1882 / 173 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 26 Jul 1882 18:00:01 GMT) scan diff

Königliche Bibliothek.

n der nähsten Woche vom 31. Juli bis 5. August d. Js. finde nach §. 37 des gedruckten Auszuges aus der Bibliothek: ordnung die allgemeine Zurücklieferung aller aus der König- lichen Bibliothek entliehenen Bücher statt. Es werden daher alle Diejenigen, welhe Bücher der Königlichen Bibliothek in änden haten, hierdurch aufgefordert, jolhe während dieser Li in den Vormittagsstunden zwischen 9 und 1 Uhr gegen die darüber ausgestellten Empfangscheine zurückzuliefern. ; Die Zurücknahme der Bücher erfolgt nach alphabetischer Ordnung der Namen der Entleiher : von A.—FH, am Montag und Dienstag, , TL.—R,. am Mittwoch und Donnerstag, S.—Z. am Freitag und Sonnabend. Berlin C., den 24. Juli 1882. Der Königliche Geheime Regierungs-Rath und Ober-Bibliothekar. Lepsius.

Angekommen: Se. Excellenz der General - Fntendant der Königlichen Schauspiele von Hülsen.

Bekanntmachungen auf Grund des Reichsgeseßes vom 21. Oktober 1878.

Die unterfertigte Stelle hat durch Beschluß vom Heutigen die Nummern 1 und 2 der dahier ausgegebenen perio - dishen Druckschrift „Augsburger Chronik“ vom 16. und 23. d. Vits. (Redaktion und Verlag von Carl Haber- malz, Druck von Hier. Mühlberger), sowie das fernere Er- scheinen dieser Druckschrift als ‘eine Fortseßung der mit Entschließung vom 1. d. Mts. verbotenen Drucfschrift „Der lustige Vetter für Stadt und Land“ auf Grund der 88. 11 und 12 des Reichsgescßes vom 21. Oktober 1878 gleichfalls verboten.

Augsburg, den 24. Juli 1882.

Königliche Regierung von Schwaben und Neuburg,

Kammer des Jnnern. Jn Stellvertretung : Frhr. von Crailsheim.

Personalveränderungen.

Königlich Preußische Armee.

Ernennungen, Beförderungen und Versetzungen. Im aktiven Heere. Mainau, 14. Juli. Müller, Oberst- Lt. z. D. und Bez. Commandeur des 2. Bats. Landw. Negts Nr. 20, in gleicher Eigenschaft zum 1. Bat. Landw. Regts. Nr. 56 versetzt. v. Marées, Oberst-Lt. z. D., zum Bez. Commandeur des 2, Bais. Landw. Regts. Nr. 20 ernannt. Bad Gastein, 18. Juli. Hedinger, Hauptm. à la suite des Inf. Regts. Nr. 56 und Militärlehrer bei der Haupt-Kadettenanstalt, zum überzähl. Major befördert. von der Lippe, Premier-Lieutenant vom 4. Garde- Regiment z. F., dessen Kommando als Ordonnanzoffiz. bei des Erb- Großherzogs von Oldenburg Königl. Hoheit um ein Jahr verlängert. v. Zaluskowski, Major z. D. und Bez. Commandeur des 1 Bats. Landw. Regts. Nr. 74, in gleicher Eigenschaft zum 2. Bat. Landw. Regts. Nr. 21, Graf Schaffgot\ch{ch, Sec. Lt. vom Kür. Regt. Nr. 4, Graf v. Seherr-Thoß, Sec. Lt. vom Kür. Regt. Nr. 1, in das Regt. der Gardes du Corps, Graf v. Matuschka Frhr. v. Toppolczan und Spaetgen I., Sec. Lt. vom Hus. Regt. Nr. 6, in das Kür. Regt. Nr. 1, versetzt.

Abschiedsbewilligungen. Im aktiven Heere. Mainau, 14, Juli. v, Marées, Oberst-Lt. à la suite des Gren. Regts. Nr. 10 und vom Nebenetat des Großen Generalstabes, mit Pens. zur Disp. gestellt,

Königlich Bayerische Armee.

Ernennungen, Beförderungen und Versetzungen. Im aktiven Heere. 15, Juli. Ritter v. Xylander, Oberst à la suite des 2, Schweren Reiter-Regts. und Commandeur der 1. Kav. Brig., mit Wahrnehmung der Geschäfte des Inspecteurs der militärischen Strafanstalten beauftragt. Hartmann, Pr. Lieut. à la suite des Ingen. Corps, unter Entbindung von seinem Kom- mando zur Fortifikation U]sm, in den etatsmäß. Stand des Ingen. (orps verseßt. Sinz, Hauptm. von der Festungs-Ingen. Direktion Ingolstadt, zum Compagnie- Chef im 1. Pionier-Bataillon -er- nannt. Müllerklein, Pr. Lt. von der Insp. des Ingen. Corps und der Festungen, Marx, Pr. Lt. von der 1. Ingen. Direktion, Beide im Ingen. Corps, nther, Prem. Lieut.,, unter Belassung à la suite des Ingen. Corps und als Lehrer an den Militär-Bildungsanstalten, zu Hauptleuten, Kuchler, Sec. Lt. im 1. Pion. Bat, Schiller, Sec. Lt. à la suite des Ingen. Corps und kommavydirt zur Fortifikation Ulm, Beide unter Belass. in ihrem bisher. Dienstverhältniß, zu Pr. Lts,, befördert. Loé, Sec. Lt. des 1. Pion, Bats, unter Kommandirung zur Fortifikation Ulm, à la suite des Ingen. Corps gestellt.

Im Beurlaubtenstande. 15, Juli. Waldecker, Sec. Lt. des Beurlaubtenstandes vom 1. Pion. Bat., im Ingen. Corps zum Ä Si FEN Evers, j

iedsbewilligungen. Im aktiven Heere. 9. Juli.

D eßloc, Oberst z. D., Frhr. v. Ruffin, Raith, Mussinan,

Luzzenberger, Reinwald, Frhr. v. Branca, Majors z. D.,

der Abschied mit Pension und mit der Erlaubniß um Tragen der Unif. bewilligt.

In der Kaiserlichen Marine.

Ernennungen, Beförderungen, Versetzungen 2c. Mainau, 14. Juli, Graf v. Reihenbach, Kapitän zur See, mit Pens. nebst Aussicht auf Anstellung im Civildienst und seiner bisher. Unif., v. Amelunxen, Lt. zur See der Seewehr, der Ab- schied bewilligt.

Nicchkamltlicßzes. Deutsches Neich.

Preußen. Berlin, 2. Zuli. Se. Majestät der Kaiser beehrten vorgestern Abend den Grafen Lehn- dorff-Steinort auf der Villa Solitude mit einem Besuch und wohnten nach dem Thee einer daselbst veranstalteten Theatervorstellung bei, Gestern unternahmen Allerhöchst- dieselben nah dem Bade eine längere Promenade. Das Befinden Sr. Majestät ist ein vorzügliches.

Jhre Majestät die Kaiserin ist, nah einer Mel- dung des „W. T. B.“, gestern Abend 7 Uhr 23 Min. wohl- behalten in Homburg eingetroffen und von dem Stadtkomman- danten, dem Polizeidirektor, dem Bürgermeister und dem Kur- direktor empfangen worden. Jhre Majestät unterhielt Sich einige Minuten mit denselben und begab Sich sodann in einem geschlossenen Wagen nah dem Schloß, von der zahlrei

anwesenden Volksmenge mit enthusiastishen Kundgebungen begrüßt. Die Stadt ist festlich geschmüdckt.

Nat Anordnung des Reichskanzlers wird der Stem- pelaufdruck der gestempelten Wecselblankets künftig nah Maßgabe des Musters der neuen Wechselstempel- marken (Bekanntmachung vom 22. November v. Js. R.:G.:Bl. S. 271) hergestellt werden. Mit der Ausgabe der in dieser Weise gestempelten Blankets wird Seitens der Reichsdruckerei erst nah Aufräumung dec betreffenden Sorten der nah dem bisherigen Muster angefertigten Bestände vorgegangen werden.

Das Königliche Staats-Ministerium hat beschlossen, der Bestimmung der Renfionsnovelle vom 31. März d. J, wonach das Geseß „mit dem 1. April 1882“ in Kraft trete, die dem Pensionär günstigere Deutung zu geben, daß, wer erst nach diesem pen thatsählih in den Ruhestand tritt, an den Vortheilen des Geseßes Theil hat, au wenn die Entscheidung, daß er in den Rubhestand trete, vor jenem Zeitpunkt getroffen war. Auf die am 1. April d. J. in den Ruhestand getretenen Beamten kann das an diesem Tage in Geltung getretene neue Gesetz selbstredend keine Anwendung finden, weil die aftive Dienfizeit der betreffenden Personen mit dem 31. März d. J. abgeschlossen gewesen ist.

Der Königliche Gesandte Graf von Dönhoff hat einen ihm Allerhöchst bewilligten Urlaub angetreten. Während seiner Abwesenheit von Dresden fungirt als interimistischer Geschäftsträger der Legations-Sekretär Graf von Walden- burg.

Norderney, 25. Juli. (W. T. B.) Se. König- lihe Hoheit der Prinz Wilhelm is heute Abend 51/2 Uhr hier eingetroffen und an der Landungsbrücke von Jhrer Königlichen Hoheit der Prinzessin Wil- helm, dem Badekommissar und dem Amtshauptmann be- grüßt worden. Troß des strömenden Regens war ein zahl- reiches Publikum versammelt, welches das Prinzliche Paar mit lebhaften Ovationen empfing.

Vaden. Karlsruhe, 25. Juli. (W. T. B.) Die badische Generalsynode hat das neue Gesangbuch mit 49 gegen 2 Stimmen angenommen,

Oesterreich-Ungarn. Wien, 23. Juli. (Bohem.) Die Armee-Reorganisation soll, soweit zu derselben die ZU- stimmung der Legislative nicht erforderlich ist, bis Ende diejes Jahres durchgeführt werden; man wird daher schon im Herbste zur Bildung der 15 Armee-Corps schreiten. Das 1. Ärmee- Corps wird, wie verlautet, sein Kommando in Serajewo haben; auf Böhmen werden zwei Armee-Corps mit dem Sitze in Prag und Josephstadt entfallen.

Ueber die von dem gemeinsamen Kriegs - Ministerium geplante Reorganisation der Artillerie macht die Grazer „Tagespost“ folgende Mittheilungen : Unsere Artillerie theilt sich jeßt in Feldartillerie:Regimenter, Festungsartillerie- Bataillone und in die technische oder Zeugsartillerie. Diese drei Gattungen bilden einen Konkretualstatus, die ganze Waffe repräsentirt einen sehr großen und höchst komplizirt gegliederten Körper und man dat sih entschlossen, die drei Gattungen der Artilleriewafse" zu“ trennen und in drei Untergattungen zu gliedern. leihzeitig wird der große Körper des Feld- artillerie-Regimentsverbandes aufgelöst und in den Artillerie- Brigadeverband umgewandelt und, ähnliGh den Ver- R in Deutschland, wird sodann jede Artill rie-

rigade (je Eiue per Armec-Corps) in 2 Regimenter das

Corps: Artillerie-Negiment und das Divisions-Artillerie-Negi- ment zu 3 Batterie-Divisionen (wahrscheinlich mit je 4 Bat- terien zu 6 Geschüßen) zerfallen, Die Festungs-Artillerie wird in „Positions-Artillerie“ umgewandelt, welche sih in „Festungs-Artillerie“ und „Belagerungsparks“ theilen wird. Die technishen Truppen werden si zu gleichen Theilen aus beiden Reichshälften ergänzen und werden um ein nach preußi- hem Muster zu organisirendes, rein militärisches Eisenbahn- Regiment vermehrt, dagegen werden die bisherigen Feld- Eisenbahnabtheilungen aufgelassen,

Jm Finanz- Ministerium werden gegenwärtig die Steuereingänge für das erste Semester des laufenden Jahres zusammengestellt. Dieselben ergeben, wie die „Presse“ meldet, ein äußerst günstiges Resultut. Es beziffert sich nämlich der Mehreingang gegenüber dem ersten Semester des Vorjahres auf mehr als 12 Millionen. Hieran partizipiren natürlich in erster Linie, und zwar mit etwas mehr als der Hälfte die Zoll- einnahmen, es ist dies eben der Effekt der Zolltarifsrevision, beziehungëweise des Sperrgeseßes. Ein erhebliches Plus ent- fällt ferner auf die Einnahmen aus dem Salz-, Taback- und Gebührengefälle. Bei der Zuckersteuer is eine Minder- einnahme zu verzeihnen. Es wurden nämlich im ersten Se- mester des Vorjahres angemeldet 1503 352 Metercentner Nübe, was einen Steuereingang von 10,5 Millionen reprä- sentirt. Jn diesem Jahre wurden bis Ende Juni angemeldet 7 867 219 Metercentner, was einen Steuereingang von 6,3 Millionen darstellt, Es ergiebt \sich somit ein Minus gegenüber dem ersten Semester des Vorjahres von rund 4,2 Millionen Gulden, welches übrigens in dem obenerwähnten Gesammtplus der Steuereingänge in Rechnung gezogen ist. Auf das definitive Ergebniß der Zuckersteuer hat die Minder- einnahme bekanntlich keinen Einfluß, da dur die Kontingen- tirung ein fixes Erträgniß der Zucersteuer für 1882 mit 10,4 Millionen Gulden s\ichergestellt ist.

Großbritannien und Jrland. London, 24. Juli. (Allg. C.) Die Prinzessinnen Sophie und Marga- rethe von Preußen, die beiden jüngsten Töchter des Deutschen Kronprinzen-Paares, trafen am Freitaa, von Wind- sor kommend, in Osborne zu einem Besuche ihrer Großmutter, der Königin Victoria, ein. Die beiden ältesten Söhne des Prinzen und der Prinzessin von Wales, welche in der „Bacchante“ eine Reise um die Welt machten, werden

egen Ende dieses Monats, nah nahezu zweijähriger Abwesen- eit, wieder in London eintreffen.

25. Zuli, (W. T. B.) Jm Unterhause legte der Pre- mier Gladstone die Botschaft der Königin vor, welche die Einberufung der Reserven oder eines Theiles derselben ankün- digt, da die Zustände in Egypten Schritte zur Wiederher- stellung der Ruhe und Ordnung und zum Schutze des Khedive und der Jnteressen des Reiches nothwendig machten, Es sei somit der Dringlichkeitsfall konstituirt. Gladstone kündigte an, er werde morgen beantragen, die Botschast in Erwägung zu ziehen. Campbell theilte mit, er werde den Antrag Hartingtons, die Kosten für die Verwendung indisher Truppen außerhalb Jndiens aus den indischen

Revenuen zu bestreiten, durch den Gegenantrag bekämpfen, daß es unzweckmäßig und ungerecht sei, die Kosten für eine Intervention in die inneren Angelegenheiten Egyptens Jndien aufzubürden. Gladstone beantragte, die Berathung über die Kreditvorlage fortzusezen. Elcho bekämpste diesen Antrag und beantragte eine Resolution, dahin gehend, daß die Kammer, obwohl bereit, Gelder zu bewilligen, um den Khedive und den Suezkanal zu schüßen, doh nit bereit sei, bei der jeßigen Stellung Englands als muhame- danisher Macht in einen Krieg zur Wiederherstellung der Autorität des Khedive zu ziehen, es sei denn in Gemein- schaft mit den Truppen des Sultans. Gladstone sprach gegen diese Resolution, welhe England nur die Hände binden würde. Die Konferenz könne wesentlihere Resultate haben, als Elcho vermuthe. Der Sultan habe die Entsendung von Truppen nit verweigert, vielmehr käme man der Wahrheit näher, wenn man sage, der Sultan habe si. im Prinzipe bereit erklärt, Truppen zu senden. Er (Gladstone) könne nicht jagen, daß keine europäishe Macht an den militäris chenMaßregeln partizipire. Frankreich thue das bis zu einem gewissen Punkte. Elcho's Antrag, der keine Unterstüßung fand, wurde hierauf ohne Abstimmung verworfen und die Berathung der Kreditvorlage fortgeseßt. Stanley billigte die Aktion und gab dem Wunsche Ausdruck, daß dieselbe prompt und wirksam sein möge. Jm Laufe der Debatte vertheidigte Unter-Staatssekretär Dilke die Politik der Regierung und erklärte, die Regierung habe das egyptishe Ministerium, in dem Arabi Pascha Kriegs-Mi- nister gewesen, in den leßten Tagen als das von dem Khedive gèwählte Kabinet anerkannt und sei in offizielle Beziehungen zu demselben getreten. Schließlich vertagte das Haus die Debatte über die Kreditvorlage bis zur Abendsißung. Unter- Staatssekretär Dilke erwiderte auf eine Anfrage Northcote's, die Pforte habe die identishe Note der Mächte nicht acceptirt, aber konstatirt, daß sie als Essenz der Note den Vorschlag, Truppen zu fenden, betrachte und daß sie dies acceptire. Selbstredend stände es der Pforte frei, die Bedingungen in der morgen stattfindenden Sißung der Konferenz zu diskutiren. __— Das Oberhaus nahm den Antrag, die Kosten für die Verwendung indischer Truppen in Egypten aus den Ein- künften Jndiens zu bestreiten, ohne Abstimmung an. Jm Laufe der Debatte erklärte der Unter-Staatssekretär für Jn- dien, Enfield, die Zahl der für Egypten bestimmten Truppen würde 6000 Mann nicht übersteigen.

Nach einer bei Lloyds eingegangenen Depesche aus Port Said, den 25. d., ist die Passage durch den Suezkanal noch frei, doh sei die Lage eine ungewisse und besorgniß- erregende.

26, Zuli, ŒW. T. B) Jn der Abendsißzung des Unterhauses wurde die Berathung der Kreditvorlage bis heute früh 1 Uhr fortgeseßt und dann auf die heutige Sitzung vertagt.

Dem Auswärtizen Amte sind gestern Depeschen der Kon- sularagenten in Caracas und St. Thomas zugegangen, welche die Verhaftung eines der Mörder von Lord Cavendish. und Bourke melden.

Aus Simla wird telegraphirt , das zur Theilnahme an der Expedition nach Egypten bestimmte indische Truppenkontingent habe Befehl zur Einschiffung erhalten, dasselbe bestehe aus 5000 Mann.

Der Prinz von Wales präsidirte am Mittwoch einer Sigzung des Comités der im nächsten Jahre in London statt- findenden internationalen Fischerciausstellung. Nach Verlesung des Geschäftsberichts drückte der Prinz seine Befriedigung darüber aus, daß die meisten Staaten ihre Be- theiligung an der Ausstellung zugesagt hätten; Amerika habe sogar 50 000 Dollars bewilligt, und Canada, Neu-Seeland, Neu-Südwales und andere Kolonien interessirten sich eben- falls stark für das Projekt, über dessen erfolgreiche Ausführung jeßt gar kein Zweifel mehr herrschen könne.

Der Staatssekretär der Kolonien, Kimberl ey, hat den durch den Nückttritt Brights erledigten Posten des Kanzlers für das Herzogthum Lancaster proviforish übernommen. Wie hierher gemeldet wird, soll der angeblihe Mörder Cavendish's und Bourke's ein Zrländer Namens O'Brien sein. Deiselbe habe sich der Polizei in Puerto Cabello gestellt und gestanden, daß er den Mord nit drei anderen Personen, welche er namhaft machte, verübt habe.

Frankreich. Paris, 25. Juli. (W. T. B.) Das im Parlamente heute zur Vertheilung gelangte Gel bb u ch ent- hält Depeschen bis zum 2. Juni. Jn einer Depesche vom 14, Mai spriht der Minister-Präsident ¿Freycinet die Ansicht aus, daß es nicht angezeigt wäre, die anderen Mächte aufzu- fordern, au ihrerseits Kriegsschiffe an Seiten der englischen und französischen nah Egypten zu senden. Ein derartiger Schritt würde der english-französishen Aktion den leitenden Charafter benehmen, welchen ihr Europa zugestehe und welchen Europa ihr in Egypten belassen zu wollen scheine. Jn einer Depesche vom 16. Mai theilt der französische Botschafter in St. Pétersburg, Admiral Jaurès, mit, daß der Minister von Giers anläßlich der Flottendemonstration erklärte, Rußland würde in keinem Falle Jnsruktionen ertheilen, welche denen Frankreihs und Englands entgegengeseßt wären ;, man werve entweder in Zurückhaltung verharren oder sih im Sinne Frankreihs und Englands äußern.

Im Senat tadelte bei der Berathung der für die egyptische Expedition beantragten, von der Deputirten- kammer bereits votirten Kredite, Broglie das Aufgeben der Politik der Sammlung seit dem Berliner Vertrage. Der Minister-Präsident Freycinet crinnerte an die Lage der Dinge zur Zeit, als er Minister wurde. Damals hätten vier Mächte zusammen gestanden und England sei \{wankend gewesen, Frank- reih habe das Bündniß mit England aufrecht erhalten, gleich- zeitig aber den Zustande Europas Rechnung tragen müssen. Seine Politik habe immer die Aufrechterhaltung des europäishen Con- certs mit der englischen Alliance zur Basis gehabt. Die Konferenz, werde voraussihtlich keiner Macht ein Mandat ertheilen, in jedem Falle werde sie aber dazu gedient haben, Licht zu ver- breiten über das Verhalten Europas Frankreich Mee: Es sei unumgänglih nothwendig, mit Europa zu verhandeln... Freycinet legte darauf die Nothwendigkeit der verlangten Kredite dar, welche \{ließlich mit 214 gegen 5 Stimmen bewilligt wurden.

Wie der „Agence Havas“ aus Port Said vom 26. d. gemeldet wird, läßt die Sprache der Eingeborenen auf feindselige Absichten gegen die europäishe Bevölkerung schließen. Leßtere verlangt einstimmig die Beseßung von Port Said n Narinesoldaten.

Marseille, 25. Juli. (W. T. B.) Eine 640 Mann starke Abtheilung Marine-Jnfanterie ist heute aus- Cherbourg in Toulon angekommen ; morgen wird eine weitere

Abtheilung L Nie aus Brest erwartet. Auf aus Pariîs eingetroffene Ordre soll morgen auf den Transport- schiffen „Mytho“ und „Anamite“ eine JInfanteriebrigade und eine Batterie eingeschifft und von den Panzerschiffen „Revanche“ und „Heroine“ nah Port Said eskortirt werden. 600 000 1 Wasser werden der Expedition mit der „Garonne“

nachgeführt.

Türkei. Konstantinopel, 2. Juli. (W. L D) Jn der gestrigen 10. Konferenzsizung haben die türki- schen Kommissare erklärt, daß die Pforte im Prinzip bereit sei, Truppen nach Egypten zu schicken. Die Aeuße- rung über die Modalitäten, welhe nah der identischen Note vom 15. d. an diese Sendung sich knüpfen würden, haben die Kommissare sich bis zu der nähsten, morgen stattfindenden Sizung vorbehalten. : 2

26. Zuli. (W. T. B.) Die tscherkessischen Offiziere, welhe wegen Vershwörung gegen Arabi Pascha ausgewiesen waren, sind gestern nah Alexandrien abger eist und haben als Gnadengeschenk des Sultaus einen zweimona t- lihen Gehalt ausgezahlt erhalten.

Montenegro. Aus Cettinje, 17. d. M.,, wird der „Pol. Corr.“ geschrieben : :

Die noch immer nit ganz gelöste Grenzfrage hat den Fürsten Nikolaus veranlaßt, diesbezüglich in Konstantinopel energische Vor- stellungen zu erheben. Obgleich dieser Schritt Seitens Rußlands unterstüßt worden ist, hat er bis jeßt keinen Erfolg erzielt. Die Pforte wäre zwar, wie man allen Grund zu glauben hat, vom besten Millen beseelt, diese langwierige Angelegenheit einer endlichen Erledi- gung zuzuführen, um so mehr, als die streitigen Punkte kein besonde- res Interesse für die Türkei besißen, und leßtere, wie glaubhaft ver- sichert wird, den ernstlihen Willen hegt, in ein , befriedigendes Verhältniß zu den kleinen, nah dem leßten Kriege unabhän- gig gewordenen Staaten an den albanesischen Grenzen zu gelangen. Allein die egyptishen Wirren abforbiren gegenwärtig die ganze Aufmerksamkeit des türkischen Kabinets, so daß es für die minder wichtigen internationalen Angelegenheiten keine Zeit besißt. So berücsichtigenswerth dieser Umstand auch sein mag, so wird er hier dennoch unangenehm empfunden, da es des Herrschers \ehnlichster Wunsch war, die Grenzfrage frühestens zu ordnen, um dann ganz un- gestört der Aufgabe der inneren Reorganisation des Fürstenthums obs- liegen zu können. Es ift mögli, daß Fürst Nikolaus aus diesem Grunde sich zur Entsendung einer Spezialmission nach der türkischen Hauptstadt entschließen wird. In diesem Falle dürfte der Minister des Auswärtigen selbst dazu ausersehen werden. :

Cettinje, und mit der Hauptstadt das ganze Fürstenthum, nahm an der zu einem Ereigniß gestempelten ersten öffentlihen Prüfung, welcher der Kronprinz Danilo unterzogen wurde, ein lebhaftes Interesse. Da die gesammte fürstlihe Familie, alle Minister, die Staatsräthe und Wojwoden zu diesem vom Fürsten selbst geleiteten Akte Einladungen erhalten hatten, so war das im großen Saale des Konaks versammelte Auditorium ein ziemlich zahlreiches. Der junge Prinz gab kurze, aber klar gehaltene Antworten, und scienen die Fortschritte, die er namentlih in der Geschichte, Geographie, den modernen Sprachen und der Mathematik gemacht, sehr bemerkens- werthe zu sein, Die Slußnote der Prüfung lautet „glänzend“ („blostatelno“), Das Lehrerpersonal erhielt ganz besondere Aus- zeichnungen“.

Nußland und Polen. St. Petersburg, 25. Juli. (W. T. B.) Der bisherige Direktor des St. Petersburger Kontrol- hofes, Wirklicher StaatsrathBatjuschkow, istzum Gouverneur von Podolien ernannt worden. Die Geseßsammlung publi- zirt das Erbschafts- und Schenkungssteuergeseß; die Bestimmung der Zeit für die Einführung desselben ist nah Erledigung der bezüglihen Vorarbeiten dem Finanz-Minister anheimgestellt.

Afrika. Egypten. Alexandrien, 25. Juli. (W. T. B.) Der Khedive hat Omar Lufti zum Minister des Krieges und der Marine ernannt. Vom Ministerium wird eine neue Proklamation vorbereitet, in welher diz Bevölkerung aufgefordert wird, den Befehlen Arabi's keine Folge zu leisten. Ein Beamter des Khedive ist nach Kafrdowar abgereist, um Arabi das Absetzungsdekret zu überbringen. Die Eisen - bahnverbindung nach Nosette ist zwishen Nbukir und Ramleh zerstört worden. Einem Gerüchte zufolge hätte ih Ara bi na Kairo begeben, und Toulba Pascha den Bef:hl über die Truppen Arabi's übernommen. Nachrichten aus Kairo von! 22. d. melden, daß troß der gehegten Befürch- tungen daselbst alles ruhig sei.

Die vom Khedive erlassene Proklamation, welche Arabi Pascha für einen Rebell erklärt, hat folgenden Wortlaut :

„An Arabi Pascha! Infolge Ihrer Abreise nah Kaffr-Dowar, begleitet von der Armee, somit Alexandrien ohne Unseren Befehl preisgebend, und“ Ihrer Hemmung des Eisenbahnverkehrs, wodur Wir an dem Empfang irgendwelher Telegramme verhindert werden, sowie au infolge dessen, daß Sie Uns verhinderten, irgendwelche Mit- theilungen durch die Post zu empfangen, und die Rückkehr von Flücbt- lingen nah ihren Heimstätten in Alexandrien behinderten, und in Folge ihrer Beharrlichkeit in der Fortsetzung der Kriegsrüstungen und Ihrer Weigerung, zu Uns zu kommen, nachdem Sie Unseren Befehl erhalten, aus allen diesen Gründen enthcbe Ih Sie Ihres Postens als Kriegs- und Marine-Minister, und Ich sende Ihnen Meine des-

fallsigen Befehle zu Jhrer Kenntnißnahme,“

Zeitungsftintmen.

Die „Tribüne“ {ließt eine Besprehung der Gesandt- schaftsberihte des Fürsten von Bismarck mit folgenden Worten : ,

„Alle Politik löst \sich auf in cine Reibe von psychologiscen Pro- blemen und diese hat Fürst Bismarck fast sämmtlich glänzend gelöst. Aber die hohen idealen Ziele, na denen ein Staatsmann in gutem und \{lechtem Wetter unermüdet streben soll, nach denen sein Sinn si ricten soll, wie die Magnetnadel nach dem Pol, kommen in seinen Schriftstücken niht zum Ausdru.

Das „Deutsche Tageblatt“ bemerkt hierzu:

Mag sich der Liberalismus mit seiner „Idee“, die alles allein vollbracht, in den Schmollwinkel seßen, uns wird er damit nit die Meinung beibringen, ihn für den Vertreter des Idealismus zu halten. Zu gut wissen wir, wie weit bei ihm die Kluft zwischen

ollen und Handeln geht, durch deren beider Vereinigung der Idealismus sich erst verwirkliht. Zu gut wissen wir dagegen die riesenhafte, von tausend Opfern und Leiden begleite te Thätigkeit Bismarcks im Dienste des Vaterlandes zu wür- digen, um einen Moment im Zweifel zu sein, wo wir den wahren SZdealisten zu suchen haben. Ünter den Verwünscungen desselben Liberalismus, der \sich jeßt der Werke des großen Mannes als ihr «geistiger Urheber“ rühmt, begann er seine Ministerlaufbahn, um unentwegt dem großen Ziele der Einheit, Macht und Herr- lihkeit Deutschlands zuzusteuern, „unbekümmert um Liebe und

aß*, wie es in jener großen Reichstagsrede heißt. Wer die Sondergewalten bezwungen, wer seine ganze Kraft stets unter den \{wierigsten Umständen fr Deutschland und seinen Kaiser eingeseßt, wer in Noth und Gefahr das Staats\{chiff durch die Wirren der Zeit bindur{steuert und nun am Abend seines Lebens wie ein alternder

Faust daran geht, das wirths{aftliche Elend der Millionen zu lin- dern, wahrlih, wenn der nicht „hohe und ideale Ziele besißt, nah denen ein Staatsmann in gutem und s{lechtem Wetter streben soll, wie die Magnetnadel nach dem Pol“, \o wissen wir nit, wer dann noch ein Recht hat, \ich unter uns einen Idealisten zu nennen. Mag der Liberalismus „Vorgeschrit- tener“ Richtung den großen Mann in den Staub ziehen, er beweist damit nur, daß ihm felbst der Maßstab sittlicher Beurtheilung ver- loren gegangen ist, daß er gar nicht mehr im Stande ist, echte Menschengröße zu fassen. Wer aber diese Fähigkeit verloren hat, der mag wohl eine Zeit lang durch den Schein imponirenden Auftretens die Welt über sein innerstes Wesen täuschen, im Geiste eines denkenden Volkes aber auf die Dauer Wurzel zu fassen, wird ihm nicht gelingen.

Jn einer Auseinanderseßung mit einem fortschritt- lihen Blatte sagt der „Düsseldorfer Anzeiger“:

Der Schußzoll wurde ftets bekämpft, weil er ein Monopol der Industriellen schaffe, die jeden Preis fordern könnten und würden. Außerdem wurde behauptet, der Schutzoll fei der Tod der Export- Industrie. Er mache uns fonkurrenzunfähig. Nun is das Gegen- theil dur Thatsachen erwiesen, Die Ausfuhr ist unter dem Schußzoll gestiegen und die Preise sind stellenweise sogar gesunken. Plötlich kommt nun die „D. V. Ztg.“ und ruft, der Schußzzoll war also verfehlt. Allerdings: verfehlt für fortschrittliche Ausbeutung. Der Fortschritt kann nicht über zu hohe Preise, nicht über zurückgegangene Ausfuhr kÉlagen. Natürlich fährt der „Fortschritt“ nie ganz fest. Er weiß sich zu helfen. Die „D. V. Ztg.“ bemerkt nämlich:

„Die Industriellen haben die Zölle erster Gattung gefordert, um ihre Arbeit rentabler zu macben, d. h. um höhere Preise zu erzielen.“

Weil nun die Preise _niht „höher“ geworden sind, so soll der Schutzoll verfehlt sein. Selbstverständlih \{chwärmen wir nit für niedere Preise und Hungerlöhne; doch sind leßtere noch immer besser als gar feine Löhne. Die Industriellen wollten in erster Linie die Arbeit sichern. Das war der Zweck der Schutzölle. Die Preisfrage ist eine Sache für si, wie wir schon vorgestern bemerkten. :

Es liegt auf der Hand, daß dem „Fortschritt“ die Thatsachen unbequem sind und- daß er ih bemüht, jeden Mangel dem verhaßten „Schuß der nationalen Arbeit“ zur Last zu legen.

Armee - Verordnungs-Blatt. Nr. 14, Inhalt: Führungsatteste bei Nachsucbung einer Civilversorgung. Abände- rung der Dienstvorschriften für den Train im Frieden. Ander- weitige Bezeichnuna des Garnisonortes Bessungen. Benennung des 2. Badischen Dragoner-Regiments Nr. 21. Grundsäße, be- treffend die Zahlung des Gnadenquartals und des Gnadenmonats an Hinterbliebene eines Beamten. Nachtrag zum Verzeichniß der höheren Lehranstalten, welche zur Ausstellung von Zeug- nissen über die wissenschaftliche Befähigung für den einjährig frei- willigen Militärdienst berechtigt sind. Portofreiheit der Postsen- dungen an Soldaten. Abdruck einzelner Geseße. Inventarisirung der Formulare an Kriegs-Nanglisten und Kriegs-Stammrollen. Deklaration des §8, 154 des Friedens-Bekleidungs-Reglements. Neues Reglement für die Provinz Pommern zu dem 8. 16 des Gesetzes vom 12, März 1881, betreffend die Ausführung des Meichsgesebzes über die Abwehr und Unterdrückung von Viehseuchen vom 23. Juni 1880.

Cisenbahn-Verordnungs-Blatt. Nr. 13. Inhalt. Allerhöchste Konzessionsurkunde, betr. den Bau und Betrieb einer Gisenbahn von Scleêwig nah Süder-Brarup dur die Schleswig- Angler Eisenbahngesellschaft. Vom 17. April 1882, Erlasse des Ministers der öffentlichen Arbeiten : vom 1. Juli 1882, betr, Fahr- preisermäßigungen bei Badereisen mittelloser Kranken; vom 6. Juli 1882, betr. Unzulässigkeit der Anwendung von Desinfektionepulver zur Desinfektion der Viehwagenz vom 7. Juli 1882, betr. die Nachweisungen der Bewilligungen freier Fahrt und freien Cffekten- transports bei der Verseßung von Beamten in Fällen des Verzichts auf baare Umzugékostenvergütung; vom 8. Juli 1882, betr. An- wendung und Auslegung des Reichsstempelgesces vom 1. Juli 1881 ; vom 14. Juli 1882, betr. Anwendung des Pension®geseßes vom 31, März 1882; vom 15. Juli 1882, betr. Freifahrt für im eisen- bahnfisfkalishen Interesse unternommene Reisen der Zoll- und Steuer- beamten; vom 16, Juli 1882, betr. Bekanntmachung der Tarife. Nachrichten.

Statistische achrichten.

Ueber die ärztliche Praris in Berlin während der letzten 10 Jahre entnehmen wir dem bereits erwähnten „Verwaltungébericbte des Königlichen Polizei-Präsidiums von Berlin“ folgende Daten: Die Zahl der Aerzte in Berlin belief sich Ende 1871 auf 749 und wucs bis zum Jahre 1881 auf 986 Aerzte. Obgleich die Zunahme der Zahl der Aerzte eine \tetige war, so hielt sie do nit Schritt mit der Zunahme der Bevölkerung Berlins. Im Jahre 1880 kam auf 1138 Einwohner cin Arzt, während im Jahre 1871 auf 1067 Einwobner ein Arzt kam. Verhältnißmäßig war also vor 10 Jahren die Zahl der Aerzte bedeutend größer als jeßt, und hat in den drei letzten Jahren stetig abgenommen, is aber imwer noch erheblih gcößer als in anderen Städten Deutschlands, Zur Förderung und Vertretung der Standesinteressen haben \sich im Laufe der siebziger Jahre in den meisten Stadttheilen Berlins „ärztlibe Bezirtsvereine“ gebildet, welcbe durch einen Centralauss{uß mit einander zusammenhängen. Die Betheiligung der Aerzte an diesen Vereinen ift eine steigende, aber keineswegs allgemeine. Es hatten die bier bestehenden 8 Bezirksvereine im Jahre 1880 zusammen 462 Mitglieder, also noch nit die Hälfte der in Berlin vorhandenen Aerzte. Homöopathen und sfolhe Aerzte, welhe dem Publikum durÞ Annoncen in öffentlihen Blättern ihre Dienste anbieten, finden keine Aufnahme. Ein Ehrenrath kann die Aus\cließung von Vereinsmitgliedern her- beiführen. Prämien für Wiederbelebungsversuche, welcbe bei Scbein- todten mit oder ohne Erfolg angewandt waren, wurden im Jahre 18€0 an 34 Aerzte und 6 Heilgehülfen ertheilt. Es famen im Ganzen 37 Fâlle von Scbeintod vor; von diesen Personen wurden 13 ge- rettet. Die Ursachen des \ceintodten Zustandes waren bei 14 Per- sonen Erhängen, bei 16 Personen Kohlendunstvergiftung, bei 1 Person Leuchtgasvergiftung, bei 2 Ertrinken und bei 4 Personen waren die Ursachen des Scheintodes unbekannt. Die Zahl der approbirten Zahnärzte Berlins betrug Ende 1880 54, während sie im Jahre 1871 58 betrug. Tot der großen Vermehrung der Bevölkerung Berlins hat sich also im leßten Jahrzehnt die Zahl der approbirten Zahnärzte vermindert, während die Zahl der nicht- geprüften Zahntechniker und der „im Auslande approbirten“" Zahn- arzte bedeutend zugenommen hat. Die Zahl der Hebeammen belief si Ende 1880 auf 547 und hat nicht nur an si, sondern auch im Vergleich zur Bevölkerungêszahl und zur Zahl der Geburten in Berlin gegen früher sehr zugenommen. Es waren im Jahre 1871 in Berlin 189 Hebeammen und es kamen 153 Geburten auf cine Hebeamme, während 10 Jahre später nur 83 Geburten auf eine Hebeamme kamen. A _

Bezüglih der sanitätspolizeilihben Maßnahmen für den Verkehr mit Nahrungs- und Genußmitteln ergiebt sich aus dem Berichte, daß die bei dem Berliner Publikum wäh- rend der leßten Jahre laut gewordenen Besorgnisse wegen Ver- fälschung der verschiedensten feilgehaltenen Aeerungs- und Genuß- mittel vielfah unbegründet und zum Theil übertrieben waren. Vor dem Erlaß des I Nene vom 14, Mai 1879 fand eine andauernde Ueberwachung des Verkehrs mit Nahrungsmitteln nur statt in Beziehung auf das Fleisch und die Mil, im Uebrigen beschränkte \sich das Polizei-Präsidium auf eine strenge Beauf- fihtigung des Verkehrs auf den öffentlichen Märkten _und genaue Feststellung aller Fälle, în denen über angebliche Verfälschun- gen oder über die gesundheitswidrige Beschaffenheit von Nahrungs- mitteln Besbwerden angebracht wurden. So wurde ¿. B im Jahre 1873 eine größere Anzahl von Brodproben aus den Berliner Bäcke-

reien untersucht, und in den Jahren 1858, 1863, 1873 und 1877 fast die sämmtlichen in Berlin gebrauten Biere genauen Untersuchungen unterworfen, Die Letteren ergaben das übereirstimmende MRe- sultat, daß giftige Stoffe (Krähenaugen, Kokkelékörner 2c.) den Berliner Bieren niht beigemischt waren, wohl aber niht selten andere unschâdlide Bitterstoffe als Ersa , für Hopfen angewendet wurden. Die Ursache der vielfa berechtigten lagen wurde in der Verwendung eines alten oder verdorbenen Hopfens und in der von Jahr zu Jahr zunehmenden Verwendung des Stärkezuckers als Ersaß für Malz gefunden. Wegen Verminderung der phosphorsauren Salze ist der Nährwerth geringer. Die Zahl der Untersuchungen, welbe wegen angeblicher Verfälschung oder gesunt- heitswidriger Beschaffenheit von Nahrungs- und Genußmitteln in Folge von Denunziationen angeordnet wurden, nahm in den Jahren 1877 und 1878, wo s\sich im Publikum die Furt vor „Nahrungémittel - Verfälshungen“ steigerte, einen ziemlih be- deutenden Umfang an. Der größte Theil dieser Unter« subungen aber bestätigte den Verdacht der Verfälschung nit. Alsbald nah Erlaß des Nahrungêmittelgeseßes vom 14. Mai 1879 wurden vom Polizei-Präsidium die erforderlichen Maßnahmen zu seiner Durchführung in Berlin getroffen. Der vereidigte Chemiker Dr. Bischoff, welcher {on seit einigen Jahren die chemischen Ar- beiten für das Polizei-Präsidium ausgeführt hatte, erweiterte sein Laboratorium und richtete sfih auf eine umfassendere Thâtigkeit ein. Dem mit der Marktpolizei betrauten Polizeihauptmann wurde die Entnahme der Nahbhrungsmittelproben und deren Vebermitte- lung an den Chemiker, fowie der ganze von der Exekutiv- polizei sons zu beforgende Theil der Kontrole des Nahrungs- mittelverkehrs übertragen. Am Schlusse jedes Monats reicht der be- auftragte Polizeihauptmann ein Verzeichniß der entnommenen Proben und demnächst der vereidigte Chemiker. einen ausführlichen Bericht Uber die von ihm angestellten Untersuhungen und deren Ergebniß bei dem Polizei-Präsidium ein. Im Jahre 1880 wurden hauptsächlich folgende Lebensmittelproben untersucht: 1) Mehl 378 Proben, wovon nur 2 Proben als verfälscht an die Staatsanwaltschaft abge- geben wurden, 2) Brod 306 Proben, die sämmtlich in genieß- barem, unverfäls{htem Zustande befunden wurden, 3) Butter 698 Proben, wovon 6 (sogen. Kunstbutter) an die Staatsan- waltschaft abgegeben wurden, 4) Kaffee 94 Proben, wovon 2 als gefälscht erkannt wurden, 5) Cichorie und Kaffeesurrogate 172 Pro- ben, wovon gar feine gefälsht oder {chädlich, 6) Thee 150 Proben, wovon nur 2 Proben zu Strafanträgen Anlaß gaben, 7) Selter- wasser 336 Proben (sämmtlich unverfälscht), 8) Himbeersaft 367 Proben, wovon 21 verfälscht, 9) Mostrih 138 Proben (sämmtlich unverfälscht), 10) Pfeffer 196 Proben, wovon 4 verfälscht, 11) Cassia 266 Proben, wovon 16 verfälsht, 12) Maisblüthe 136 Proben, wo- von 12 verfälsht. Außerdem wurden in Folge von Privatdenunzia- tionen 2 Proben Wein, 1 Probe Taback und 1 Probe Nudeln als verfälsht resp. verdorben an die Staatsanwaltschaft abgegeben.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

__ Kalender und statistisches Jahrbuch fr das Königreih Sachsen, nebst Marktverzeichnissen für Sachsen, Thüringen und angrenzende Königl. preußische Regierungsbezirke auf das Jahr 1883. Herausgegeben vom statistishen Bureau des Königl. \äcbs. Ministeriums des Innern.

__ Wie in früheren Jahrgängen, bringt diese Veröffentlichung des Königl. sächs. statist. Bureaus zunächst den astronomischen Kalender, bearbeitet von dem Direktor des mathematishen Salons in Dres- den, Hofrath Dr. A. Drechsler. Diesem Kalendarium folgen kurze Mittheilungen über die Kulmination des Polarsterns und über die Sonen- und Mondfinsternisse im Jahre 1883, ferner über Ascensfionaldifferenz für 45 bis 57 Grad geographishe Breite und 0 bis 30 Grad nördli&e und südliche Deklination, über Refraktionswirkungen und über Mittlere Zeit und Sternzeit, endli über geographische Lage verscbiedener Städte Deutschlands und über die Zeitdifferenzen zwischen Dresden und den sächsischen Städten. Hierauf folgt eine Uebersicht, enthaltend die Grgebnisse der Beobachtungen an 30 meteorologishen Stationen in Sacsen im Jahre 1881, zusammengestellt im Königlichen meteo- rologischen Institute.

Das Marktverzeichniß nebst cinem kurzen Nachtrage, welcher eine während des Druckes des Werkes gemeldete Veränderung bringt, ent- hält sämmtliche Messen, Kram-, Vieh-, Woll- und Produktenmärkte im Königreih Sachsen, in den Thüringischen Staaten und den an- grenzenden Königlich preußischen Regierungsbezirken Merseburg und Liegnitz im Jahre 1883.

Das ftatistisde Jahrbu, redigirt von dem Direktor des König- li sächsischen statistishen Bureaus, Geh. Regierungs-Rath Profesor Dr. Victor Böhmert, enthält zunächst unter dem Titel: „Allgemeine Bevölkerungs- und Landessftatistik“, die definitiven Zähßlungsergebnisse der deutsben Staaten am 1. Dezember 1880, verglicen mit den Er- gebnissen der Zählung vom 1. Dezember 1875, ferner tabellarische Uebersichten über die ortsanwesende Bevölkerung der einzelnen Bun- desstaaten nah der Staatsangehörigkeit am 1. Dezember 1880 und über die Bevölkerung des Königreichs Sachsen nach den Hauvptergeb- nissen der Zählungen von 1834—1880, nach den Religionsbekennt- nissen in denselben Zählungsjahren, na ihren körperlichen und geisti- gen Gebrechen in den Zählungéjahren 1880, 1875 und 1871, endlich die Bezirkseintheilung des Königreichs Sachsen in verschiedenen Rich- tungen, ingleichen die Anzahl der Stadt- und Landgemeinden und der Rittergüter in den Verwaltungébezirken und die Stadtgemeinden und die Landgemeinden mit mehr als 2000 Einwohnern nebst ihren Bewohner- zahlen in den Zäblungéjahren 1834, 1875 und 1880: hierauf folgen verschiedene Tabellen über die Bewegung der Bevölkerung in dem Jahre 1880 bez. in den Jahren 1835—1880 (Geburten, Eheschließun- gen, Sterbefälle), über tödtlide Verunglückungen und Selbstmorde in den Jahrcn 1880 und 1881 bez. in den Jahren 1849—1881, sowie über die Aufnahmen in den sähsishen Unterthanenverband und Ent- lassungen aus demselben in den Jahren 1872—1881, bez. 1875 bis 1881; ferner Mittheilungen aus der Finanzstatistik darunter der Staatshaushalts-Etat auf die Finanzperiode 1882—83, die indirekten und die direkten Steuern —, aus der Wirthscaftéstatistik der Gesammtbergbau Sachsens in den Jahren 1855—1880, der Stein- kohlen- und der Braunkohlenverkehr in den Jahren 1877—1881, die Eisenproduktion und Eisenverarbeitung im Jahre 1880, das Stein- bruchswesen im Meißner Hocbland in den Jahren 1875—1881, die Frequenz der \äcbs. Wollmärkte 1867—1881 —, aus der Konsum- statistik Fleischverbrau, VBierbrauerci und Brennereibetrieb —, über die Anbau- und Ernteverbältnisse im Königreid Sachsen —, aus der Verkehréstatistik Chausseen, Eisenbahn-, Post-, Tele- graphen- und Schiffahrtsverkehr, Sparkassen, Landrenten- und Landcs- fulturrentenbank, Ausmünzungen, Knappschafts-, Kranken- und Unter- stüßungekaffen beim Kohlenbergbau —, aus der Brände- und Immo- biliar-Brandversicberungéstatistk —, aus der Gebäudestatistik —, aus der Gewerbestatistik der Gewerbebetrieb im Umbherziehen —, aus der Justizstatistik Mittheilungen über die Civil- und Straf- rechtspflege in den Jahren 1871—1879 —, Statistik der wegen Bet- telns und Vagirens im Königreiche Sasen während der Jahre 1880 und 1881 bestraften Personen —, aus der Medizinalstatistik Krankenbestand der sädsishen Krankenanstalten, ergletG ende Sta- tistik der wichtigsten Todesursachen, Impfungen, Medizinal- und vete- rinärärzt lies Personal —, aus der Kirchenstatistik —, aus der Lehr- anstaltsftatistik die den verschiedenen Ministerien unterstellten Lehranstalten, die Lehrkräfte an den öffentlihen und an den Privat- schulen. :

Aus vorstehendem Auszuge ergiebt si die große Reichbaltigkeit und Vielseitigkeit des Werkes, welches niht nur den Behörden, Be- amten und Geschäftsleuten, sondern überhau t allen Denjenigen, welhe \ich für die staatlihen und wirthschaftlihen Einrichtungen Sacfens interessiren, reibe Belehrung bieten und als ein nüßliches und oft sehr nöthiges Nahschlagebuch dienen wird.

Der geringe Preis für das ganze Werk das Jahrbuch um- faßt allein 14 Drucktbogen beträgt nur 1 M