Leidig, Minister Seve- ring sei Parteiminister, ist eine Ehre für thn. edle ZU- stimmung bei den Sozialdemokraten.) Jst vielleiht Ninister Dr, Schiele noch deutshnational oder nicht? (Zuruf rechts: Das ist doch ganz was anderes!) Wir werden jedenfalls noch lange unter dem sozialdemokratishen Minister Severing die Verwaltung in Preußen sichern. d N Abg. Maregky (D. Nat.) exklärt gegenüber den Aus- führungen des Vorredners, der neue Fohanniterritter leiste keinen Eid, sondern ein Gelöbnis. j ; 1 König von Preußen ist seit der Revolution fortgefallen. ¡Mit seinen außenpolitishen Erklärungen ist Herr Leinert. der Reich8- regierung bei den Verhaydlungen in den Rücken gefallen. Er soll do erst die Entwicklung abwarten. Wir bestreiten, daß das System des Fnnenministers zur a A der preußischen Verhältnisse gee hat, Fn den siebetr lution ist die Not des Staates, dex Wirtschaft und des Volkes ständig gestiegen. Die Reichsregierung hat ein umfangreiches Sanierungsprogramm durchgeführt. Dex preußishe Fnnen- minister tut aber niht das Geringste auf dem Gebiet seiner Ver- waltung, die Maßnahmen des Reiches zu unterstüßen, Eine Steigerung des Besoldungsetats um 92 % 0 dem Jahre 1913 ist für unseren geshwächten Staat unter l ertragen. Es hätte alles geshehen müssen, die Vereinfahung und Verbilligung der Verwaltung durchzuführen. Aber das große Problem der Verwaltungsreform ist nicht im geringsten gefördert worden. Ebenso ist die Aufsichtspfliht gegenüber den Kommunen röblich außer acht gelassen worden. Selbstverwaltung ist egriffliy begrenzt durch die Rücksicht auf das Staats8wohl. Der Besoldungsaufwand der Gemeinden steht aber in keinem Vers hâltnis zur Leistungsfähigkeit des Volkes und dex Wirtschaft. ach wie vorx mißbilligen wic die Stellung des Ministers zur nationalen Frage. Er versteht niht die nationalen Kräfte zu sammeln, sondern unterdrückt sie mit der ganzen Macht des ihm zur Verfügung stehenden Staatsapparates, weil es seinen inner- politishen Parteizwecken entspriht. Er handelt nicht als der Führer eines national bedrängten Volkes, sondern als Beaus- tragter des sozialdemokratischen Systems. (Lebhafte Zustimmung rechts.) Verbände wie den Stahlhelm und den Fung-Deutschen Orden müßte jeder Minister, ob er rets oder links steht, in den Dienst dex Befreiung unseres Landes zu stellen wissen. Severing hat diese Verbände verboten, bis das Verbot durch den Staats P O Gie ei cin worden ist. Dem Reichsbannex räumt er die größte Freihe Organ aufspielt. Fn Wahrheit ist das Reichsbanner eine Kampf- truppe der Sozialdemokraten, aber nicht eine Stüße des Staates. Das Reichsbanner macht sehr hâutio mit den Kommunisien gemeinsame Sache und wird in der Stunde derx Gefahx auf der Seite derer zu finden sein, die den Klassenkampf fordern. (Erneute Zustimmung rechts, anhaltende Gegenkundgebungen bei den Sozial- demokraten.) Severing vertiest den Gegensaß zwischen rechts und links. Er ist ein Hemmnis für die Einigung des Volkes. (Schr wahr! rechts.) Die Gewalttätigkeiten des Reichsbanners gegen die rehtsgerichteten Kreise nehmen immer mehr zu. Ünerhör! sind insbesondere die neuesten Aan bei dex Hindenburg- Feier in Finsterwalde und das vexwalters Ojstrowski. Es ist tief zu beklagen, daß die bedcohliche Mchtstellung der Sozialdemokraten in Preußen mtt Hilfe von bürgerlihen Parteien geschaffen worden ist. Wählerschaft hatten eine j L daß die Herrschaft der Sozialdemokratie dem ausgesprochenen Volkswillen in Preußen durhaus widerspriht. Zur inneren Krisis und Gefahr wird die E Situation dadurch, daß auch das Zentrum sih auf die Seite der Sozialdemokraten geschlagen hat. (Zurufe aus den Parteien.) Die l rößtem Entgegenkommen bereit gewesen. (Hört! hört! links.) Leider ist ihr Vorschlag zur Bildung eines Beamtenkabinetts ab- gelehnt worden, und die weiteren Verhandlungen mit dem Zentrum wegen einer Acndexung der Regierungsbasis haben da- durch ihr Ende gefunden, daß das Zentrum hs die Unterstüßung der Reichspräsidentenschaftskandidatux Marx den Sozial- demokraten von neuem das Ministerpräsidium und das Fnnenministerium - überlassen hat. Die Deutschnationalen werden -sich mit dieser. Neuaufrihtung - der Herrschaft der Sozialdemokraten in Preußen unter keinen Umständen zus frieden geben. (Lebhafte Zustimmung bei den Deutschnationalen.) Die Wähler sind zwar des Wählens müde, aber das rechtsgerichtète Bürgertum würde zu einex äußersten Anspännung dex Kräfte

(Lachen links.) Dex Passus über den

en Jahren seit der Revos -

einen Umständen zu

it ein, so daß es fih vielfah schon als staailiches

erhalten des dortigen Polizei .

Ÿ Nur 24 % der ozialdemokvatische Stimme abgegeben, ;

eutshnationalen sind zu

berelt sein, wenn der Wahlkampf um die Parole ausgefoWhten würde; die cnckl.de Befreiung Preußens von der fozialdemoktra- tishen Herrschaft. Sollte aber die Weimarer Koalition versuchen, ohne Neuwahlen und ohne eine Aenderung der Regierungsbasis die Geschäfte weiterznsühren, so müßte dieser Versuch scheitern. Der feste Zusammenhalt der Oppositionsparteien der Rechten hat bereits im Moe he den viermaligen Sturz der Kabinette der jeßigen Koalition herbeigeführt. Mit dem jeßt bestehenden Regierungssystem wird Preußen niemals zur Ruhe fommen können. Aber niht nur das preußishe Schicksal, sondern die innenpolttishe Lage des gesamten Deutschlands ist davon abhängig, ob die Sozialdemokraten Herren von Preußen bleiben oder nicht. Die stärfste Stüße der sozialdemokratishen Machtstellung ist der preuhlye JFnnenminister Severing. Wir bekämpfen ihn als den gefährlichsten Feind der nationalen Bewegung (Pfutrufe links) und als den Mann, der den Staatsgedanken im Parteigedanken ersticken läßt. (Lebh. anhaltender Beifall rechts; lauie Gegen- kundaebungen und Zischen links.)

Abg. Dr. H (Ztr.): Wenn heute die Deutschnationalen und speziell der Vorredner die Verschleppung der Vertwwoltungsreform aufs heftigste tadeln, so muß doch daran erinnert werden, daß aus der vor etwa 20 Jahren zur Vereinfachung der Verwaltung ein- geseßten {Fmmediatkommission nichts b erauêetouet ist, und zwar unter ganz wesentlihem Einfluß der damaligen Konser- vativen. Der Entwurf der auf das gleiche Ziel gerihteien Reform- geseßgebung, den uns der Minister zur Kenntnis gebracht hat, entspricht übrigens in einer ganzen Reihe von Punkten, so 1n dem der Beseitioung der Negierungspräsidien durchaus nicht den Anschauuncen und Wünschen des Zentrums. Gegen die zur Reichspolitik gemachten Ausführungen des Vorredners muß ent- schieden - Vexwahrung eingelegt werden. Gerade die Deutsch- nationalen haben der Konsolidierung und Wiederaufrichtung des Reiches seit 1918 die denkbar größten Schwierigkeiten bereitet. (Stürmische Zustimmung links und in der Mitte.) Nachdem der Vorxednex auf die Bachemschhe Schriftstellerei eingegangen ist, scheint es mix angebracht, den ersten gegen das Zentrum gerichteten Brief des Kollegen Bachem unseren Akten einzuverleiben. (Redner verliest den Burtef; die Verlesung ruft wiederholt Heiterkeit links und im Zentrum hervor.) Handelte es sih nux um Herrn Bachem, so wäre die Sache belanglos. Das Fatale ist, daß die Deutsch- nobionale Volksvarilei für den Brief haftbar ist, der eine Jntrigue all-rübelster Art zu einer Zeit einfadelt, da dieselbe Partei, im Reiche. gemeinsam mit dem Zentrum die wichtigsten NReichs- geschäfte betreibt. Sehr ungern gehe ih wieder auf die fortgeseßte Heve des Evanagelishen Bundes gegen die katholishe Kirche ein. Der Oberhofprediger Dr. Döhring scheint diese Hebe zu seiner Domäne aemacht zu haben, ex hat sogar die Genexalsynode zu einer „Ansprache“ an die Gemeinden dex Mark veranlaßt, n welcher Ansprache abfällige Bemerkungen gegen die katholischen Ordensschwestern und Krankenpflegerinnen enthalten sind. Wir verbitten uns diese unvershämten Anpöbelungen aufs energischste, Nicht an Rom stirbt Deutschland, wohl aber wird es durch die Pbbeleien dex Döhring-Münchmeyer und Konsorten s{chwex ge- schädigt. Jn Schleswig-Holstein hat Herr Milberg erklärt, ex halte die chwarze Gefahr für ebenso groß wie die rote. (Große Beweoung und stürmisches Höri! Hört! links und im SeReUnL) Für den versöhnlichen Brief, den der Minister aus ahnlichem Anlaß an den Vorstand dex rheinishen Zentrumspartei gerichtet hat, bin ich ihm dankbar. Mit der Veröffentlichung des Briefes in der Presse hat. er nicht das gerinaste zu tun. Weun man gegen uns eire frühere Nede des Abg. Wildermann ausspielen will, so stelle ih fest, daß es sich damals um Mißrerstöndnisse gehandelt hat und deß die Fraktion geschlossen hinter Wildermann ftebt der alles andere eher als ein Rufer im konfessionellen Streit ist. Die sogenannten „vaterländischen Verbande“ bekämpfen wir, weil sie uns weder uational noch staatserhaltend ersheinen. Den Ten- denzen des Reichsbanners stehen wir sympathish gegenüber als einem Gegengewicht gegen die nationalistishen Tretbereien, als einem Abwehrinstrument gegen die Störenfriede von rehts; der Schuß des Staates ist Sache des Staates selbst. Etwas Gut- mwü*igeres als die deutshe Republik hat es in der Weltgeschichte noch nie gegeben. (Große andauernde Heiterkeit.) Unter den deutschnationalen Beamten scheint immer noch eine gewisse Be- ariffsverwirrung zu herrschen; hat doch Herx v. Lindetner öffent- li ertlärt, daß mit dem Eintritt in die Regierung diè Opposition gegen den Staat nicht aufhöre. (Große Bewegung links und in der Mitte.) Uebrigens sollten die Führex des Reichsbanners ihren Leuten etwas mehr Gelassenheit empfehlen; die Republik Deutschland steht auf festen Füßen, wenn Fhnen nichts mehr dafür bürgte, bürgt Fhnen das Zentrum dasür. (Große Heiterkeit.) Das deutschnationale Mißtrauensvotum richtet sich gegen das „System“ Severing. Dieses „System“ hat den Anhäugern des altl-n Neaëmes die Sigatsämter als Versorgurgsstätten für 1hre Söbne beschränkt (lebbafte Zustimmung), daher die Opvosition. Dabei hat sich eigentlich an der Personalpolitik nichts geändert. Anh die Außenseiter in dexr höheren Verwaltung sind, an Hahl nur 53 Dex Unterschied gegen früher liegt hauptsählich darin, daß jeßt die Disziplinarfälle mehx die Oeffentlichkeit beschäftigen. Die Fehlgriffe in der Personalpolitik hat auch Dr. von Nicbter seiner- zeit aus gewissen Fehlern der Verwaltungspraxis der Monarchie exklärt; übrigens seien auch damals Außenseiter nichts Uner- hörtes gewesen. Das Wohl des Gesamtstaates verlangt ein ge- wisses Vertrauensverhältnis zwishen Landrat und Kreis- eingesessenen. An diesem segensreihen Zustand wünschen wix feine Aenderung. Das Zentrum erwartet namentlich in der Zen- tralinstang etwas beschleunigte Durchführung der Demo- kratisierung des Beamtentums. An der zielbewußten demokrati- hen Einstellung des Zentrums wird sich nichts ändern. Wir halten noch heute die große Koalition für das Ua Bereits werden aber auch jedem anderen Vorschlage zur Verhbreiterung der Regierungsbasis gern nähertreten. (Lebhafter Beifall im Zentrunt.)

Abg. von Eynern (D. Vp.) unterstreiht die Aeußerung des Abgeordneten Dr. Leidig, daß Minister Severing sich mehr als Parteimann, denn als Staatsmann fühle. Der Minister habe dad bestritten, aber den Beweis dafür nicht erbraht. Die: ganze Zeit der Koalitions8arbeit der Deutschen Volkspartei sei erfüllt ge- wesen von dem Ringen um die Parteieinstellung des Ministers Severing, dem man immer wieder habe sagen müssen: Herr Minister, betrachten Sie sich niht als Parteimann, sondern als Staatsminister. Von einer Abhängigkeit der Deutschen Volks- e von einer Nachbarpartei könne keine Rede sein, die Deutsche Volkspartei richte aber ihre Stellungnahme und ihr Verhältnis zu den übrigen Parteien so ein, wie es ihr für die Erreihung threr Ziele am zweckmäßigsten erscheine. Der Einfluß des Ministers Severing auf seine eigene Partei sei nicht immer so gewesen, wie er selbst es glaubte annehmen zu dürfen. Die Ver- waltung8reform mit einer Aenderung der Vorbildung der Re- erendare beginnen zu wollen, erscheine als unzweckmäßig und 'un- istorisch. Zwischenrufe lsa ges und geshickt beantworten zu önnen -— diesen Ruhm lasse ich Herrn Severing —, mat noch nicht den. Staatsmann aus. Fn der heutigen Zeit als Minister Sparsamkeit zu predigen, sei niht angenehm. Aber Ausgaben ür Spiel- und Sportpläße als Kulturausgaben bezeihnen und amit den Anschein erwecken, als sei die Finanzlage gar nicht so Ee sei niht angängig. Berlin habe vicle Ausgaben gemacht, je niht so 1E dringend ‘gewesen seien. Der Redner weist hin äuf den Zusammenbruh der Wirtschaft unter dem s{chweren Steuerdruck. Da sei es Pflitht des Ministers, auf Sparsamkeit in den Aus- E zu dringen, Aber der Beifall seiner Parteifreunde ei ihm wertvoller gewesen. Die Verpachtung der großen Domänen an einzelne Pächter sei ein Fehler. teiner der nahrevolutionären Landwirts e R aid ter habe es für möglich gehalten, die Domänen zwecks inten]|iverer ewirtschaftung aufzuteilen. Da sei es lediglich Demagogie, wenn man den Land- wirten die Heranziehung polnischer Arbeiter vorwerse. (Sehr richtig! rets) Die Mißstände bei den öffentlichèn Kassen könrie man nicht damit entschuldigen, daß solche au bei privaten Kassen

eine vers{chwindende Minderbeit. (Zurufe rehts.)-

vorkämen. Die Moe Verbände sollten sich heute möglihst wenig in die Wirtscháft einmishen. Der Fall Vogel könne nicht mit dem Strafverfahren abgetan sein. Die Amtssuspension könne jederzeit eintreten, nicht erst nah Beendigung des Strafverfahrens. Das Muirerton gegen Beamte, die sih etwas hätten zu shulden fommen lassen, erfolge zu spät. av sei es mit dem Polizei- präsidenten Richter gewesen. Erst in leßter Minute, nah dem Zusammenbruch voc dem Untersuhungsausshuß, habe der Minister eingegriffen. Dabei liege in dem Geschick des Herrn Richter eine gewisse Tragik. Die Soziadeniokratie begehe ein Un- recht an ihren Mänktern, wenn sie sie, wie in diesem Falle, „aus der Fabrik heraus“ auf ein hohes Amt berufe. Bei der Kritik der Beamten miisse duehaus mit gleihem Maß gemessen werden, dás wünsche er auch. Die Ausführungen des Ministers im Ou über die Notwendigkeit der Bene des Berliner Poslizei- Pee aen seien bezeihnend gewesen. Daraus ginge hervor, der Minifter sih bei der e bare dieses wichtigen Postens von der Rücksicht ul die Straße habe leiten lassen. Da könnten auf Grund diesex Anshauungen des Ministers auch einmal Rechts- organisationen mit der Faust auf den Tisch hauen. Die freiheit- lihen Geseße müßten auch den rehtsgerihteten Organisationen, „Stahlhelm“, „Jungdeutscher Orden“ usw., gegenüber Anwendung finden. Minister Severing habe es durch Schaffung und Förde- rung des Reichsbanners tatsächlich erreicht, daß sich jeßt zwei große Heexesorganisationen in Deutschland gegenüberständen, Jn der Kriegsschuldsrage nehme der Minister durch den Schuß von fran- zösischen Versammlungsrednern à la Basch durch das Reichsbanner nicht die deutschen Fnteressen, sondern die der Entente wahr. Die Ausführungen des Abg. Leinert über ‘den Sicherheitspakli seien außerordentlich zu bedauern. Der Reichsbannergeneral Hörsing habe fürzlih von „skandalösen Zuständen“ in der preußischen Fustiz gesprochen. Der preußische Fustizminister gehöre aber niht der Deutschen Volkspartei an. Der Minister habe im Ausschuß zu- gegeben, daß Herr Hörsing taktlose Aeußerungen geian habe. Er hade thm auch geratæn, sich mit dem Ehrenpräsidium des Reichsbannerv zu begnügen. Aber es geshehe uihts. Hörsing habe ein die Deutsche Volkspartei beschimpfendes Wahlflugblatt unterzeichnet, als sie noch in der Koalition gewésen sei. Der Redner verliest dann einen Passus aus dem Urteil erster Fnstanz in dem Beleidi- ungsprozeß gegen den Landgerichtsdirektor Croner, B be- shimpfende Aeußerungen sich gegen einen großen Teil des Richter- standes wenden. Eine so pointierte Stellungnahme gegen die Justiz It wicht Sache eines Nichters. Er (Redner) möchte wahrheitsgemaße Auskunft von dem Minister haben, auch welchem Grunde die Er- nennung des Herrn Croner zum Oberverwaltungsgerichtsrat er- folgt se. Sollte das eine Art Belohnung für die bewiesene zu- verlässige republikanishe Gesinnung sein? Die Etngriffe in die Selbstverwaltung müßten mit dem Geseß in Einklang bleiben. In der Flaggenfrage müßte der Herr Minister etwas weniger kleinlich sein. In Bochum habe die Polizei bei der Ee alle E1n- ivohner fesigestellt, die s{hwarz-weiß-rot geflaggt hatten. Seine Partei wolle die alte Zeit mit der neuen zu vereinigen suhen. Die Schonung der Gefühle der Volkskreise, die in der G roten Flagge ein hohes Symbol der einstigen Macht und Größe Deutschlands sähen, sollte auch einem republikanishen Minister niht {wer werden. (Beifall rechts, Zischen links.)

Abg..R i edel (Dem.) betont, die jeßige Regierung könne auf der Konferenz in Locarno nur deshalb weilen, weil andere Regie- rungen thnen den Weg dazu geebnet hätten. Der Abg. Mareßky, der wegen der Außenpolitik Dr. Stresemanns von der Deutschen Volkspartei zur Deutshnationalen Partei übergetreten sei, müsse nun dieselbe Politik seiner Partei vertreien, wegen der ex aus der Deutschen Volkspartei ausgetreten sei. Der Reichskanzler habe in Locarno zur Hintansezung innenpolitisher Streitigkeiten auf- gefordert; aber in Preußen richteten sich seine Partelfreunde nicht danach, denn die Mißtrauensvoten gegen den Minister Severing fasse er (Redner) als Anträge zur Auflösung des Landtags auf. Der. Redner weist die Vorwürfe des Abg. Dr. Milberg gegen Dr. Friedensburg wegen dessen Artikel im „Berliner Tageblati“ zurück. Dr. Friedens- burg j°1 gerade für Hindenburg eingetreten, wenn man auch vor der Wahl diese nicht für glücklich gehalten habe. Die Gründung des Reichsbanners sei nichts als ein Akt der Not- wehr gegen die rehtsstehenden Organisationen gewesen. Die Vor- würfe gegen das Reichsbanner' seien vielfach unbegründet. Der Abg. Korner habe offenbar den Roten Frontkämpferbund mit dem Reichsbannerx verwechselt und “identifiziert und die Taten des ersteren auf das Konto des Reichsbanners geseßt. Unerhört aber sei der Vorwurf, das Reichs8banner im Westen sei ein Schüßling der Franzosen. Dagegen müsse der Redner als Miiglied des Reichs- banners energisch protestieren. Die Zwangswirtschaft sei niht vom jeßigen, sondern vom alten Staat eingeführt worden. Die Preis- jenkungsaktion der Reichsregierung stelle allerdings vorläufig nichts iveiter dar als-eine Drangsaliexung des geschäftlihen Mittelstandes. Man möchte jebt in .den Rechtskreisen auch sagen wie nah 1813: Dex Mohr, das Volk habe in shwerer Zeit seine Schuldigkeit getan, leg! könne er gehen. Der Minister Severing, ein tüchtiger Mann, jolle nur gestürzt werden, weil ex Sozialdemokrat e Nationale Würdelosigkeit sei ihm vorgeworfen worden. Die habe aber auf der anderen Seite gelegen, als man im Sommer die Notlage der armen Optanten zu parteipolitischen Zwecken ausgenußt habe. Der Redner tritt dann für Hilfsmaßnahmen für Ober- und Niederschlesien ein. Die Grenze gegen Polen sei unnatürlih, unwirtschaftlih, ja ge- radezu sadistisch. Die Reichsbahn habe im Osten vier große Re- paraturwertstätten abgebaut und dadurch die Arbeitslostgkeit ver- größert. Das müsse wieder gutgemaht werden. Der Redner weist weiter hin auf den Mangel an Jndustriebahnen und die Unzu- länglihteit des Tarifwesens. Vor allem müsse aber auch der Hunger der Bevölkerung im Osten nah kultureller Kost gestillt werden. Ein Siedlungsgürtel an der Ostgrenze sei unbedingt ex- forderlih. Die Hilfe, die Minister Severing den Arbeiten des Ost- ausschusses habe zuteil werden lassen, werde scine Persönlichkeit dem Osten näher bringen, der den Minister bisher immer-nur als einen Mephistopheles in quadratisher Vergrößerung dargestellt gesehen abe. Die Demokratishe Partei stehe geschlossen hinter den Minister.

Die Rede des Ministers des Junnern Severing, dex hier- auf das Wort nimmt, wird nach Eingang des Stenogramms veröffen:licht werden,

Abg. Dr. Klamt (Wirtishaftl. Vereinig.) betont, daß eine Aenderung der Haltung seiner Fraktion gegenüber dem Fnnen- minister zur unerläßlihen Vorausseßung eine völlige Aenderung in seiner Amtsführung habe. Von Freiheit und Gleichheit könne der E nichts merken. Die Erbitterung, die dex Mittelstand em großen Teil der Schuld daran trage dex Minister Severing. Der Mittelstand sei geradezu geknehtet. Dabei habe gerade der Mittel- stand außerordentlih fähige Köpfe. Jm Reichstag sei heute noch immer ein Mann tätig, der hon vor 30 oder 40 Jahren gesagt habe, erx betrachte es als seine Aufgabe, den Mittelstand zu ver- nichten. Aus der gegen die Geschäftswelt unternommenen Polizei-

aktion könne gar nihts Ersprießliches herauskommén, das hätten

¿ B. in Köln die auf die Geschäftsleute losgelassenen Beamten selbst geäußert. An den zu hohen Preisen seien teilweise auch zu hohe Löhne schuld, die über 100 vH der Friedenslöhne betrügen. Die Ab» iht, dem Mittelstand eins auszuwischen, bestehe, wenn man die stimmungen der Preistreibereiverordnung immer noch anwende und sogar die Veröffentlichung der Namen der dagegen verstoßenden Geschäftsleute in Erwägung ziehe. Dabei gebe és in den höheren Beamtenstellen, auch im Ministerium des Jnnern, immer e Leute, die keinerlei Vorbildung besäßen, völlig b und au untwillig zur Arbeit seien. (Hört! en Jn nächster Umgebung des Ministers [ive ein Beamter, der sich Jeit dem ersten Fahre seines Lebens îmmer noch mit der deutshen. Sprahe und der Orthographie im Kampfe befinde. (Erneutes Hört! hört) Es fomme darauf an, daß ein Beamter in seinem Amt volllommen un- arteiish sei; außerhalb des Amtes müsse er abêr Gesinnungs- beiheit aben. Für jedes ‘Versehen eines unfähigen, bornièrten Be-

aate gegenüber jeßt empfinde, habe er noch nie empfunden. Einen

amten in der Provinz könne man allerdings den Minister nicht vers

antwortlih

machen. Der vierte Teil der Legislaturperiode se: schon

vorbei. Die Bevölkerung habe bis vor etwa vierzehn Tagen mit großer Unruhe auf den Landtag geblickt, der nihts weiter zu tun

ju haben schien, als Parteistreitigkeiten auszutragen. Fm and habe man davon endlih genug, man wolle Ruhe e rheinishe Bevölkerung gehe mit ernster Sorge diesem

egen und befürchte Lebensmittelunruhen. Der Augenblick für die Einbringung der Mißtrauensanträge sei daher auch ungünstig. Das

5

thein-

ben. Die inter ents

Rheinland würde es nicht verstehen, wenn man jeßt in Neuwahlen hineingetrieben werden witrde. Grundsäylich stimme seine Fraktion

allerdings den Mißtrauensanträgen zu.

Das Haus vertagt sih. Freitag 12 Uhr: Weiterberatung. Schluß 7 Uhr.

Parlamentarische Nachrichten.

Der Sozialpolitishe Ausschuß des vorläufigen Neichswirtschaftsrats behandelte gestern, dem Nachrichtens büro des Vereins deut)cher Zeitungsverleger zufolge den Geiegentmwurf

des Meichzarbeits minifteriums

über

Arbeitslosenversiches

rung, der die provitori|he Regelung der Erweibelotentür'orge in Der Gesetßzentwu1f wude

den geseßmäßigen Zustand überführen will Stellungnahme

obne weitere

einem

YArbeitéauss{uß

überwiesen.

Weiter nabm der Soziaivolitishe Aueshuß Stellung zu der in der Notlage der âlteren An- lag ein vem Gewerf)Maftêbund der

Oeffentlichkeit vielfa eiörterten L Der Beratung Angestellten auétgearbeiteter Gefeßentwurt zugrunde.

gestellte.n.

Die Netlage

der älteren Angestellten wurde allgeme'n anerfannt und die Frage zur

weiteren Behandlung einem Aibeitäauss{uß übe1wie!en

Eine weitere

Aus)pracbe über die Fort\ezung der Tätigkeit des Arbeitsaut1chusies zur Beratung des Entwurfs eines Verzeichnisses zu § 7 der Arbeits zeitverordnung, betreffend den san1tären Arbettershuy, ergab, daß die sollen. „da eine

endgültige Regelung durch ein Arbeitszeitgesey noch nicht zu er-

Arbeiten mit Beichleunigung wei terge!ührt werden

warten Jet,

Hande] und Gewerbe.

Berlin, den 16. Oktober 1925,

Telegraphiscbe Auszahlung.

Buenos-Aires . Canada : Japan Konstantinopel O New York. Nio de Zaneiro Uruguay . Amsterdam- Itotterdam Ae Brüssel u. Ant- werpen Danzig Helsingfors .. Jtalien Iugo!lavien . . Kopenhagen .. Lissabon und Oporto D DAUS: « «e. Oa e646 Schweiz Sa a o Spanien . .. Stockholm und Gothenburg. Pee Budapest

i Pap. -Pet. 1 fanad. § ¡ Yen

1 türf. £ 1L

1 Milreis 1 Goldpefo

100 Gulden 100 Drachm.

100 Fres. 1(0 Gulden 100 finnl. 100 Lire 100 Dinar 100 Fr.

100 Escudo 100 Kr. 190 Fres. 100 Kr. 100 Fres. 100 Leva 100 Pejeten

100 Kr. 100 Schilling 100 000 Kx.

16. Oktober

Geld 1,72 4 195 ETE 2,375 20,305 4,195 0,609 4,245

168,63

9,24

19,06 80,94 10,547 16,78 7,445

109,22

21,225 85.34 18,645 12,422 80,84 3,05 60,22

112,16

59,13 9,872

Ausländische Geldiorien und Banknoten.

Brie} 1.731 4,205 1,721 2,385

20,355 4,205 0,611 4,255

169.05

D,26

19,10 80,74 10,987 16,82 7,465

105,48

21 275 85,96 18,685 12,462 81,04 3,06 60,38

112,44

59,27 9,892

15. Olttober

Geld 1724 4195 1,715 2365

20,305 4,195 0,599 4,245

168,64 9,74

19,09

80,94 10,547 16,94 7,495

103,87

21,2209 84,99 18,93 12,42 80,865

3,0459 60,15 :

112,26 59/13 5,875

Brief 1,728 4,209 1,719 9370

20,355 4,205 0,601 4,255

169.06

9,76

19,13 80,74 10,587 16,98 7,475

104,13

21,27% 89,21 18,97 12,46 81,065 3,099

60.31

112,54 b9,27

5,695

E E ——

Sorereigns 20 Fre&.Stüde Gold-Dola1s . Amerikani) che: 1000—5 Doll. 2 und 1 Doll. Argentinische . Brasiiani1che . Engli)che: große 1 £ u darunter Sue Belgi\he Bulgarische Dane « « Danziger. . « « Finniche. ¿Französise . Holländiiche .. Ftalieni)che: über 10 Lire Rugoslavische . Norwegi)che . NRumäni)che: 1000 Lei ,. unter 500 Lei Schwedi)che . . Schweizer . Spanische Tschecho-slov. : 5000 Kr.…. 1000FKr. u. dar. Oesterreichische. Unganische .

London,

Barrengold,

100 Gulden

100 Lire 100 Dinar 100 Kr.

100 Lei

100 Lei

100 Kr. 100 Fres. 100 Pe)eten

100 Kr.

100 Kr.

100 Schilling 100 000 Kr.

16. Oktober

Geld 20,55 16,16

4.24

4,187 4,177 1.705 0,599

20,265 20,26

2,325

18,99 3,0L 104,94 80,30 10,495 18,635 168,26

16,8L 7,34 89,11

111,87 80/62 60/03

12,38

12,382

98,94 5,82

Brte1 20.65 16,24

4,26

4,207 4,197 1,729 0,615

20,365

20,36 2,365

19,09 3,03

105,46 80,70

10,555 18,735

169,10

16,89 7,38 89,93

112,43

81,02 60,33

12,44

12 442

99,24 5,86

15. Oktober.

(W. T. B.) gang aus der Bank von England:

15. Oftober Brief

Geld 20 55 16,16

4.23

4,192 4,18

1,702 - 0,587 .

20,26

20,26

232 19,04

3,02 104.16

103,64

80,30 -

10.50 18,93 168,29

1655

7,40 84,76

111,97 80/65

60,02 12,38

12,38 58,94

20 65 16,24 4,25

4,212 4,20

1,722 0,607

20,36 20,36 2,36 19,14 3,04

80,70

10/56

19 03

169,09

16,63 7,44 85,18

112,53

81,05 60,32

12,44 12.44 59,24

0,8209. 9,860

eutiger Goldaus- 1000 Pfund Steiling

Wagengestellung tür Kohle, Koks und Briketiés am 15. Oftobex 1925: Nuhrrevier: Gestellt 24886 Wagen. Ober)chlejishes Nevier: Gestelt —.

Die Elektrolytkupternotierung: dex

Vereinigung

für deutsche Elefktrolytkupternotiz stellte sih laut Verliner Weldung

des „W. T: B.“ am

auf 138,00 4) für 100 kg.

15. Oktober auf 138,25 f (am 14, D

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