1882 / 230 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 30 Sep 1882 18:00:01 GMT) scan diff

e E E Ai E A

D

A SUS L

4 e Et i wY fer [E E

Y mes

Nichtamtliches. Deutsches Nei. Preußen. Berlin, 30. September. An dem heutigen

Allerhöhsten Geburtstage Jhrer Majestät der Kaiserin

und Königin haben die Palais, die öffentlichen und viele Privatgebäude der Hauptstadt geflag t. Die Vorstellungen in den Theatern werden dur Festprologe eingeleitet.

Wie „W. T. B.“ aus Baden-Baden meldet, fand heute Vormittag 1011/2 Uhr daselbst eine große Gratulationscour statt, welhe Jhre Majestät im Sessel sißend abhielt.

An dem um 5 Uhr stattfindenden Galadiner wird au Se. Königliche Hoheit der Großherzog von Sachsen, welcher um Besuch Jhrer Majestät -der Kaiserin und Königin in

aden-Baden eingetroffen is, Theil nehmen. i

Abends werden die Allerhöchsten Herrschaften mit den ge- [ladenen Gästen zum Thee bei Jhrer Majestät der Kaiserin versammelt sein. S E,

Das Wetter, welches Jhrer Majestät der Kaiserin gestern keine Ausfahrt gestattet hatte, ist günstiger geworden.

Die Sglußsteinlegung zur Eröffnung des oberen Netekanals hat ihren würdigen Ab- {luß gefunden. Die Staats-Minister Maybach, von ‘Boet- tiher und Dr. Lucius, welche ihr Erscheinen zugesagt, hatten, wie die „N. A. Ztg.“ berichtet, in leßter Stunde ihr Nicht- erscheinen mitgetheilt, doch war im Allerhöhsten Auftrage Sr. Majestät des Kaisers und Königs der Vize- Präsident des Staats-Ministeriums, Minister des Jnnexn von Puttkamer in Bromberg erschienen. Fünf Dampfer wären bestimmt, die Festtheilnehmer, deren Zahl sich auf 70 be- Lief, durch den mit Flaggenstangen und Wunpeln geshmüdten An der Eichhorster Schleuse war auf der östlichen Seite, wo- selbst die Schlußsteinlegung erfolgen sollte, eine mit frishem Grün gezierte Tribüne errichtet; auf dem zu versenkenden Schlußsteine war eine mit einer Blumenguirlande umrahmte

eiserne Platte befestigt, welche folgende Jnschrift enthielt :

«Unter der ruhmvollen Regierung Sr. Majestät Wilhelm I. ist diese Schiffahrts\traße dur die Neße, die Montwy und den Govlo- See bis zur Landesgrenze erbaut und im Jahre 1882 dem Verkehr übergeben worden.“ /

Unterhalb der Platte wurde eine Marmorkassette versenkt, nachdem in dieselbe je ein Exemplar des „Reichs-Anzeigers“, des „Bromberger Tageblatt“, der „Ostdeutschen Presse“ und der „Bromberger Zeitung“ vom Tage vorher, sowie die nach- stéhende Urkunde eingeschlossen waren :

„Nachdem unter der Regierung Sr. Majestät Friedrichs IkL., Königs von Preußen, die erste künstliche Wasserstraße in der Provinz Posen geschaffen war, wurde, 8 Jahre nah der Feier des hundert- jährigen Bestehens derselben, unter der Regierung Sr. Majestät Wilhelms T., Deutschen Kaisers und Königs von Preußen, dieser zweite Kanal erbaut. Kanzler des Deutschen Reichs, Bent des Staats-Ministeriums, Minister der Auswärtigen Angelegenheiten und De andel und Gewerbe war zur Zeit Fürst von Bismark, Vize-

räsident“ des Staats - Ministeriums unt, Minister des Innern,

von Puttkamer, Minister der E Eaeiten Maybah, Mini- ster für Landwirthschaft, Domänen und Forsten Dr. Lucius, Staats- Bi des Innern Staats-Minister von Boetticher, Finanz-

inister Scholz, Ober-Präsident der Provinz Posen von Günther, Regierungs -Präsident zu Bromberg Tiedemann, Ober-Regierungs- Rath und Dirigent der Regierungsabtheilung des Innern daselbst

ahn, Regierungs- und Departements-Rath für Wasserbauten von

ruben, Regierungs- und Baurath für Wasserbauten Michaelis. Der erste Entwurf zum Kanal wurde “gefertigt im Jahre 1875 von Garbe, damaligem Kanal- und Wasserbau-Inspektor zu Bromberg, die Sine sowie der Bau sind unter Leitung seines Nawfolgers, des Wasjerbau-Inspektors Schwartz, in den Jahren 1878 bis 1882 aus- geführt worden. Bei der Vollendung des Werkes wurde in die untere

Eichhorster Schleuse ein Schlußstein eingefügt und unter denselben diese Urkunde gelegt.

Eichhorst, den 26. September 1882.“

Die Urkunde trägt folgende Namensunterschristen: von Puttkamer, Vize-Präsident des Staats-Ministeriums, Minister des Jnnern. Tiedemann, Regierungs-Präsident. Hahn, Ober- Regierungs-Rath und Dirigent der Regierungsabtheilung des Innern. von Gruben, Regierungs Rath. Michaelis, Negie- rungs- und Baurath. Garbe, Königlicher Baurath und Pro- fessor. Schwarß, Wasserbau-Jnspektor.

Der Wasserbau-Jnspektor Schwarß hielt, an den Hrn. Regierungs-Präsidenten gewendet, eine Ansprache, in welcher er auf die Wichtigkeit der kanalisirten oberen Neye, die in der Richtung von Süd nah Nord denselben Distrikt dur{schneide und somit dem fruchtbaren Kujawien eine neue Ver- fehrsstraße eröffne, aufmerksam machte und auf die Arbeiten hinwies, die zur Ausführung des Unternehmens nothwendig gewesen seien. Darauf vollführte als Erster der Staats-Minister von Puttkamer die drei Hammerschläge. Es [Slossen sih dann die anderen Herren an. Darauf ergriff er Regierungs-Präsident Tiedemann das Wort. Er betonte, daß der neue Kanal dem Bromberger Kanal zwar an wirth- schaftlicher Bedeutung nicht gleihkomme, daß man aber in einer Hinsiht doch den neuen Negzekanal neben jenem alten ehrwürdigen hundertjährigen nennen dürfe: Beide seien der- selben Auffassung von den Pflichten und Aufgaben des Staates entsprungen; beide zeigten gleihmäßig, von weldem Geiste die preußishe Verwaltung beseelt sei. Die- selbe Fürsorge für die materiellen Jnteressen der Bevölkerung, dieselbe unablässige Arbeit im Dienste des öffentlichen Wohls kennzeihneten die Verwaltung unter der glorreichen Regierung Kaiser Wilhelms 1. niht minder wie damals, als Friedrich der Große das Szepter führte. Jedem wirthschaftlichen ‘nteresse entgegenzukommen, jedes wirthshaftlihe Streben zu stüßen und zu förderi mit den Mitteln des Staates, das sei die Art, wie Preußen jeßt wie damals germanisirte. Das Werk, welches man heute einweihe, liefere hierfür einen neuen Beweis. Die Brgoins gelte durhweg für ein armes, von der Natur stiefmütterlich behandeltes Land. Mit Unrecht ! Hin- ihtlih der Fruchtbarkeit und Entwickllungssähigkeit des Landes önne sich Kujawien, könnten sich weite Strecken des Schubiner Kreises mit den reihsten Gegenden aller an- deren Provinzen messen. Aber s{chwer ruhe auf der Land- werthsGast der Druck der direkten Steuern und Hypotheken, fast ebenso {wer der Druck der Transportkosten. Der Boden

rge reihe Säge; sie könnten nur niht gehoben werden, weil die Verkehrsmittel fehlten. Hier sördernd einzugreifen, habe sich die Regierung unseres erhabenen Kaisers und ais jur Aufgabe gestellt, und der neue Kanal zeige aller Welt, n wie großartiger Weise sie diese Ausgabe att lösen wissg. Schon hrend des Baues hätten sich die Wirkungen der neuen Wasserstraße gezeigt. An ihren Ufern seien großartige Anlagen- zur Verwerthung der Zudllerrübe entstanden, und

wenige Wochen würden vergehen, so würden \{chwerbeladene Kähne die Produkte der Landwirthschast den Fabriken, die Er- zeugnisse der Fabriken den Konsumenten des Jn- und Auslandes zuführen. Ein neues Leben werde aus dieser Verbindung der Land- wirthschaft und Jndusirie erblühen, ein neuer Schritt vor- wärts gethan sein in der wirthsastlihen Entwickelung des Nebedistrikts. Redner bat den Minister, den Dank der Bevöl- kerung für dieses Werk, diese neue Hohenzollernsche That, dem Kaiserlichen Herrn in Sperarnt zu Füßen zu legen. Der Vize- Präsident des Staats-Ministeriums von Puttkamer trat sodann aus der Reihe der Festtheilnehmer vor und überbrachte zu- nächst der Provinz Posen den Gruß seines Allergnädigsten Herrn und gab dem Wunsche Ausdruck, daß die an die Er- öffnung dieser neuen Wasserstraße geknüpften Hoff- nungen sich verwirklihen möchten. Das Haus der Hohenzollern, welches sich wie kein anderes Herrscher- haus sowohl durch seine Werke des Krieges wie ganz beson- ders dur diejenigen des Friedens auszeihne, habe hier wiederum seine Fürsorge füc die Ostmarken des Reichs be- wiesen, und gerade an dieser Stätte sei Seiner zu gedenken in dem Rufe: Se. Majestät der Kaiser lebe hoh! hoh! hoch! Im Anschluß an das Hoch, in welches die Versammelten be- geistert einstimmten, sangen dieselben die Nationalhymne. Damit endete dieser denkwürdige Akt, welcher “mit dem Choral : „Allein Gott in der Höh! sei Ehr“ eingeleitet worden war.

__ Zum Empfange - der Festgesellshaft in Labischin hatten die Häuser der Posener- und der Brombergerstraße und des AULAIGen Marktes reihen Laub- und Flaggenshmuck an- gelegt.

Gegen 6 Uhr landeten die Gäste. Bürgermeister Weinert begrüßte sie und hieß sie Namens der Stadt Labischin will- kommen. Der Staats-Minister von Puttkamer dankte für den freundlihen Empfang und gab der peN uns Ausdruck, daß die neu eingerihtete Wasserstraße zur Förderung der Wohl- fahrt der Stadt Labischin und des durch sie berührten Land- strihs gereichen würden. Hierauf stiegen die Gäste ans Land Und begaben sih in das Fridrihsche Hotel, um hier das Diner einzunehmen. Von den zahlreihen Toasten, welche ausge- bracht wurden, heben wir denjenigen des Staats-Ministers von Puttkamer auf Se. Majestät den Kaiser hervor.

«Meine Herren so ungefähr sagte Redner es ist ein altes Wort, daß Preußen ein E des Schwertes und der Staatskunst seines. Herrscherhauses ist. Die leßten glorreichen Erfolge liefern den besten Beleg dafür, daß das Schwert dazu beigetragen hat, die hohen nätionalen Ziele zur Erreichung zu bringen. Das zweite Wort ist, daß die Staaten und Völker nur gedeihen dur die friedliche Anstrengung ihrer Kräfte. Gerade in den östlihen Provinzen können wir die wirths{chaftliche Thätigkeit der Regierung verfolgen, fo namentlich in Ostpreußen diejenige Friedrich Wilhelms 1. Der Erbe aller, Tugenden dieses Herrschers, der kriegerishen wie der friedlitverz Kaiser Wilhelm sucht das Werk weiterzuführen, welches Jener bægonnen, und ohne byzantinish zu werden, darf ich daher wohl sagen, ‘aß nie einem Herrscher die Herzen Aller so warm entgegenshlugen wi Ihm. Keiner aber auch war dessen so werth wie Er. Wir müssen cks als ein großes Glück betrachten, einen Herrscher zu besißen, der sich/ die Wohlfahrt des Volkes zur höchsten Aufgabe e Der Jünégling im Silberhaar, der Greis mit dem Kinder- erzen, auf dessen ¡Stirn der Lorber thront, niht der Lorber der römischen Jmpera! toren, sondery-dexjenige der Solidarität und des F e M'xujestät un ergnädigster Kaiser, lebe hoch! oá! bo!“ / N ?

Am ander{èn Morgen 81/2 Uhr wurde die Fahrt von Lä- bisln aùs for\tgeseßt. Die Gäste wurden von den Orts- behöden feierl#F.ch empfangen. Bei der Ankunst am Goplosee verlic\ die GesÆllschaft die Flotille, um die nahegelegene Zucker- fabrik in Auglenschein zu nehmen. Jn bereitstehenden Equi- pagen veggó man sih bei regnerishem Wetter sodann nach Aben woselbst die Ankunft gegen Abend erfolgte. Von

O aus kehrten die Gäste per Bahn nach der Heimat zurü.

Unter Anreizung eines Soldaten zum Un- gehorsam gegen den „Befehl“ seines Oberen, welche im S. 112 des Strafgeseßbuchs unter Strafe gestellt ist, ist nah einem Urtheil des Reichs8gerichts, [Il Strafsenais, vom 24. Juni d. F., niht die Anreizung zu der Uebertretung eines militärischen allgemeinen Gebots oder Verbots, welches ein für alle Mal das militärische Verhalten des Soldaten zu regeln bestimmt ist, zu verstehen, sondern die Aufforderung zum Un- gera gegen den Befehl. eines Vorgeseßten zu einer konkret

estimmten Handlung oder Unterlassung.

Der hiesige Geschäftsträger der Vereinigen Staaten von Columbien, Lorenzo Marroquin hat Berlin auf einige Zeit verlassen. Während dessen Abwesenheit wird der Minister-Resident der Argentinishen Republik Dr. Miguel

Cané die Geschäfte der columbischen Vertretung wahr- nehmen.

Der General-Lieutenant von Flatow, Direktor der

Kriegsakademie, ist von Uilaub aus der Schweiz hierher zurücckgekehrt,

,_— Der Archiv-Sekretär Dr. phil, Max Posner in Ber- lin und der Archiv- Assistent Dr. jur, Hans von Schir- meister in Coblenz sind gestorben.

Württemberg. Stuttgart, 26. September. (Allg. 3.) Heute Vormittag fand hier die feierlihe Einweihung der neu erbauten „Olga- Heilanstalt“ statt. Es ist dies ein Musterspital für Kinder, dessen Einrihtung allen Anforderun- gen der hygienishen Wissenschaft entspriht und zu dessen Bau die Königin Olga aus ihrer Privatkasse 300 000 ge- spendet hat, während die Stadt das erforderlihe Areal un- entgeltlich zur Verfügung stellte. Der Einweihung dieses Werkes eht Königlicher Munifizenz und Fürsorge wohnten Beide Majestäten bei.

27. September. Dem am 7. und 8. k. Mts. in Darmstadt tagenden Armenpfslegerkongreß wird, wie der „Schwäb. Merk.“ berichtet, ein hiesiger städtischer Delegirter Ae Zur Berathung stehen insbesondere pen von Dr, Rudolf Ebers zu Wernigerode aufgestellte

en über den Unterstüßungswohnsiß und das Land- armenwesen mit Rück@siht auf die vagabundirende Bettelei. Es ist darin namentlich die eseitgung des Landarmenwesens ins Auge gefaßt und zu diesem Behufe eine Abänderung des Unterstü Interim Selees in der Richtung vorgeschlagen, daß ein Unterslüßungswo ns nit verloren gehen könne, o lange kein anderer erworben sei

Oesterreich-Ungarn. Wien, 30. Seplember. (W. T. B.) Kronprinz Rudolf ist zum Kommandanten der 9. Jnfan- teriedivision ernannt worben. ¿

Preßburg, 29. September. (W. T. B.) Jn Folge der gestern Abend in einzelnen von Juden bewohnten Gassen vorgekommenen Excesse, denen durch das Einschreiten von Militärpatrouillen Einhalt gethan wurde, sind 40 Personen verhaftet worden. Der Magistrat hat \sich in Permanenz er- klärt und einen Beruhigungsaufruf erlassen. Das Militär ist in den Kasernen konsignirt. Der auf den 2. Oktober an- beraumt gewesene Jahrmarkt findet nicht statt.

830. September. Heute Naht wiederholten \sich die Excesse gegen die Juden. Das Militär {ritt ein, mehrere Personen wurden verhastet. Wie verlautet, stände die Publi- zirung des Standrechts bevor.

Pest, 27. September. (Pest. L.) Was das gemeinsame Budget pro 1883 betrifft, so werden für die Okkupations- Truppen in Bosnien und der Herzegowina beiläufig drei Millionen mehr präliminirt als zur Zeit vor dem Aufstande, da die Truppen noch nicht ganz bis zu der damals minimalen Ziffer herabgemindert werden können. Das ist aber auch die einzige Erhöhung in dem gesammten ge- meinsamen Budget gegen jenes pro 1882, wie cs ursprünglih vorgelegt wurde, und werden sonah, wenn die vorstehen- den Mittheilungen richtig sind, für die okkupirten Länder im Jahre 1883 um 25 Millionen weniger erforderlich sein, als im Jahre 1882 verausgabt wurde. Troßdem der jüngste außerordentlihe Kredit, welhen die ungarische Delegation noch um 2 Millionen reduzirte, nur für den Bedarf bis Ende Oktober berechnet war, wird der Kriegs-Minister sür November und Dezember dieses Jahres nichts weiter beanspruchen, sondern mit den bewilligten Summen bis zum Jahres\{lu}e das Auszkommen finden.

Niederlande. Haag, 29. September. (W. T. B.) Die Zweite Kammer nahm die Beantwortungsadresse der Thronrede mit 73 gegen 2 Stimmen an. Von Seiten der Regierung wurde erklärt: sie werde bereits in der nächsten Woche den ersten Entwurf, betreffend eine Revision des Wahl- rechts einbringen, und die Revision der Verfassung, welche eine allgemeine und nicht blos eine partielle sein müsse, mit Ernst in Angriff nehmen.* Die Kammer lehnte den Antrag van Houtens, welcher die Publikation der auf die Ministerkcisis bezüglichen Schriftstücke verlangt, mit 49 gegen 24 Stimmen ab.

Großbritannien und Jriand. London, 28. Sep- tember. (Allg. Corr.) Außer der Pairswürde ist dem Sieger von Telelkebir auch noch der Rang eines Generals der Armee zugedacht. Bis jeßt ist Sir Garnet Wolseley nur General- Lieutenant.

Aus der Capstadt wird unterm 5. ds. geschrieben : Das Goldfieber in Transvaal zeigt kein Symptom der Abnahme, troy der ungünstigen Berichte vieler enttäuscht zurügekehrten Goldgräber. Täglich strömen neue Massen von Menschen nah De Kaap,- um dort ihr Glück zu machen, was aber nur den Wenigsten beschieden ist, denn die meisten Goldgräber sind nach kurzer Zeit froh, wenn sie ohne Geldver- aütung nur gegen die bloße Kost Beschäftigung finden können. Der „Times“ wird gemeldet, daß Ketshwayo bei seiner Landung in der Capstadt am 25. sehr kühl empfangen worden sei. Die Pockenepidemie richtet unter den Ein«ue- borenen in Capstadt gräßlihe Verheerungen an. Von 2000 Erkrankungen haben 600 einen tödtlihen Ausgang genommen.

Die Krankheit greift jeßt auch unter der weißen Bevölkerung und dem WViilitär um sich.

Frankreih. Paris, 28. September. (Fr. Corr.) Der König von Griechenland empfing gestern den Besuch des Minister-Präsidenten, Herrn Duclerc, mit dem er eine längere Unterredung hatte. Heute begab sih der König seiner- seits in das Auswärtige Amt. Jn Folge erhaltener Depeschen reisen die griehishen Majestäten bereits heute Abend nach Stuíîtgart ab.

Das Kontingent, welches im Jahre 1883 der fran- zösishen Armee cinverleibt werden soll, beträgt 167 478 Mann: 129 150, welche fünf Jahre und 38 928, welche nur ein L dienen sollen. Die 167 478 Mann vertheilen sich wie folgt auf die verschiedenen Waffengattungen : 107 032 für die Jnfanterie, 20019 für Kavallerie, 27880 für die Artillerie, 3372 für das Genie, 3082 für das Fuhrwesen und 6093 für das Verpflegungscorps. Das diesjihrige Kontingent über- steigt das des Jakres 1882 um 5287 Maun, von denen 2218 der Jnfanterie zugetheilt werden.

2. Septemb.r. (Köln. Ztg.) Der Präsident Grévy trifft erst am nähsten Sonntag im Elisée ein; die Ueberreihung des Baretts an IREE Czacfi wurde auf nächsten Dienstag vertagt. Der Deputirte Granet soll zum Unter-Staatssekretär der Kolonien ernannt werden. Diese gehören jeßt zum Marine-Ministerium, sollen aber wieder dem Handels-Ministerium zugetheilt werden.

Gestern Nachmittag um 5 Uhr wurden dieSchwestern vom ge iligen Vincenzvon Paula aus der Elementarschule der uedela Lunezu Paris von der Polizei ausgetrieben, weil sie ihre Schule nicht an Laienlehrerinnen abgeben woiten und sih darauf stüßten, daß 1693 eine Wittwe Louvet dem Orden das Haus vermacht habe, es daher ihr Eigenthum sei. Die kleri- falen Blätter klagen heute, daß die „Schwestern“ ihres Eigen- thums beraubt seien. Eine Note der „Agence Havas“ stellt jedoch die juristishe Seite der Sache uihtig. Hier- nach ist das Schulgrundstück den Schwestern von St. Vincent de Paule bereits in der Revolutionszeit von 1792 entzogen worden und in das Eigenthum * der Assistance publique ge- fallen. Allerdings wurde der NKießbrauch des Grundstücks den Schwestern im Fahre 1797 wieder eingeräumt, doch schon unter Louis Philippe wurde die Schule bereits einmal ver- weltliht, von 1837—39, und überdies hat die Stadt Paris stets der Assistance publique cine Miethe von 10 000 Frs. für das in Rede stehende Grundstück gezahlt. ,_— 29. September. (W. T. B.) Die Herzogin Maria Mon Parma ist heute in Biarrih an den Folgen der Entbindung von einem todten Kinde gestorben.

Nußland und Polen. St. Petersburg, 29. Sep- tember. (W. T. B.) Jn tem bereits signalisirten Artikel des „Journal de St. Pétersbourg“ heißt es: Man habe gehofft, daß diese Phartasmagorien zu Ende gewesen wären nach den zwischen Lord Clarendon und Fürst Gortscha- koff autgetaushten freundschaftlichen Explikationen und nach den hierauf erfolgten Arrangements zwishen den beiden Regierungen, sowie nach dem von Gladstone inaugurirten Programme einer gesunden, rationellen und versländigen Politik. Leider habe England eine Schule von Politikern

und Staaismännsern, denen die Sicherheit Fndiens ein be- liebtes Steckenpferd fei, welhe diesem leßteren ihre Stellung, ihren Einfluß und ihre Karriere verdankten und welche dasselbe niht gern verlassen möchten. Leider fänden diese Herren auch in einer höheren und angesehenen Sphäre der englishen Gesellshaft ein geeignetes Terrain, um traditionell gewordene Passionen wieder zu erwedcken, unterstüßt von dem Parteigeit. Solche Bestrebungen fönnten die praftishe Annäherung nur erschweren, welche sich zwishen den beiden Regierungen und ihren Ländern durch ruhige und rationelle Würdigung ihrer egenseitigen JUNE zu entwickeln strebte. Das Journal ährt sodann fort: Wir wollen die Chimären jener Partei und der „Morning-Post“ nicht refutiren und nit bekämpfen. Alles, was wir zu sagen haben, ist, daß die „Morning-Post“ einen Schein von Grund haben könnte, wenn es ihr gelänge, zu zeigen, Nußland habe irgend ein Jnteresse, die englische Herrschaft in Jndien zu stören. Die Russophoben fallen in sonderbare Widersprüche ; bald stellen sie Rußland als ein ver- faultes, absterbendes, der Unordnung verfallenes, für ernsten

ortschritt unfähiges Land dar, als einen Koloß mit thônernen Sen, drohend, unter der eigenen Masse zu unterliegen, bald machen sie aus Rußland einen Popanz, einen unersättlichen Riesen, welcher die ganze Welt zu vershlingen bereit ist, um seinen unmäßigen Appetit zu befriedigen. Rußland glaubt weder die eine noch die andere Jnsinuation zu verdienen. Man soll nur Rußland ganz einfach, wie jede andere Macht für fähig halten, seine Juteressen zu begreifen, und für ent- \hlossen, diese zu entwickeln und zu vertheidigen wie jede an- dere Nation. Stellt sih die „Morning:Post“ auf diesen Bo- den, so muß sie zugeben : Rußland kann absolut Nichts ge- winnen, wenn Jndien der aufgeklärten englischen Herrschaft entzogen würde, um in hindo-muselmännishe Barbarei und Anarchie zurückzufallen. Das hieße offenbar niht nur Eng- lands civilisatorishes Werk in Asien vernichten, sondern au dasjenige total aufs Spiel seßen, welches Rußland im nörd- lihen Theil dieses großen Kontinents zufällt, und um zu diesem, seinen eigenen Fnteressen direkt entgegen- laufenden Resultate zu gelangen, müßte Rußland \ich den Gefahren und den Opfern eines über alle Länder und Meere der Erdkugel sich hinziehenden Krieges mit einer der größten Mächte der Welt aussezen. Wir sind überzeugt, die „Morning-Post“ selbst würde, wenn sie eine russische Zeitung wäre, eine solche Politik für vollkommen finnlos halten. Ebenso unbegründet sind ihre kommerziellen Jeremiaden, wie der gesunde Sinn ohne Voreingenommenheit von selbst begreist. Das Journal zählt hierfür einfache shlagende Gründe auf und schließt: Es" ist peinlich, solche elementare Wahrheiten wiederholen zu müssen. Sie werden freilih die „Morning-Post“ niht überzeugen; so bleibt uns nur übrig, an den guten und prafktishen Sinn des englischen Volkes zu appelliren, um solche gehässige Absurditäten abzu- urtheilen.

Süd-Amerika. Buenos Ayres, 29. August. (Allg. Corr.) Der argentinische Kongreß hält fortdauernd ge- heime Sißungen. Nach Berichten aus Rio de Janeiro

at die Kaiserlih brasilianische Regierung den Vor- flag des argentinishen Ministers d-r Auswärtigen Angele: genheiten, die Missiones-Grenzfsrage einem Scthieds- gerichte zu unterbreiten, abgelehnt. Aus Peru wird ge- meldet, daß General Garcia die chilenishen Truppen in Lima zusammenzieht. Die Session der bolivianischen Kam- mer ist von dem Vize-Präsidenten eröffnet worden, der bei dieser Gelegenheit eine Rede zu Gunsten der Aufrechterhaltung des Friedens hielt.

Afrika. Egypten. Das „Neutershe Bureau“ meldet aus Kairo unter dem 29. d. M.: Der Annahme, daß die Explosion das Werk von Brandstiftern sei, wird im eng- lishen Hauptquartier niht zugestimmt, man glaubt vielmehr, daß der Brand dur das Explodiren eines Zünders entstand, der zufällig in einer egyptishen Granate stecken geblieben war. Die Eisenbahn ist gegenwärtig zwar wieder für den Verkehr freigemacht, ein Theil der Eisenbahnschienen ist aber durch die Gewalt der Explosion gekrümmt und verbogen und wird durch neue Schienen erseßt werden müssen. Von Sol- daten wurde nur ein Mann getödtet.

Demselben Bureau wird aus Kairo unterm 27. d. M. gemeldet : :

Gestern Abend übermittelte Sir Edward Malet dem Khbedive die warmen Glückwünsche Ihrer Majestät Regierung zu seiner Nük- kehr nah seiner Hauptstadt, und heute Morgen ftattete Se. Hoheit dem britishen Generalkonsul einen Besu ab, um ihm seinen Dauk für diese Botschaft abzustatten. Von der britishen Regierung is noc keine amtlie Mittheilung betreffs der Anzahl der in Egypten zu bleibenden Truppen eingegangen, allein Sir Garnet Wolseley und Sir Edward Malet stimmen in der Meinung überein, daß 10 000 Mann genügen werden, um bis zur iederherstellung —nor- maler Zustände die Ordnung aufrecht zu erhalten. Diese An- zahl wird demgemäß wahrscheinlich in Egypten zurückbleiben. Der Khedive stattete heute Nachmittag dem General Wolseley im Abdin- palast und dem Herzog von Connaught im Kasr-en-Neékhapalast Besuche ab, Der Ministerrath trat heute zusammen und verständigte

\ich über den Wortlaut von drei Dekreten, die morgen vom Khedive

unterzeihnet werden sollen. Der erste Erlaß setzt einen Sonderaus- {uß ein, welcher in Kairo zusammentreten “und alle militärischen oder bürgerlihen Personen, welhe sich rebellischer Handlungen dchuldig gemacht haben, in Anklagezustand verseßen wird. ieser aus neun Mitgliedern bestehenden Kommission wird Ismail Bey präsidiren. Der zweite Erlaß ordnet die Ab- haltung eines Kriegsgerihtes in Kairo an, weles in allen demselben von der obengenannten Kommission unterbreiteten Fällen sein Urtheil in Gemäßheit des Militärgeseßes abgeben wird. Gegen diese Urtheile wird eine Berufung nit zulässig [ep Mohamed Reuf PalÇa wird der Präsident dieses Lens sein, der aus 8 Mitgliedern estehen wird. Das dritte Dekret seßt ein weiteres Kriegsgericht ein, wel{es sib in Alexandrien versammeln wird, um über alle ihm von den vor cinigen Tagen ernannten Kommissionen in Alexandrien und Tantah unterbreiteten Fälle Reht zu \prechen. Die Verhand- lungen beider Kriegsgerihte werden öffentlich sein, und den Angeschul- digten wird es gestattet scin, sih mit Anwalten für ihre Vertheidi- gung zu versehen. Der Khedive wird in Kurzem ein Dekret erlassen, welches allen Offizieren vom Pettmannrauge abwärts eine Amnestie gewährt, von der nur solche Vffiziere ausgeschlossen sein werden, die an den Ruhestörungen direkt betheiligt waren oder seit dem Be inne des Feldzuges in die Armee eingetreten sind. Das Mancbester-Regi- ment, das 3, Bataillon des Derbyshire-Regiments und ein Detache- ment Genietruppen haben Befehl erhalten, \sich für die Einschiffung nach Indien bereit zu halten. : Der „Times“:Correspondent in Kairo {reibt unterm M: D Das Militärtribunal, welhes allen an der Rebel- lion betheiligt gewesenen Personen den Prozeß machen f\oll, wird morgen ernannt werden, Der Khedive Sherif Pascha und, Riaz Pascha bestehen alle energish auf

der absoluten Nothwendigkett der f Vollstreckung der Todesstrafe gegen die Hauptverbreher, eine }Meinung, von welcher nur wenige, wenn überhaupt wele, ableihen. Sherif, dessen sanfter Charakter wohl bekannt ift, es sih mir gegenüber heute wie folgt vernehmen: „J bin dieser Ansicht, niht weil ih einen Groll gegen irgend einen der Rebellenführer empfinde, sondern weil es durchaus yothwendig ist für die Sicherheit Aller, die in dem Lande zu wohnen wünschen. Eine englische Expedition is etwas Vortreffliches, aber weder Sie noch ich wollen dieselbe alle 12 Monate wieder- belt fehen.“ Sir Garnet Wolsely leidet an einer Er- kältung und an Diarrhoe. Der Volksdihter Nedim ift noch immer auf freiem Fuße. Unter den Personen, welchbe der Khedive beute niht empfangen wollte, befanden sich u. A Raghib Pascha, der Expremier, Ali Sadyk, der Finanz-Minister, Marabli, ehemali- ger Kriegs-Minister, und Daud Pascha, Gouverneur von Esneh. Leßtgenannter ist derselte, der, wie man si erinnern wird, im Juni in der Gegenwart des Khedive den Wunsch ausdrückte, daß alle Christen getödtet werden sollten. Er ift der Vater von Suleiman Pascha Sami, dem Hauptbrandstifter von Alexandrien, der, wie ver- [autet, nah Fayum geflüchtet ist und auf dessen Ergreifung eine Be- lohnung ausgeseßt werden wird.-

Zeitungss\timmen.

„Der Metallarbeiter“ beginnt seine industrielle Rundschau mit folgenden Worten :

Die Rundreise des Staats-Minifters von Boetticher dur die Industriebezirke Rheinland-Westphalens if von - der Mehrzahl der Bevölkerung mit großer Sympathie aufgenommen worden, was wohl am Besten beweisl, daß man mit der wirthschaftlihen Politik der Regierung zufrieden und einverstanden ist.

Die „Deutsche Finanz-Correspondenz“ bezeich- net als Grund des zur Zeit herrschenden finanziellen Pessi- mi3mus u. A. die mehrjährige zoUpolitiste Mißwirthschaft :

Milliarden waren an das Ausland verloren worden, deren Feh- len man erst gewahrte, als der Luxus der ehedem Reichen sich ver- minderte, der Konsum sich verringerte, der Geht a ran todte und die Industrie zu Falle kam, weil der heimische Markt der frem- den Industrie {chußlos überliefert worden war. Die Arbeiter feier- ten, die Löhne sanken unter das Niveau der Kosten der nothwendig- sten täglichen Lebensbedürfnisse und die Entmuthigung nahm derart zu, daß die doch sonst so starke, kernige, fleißige deutshe Nation fast den Glauben an sich selbst verlor. :

Leider mischte sih auch ein Theil der Presse in dcr unverständig- en Weise in den Jammerchorus ein. . R

Der hierauf sich einstellende traurige allgemeine Zustand war daher cin mehr gemachter, daher kein rein natürlihcr. Man wird sich erinnern, daß immer und immer wieder Perioden eintraten, in welchen eine allgemeine Besserung der geshäftliwen Lage zum Dur(h- bruch gelangen wollte; es fehlte jedoch an dem Alles belebenden Haube des Vertrauens. Der Geist des Pessimismus s{webte über den Gewässern und sobald intelligente patriotische Männer die thatsächlich gebesserte Zeitlage dazu benußten wollten, eine gute Idee auszuführen, um gediegene, neue, gesunde Unternehmungen zu \{affen, die beshäf- tigungslosen Händen Arbeit verschafft, die Geldzirkyletion wieder in G gebracht, oder schon bestehenden und erhaltexbwerthen temporär eidenden Unternehmungen wirklih Hülfe gebrocht hätten, {rie man, das sei eine „Gründung“, und mit dem Nameri „Gründer“ verknüpfte man in thörichtester Verkennung der Thatsachen einen beshimpfenden Begriff, sodaß man damit den tüchtigsten und besten Männern vor den Kopf {lug und s{ließlich die Dinge gehen lassen mußte wie sie gingen. ( E A

Wenn si Jene, welce-heutzutage: noch den Pessimi8mus nähren und schüren, mit Vorliebe auf obige Gründe \ des allgemeinen Ver- falls berufen, so ist einzuwenden, daß solche zuin großen Theile nicht mehr cxistiren. Die Nachwehen der Gründer- und resp. Milliarden- zeit sind durchwegs ausgeheilt. An die Stelle, der verfehlten Zoll- politik ift eine heilsame Reform getreten, derer Wirkungen \sih auf den meisten Gebieten der Industrie und der Gewerbe in erfreulicher Weise manifestiren

Jn einer Berliner Correspondenz des „Düsssel- dorfer Anzeiger“ lesen wir:

„Ich habe immerfort darüber Pee" gab Isaak Newton dem Könige Georg I. von England zur Antwort, als dieser ihn fragte, wie ihm ein so kolossaler Gedanke wie derjenige des Geseßes der Schwere aufgegangen sei. An diesen Ausspruch des großen englischen Naturforschers sind wir bei der Lektüre des von Wirklichen Geheiwen Ober-Regierungs-Nath Dr, Ludwig Hahn neuerdings berausgegebenen Buches „Zwanzig Jahre 1862—1882* wieder- holt erinnert worden. Das Geheimniß der großen Erfolge unseres Reichskanzlers ist von dem Verfasser dadurch errathen worden, daß derselbe nachzuweisen gewußt hat, wie Fürst Bismarck dem nämlichen auf die Größe Deutschlands und Preußens gerichteten Gedanken während seiner gesammten staatsmännishen Thätigkeit unver- wandt nachgegangen ist , Der Gedanke, daß es zur Serben, des Reichbaues eigner Reichseinnahmen bedürfe, daß diese Einnahmen aus den indirekten Steuern zu \{öpfen seien, und daß Deutschland dem Beispiel anderer Groß- staaten folgend das Haupttheil seines Staatêaufwandes nit aus direkten, sondern aus indirekten Steuern beschaffen müsse, ist von dem Reichskanzler bereits bei Begründung der Verfassung des Norddeut- {en Bundes ausgesprochen, unmittelbar nachdem sich die Nothwen- digkeit einer umfassenden Steuerreform praktisch herausgestellt hatte, wieder aufgenommen und seitdem konsequent weiter verfolgt worden. Während die große Zahl Derjenigen, welhe die Reichs- grundsteinlegung enthusiastisch begrüßt hatten , im Laufe der Jahre von dem einen großen Gedanken, der um jeden Preis zu be- werkstelligenden Reichsbefestigung wieder abgezogen und Nebengedanken der verschiedensten Art zugewendet wurde, bat der Kanzler „immerfort darüber nachgedadt“. Kein augenblickliher Erfolg, kein Beifallsruf der Massen vermochte ibn in der Ueberzeugung zu beirren, daß wohl Großes gethan worden, daß aber noch Vieles und Großes zu thun übrig geblieben sei, wenn der Gedanke seines Lebens zu Ende gedacht und seinem vollen Umfange nah verwirklicht werden sollte, Wir stehen am Vorabende einer Entscheidung, welche hinsichtlich des Zeit-

unkts für die Verwirkliwung des Grundgedankens der Bismarckschen inanz- und Steuerpolitik von entscheidender Bedeutung sein wird. ür den Zeitpunkt, denn an dem \{ließlihen Siege der Sache elbst wird dieses Mal ebensowenig zu zweifeln sein, wie während der übrigen Zeitabschnitte {hcinbarer Vorherrschaft der oppositiouellen Strömung. Nie hat der englishe Geschäftsgrundsay, daß „Zeit Geld ist‘, si handgreifliher anwenden lassen, wie gegenwärtig, wo jeder Zeitverlust neue Schwierigkeiten unserer finanziellen Lage im Gefolge baben würde, und Alles darauf ankommt, rasch zu einem Abschluß zu gelangen. Helfen wir dem Manne, der einen Gedanken sein Leben lang verfolgt und durch die Unermüdlickeit jeiner auf einen Punkt gerihteten Geistesarbeit das Höchste erreicht hat, auf einem der wih- tigsten seiner Arbeitsgebiete ohne ferneren Zeitverlust an das Ziel zu gelangen!

Ueber die Vildung von Jnnungen sagen die „Me ck- lenburgischen Landes nachrichten“:

Es liegt im eigensten Interesse der Handwerker, auch Derer, welhe in leßter Linie Zwangsinnungen an it, von dem 1881 er Gese ausgiebigsten Gebrauchß zu machen. Erst wenn das geschieht, wird man in der Lage sein, diejenigen Erfahrungen zu gewinnen, die erforderli sind, um die Frage: obligatorishe und fakultative In- nungen ? definitiv zu beantworten. Man darf gerade auf diesem Gebiete nit große Kreuze und Quersprünge machen, wenn nit eine stete Be- aneuliguna hervorgerufen werden soll, die am Ende dem Handwerk noch mehr s{chaden kann, als die gegenwärtige E der An- gehörigen der verschiedenen Berufsarten des dwerks, Wollte man

beute, ohne die erforderlihen Erfahrun ammelt zu ha c Zwangsinnungen übergehen, etwa boten gel man die Scheblore des alten Zunftwesens acceptirte, so würde si bald genug die Noth- wendigkeit von Reformen ergeben und man würde lange Zeit hindur aus dem Erperimentiren nicht herauskommen.

Statiftische Nachrichten.

Auf den unter Aufsibt der preußischen Bergbehörde stehenden Bergwerks- und Aufbereitungsanstalten waren, dem neuesten Heft der Zeitschrift für Berg-, Hütten- und Salinenwesen zufolge, im Jahre 1881 im Ganzen 260 779 Arbeiter beschäftigt, die höchste Zahl, wele kisher überhaupt erreicht wurde. Im Jahre 1867 betrug die Zahl 181 503; dieselbe stieg bis zum Jahre 1873 auf 247 594, ging bis 1877 wieder auf 231 117 zurück, um von da ab wieder in die Höhe zu gehen, und zwar 1878 auf 232 064, 1879 auf 235 617, 1880 auf 259294 und 1881 auf 260 779. Von diesen waren 162951 beim Steinkoblenbergbau, 19959 beim ch Braunkoblenbergbau, 69 984 beim Erzbergvau und 7885 bei anderen Mineralgewinnungen beschäftigt. Es verunglückten mit tödt- lichem Ausgange im Jahre 1881 680 Arbeiter, also 2,608 auf Tausend, gegen 2,597 auf Tausend im Vorjahre. Die meisten Verunglückungen mit tödtlihem Ausgange kamen beim Steinkohlenbergbau vor, näm- li 3,111 pro Tausend, die wenigsten beim Erzbergbau, nämli 1,529 pro Tausend. Mit Ausnahme des Steinkohlenbergbaues stechen die Verunglüksziffern der verschiedenen Betriebe im Jahre 1881 ungün- stiger als die des Jahres 1880. Es erlitten ferner durch Unfall bei der Werksarbeit Beschädigungen, welche eine Arbeitsunfähig- keit von mindestens einem Monat zur Folge hatten, im Ganzen#2548 Mann, d. i. 9,771 Mann auf je 1000 Arbeiter. Von diesen sind 2363 nur vorübergehend, auf die Dauer von 1 bis 6 Mo- naten, arbeitsunfähig gewesen, dagegen 186 dauernd in ihrem Berufe erwerbs8unfähig geworden. Im Jahre 1880 wurden von 2428 Ver- leßten 2217 nur vorübergehend und 211 dauernd erwerbsunfähig. Beim Steinkohlenbergbau belief sih die Zahl der Verleßten mit vorübergehender Arbeitsunfähigkeit auf 1798 Mann, diejenige der dauernd Erwerbêunfähigen auf 157, zusammen 1955 Mann. Beim Braunkohlenbergbau wurden überhaupt 125 Mann beschädigt, und ¿war 111 vorübergehend arbeitsunfähig und 14 dauernd erwerbsunfähig. Beim Erzbergbau find 428 Mann vor- Übergehend arbeitsunfähig und 12 Mann dauernd erwerbsunfähig ge- worden, zusammen also 440 Mann. Bei der Gewinnung - sonstiger Mineralien endlich erhielten Verleßungen mit vorübergehender Ar- beitsunfähigkeit 25 Arbeiter, mit dauernder Erwerbsunfähigkeit 3 Ar- beiter, zusammen 28 Mann. Au hinsichtlih der Verunglückungen ohne tödtlicen Ausgang weist der Steinkohlenbergbau die ungürstigfste Ziffer auf, nämli 11,997 von Tausend, wogegen der Braunkohlen- bergbau nur 6,263, der Erzbergbau 6,287 und die Gewinnung son- \tiger Mineralien 3,551 von Tausend.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Im Verlage von E. S. Mittler u. Sohn, Königliche Hofbuch- handlung hierselbst, sind erschienen: R. de l’Homme deCourbière, (Geh. Kriegsrath) Grundzüge der Deutschen Militär- verwaltung. gr. 8%, 27 Bogen 8 A. Es fehlte bisher an einem Werke, welches das große und mächtige Gefüge der modernen Heeres8- verwaltung in kurzen und verständlichen Zügen Laien klarlegte. Ein solhes Handbuch, in dem Sinne etwa, wie der Vortrag auf der Königlichen Kriegs-Akademie die militärishe Disziplinen behandelt, bietet der in der Intendantur durch lange Dienstzeit erfahrene Ver- fasser. Er bezeihnet und carakterisirt alle einzelnen Zweige der Heeresverwaltung (die Verpflegung, Besoldung, Bewaffnung und Aus- rüstung des Heeres, seine Unterkunft, das Justiz- und Sanitätswesen, Tranêport- und Remontewesen); er betont je nad deren Zweck Und Ziel die Grundsäße, nach denen die erforderlichen Einrichtungen getroffen sind und die entsprebende Geschäftsbehandlung stattfindet; ja, er weist überall darauf hin, welche t v Entwickelung diese Institutionen durchlaufen haben, und welche Wandlung des Stand- punttes die fortscbreitende Gestaltung der modernen Heere in der

uffassung nach sich gezogen hat. Es ift offenbar daß ein folhes Werk nidt nur den Offizier über eine Menge ihm nächstliegender Interessen unterrichtet, ja, ihm für eine Reibe von Arbeiten und Aufträgen ein umfassenderes Verständniß, ein sichereres Eingreifen, ein besseres Wissen und Können verschafft, sondern daß cin so wichtiger Theil der Staatsverwaltung, in allgemein verständliher und die Grundsätze allenthalben hervor- hebender Behandlung dargestellt, ebensowohl auch in der wissen- s{aftlihen Welt und bei dem ganzen für das öffentliche Leben inter- essirten Publikum näher beachtet und gewürdigt werden wird.

Berlin, Moskau, St. Petersburg. 1649 bis 1763. Ein Beitrag zur Geschichte der freundschaftlichen L Nen zwischen Brandenburg-Preußen und Rußland von Dr. phil. Freiherrn B. v. Köhne. Berlin 18682, Preis 3 A Dies ist der Titel des \o- eben herausgegebenen XX. Heftes der sog. Oktav-Schriften des „Ver- eins für die Geschichte der Stadt Berlin“, welches dem Leser inter- essante Einzelheiten über die Umstände und die Art und Weise, wie die guten Beziehungen zwisben den Monarchen beider Reiche im Laufe von 114 Jahren gepflegt worden, darbietet. Der Verfasser, Chef der Heraldifk-Abtheilung des dirig. Senats in St. Petersburg, hat in den Archiven von Berlin, St. Petersburg und Moskau Alles gesammelt, was irgend für die Beziehungen beider Herrscherhäuser von Bedeutung ist. Von großem Interesse sind die vortrefflichen Holzschnitte, so ein Bild Peter des Großen nach dem Original im Berliner S{lofse, über dessea Ursprung noch immer jede uoectoae Nacbriht fehlt. Ein ausführlihes Sachregister erleichtert das Studium des Buches.

Roedlic, E. F. (Oberst-Lieut. a. D.), Das Leben des Generals Hieronymus Roedlich (1767—1833). Mit Porträt. gr. 8. 3,60 A Ein buntbewegtes und chrenreihes Soldatenleben aus der napetetthes Kriegêzeit \childert dieses Buch ; es bringt dur die nahen Beziehungen des Generals zu berühmten und leitenden Männern mancen Beitrag zur allgemeinen Seite und manchen Kingerzeig für Gescbichtsforsher. Roedlich kämpfte in österreichischen

iensten gegen die Türken und gegen Bonaparte (1788 —1790), dann in neapolitanischen Diensten gegen die Franzosen und unter Erzherzog Karl in Deuts{land und Jtalien. Er folgte 1806 der Anerbietung, in preußische Dienste zu treten, und nahm nun thätigen Antheil an der ereignißreichen fkriegerishen und diplomatischen Aktion Preußens bis zum Pariser Frieden.

Bernays, Guillaume, Scicksale des Großherzog- thums Franfkffurt und seiner Tru Don, Eine kultur- historisbe und militärishe Studie aus der Zeit des Rhcinbundes. Mit einer Karte von Spanien. gr. 8, K 10.—, Der zu Ant- werpen am 7. Januar d. J. ruchlos ermordete Advokat ays hatte in lebhafter Vorliebe für die neuere Geschichte unseres Vater- landes und dessen militärishe Institutionen si ENertRa Studien über die Rheinbundszeit gereDme. Er hatte zeigen wollen \{mählich unter der Jean sishen Fremdherrschaft das deutsche Wesen daniederlag und krankte; wie elend und ohne Dank damals he Truppen für fremden Ruhm in fernen Landen Blut und Leben mußten. Er wollte durch das Gegenbild dieser noch nit lange ver-

angenen Zeit unseren Stolz auf die Errungenschaft des neuen deut- sen Reiches und unsere Kraft aufrufen, diese theueren Besitthümer die Grundzüge von Deutsblands Ruhm und Größe, nicht wieder aus den Sa ber That ist Sts perigacter, ati Getcititiis É er ist nits geeigneter, unsern m h als die Erinnerung an die Zeit des Rheinbundes und cin sie ift sasers dat in verdindert, diesen Plan Um quer Uriel cat assers n verdindert, en Plan ganzen ange führen, und auch nur der Treue und den eigenen Bemü eines Freundes, des Rittmeisters Frhrn. von Ardcnne, ist es zu daß