1925 / 273 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 21 Nov 1925 18:00:01 GMT) scan diff

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Situation [Oa uns mehr, als jemals der gekündigte Handels- vertrag es hâtte tun können, Das ist ein Fluch der denagog1jchen Politik dexr Deutschnationalen, daß wir jeßt diese Niederlage er- litten haben, Mit Ftalien sind wir jeßt auf fünf zahre ver- traglih festgelegt worden. Auch nah Ftalien ist unsex Export erfreulih gestiegen; aber nux, um die deutschen Agrarpositionen aufrechterhalten zu können, sind der konkuürrierenden italienischen Jndustrie Zugeständnisse gemaht worden. Dagegen wird uns der Apfelsinenzoll als Schlagwort entgegengehalten. Man hâtte lieber auf agrarishem Gebiete den Ftalienern Zugeständnisse machen müssen. Aber man hat an den AprisGen Zollsäzgen zähe iedalten und hat in den Jnöustriezöllen nahgegeben. Die cleihterungen, die uns Ftalien in den Zöllen für Eiseawaren und Maschinen gewährt hat, liegen im eigenen nteresse «Ftaliens3, Dex Vertrag trägt die Unterschrift von Mussolini. (Pfui! bei den Sozialdemokraten und den Kommunisten.) Mussolinis Rede ent- \spriht nicht dem o von Locarno. Durch diese Unterschrift verliext der Vertrag selbst. (Zustimmung bei den Sozialdemo- krateï.) Die italienischen Abgeordneten dürfen nichts gegen Mussolini sagen, Wir erheben Protest gegen diesen Mussolini und bedauern, daß ein Vertrag mit dieser Unterschrift unter dem wange dex Verhältnisse a ge ees werden muß. Wir wollen offen, daß unsere ey en Brüder nach den fünf Fahren, die dieser Vertrag gilt, ihre Freiheit und nationale Würde wieder- erhalten haben, (Lebhafter Beifall bei den Sozialdemokraten.)

Abg. Lejeune-Fung (D. Not.): Auch meine politischen a dns sehen sih nicht in Tir Lage, heute {on zu den beiden zorlagen Stellung zu nehmen,' zumal sie erst heute în unjere Hände gelangt sind. Jh versage es mir, auf Einzelheiten ein- augehen. Wenn ih troßdem schon in erster Lesung das Wort eugreife, so geschieht dies, um die Regierung um Beantwortung einiger Fragen zu ersuchen, von der unsere Stellung zu dem Ver- trage abhängt. Zunächst handelr es sich darum, ob niht doch in landwirtscaftliher Beziehung unsererseits “zu viel Konzessionen gemacht sind. Daß eine wesentliche Beeinträchtigung des deutschen Obst- und Weinbaues stattfindet, ist nicht zu leugnen. Der frühere spanische Verïcag ist auch von. dem Demokraten Korell im Fnter- esse des deutschen Weinbaues mißbilligt worden, und auch in den

eihen der Sozialdemokraten war man nicht mit dex Schädigung des deutschen Weinbaues einverstanden. Bedauerlicherweise hat man in dem Vertrag mit Ftalien keine Shußmaßnahmen gegen Ein etwaiges Sinken der Valuta getroffen. Erst jeyt har sih wieder gezeigt, daß alle Säße unseres neuen Tarifes nichts nußen gegenüber der Einfuhr aus Frankreich, nachdem der Frank so

sunken ist. Wir werden von der Regierung Auskunft verlangen

rüber, was sie gegen die Gefahren cines Valutadumpings zu min gedenkt, (Beifall rechts.)

Abg. Lam mex 8 (Zentr.): Namens meinex Freunde erkläre 4, daß wir für den Vertrag stimmen werden. Bei den landwiti- \chafrlichen Zöllen halten wir daran fest, daß stets ein Ausgleich untex den Juteressen der produkltiven Stände gefunden werden muß, Die A kann nicht beanspruchen, allein berücksichtigt zu werden, Bei Behandlung des deutschen Weinbaues können wir micht rein ziffernmäßig vorgehen. Fm Weinbau stecken aroße Ykulturelle und ideelle Werte, die man nicht vernachlässigen Lan Der vorliegende Vertrag stellt zum erstenmal wieder einen wirklich MrIeEDe I Me Rigen Verrcag dar. (Beifall im Zentrum.) |

bg. Dr. Sch neider- Dresden (D. Vp.): Leider haben wir den Vertrag erst heute erhalten. Mit Ausschußberatung sind wir einverstanden und hoffen auch auf s{leunigste Erledigung. Das Schwergewicht liegt in dem Zugeständnis der Mee gung, die uns uneingeshränkt auf längere Zeit gewährt wurde. Die Eiige positionen selbst ‘sollte man niht zum Maßstab .der Beurteilung nehmen. Jn dex FJudustrie is das Urreil im ganzen nicht ungünstig, man ist der Meinung, daß ein großer Fortschritt erzielt ist. Die Tarisnovelle, die im Sommer hiex solche Stürme erregte, ai sih als sehx wirksame Verhandlungsgrundlage bewährt. All?

insche sind natürlich nicht erfüllt. Besser wird es auf handels- politishem Gebiete exst werden, wenn allgemein in Europa die DBollmauern abgebaut werden. (Beifall.)

Abg. Meyer - Berlin (Sa ist im Gegenieil der Meinung, daß sih die Zolltarifnovelle nicht bewährt habe. Die Hilflosig- keit, die man heute bei den Handelsvertragsverhandlungen sehe, Habe ihren Grund in der festen Bindung durch die deutsche

olltarifnovelle. Man müsse auf eine Senkung des ganzen Zoll- niveaus in deu Handelsverträgen hinarbeiten. Jm übrigen hält dex Redner die Annahme des Vertrages für geboten, Die Her- euro der gegenseitigen Meistbegünstigung sei ein Fortschritt, er Vertrag müsse dazu führen, die allgemeinen Beziehungen zu Ftalien besser zu gestalten. Das könne allerdings erst erreicht werden, wenn Jtalien alle, diejenigen Handlungen unterlasse, die in den breitesten Kreisen unserer Bevölkerung tiefste Erregung hervor- erufen haben. Es handele sih hier vor allem um die Unter- Sina des Deutschtums in den neuitalienishen Gebieten. (Zu- stimmung.)

Die Beratung wird darauf abgebrochen. E

Dex Ausschußberatung überwiesen werden ein Geseßent- wurf zur Entlastung des Reihsgerichts und ein Entwurf zur BewahrungderFugendvorSchun d- Und Schmubschriften. L : H

Das Haus vertagt sih auf Sonnabend 1 Uhr: Weiter- beratung, Zollabkommen mit Oesterreich und der Schweiz und Bertengerang des Notetats.

Schluß 354 Uhr,

Preußischer Landtag. 99, Sizung vom 19. November 1925. Nachtrag.

Die vom Finanzminister Dr. Höpker-Aschoff bei dex Beratung des Etats des Finanzministeriums gehaltene Rede lautet nach dem jeßt vorliegenden Stenogramm wie folgt:

Von verschiedenen Seiten ist an mich die Frage gerichtet worden, was aus den derx Landwirtschaft zur Verfügung ge- stellten Krediten werden würde. Jch halte es für notwendig, über den Umfang dieser Kredite hier zunächst einen kurzen Ueber- bli zu geben. Vom Staate sind der Landwirtschaft an sogenannten Notstandskrediten über die Preußenkasse 60 Millionen zur Verfügung gestellt, und zwar sind davon 22 Millionen an die Preußenkasse zur Erhöhung ihres Grundkapitals übertragen worden, so daß diese 22 Millionen nunmehr unmittelbare Kredite der Preußenkasse für die Landwirtschaft und nur 38 Millionen Kredite des Staates an die Landwirtschaft sind. Weiter sind von der Preußenkasse selbst der Landwirtschaft zur Verfügung gestellt 10 Millionen, von der Deutschen Girozentrale 5 Millionen, von der Landesbanken-Zentrale 5 Mil- lionen. Bei diesen 20 Millionen ist der Staat nur insofern be- teiligt, als er eine Zinsverbilligung übernommen hat. Drittens sind von der Staatsbank der Landwirtschaft an Notstandskrediten 40 Mil- lionen zur Verfügung gestellt, die allerdings zum Teil nit in An- \pruh genommen worden sind. An diesen Krediten ist der Staat insofern beteiligt, als die Staatsbank diese Kred.te aus den ‘Geldern des Staates gewährt, die bei der Staatsbank liegen, und als der ‘Staat für diese Kredite auh die Zinsverbilligung übernommen hat. Diese Kredite waren alle am 15. November oder Ende Dezember fällig, Mit Nücksicht auf die Notlage der Landwirtschaft sind aber Verhandlungen darüber eincelcitet worden, in welhem Umfange eine Stundung dieser Kredite durhgeführt werden könne. Diese Ver-

handlungen zwischen dem Landwirtschastsministerium und dem Finanz-

ministerium, unter Hinzuziehung der Preußenkasse und der Skaats- bank, haben zu folgendem Ergebnis geführt: Z

Die Gesamtsumme der Kredite, die zur Verfügung gestellt worden sind, beträgt nah den eben genannten Zahlen rund 120 Miltonen, genau cçerechnet 119,7 Millionen. Von dieser Summe sind nicht ver- braucht oder bereits zurückgezahlt 15,3 Millionen, Nach der ge- troffenen Vereinbarung sollen am 31. März 1925 49,6 Millionen zurücfgezahlt werden, und zwar vornehmlich die Kredite, die von der Staatsbank gegeben worden sind. Der Rest von 55 Millionen soll in zwei Naten zurückgezahlt werden, und zwar 25 Millionen am 16. Februar 1926 und 30 Millioren am 1, Dezember 1926, Mit anderen Worten: 30 Millionen werden in das nächste Jahr herüber- genommen. Wir waren der Meinung, daß hierin ein weites Ent- gegenkommen gegenüber der Landwirtschaft liect, das mit Rücksicht auf die Lage der Landwirtschaft gerechtfertigt ist, daß aber der Staat und die staatlihen Institute in ihrem Entgegenkommen nicht noch weitergehen können. Denn es muß darauf gehalten werden, daß an sich diese Kredite an die Staatskasse oder die staatlihen Jnstitute zurücgezahlt werden. Wie gesagt, immerhin liegt darin eine starke Erleichterung für die Landwirtschaft, daß die Fälligleitstermine hin- ausgeshoben und für einen Betrag von 30 Millionen die Kredite sogar auf das nächste Jahr herübergenommen und erst am 1, Dezember 1926 zurückgezahlt zu werdên brauchen.

Bei der Bestimmung, wuäs zurückgezahlt werden soll, soll auf die Lage der Landwirtschaft in den einzelnen Pro- vinzen Rücksicht genommen werden, Jn denjenicen Provinzen, in denen sich die Landwirtschaft in besonderer Notlage befindet, soll die Stundung besonders weit ausgedehnt werden. Jch erläutere das nur an einigen Beispielen. Die Provinz Ostpreußen zum Bei- spiel hat einen Kredit von 16,5 Millionen bekommen. Von diesem Kredit müssen am 31, Dezember 4 Millionen, am 16. Februar 1926 4 Millionen zurückgezahlt werden, während mehr als die Hälfte, also 8,5 Millionen, auf das nächste Jahr, bis zum 1, Dezember 1926, herübergenommen werden. In Oberschlesien beträgt die Ge- \samtsumme der Kredite 4,5 Millionen. Davon sind am 31, Dezember fällig 0,75 Millionen, gm 16. Februar 1926 eine Million, am 1. Dezember 1926 2,75 Millionen. Im Bezirk Cassel beträgt die Gesamisumme der Kredite 8,85 Millionen. Davon sind am 31, Dezember 2,85 Millionen zurüczuzahlen, am 16, Februar 1926 3 Millionen, am 1. Dezember 1926 wiederum 3 Millionen, Sie ersehen aus diesen Beispielen, daß wir gerade in denjenigen Provinzen also Ostpreußen, Oberschlesien, dann im Bezirk Cassel —, in denen die Landwirtschaft besonders gelitten hat, die Stundung in möglichst weitherziger Weise durchgeführt haben, Zur Durchführung dieser Entschließung des Staatsministeriums und der Vereinbarungen, die mit den Kreditinstituten getroffen sind, ist ein Erlaß an die ODber- präsidenten und Negierungspräsidenten hinausgegangen, der auch durch den Preußischen Pressedienst veröffentliht worden ift, so daß nunmehr die Oeffentlichkeit und insbesondere auh die Landwirtschaft darüber unterrichtet ist, mit welchen Zahlungsterminen sie zu rechnen hat.

Alle beteiligten Stellen waren aber der Meinung, daß, wenn nunmehr die Stundung für einen erheblichen Teil der Kredite ge- währt wird, dann die Zinsverbilligung aufhôren muß, wenn diese Kredite nit einfrieren sollen, Jnébesondere ist auch von seiten dex Preußenkasse und der Staatsbank mit allem Nachdruck darauf hingewiesen worden, daß vom 1, Januar ab der reguläre Zings- fuß erhoben werden muß. Die Kredite werden also vom 1. Januar 1926 ab nit mehr zu dem verbilligten Zinsfuß, sondern zu dem üblichen Bankdiskont an die Landwirtschaft gegeben werden. Das ist, wie gesagt, notwendig, um ein vollständiges Einfrieren der Kredite zu verhindern. S

Sodann gehe ih weiter, den Anfragen der Herren Adgeord- neten entsprechend, auf die Mittelstandskrxrdite ein. Wir haben seinerzeit zur Linderung der Kreditnot des gewerblichen und kaufmännischen Mittelstandes zusammen mit dem Reich eine Hilfs- aktion eingeleitet. Dazu wurden vom Reih, und zwar inm wesent- lichen aus Postgeldern, der Staatskasse 22 Millionen Reichsmark zur Verfügung gestellt, die über die Preußenkasse, über die Dreédner Bank und übex die Girozentrale an den Mittelstand weitergeleitet sind. Fn Ergänzung dieser Maßnahme hat dann die preußishe Regierung, einer Entschließung des Landtags folgend, ihrerseits ebenfalls 22 Millionen durch die Preußische Staatsbank bereitstellen lassen. Auch diese Mittel sind über die Preußenkasse, die Dresdner Bank, die Girozentrale und nunmehr auch über die Landesbankzentrale weitergeleitet worden. Es ist die Frage auf- geworfen worden, ob auch diese Kredite verlängert werden könnten odex ob mit ihrex alsbaldigen Zurückzahlung zu rehnen sei, Das Reich hat uns mitgeteilt, daß die 22 Millionen, die aus Reichs- mitteln gekommen sind, der Staatsbank vorläufig weiter belassen werden sollen, und die preußische Staatsregierung will daher au die 22 Millionen, die sie ihrerseits bereitgestellt hat, vorläufig dem Mittelstand lassen. (Bravo!) Wir müssen abex auh hier darauf Bedacht nehmen, daß diese Kredite nicht einfrieren. Auch diese Kredite dürfen nicht zu einem Dauerkredit werden, der auf Jahre hinaus vont Mittelstand beansprucht werden wird, sondern es muß auch vom gewerblihen Mittelstand daran gedacht werden, daß diese Kredite allmählih nach Möglichkeit im Laufe des nächsten Fahres abgetragen werden,

Mit diesen beiden Kreditaktionen zugunsten der Landwirtschaft einerseits und des gewerblichen Mittelstandes andererseits ist aber die Reihe der Kreditaktionen, die seitens der preußishen Staats- regierung eingeleitet worden sind oder an denen die preußische Staatsregierung beteiligt war, keineswegs ershöpft, Mit Rücksicht auf die Fragen, die Herr Dr. Waentig an mich gerichtet hat, werde ih auch auf eine Reihe von weiteren Kreditaktionen hiex mit einigen Worten eingehen müssen.

Zunächst dexr Kredit zugunsten dex Reedereien. Dieser Reedereikredit umfaßt eine Gesamtsumne von 50 Millionen. An diesem Reedereikredit ist Preußen aber nux mît 6 Millionen beteiligt. Preußen hat diese & Millionen vom Reich aus dem 60-Millionen-Fonds erhalten, der im Jahre 1924 für diejenigen Länder berveitgestellt war, in denen die Erwerbsklosenfürsorge be- sondere Mittel erforderte. Dieser Fonds i} damals nicht voll ver- braucht worden. Preußen is immerhin an diesem Fonds mit 17 Millionen beteiligt worden und hat sih aus diesem Betrage an den Reedereikrediten mit 6 Millionen beteiligen können. Der Gesamtreedereikredit von 50 Millionen ist heute etwa zur Hälfte in Anspruch genommen. Daß er nicht stärker in Anspruch ge- nommen ist, liegt einmal daran, daß der Bedarf an Schiffsraum gering ist, und zweitens daran, daß auch die notwendigen Schiffs

bauten niht ganz mit diesen Mitteln finanziert werden, sondern daß auch von seiten der Reedereien noch ein erhebliher Betrag aus eigenen Mitteln für die Finanzierung der Schiffsbauten zur Verfügung gestellt werden muß. Finmerhin ist diejer Reederei kredit doch sür den Schifssbau nund die Werften eine außerordents lich bedeutsame Hilfe gewesen.

Ein weiterer “Kredit, an dem die preußishe Staats- regierung beteiligt ist, bezieht sich auf die Vulkanwerft in Stettin. Der Vulkanwerst ist seinerzeit ein Kredit von 15 Millionen durch die Staatsbank eingeräumt worden. Die Mittel hierfür sind der Staatsbank zum Teil aus Reichsmitteln, insbesondere von der Post, zux Verfügung gestellt, Für diesen Kredit haben das Reich und der Staat Preußen je zur Hälfte die Bürgschaft übernommen, Wir haben uns an dieser Aktion beteiligt, weil wir glaubten, daß es unter allen Umständen nötig sei, die Vulkanwerft, die die eingige große Werft in Stettin ist und für das Dasein des Hafens in Stettin von entscheidender Bedeutung ist, zu erhalten (sehr rihtig!), obwohl nit zu verkennen ist, daß es für den Staat eine gefährliche Aufgabe ist, ganz allgemein der Wirtschaft mit Krediten unter die Arme zu greifen oder Bürgschaft zugunsten der Wirts haft zu übernehmen, (Sehr richtig!) Aber die besonderen wirts schafilihen Gründe, die durch die Lage Stettins, des einzigen großen Ostseehafens des preußischen Staates, sih ergeben, haben doch diese Bedenken in den Hintergrund treten lassen, Wir haben uns daher an diesex Aktion beteiligt,

Eine weitew Kreditaktion betraf den Stinness Konzern, Darüber brauhe ih keine näheren Mitteilungen zu machen; das ist alles eigeutlich in dex Oeffentlichkeit bekannt. Die Dinge hoben sich so abgespielt, daß die Staatsbank auf baskmäßiger Grundlage mit ihren eigenen Mitteln dem Bankenkonsortium beis gesprungen ist und dadurch die Abwicklung, die Liquidation des Stkinnes-Konzerns erleichtert hat. Natürlich ist das im Einvernehmen mit dem Finanzministerium geschehen, weil diese Kreditgewährung auch ihre politisGe Bedeutung hatte. Wix haben geglaubt, diese Hilfe der Staatsbank genehmigen zu sollen, niht so sehr, weil wir dem Stinnes-Konzern helfen wollten, sondern weil wir es als unsere Aufgabe beiuachteten, die deutsche Wirtschaft vor schweren Erschütte- rungen zu bewahren und die Liquidation des Stinnes-Konzerns ruhig durchzuführen. Diese Kredite sind von der Staatsbank zu- nächst auf bankmäßiger Grundlage einem Bankenkonsortium zur Verfügung gestellt worden. Jm weiteren Verlaufe diesex Aktion trat an uns die Ueberlegung heran, ob es nicht richtiger sei, statt weiierer Kreditgewähruug hier einen Teil dex verfügbaren und zu werbenden Anlagen wiederum bestimmten Mittel des Staates dazu anzuwenden, um einen Teil der vorhandenen Wertobjekte zu erwerben und dadurch die Abwicklung für den ganzen Konzern zu erleihtern. Wir haben deshalb damals aus der Reichsentshädigung, die alls werbendes Eigentum nußbax angelegt werden mußte, sür 12 Millionen NWE-Aktien vom Stinnes-Konzern erworben. Jm übrigen sind die von der Staatsbank dem Stinnes-Konzern und den Banken gewährten Kredite zurückgezahlt worden und irgendwelche Verluste hierbei nicht entstanden.

Uebex die vierte Kreditaktion, diît den Stumms Konzern betrifft, ist die Oeffentlichkeit durch die Zeitungen unter- vichtet worden. Dex Preußische Staat hat für die Sanierung des Stumm-Konzerns zunächst keine Mittel zur Verfügung gestellt. Viel- mehv haben die Banken die erforderlichen Mittel aufgebracht. Sie haben aber von dent Reich und Preußen eine gewisse Rückendeckung verlangt in dex Weise, daß Reich und Staat die Verpflichtung über- nähmen, gewisse Werte aus dem Stumm-Konzern nah zwei Jahren zu übernehmen. Wenn diese Deckung von dem Staate nicht über- nommen wäre, so wäre wahrscheinlich die Sanierung des Stumm= Konzerns von den Banken nicht durchgeführt worden. Wir haben uns zu dem Schritt entschlossen aus denselben wirtschaftlichen Gründen wie bei der Stinnes-Aktion, nämlich weil wir es als Auf- gabe der Preußischen Staatsregierung ansahen, mit den verfügs baren Mitteln die Wirtschaft vorx chweren Erschütterungen zu he- wahren. Die Verpflichtung, die der Preußische Staat übernommen hat, geht dahin, daß er gemeinsam mit dem Reich gewisse Objekte des Stumm-Konzerns, so die wertvolle Zehe König Wilhelm und die Zehe Achenbah, nah Verlauf von zwei Jahren zu einem festen Preis übernehmen muß, wenn bis dahin die wirtfchaftlihe Lage nicht so geworden ist, baß ver Stumm-Konzern, zie wir hoffen, dann fest auf eigenen Füßen steht. Hat die Aklion “der Banken Erfolg, so wird irgend eine Verpflichtung an den Staat nicht herantreten. Sollte sie wider Erwarten keinen Erfolg haben, so könnte nah zwei Fahren an den preußishen Staat die Verpflichtung herana treten, zinige Objekte aus dem Stumm-Konzern zu einem festen Preise und ohne Schuldenklast zu übernehmen,

Eine weitere Kreditaktion, die in diesen Tagen in der Oeffentlichkeit viel Aufsehen erregt hat, betrifft den Giesches- Konze rn; auf diese Aktion muß ih näher eingehen. Die Giesche- Gesellschaf; war im Mai d. J. an die Staatsbank herangetreten mit der Bitte, ihr einen Kredit einzuräumen. Die Staatsbank hat darauf der Biesche-Gesellshaft 15 Millionen zur Verfügur.g gestellt, es stellte sih aber im Sommer heraus, daß diese Kredite niht aus- reichten. Ende Oktober spihten sich die Dinge weiter zu, und in den leßten Tagen des Oktober traten der Direktox einer Großbank in Berlin und ein Vertreter von Harriman, ein Mr. - Rossi, an mich hevan und baten mich, ih möge von seiten des preußischen Staats einen Zwischenkredit zur Verfügung stellen, um Zeit zu gewinnen für eine große Aktion, die von seiten der Amerikaner eingeleitet wevden sollte. Fh gewann bei den Verhandlungen mit diesem Bankdirektor und dem Vertreter von Harriman die Uebere zeugung, daß der Plan der Amerikaner bei dieser Aktion nicht dahin ging, nux das volle Verfügungsreht über den polnishen Erzfelder- besiy der Gieshe-Gesellschaft zu gewinnen, sondern auch auf den deutschen Erzfelderbesiß die Hand zu legen (hört, hört!), und habe daher im Einvernehmen mit dem Herrn Handel8minister damals dein Herrn kategorisch mitgeteilt, daß die preußishe Staats- regierung nie und nimmer beî einex Aktion zu diesem Zwecke. mit- wirken würde, und daß wir daher die Gewährung eines Zwischen- kredits für diesen Zweck rundweg ablehnen müßten.

Darauf sind die Verhandlungen zunächst abgebrochen worden. Aber wir auch hier das Handelêministerium und das Finanzs ministerium in vollem Einvernehmen haben es dann doch für unsere Pflicht gehalten, Fühlung mit der Giesche-Gesellshaft zu halten, um zu verhindern, daß die Giesche-Gesellschaft etwa mit den Amerikanern einen Vertrag abs{lösse, der die von den Amerikanern beabsihtinten Ziele zur Vecwirklichung bringen würde. Im Ver* laufe dieser Verhandlungen ist dann zwischen der Giesche-Gesellschaft

und der Preußag, als der Vertrekerin des preußishen Staates, der bekannte Vertragëeniwucf des Inhalts zustande cekommen, daß eine Gesellshaft mit einem Aktienkapital von 60 Millionen Mark be- gründet werden solle, an der der Staat mit 40, die Giesche-Gesell- {haft mit 20 Millionen Mark beteiligt werden solle, und daß in diese Gesellschaft der deutshe Besiß der Giesche - Gesellschaft cin- gebraht werden solle. Dieser Vertrag war von seiten der Preußag mit den Repräsentanten der Gewerken die Giesche-Gesellschaft hat die Form einer Gewerkschaft abgeschlossen worden unter Vor- behalt der Genehmigung der Geweckenversammlung. Diese Genchmi- gung der Gewerkenversammlung mußte vorbehalten werden. Wir glaubien aber, nah den bestimmten Zusicherungen der Repräsentanten, daß mit der Genehmigung zu rechnen wäre; denn wir hoffien, bei den Gewerken niht nur die erforderliche wirtshaftlihe Einsicht, son- dern au das erforderliche Verständnis für die Belange dec deuischen Wirtschaft vorausseßen zu dürfen,

Leider muß ih heute sagen, daß wir uns in dieser Erwartung getäuscht haben. (Hört, hört!) Die Gewerkenversammlung hat weder die erforderliche wirtschaftliche Einsicht aufgebracht, noch das erforderliche Verständnis für die Belange der deutschen Wirtschaft. (Hört, hört!) Der Vertrag, der zwischen der Preußag und der Giesche-Gesellschaft abgeschlossen war, wäre wahrscheinlih troß allem bon der Gewerkenversammlung genehmigt worden, wenn nicht im leßten Augenbli, eingeführt durch die Vertreter der Opposition, Vertreter der Amerikaner selber in der Versammlung ecschienen wären (hört, hört!), und nunmehr ein Angebot gemacht hätten, das den Gewerken günstigec erschien als das Angebot der preußischen Staatsregierung, das aber nah unserem Dafürhalten keineswegs gün- stiger war, sondern niht nur für die deutshe Wirtschaft, sondern au für die Giesche-Gesellschaft selbst schwere Nachteile in sich s{ließt.

Die Bestimmungen des Vertrags, der, in die Form einer Option gekleidet, zwischen der Giesche-Gesellshaft und dem Konzern Harri- man (Anaconda) abgeschlossen worden ist, sind dur die Zeitungen bekannt. Aber ich möchte hier doh folgende wesentlihen Vertrags- bestimmungen anführen:

Der polnishe Besiß der Gesellschaf; wird in eine neu- zugründende amerikanische Gesellschaft eingebracht. Die Amerikaner behalten fich vor, den Wert nachträglich festzuseßen, Fällige Steuecn, die auf dem polnischen Besiß lasten, und die auf etwa 15 Millionen Mark geshäßt werden müssen, werden durhch die deutshe Giesche-Gesellschaft übernommen. An der amerikanischen Gesellschaft sind die Amerikaner mit 51 %, die deutshe Gi-sche- Gesellschaft mit 49 % der common shares befeiligt. Die Giesche- Gesellschaft erhält außerdem noch 10 Millionen Dollar mit 7 % verzinslichec Vorzugsaktien. Durch Ausgabe von Bonds wird die amerikanishe Gesellshaft in Amerika weitere Kapitalien zu be- schaffen versuchen.

Also die Giesche-Gesellschaft erhält nur eine Beteiligung an der zu gründenden amerikanischen Gesellshaft. Darüber hinaus werden der Giesche-Gesellschaft freilich auch namhafte Beträge, näm- lih zusammen 4214 Millionen Mark, zur Abdeckung ihrer Schulden und als Betriebskapital für die auf deutschem Boden befindlichen Betriebe zur Verfügung gestellt. Aber diese Summen werden nicht endgültig gezahlt, sondern nux als ein Vorskuß gegeben, der nachher auf die Bonds abgerechnet werden soll, die zu Lasten der amerikanischen Gesellschaft in Amerika aufgenommen werden sollen. Mit anderen Worten: micht etwa Harriman und Anaconda zahlen diese 42,5 Mil- lionen nunmehr als Kaufpreis an Giesche, sondern diese Summe er- hält die Giesche-Gesellshaft als Vokshuß zu Lasten der später zu gründenden amerikanischen Gesellschaft, an der sie selber beteiligt ift. Man könnte also sagen: materiell trägt sie selber einen erheblichen Teil dieses Vocschusses.

Nun kommt aber, was für die Belange der deutshen Wirtschaft \so außerordentlih bedenklich ist, In dem Optionsvertrag ist roeiter vereinoart worden, daß die deutsche Giesche-Vesellshaft für 25 Jahre einen Erzlieferungsvertrag mit der amerikanischen Gesellschaft ab- quschließen hat, und daß sie die auf deutshem Boden gewonnenen Erse über die Grenze an die amerikanische Gesells{aft abzuliefern hat (hört, hôrt!); allerdings mit dem Nechte, das dann auf polnischer Seite gewonnene Zink zum Weltmarktpreis wieder zurückzutaufen. (Hört, hört!)

Das ist der Stand der Sache. Man wird die Frage aufzuwerfen haben, ob hier von Seiten der Staatsregierung irgendetwas versäumt worden ist. Jch glaube, daß diese Frage zu verneinen ist, Wir haben, als die ersten Verhandlungen mit Harrimanr gepflogen wurden, sofort erkannt, worauf die Amerikaner abzielten, und haben mit Nückfsicht darauf den damals geforderten Zwischenkrednt rundweg abgelehnt. Wir haben dann zunächst in vertrauliher Weise Fühlung mit der Giesche-Gesellschaft genommen und haben ihr im weiteren Verlauf der Verhandlungen einen Vertrag angeboten, der ihren Erforder- nissen durchaus" gerecht wurde und ihr die Möglichkeit geboten hätte, mit den 40 Millionen, die der Staat als seine Beteiligung an der Gesellschaft eingahlte, ihre laufenden Schulden abzudecken, der aber insbesondere auch den Belangen der deutschen Wirtschaft gerecht wurde, Wäre diese Gesellschaft gemeinsam von Gieshe und der Preußag gegründet worden, dann hätte sie den wertvollen deutschen Erzfelderbesiß ausbeuten können. Auf das weilere Schisal des pol- nischen Erzfelderbesißes hätten wir allerdings keinen Einfluß gehabt, aber es wäre der Giesche-Gesellschaft vollkommen unbenommen ge- wesen, über diesen polnischen Erzfelderbesiß noch ihrerseits einen gün- stigen Vertrag mit den Amerikanern abzuschließen. Was wir den Gewerken der Giesche-Gesellshaft zum Vorwurf mahen müssen, ift, daß sie dieser ihren Interessen vollauf Nehnung tragenden Entwurf abgelehnt und mit den Amerikanern einen Vertrag abgeschlossen haben, der sich nit nur auf den polnischen Besiß, sondern auch auf den deutschen insofern bezieht, als die ganze Crzausbeute aus dem deutschen Besiß an die amerikanische Gesellschaft abgeliefert werden miß. Daher ift, glaube ih, der Vorwurf vollauf gerechtfertigt, daß, abgesehen von der Wahrnehmung eigener Interessen, die Giesche- Gesellschaft und ihre Gewerken die Interessen der deutschen Wirt- [haft in keiner Weise wahrgenommen haben. (Allgemeine Zu- stimmung.)

Wie die Dinge sich nun weiter entwickeln werden, steht noch dahin. Meine Damen und Herren, Ihnen ist aus den Zeitungen bekannt, daß die Preußishe Staatsregierung inzwischen, fußend auf dén Bestimmungen des allgemeinen Landrechis und des Gesellschafts- statutes, einen Staatékommissar eingeseßt hat. Seiner, Zustimmung bedürfen alle entsheidenden Verträge, die von der Gesellschaft ab- geshlossen werden. Jufolgedessen hat die Staatsregierung die Mög- lihkeit, die Genehmigung dieses Optionsvertrags zwischen der Giesche-Gesellschaft und den Amerikanern zu verhindern. Jch kann auf diese Dinge im einzelnen nicht eingehen, darf hier aber die Ver-

sicherung abgeben, daß die Staatsregierung, wie sie nach ihrex Mei- nung in die Vergangenheit das ihrige getan hat, um die Belange der deutschen Wirtschaft zu wahren, auch in Zukunft das ihrige tun wird, um die Belange der deutschen Wirtschaft nah Möglichkeit zu wahren, und zu verhindern, daß ein Vertrag zustandekommt, der für die deutshe Wirtschaft eine s{chwere Schädigung bedeuten würde. (Bravo!)

Bei all diesen Verhandlungen habe ih den Eindruck gehabt, daß der Preußische Landtag geschlossen hinter den Bestrebungen der Staatsregierung stehen wird. Nachdem sererzeit der Ostausschuß die Reise nah Oberschlesien gemacht hatte, ist mix von Vertretern eigentlich aller Parteien, von den Deutschnationalen bis zu den Sozialdemokraten, immer wieder gesagt worden: die deutshe Regie- rung muß das ihrige tun, um diesé wertvollen Erzfelder in Ober- slesien der deutshen Wirtschaft zu erhalten und durch ihre Aus- beutung neue Arbeitsgelegenheit für Oberschlesien zu schaffen. (Sehr rihtig!) Ih glaube, das war ganz richtig, und von diesem. Gesichts- punkt hat sih au die Staatsregierung leiten lassen, als sie versuchte, mit Giesche einen diesen Forderungen Rechnung tragenden Vertrag abzuschließen. Daß dieser Vertrag niht zum Abschluß gekommen ist, is niht die Schuld der Staatsregierung gewesen, sondern lag daran, daß die Gewerkenversammlung niht nur ihre eigenen Inter- essen, sondern auh die Interessen der deutshen Wirtschaft außer Acht gelassen hat.

Das wäre das Wesentliche, was ih über diesen Punkt mit- zuteilen hätte. Jh muß dann aber noch, weil auch davon in der leßten Beratung die Rede gewesen ist, auf zwei andere Transaktionen eingehen, Es handelt sich hier um die Beteiligung des Staates bei der Siemens-Elektrizitätsbetrieb9- gesellschaft und um die Pläne des preußischen Staates, #WMehr- heit der Aktien bei der Riebeck-Montan-Aktiengesell- schaft zu erwerben. Wir haben seinerzeit erwogen, wie wix die Neichsentshädigung verwenden sollten, und waren uns darüber klar, daß ein erheblicher Teil der Reichsentshädigung dem Handelsminister zur Erweiterung der Elektrizitätswirtshaft zur Verfügung gestellt werden follte, Jn Durchführung dieses Planes haben wir dann, wie ih schon erwähnte, cinen Teil der N.-E.-W,.-Aktien angekauft, und im weiteren Verlaufe dieser Pläne haben wir auh die Mehrheit der Aktien bei der Siemens-Glektrizitätsbetriebégesellshaft erworben. Der Herr Abgeordnete Dr. Waentig hat dies an sich mcht bemängelt. Er hat aber bemängelt, daß wir einen viel zu hohen Preis bezahlt hätten. Nun ist es richtig, daß wir einen Preis bezahlt haben, der er- heblich über dem Tageskurs war. Aber ih bitte, doch einmal zu erwägen: es ist möglich, -eingelne Aktien zum Tageskurse zu kaufen. Es ist aber niht möglich, die Mehrheit, und zwar die große Mehrheit der Aktien zum Tageskurse zu kaufen, wenn der Tageskurs ganz erheblich hinter dem inneren Werte eines Unternehmens zurückbleibt, Wir find nach sorgfältiger Prüfung zu dem Ergebnis gekommen, daß der Tageskurs hinter dem inneren Wert des Unternehmens erheblich zurücbleib{ und daß der Preis, den wir beim Erwerb ‘der Mehrheit dieser Aktien zahlen mußten, immer noch gering ist im Verhältnis zu dem hohen inneren Werte dieses Unternehmens. Doß wir die Aktien gekauft haben, lag im Zuge der Pläne, die die Preußische Staats- regierung seit langen Jahren verfolgt und die dahin gehen, der öffent- lichen Hand einen entscheidenden oder wenigstens starken Einfluß auf die Glektrizitätsversorgung zu wahren, weil die Elektrizitätsvecsorgung nicht privalwirtschaftlihen Konzernen allein überlassen und dadurch die Bildung eines Monopols ermöglicht werden darf.

Die Pläne, der öffentlihen Hand Einfluß auf die Elektrizitäts- wirtschaft zu verschaffen, sind bereits von dem Minister von Breitenbach aufgestellt und seitdem weiter verfolgt worden. Jn Durchführung dieser Pläne hat der preußische Staat sich nicht nur an dem Ostpreußenwerk beteiligt, sondern auch das Großkraftwerk Hannover gebaut, ferner große Elektrizitätsurternehmungen in Hessen und Haunover, Main, Weser und Oberweser, ins Lebe gerufen. Es lag also nur in der Richtung dieser, wie ih glaube, rihtigen Pläne, wenn wir einen Teil dex Entschädigung benußten, um uns an den R. E. W. zu beteiligen und andererseits die Mehr- heit der Aktien bei den Siemens8werken zu erwerben.

Dex Herr Abgeordnete Dr. Waentig hat die Frage auf- geworfen, ob es niht zweckmäßiger oder besser gewesen wäre, statt dessen die Riebeck-Aktien zu erwerben. Auch das haben das Handelsministerium und das Finanzministerium erörtert, Wir sind aber, weil wix in unseren Mitteln sehx beschränkt waren, zu dem Ergebnis gekommen, daß es richtiger ist, die Mittel nicht zu zersplittern, sondern die verfügbaren Mittel zum Ausbau der Elektrizitätswirtschaft zu verwenden, nich} áber in den Brauns- kohlenbetrieb durch Erwerb der Aktien von Riebeck-Montan hin- einzugehen.

Es fam die weitere Erwägung hinzu, daß. die Braunkohlen- verwertung neue Wege gehen muß, und ih weiß nicht, ob der Staat der großen Aufgabe, diese Wege zu gehen, in dem Maße gerecht werden kann, wie es eine Privatgesellshaft tun kann, die auf diesem Gebiete über so große Erfahrungen verfügt, wie der Anilin-Konzern. Auch aus diesem Grund haben wir uns damals entschlossen, die Elektrizitätswirtschaft zu erweitern, die Aktien von Riebeck abex nicht zu erwerben. Beides zu tun, würde über unsere Kräfte hinausgegangen sein.

Damit glaube ich diese Ausführungen zu einem Abschluß bringen zu können. Sie sehen aber {hon aus diesen Ausführungen, daß die Vorwürfe, die der Herx Abgeordnete Dr. Rose gegen das Finanzministerium erhoben hat, daß das Finanzministerium [ih allzusehr von den Grundsäßen der Fiskalität leiten lasse, daß es zu wenig wirtschaftlih dächte, zu wenig auf eine pfleglihe Behand- lung der Finanzen bedacht sei, jedenfalls bei diesen Aktionen nicht gerechtfertigt sein können. (Sehr richtig!) Vom Standpunkt der Fisfkalität hätte ich den Daumen auf den Beutel halten müssen und nichts zux Verfügung stellen dürfen. Der Entschluß, meine Damen und Herren, Mittel für diese Aktion zur Verfügung zu stellen, is mir auch sehr schwer geworden darauf können Sie sih verlassen —, und diejenigen Mittel, die zum Erwerb von werbepdem Staatsbesiß aufgewendet worden sind, konnten ja auch nur “deshalb aufgewendet werden, weil wix durch die Reichs- entshädigung Mittel bekommen hatten, die nah den Verein» barungen mit dem Reiche und auch aus allgemein finanzwirtschaft- lihen Gründen wiederum zum Erwerbe von werbendem Staats- eigentum ausgewandt werden mußten, Z

Jm übrigen aber bin ih gern bereit, das Stichwort aufzu- nehmen, daß Herr Abgeordneter Dr. Nose gegeben hat, wenn er meinte, der Finanzminister dürfe sich niht so schr der Fiskalität als vielmehr der pfleglihen Behandlung der Staatsfinanzen besleißigen.

Der Herr Abgeordnete Dr. Rose hat dabei darauf hingewiesen, daß wir auc tem techuiscchen Fortschriti mehr Rechnung tragen müßten. Jh kann darauf ermdern, daß wic darauf bedacht sind, den Bes börden immer mchr Kraftwagen zur Verfügung zu stellen auch darum hat Herr Abgeordneter Dr. Rofe gebeten —, und daß wix der Justizverwaltung auf ihr Anfordern hin die Mittel für 800 Schreibmaschinen zur Verfügung gestellt haben, auch darnm hat Herr Dr. Rose gebeten. Jch habe allerdings daran die Bitte geknüpft, daß die Justizverwaltung dann in der Anforderung von neuen Hilfskräften um so sparsamer sein möchte. (Sehr rihtig!) Jh bin der Meinung, daß solche technishen Mittel zur Verfügung gestellt werden müssen, um auf der anderen Seite Arbeitskräfte zu ersparen. Daß wir auch sonst nit von den Grundsäßen der Fisfalität uns haben allein leiten lassen, geht daraus hervor, daß wir für Kultivierung von Oedland und Deichbauten niht nur im vergangenen Fahre, sondern auch in diesem Fahre ganz erhebliche Mittel zur Verfügung gestellt haben.

Um so notwendiger aber, meine Damén und Herren, ist es, bei den eigentlichen Staatsverwaltungsausgaben die größte Spac- samkeit walten zu lossen und immer wieder auf Verkleinercun g des großen Verwaltungsapparates bedacht zu sein. Es könnte als im Widerspruch zu diesen Bestrebungen erscheine2n, wenn von seiten der Regierungsparteien der Antrag gestellt wird, und zivar, wie ih ausdrücklich sagen möchte, im Einvernehmen mit der Finanzverwal:ung, in der Katasterverwaltung die Hahl der Sekretäre und Obersekretäre um 250 zit vermehren. Hierbei handelt es sich um Folgendes. Es ist von allen Parteien der Wunsch geäußert worden, die beamteten Hilf3- kräfte in der Katasterverwaltung zu vermehren. Es kann niht bestritten werden, daß in der Katasterverwaltung ein außerordettt- liches Mißverhältnis zwischen Hilfs?räften und beamteten Kräfter besteht. Die Katasterverwaltung hat 3499 Angestellte auf Privat- dienstvertrag, ein Vielfaches der Zahl der Beamten. Das Miß- verhältnis ist bei keiner Verwaltung so groß, wie bei der Kataster» verwaltung. Fn allen Vevwaltungen überwiegt die Zahl der Beamten die Zahl der auf Privatdienstvertrag Angestellten. Ju der Katasterverwaltung übersteigt die Zahl der nihtbeamteten Hilfskräfte die Zahl der beamteten Hilfskräfte um ein Vielfaches. Dabei darf nicht verkannt werden, daß der Katasterverwaltung neue Aufgaben übertragen worden sind und noch weiter übertragen lverden, insbesondere in der Veranlagung der Hauszinssteuer, deren endgültige Regelung bevorsteht und vom Landtage noch vor Weihnachten vollzogen werden soll. Dann werden wieder neue große Aufgaben an die Katasterverwaltung herantreten, und= ich glaube, daß diese neuen großen Aufgaben von dex Kataster- verwaltung leichter und freudiger erfüllt werden können, wenn wir einen Teil der Hilfsfraftstellen in Beamtenstellen umwandeln. Wesentliche Mehrausgaben würden dadurch dem Staate nicht er- wachsen, da die auf Privatdienstvertrag Angestellten nahezu die- selban Gehälter beziehen wie die Katasterobersekretäre und -sekre- täre. Jch bitte daher, dem Antrage zuzustimmen. Rücwirkungen wird dies nicht haben. Auch von den anderen Ressorts wird die besondere Notlage der Katasterverwaltung und die Notwendigkeit der Stellenvermehrung in dieser Verwaltung anerkannt. Sollte dieser Anirag vom Landtag angenommen werden, so würde die Finanzverwaltung die Ernennungen zum 1. Januar 1926 vor- nehmen, damit, wenn die Arbeiten für die anderweite Gestaltung der Hauszinssteuer in die Wege geleitet werden, bereits ein größerer Beamtenapparat der Katasterverwaltung zur Verfügung stünde.

In diesem Zusammenhange muß ich auf Aeußerungen eingehen, die der Herr Abgeordnete Dr. von Brehmer am 14. November in seiner Rede gemacht hat. Er hat behauptet, daß die Beamten der Katasterverwaltung bei der Bearbeitung der die Hauszinssteuer betreffenden Anträge einen gewissen passiven Widerstand leisteten, die Anträge blieben erinfah liegen; er wisse zwar, daß die Beamtenzahl zu gering sei, und müsse daher eine entsprehende Verstärkung fcrdern. Meine Damen und Herren, die Behauptung, die im ersten Teile dieses Saßes aufs gestelli wird, daß nämlich die Katasterbeamten einen gewissen passiven Widerstand leisteten, enthält ih weiß nit, ob Herr Abgeordneter Dr. von Brehmer sich dessen bewußt gewesen ist einen sehr {weren Vorwurf gegen die Beamten der Katasterverwaltung, und zwer einen Vorwurf, den ih mit aller Entschiedenheit zurückweisen muß, (Bravo!) Von einem passiven Widerstand kann bei den Beamten der Katasterverwaltung durchaus nicht die Rede sein. (Sehr richtig!) Im Gegenteil: die Beamten dieser Verwaltung verdienen die allers größte Anerkennung (erneute Zustimmung), weil sie mit einem außere ordentlichen Fleiß und ohne sih an die Dienststunden zu halten, die großen Aufgaben, die ihnen im vergangenen Jahre zugewachsen sind, zu bewältigen sih bemüht haben. (Sehr richtig) Es ist richtig, daß dies manhmal nicht in vollem Umfange gelungen is und daß das eine oder andere hat liegenbleiben müssen, aber gegen den Fleiß, die Tüchtigkeit und die Gewissenhaftigkeit dieser Beamten kann nichts gesagt werden, und ih glaube, man tut ihnen bitter unrecht, wenn man von passivem Widerstand redet. (Zustimmung auf verschiedenen Seiten.)

Dann sind verschiedene Herren Abgeordneten auf die Frage der Verwaltungs8reform eingegangen, und einer diefer Herren ih glaube auch Herr Abgeordneter Dr. Rose hat gemeint, die Frage der Verwaltungsreform sei do eigentlich so recht eine Auf- gabe für den Finanzminister. Nun gebe ih ohne weiteres zu, daß die Grage der Verwaltungsreform dem Jnnenminister allein niht über- lassen werden kann, sondern daß der Finanzminister dabei zu entscheidender Mitwirkung berufen ist. (Sehr richtigt) Und es erfüllt mich manhmal mit einer gewissen Sorge, daß wir zurzeit in der Finanzverwaltung mit so vielen dringenden Aufgaben belastet sind, durch den Finanzausgleih, die Steuergeseße, die Etatsarbeiten, daß die Finanzverwaltung diesen Fragen der Verwaltungsreform im Augenbli nicht die erforderlihe Arbeit widmen kann. Aber ih kann auf diese Fragen der Verwaltungsreform jeßt nicht im einzelnen eingehen, sondern will nur eine Frage herausgreifen, die bei der Be- ratuag des Haushalts des Finanzministeriums immer wieder ans geschnitten wird und die Bauverwaltung betrifft. Jh habe darüber im Aus\s{chuß einige Mitteilungen gemacht und kann mich, glaube ich, auf diese Darlegungen berufen. Jch habe dort aus-

geführt, daß es zweckmäßig sein würde wir unterscheiden

bekanntlih bei den Bauarbeiten zwishen a-, b- und c - Arbeiten: a - Arbeiten sind kleine Instandseßungen, b - Arbeiten Unterhaltungen in Dach und Fach, c - Arbeiten Ergänzungs- und Veränderungsarbeiten —, daß es zweckmäßig

E T O T E V ET U

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