E E E E I B E E e
liegt Bremen nit in Preußen; diesen Frrtum haben Sie ja son selbst rich:ig gej:ellt. Dann aber möchte ih sagen, daß, als der Herr Präsident des Landtages mich darauf aufmerksam machte, daß der Herr Abg. Eppstein von der Bremer Polizei verhaftet worden sei, und wir gemeinschaftlih berieten, was zu tun sei, ih mtch bereit erklärt habe, sofort einen preußishen Beamten nach Bremen zu entsenden, um in Verhandlungen mit dem Bremer Senat und der Bremer Polizeiverwaltung den Herrn Abg. Epp- stein wieder freizubekommen, wenn er niht am nächsten Tage im Landtag erscheinen würde. Wie stehe ih nun vor Fhnen da? (Große Heiterkeit — Zuruf bei den Kommunisten: Glängend! Aber ZFhr Gehalt bekommen Sie troßdem niht! — Heiterkeit.) Meine Herren, ih bin nit gesonnen, eine Verantwortung, die ih zu tragen habe, abzulehnen; ih stehe zu dem, was ich tue. Aber ih kann unmöglich die Verantwortung für solche Maßnahmen Übernehmen, die von “anderen Behörden getroffen werden. Wenn 3. B. in leßter Zeit gewisse Eingriffe vorgenommen worden sind, wenn insbesondere Künstler von polizeilihen Organen in einer Weise behelligt woden sind, die auch ich niht als richtig anerkenne, dann wollen Sie das nicht auf mein Konto stellen. (Zuruf bei den Kommunisten: Was haben Sie dagegen getan?) — Ja, ih kann gegen die Staateanwaltschaft nihts unternehmen, {Fn fsolhen Fällen sind die Polizeibeamten Hilfsorgane der Staatsantvaltschast, und ih kann der Staatsanwaltschaft nicht in den Arm fallen. Jch trage aber auh für die Bespiyelung des Abg. Hoffmann, wie Sie das genannt haben, nicht die Verantwortung.
Sie sind leider heute noch kein Polizeibeamter, Herr Abg. Eberlein (Zuruf links: sehr schade! Heiterkeit), sons würden Sie nicht solhe unzweCmäßigen Empfehlungen an mich richten: ih möchte heute über die Fememorde Mitteilung machen, ih möchte in die Presse steigen, um zu sagen, was an all’ diesen Dingen sei. Jh bedauere außerordentlich, daß {hon so viel in dexr Presse mitgeteilt worden ist. (Sehr richtig! und Zuruf links: Einer ist dadurch entwischt!) Denn, meine Herren, wenn irgend etwas geeignet ist, shuldige Leute zu warnen und sie zu ver- anlassen, sich bei Zeiten in Sicherheit zu bringen, so sind es unzeit- gemäße Presseveröffentlihungen. (Sehr richtig!) Fch kann des- halb auch nicht so ausführlich auf diese Dinge eingehen, wie ih es gern möchte, weil solche Ausführungen nux den Erfolg haben könnten, von dem ich eben sprach.
Herx Abg. Eberlein, Sie haben in Jhren Ausführungen über die Polizei Ausdrücke gebraucht, die der Herr Präsident schon gerügt hat. Die Veschimpfung, daß die Polizei zum größten Teile aus Verbrechern besteht (Zuruf bei den Kommunisten: der Krupp, nicht der anständige Teil!) —— ih weiß es nicht, Sie haben das sehr verallgemeinert —, veranlaßt mich, hier zu erklären: wenn auch in der Polizei in leßter Zeit Verbrechen entdeckt worden sind, Verbrechen auf allen Gebieten, auf dem sexuellen Gebiet, auf dem Gebiete des Eigentumvergehens, des Mordes, des Raubes, so dürfen Sie nicht vergessen, daß es sich hier um einen etwa 70 000 Mann starken Körper handelt. - Räudige Schafe kommen in allen Gruppen vor. (Sehr wahr! im Zentrum und links.) Fh glaube nicht, daß die Kommunistische Partei nux aus Engeln besteht. (Heiterkeit. — Zuruf bei den Kommunisten: Wollen wix auch gar nicht sein!) Daß das natürlich sehr viel mehr auffällt, wenn ein Polizeibeamter dabei betroffen wird, daß er, anstatt über die Fnnehaltung der Geseße zu wachen, selbst die Geseßze Übertritt, daß das in der Presse ein kräftigeres Echo findet, als wenn ein Müller oder Schulze verhaftet wird, das müssen Sie bei Fhren Anklagen auch berücksichtigen. Fh vertusche nichts, ih ver- sichere, daß wir mit aller Entschiedenheit gegen solche Verbrecher vorgehen, aber das Gros der Polizeibeamten verdient eine solche Bezeichnung nicht. (Sehr wahr!) Fch nehme die Polizeibeamten allec Sparten — Schubpolizei, Landjägerei und Kriminalpolizei — gegen die Verallgemeinerung des Abg. Eberlein nahdrücklih in Schu. (Bravo!)
Wenn Sie sich weiter darüber beklagt haben, daß die kfommu- nistishen Arbeiter von den Polizeiorganisationen auch in den Fabriken bespitzelt werden, so bin ih niht in der vage, heute zu sagen, ob die einzelnen Maßnahmen der in Betracyt kommenden Behörden meine Billigung finden würden. Aber Sie, Herr Abg. Eberlein, haben als Sprecher der Kommunistischen Fraktion, glaube ih —- das habe ich früher shon Fhren Abgeordneten ein» mal gesagt — nicht das geringste Recht, sih über eine Spiyeltätigkeit der Polizei zu beklagen. (Sehr gut!) Fs Fhnen bekannt, daß vor einigen Tagen ein preußischer Kriminalkommissar in Liegniß ver- haftet worden is? — Js Fhnen bekannt, aus welhem Grunde ex verhaftet worden ist? — Jh will es Fhnen mitteilen, wenn Sie darüber noch im Zweifel sind. Dieser Kriminalkomissar Klein, der von der Polizei in Eid und Pflicht genommen ist, der der preu- ßishen Polizei dienen sollte, war ein Agent der Kommunistishen Partei. (Lebhaftes hört, hört! bei dexr Sozialdemokratischen Partei, — Rufe bei den Kommunisten: Jst niht wahr!) — Der Kriminalkommissar, der selbst-ein Geständnis abgelegt hat, ist, dar- über zu urteilen, kompetenter als Sie. (Zurufe bei den Kommu- nisten.)
Wenn Sie wissen wollen, warum die Sonderkommans- dos eingerichtet sind, so will ih Fhnen au das verraten. Das ist ein trübes Kapitel der öffentlichen Einrichtungen unserer Zeit. Für die Einrichtung der Sonderkommandos tragen Sie die Ver- antwortung. (Rufe bei den Kommunisten: Wir sind wohl an allem Schuld!) — Sie werden mir sofort zustimmen, wenn sie mih noch eine Weile ruhig anhören wollen. Die Sonderkommandos sind diejenigen Polizeiabordnungen, die auf Ersuchen der Herren Präsidenten der Parlamente zusammengeseßt sind, und die den Präsidenten dann zur Verfügung stehen, wenn es gilt, Haus- friedensbrecher hinauszuführen. (Zurufe bei den Kommunisten.)
Wenn Sie weiter der Meinung waren, Herr Abg. Eberlein, daß bei uns in der Polizeiverwaltung die Absicht be- stände, um den Einfluß der kommunistishen Partei, insbesondere in Berlin, einzudämmen, Ostpreußen nah Berkin zu verpflanzen, so irren Sie ganz gewaltig. Daß in dex Schußtpolizei die kommunistishen Anklagen gegen Mißstände auf diesem odex jenem Gebiet einmal Anklang finden, daß der eine oder andere Polizeibeamte glaubt, in jener Partei seine politische Vertretung zu finden, die am lautesten diese Klägen vorträgt, das ist mix bekannt. Dagegen gibt es keine Verfügungen, das muß man mit in Kauf nehmen. So exklärt es si, daß in der Schugpolizei
Dentschnationale. (Zuruf bei der Deutschnationalen Volkspartei.) — Fch sage das, weil, so lange der Abg. Vorck der Wortführer (zu den Deutshnationalen) Fhrer Partei ist, Sie nun auch sehc laut die Mängel hervorheben. (Rufe bei der Deutschnationalen Volks- partei: Unser Recht!) — Selbstverständlih Fhr Recht, aber au
Mitglieder in der Polizei. Aber/ daß wir deshalb notwendig hätten, die Schüler einer ostpreußischen Schule sämtlich nah Berlin zu verpflanzen, um diesen ungeheuren Einfluß dec kommunistishen Schuypolizeibeamten zu paralysieren, das ist ein Trugschluß, das ist beinahe Größenwahn, Herr Abg. Eberlein! (Heiterkeit.) So steht es wirklih niht. Wir sind gezwungen. in der nächsten Zeit eine Verlegung der Standorte vorzunehmen, die Schugtpolizei anders zu verteilen. Das wissen wir heute hon nach den bis- herigen Auflagen der Fnteralliierten Kommission, daß wir die Schüler, die wir in Sensburg ausbilden, nicht alle in Ostpreußen lassen können, und deshalb sind sie nah Berlin gekommen, Das ist die ganze Erklärung.
Was der Herr Abg. Eberlein über geheime Verordnungen gesagt hat, existiert nur in seiner Phantasie. Fch wäre ein ganz törihter Mann, wenn ih Geheimverfügungen 17 Seiten lang auf das Papier brächte, Nein, wenn etwas herumkommen soll, dann versieht _man es mit der Aufschrift „geheim“, (Heiter- keit.) Was ih im Ministerium geheimhalten will, wird dem Papier nicht anvertraut. Deshalb wollen Sie allen Fhren Agenten, die Jhnen Geheimerlasse bringen, sagen, daß das keine Geheim- erlasse sind.
Herr Abg. Eberlein Yat sich dann über die Uebungen und die militärische Einstellung der Shußzpolizei beklagt. So lange wir leider auh heute noch damit rechnen müssen, daß die Polizei einmal von Formationen angegrissen wird, von rechts und links (sehr rihtig! bei der Deutshen Volks- partei), so lange müssen wir au eine Truppe besiyen, die mit Erfolg solhen Formationen entgegentreten kann. (Sehr richtig!) Dazu muß die Truppe marschieren und schießen lernen. Wenn die andern Handgranaten haben, muß auch die Polizei Hand- granaten haben und muß shließlich auch im Ernstfalle die Hand- granaten werfen können. Was wären das für Polizeibeamie, die erst dann, wenn Alarm geschlagen wird, zusammentreten müssen, um das Schießen mit Revolvern und Karabinecn und das Hand- granatenwerfen zu lernen! Nein, das geht niht. Wir müssen so verfahren, wie wir es getan haben. Aber was Herr Abgeord- neter Eberlein heute hier an wahren Tatsachen angeführt hat, darf die Entente vollständig erfahren; denn was er gesagt hat über unstatthafte Ausrüstung — das trifft die Shugpolizei nicht. Wir haben keine Großkampfflugzeuge. Und daß Sie diese gerade nah Solingen verlegen. (Heiterkeit im Zentrum und links.) — Sie wissen doch: in Solingen müßte das vergraben und versteckt werden unter den Augen der englishen Besaßung. (Abg. Eberlein: Fch habe von Remscheid gesprochen!) — Das ist dasselbe. Das sind ebensolhe Märchen, wie die Beteiligung der Söhne des Kron- prinzen an den Formationen der Schugpolizei. (Zuruf bei den Kommunisten: Jhre Parteifreunde sind darüber anderer Meinung!) — Auf die Meinung kommt es nicht an, sondern auf die Tatsachen! (Heiterkeit)
Der Herr Abg. Meyenthin hat mir eine Unfreundlichkeit gesagt. Jch nehme an, daß es nur eine Unsreundlichkeit géwesen ist und nichts anderes. Er meinte, er habe eine zu hohe Achtung- vor meiner Fntelligenz, als daß ex meiner Versiherung glauben könne, daß die andere politishe und psychologishe Einstellung zum Reihsbanner schon bei den Vor- gängen des Jahres 1923 erfolgt sei. Sie werden mir das {hon glauben müssen, Herr Abg. Meyenthin, so ist es. Wenn Sie. aber die Ausführungen, die ih zu diesem Punkt im Hauptausschuß des Landtags gemacht habe für Fhre Beweisführung heranziehen und darauf verweisen, daß ih damals erklärt habe, ih sei nicht im Ehrenauss{chuß des Reichsbanners und nicht Mitglied des Reichs- banners, so möchte ih Fhnen sagen: Jch bin auch heute noch nit Mitglied des Reichsbanners und gehöre auch nicht dem Ehren- ausshuß an. (Zuruf rechts.) — Das kann es auch geben. Man kann abex für eine Sache wirken,. ohne daß man ihr formell angehört. Meine Herren, ih möchte Fhnen den Triumph nicht gönnen, daß Sie sagen: ¿Weil er im Ehrenausschuß sißt und Mitglied ist, deswegen hält ex beim Reichsbanner Reden und begünstigt diese Organisation der Linken“. Deswegen bin ih nicht Mitglied. Aber daß ih zu den Zielen des Reichsbanners stehe, die mein Kollege Dr. Höpker-Aschoff gestern so glänzend dar- gelegt hat, das brauche ih wohl keinem hier im Hause mehr zu erklären.
Herr Abg. Meyenthin hat durhaus recht, wenn erx sagt, im Ministerium des Funern gebe es ein Wort, das da wohl ‘allzu häufig vorkäme, das Wort: „demnächst“. Aber das is} keine Eigenart des Ministeriums des Jnnecn. Jh glaube, das kommt in anderen Ressorts auh vor. Jm Lexikon der anderen Ressorts findet sich dieses Wort auch, und manchmal sehr groß geschrieben. Wenn das Ministerium des Fnnern es gebraucht, und besonders die Polizeiabteilung des Ministeriums, dann liegen dafür — das werden Sie anerkennen müssen — sehr gewichtige Gründe vor.
Jch darf in demselben Zusammenhang gleich auf die Aus- führungen des Herrn Abg. Borck, die er gestern gemacht hat, zu sprehen kommen. Der Herr Abgeordnete soll nach den mir gewordenen Mitteilungen — ih hatte leider niht das Vergnügen seiner Rede beiwohnen zu können — gesagt haben: „Es wird dem Herrn Minister zum Vorwurf gemacht, daß es innerhalb von 6 Fahren nicht gelungen sei, Ruhe in die Organisation der Schuß- polizei zu bringen. Das liege in erster Linie in der einseitigen Beeinflussung der Schuypolizei. Es fehle in der Schuyhpol1zei an \traffer Organisation und insbesondere an Wahrhaftigkeit! Wenn irgend eine Beamtengruppe in Deutschland unter dem Gefühl der Unsicherheit aufgebaut, orgänisiert werden mußte, dann is es gerade die Gruppe der Schußpolizei. Sie hat in“ jedem Jahre nicht auf Grund einer Laune der Ministerien, sondern in jedem Fahre auf .Grund irgendwelher Beschlüsse einer Fntexalliierten Konferenz Aenderungen erfahren. Und wenn nun, wo doch die
definitive Regelung mit den Fnteralliierten vor der Türe steht, noch Wünsche geäußert werden in bezug auf organisatorische Aenderungen, dann ist das Wort „demnächst“ durhaus am Plage, dann kann man warten, bis in einigen Monaten die endgültigen
vielleiht au einige Kommunisten sind, einige- Völkische und auch
das Recht der Kommunisten! Also es sind ein paar kommunistische «
regierung mit den Fnteralliierten getroffen sind, um dann auch iu Preußen die Organisation so zu treffen, daß sie auch für die nächste Zukunft Bestand hat.
Jch darf aber dem Herrn Abg. Borck sagen, daß mit meiner politischen Einstellung die Dinge rein gar nichts zu tun haben; das sollte ihm bekannt sein, daß als Gründe für die Unsicherheit in den leßten Fahren die Beschlüsse der Konferenzen der Fnter- alliierten in Betracht kommen.
Wie er dann den Vorwurf rechtfertigen will, daß es dex Organisation an Wahrhaftigkeit fehle, das ist mir eigentlih uner- findlih. Jch komme gleih noch auf seine Ausführungen mitt wenigen Worten zurück, möchte mih aber zunöhst dem zuwenden, was der Herr Abg. Mebtenthin gesagt hat. ;
Der Abg. Meyzenthin meinte, daß ih mich in dem Erlaß, den ih in bezug auf die Flaggenfrage vor einigen Fahren herausgegeben hatte — ich glaube, im Juli 1923 — als Staats mann gezeigt hätte, diese Haltung aber im Laufe der Jahre rückwärts revidiert hätte. Davon kann: gar keine Rede ‘sein. Zu dem, was ih in der betreffenden Rede und in dem Erlaß gesagt hobe, stehe ih auch heute. Jh habe vorgestern dem Abg. Milberg gesagt, daß ih den Landrat des Kreises der Provinz Sachsen, in dem die kleine Gemeinde Bergzow liegt, angewiesen habe, dem Gemeindevorsteher von Bergzow zu eröffnen, daß man die shwarz- weißrote Fahne niht {lechthin als Parteifahne ansehen könne, Aber ich habe in den Reden vorausgeseßt, daß dieselbe Duldsamkeit, die ih zum Ausdruck gebracht have, auch auf der ânderen Seite zum Ausdruck kommen würde. Der ganze Streit über die Flaggen- frage würde die Gemüter nicht so erregen, viel ruhigere Formen annehmen, wenn die shwarzrotgoldene Fahne von Fhren Orga- nisationen mehr geachtet würde, wenn es nicht zur Gewohnheit geworden wäre, diese Fahne in unerhörter Weise herabzuseßen, (Sehr richtig! im Zentrum und links.) z
Jch habe nicht nötig, den Herrn Polizeipräsidenten Grzesinski, den die Herren des Landtags ja alle kennen, besonders in Schuß zu nehmen. Fh glaube, es war auch nux ein Lapsus, als Herr Megztenthin meinte, Herr Grzesinski sei nux „nomineller“ Polizeipräsident in Berlin. Fh wünschte, ih hätte nur solche „nominellen“ Beamten. (Sehr gut! bei der Sozial- demokratishen Partei.) Wenn Herr Grzesinski auch sein Landtags» mandat deswegen nicht niedergelegt hat, so leidet doch nichts in der Wahrnehmung seines Amtes. Was würden Sie sagen, Herr Abg. Metenthin, wenn ih mich jeßt darauf besänne, daß in den anderen Parteien ja auch Beamte siven, die ihr Landtagsmandat no innehaben, und dann von nominellen Regierungspräsidenten sprehen würde? (Zustimmung bei der Sogzialdemokratischen Partei.) Das würde eine Unfreundlichkeit sein, und ih bin heute gar nicht in der Laune, eine Unfreundlichkeit auszusprechen. (Heiterkeit) Sie haben dann von dem Polizeipräsidenten Oexle in Halle gesprohen und gesagt, daß ich auch mit seiner Ernennung keine glückliche Hand gezeigt habe. Jh weiß nicht, ob sich das Gespräch, das die Führer der Stahls helm- Und der Werwolf-Organisationen mit Herrn Oexle gehabt haben, so abgespielt hat, wie Jhnen das berichtet worden ist. Das weiß ih aber — und das möchte ih auch Jhnen sagen, Herr Abg. Mebenthin —, daß man alles das, was aus der Stahlhelm-Organisation Halle kommt, mit großer Vorsicht prüfen muß. (Sehr richtig! bei der Sozial demokratischen Partei.) Daher bin ih auch geneigt, die Glaub würdigkeit dieses Gesprächs der Stahlhelmleute mit. dem Polizeis präsidenten Oexle in Zweifel zu ziehen. Aber selbst, wenn es sich bewahrheiten sollte — Herr Oexle ist ein Herr, der burschikose Umgangsformen hat —, daß Herr Dexle in der gerade niht amts lichen Unterredung gesagt hat: „Das Beste wäre, daß Sie — d. h, nicht die einzelnen Staatsbürger, sondern die Stahlhelmleute sich in der Dunkelheit auf der Straße nicht sehen ließen, dann käme das nicht vor“, so weiß ih nicht, ob darin nicht ein Körnchen Wahrheit liegt. (Sehr war! bei der Sozialdemokratischen Partei.) — Ja, wir können das nicht dulden, Die Polizei hat natürlich auch solche Organisationen zu hüten, wenn Sie abends ausgehen ind von radaulusiigen Elementen angegriffen iverden, Aber wenn wix uns alle freiwillig zusammenschlössen, um auf die Wehcorganisationen einzuwirken, daß sie sich nach Eintritt dex Dunkelheit nit allzu oft auf den Straßen bewegen, dann würde damit der Polizei ihre Aufgabe wesentlih leihter gemacht und der allgemeinen Ruhe und Sicherheit gedient. (Sehr richtig! links und in der Mitte.)
Jh bin gestern shon von Herrn Abg. Gieseler daraufhin aité gesprochen ‘worden, ob es richtig sei, daß 2300 Kommunisten ink Nuhrgebiet in die Schubpolizei eingereiht seien, (Lahen und Bue
rufe links und in der Mitte.) Darauf braucht man woÿl nit zu antworten, was Herr Abg. Gieseler fragt, ih glaube, in dent Urteil stimmen wir alle überein. Aber diese oder ähnliche Mits teilungen find auch von anderer Seite gekommen. Die „Deutsche Zeitung“ hat unter der Spiymarke: „Prätorianer-Garden Severings“ einen Artikel gebracht, der auch ungefähr die Bes hauptung enthält, daß 2300 Gewerkschaftler im Ruhrgebiet in die Polizei aufgenommen wären, weil jie meiner politishen Richtung angehörten, Es ist sehr oft von der Verpflichtung der Staatsregierung die Rede gewesen, denjenigen Männern und Beamtengruppen, die sich in den leßten Fahren hervorragend bewährt haben, für ihre Pflichterfüllung öffentli Dank zu sagen (sehr-gut! bei der Sozialdemokratischen Vartei und in der Mitte), diesem Dank auch Taten folgen zu lassen und ihm dadurch Ausdruck zu geben, daß eine Aufbesserung der Be- züge eintritt. Es8 ist der größte Undank, wenn man die Aufnahme dieser 23800 Männer als Ersaßpolizisten in die Schußpolizei mit solhen hämischen Glossen begleitet. (Sehr richtig! bei der Sozial- demokratischen Partei und in der Mitte.) Diesen 2300 Männern verdanken wir es, daß in der s{chwersten Zeit des Jahres 1923 in Rheinland und Westfalen die Ruhe und Ordnung aufrechts erhalten worden ist, (Lebhafter Beifall.)
Weder die Einstellung, noch die Beförderung — das sage ich Herrn Abg. Borck — erfolgt in der Polizei nah parteipolitischen Gesichtspunkten. Jch bin überhaupt — das soll als mein leßtes Wort in dieser Debatte an die Adresse des Herrn Abg. Borck gerichtet sein — erstaunt, Herr Kollege Borck, daß Sie sih jeyt — post festum — als den Sachverständigen der Deutschnationalen füx die Schubpolizei hinstellen. Sie haben vor einigen Jahren Jhr Abschiedsgesuch, Jhren Austritt aus der Schußpolizei mit
Beschlüsse der Jnteralliierten oder die Vereinbarungen der Reichs-
folgenden Wendungen begründet:
Fch sehe jeßt ein, daß für einen au8gesprohenen Soldaten kein Play mehr in dieser Fachpolizei ist. Zum reinen Polizei- dienst fehlt mix jeglihes Verständns und Fnteresse.
(Stürmische Rufe: Hört, hört! und große Heiterkeit bei der Sozial- demokratischen Partei und in der Mitte.) Meine Damen und Herren, ih habe diesem Selbstzeugnis, das heute noch gilt, nichts hinzuzufügen. (Erneute große Heiterkeit und stürmischer Beifall bei der Sozialdemokratishen Partei und in der Mitte.)
81. Sißung vom 19. Oftober 1925, Mittags 12 Uhr. (Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deuts ber Zeitun1sverlener®).)
Das Haus tritt ein in die zweite Beratung des Haus- halts der Porzellanmanufaktuxr.
Dex Abg. Osterroth (Soz.) erstattet den Ausshuß- bericht. ;
Fm der allgemeinen Aussprache wünscht der i
Abg. Meyer - Rheine (Soz.), daß die politischen Gegensäße in der s ellantianusattit endlih schweigen und daß man fich mit den Ergebnissen des e nah ip d zufriedengeben möchte. Jn diesem Staatsbetriebe müßten au Erzeugnisse her- gestellt werden, die es auch den Minderbemittelten gestatteten, Er- werbungen zu machen.
Abg. Hackenberg (D. Nat) hofft, daß es dem neuen Leiter der Porzellanmänufaktur gelinge, daß wieder Ruhe eintrete, Auch müsse das KünstlerisGe mit dem Kausmännischen so ver- einigt werden, daß die Manufaktur ihrer Aufgabe in jeder Weise geveht werden könne.
Abg. Paul Hoff.mann (Komm.) lehnt eine Gewinnbeteili- gung der Beamten ab; werde sie beibehalten, so müßten alle im Betriebe Beschäftigten gleiche Säte erhalten. Der Redner fordert fernex höhere Bezüge für Angestellte, Arbeiter, Beamte und Ruhe- gehalt8empfänger-
Der Haushalt wird angenommen. - Bei der Abstimmung über einen kommunistischen Antrag auf A Unter= stübungen an Arbeiter und Angestellte, für den die Kommus- nisten und die Sozialdemokraten stimmen, bleibt infolge der Art der Zusammenseßung des Hauses die Abstimmung zweifel- haft. Es stellt sich die Beschlußunfähigkeit des Hauses heraus.
Die Sitzung ist damit beendet. Der Präsident beraumt auf sofort eine neue Sizung an.
Jn der neuen Sitzung beginnt das Haus die zweite Beratung des Haushalis der Lottertever- waltung. Mitberaten wird der Entwurf, wonach den Beamten dex Generallotteriedirektion eine Gewinn- beteiligung zugesprochen wird, jedoh niht über zwei Monatsgehälter hinaus.
Der Abg. Bischoff (Wirts. Vereinig.) berichtet über die Ausschußberatungen.
Abg. Me yer - Berlin (Soz.) fordert, daß endlich mit dem System dex Gewinnbeteiligung für preußische Beamte gebrochen werde. Sie vertrage sih nicht mit dem Beamtencharakter Und sei eine Quelle von Mißständen. Es würden sih auch Konse- quenzen , für andere Beamtenkategorien ergeben.
Abg. Dallmer (D. Nat.) hält eine generelle Regelung der hier aufgetretenen Prinzipienfrage beim Lotteriehaushalt für unangebraht und : lehnt demgemäß den Antrag der Sozial» demokraten ab. Man solle für jeßt einfah die Regierungsvorlage annebmen.
: Abg. Dr. Wiemer (D. Vp.): Die guten Erfolge der Staat8- lotterie find zum guten Teil auch der von den Beamten betriebenen Reklame zu verdanken. Wir verzichten zurzeit darauf, unsere Ans tväge auf Erhöhung des Gewinnanteils der Lotteriebeamten wieder einzubringen. Die Vorlage schränkt aber ihre bisherigen Ansprüche dadurch ein, daß die neue Regelung schon ab 1. Fanuar 1925 Plaß 200 soll. Wir erblicken darin eine Unbilligkeit und beantragen,
ie Neuregelung erst vom 1. Oktober 1925 in Geltung zu seßen.
Abg. Ka per (Komm.): Wix verlangen die Aufhebung dieser Sonder- und Ausnahmerehte der Lotteriebeamten. Die Notlage der Beamten muß duch allgemeine Besoldungsverbesserung be» seitigt werden, wobei kesonders die unteren Gruppen zu berüd- sihtigen sind. Eventuell follten die" Gewinnatiteile niht nur den Beamten, sondern auch deu Angestellten und Arbeitern nah einem gereten Schlüssel zugeführt werden.
Abg. Wiglow (Dem.): Das vorgelegte Geseh ist fakultativ gesialtet, es schafft also kein bindendes Beamtenrecht. Vei der Staatsbank und bei der Preußenkasse besteht ja ein ähnliches System der Gewinndbeteiliaung. Diese Betriebe sind aber mit dem Saison betrieb der Staatslotterie niht ohne weiteres zu vergleichen. Ein ab’olutes Recht auf die 2 2% können wir nicht zugestehen; auch haben die Beamten damit rechnen müssen, daß die Reduzierung
con mit dem Beginn des Jahres 1925 erfolgen würde. Wir stimmen daher für die Vorlage und lehnen den Antrag der
Deutschen Volkspartei ab. Aba. Bischoff (Wirtsh. Vgg.) exklärt sich gegen den E in x die Angestelllen und
kfommunistishen Antrag, soweit erx au i
Arbeiter an den Gewinnen beteiligen will. Das ganze Tantiemensystem müsse geändert werden. Um die Lotterie- beamten aber nicht zu sehr zu schädigen, sei es angezeigt, der Vor- lage zuzustimmen.
Ein Vectreterx des Staatsministeriums bittet -
dringend, es bei den Auss{ußbeschlüssen zu belassen. Das hier vor- handene Ausnahmerecht müsse in möglichst engen Grenzen gehalten werden; die Beamten seien von der Auffassung des Finanz- ministeriums seit Fahresfrist unterrichtet.
Das Haus lehnt den Antrag der Kommunisten und den der Deutschen Volkspartei ab und nimmt den Geseyentwurf unverändert an; der Haushalt der Lotterieverwaltung wird genehmigt und der Geseßentwurf au in dritter Lesung end- gültig angenommen.
Ohne Aussprache erledigt das Haus die Haushalte dex Münzverwaltung, des Geseysammklungs- amts und des Deutshen Reihs- und Prenßi- hen Staatsanzeigers durh Annahme der Anträge
es Hauptausschusses. Zum Haushalt der Oberxechnuugskammer
bemerkt der
Abg. Kleinmeyer (Soz.), daß das Staatsrechnungswesen völlig veraltet ersheine und nach Reformen evadezu s{chreie. Die Oberrechnungskammer sei versteinert und be L e sich nach wie vor auf eine rein formale und juristishe Red uar sie führe in. neun Zehnteln ihrer gesamten Arbeit einen Frosch- mäusekrieqg. Hier müsse moderner Geist eindringen, hier sollte jeder Ressortminister in seinem Machtbereih ein Reformator ein. Jn dem jeßigen Rehnungsprüfungssy tem, wurzelt E heute die Macht des Bürokratismus. Jn ärgster Weise habe si fleinlihe und lächerlihe Praxis bis zum heutigen Tage durchgeseßt. Jn den parlamentarishen Unter- suchungsausschüssen seien Protokolle der Oberrehnungskammer produziert worden, mit denen absolut nihts anzufangen gewesen fei. Das- gesamte Rehnungswesen und die Prüfung8ordnungen- seien einer Revision im Sinne der modernen Zeit zu v Vady 026 die eigentliche Aufgabe dieses obersten Jnstituts werde dur diese Kleintlichkeiten lahmgelegt.
*) Mit Ausnahme der durd Sperrdruck hervorgehobenen Reden der Herren Minister, die im Wortlaute wiedergegeben sind.
diese: rüdständige,
Abg. Dr. Leidig (D. Vp.): An dieser Kleinlichkeit sind eben die Geseßesvorschristen s{chuld. Uebrigens ist auf diesem Gebiet bereits eine Reihe von Reformen durchgeführt. Schließlich muß die Kontrolle doch so gehand“abt werden, as über jeden Pfennig Rechnung gelegt wird. Wir danken der Oberrechnungs- fammer für ihre sorgfältige, höchst undankbare und von der Oeffentlichkeit lange niht genug gewürdigte Arbeit. (Beifall vehts.)
Abg. Weissermel (D. Nat.) {ließt sich den Ausfüh- rungen des Vorrredners în ihrem vollen Umfange an. Es sei ehr leiht, auf Bürokratismus zu s{himpfen. Die Existenz der
rrechnungskammer sei als unbedingte Notwendigkeit gerade durch den Gang der Ereignisse in den- legten Fahren erwiesen. Sie sei eines der wertvollsten Fnstrumente der preußischen Staatsverwaltung.
Abg. Blank (Zentr.) wies darauf hin, daß bei der Ober- reGnungskammer eine shreiende APGS herrsche. Fn hundert Din sei erst ein einziger katholisher höherer Beamter dort be- chäftigt. Seine Freunde erwarteten, daß hier Abhilfe geschaffen werde
Abg. Laden dorff (Wirtschaftl. Vereinigg) dankt, wie der Vorredner, der Oberrehnungskammer für ihre Arbeit.
Der Haushalt wird nach den Hauptausshußanträgen bewilligt.
Es folgt dex Haushalt der Staatsschuld. Referent ist der Abg. Weissermel (D. Nat.). Der Haupt- ausschuß empfiehlt folgenden Antrag:
„Das Staatsministerium zu ersuchen, bei der Reich3regierun mit. Nachdruck darauf hinzuwirken, daß bei etwaigem Mebrbedari an Personal auch die bei der ehemaligen Staatsshuldenverwaltung über den allgemein vorgeschriebenen Prozentsaß hinaus abgebauten Beamten berüdsichtigt werden.“
Der Haushalt wird bewilligt und der Antrag ange- nommen.
Ueber den Haushalt des Landtags berichtet der
Abg. A LLEN (D. Nat.): Für weitere Arbeitsräume oll eventuell im ehemaligen Herrenhause gesorgt werden. Vielen
ünshen aus dem Hause habe bei der Lage der Finanzen noch nit Ten werden können. {Fm N habe au eus L he über den Wert der Untersuchungsaus|chusse statt- gefunden.
® Abg. Brecour (Soz.): Der Hauptausschuß hat sich ein- hellig dafür entschieden, daß die über 15 Jahre im Hause tätigen Gehalts- und Lohnempfänger fest Ce, werden sollen, und oh die Stelle eines stellvertretenden Direktors geschaffen werden soll. Das Bedürfnis nah weiteren Arbeitsräumen wird immer dringender. Ein kommunistisher Antrag beanstandet die große Zimmerzahl der Amtswohnung des Dn. Es handelt jih da doch nicht um eine einseitige Vergünstigung, sondern um würdige Repräsentation. Das Recht des Landtages, Unter uhungs- ousshüsse einzuseßen, werden wir nicht antasten lassen. enn die Kommunisten die Stranguliecungsparagraphen aus der Geschäft» ordnung zu beseitigen beantragen, so sind wir mit der Tendenz dieses Antrages einverstanden; aber die Kommunisten werden doch selbst nicht ‘etwa auch den Ordnungsruf abschaffen wollen. Wenn ferner die Zahl der Abgeordneten vermindert werden soll, so ist die Beseitigung des Staatsrats die Vorausseßung dafür.
Abg. Dallmer (D. Nat.) spricht sich gegen die kommu- nistishen Anträge aus. Die Anregung insictlic derx „tleinen Anfragen“ bezw. hinsichtlih einer chärferen Kontrolle derselben sollte weiter verfolgt werden.
Abg. Schmiljan (Dem.) befürwortet die vom Haupt- aus\chuß beantragte Vermehrung der Landtagsstenographen von neun auf zehn und spricht dem überlasteten stenographischen VÚro für seine aufopfernde Arbeit Dank aus. Die „kleinen ? nfragen“ seien von der völkishen Gruppe geradezu gemißbraucht worden; von ihren 140 Anfragen hätten 135 unterlassen werden können. Die kleinen Anfragen sollten event. von der Drucklegung aus- geflossen werden. Der Vorstand möge dieser Anregun näher treten. Den Obexrregierungsrat als stellvertretenden Direktor habe man nah dem Muster des -Reichstags in Vorschlag gebracht. Der Finanzminister werde einen einstimmigen Landtagsbeschluß doch schließlich nahgeben. Die Frage der Untersuhungsausschüsse sollie vom Geschäftsordnungsausshuß gründlih erörtert werden. Für die Aufhebung des Staatsrats (fil die Demokraten nicht zu haben; es müßten, noch weitere Erfahrungen auf diesem Gebiele gesammelt werden.
Nach weiterex unerheblichee Aussprache wird der Haus8- halt des Landtags genehmigt. Die Anträge des Hauptaus- {usses finden Annahme, darunter der auf feste Anstellung von Gehalts- und Lohnempfängern und Schaffung derx Stelle eines stellvertretenden Direktors,
Es folgt die zweite Beratung des Haushalts des Staatsrats. Verbunden wird die Beratung einer Novelle zum Geseg über die Reisekosten und Aufs- wandsentschädigung für die Mitglieder und den Prôäsidenten des Staatsrats.
Abg. Berten (Soz.) exklärt den Staatsrat für überflüssig; eine E na müsse ihn wieder beseitigen.
Ab r. Leidig (D. Vp.) betont die andere Einsiellung seiner Fraktion. Das Gutachten des Staatsrates sei sehr beacht- lih. Die Stellung der Sozialdemokratie zur Verfassung sei recht eigenartig. Einmal schreie sie über Verfassungsbruch; dann wieder wolle sie an der Verfassung herumwinden, wo fe ihnen nicht paßt. it der fortwährenden Beteuerung der Ver ciunat, treue sei es ihnen eben wenig ernst, (Lebhafter Widerspruch bei den Soz.) Erst solle man einmal aus dem BMamas heraus- kommen; spätec könne man mit leiser Hand, wo es nötig sei, an Verfassungsänderungen herangehen.
Abg. Sch wen ck - Berlin (Komm.) erklärt den Staatsrat für völlig überflüssig und lehnt die Ausgaben für den Staatsrat ab.
Der Antrag, die Ausgaben für den Staatsrat zu streichen, wicd gegen die Kommunisten und Sozialdemokraten a! elehnt, der Haushalt selbst genehmigt. Die Novelle zum Diätengese§ für den Staatsrat wird verabschiedet.
Das Haus geht über zur zweiten Beratung des Ju sti z- haushalts. Mit der Beratung verbunden wird der Berit über die Feststellungen des Höfle-Ausschusses. ;
Nachdem der Abg. Dr. We ster (Zentr.) als Bericht- erstatter mit kurzen Worten auf den umfangreichen gedruckten Bericht verwiesen hatte, nahm in der Aussprache zu dem Gegenstand das Wort der
Abg. Dr. Sh midt - Lichtenberg (Zentr.): Dex Höfle-Untero suhungs-Ausshuß ist von meiner ‘Lraktion beantragt worden. Die Beweggründe dazu waren nicht persönlicher oder partel- olitisher Art. Wir beabsichtigen weder eine nachträgliche Recht» Eva oder Verherrlichung des Parteifreundes, noch au ein parteitaktishes Ablenkungsmanöver. Wir wollten bezüglich der materiellen Bs en nan eiwaigen Verfehlungen keineswegs in die ordentliche Res und das noch s{chwebende Barmat«- Verfahren eingreifen, Uns leitete vielmehr die Sorge um die so überaus wichtige Strafrechts flege und Gefängnisverwaltung all- gemein und die durch die öfle-Tragödie aufgedeckten s{hweren Schäden und ernsten Gefahren. (Sehr richtig! im Zentr.) Wir atten das Jnteresse der Volksgesamtheit im Auge. Die abs ällige Kritik an unseren preußischen Ana ann sih niht gegen die Zentrunmspartei richten, denn ste ver- tritt programmatish den Schuß der Unparteilichkeit der Recht8s- pflege und den Schuß der Unabhängigkeit der Rechtspflege, und ihre Geschichte beweist, daß sie es mit dieser Forderung sehr ernst
lichen
poinlicer Sorgfakt vermieden, die Grenzen der e en ntersuhungsaus\shüsse zu überschreiten. Fn der Sache selbst sind unsere anfänglihen Befürchtungen dur die Ergebnisse des Ste leider übertroffen worden. Niemand wird sich dem eradezu ershütternden Eindruck der einstimmig getrossenen Feste stellungen ent +-# fönnen. (Sehr wahr!) an hat die Hofles ragödie vielfa einen e r genannt. Dieses furchtbare Urteil können wir nicht billigen, weil es in juristishem Sinne nit zutrifft. Dagegen muß man auch als ¡Furist feststellen, daß der Fall t die bereits bekannten Fustizirrtüumer um einen betrüblihen Fall vermehrt hat. Dieses Urteil betrifft natürl?
nur die ¿oanate Behandlung auf dem Gebiete des Verfahren
und der Gefängnisverwaltung. Jch habe nur die rechtlihen Ge- sihtspunkte zu erörtern. Medizinisch wird den Fall noch Kollege Dr. Wester beleuchten. Die gedruckt vorliegenden eiustimntig G ne die Kommunisten) getroffenen Feststellungen des Aus\huss:
ilden cine lange Kette von Versäumnissen und Härten, die auf das Schuldkonto fast aller beteiligten Amtspersonen zu segen sind und die, wie ausdrüdlih festgestellt, jedenfalls ” dem Tode Dr. Höfles mit beigetragen haben. (Hört, hört!) Dieses er- schreckende Ergebnis is unabhängig von der von uns nach wie vor für völlig ausgeshlossen gehaltenen Annahme einer Selbst- tôtung Dr. Höfles. (Sehr rihtig!) Man L also mit einem kranken Untersuchungsgefangeuen, der doch nur Bes uldigter, nicht aber ein überführter Verbreher war, in einer Weise umgegangen, welche die in der Verfassung, der Strafprozeßordnung und der Geo fängnisordnung enthaltenen Garantien für den Schuß der persön- Freiheit gröblich verlegte. (Zustimmung im Zentr.) Das Kapitel der Untersuhungshaft ist [eit Erlaß der Straf- prozeßordnung von vielen Setten als reformbedürftig erfannt und bezeihnet worden. Schriftsteller und Praktiker, ganze Kommissionen und Justizminister haben sich lebhaft bemüht, da» für zu sorgen, daß die harten Bestimmungen im rehten Geiste angewendet würden. Eine allgemeine Verfügun des Justizo ministers Rosenfeld vom 16. September 1918 it ferner jeh beachtlih. Leider sind diese Versügungen wie in anderen jo auch im Falle Dr. Höfle nicht beachtet worden. Offenbare Frr- tümer sind den ZJustizbeamten zum Vorwurf zu machen; so nav insbesondere die Auffassung über die Govautis ungen irrig, die ftbefehls. Von Flucht» ede sein, da niht einmal
vorliegen müssen bei Aufhebung des verdaht konnte bei Dr. Höfle nit die ) ) mehx die Fluhtmöglichkeit bestand. Troßdem ist seine Ents lassung odex Verlegung nicht erfolgt. Der Hastbefehl ist nicht einmal in der leßten Woche, der Katastrophenwoche, aufgehoben worden, als Dr. Höfle nihts war als eine armselige, hilflosé Kreaturx, die vom Tode gezeihnet war. (Sehr wahr! im L Sgra und links.) Das ist eine unfaßbare Ungeheuerlichkeit! est die Majestät des Todes hat Dr. Höfle dem Arm der Justiz entzogen. (Bewegung.) Die Ansichten des Vertreters der Staatsanwalt schaft zum Legalitätsprinzip sind unhaltbar. Wegen einer lädler- lihen Kleinigkeit im Offenbarungseidverfahren ist Dr. Hôösle nichi einmal von dem Meineidsverfahren verschont geblieben. So hat die Einstellung dieser „objektivsten Behörde der Welt“ die Qual der E noch unnötig verstärkt, Wir müssen weiter Kritik üben an dec behördlichen Qs lber den Ausgleih zwishen staatlihem Strafanspruh und Anspruch des Staatsbürgers auf persönlihe Freiheit. Fiat justitia, pereat accusatus! Dieser Grundsaß hat sih in furchtbarer Weise v: Geltung gebraht. Der Wahrung der Würde, des Ansehens, des Vertrauens in die Strafrechtspflege ist damit nicht gedient worden, Es genügt niht, Schneidigkeit, Korrektheit, Paragraphentwiss2ns haft; Lebenserfahrung, Abgeklärtheit, Wille zur wahren Ges rehtigkeit und Betätigung echter Menschlichkeit muß in der Justiz gleichfalls zum Ausdruck gelangen. Bei Erörterung des betrübs lihen Falles hat die Parteileidenschaft zu s{chweigen, nur Recht und Gerechtigkeit muß maßgebend sein. Fm Treppenhause des Landtagsgebäudes steht eine Figur, die ein Richtshwert in der Hand hat mit der Jnschrift: s8uam ceuique! Diesem iralten Spruch ist hier nicht Rechnung Fetragén worden. Selbst wenn Dr. Höfle Verschuldungen auf sih geladen hätte, den Tod hâtte er niht verdient! Nicht die Formel „von Rechts wegen“ kann man unter diese Tragödie seyen, sondern die andere: „von Todes wegen“. Wir müssen uns alle bemühen, Mittel und Wege zu finden, um zu verhüten, daß derartige Ungeheuerlichkeiten in Zus kunft noch einmal zu beklagen sind. (Lebhafte Zustimmung.)
Staatssekretär Fritße gibt dem Hause bekannt, o) der Justizminister durch seinen Zustand noch immer an da Zimmer gefenel? s Das Justizministerium hat aus Anlaß des Falles Höfle den hon erwähnten Erlaß vom 15. Juni heraus» gegeben. Ueber die im Untersuhungsausshuß zur Sprache . ges brahten angeblihen Verfehlungen ven Beamten der Staatss anwaltschaft ist der Generalstaatsanwalt die Betreffenden zu: hören veranlaßt worden. Die Zustände im Berliner Untersuthung8- gefängnis haben dazu geführt, daß der betressende Direktor als seinen Obliegenheiten auf diesem Posten niht völlig gewachsen anderweitig dienstlihe Verwendung finden wird. Für die Zukunft soll die Kompetenz der Anstaltsärzte erweitert und ihre Zahl vero mehrt werden. Bezüglich der Pfleger schweben noch Ermittlungen über Neuregelung der auf fie bezüglichen Bestimmungen. Die Justizverwaltung hofft, auf diesem Wege den eingetretenen Miß ständen ein Ende zu machen.
Aba. Dr. Seelmann (D. Nat.): Für uns ist die AnnaneE. eines Selbsimordes des Dr. Höfle von vornherein unwahrsceins lih gewesen. Wie die Dinge an dem kritischen Taae sich abgespielt haben, ist mit unfehlbacer Sicherheit nicht felganentn. Die Maßs nahmen der Staatsanwaltschaft hat der Zentrumsredner getadelt und ihre Wirkungen als eine Ungeheuerlichkeit bezeihnet. Damit
‘ hat ex dieser Behörde und ihren Vertretern Unrecht getan. Glaubt er denn, die Staatsanwälte und der Untersuhungsrichtex h“ tten
aus irgendeinem Vorurteil aegen Dr. Höfle, hätten aus Gehäisigs keit gegen ihn gebandelt? Beide sind der Meinung gewesen, Höfle sei cines Verbrechens und Vergehens dringend verdächtig, und eF liege Fluchtverdaht und Kollusionsgefahr vor. Wenn der Untcrs suhungsrihter sieht, daß ihm der Angeschuldigte Fingern immer s{hwäcer wird, so hätte er diesen Verdacht und diese Gefahr als ausgescblossen annehmen können. Ex hat sih aber von dem starren Buchstaben des Geseßes niht losmaent fönnen, und hier liegt der Fehler, der in den lebten kritischert Lebenstagen des Angeschuldigten begangen worden ist. Daß der Fall auf diese Weise überhaupt nicht zum Austrag gekommen ist, ist vielleiht der Hauptvorwurf, der die Justizverwaltung irifit. Auch in der Beschlagnahme, die im Hinblick auf die Kostens erstattunaspflicht des Angeschuldigten voræœnommen wurde, ist unzweifelhaft ein Mißgriff begangen worden. Wesbalb hat das Fustizministerium nit eingegriffen, hat man im Ausshuß aes
fraat. Wir können die von ihm bewiesene Zurükhaltung ‘wohl verstehen. Man kann weiter fragen, weshalb die Justizbehörden
ihre Aufmerksamkeit den Zuständen in den Untersuhunasgefängs. nissen nit früher zugewendet haben, weshalb erst jet die Maßs nahmen getroffen worden sind, von denen der Staatssekret@x. soeben Mitteilung aemacht hat. Ganz untätig ist ja auch das
Strafvollzugsamt nit gewesen, aber inzwischen ging 'Hölfe im
Untersuchungsgefängnis dur narkotishe Mittel, mit denen Miß=- brauch getrieben worden ist, zugrunde. Daß ein Recht8irrtum- vorliegt, kann ih nicht ae denn der tragishe Ausgang, der Mißbrauch dieser Mittel hat doch mit der Rechtspflège nichts zu tun. Hier haben wir es nur mit dem Anstaltsargt Wf ub une der wohnte nicht im Untersubungsgefängnis, nicht in rlin, sondern in Friedenau. - Unzulänglichkeiten persönlicher und sacchliher Art. sind huld am Tode des Dr. Höfle. Fn Fragen der Rechtspfleaë gibt es für uns feine Parteipolitik. Alle Beamten haben aehandelt, wie sie es nah ihrer Einstellung für rihtig hielten. Fm Höfles Ausscuß hat ein Eingriff in ein \{hwebendes Verfahren nicht stattgefunden. ; ;
Hierauf vertagt der Landtag die Fortsezung der Beratung, auf Dienstag -12 Uhr.
Schluß 6 Uhr.
nimmt. (Beifall im Zentr.) Wix haben im Höfle-Aus]huß mit
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