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Herr von Sc:lings, der früher nie Intendant, sondern General- musud.reitor gewejen war, wurde nah der Revoiution gegen den 9Z.llen des Ministeriums vom Personal gewählt und dann vom Ptinisterium bestätigt. Jn dieser Tatsache lag von vornherein eine cewisse Belastung, zumal Herr von Schillings sih immer mehr als Wertreter des Personals gegenüber dem Ministerium fühlte (hört, bört! rechts), als daß er die cigentliche Intendantenaufgabe des Aus- gieihs der Staats- und Personalinteresjen energisch versuht hätte. Eine weitere Belastung war die Tatsache, daß er als ausübender Künstler in die Sphäre der Künstlerkonkurrenz gezogen wurde, und ene dritte endlih seine eheliche Verbindung mit der führenden Künstlerin. Die stärkste Belastung des Künstlerintendanten aber war seine Ungeeignetheit zu klarer Geschäftserledigung. Seine große gejellshaftlihe Gewandtheit und seine verbindlihen Formen haben auch mich lange in diesem Punkte irregeführt (hört, hört! rets), aber de Tatsachen haben mich eines besseren belehrt. Man kann gewiß e:nwenden, ein Künstler brauche kein Geschäftsmann zu sein; gew:ß nicht, aber dann soll er nicht Intendant werden, Warum ist aber denn de Regierung, wenn sie das erkannt hatte, zur Vertrags*- zrneuerung geschritten? Nun, die parlamentar;sche Verantwortung für diesen neuen Vertrag trage nicht ich, sondern mein Vorgänger; aver ih bekenne gern, daß ich die treibende Kraft war (hört, hört! rechts), weil ih der Meinung war, um den Namen und die Künstler- {aft von Schillings unserer Oper zu erhalten, müßten auch erhebliche Unzuträgl:chkeiten in der Geschäftsführung in Kauf cenommen werden. (Hört, hört! rechts.) Jch bedauere sehr die Ausführungen. die eben Herr Abgeordneter Buchhorn in diesem Zusammenhange gemacht hat, denn dann muß ich dech au sagen, daß Herr Boelih als damaliger Minister bereits entschlossen war, den Vertrag mit Herrn von Sch llings nicht zu erneuern (Unruhe und Zurufe rechts: Das stimmt n'cht! Da haben Ste sih wieder geirrt!), daß ihm bereits ein amt- liches Schre:beu in diesem Sinne zugegangen war, und daß ih nachher durch mein Eingre.fen verhindert habe, daß diese Absicht zur Aus- führung kam. (Fortgeseßte Unruhe und Zurufe rechts: Hört, hört! Da \{w.mmen Ste wieder gegen den Strom! — Glocke des Präsidenten.) Lille we!entlihen Berstöße gegen die Grundsäße der Verwaltung sind deuu auch erst nah der Erneuerung des Vertrages erfolgt. Die Reibungen mebrien sich. Schwerwiegende Bedenken gegen seine Geschästssührung wuzuden laut — ich denke an die Umstellung nach der Jnflation, an das Holland Gastspiel, an den Kemp-Ver- trag —, das Niveau auch der künstlerislen Leistung der Oper sank! nah dem allgemeinen Urteil der Presse, wobei natürlich einige-Spitenleistungen immer Anerkennung fanden. Die Kroll- over wurde durh passive Resistenz nicht zu dem gemacht, was möglih war, obwohl Herr von Schillings selbst einst für die An- glicder ing von Kroll eingetreten war. Alle diese Momente ließen es dem Ministerium notwendig erscheinen, Herrn von Schillings einen gejschästlich hervorragenden Fachmaun zur Seite zu stellen. Fch tat damit das, was mir wohlwollende Kritiker hinterher äls Unterlassung vorgeworsen haben. ZJch wollte den Künstler von den mechanischen Geichäften befreien,-um ihn für seine künstlerische Aufgabe und die allgemeine Kunstrepräsentation frei zu machen. &err von Scillings erklärte die Berufung eines zweiten JFnten- dan'en für einen unbedingten Konsliktsfall, den er beabsichtige mit allen rech:lihen und publizistishen Mitteln auszufechien. (Hört, hört! links und im Zentrum.) Troß verabredeter Ber- traulibfeit der Verbandlungen wußte er es nicht zu verhindern, daß seine Vertrauten die Angelegenheit in en!stellter Weise in der Nresse zur Sprache brachten. Der son damals unvermeidlich scheinende Krach wide von mir noÿ einmal abgebogen; ih verzihtete auf dic Einstellung einer neuen Kraft, mußte nuomeßr aber Herxcn von Scillings in einem amilichen Erlaß die alleinige Verantwortlichkeit für die Geschäfts- führung zuschieben Seit jener Zeit seyte eine bewußte Cogenarbeit gegey das Ministerium in der Oeffentlichkeit ein. Dabei wirt die beliebte polemishe Methode befolgt, de flare Meinung des Gegners mißzuverstehen und zum 2. idersinn umzubiogen und damit zu diskreditieren. Dieser Taktib- bediente sih Herr von Schillings dem Ministerium gegenüber wiederholt, insbesondere in der Angelegenheit, die dann ließlich zur Katastrophe führte.
Noch war alles rein intern. Aber schon appelliert Herr vou hillings an die Oeffentlichkeit. Als ihm seine bedenkliche allung vorgeworfen w'rd, antwortet er mit einem beleidigenden -ief und sorgt für desen Publizität. (Hört, hört! links.) Er ill aljo offenbar den Konflikt, und wirft nun in einer reinen vorwaltungsdifferenz, ber der er eklatant im Unrecht ist, die utorität seines Künstlertums in die Wagschale. So entfesselt er mit Hilfe der Oeffentlichkeit einen Machtkampf gegen den Minister boi gleichzeitiger Weigerung, zu gemeinsamer Arbeit zu kommen, bis er recht befommen habe.
Das Ministerium zieht neh immer nicht die Konsequenzen. Das Ministecium wendet sih auch niht an die Oeffentlichkeit; denn cinmal war es eine unmögliche Position für den Minister, si über reine Verwaltung®differenzen mit dem ihm unterstellten Jutendanten in der Oeffentlichkeit zu unterhalten, und zweitens sollien not nicht alle Schiffe verbrannt werden, da eine gütliche Lö'ung im FJunteresse des Staatsinstituts noch nicht aus» ge[hlossen sien. (Hört, hört! links.) Daß eine Lösung erfolgen mußte, stand aber nunmchr fest. Der beleidigende Brief wird nicht zum Aulaß einer Auflösung des Vertrages genommen, vielmehr als Verwaltungsbeschwerde behandelt umd ablehnend beschieden. Damit hatte der Minister, der in diesem Fall die legte Instanz. war, die Sache erledigt. Gleichzeitig erging ein Schreiben an Herrn von Schillings mit erneuter Aufforderung, endlich die wegen des Ab!chlusses des Staatshaushalts allmählich brennend ge- wordenen Fragen der Etatgestaltung zu besprechen. Man kann doch auch im Jnteresse der Sache weiter zusammenarbeiten, wenn man auch innerlich entschlossen ist, auseinanderzugehen. Da die no:wendige Lösung, wie ih an Ferrn von Schillings schrieb, in den denkbar ehrenvollsten Formen sich vollziehen sollte, bat ich ihn in cinem Privatbrief, der meine gonzen Bedenken gegen feine Ge’chäftsführung noch einmal zusammenfaßt, mich an einem bes stimmten Tage mit seinem Besuche zu beehren, um die Modalitäten der Lösung zu besprechen. Jh gedachte, ihm einen Vergleih vor- gzushlagen, nah dem er zum Ende der Spielzeit auf eigenen An- trag als Jutendant ausscheiden und eine Meisterklasse an der Akademie der Künste übernehmen sollte. Es ist das eine pensions- fähige Lebenéstellung, die höchste Ehrenstelle, die im Gedtet der Kunstverwaliung überhaupt verliehen werden tanu (hört, hört!
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links), wie sie unter anderen auch Pfipner innehat. Kann man diejes Borgeyen und dieje Absicht eine brutale Vergewaltigung
der Kunst dur die Bürokratie nennen? (Rufe links: Nein!) Wie *
reagierte nun Herr von Schillings auf diese Briefe? Statt zu den amilien Verhandlungen zu kommen, erfolgte eine shroffste Ab» lehnung, und auch seinen vorgeseßten Minister weigerte er sich aufzusuchen, da er niht mit ihm verhandeln könne, so lange er ihm das Vertrauen entzogen habe. (Hört, hört! links. — Rufe: Hat er recht! bei der Deutschvölkifchen Freiheitspartei.)
Damit stand die Masch:ne still. Herr von Scbillings hatte einen eflatanten Vertracsbruch begangen dadurch, daß er nicht nur die weitere Mitarbeit ablehnte, ja, fogar sich der Beratung über die Möglichkeit einer gütlihen Lösung vershloß. Bei diesex Sachlage fonnte ih nichts anderes tun, als den vollendeten Vertragsbruch zu fonstatieren und von den mir auf Gcund des Z§ 626 zu- stehenden Rechten Gebrauh zu machen. Nicht ih habe Herrn von Scbillings fristlos entlassen, sondern Herr von Schillings hakt sih außerhalb feines Vertrages gestellt und mich durch Anrufung einer von ihm einseitig orientierten Oeffentlichkeit unter der Parole: „Die Kunst ist in Gefahr!" — dazu zwincen wollen, {warz für weiß und Unrecht für Recht zu erklären.
Bei aller Liebe zur Kunst und bei allem Respekt vor dem Künstler von Schillings — das war unmöglih, Jch bedaure diefen Ausgang aufricbtig, dem ih habe bis zu einer für alle Welt un- verständlichen Grenze Zurückhaltung geübt, weil ich diesen Ausgang nicht wollte. Jch wußte, was ih dem Künstler s{uldig war und übersah die Folgen, aber Herr von Schillings, der offenbar fehr \{lecht beraten war, glaubte, mit Hilfe der Oeffentlichkeit den Minister zwingen zu können, ihm recht zu geben. So hat er mich in eine Situation hineinmanövriert, für die ihn allein die Schuld teifft. Jch hâtte leiht dur rechtzeitige Aufklärung der Oeffent- lichkeit eime ganz andere Position schaffen können Ich habe das mit Bewußtsein verschmäht, weil ih den Krach vermeiden wollte, weil ih, als Sch:llings längst die Oeffentlichkeit einseitig orientierte, immer noh hoffte, zu einer gütlihen Einigung zu kommen. Erst als Schillings in vollendeter Hybris jede Zufammenarbeit und Ber- ständigung verweigerte, zog ih die nunmebr unvermeidlichen Konse- quenzen.
Warum haben Sie, höre ih einwenden, den Jutendanten nicht beurlaubt oder suspendiert oder im zu Ende der Spielzeit gekündigt? Warum die brutale Form der fristlosen Entlassung?
Natürlich wäre auch ih lieber diesen Weg gegangen, aber er ist, wie leider in Laienkreisen nit bekannt, rehtlih unzulässig. Jeder Be- amte kann fuspendtert werden, und dann entscheidet das Di sziplinar- geriht. Bei Verträgen wie dem des Herrn von Schillings gcibt es nur die Entlassung, und die Enischeidung liegt bei den ordentlichen Gerichten. Auch ih empfand diese Rechtslage als unbequem. Mir scheint hier eine Lücke in der Geseßgebung vorzuliegen, aber ih war bei meinem Vorgehen an die Rechtslage gebunden.
Zu Schaden kommt dabei in erster Linie unser Kunstinstitut. (Hört, hört! rechts. -— Zuruf rechts: Also doch!) Aber ih frage Sie: Wen trifft daran die Sbuld? Den Minister, der alle nur erdenk- baren Wece in der Stille geht, um einen hervorragenden Küpvstler, der ein unfähiger Intendant ist, zu halten, zu stüßen und \chließlich sich ohne Lärm in Frieden von ihm zu trennen, wobei er sih wohl bewußt war, im Falle des Fehlschlagens seiner Reformversuche das ganze Odium tragen zu müssen — er tat es aber aus Nespett vor dem Künstler und aus dem Wunsch heraus, unserer Oper eine neue Krisis zu ersparen —, oder aber den Sntendanten, der — um recht zu behalten, nit in großen fünstlerishen Fragen, fondern in kleinen nebensählicben Verwältungéfragen, die er nicht zu meistern wußte — systematisch die Oeffentlichkeit gegen das Ministerium verhebt, s{hließ- lid die Mitarbeit verweigert und so einen öffentlichen Krah und damit die Schädigung des Jnstituts geradezu erzwingt? (Sehr richtig! links.)
Eine einseitig orientierte Deffentlichkeit hat auch in diesem Falle geglaubt, den Künstler gegen die Willkür der Bürokratie verteidigen zu müssen. Wo aber sollen wir hinkomen, wenn felbst die geistigen Fübrer der Nation, als Leiter künstlerischer oder wissenschaftlicher Fnstitute, so wenig Staatsgefühl besien, daß sie bei Verwaltungs- reibun die in dieser schweren Zeit unvermeidbar sind, sofort ihre ganze, nie bezweifelte ideelle, ja selbst internationale Stellung mit Hilfe einer unorientierten Oeffentlichkeit in die Wagschale werfen (lebhafte Zurufe bei der Deutschnationalen Volkspartei. — Glocke des Prästdenten) und so einen Machtkampf entfachen, der im Grunde ein Machtkampf gegen deu Staat ist (sehr richtig! links), dem es zurzeit, weiß Gott, {wer fällt, die materiellen Grundlagen für die ideelle Wirksamkeit diefer führenden Männer zu beschaffen.
Wir können unsere künstlerischen und wissenschaftlichen Fn- stitute — das sage ich mit allem Ernst und Nachdruck — in dieser Notzeit nux aufrechterhalten, wenn unsere geistigen Führer sich bewußt bleiben, daß die mit Mühe dem Finanzminister ab- gerungenen Mittel nur sparsam und vernünftig und dabei mög- lichst zweckentsprechend verwandt werden. (Sehr wahr! im Zen- trum und links.) Ohne Zusammenarbeit mit den für die Mittel verantwortlichen Staatsstellen geht es nun einmal nicht. Wer hier mit Künstlerhohmut si über die notwendige Ordnung hins- wegseut oder die in der Jnflationszeit eingerissenen Praktiken zu verewigen sucht, versündigt sih nicht nux am Staat, er versündigt sich auch an dev Kunst. (Sehr wahr! im Zentrum.) Wir trieben an der Staatsoper einem Chaos eutgegen; die finanziellen Kon- sequenzen der Amtsführung des bisherigen Fntendanten waren unübersehbar; seit Fahr und Tag hatte die Finanzverwaltung ge- warnt und auf Abstellung der Mißstände gedrungen. Es war mit Herrn von Schillings nicht mehr zu arbeiten; feine passive Ob- struktion wurde auf die Dauer selbst für den Kultusminister, der ihn als Künstler so gern gehalten hätte, unerträglich. So mußte Schluß gemacht werden.
Daÿ diejer Schluß aber so jäh erfolgte. und dadurch zu einer so tiefgehenden Erregung dèr Oeffentlichkeit führte, daran war in erster Linie die Haltung des Fntendanten huld, der sih jeder vernünftigen Regelung vershloß.
Bei dieser Sachlage muß ich auch gegenüber Anträgen, die aus dem Hause gestellt sind, mit Nachdruck erklären: Herr von Schillings kann niht wieder auf den Fntendantenposten zurück- kehren. (Sehr wahr! in der Mitte und links.) Für den gegen- wärtigen Minister ist diese Stellungnahme nach dem Aus3geführten wohl selbstverständlich; ich wage aber die Behauptung: Bei Lage der Akteu wird kein kommender Minister, und gehöre er auch den Parteien an, die jeßt solche Anträge gestellt haben, die Verant-
| wortung für eine Wiedereinsezung übernehmen können. Das eine
Gute Hat also jedenfalls diese Krise, daß endlih im. Betrieb unjerer Opernhäuser die Ordnung gergestellt werden kann, die für den Bestand unjerer Oper unerläßlih ift, die aber bei einer weiteren Geschäftsführung des Herrn von Schillings immer und immer wieder an feiner Person gescheitert wäre. (Sehr richtig! in der Mitte und links. — Zurufe rets.) Man glaube ja nicht, daß Herr von Schillings in einem privaten Unternehmen besser floriert hätte. Bei einem auf wirtschaftlichen Nuyen gestellten Unternehmen wäre er bestimmt niht sechs Jahre lang gehalten worden. Opern sind überall Zuschußanstalten. Es gibt kein staatliches oder städtishes Opernunternehmen, dessen Fntendant auch nur annähernd fo große Vollmachten besißt, wie die waren, über die Herr von Sthillings verfügte. Jn München und Wien müssen alle Künstlerverträge dem Minister zur Genehmigung vor- gelegi werden. Bis zum Kemp-Vertrag und dem gleichzeitigen Monitum der Oberrehnungskammer waren unsere Fntendaunten völlig frei. Das Ministerium wirft überhaupt nur mit bei der Berufung des Generalmusikdirektors.
Die Oeffentlichkeit hat — darin Herrn von Schillings folgend — viel an der ‘Organisation der Verwaltung der Fntendanz, ins- besondere an der Tätigkeit des Verwaltungsdirektors Winter aus- zuseven gehabt. Fch kann nur versichern, daß ohne die pflihttreue und sahkundige Tätigkeit Winters eine Katastrophe schon viel früher eingetreten wäre, Wir wollten Herrn Winter ursprünglich den Jntendauten unterstellen, Herr von Schillings wie Herr Jeßner haben das abgelehnt, ebenso einem mehrfachen Angebot des Ministers Haenish, Winter durch eine andere Persönlichkeit zu ergänzen, widersprochen. Die ernsteren Differenzen können also erst aus leßter Zeit stammen.
Fmmerhin bin auch ih der Meinung, daß ia der Oper nur einer Herr sein kann, und dieser eine muß der Fntèndant sein. Natürlich sind die überkommenen Verhältnisse niht ganz leiht zu ändern, zumal ja auch Herr Jeßner als gleichberehtigter Dritter zur Futendanz gehört und er — bei großer künstlerischer Leistung und “einwandfreier Geschäftsführung — reibungslos mit Winter zusammenarbeitet. Desha(b erfordert die Angelegenheit sorg- fältige Prüfung, die erst zum Abschluß gebraht werden konn, wenn die jeßt schr erregten Gemüter der Beteiligten si wieder etivas beruhigt haben werden. Kompliziert wird die Regelung an der Oper durch die notwendige künstlerische Zusammenarbeit des Fn- tendanten nicht nur mit dem Regisseur, wie beim Schauspiel, sondern auch mit dem Generalmusikdireftor. Dadurch sind die Reibungsflähen ungleih größer. Bisher steht für mich nur eines fest, daß der küuftige Futendant nicht gleichzeitig künstlerischer Konkurrent des Generalmusikdirektors sein darf. Der Opern- intendant muß — wie Max Reinhardt mir in diesen Tagen einmal so ganz meiner Ueberzeugung entsprechend ausführte — eiue Treppe höher wohnen. Jeder Erfolg eines Dirigenten oder Säugers oder Regisseurs seines Justituts muß sein Erfolg sein, er darf nicht — selbst niht einmal unbewußt oder in den Augen bösivilliger Kritiker — als persöulicher Konkurrent irgendeines seiner Kräfte erscheinen. Ex muß weiter als Künstler empfinden, wenn möglich auch Künstler sein, er muß aber gleichzeitig so viel Blick für die Verwaltung besigen, daß er — vielleiht mit etwas zu vereins fahendem Verwaltungsapparat und bewährten Hilfskrästen — unsere Staatsoper mit fester Hand anch durch die wirtschaftlichen Nöte der Gegenwart hindurchsteuert. Ein solher Mann wird ebeu- so reibungslos mit der Kunst- und der Finanzverwaltung zu- fammenarbeiten, wie es bei Herrn Feßner und den Futendanten in Wiesbaden und Cassel allezeit der Fall gewesen ist. —
Bei Behandlung des Falles Schillings in der Oeffentlichkeit hat mih s{chmerzlich berührt, mit welch persönlicher Schärfe einzelyue meiner Mitarbeiter behandelt worden sind. ES klang sogar manth- mal durch, als ob man mich persönlich shonen wollte, wenn man mich als unter dem Einfluß unverantwortlicher Ratgeber stehend, ja gleichsam als ihr Werkzeug hinstellte. “Wer so urteilt, mag — wofür ich dankbar bin — mir persönli wohlgesinnt sein und konnte sich deshalb kaum porstellen, daß ein relativ vernünftiger und doch nicht gerade kunstfremder Mensh wie ih eine solche Un- begreiflihkeit beging, als welche die Entlassung des Herrn von Schillings erschien. Nach Darlegung des Sachverhalts wird man die Entlassung wohl niht mehr für so unbegreiflich halten, und man braucht zu ihrer Erklärung wirklih nicht eine Herrn von Schillings feindlihe Clique îm Kultusministerium voraus- zuseven.
Tatsäclich ist denn auch die Lösung in vollem Einvernehmen der beteiligten Herren erfolgt, und meine Berater waren nicht nur linksstehende Referenten der neuen Zeit, sondern auch bewährte Beamte der alten Zeit, sahkundige und erprobte Jurisien, nicht nur aus meiner, sondern auch aus der Finanzverwaltung, und fie alle waren mit dem Herrn Finanzminister und mir der Meinung, daß uns s{ließlich gar kein anderer Weg als der beshritiene übrig blieb. (Hört, hört! bei den Deutshen Demokraten, bei der Sozial- demokratishen Partei und im Zentrum.) Auch kann ih nur sagen, daß derjenige die Dynamik im Kultusministierium wirklich nicht kennt, der meint, ih ließe mih durch meine Referenten in eine solche Angelegenheit hineinreiten. Hineingeritten hat uns alle Herr von Schillings — über ihn hatte ih keine Machtbefugnis — aber meine Referenten habe ih wirklich in der Hand. (Zurufe rechts.) Allerdings halte ich es für den obersten Verivaltungs- grundsav, daß man den Referenten dur möglichst weitgehende Gewährung von Selbständigkeit, wenn sie die Leute danach sind, die Arbeitsfreudigkeit erhalte. Aber die allgemeine Linie der Kulturpolitik bestimme ih, wobei ih mich natürlich gern vom Sach- verstand der Referenten beeinflussen lasse.
(Fortseßung in der Ersten Beilage.)
Verantwortlicher Schriftleiter: Direktor Dr Tyrol Gharlottenburg. Verantwortlich für den Anzeigenteil: Rechnungsdirektor Mengering in Berlin.
Verlag der Geschäftsstelle (Mengering) in Berlin. Druck der Norddeutschen Bucbdruckerei und Verlagsanstalt Berlin Wilhelmstr 32 Vier Beilagen (einshließlich Börjenbeilage.) und Crjie bis Dritte Zeuiral-Handelsregister-Beilage.
Nr. 294. _
(Fortsezung aus dem Hauptblatt.)
Nun haben die beteiligten Herren so vorzügliche Arbeit ge- leistet, und dies hohe Haus hat gerade die Arbeit dieser Referenten jahraus, jahreiu immer wieder anèrfannt, ja den jeweiligen Minister immer néu dazu aufgefordert, ihnen Mintsterialrats- stellen zu verleihen, daß ih wirklich glauben konnte, mit Leuten zus sammenzuarheiten, die vom öffentlichen Vertrauen getragen waren. Zur Beruhigung der Opposition und in Anbetracht des völkfishen Antrags darf ih in Parenthese bemerkten, daß troy der Landtagsbeschlüsse verfügbare Ministerialratsstellen nicht zur Vero fügung stehen, durch die Resolution zum Etat 1925 auch nicht geo schaffen werden können und auch für den bereits abgeschlossenen Etat 1926 nicht vorgesehen sind, da dieser Etat neue Beamtenstellen überhaupt nicht vorsieht. HZusammenfassend darf ih also sagen: Für die Entlassung des Herrn von Schillings trage ih niht nur die formelle parlamentarische Verantwortung, sondern ih trage sie auch sachlich, da ih die Angelegenheit von Schillings — gerade wegen meiner Verehrung für den Künstler — seit Fahren persön- li verfolge und nichts Amtliches in dieser Sache ohne meine Er- mächtigung geschehen ist. bekannt, aber sie lagen in der Sache und in der Geschäftsführung. des Intendanten. Troß eifriger Bemühungen ist es mir nie ge- lungen, meine Referenten belastendes Material vorgelegt zu be- kommen. Man. kann von mir nicht erwarten, daß ih Referenten, an deren Integrität ich nie zu zweifeln Gelegenheit hatte, und denen der Landtag wioderholt seine Anerkennung ausgesprochen hat, auf Grund einer im Augenblick vielleicht überschäßten Unbeliebtheit aus ihrer Stellung entferne. Auchch mein Herr Vorgänger, der diese Herren ebenjo vorgefunden hat wie ih, hat offenbar keinen Anlcß gehabt, eine Aénderung in ‘ihrer Stellung eintreten zu lassen. (Hört, hört?)
Beim Studium -dex öffentlichen Meinung und in eingehenden Gesyrächen mit ‘vielen Sachverständigen, unter denen ih die Präsidenten der Bühnengenossenschaft mit besonderer Dankbarkeit erivähue, ist mix allerdings klar geworden, daß die beteiligten Referenten der Oeffentlichkeit gegenüber als Exponenten gewisser organisatoxisher und kunstpolitischer Entwicklungen erscheinen und daß sie für manches persönli verantwortlih gemacht werden, was im Grunde genommen zeitgeshichtlich bedingt ist, wobei © gewisse Jmponderabilien als mitschwingend in Rechnung gestellt werden müssen.
Durch die Uebernahme der Hoftheater in staatliche Ver- waltung ist der Staat zum ersten Male auf dem Gebiete des Theaters nicht nux neutrale Kunstbehörde, sondern auch Arbeits geber geworden und damit hineingezogen worden in die großen Lohnkämpfe der Gegenwart und in den Gegensaß zwischen Arbeit- gever und Arbeitnehmer. Nach der Revolution hielt man es des- Halb für. besondèrs: - zwedmäßig, tien Vertrauensmann der Bühnengenossenschaft}" der ¿uständigen Gewerkschaft, mit der Führung des Reférats zu betrauen, was: 'auch schon dadurch not- vendig war, weil theatersahverständige Juristen unter den alten Verwaltungsbeamten nicht existierten, “Der Vertrauensmann der Angestellten entwickelte sich nun im Laufe der Jahre, je mehr er die finanzielle: Nöte: des Staates kennen lernte, zum Vertreter des Staatsinteresses, und alle seine Bemühungen, auh in der Staats- veriyaltung die Juteressen des künstlerischen Personals zu ver- treten, fonnten die unvermeidlihe Entwicklung nicht aufhalten, daß ex von seinen früheren Freunden als Renegat empfunden wurde. Nun ist dex soziologishe Aufbau der Theaterwelt äußerst kompliziert: - Bühnengenossenschaft. und Bühnenverein, Verbaud gemeinnüßiger Theater und Verband Berliner Theaterdirektoren, Volksbühne und“ Bühnenuvolksbund, - Londesbühnenorganisation usw. usw. Dazu kommen. die Tárifausschüsse, die Konzessionierungs- stellen und andere Organisationen. Es s{heint mir, daß aus dem Bestreben dec Vereinfachung Heraus in diesen Organisationen die Personalunion ‘etwas weit getrieben worden ist, daß dadurch Machtkomplexe geschaffen wurden, die der Gegenseite niht mehr exträglih erschienen, und gerade durch die Maßnahmen Reibungen entstanden, durch die man den Reibungen hatte vorbauen wollen. Die Dinge liegen zu kompliziert, um sie hier vertiefen zu können. Fch bin überzeugt, daß ein sorgfältiges Studium dieser Ver» hältnisse zu gewissen Reformeu führen wird. Dabei wird Sorge gzu tragen sein, daß der zuständige Theaterreferent des Ministe- xiums untex allen. Umständen nicht nur der neutrale Staats- vertreter der Arbeitnehmer- und Arbeitgeberinteressen i st , sondern auch in der Oeffentlichkeit als solher er scheint und gilt. (Sehr gut! im Zentrum.) :
Erklärt sih ein großer Teil der Erregung der Oeffentlichkeit im Falle Shillings aus einem aufgespeicherten Mißtrauen gegen die Theaterpolitik des Ministeriums auf Grund der geschilderten organisatorischen Verhältnisse, so war ein zweiter Grund des Mißtrauens gewissec künstlerischer und musikkritisher Kreise gegen die Musikpolitik des Ministeriums überhaupt. Gewiß existiert hier cine Spannung, und ih glaube, daß es nur zur Beruhigung dienen kann, wenn man diese Tendenzen in ihrer Gegensäßlichkeit offen charakterisiert.
Die konsequente Kunstpolitik des Ministeriums auf musika- {ishem Gebiet war seit der Revolution, einmal Deutschland seinen Rang als erstes Musikfland der ganzen Welt zurückzuerobern resp. zu crhalten. Zweitens aber — und das ist der entscheidende Punkt .— haben wix die Musik bewußt und mit Nachdruck in den Dienst der Volkserziehung gestellt. Unferer rationalisierten Kultur sollten damit neue seelishe Werte im antiken Sinne zugeführt werden. Auf die Parallele mit den bildenden Künsten verzichte ih in diejem Zusammenhang. Nicht nur bekam die Musik im Leben unserer Schulen eine ganz andere Stellung als vor dem Kriege, nicht nur erhielten unsere Musikhohschulen eine neue Organisation und personelle Bereicherung, sondern auch der Privatmusikunterricht rourde auf eine lang angestrebte neue Basis gestellt, unsere musik- studierend Jugend vor Ausbeutung geschübt, ferner der Chor»
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um Deutschen Reichs
Daß Reibungen bestanden, war mir
Erste Beilage auzeiger und Preußischen Staats
Berlin, Mittwoch, den 16. Dezember
gesang, das Orchesterwesén gefördert, ja s{ließlich au die Musik- und Theaterkunst in den Dienst der Erwachsenenbildung gestellt, die Besucherorganisationen gefördert, und zwar auf durchaus paritätischer Basis, das Krollunternehmen angegliedert, die Landes- bühnenorganisation geschaffen. Durch diese ganze Politik geht ein einheitliher Gedanke, es ist der einex im höchsten Sinne pädagogischen Einstellung zur Kunst, nicht als ob die Kunst geschulmeistert werden sollte, sondern die Kunst wird als eine der höchsten und bedeutungsvollsten Elemente zur Begrüudung einer echten Volksbildung gewertet.
Schichten. Man hat das wohl au die Sozialisierung der Kunst genannt. Demgegenüber steht der rein l'art pour l’'art-Stand- punkt, den man im Gegensaß zum pädagogischen den artistischen nennen kann. Für ihn ist die Kunst doch in leßter Linie eine
essentenkreis, man kann sagen, einer Art von Zunft zusammen, diè ihre Juteressen wahrt und wahren muß. Experimente wie Kroll scheinen ihr verhängnisvoll, sie sehen . das Niveau der
Ministerium nicht nur die technisch und historisch überlieferte Musik von Bedeutung ist, sondern die Musikalität als lebender seelisher Ausdruck, daß das Ministerium deshalb alle die oft dilettantischen, aber shöpferischen Kräfte fördern muß, die z. B. aus der Jugendbewegung kommen, ivie die Laienspicle, die musi- kalishen Spielgemeinden, . Bewegungen, wie sie im Jöde-Kreis und in den Volksmusikschulen lebendig geworden sind. All das hat mit Artistentum nicht das mindeste zu tun, wird aber gerade in diesen Kreisen nicht für voll genommen, und doch rühren sich hier künstlerische Kräfte unserer Volksseele, die kein zukunfts- bewußtes Ministerium unbeachtet lassen darf, so sehx es den historischen Kräften des reinen Künstlertums um dét Kunst willen Achtung, ja Verehrung entgegenbringt. Aber hier liegen zweifellos zeitgeshihtlihe Spannungen, die übex den Willen eines cinzelnen Referenten hinausgehen, ihn aber als Exponenten dieser Spannung bei den Beteiligten leicht in Mißkredit bringen können.
Liegen so in der großen Beunruhigung, die änßerlicch durch den Fall Schillings ausgelöst wurde, tiefe Gegensäze unserer Entwicklung, so wird man gerechterweise nicht einzelne, nicht einmal den Minister dafür vérantwortlich machen können. Nimmt man. dazu die allgemeine Abneigung gegen den § 626, der als Damoklesshwert über jedem Angéstellten hängt und der durch das Reichsgerichtsurteil vom 27. Oktober 1925 gerade eine besondere Aktualität besaß, bedenkt man auch den historischen Gegensaß zwischen der gesicherten Lage dér Beamten und der prekären Situation der Angestellten und {ließli die große herz- bewegeude Not unserer gesamten Künstlerschaft, so wird man, ganz: „abgéschen von * der tiefgehenden Wesenusverschiedenheit zwischen "künstlerisher und beamtenmäßiger '‘Lebensbetrahtuug, wohl begreifen, daß viele Wasser zusammengeflossen sind, um den Strom öffentliher Erregung ‘zu erklären, dessen Zeuge wir
nah Meinung der Regierung seiner Aufgabe nicht gewachjenenu Künstlerintendanten. ;
Nüm wird es auch klar, wenu ih eingangs sagte, das Pro- blem der staatlichen Kunstpflege überhaupt siehe zur Debatte.
Die mannigfachen Krisen innerhalb der preußischen Kunst- verwaltung (Bode-, Liebermaun=, Schillings-Krisen) und der Widerhall, den sie tn der Oeffentlichkeit zu finden pflegen, legen dié Frage nahe, wo eigentlich die leßten Gründe für - diefe anscheinend mit einer gewissen Notwendigkeit und Regelmäßig- keit sih ergebenden Spannungsverhältnisse zwischen Ministerium und führenden Einzelpersönlichkeiten der Kunstwelt zu suchen seien. Sie hängen zusammen mit dem durch die Staatsumwälzung eingetretenen Systemwechsel innerhalb der Kunstverwaltung. Genauer gesagt: die Krisen sind die Folgen eines Fehlers in diesem neuen Verwaltungssysteu.
Die Kunstverwaltung vor der Staatsumwälzung beruhte im wesentlichen auf dem Gleichgewicht zwischen zwei Potenzen: den großen Fachautoritäten außerhalb des Ministeriums, den Praktikern der Verwaltung innerhalb des Ministeriums, Die Verwaltungstechniker in erster Linie und in den führenden Stellungen Furisten, die sich gegebenenfalls einiger fachlih - geshulter Hilfskräfte bedienten, sorgten für reibungs- lose Arbeit der Verwaltungsmaschine und für die Wahrung eines Vertrausverhältuisses zu den Autoritäten,
Die großen Fachleute aber stüßten sich auf den Autoritäts- glauben der Oeffentlichkeit, sie wurden getragen vom Vertrauen der Krone, bei der z. B. die Generaldirektoren unmittelbaren Vortrag hatten. Sie sahen im Ministerium in erster Linie dic Staatsgewalt, die ihren fachlihen Plänen zur Durchführung verhalf, in zweiter Linie eine vorgeseßte Behörde in Angelegen- heiten rein verwaltungsmäßiger Natur. JFdeenkonflikte konnten gar uicht auftreten, da cine eigentliche Kunstpolitik im Sinne der oben dargelegten Ziele vom Ministerium gar nicht gemacht wurde. Dies alles wandelte sich von Grund aus mit der Staats- umwälzung.
Die Krone als unverrückbarer Pol bei wechselnden Minister- ersheinungen, als mächtige Hilfe, als Vertrauen- und Gunst- spenderin ist dahin. Diese Funktion der Krone kanu weder das Parlament noch das Staatsministerium übernehnmien.
Dazu kommt die entscheidende Verschiebung, die sich im Ver- folge der neuen ZFdeen über Staatsverwaltung zwischen Technikercn der Verwaltung und Sachbearbeitern innerhalb des Ministeriums selbst vollzog, Sachbearbeitern wurde ein gegen früher bedeutend erweitertes Maß an Veranwortung überlassen, Willensbildung und sachliche HZielsepung wurden von ihnen erwartet, und wie
früher der sachlich geschulte Hilssarbeitex dein Juristen, so sollten
Wohlverstanden einer Bildung des gesamten Volkes, aller seiner |
anzeiger 1925
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nun Juristen den Sachverständigen im Minisierium gewisss Hilfsstellungen geben.
Draußen aber verblieben nah wie vor, freilich ohne den Shuß der Krone — wohl auch bei dem allgemein shwindenden Autoritäts- gefühl nicht mehr unbestritten — die großén Fachleute in den leitenden Stellungen: Präsidenten, Generaldireltoren, JFuten4 danten usw, Diese Künstler und Gelehrten, zum Teil von Weltruf, konnten unmöglich in den neuberufenen Sachbearbeitern des Ministers gleichberechtigte Potenzen erblicken. *Jhr Wille mußte mit den Jdeen der Ministerialbeamten zusammenstoßen, da der genauen Fach- und Betriebskenntnis der Autoritäten die program4 matische Absicht und die ausführende Gewalt, zunächst aher auch
esoterishe Angelegenheit der wenigen wirklich leuthin Sachver» ;
ständigen. Dieser Kreis ließt sih nun wieder zu einem JFuter- | : n | wu Gehemmtseins in planmäßiger Reformarbeit durch unbelehrbarsE
j f
eine lückenhafte Einsichtzin die Dinge selbst bei den Vertretern des
| Ministers gegenüberstand.
Draußen entstand das Gefühl der Unterdrückung und Ver4 gewaltigung der Fachleute mit bürokratishen Mitteln zugunsten a
nfehtbarer Ziele, drinnen im Ministerium wuchs das Gefühl des
und {wer zu bändigende Autoritäten. Das ist der Boden, aus
dem die Krisen wachsen und auf dem die Konflikte gedeihen.
Staatsoper bedroht' und sie verstehen vor allem nicht, daß dem |
Es ist hiex nicht die Gelegenheit, die möglichen Lösungsformeit zu erörtern. Aber eins ist gewiß: der zurzeit bestehende Kompromiß zwischen dem alten und dem neuen System ist auf die Dauer unhaltbax und unerträglih. Solange er besteht, werden auch die
| allen Beteiligten unerwünschten, die Kunst schädigenden, die Autork4 | tät der Staatsregierung shwer belastenden Krisen nicht aufhören,
| (Dauernde Unruhe rechts. — Glocke des Präsidenten.)
Meine Damen und Herren, ih habe Jhnen hier die ganze
| Problematik des Falles Schillings enthüllt, so wie ih sie sehe. Da
gibt es kein Versteckenspiel, wir müssen dem Ecnst der Sache ins Gesicht schauen. Allerdings vermisse ich diesen Ernst bei den Herren, die sih hiex unterhalten, anstatt zuzuhören. (Sehr gut! links.) J sehe diese Entwicklung seit langem. Aber es ist unmöglich, alle-' Reformen gleichzeitig zu beginnen. Wir brauchen Ruhe, aber wir
| brauchen eine feste Hand. Wenn Sie mir Jhr Vertrauen weiterhin
| schenken, bin ih bereit, den als notwendig erkannten Umbau unserer ! Kunstverwaltung durchzuführen. Wir werden im Hauptausschuß | noch oft Gelegenheit haben, diese Fragen zu besprechen. Vor allem aber bitte ih die Künstlerschaft draußen, die den | haxten Notwendigkeiten der Staatsverwaltung oft so verständnislos gegenübersteht, zu glauben, daß die Beamten der preußischen Kunst« | verwaltung ihre ganze Kraft ‘einseyen, ihnen zu helfen. Gewiß, | Kunst muß sein, aber auch Verwaltung muß sein. Wenn keine | Kunstverwaltung wäre, kämen die Interessen der Künstler vollends. | unter die Räder. (Sehr wahr! im Zentrum.) Wer ist es denn zum Beispiel gewesen, der sih für die Kunstinteressen eingeseht hat bet der großen Steuergesegebung des Reiches, bei der Luxus- und Verguügungssteuer, Umsaß- uud Vermögenssteuer und anderen Maßnahmen des Reiches? Da hat weder das Reichsministeriunt des JFunern geholfen, noch der Reichékunstwart, der Kampf ist allein aufgenommen worden von der Preußischen Kunstverwakltung (hört, | hört! links), und was den. Finanzressorts, was der unerbittlichen: bürokratishen Staatsnmaschine abgerungen wurde — und es ist sehr
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sind. Man- wird aber wohl auch billigerweise zugeben müssen, | Erhebliches —, dankt die Künstlerschaft ausshließzlich meinem
daß es sih hier um mehr handelt, als um die Entlassung eines
| Ressort. (Bravo! links.) Es ist uns auch nah schr heißen Kämpfen | \{chließlich gelungen, den Herrn Finanzminister zu bewegèn, „eine ¡ halbe Million füc eine zu begründende Darlehnskasse der Künstler- | haft bercitzustellen (bravo! links), von den zahlreichen Erfolgen zw | schweigen, die wir für Kunst und Künstlerschaft noch sonst in diesen ! Sahren errungen haben, und die mehr als allès anderè die Nota wendigkeit einer staatlichen Kunstpflege beweisen. Jch sage das mit einem gewissen Stolz, weil es gerade die gleichen Beamten sind, die jeßt so schwer angegriffen werden.
Dahinter aber steht s{chließlih das große Problem einer staats lichen Kulturpolitik, in der die Kunstpolitik nur ein Glied ist. Jst heutzutage eine bewußte Kultur- und Kunstpolitik für den Staat noch möglich? Ft alle Wirksamkeit vielleiht doch nichts ccknderes als die Auswirkung eines Parallelogramms der Kräfte? Wer an die deutshe Zukunft glaubt und an die kulturele Daseinsberechti4 gung der deutschen Republik, wird diese Dinge nie dem Y ufall liber-« lassen dürfen (bravo! links), sondern, bei aller demütigen Anerkennung des Gottesgnadeutums jeder echten Kultur, jedo wahren Kunst, doh deu Versu machen, dur eine bewußte, wohl4 bedachte Kulturpolitik dem frei wachsenden Geist Licht und Luft, Heim und Wirkung zu schaffen, und damit Staat und Kultur auch im komplizierten Gebilde des modernen Volksstaates zm Segen unseres Volkes zusammenzuhalten. (Lebhafter Beifall links. -— Zischen rets.) »
109. Sizung am 15. Dezember 1925, Vormittags 11 Uhr. (Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscer Zeitungsverleger “),)
Die dritte Beratung des Haushalts wird beim „Fustizhaushalt“ fortgeseßt. i
Zunächst berichtet Abgeordneter G 0 bel (Zentr.) über die Ausshußberatung zu der Verordnung über die Gewährun g von Straffreiheit in Preußen, deren Genehmis gung der Ausschuß empfiehlt.
Ahg. O b u ch (Komm.) erstattet den Bericbt über die Beratung des Recktsaus\c&usses zu dem sozialdemokratisen Antrag, der sich acaen die Fememorde richtet, und weist darauf hin, daß si zurzeik 98 Personen wegen solcher Morde in Untersuchungshaft befänden, darunter 18 Offiziere und Fähnrite. (Lebhaftes Hört! hört! bet den Kommunisten.) Verpflichtungserklärungen würden aefordert und unterschrieben, wonah den Führern bestimmter Vereine unbedingter Gehorsam und Treue bis in den Tod versprochen werde ‘und weiter. anerkannt werde, dak Verrat na altaermanischem Rechte, also mif dem Tode, zu_ bestrafen sei. In Frankfurt, Oder, habe von Mika qliedern des Stablbelms ein Rechtsanwalt Landau bestimmte War- nungen erhalten Er wolle allerdings nit den Stahlhelm allaemein bierfür verantwortlich maden. (Als der Abgeordnete Wulle I den Saa! betritt, wird er von den Kommunisten mit dem Zuru „Mordbube" empfanaecn. Der Präsident erteilt einen Ordnungsruf.) Festaestellt sei. daß republikaniscke Behörden Hand in Hand mit den Fememördern arbeiteten.
*) Mit Ausnahme der durch Sperrdruck bervorgebobenen Reden
der Herren Minister, die im Wortlaute wiedergegeben sind,