1882 / 163 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 14 Jul 1882 18:00:01 GMT) scan diff

Von dem Direktor des Kaiserlihen Statistischen Amtes, Herrn Becker, ist uns folgende Erklärung zur Ver- öffentlihung zugegangen : N : : _ Das 2. Heft des 38. Jahrgangs der Zeitschrift für die esammte Staatswissenschast enthält eine Abhandlung „Ueber Branntweinbesteuerung und deren anzustrebende Neformim Deutschen Rei, von Alexander Große, Hülfs- arbeiter im Statistishen Amt des Deutschen Reichs“, welche, unter Hervorhebung der Stellung des Verfassers als eines Beamten, in der Tagespresse mehrfah besprochen worden ist. Hierdurch und dur die zu einer irrigen Auffassung über die Art und den Jnhalt der benußten Quellen verleitenden Aus- führungen der Schrift sehe ih mi zu der Erklärung ver- anlaßt, daß A. Große? niht Beamter des Statistischen Amts ist, sondern nur diätarish in demselben beschäftigt wird. An der Bearbeitung der Branntweinsteuer-Statistik im Statistishen Amt hat er nie in irgend einer Weise Theil genommen, noch hat ihm das dazu vorhandene amtliche Ma- terial zu Gebote gestanden. Dies Material und die bezüg- lihen Veröffentlihungen des Statistishen Amts rechtfertigen nit die von ihm über die Ausbeute von Branntwein mit- etheilten Verhältnißzahlen, und liefern ebenso wenig einen nhalt für seine Behauptung, daß nah dem übereinstimmen- den Urtheil der Steuerdirektivbehörden in den großen, mit modernen Apparaten ausgerüsteten, auf der Höhe der Technik stehenden Brennereien, wenn stärkemehlhaltige Frucht ver- arbeitet wird, der Maischraum allgemein mit 10 Proz. aus- gezogen werde. Alle Folgerungen aus dieser Behauptung und jenen Verhältnißzahlen, insbesondere auf die Höhe der Brannt- weinproduktion und des Branntweinkonsums, sowie auf die Besteuerung und die Exportbonifikation, entbehren daher der amtlichen Grundlage. Dr. Beder,

Direktor des Kaiserlichen Statistishen Amts.

Württemberg. Ludwigsburg, 12. Juli. (Ludwigsb. Ztg.) Die Königin der Niederlande kam gestern Mit- tags von Frankfurt hier an und wurde von dem Prinzen Wilhelm auf dem Bahnhofe empfangen und zur Villa Marienwahl geleitet. Schon im Laufe des Nachmittags be- gaben si die Hohen Herrschasten zu Fuß auf den Friedhof. Jhre Majestät verweilt voraussichtlich nur furze Zeit hier, während welcher der König die Ausstellung in Nürnberg be- suht. Donnerstag Nacht trifft sih das Königliche Paar wie- der in Augsburg, von wo aus eine Reise nah Tirol ange- treten und ein achttägiger Aufenthalt in Salzburg genommen werden soll.

Hamburg, 13. Juli. (H. C) Die Bürgerschaft nahm gestern den Antrag des Senats, betreffend Ansch{chluß Hamburgs an das deutsche Zollgebiet, insbesondere den Generalplan und Generalkostenanschlag.

Elsaß - Lothringen. Met, 12. Juli. Wie die gor frnas Zeitung“ meldet, haben Se. Majestät der Kaiser die von dem Staatssekretär von Hofmann erbetene Genehmigung zur Verwendung von 50 000 /6 aus Landes- mitteln behufs Linderung der Noth in den jüngst durch Ha elshlag heimgesuhten Gemeinden des Unterelsaß und

othringens durch Allerhöchste Ordre vom 5s. d. M. ertheilt.

Oesterreich-Ungarn. Wien, 13. Juli. (W. T. B.) Nach einer Mittheilung der „Pol. Corresp.“ wird der zum Botschafter Rußlands in Wien ernannte Fürst Lobanoff der Königin von England fein Abberusungs\reiben am 90. d. M. überreichen und, bevor er sih nach Wien begiebt, zunächst nah St. Petersburg reisen, wo auch der bisherige hiesige russishe Botschafter Ou bril erwartet wird, der dem Kaiser bereits sein Abberufungss{hreiben übergeben und sih von dem- selben verabschiedet hat. Mit der Leitung der Geschäfte als chargé d’affaires bis zur Ankunst des Fürsten Lobanoff ist der Botschasts-Rath Fonton betraut worden.

Jm Ackerbau-Ministerium wird, wie man dem „Prag. Abltt.“ meldet, an der Reform der Berggesebgebung rüstig gearbeitet und namentlih wird eine bessere Organisa- tion der Bruderladen angestrebt. Von der Anschauung aus-

chend, daß die Organisation der Bruderladen den jeßigen Verhältnissen niht mehr entspricht, hat das Ackerbau-Ministe- rium den Chef der staatlihen Versiherungskontrole mit der Aufgabe betraut, auf Grundlage der jeßt bestehenden Bruder- ladenbestimmungen deren Pflichten und deren Vermögensver- hältnisse zu untersuchen, ob diese jeßige Organisation der Bruderladen, ihre Beiträge, ihre Leistungen den Anforderun- gen der Jeßtzeit und denen des rationellen Versiherungswesens entsprechen. x

Prag, 12. Juli. (Prag. Ztg.) Zusolge Allerhöchster Entschließung vom 5. d. M. wurde 199 Sträflingen der diesseitigen Reichshälste der Rest der Strafzeit nach- geren. In der Prager Strafanstalt wurde vom Ober-

ndeëgerihts-Rathe Rapp am 7., in jener zu Repy am 8. d. M. der Kaiserliche Gnadenakt kundgemacht und den B e- nadigten in angemessenen Ansprachen zu Gemüthe geführt, Eh der Allerhöchsten Gnade in Zukunst durch ein recht- schaffenes Leben würdig zu erweisen.

Großbritannien und Jrland. London, 13, Juli (W. T. B.) Jm Unterhause erllärte der Sekretär der Admiralität, Campell - Bannermann, in Beantwortung einer Anfrage Northcote's, es seien heute folgende Jn struktionen an den Admiral Seymour telegraphisch abgegargen : Da der Widerstand aufgehört hat, zerstören Sie weder Forts noch Kanonen, versuhen Sie eine freundlize Kommunikation mit dem Khedive zu eröffnen (Heiterkeit auf den Bänken der Fon ervaLven, ersuhen Sie ihn um seine Autorität ur Herstellung der Ordnung in Alcxandrien, seßen Sie Ti mil Derwish Pascha, falls es zweämäßig is, auf Ein- ladung des Khedive oder in Uebereinstimmung mit demselben oder in dessen Abwesenheit mit jeder anderen egyptischen Autorität ins Einvernehmen. Jn Alexandrien können Sie Matrosen und Marinesoldaten für polizeilihe Zwedcke zur Woahrung der Ordnung landen. Benachrichtigen Sie euro- päishe Schiffe, falls solche dort anwesend sind, und laden Sie dieselben zur Mitwirkung ein. Unter-Staatssekretär Dilke antwortete auf eine Anfrage Cowens, außer der Pforte habe keine Macht gegen das Bombardement von Alexandrien Vor- stellung erhoben, und erwiderte auf eine Anfrage des Deputirten Pease, die E ARAe mit China wegen Lekinzölle und wegen Erfüllung des Vertrags von Chefoo würden noch fortgeseßt, ein Arrangement sei noch niht abgeschlossen. wien Großbritannien und Korea sei am 6, v. M. ein

tertrag unterzeihnet worden, der England dieselben Privi-

legien gewähre, die der Nordamerikanishen Union gewährt worden seien, und die Behandlung Englands auf dem Fuße der meisibegünstigten Nation sichere. Die“ Einfuhr von Opium sei verboten. :

13. Juli. (W. T. B.) Die „Daily News“ meldet : Sämmtliche Großmächte hätten nunmchr den Vorschlag an- genommen, die Türkei aufzufordern, die Herstellung der Autorität des Khedive zu übernehmen. Eine in diesem Sinne abgefaßte Note werde der Pforte im Laufe dieser Woche überreiht werden. Es werde als wahrscheinli betrahtet, daß die Türkei, ohne die Aufforderung Europas positiv abzulehnen, versuhen werde, durch Wiedereröffnung von Unterhandlungen Zeit zu gewinnen. Fn diesem or werde England in der Konferenz geltend machen, daß dieses Verfahren der Pforte einer Weigerung gleich- fomme, und werde England der Konferenz alsdann andere Maßregeln zur Billigung unterbreiten. Die „Times“ erklärt, England sei bereit, den Beistand irgend einer Macht zur Durch- führung einer eventuellen Fntervention in Egypten zu acceptiren, und würde insbesondere die Mitwirkung Ztaliens willkomnien heißen. Es wäre überhaupt wünschenswerth, daß die europäische Jntervention von mehr als blos zwei Mächten oder gar nur von einer Macht unternommen werde. Der Herzog von Connaugh hat freiwillig seine Diensie für die eayptishe Expedition angeboten und wird wahrscheinli das Kommando einer Brigade erhalten. O

14. Zuli. (W. T. B.) Ein der Admiralität zu- gegangenes amtliches Telegramm aus Suez vom 13. d. meldet, daß der Verkehr im Suezkanal offen ist. :

Die „Times“ exsährt, Lord Granville habe den englischen Botschaster zu Konstantinopel, Lord Dufferin, instruirt, der Konferenz mitzutheilen, die Flottenoperationen vor Alexandrien seien beendigt, und die Pforte zu ersuchen, si sofort betreffs einer Entsendung türkisherTruppen na Egypten schlüssig zu machen. Fm Weigerungsfalle solle der Botschafter der Konferenz eröffnen, daß England, welches vorbereitet fei, um die ihm gestellte Aufgabe zu übernehmen, aber die Mitwirkung irgend einer anderen Macht gern sehen würde. Alle Morgenblätter verlangen eine rasche Ver- folgung und Zersprengung der Armee Arabi Paschas und berichten ferner, Alexandrien sei mit Marodeuren gefüllt, die indeß von cnglishen Marinesoldaten zum Theil zerstreut worden seien. Die Stadt brenne noch. Arabi Pascha soll die Eisenbahn hinter si gesprengt und sih bei Kesr-el-Dewar, ae Stunde von Alcxandrien, mit feinen Truppen verschanzt

aben.

Frankreich. Paris, 13. Juli. (W. T. B.) Dem zur Feier der Einweihung des Stadthauses heute Abend stattgehabten Bankette wohnten von den eingeladenen Personen gegen 500 bei, darunter der Präsident der Republik, die Minister, die Botschafter und Gesandten, die Bürger- meister auswärtiger Hauptstädte und andere Notabili- täten. Der Präsident des Munizipalrathes begrüßte die Versammelten, betonte, daß die gegenwärtige Feier dur die Jdeen des Friedens, der Arbeit und der Freiheit infpirirt sei und {loß mit einem Hoch auf den Präsidenten. Grevy. Der Seinepräfekt Hoquet toastete auf Frankreich, das in Frieden und patriotischer Eintracht fest zusammenstehe. Der Präsident Grery brachte den Toast auf die Stadt Paris aus; er {äge sich glücklich, an einer Tafel mit den hervorragendsten Vertrctern Frank- reihs und des Auslandes vereint zu sein, welche alle die aleihe Sympathie für die Stadt Paris beseele, für das Paris, welches die Heimath der Wissenschaften und \{önen Künste und jener erhabenen Schöpfungen des Genies sei, die den Reiz des Lebens sür den Einzelnen, wie die wahre Größe ter Nationen bildeten,

14, Juli. (W. T. B.) Die „Agence Havas“ schreibt : Nachrichten aus London konstatiren, daß zwischen Fran k- reich und England vollständiges Einvernehmen bestehe. Durch die Vorgänge vor Alexandrien seien die Beziehungen zwischen beiden Regierungen in keiner Weise erkältet, es sei vorauszusehen, daß die egyptische Frage schließlih durch das Einvernehmen Frankreihs und Englands werde geregelt werden.

Marseille, 14. Juli. (W. T. B.) Nach vorliegenden Aeußerungen von Lesseps hat dersilbe ausdrücklihe Erklä- rungen von englishen Autoritäten über die Festhaltung der Bedingung, daß der Suezkanal dem Gebrauche der Schiff- fahrt sämmtlicher Nationalitäten geöffnet bleiben solle, er- halten. Dersclbe empfing gleichzeitig die Nachricht, daß der englishe Oberst Stock mit der Wahrnehmung dcr Jnteressen des Kanals beauftragt wird.

Türkei. Konstantinopel, 13. Juli. (W. T. B) Jra Palais des Sultans traten sämmtliche Minister heute Nachmittag 4/2 Uhr zu einer Berathung unter dem Vorsiße des Sultans zusammen.

(W. T. B.) Der Ministerrath im Palais dauert noch fort ; wie es heißt, beschä tigt sih derselbe mit der Frage der Absendung eines Armee-Corps nach Egypten.

Numänien. Bukarest, 13. Juli. (W. T. B.) Der „Romanul“ hebt in seiner Antwort n einen Artikel des Wiener „Fremdenblatt“ über die Donaufrage hervor, daß Rumänien dur die dsterreihishen Ansprüche in soinen vitalen Interessen bedroht werde und dieselben nah Kräften verthei- dige. Frankreih habe nur für einen Gegendienst die Füh- rung in der Donaufrage zeitweilig übernommen. Rumänien könne ruhig den Augenblick abwarten, wo es sih thatsächlich einem Beschluß des europäishen Konzerts gegenüber befinde.

14. Juli. (W. T. B.) Das „Amtsblatt“ veröffent- liht ein Königliches Dekret, demzusolge alle rumänischen Staatseisenbahnen in einer einzigen Verwaltung ver- einigt werden sollen.

Nußland und Polen. St. Petersburg, 14. Juli (W. T. B.) Wie die „Neue Zeil“ erfährt, wird das nah dem Reichsbudget vorhandene Defizit von 41/, Millionen noch im lausenden Budgitjahre aus den ordentlichen Einnahmen

gedeckt werden, Moskau, 14. Juli. (W. T. B.) Der hier zusammen- getretene Handels- und Jndustriekongreß ist gestern

vom Großfürsten Alexis eröffnet worden.

Schweden und Norwegen. Stocholbm, 10. Juli. (H. Corr.) dey ab gedenkt, norwegischen Berichten zufolge, in diesem Monat die Merackterbahn zu eröffnen und wird sich alsdann einige Tage, vom 22, bis 26. Juli, in Drontheim aushalten, um sich von dort nah Christiania zu begeben. Der Kronprinz Gustav sowie die Prinzen Karl und Gustav werden den König auf seiner norwegischen Reise be-

gleiten, und am 29. Juli wird die Königin Sophia gleichfalls in Christiania erwartet.

Der Bericht der Landesvertheidigungs-Kom- mission liegt nunmehr vollständig vor. Derselbe beginnt mit einer historischen Einleitung, betreffend die Vorschläge zur Reorganisation, welche in der Zeit von 1819 bis 1878 gemacht worden sind. Alsdann wird die der Kommission gestellte Aufgabe näher erörtert, welche dahin ging, auf Grund der dem Reichstage im Jahre 1878 unterbreiteten Landes- vertheidigungs-Vorlage, jedoch unter Berücfsihtigung des Hauptgrundsates, daß das Heer aus Geworbenen und Wehr- pflichtigen besteht, das sogenannte „Eintheilungswesen“ (eine

Art von den ländlihen Grundbesißern zu stellender, zu besol- -

dender und auszurüstender Landwehr) aber wegfällt, eine neue Heeresordnung auszuarbeiten. Die Kommission geht alsdann zu der Frage über, welchen Einfluß die geographische Lage des Landes auf die Vertheidigung desselben haben kann. Fn dieser Beziehung {ließt die Kommission sich voulständig der Erklärung an, welche die Regierung im Jahre 1875 abgegeven hat und welche im Wesentlichen wie folgt lautet: „Zur Vertheidigung innerhalb der Landesgrenzen dürsten wenige Länder günstigere Bedingungen bieten als Schweden. Durch die Verbin- dung mit Norwegen ist der größte Theil der Landgrenze geshüßt und der offene Theil derselben in Gegenden verlegt, welche für einen Angriff wenig günstig sind. Jedem anderen wunden Punkt müßte sich ein Feind seewärts nähern. Wie groß auch seine Streitkräste sein mögen, so wird die Zahl der Streiter, mit denen er unsere Küsten angreifen kann, doch immer durch die Transportmittel begrenzt, welche ihm zu Gebote stehen, und da die Kriege der Jebtzeit ein ungeheures Feld- material für ein Heer erfordern, welches kampffähig sein soll, so liegt hierin ein nicht unwichtiger Vortheil für die Küsten- vertheidigung. Der Unterschied zwischen einem Feind, der mit Hülfe der Eisenbahnen von einer langen Landgrenze aus und gestüßt auf eigene Festungen den Staat, der angegriffen werden joll, mit einem Volk in Waffen überschwemmt, und dem, der gezwungen is, auf Fahrzeugen ein Kriegsheer mit dessen Aus- rüstung an Waffen, Pferden, Kanonen, Kriegsbedürfnissen und Vorräthen aller Art nach einigen beslimmten Landungs- punkten zu überführen, von denen er sih nur langsam aus- breiten kann, ist ein großer.“ Des Weiteren wird darauf hin- gewiesen, daß die meerumschlossene Lage des Landes die Ver- bindungen eines Feindes mit seinem eigenen Lande während eines großen Theiles des Jahres ershwert, wenn nicht unmöglich macht, da der im Norden häufig strenge Winter auf tem uns umgebenen Meere vielfah jeg- liche Schiffahrt unterbriht. Ein Feind, welher Schwe- den angreist, muß daher sein Ziel binnen wenigen Monaten zu erreihen suchen oder sich auch auf eine Veberwinterung vorbereiten, um sein Unternehmen im folgenden Jahre abzuschließen. Wenn man fomit einerseits die Bedeutung der geographischen Lage unseres Landes für die Vertheidigung desselben nicht untershäßen darf, fo darf man heißt es in dem Kommissicnsberiht sich -anderer- seits doch auch nicht des entgegengeseßten Extrems schuldig machen, das heißt diese Bedeutung untershäßen. Fndem nun die Behauptung widerlegt wird, daß Schweden einen Angriff von Außen nicht zu befürchten habe, wird die Nothwendigkeit namentlich eines starken Landheeres nachg:wiesen, da es dem Lande an den Mitteln zur Beschaffung einer großen Kriegs- flotte mangele. Viele heißt es finden in dem Umstande, daß die Jnbesiznahme der skandinavishen Halb- insel Seitens eincr der nördlihen Großmächte dieser eine dominirende Stellung in Schweden verleihen würde, einen Grund zu der Vorausseßung, daß, falls FFemand beab- sihtigen sollte, uns zu überwältigen, die übrigen dieses nicht gestatten würden, so kaß wir in der Stunde der Gefahr auf mächtige Bundesgenossen rechnen könnten. Aber selbst wenn diese Vermuthung begründet sei, dürfe man nicht vergessen, daß die Kriege der Jeßtzeit so große Opfer an Menschen und Geld kosten, daß kein Staat si in dieselbe stürze, ohne daß dessen innerste Jnteressen dazu veranlassen. Schlicßlih moti- virt der Bericht ausführlich die besonderen Vorschläge der Kommission sowohl in Betreff der neuen Heeresordnung, wie des Ueberganges von der bestehenden zu derselben.

Afrika. Egypten. Von „W. T. B.“ liegen heute folgende Meldungen aus London vor:

13. Juli, Mittags. Das „Neutershe Bureau“ meldet aus Alexandrien von heute früh 10 Uhr: Die Par- lamentärflagge wurde lediglich aufgehißt, um den Truppen zu ermözlichen, die Stadt zu räumen. Die Forts sind verlassen, die Armee ist demoralisint und im vollen Rückzug in der Richtung nah dem Jnnern. Fn Alexandrien wüthen noch immer Feuersbrünste, die in Freiheit geseßten Sträflinge legten an mehreren Orten Feuer an und begingen große Gra femEtit on, das europäische Quar-

tier ist vollständig zerstört. Etwa hundert Europäer, die sih in die „Banque ottomane“ geflüchtet hatten, wurden nah verzweifelter Gegenwehr niedergemacht ; viele andere bahnten sih einen Weg zur Küste, wo sie auf ihnen zur Hülfe ge-

\chickten Boot:¿n sih einschiffen konnten. sich gegenwärtig befindet, ist unbekannt.

13. Juli, Nachmittags. Ein Meldung aus Alexan- drien von heute Mittag sagt: Die Feuersbrünste in dr Stadt nehmen einen immer größeren Umfang an, die S!adt ist von den Bewohnern verlassen, es heißt, Ara bi Pascha sei mit den Truppen auf dem Marsche nah Kairo. Admiral Seymour foll, wie gerüchtweise ver- lautet, die Absendung von Truppen aus Cypern nah hier angeordnet haben. Jn einer von heute Vormittag 11 Uhr 40 Minauten datirten amtlihen Depesche wird der eayptischerseits gestern von der Parlamentärflagge gemachte Gebrauch als ein mißbräuchlicher bezeichnet, über den Khedive sei nichts bekannt, man nehme aber an, daß sih derselbe fort- geseht in Ramleh befinde.

13. Juli, Abends. Das „Reutershe Bureau“ meldet aus Alexandrien von heute: Der türkishe Aviso „Jzzedin“ ist in den Hasen eingelaufen. Das englische Krieas\chiff „Bittern“ hat vor dem Palais Ramleh Aufstellung genommen, in welchem \sih der Khedive befinden soll. Die Lage des Khedive wird als eine kritische angesehen, da das Palais von Soldaten umgeben ist, die den Khedive anschei- nend am Verlassen desselben verhindern wollen. Die Feuers- brunstin derStadt nimmt ihre Richtung nach dem Hafen zu. Ad- miral Seymour seßt noch heute 450 Marinesoldaten und 150 Matrosen ans Land. Gerüchtwzise verlautet, die egyptischen Truppen seien außerhalb der Stadt konzentrirt, in der Stadt und in den Forts werden Minen vermuthet. Die egypti- shen Truppen in den Forts haben während des Bom-

Wo der Khedive

vardements außerordentlich große Verluste erlitten; die Zahl der gestern Abend in der Stadt uiedergemahten Europäer ist ebenfalls sehr groß. i

13. Juli, Nachts. Eine Depesche aus dem Hafen von Alexandrien vom 13. d. 8/, Uhr Abends meldet: Seit der Landung der Marinesoldaten wird Gewehrfeuer in der Stadt gehört. Der Khedive und Derwisch Pascha befinden sih wohlbehalten an Bord eines Schiffes.

Nach einer bei Lloyds eingegangenen Depesche aus Port Said, den 13. d., hat der Dampfer „Glenlyon“, mit Ladung von Futschaufu nah London bestimmt, im Suezkanal Scjisföru® gelitten und ist von den Arabern geplündert worden.

14. Juli. Eine Depesche des Admirals Seymour an die Admiralität aus Alexandrien vom 14. d, 7 Uhr Morgens, meldet die Beseßung des Forts Raseltin durh See- soldaten und die Vernagelung der Kanonen in den 6 gegen- über gelegenen Batterien. Alexandrien brennt noch. Der Khedive befindet sich in Sicherheit in dem von 700 See- soldaten beseßten Palast.

Zeitungsftinmniezz.

Der „Düsseldorfer Anzeiger“ bringt in einer Berliner Correspondenz „Jndustriezölle und Konsumtion“ fol- gende Ausführungen :

Es ist eine ganz falsche Behauptung, daß die Landwirthschaft von den Industriezöllen nur den Nachtheil höherer Preise und gar keinen Vortheil habe, daher verurtheilt sei, aus ihrer Arbeit die Industriellen reich zu machen. Die Wahrheit ist, daß unter richtig veranlagten Sndustriezöllen, Fabriken und Gewerbe im Staate sih da- hin entwickeln, daß eine vermehrte Nachfrage nah den Pro- dukten der Landwirthschaft und dadurch eine Erhöhung der Preise der letzteren eintritt, welche der Landwirthschaft reichlichen Er- saß dafür giebt, was sie in Folge der Zölle mehr für die Industrie- artikel zu zahlen hat. Und zwar ist es gerade die Industrie selbst, welche diese höheren Preise an die Landwirthschaft für die von derselben benöthigten Bodenprodukte bezahlt, also mit der cinen Hand an die Volkswirthschaft wiedergeben muß, was sie in die andere empfangen hat. Wie schon der Amerikaner Carey und nach ihm unser großer Landsmann List behaupteten, was seither durch eine vervollkomm- nete Statistik ziffermäßig erwiesen ist, so wirkt der Industriezoll dort, wo er nöthig, stets auch wie ein Mittel zur Hebung der Landwirthschaft, fo daß man mit allem Grunde sagen kann, das Industriezoll- System bereichere mehr und jedenfalls sicherer die Landwirthe als die Indu- ftriellen .….. Unter dem richtigen Schußzolle besteht sowohl die Mitbewerbung des Auslandes auf dem einheimischen Markte, als auch eine desto mehr steigende inländiscbe Konkurrenz der gleichartigen Produktionszweige, je mehr die einheimishe Industrie unter der Sicherheit vor Erdrückung dur das Ausland erstarkt, und derselben sich immer mehr Kapital» und Arbeitskraft zuwendet. Die billiger produzirenden Ausländer ver- zihten nicht so leiht auf einen ihnen doch noch immer offenen und lobnenden Markt, sondern sie werden durch den Schußzoll nur gezwungen, sch mit geringerem Gewinn zu begnügen. Die inländishe Konkurrenz aber zwingt die Produzenten und Kaufleute gar bald auch zu billigeren Erzeugungs- und WVerkaufspreisen, und erfahrungs8gemäß sinken diese auf soldem Wege tiefer, als sie bei fortdauernder freier Konkurrenz des billiger produzirenden Auslandes auf die Dauer sein würden. Denn Folge des letzteren wäre die Monopolsftellung des Auslandes auf dem einheimischen Markte, welche gewiß bestens auegenükt würde. Ein sich seiner Interessen bewußtes Volk wird daher der Industrie das dur Zölle geschaffene Wohlergehen niht nur nicht mißgönnen, [en ih desselben freuen, weil es daran den reihlihsten An- theil hat.

Der „Neuen Preußischen Zeitung“ berichtet man aus München, 10. Juli:

Die Jahresberichte der bayerischen Fabrikinspektoren konstatiren einen nit unerheblichen Aufshwung der Industrie in Bayern wäh- rend d:s abgelaufenen Jahres. Der Absatz war mit Ausnahme we- niger Branden ein stetiger und reger; dagegen wurde vielfah über die gedrückten Preise geklagt. Die Versicherung der Arbeiter gegen Unfälle hat îin Ober- und Niederbayern, in Sckwaben und Neuburg keine erheblichen Fortschritte gemacht. Dageaen hat dieselbe in Ober-, Mittel- und Unterfranken, ferner in der Rheinpfalz eine rege Betheiligung gefunden. In der Rheinpfalz beginnen auch allmählich die kleineren Gewerbetreibenden von der Versicherung Ge- brau zu machen.

Die „Papierzeitun g“ schreibt :

Die Vorausfagung, daß die Preise der Fabrikate um den Be- trag der Zollerhöhung steigen würden, hat sih im Papiecrfah nicht erfüllt; die Preise sind sogar durchscnittlich niht unerbeblih ge- sunken. Die innere Wettbewerbung und die Nothwendigkeit, einen Theil der Fabrikate auf den Weltmarkt zu werfen (der Ueberschuß der Ausfuhr über die Einfuhr im Gebiete der Papierindustrie betrug nah derselben Quelle im Jahre 1880 etwa 124 Millionen Mark, d. h. etwa 24 Millionen mehr als im Vorjahre) sogen dafür, daß die Preise stets in mäßigen Grenzen bleiben.

Die „Saarbrüdcker Zeitung“ meldet:

Die fiskalischen Gruben des biesigen Reviers haben mit Einscbluß des Hafenamts im Monat Juni 418316 t Kohlen abgeseßt. Jm Vergleich zu dem Absatze des Vormonats ergiebt dieses zwar einen geringen Ausfall von §8065 t, dagegen im Vergleih zum Juni des Jahres 1881 eine Zunahme von 38965 x oder 11 9%. Lebtere ift hauptsäblich dem Eisenbahndebite zu verdanken, welcher unter dem Einflusse einer günstigen Entwickelung der meisten Ju- dustriczweige sich fast nah allen Seiten erfreulid entwielt Die Gesammtförderung des zweiten Quartals hat 1271204 t erreicht, gegen 1 179171 t in der gleihen Periode des Vorjahres. Für die Monate Januar bis Juni ergiebt sih cine Gesammiförde- rung von 2596 306 t oder 148511 t beziebungsweise 69/9 mehr als in der ersten Hälfte des Jahres 1881, Die Bestellungen, welche für die zweite Hälfte des laufenden Jahres bei der Bergwerksdirektion eingegangen sind, lassen troy der für mehrere Kohlenforten cingetre- tenen Preiserhöhung eine Steigerung der Nachfrage erkennen.

Statistische Nachrichten.

Nach Mittheilung des Statistishen Amtes der Stadt Berlin sind bei den hiesigen Standesämtern in der Woche vom 2. Juli bis inkl, 8, Juli cr. zur Anmeldung gekommen : 239 Ebeschließungen, 784 Lebendgeborene, 30 Todtgeborene, 769 Sterbefälle. /

Summarische Uebersicht über die Zahl der Stu- direnden auf der Königlichen Universität Marburg im Sommerjemester 1882, Im Wintersemester 1881/82 (sind einschließ- lid 1 noch Hinzugekommener) immatrikulirt gewesen 647, Davon sind abgegangen 175. Es sind temnah geblieben 472. Dazu sind in diesem Semester gekommen 294. Die Gesammtzahl der immatrifu- lirten Studirenden beträgt 766. Die evangelish-theologische Fakultät

blt Preußen 89, Nicbtpreußen 14, zusammen 103, Die juristiscbe Fakultät zählt Preußen 85, Nichtpreußen 18, zusammen 103, ie medizinische Fakultät zählt Preußen 146, Nichtpreußen 20, zusammen 176. Die philosophische Fakultät zählt a Preußen mit dem Zeugniß der Reife 269, b. Preußen ohne Zeugniß der Reife nah §. 3 der Vorschriften vom 1. Oktober 1879 52, Preußen 321, c. Nichtpreußen 63, zusammen 384, Außer diesen immatrikulirten Studirenden be-

suben noch Vorlesungen mit Genehmigung des Rektors 8. Es nehmen mithin an den Vorlesungen überhaupt Theil 774.

Die Gesammtzahl der Schüler in den höheren Schulen des Großherzogthums Mecklenburg-Schwerin betrug im Winterhalbjahr 1881/82 4018. Von denselben fallen auf die 6 Gymnasien 1528, auf die 6 Realschulen I. Ordnung 1277. Weiter zählt das Progymnasium zu Doberan 114 Schüler, die höheren Bürgershulen zu Parchim und Ribnitß haben 172 Schüler, diejenigen zu Grabow und Rostock 753, während die Realschule zweiter Ordnung zu Wismar von 174 Knaben besucht wird. Mit 6 der angeführten Schulen find auch noch Elementar- oder Vorschul- klassen verbunden. Die Gesammtzahl der Sc{üler dieser 16 Vor- klassen beläuft sih auf 507.

(Allg. Corr.) Das vor Kurzem erschienene Lloyds-Register enthält Mittheilungen über die Entwickelung und das Wachsthum der britishen Kauffahrteiflotte. Das Register enthält die Namen und. den Raumgehalt sämmtliber Schiffe Großbritanniens über 100 Negister-Tons und aller derjenigen unter 100 Tons, welche klassifizirt sind oder gewesen sind. Großbritannien besaß von diesen Scbiffen:

1882 1881

Eiserne Dampfer 4196 4 800 335 Tons, 4031 4377 622 Tons,

Segler 1588 1606508 , 1542 1 531042 Hölzerne , 9198 170280948 »„ (8306 208402 ,

: Darnach beträgt die Zunahme der cisernen Dampfer gegen das Vorjahr 165 mit 422713 t, die der eisernen Segelschiffe 46 mit 79 466 t, dagegen die Abnahme der hölzernen Segelschiffe 1548 mit 3995 499 t. Die Zahl der neugebauten Schiffe betrug 1881 787 mit 748 793 t gegen 724 mit 545 506 t in 1880; bei der Zakl der Schiffe (63) beziffert sib die Zunahme auf 8, bei den Registertons (203 287) auf 37 0/0. Die 787 Sciffe repräsentiren jedoh nur die Bruttozunahme, die Nettozunahme ift selbstverständlich weit geringer, denn thatsäcblih hat die Zahl der britishen Schiffe in Folge von Verlusten, Aufbrechen u. f. w. abgenommen und zwar um 2241 mehr als gebaut worden sind. Verloren gingen nämlich 1031 Sciffe mit einem Gehalt von 354 125 t, während die Neubauten, wie erwähnt, 748 793 oder 394 668 t, glei 59/6 des Gesammtraumgehalts, mehr messen. Die Durcbscbnittsgröße der Schiffe ist stetig zunehmend. Während des verflossenen Jahres sind die großen Dampfer „Alaëka“ (6932 t), „Servia“ (7392 t) und „City of Rome“ (8415 t) in Dienst gestellt, ferner 7 große Dampfer der P. und O. Gefellshaft von durschnitt- lich 4404 t. 37 Schiffe sind im vorigen Jahre aus Stahl gebaut, davon 34 Dampfer und 3 Segelschiffe.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

____Darif zur Berechnung der Wecselstempelsteuer sowie der Reichsstempelabgabe von den der leßteren unterliegenden Werthpapieren. Verlag von Fr. Kortkampf in Berlin. Behufs Umrechnung dec in einer anderen als der Reichswährung auêgedrückten Summen zum Zwecke der Berechnung der Wecbhselstempelsteuer bezw. der Reichsstempelabgabe von auslän- dischen Aftien, Renten und Schuldverschreibungen sind dur die Ver- fügung des Reichskanzlers vom 1. Februar 1882 für den süddeutschen Gulden, das Mark Banko und die wichtigsten nichtdeutschen Münz- währungen die allgemein zu Grunde zu legenden Mittelwerthe bis auf Weiteres in deutsher Reichswährung festgeseßt worden. Von jeder Summe, welche in einer der in dieser Verfügung berück- sfichtigten Währungen ausgedrückt ist, kann nah der in dem Tarif vorliegenden tabellarishen Uebersicht der Betrag der bezeichneten Stemypelabgaben in Reichsmark mit Leichtigkeit berechnet werden. Unterhalb des Tf sind auch vie die Höhe des Stempels festsetzen- den gesetzlichen Bestimmungen, sowie die gedachte Verfügung vom 1. Februar 1882 abgedruckt.

Die Subhastations-Ordnung vom 15. März 1869, Für den praktischen Gebrauch durch Anmerkungen erläutert von N. Haenscchk, Kammergerichts - Referendar. Berlin. Fr. Kortfkampf. Die Anmerkungen zu der im Wortlaut abgedruckten Subhastations- Ordnung berücksihtigen namentlich die bei Anwendung dieses Gesetzes in Betracht kommenden anderweiten Vorschriften, insbesor.dere die der Civilprozeßordnung, deren Bestimmunger zum Theil an Stelle jener der Subhastations-Ordnung getreten sind. In cinem Anhange hat der Verfasser auch die Bestimmungen über die freiwilligen Sub- bastationen mitgetheilt, auf welche sich das Gesetz vom 15. März 1869 nit bezieht. Ein ausführlihes Sachregister und Jnhaltsver- zciniß sowie die den cinzelnen Paragraphen gegebenen Ueberschriften erleichtern die Uebersicht über den Inhalt der Schrift.

Der Geheime expedirende Sektretär und Kalkulator im Reichs-Schazamt Reinhold, hat das Geseß vom 1. Juli 1881, betr. die Reihs-Stempelabgaben, für den kaufmännischen Verkehr sowie für Behörden und Beamte auf Grund der Materialien und der erläuternden amtlichen Verfügungen bearbeitet und in einer als Heft Nr. 14 der Kortkampfschen Ausgabe der Reichsgesetze er- \chienenen Schrift herausgegeben. Zur Beseitigung der mannigfachen Zweifel, zu welchen das Gescß im Begian seiner Wirksamkeit Anlaß gegcben hat, sind von den kompetenten Landesbehörden, namertlich den preußishen Finanz-Minister zahlreihe amt- lide Entscheidungen ergangen, welche die Frage der Aus- legung des Gesetzes zu einem gewissen Abs{hluß gebraht haben. Der Verfasser hat in dem vorliegenden Kommentar zu dem im Wortlaut abgedruckten Reicbégesez die gedachten amtlihen Erlasse sowie die amtlichen Motive und die Verhandlungen des Reichstages berück- sichtigt, auch die vom Bundesrath erlassenen Ausführungsvorschriften im Wortlaut mitgetheilt. Nur die, cin allgemeines Interesse nicht beanspruchenden Bestimmungen, welcbe die amtliche Negisterführung betreffen, sind von der Aufnahme in die Schrift ausgeschlossen. Ein auéführliches, die Benutzung erleihterndes Sachregister ist derselben beigegeben.

Wörterbuch von Verdeutschungen entbehrlicber Fremdwörter mit besonderer Berücksichtigung der von dem Großen Generalstabe, im Postwesen und in der Reichsgesetgebung angenom- menen Verdeuts{hungen. Mit einer einleitenden Abhandlung über Fremdwörter und Sprachreinigung von Dr. Hermann Dunger. Leipzig, Verlag von B. G. Teubner. Achtzig Jahre sind seit dem Erscheinen des Verdeuts{hungêwörterbubes von J. H. Campe ver- flossen. Das Buch ist deshalb veraltet, zumal seit jener Zeit ein be- deutsamer Umschwung in der öffentlidben Meinung- übcr die Fremd- wörter zu bemerken ist. Besonders auf drei Gebieten sind in dieser Hinsicht wichtige Erfolge aus der letzteren Zeit zu verzeihnen. Das General- stabêwerk über den Krieg von 1870/71 hat eine große Anzahl ent- bebrliber Fremdwörter aus der Kriegssprache verbannt. Die Reichs- postverwaltung hat die Sprachreinigung in umfassender Weise durh- aeführt. Und in jüngster Zeit ist die Sprache des Recbts, die seit Jahrhunderten mehr lateinisd als deutsch war, dur die neuen a c einer gründlichen Säuberung unterzogen worden. Allein es giebt bis jeh! keine Zusammenstellung dieser amtlichen Ver- deutshungen. Allerdings sind die wictigsten der von dem Großen Generalstabe angenommenen Uebertragaungen in dem Militär- wodchenblatt vom Jahre 1876 (S. 1829 ff) abgedruckt und die neuen Postausdrücke sind in dem „Amtsblatte der deutschen Reiché-Postverwaltung“ vom 2. Juli 1875 zu finden, doch sind diese Blätter verhältnißmäßig nur Wenigen zugänglib, und die Verdeut- schungen der Nechtésprache sind unseres Wissens nah gar nicht ge- sammelt worden. Das vorliegende Bub dürfte nun diesem Mangel abhelfen. Es enthält jene amtliben Verdeutshungen und eine Anzahl Uebertragungen von Rechtsbegriffen aus dem „Sächsishen Bürger- liden Geseßzbube“. Außerdem wird aber das Verdeutschungs- wörterbuch nach Art des Campe'sben dem Bedürfnisse derjenigen ent gegenkommen, welchbe die Absicht haben, Fremdwörter bei dem Schreiben zu vermeiden, aber um einen entsprechenden deutschen Ausdruck verlegen sind, Wir find ja dur unseren Bildungëgang, dur das Lesen der von Een wimmelnden Zeitungen und wissenscbaftlichen Schriften so an jene ausländischen Gäste gewöhnt, daß uns häufig der fremde Auédruck näher licgt als der deutsche, daß ih uns die

remdwörter gegea unseren Willen von selbst in die Feder drängen. ies ist cine Erfahrung, die jeder beim Schreiben gemacht hat, und

ebenso weiß jeder, daß es oft gar nit leit ist, im Augenblick dem geeigneten deutschen Ausdruck zu finden. ier dürfte nun das vorliegende Buch als Helfer und Beratber eintreten; es kommt zuglei durch Nebeneinanderstellung mögli vieler finnverwandter Wörter dem Streben nach Abwechselung

und Mannigfaltigkeit des Ausdrucks entgegen. Das Bu

enthält freilid niht alle Fremdwörter, sondern nur die, welche

der Verfasser für entbehrlibe Fremdwörter gehalten hat. Freilich

tann man, wie der Verfasser in dem Vorworte richtig vemerkt, übex

den Vegriff „entbehrlich“ fehr vershiedener Ansicht sein. Der eine

hält einen fremden Auëdruck für unextbehrlich, den der andere ver-

wirft. Nun scheint der Verfasser mit gutem Grunde nicht zu den leidensaftliben Spracreinigern zu gehören; er ist mit Mäßigung

und Besonnenheit zu Werke gegangen. Gerade bci den Fremdwör-

tern muß man besonders Rücksicht nehmen auf die Versciedenheit

der Stilart. Mancber MRMIMS, der in gehobener Schreibart,

in Gedichten, in Inschriften, in feierliher Rede uns unangenehm be-

rührt, erregt in gewöhnliher Rede nicht den geringsten Anstoß.

Treffend sagt W. Wakernagel (Poetik, Rhetorik und Stilistik S. 333):

„Der Gebrauch ausländischer Worte ift cin Fehler; denn das Aus-

ländische ist unverständlich, läuft also dem Haupterforderniß der Prosa,

der Deutlichkeit zuwider. Indessen, wenn irgendwo zwischen

den verscbiedenen Zweigen der Prosa zu unterscheiden ift,

um das Mehr oder Minder der S und Unzulässigkeit zu be-

stimmen, so ist es bier. Hier kann der gleiche Ausdruck ein Fehler

sein, wenn man erzählt, und kein Fehler mehr, wenn man lehrend

abhandelt“. Der Ausdruck „Barometer“ läßt sh z. B. in vielen

Fällen wiedergeben durch „Wetterglas“, wie das Volk es thut, es

wäre aber sonderbar. wenn der Physiker von „Wetterglasmessungen“

sprewen wollte. In der Sprachlehre is die Anwendung der in allen

gebildeten Sprachen eingeführten lateinischen Kunstausdrücke unbedenklich,

aber cs wäre unrecht, wenn man dem Volkss{hüler auf dem Lande,

welcher niemals eine fremde Sprache lernt, die Einprägung jener fremden

Wörter zumuthen wollte.

Dem eigentlichen „Wörterbuch von Verdeutshungen ent- behrliher Fremdwörter“ hat der Verfasser eine cinleitende Abhandlung über „Fremdwörter und Sprachreinigung“ vor- aufgeschickt, in welcher cer die Grundsäße, na welchen bei der Aus- wahl und Verdeutscbung der aufgenommenen Fremdwörter verfahren worden ist, ausführlicher au8einanderseßt. Er erörtert in dieser Ab- handlung naceinander folgende Punkte: Fremdwort und Lehnwort; Eindringen der Fremdwörter aus dem Französischen, Las teinishen und anderen Sprachen; Jeßiger Stand des Fremdwörterunwesens. Zahl der Fremdwörter. Proben von Sprachmengerei; Fremdwörter zu vermeiden aus Rük- sit auf Würde und Schönheit der Sprache, auf Deutlichkeit und Sprachricht igkeit der Darstellung; Kampf gegen die Fremdwörter in früherer Zeit bis zum Auftreten Campe's; Die Sprachreiniger („Puristen“) von Campe bis zum Jahre 1870; Wirkungen. des Krieges von 1870/71. Anzeichen der Besserung in der Sprache des gewöhnlichen Lebens, der Schrifisteller, der Gelehrten, der Behörden, der Kriegswissenschaft; Größte Erfolge der Sprachreinigung im Post- wesen und in der Reichsgesetzgebung.

Die in Leipzig am 15. Juli d. J. erscheinende Nr. 2037 der JIllustrirten Zeitung enthält folgende Abbildungen : Iohann Heinrich Voß. Zur 100 jährigen Feier seines Rektorats- antritts in Eutin. Mittsommerfest in Schweden. Originalzeich- nung von G. Broling. Porträts aus dem deutschen Reichstag: 19) Friedri Kapp. Das neue Provinzial-Ständehaus in Han- nore:. Nach einer photographisben Aufnahme. Bilder aus Thüringen: Erste Serie. 10 Abbildungen nah der Natur gezeicnet von Ernst Heyn [Zweiseitig]: 1) Weida. 2) Osterburg in Weida. 3) Greiz. 4) Gera. 5) Schloß Osterstein und Dorf Untermhaus bei Gera. 6) Ziegenrück. 7) Saalfeld. 8) Rathhaus in Saalfeld. 9) Ablaß- kanzel an der St. Johanniskirhe in Saalfeld. 10)Ratbhaus in Pôsneck. Ernst v. Wildenbruh. Scene aus Ernst v. Wildenbruhs Trauer- spiel „Harold“. Nach der Aufführung im Königlichen Theater zu Hannover gezeichnet von C. Grote. Bilder aus Jtalien: Die Casa Pagano auf Capri. Originalzeihnung von Frißz Stoltenberg. Giraffe mit Jungem im Zoologishen Garten zu Dresden. Nach dem Leben gezeihnet von Albert Richter. Moden: Ungarisches Jacket. Polytechnische Mittheilungen : Frédéric Kastners Pyrophon und Lustre chantant. 2 Abbildungen. Das Metall-Spiralhygroskop.

Land- und Forftwirthschaft.

Die Kultivirung unserer grünen Moore. Die Vers einigung von Landwirthen 2c.,, welche neuerdings der Moorkultur ihr úInteresse zugewendet, hatte sich zur Aufgabe gemact, die Moorkulturen in den verschiedensten Theilen unseres Vaterlandes zu besichtigen ; deshalb richtete sie ihren zweiten Ausflug nach Orten in der Nähe der Hauptstadt. Hierzu boten die Kulturen des Ritterzutsbesigers Steffeck auf Klein - Kieniz bei Machnow in hervorragender Weise Gelegenheit. Die Moorkulturen, welde Hr. Steffeck zur Ausführung gebracbt, umfassen cin Terrain von etwa 160 Morgen, auf dem noch vor 15 bis 20 Jahren den ganzen Sommer hindur das blanke Wasser stand; tiefliegende Wiesen, aus denen das spär- lie, oft vom Vieh nicht einmal angenommene Gras unter dem Wasser gemäht und dann herausgefis{cht werden mußte, um auf der Höhe zu wenig werthvollem Heu getrocknet zu werden Eine Aen- derung war hier nit möglich, denn es fehlte eben an Vorfluth, ohne welche das Wasser nicht fortgeshafft werden konnte. Schon Friedrich der Große hatte diese Uebelstände erkannt und auf ihre Beseitigung Bedacht genommen. Ein breiter und tiefer Graben, der jeßt als Hauptkanal benußt wird, dankt noch der Fürsorge dieses Monarchen seine Entstehung, aber einen bemerkenéwerthen Nutzen vermochte er allein den betheiligten Landwirthen nicht zu gewähren. Endlich ermannten ich diese und subten auf dem Wege der Genossenschaft zu erreichen, was bisher nicht mögli war. Es bildete sih die „Gesellschaft zur Melioration der Notte-Niederung“, die aus den betheiligten Be- sitzern zusammengeseßt ist; da die Notte glücklicherweise in ihrem Laufe- von der Quelle bis zum Eintritt in die Dahme bei Königs- wusterhausen, aus\ckließlid den Teltower Kreis berührt, gelang es sehr bald eine Einigung zwischen den betheiligten Besitzern zu Stande zu bringen, während es bis jeßt noch nit gelungea ist, die Nuthe- Niederung, die von cinem dicht neben der Notte entspringenden glei kleinen Flüßchen durzogen wird, das aber seinen Lauf nah Potsdam zu in die Havel nimmt und in seinem Laufe drei Kreise berührt, eben des leßteren Umstandes wegen in gleiher Weise zu reguliren. Durch die Regu- lirung der Notte, welche zu einem Theil sogar von Königëwusterhausen aus in Folge Anlage eines Kanals mit mehreren Sleusen \{cifbar gemacht worden ist, wurde Vorfluth geschaffen, und nun \bwand bald das Wasser von den verwässerten Wiesen, die nun zum Theil bessere Produkte brachten. Hr. Steffeck wandelte sein niederes Terrain zum Theil zur Dammkultur um und hat damit so günstige Resultate erzielt, daß er auch noch andere bierzu geeignete Terrains seiner Besitung in gleicber Weise in Acker umzuwandeln gedenkt. An den schon früher vorhandenen Hauptgraben anschließend, die Ver- bindung ist mittelst unterizdischer Thonröhren hergestellt hat er 14 m tiefe Gräben angelegt und dadur die Entwässerung der zwischenlie- genden Terrains bis zu diescr Tiefe herbeigeführt, so daß die dadurch entstandenen Dämme von circa 22 m Breite bis zu dieser Tiefe trocken liegen. Auf dem westliden Theil dec Anlage ist eine von ciner Lokomobile betriebene Turbine aufgestellt, welhe das Wasser aus den Gräben bebt und weiter dem Nottegefälle zuführt. Später beabsichtigt Hr. SteffeX dieses aus dem Moor gewonnene und an Pflanzennahrung reie Wasser mit Hülfe derselben Dampfkraft zur Bewässerung seines Ackers zu verwenden. Der Raps in den Dämmen war bereits geerntet er war 5 Jahre bintereinander auf denselben Däâmmen kultivirt und zeigte cin vorzügliches Ernteresultat in Bezug auf das gewonnene Quantum, dagegen war das Resultat qualitativ nicht so günstig, weil fi auf den Feldern der Rüfselkäfer cingestellt hatte, der bekannte Feind des Raps, der sih von Jahr zu Jahr vermehrt und {ließli jeyt so überhand genommen, daß Hr. Steffeck den Raysbau auf diesem Terrain zeit- weilig einstellen will, Der Weizen stand brillant und ließ nichts