1903 / 250 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 23 Oct 1903 18:00:01 GMT) scan diff

Ministerium der geistlihen, Unterrihts- und Medizinalangelegenheiten.

Am Schuilehrerseminar zu Frankenberg sind der Rektor an der höheren Bürgerschule zu Delißsh Dr. phil. Wegner und der Mittelshullehrer Scholz zu Einbeck als ordentliche Seminarlehrer angestellt worden. :

Ministerium für Handel und Gewerbe.

Bei dem Berggewerbegeriht zu Dortmund sind der Berg- hauptmann Baur zu Dorimund zum Vorsißenden und die Bergmeister Frick zu Essen und Wilke zu Gelsenkirchen zu Stellvertretern des Vorsißenden ernannt, sowie der Berg- meister Frick zugleich mit dem Vorsiß der Kammer West- Essen und der Bergmeister Wilke zugleih mit dem Vorstß der Kammer Gelsenkirchen des Gerichts betraut worden.

Abgereist:

Seine Exzellenz der Staats- und Justizminister Dr. Schön- stedt, mit Urlaub bis zum 29. d. M. nach Pommern.

Nichtamtliches. Deutsches Reid. Preußen. Berlin, 23. Dktober.

Jn der am 22, Oktober unter dem Vorsiß des Staats--

ministers, Staatssekretärs des Junern Dr. Grafen von Posa dowsky - Wehner abgehaltenen Plenarsißung des Bundesrats wurde die Vorlage, betreffend den Entwurf von Vorschriften über den Befähigungsnachweis und die Prüfung der Seeschiffer und Seesieuerleute auf deutschen Kauffahrtei- schiffen, sowie die Vorlage, betreffend die Uebersicht der Aus- gaben und Einnahmen der L-ndesverwaltung von Elsaß- Lothringen für das Rechnungsjahr 1902, den zuständigen Ausschüssen überwiesen. Außerdem wurde über mehrere Ein- gaben Beschluß gefaßt.

Der kommandierende General des IX. Armeekorps, General der Kavallerie von Massow, ist mit der Vertretung des erkrankten Präsidenten des Reichsmilitärgerihts, G-nerals der Infanterie Freiherrn von Gemmingen Allerhöchst beauftragt worden.

Der Kaiserlihe Botschafter in Washington Freiherr Speck von Siternburg hat einen ihm Allerhöchst be- willigten kurzen Urlaub angetreten. Während seiner Ab- wesenheit werden die Geschäfte der Kaiserlichen Botschaft von dem Ersten Sekretär, Legationsrat Freiherrn von dem Bussche-Haddenhausen geführt.

Der Bevollmächtigte zum Bundesrat, Großherzoglich mecklenburgische Oberzolldirektor Kunkel ist hier angekommen.

Laut Meldung des „W. T. B.“ ist S. M.S. „Jaguar“ am 19. Oktober in Masampho (Korea) eingetroffen, am 21. Oktober von dort nach Fusan (Korea) gegangen ‘und verläßt Fusan heute wieder.

Vayern.

Jn der gestrigen Sißung der Kammer der Abge ordneten hielt der Ministerprasident Freiherr von P odewils eine Rede, in der er das Programm widckelte. Nach der „Allg. Ztg.“ Wortlaut:

Meine Herren! Jn all den Ne Mittroch, angefangen von der Wede 6 Aba. Schâdler, des Wagner bis zur Rede des Abg. Pichler, gel haben, ift mir Thema vorwea in die Augen geiprungen, da | serer Be- ziebungen zum Neiche und deren Betätigong în den einzelnen Fällen, ein Thema, variiert nach mannigtacher 2 nd nach mannigfachen Richtungen. Ich glaube, diesen Anregun geben, nit jede Anfrage îm lontern vielmehr diese proarammatis{ flärunga darüber, wie welches in dieter meine 2 i flärung über das Verdältnis Baverns zum Reich, ih gebe sie sebr gera und mit um so arôßerer Befriedigun als das, was fi unsrerseits Verdienftvolles în sich s{lickt, guten Teile ai langjährige ac n des Ma j zurüd'allt, der vor mir an dicier telle actiarden vnd von 1dr aus so ott seine klaiid Bered!amkei den Vienit i de genellt dat. (Beifc bei ten Liberalen 26 Verbältnis Bayerns zum Reich Verbäl!tnis Bat Y en vnu en anteren Buntetftaaten i ein s üßen und wünscden können 6 aludckliherweise lo l das is ur betâtigten Ec- fenutn jener Momente, die die egeof leit des Vertrauens und der Soyr ibrleisten n denen das Ganze t Unverbrütblite Trei und das engere Baleriand, C ; u Kie wie es von deo groken Parteien tes Lande und erfi en jüngiten Zeiten wieter in gewissermaßen programmatiihem Ueberein- stimw en ber !as i es fot Ê täntlihe SEruntforte- rungen, dak id ber fai L u sag weige denn mi darod in cine große rhetoriihe Pose zu werfen brave Und eben- so üderflöisig crs@irt mir alles Diékutieren darüber, in welcher ae eiwa jene beiten Forderungen zueinander zu lehen baben

reve, loyale Pflichterfüllung gegen das Reich und treue, lovale Pilicht- erfüllunga gegea die engere Heimat, das gebt so sebr Hand in Hand, so sebr in cinem. daf alles Tun, alles vllihtacmáke Genügen und Verdienen nad der einen ichtung ein Verdienen zwaleih nah der anderen dedeutet. daß jedes Fedblenlafssen hier wiederum zuualcid als iduldvellces Scbâdigen dort ih emrfindlam machen würde In vollem Bewußthalten unserer Seibstverantwortung können wir unsere Aufsgade, wie dies sckchon oft betont worden inl, nun und nimmermehr in einer unfruhibaren Passivität oder gar Berveinung sucben, sondern nur in jener sich nicht verl(lichenden aftiven Mitarbeit, die unter voller Wahrung ter verfassungtmäkigen Stellung Bayerns setrer Rechte und seiner Intere fien bereitwillig uberall mit einschl und mitwirki, wo es gilt, die nationale Ehre zu wahren,

der Regierung ent hatie die Rede folgenden

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gen nicht im einzelnen nah

F einzelnen beantworten zu sollen

3 ¿4 T T . J Î ÿ t - T nTTaatt m Cin il i CIneT gewinne n Erklärung zusammenfaßen zu follen

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in ein zur Zeit unfer Verhôltnis zum MNeiche ift Beziebung 1e aen mt (f r

und das

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die Macht, das Ansehen und die Wohlfahrt des Reiches zu fördern. (Bravo! links.) Und wie das Verhältnis der Bundesstaaten seiner Natur nach auf weselseitiger Verträglihkeit und ründet ist, so betätigen wir diese Mitarbeit im. Wege freund- chaftliher F sand anns und Ueberzeugung, was den real- politishen Egoismus nicht auss{ließt, aber doch nur so weit zuläßt, als nicht von einer solchen Politik als realstes Ergebnis die Vereinsamung erübrigen würde, ein entgegen- fommendes Zusammenhelfen an der Arbeit, das freilih da und dort einmal auch ein Absehen von dem nähst Erwünschten bedingt, wo ein Wichtigeres in Frage fee oder das Interesse an der Erhaltung des guten Einvernehmens solches erheischt. Je aktiver diese unsere Mit- arbeit im Bundesrat ist, je sdiegener und wirkungsvoller und einfluß- reicher wir fie zu mahen wissen, um fo besser, um fo angesehener wird auch im Bereiche des ihr verfassungs8gemäß zugewiesenen Rahmens unsere Stellung im ele ih gestalten, zu der Bedeutung, wie es tatsächlich der Fall ist, niht zuleßt dank den vorzüglichen Kräften, denen bisher in den verschiedenen Ressorts die Vertretung Bayerns im Bundesrate anvertraut war, und denen das darf iy ‘hier, ohne Selbstüberhebung sagen ein autoritäres Ansehen allgemein zuerkannt wird. Es ilt mir eine Ehre und besondere Freude, und ich bin Ihrer aller Zustimmung dabei sicher, wenn ih diesen Männern, unserem ersten stimmführenden Vertreter in Berlin, der seit mehr denn 20 Jahren in nie ermüdender Pflichterfüllung seines verantwortungévgllen Amtes mit stets gedeihlihstem Erfolge im Sinne des gegenseitigen guten Einvernehmens waltet, und seinen nit minder verdienstvollen Mitarbeitern von dieser Stelle aus diese hochauszeihnende Anerkennung aus\preche. Und je höher auf diesem Wege unser Ansehen im Reiche wird und wächst, ebenso erscheint und wähst im gleidßen Maße unser Ansehen im Auslande, unsere Stellung diesem gegenüber und damit die Stellung Bayerns an sich. Mit dieser Arbeit geht zu Hause einher das Sorgen und fördernde Walten für das Wohl und das Gedeihen des eigenen Heims, für seine Wirtschaft, für seine Wissenschaft, seine Kunst, seinen Gewerbefleiß, seine Industrie, seine Landwirtschaft, kurz für seine fortshreitende Ent- wicklung, seine mehrende 2E seine und seines Königshauses Ehre und Nuhm, Errungenschaften für uns an sich, aber damit wieder für das Ganze, dem wir als Teil angehören und dem wir mit der warmen Sympathie des gesamten Auslandes für Mee ganze, in pietätvoller Sorge zu pflegende Eigenart und mit seiner an- erkennenden Wertshäßung für unser Können und Leisten diescs so gemehrte Unsere als Mehrung des Ganzen zuführen. Es i ein Wirken im Zirkel, der Teil für das Ganze und das Ganze für den Teil, von denen keiner den anderen entbehren kann, jeder den andern notwendig hat. Dieses Verhältnis der Einigkeit, der Gemeinsamkeit und ihre Betonung is eine Not- wendigkeit, heute wie je eine Notwendigkeit, um uns zu \hüßen und zu sichern, um uns in dem gewaltigen Konkurrenzkampf nicht zurük- bleiben, sondern mit- und weiter auffommen zu lassen zu jenem Ge- deiben, zu jenem vollen Anteile an der Weltwirtschaft, auf den das deutse und mit ihm unser bayerisches Volk nach seiner gediegenen Tüchtigkeit und reellen Schaffenskraft Anspruch hat und Anspru macht. Meine Herren! Man hört über uni- tarishe Bestrebungen klagen. (Sehr richtig! bei den Sozial- demokraten.) Es soll nit geleugnet werden, daß folzes Denken, soles Trachten bestehen kann, da und dort wohl in jener bona fides, die die Zukunft des Reichs nur auf folhem Wege gesichert sieht. Ein \{werstes politishes Verkennen! Darob aber von einer unitarischen Richtung zu sprechen, die sich im Reiche geltend mache, wäre unbegründetes Besorgen. Sollte eine solhe Nichtung sich jemals maßgebend fühlbar machen wollen, so recht nur den Gegnern zuliebe und zunuße, so würde, und niht zulegt im Interesse des Reichs selb, das nur auf der Grundlage gedeihen kann, auf der es geschaffen worden ift, auch die bayerische Regierung mit pflicht- gemäßem Einseßen aller ihrer Kräfti dem entgegenwirken. Aber auch dann, wenn es einmal Schwierigkäten gibt, würde immer eine glücklihe Lösung um \o sicherer sein, je vertrauensvoller und berzliger die Beziehungen find, vone denen \sie-w@geht. Meine Herren! Wollen wir solhen Bildern gegenüber uns gegenwärtig halten, daß es allent- halben Har erkannte Wahrheit ist, dai die Freudigkeit am Reiche be- stehen und gewinnen nur kann unter jener reifenden Sonne berubigender Sicherheit dafür, daß an eine Verschiebung der Machtverhält- nifsse unter den Bundesftaaten nirgends gedacht wird Die Reichéleitung selbst war zu aller Zeit und if auch heute von diesem Bewußtsein durchdrungen. Sie läßt sih von dem tiefen Ver- ständnis leiten, das die Stärke und Einheit des Reiches in dem fôöderativen Grundzuge der Reichsverfassung erkennt und die Voraus- seßung einer ersprießliden Führung der gesamten Reichspolitik in der sor,.samen Pflege des Verhältnisses von Bundesflaat zu Bundes- staat erblidckt. Wenn es dafür noch der Versicherung bedurft bâtte, dann babe ich sie bei meinem ersten in Berlin în bündigster Weise erhalten aus dem des Neichskanzlers selbst, dem ich "eit langen Jahren nabe zu fteben die Ehre babe und lovale Aus)prahe mir

erwidern kann. „Seine

chtnahme ge-

deen gegenüdec ih nur mit vollstem Vertrauen Majestät der Kaiser“, so Abschiednekt eine (

men gesagt, „und er, der Neichskanler, betrachteten es als Fbrent Ô

licht, die Rechte der Bundesfürsten und Bundesstaaten zuf das forgiamite zu wabren und fie von feiner Seite antaîten iu C d dazu it seither noch ein weiteres gekommen, das beute sade der Berufung eines bayerischen Beamten an die NReichsschapamtes gegeben ist. Es liegt mir cutu diefer Tatsache enthusiaftis{ d aber die Berufung unseres früberen drat Freiherrn von Stengel an die Spi dem die materiellsten Interessen der Einzelstaaten fen, i eine Autzeichnung für Bavern, für unsere Be- nd ibre Tüchtigkeit, für die wir Dank \{ulden: es ift r die Gainnung und die Anschauung des Kaisers und ine Betôtigong des fôderalistishen Vers e Wertschäßung desselben, die wir voll zu seinerzeit in dieser Beziedunga an dem des 5. April 1884 nam der preußisben Fürst Bismarck im Bundesrate hat erklären lossen d Graf Bülow feineneit gelagt dat, tak seine eríle Auf. | ftaatlidhen

u L

DVeCTraronern iu

6 Reichs und die

e Bundesglieder, soweit die eigebung dieselbe

gewährleistet, nicht ohne willige Zustimmung inzelslaaten beeins

trôchiigen zu lafien, so gilt & a ut c „Mit allen

seinen Müitfürsten“, so hat jeyige itlanzler ert jüngit

erklärt, „ft Seine Majestät Kaife won durhdrungen, daß

! vertrauensvollen Beziehungen gen den Bundesitaaten

Bundesfürflen eine ; Reichs beruht.

Pfleg oteralllis@en Grundlagen des

das wird an keiner É vergessen. Den bundes-

des Reichs égedanken, dessen fesie

ichéverfassung y rübung zu wahren, ist

das ift die Pilichi t Majestät des Kalsers,

t deutschen Fürsten ift meine Pflichl, wie

Ja, meine Herren, und das isl auch unsere

n Reichsgetanken, wie er auf der Reichsverfassung beruht, vor

et bung zu wahren, aber au das Verhältnis Bayerns zum

Reiche, wie es glucklih besicht und für cine glückliche Zokunst be- steben bleiben joll. Auch Merin vermag die

alles allein. In vollem Bewuklsein des {weren Maßes von Ver-

antwortung, das gerade in diesem wichtigslien Punkte unseres Siaats-

lebens auf jedem von uns lasiet.

Verbältnis nicht nur so zu wollen, dah wir es jederzeit

wünschten ESüte zur Verfügung haden, sondern

auth sorgsam hegen und pflegen, damit es vor jeder Schädigung be-

wahrt bleibe und vor jeder Gefährdung. Fest sein und unentrweegt in

der Abwehr, wo es noi tâte, aber maßvoll und klug in der eigenen

Angelegenheit. Nicht „greinen*, wie wir es auf gut baveriich nennen, weil

H D ags d K h ebe, den dunde G dar

mie ter Bu

ardeib-

died die unrrodufktivfie alier Stortsübungen ift, wohl aber, wenn der Himmel |

| päpstlichen

Besuche Ï Munde |

hat mir Graf Bülow als leßtes noch beim |

ferne, |

Bevollmächtigten |! ie des wichtigen |

aaen d A i UNG Tem

Regierung nicht !

müssen wir zusammen helfen, dieses | in der ge» dementsvrechend es j

! er abi

blaut und die liebe Sonne scheint, auch \ich freuen und der Zusrieden- heit Einkehr geben und ihrem behaglihen Genießen. Ueberlassen wir es, wie ein großer Lehrer gesagt hat, dem Doktrinarismus, in jedem Begebnis, mag es nun klein oder groß sein, ein Zeichen von zu- nehmendem Partikularismus oder einen Vorstoß des Unitarismus zu erblicken. Lassen Sie uns stets unbefangen würdigen, was unser Recht, was unsere Pflicht ist, und lassen Sie uns in weisem Aus\chauen fo tun, wie wir gegenüber dem großen gemeinsamen und gegenüber dem engeren Vaters lande jenem Rechte nihts vergeben, unseren Pflichten treu und loyal genügen und damit unseren Interessen zu Ehr und Nutzen des Landes dienen. Meine Herren! Ih glaube mit dieser Erklärung die viel- fachen Anregungen, wie ih fie eingangs angedeutet habe, den ver- schiedenen sehr geehrten Herren Vorrednern gegenüber bereits zu einem Teile beantwortet zu haben. Ih möchte mir nun gestatten, auf einzelne weitere Anregungen und Anfragen, soweit dieselben nicht die Nessorts meiner sehr verehrten Kollegen betreffen, zu antworten. Zunächst komme ich auf den Abg. Dr. Pichler, der wohl in der Annahme, daß hier des Guten bereits ziemlich viel {on geschehen ift, ja meine Herren Kollegen von der Finanz und von dem Innern bedacht hat. Für mich und mein Nefsort sind aus seinem Vorbringen eigentli} nur drei Punkte übrig geblieben, nämli 1) die Banbeläiträge; 2) die Postwertzeihen und 3) die Sonn- tagsruhe in den Bureaus. Zunächst die Handelsverträge. In dieser Beziehung hat die NMNeichsleitung die Königliche Staatsregierung von allem Anfang an über den Gang der Verhandlungen vollauf auf dem Laufenden gehalten, und bei den einleitenden Verhandlungen waren wir überdies durch einen Bevollmächtigten selbst vertreten und darüber unmittelbar unter- richtet. Den Interessenten aus Bayern, des Handels, der Industrie und der Landwirtschaft, ist .von Anfang an vollauf Gelegenheit ge- geben gewesen, ihre Wünsche und Anträge zu äußern, und die König- liche Staatsregierung hat diese Wünsche und diese Anträge auf dem bereits angedeuteten Wege durch unseren Bevollmächtigten und, wo es noch nôtig war, \chriftlich der ' Neichsleitung gegenüber, soweit diese Wünsche vertretbar waren, au vollauf tats\ächlich vertreten. Die Neichsleitung ist bestrebt und bemüht, die Vertragsverhand- lungen tunlichst zu beschleunigen. Ich brauche nicht darauf hinzu- eisen, daß zu diesen Verhandlungen nicht einer genügt, sondern mehrere notwendig sind, daher bildet die ebenso belibletniate Mitits« arbeit für das beschleunigte Gedeihen des Werkes selbst die Voraus- setzung. Endlich möchte ih daran erinnern, daß nah Ziffer 8 des Schlußprotokolls des Zollvereinsvertrages vom Jahre 1867 die baye- rishe Staatsregierung in den Verhandlungen mit der Schweiz und mit Oesterreich mit einem Bevollmächtigten vertreten sein soll. Bezüglich der Postwertzeichen hat sih der Abg. Pichler auf einen Artikel in cerBrehe bezogen. Ich kann hierauf erwidern, daß dieser Artikel auf irgendwelche Tatsächlichkeit keinen Anspruch macht. Ich möchte mich beziehen auf das, was mein Herr Amtsvorgänger in der Sißung des hohen Hauses vom 15. Januar 1902 erklärt hat. Diese Erklärung lautete im wesent- lihen dahin, daß durch die Einführung einer einheitlichen deutschen Postmarke unser Neservatrecht gefährdet würde, und daß deshalb von der Aufgabe unserer eigenen Postmarke nicht die Rede sein könne. (Beifall.) Die Königlihe Staatsregierung steht noch heute unverändert auf diesem Standpunkt. (Bei- fall!) SIrgendwelhe Versuße, uns zur Verzichtleistung auf die bayerishe Postmarke zu veranlassen, sind inzwischen von keiner Seite irgendwie gemacht worden. Was endlih die Sonntags- ruhe in den Bureaus anlangt, so habe ih diesbezüglih seit gestern noch genaue Nachfrage gehalten, und es ift mir zuverlässig gemeldet worden, daß in dieser Beziehung in allen Sparten meines Ressorts auf das beste und gewissenhafteste vorgesorgt ist und daß die Möglichkeit der Sonntagsruhe und namentlich der Sonntagsfeier zu den angegebenen Stunden für das gesamte Personal, soweit wie der betreffende Dienst es natürlih ermöglicht, gesorgt ist. Die Anregung is mir von Herzen aus \ympathish, ih egrüße fie sehr, werde der Sache stets mein Augenmerk zuwenden und werde dankbar sein, wenn man mich von H welcher Seite dankbar aufmerksam macht, daß hier begründeter Anlaß zu einer Klage oder Beanstandung ift. (Beifall!) Der Abg. Müller hat gestern einleitend meine neulide Aeußerung über den Katholischen Preßverein erwähnt. Bezüglich dieser Aeußerung berufe ich mich gegen- über den ih will sagen Veränderungen, die meine Andeutungen seither in der Presse gefunden haben, auf die billige Beurteilung Jhrer Aller. Für mich war der Anlaß, über den Katholischen Preßverein zu sprechen, keineswegs gegeben in den gesamten Ausführungen, welche

| feitens der gechrten damaligen Vorredner über den Preßverein gefallen

sind, sondern einzig und aus\{ließlich durch den Fall, den der Abg. Wagner zur Sprache gebraht hat, nämlih in der Beteiligung des Nuntius an dem Festmahle des Katholishen Preß- vereins Die gleihe Bemängelung, die der Abg. Wagner vorgebracht hat, war mir bereits frübèr in der Presse begegnet, und ih ha hieraus Anlaß nehmen müssen, mich an der kompetenten Stelle, wie ih neulih gesagt habe, das war natürlih die zuständige Polizei- behörde, durch einen meiner Referenten über die dortige Auf- fassung über den Verein erkundigen zu lassen. Die Meldung, die mir in dieser Beziehung gebraht worden ist, lautete dahin, daß die Königliche Polizei den Katholishen Preßverein zur Zeit nicht als eciñen politishen Verein betrachte. Das habe ih konstatiert. Es war diese Meldung noch motiviert mit dem Hinweise auf die statutarishen Bestimmungen des Vereins und auf die Mittel, mit denen der Verein seine statutarishen Zwecke anstrebt. Von einer Auffassung und Beurteilung des Vereins seitens der Königlichen Staatöregierung war in meiner Aeußerung absolvt keine Mede. Die Königlide Stktaatöregierung bat sich mit Frage bisher niht zu befassen gehabt, und wenn das einmal der G sein wird, so wird die Frage durch die Gerichte zu entscheiden sein. Ih wiederhole: Jh dabe niht gesagt, daß der Katholische Prefiverein kein politischer Verein sei, sondern lediglich, daß die zuständige Stelle, nämlich die Polizei, ihn nicht als politischen Verein betrachte. Von einem Liebesdienst nach irgend einer Seite fann daber nicht gesprochen werden. Ich bin sehr gern bereit, und es iroße Freude sein, nah jeder Seite, wobin es

wird mir stets eine große

mir möalih sein wird, und wo e von mir verlangt werden j mache mich nicht 4 / H

dieser

wird, Vebdesdienslte wu erweisen, ader i als ih bin. diesem Falle babe ih cinen Liebesdien}it erwiesen, es wure denn dem Nuntius, gegenüber war es niht ein Licbesdienst, sondern einfah meine versluhte Pflicht und Schuldigkeit. (Beifall

Der Aba. Müller kam dann zu sprechen auf die Ecklärung, die i

neulih namens des gesamten Ministeriums hier über die ministerielle Krisis im vergangenen Jahre abgegeben habe. Dem Abg. Müller und edeaso {on vorher dem Abg. Belkh dat diese Erklärung nicht genügt. Die Herren haben gefunden, daß aus derselden nichts wesent- lich Neues hervorginge und jedenfalls nichts, was man nicht schon früher acwukit bätte. Ganz abgesehen davon, daß ich diese Auffassung denn doch nichi tellen kann, möchte ih die Herren bitten, sh do vor Augen zu halten, daß bei Kundgebungen solcher Art naturgemäß von allem An- fang an eine gewisse Grenze gezogen ist und gezogen sein muß, die nh nicht überschreiten läßt. Diese Grenze ist auch in unserer Er- fllârung gezogen, die, wie die Herren sich überzeugen mögen, wenn fie den Eitagangspassus nachlesen wollen, auch auf das genaueste dezcichnet ilt. Jh din daher nicht in der Lage, dieser Erklärung weiteres beizufügen, aoßerdem auh aus dem allgemeinen und opportunen Grunde, von dem ich annehme, daß er ebenso sehr in dem Interesse des hohen Hauses und dem der Regierung gelegen il, namlih die Diélussion bierübtr nicht Dimenflonen an- nehmen zu lassen, die sich quantitativ und qualitativ nicht über- sehen lassen. Gar so dürftig, wie der Abg. Müller gesagt dat, scheint mir übrigens die Erflärung denn doh nicht gewesen zu sein, jedenfalls möchte fie genügt haben zur Beantwortung der desonderen Fragen, die, ibrer Zahl nah drei, der drie Abgeordnete hier, wie aciazt hat, „ia aller Bescheideudeit“ an m geftellt hat. (Heiterfeit.) Die erfie dieser Fr möchte ih bitten üder-

gea 5 durfen, fie kommi mir falt eiwas prâhisiorish vor. (Heite t.) Für die weite insonderheit, glaube ih, hat unsere

besser,

nte 411A F274 188.5

päpflUlichen

Erflärung genügt, jedenfalls können aus derselben die Folgerungen

werden, aus denen R die Beantwortung dieser Frage gei Die dritte Frage endlich bat mir eigentli vollends bewiesen, daß die ganze Fragestellung überhaupt nicht ernst gemeint war. (Oho! bei den Sozialdemokraten, Heiterkeit.) Gleihwohl gibt gerade mir diese Frage willklommenen Anlaß, einer recht innigen Empfindung Ausdruck zu geben, nämli der Hoffnung, daß diejemgen hochverehrten Kollegen, die lange vor mir [hon an diesem Tische ihren Plaß hatten, noch recht lange ihre ausgezeihneten bewährten Dienste der Krone erhalten und ebenso mir ihren in wahrster Freundschaftlichkeit erwiesenen Beistand erhalten möchten, ganz abgesehen davon, ob sie es sind, die mich, oder ob i es bin, der fie an dieser Stelle überdauert. Der Abg. Müller ist weiter auf das Reht der Krone zu sprechen gekommen, die Minister auszuwählen, zu ernennen und zu entlassen. Er hat dieses Recht als ein formelles anerkannt, aber hin- zugefügt, daß der Wille des Volkes maßgebend sein müsse für die Wahl der Minister. Gewiß wird, wie überall, so au hier bei Aus- bung des Kronrehts das Wohl des Landes in erster Linie im Auge behalten werden, aber der Krone muß das Urteil überlassen bleiben, was sie als _vorteilhaft für das Wohl des Landes erachtet ; andernfalls wäre jenes Reht wie ein Gesäß ohne Inhalt, nur der Schatten eines Rechts. Dies würde aber dem Geist unserer Ver- fassung, die ein Schattenkönigtum niht will, durhaus widersprechen. Der Abg. Müller und auch {hon vorher der Abg. Wagner sind auf Preßartikel zu \sprehen gekommen, die vor der Ministerkrisis rophezeiend auf dieselbe hingewiesen haben follen und die sie interher kommentarisch in verschiedenen Richtungen gedeutet haben. Für diese Preßartikel trage ih keine Verantwortung und muß ih jede Verantwortung vollständig auf das entschiedenste ab- lehnen. Wenn ih übrigens aus diesen Preßartikeln ein Fazit ziehen würde von meinem Standpunkte aus, dann werden Sie mir zugeben, taß ih viel weniger Anlaß hätte zur Freude darüber als zu ganz anderen Empfindungen, die nur meine christliche Gesinnung in mir zu unterdrücken vermag. Vom ersten Augenblick an, da ih aus Wien hierher gerufen wurde, ist es angegangen. Damals hieß es zuerst, ih hätte mich in Wien ruiniert, ih hätte einen zu teuren Koch gehabt (Heiterkeit) und müßte mich nun hier er- holen (Heiterkeit); nun, das Kultuéministerium als Sanatorium (Heiterkeit) scheint mir doch ein Gedanke, dessen Driginalität mir imponiert. (Heiterkeit.) Ich habe bisher in meinem Un- verstand immer einem guten Koh dem Kultusportefeuille und au dem Portefeuille der auswärtigen Angelegenheiten mitsamt den Cisenbahnen, den Posten und Telegraphen und Gewerbe und Handel und Industrie als Grholungsmedium den Vorzug gegeben. Heiterkeit.) So is es dann weiter gegangen, jeglihes noch so obs jektive und gewissenhafte Maßhalten- meinerseits hat auf dem un- beschriebenen weißen Blatt einen s{warzen Strich ankreiden lassen, einen Strich, nicht weil er hwarz war, sondern weil er nun einmal um jeden Preis {warz sein mußte. (Heiterkeit.) Das ist fo fort egangen, und wenn man einmal gar nichts anderes gehabt Kat dann hat man mich nach Altötting wallfahren lassen. (Heiter- feit.) Nun ja, ich bin in Altötting Ene (lebhafter Beifall im entrum), ih hoffe, bald einmal Gelegenheit zu haben, diesen 3esuh zu wiederholen (lebhafter Beifall im Zentrum), denn mein erster und leßter Besuch ist vor genau 45 Jahren gewesen, als ich damals als Kind von 6 Jahren mit meiner Kinderfrau in Altötting war. (Große Heiterkeit links.) Es ging so fort bis auf gestern und heute. Das können Sie entnehmen aus den Preßartikeln, die sih, wie ih bereits angedeutet habe, mit meinen Aeußerungen über den Katholischen Preßverein beschäftigt haben, und wenn Sie noch mehr lesen wollen, dann möchte ich Ihnen empfehlen, nach- zushauen, wie ein bekannter Korrespondent mit bekanntem Zeichen bemüht ift, denjenigen Mann, der hier an verantwortliher Stelle steht, au dem Auslande gegenüber als Ignoranten und als aulenzer erster Klasse hinzustellen. (Pfuirufe links und rets.) s ist gestern speziel ein Artikel verlesen worden, dem gegenüber ih doch ein Wort sagen muß, ein kurzes Wort, aber deutli genug. Vor Verdächtigungen und Machenschaften {ütt den Grafen Crailsheim seine ganze Persönlichkeit und sein in der vater- ländischen Geschichte in dankbarer Verehrung für alle Zeiten ein- getragener Ehrenname. (Beifall links.) Der Abg. Müller ift dann auf die Reichsfinanzen zu sprehen gekommen. Ich muß den geehrten Abgeordneten auf den abwesenden Finanzminister in dieser Beziehung verweisen, der ja in dieser Nichtung demnähît ganz warm von Berlin zurückommen wird. (Heiterkeit.) Es war ein merkwürdiges Zusammentreffen, daß just in dem Augenblick, da der Abgeordnete mich nach dieser Richtung interpelliert hat, mir ein Brief des Finanzministers aus Berlin zukam, ein sehr ausführlicher Brief, in dessen S{bluß mir anheimgegeben ist, ibn meinen Kollegen mitzuteilen. Jh weiß nicht, ob der Abg. Müller mir die Ebre er- weiit, mich zu seinen Kollegen u zählen, ih bin daber niht in der Lage, deéwegen ibm diesen Brief zur Kenntnisnabme und gefälligen Erklärung zuzuweisen. (Heiterkeit.) Es ift dann der Abg. Müller auf die Neichswablreform zu sprechen gekommen. Es solle das Re:chstags- wablrecht geändert werden, und er wünsche darüber Auskunft, Jch kann nur sagen, der bayerischen Regierung ift von solhen Plänen absolut nichts bekannt, und in dem eben erwähnten Briefe des Finanzministers, der sih über mancherlei ergeht und in dem das gewiß au mit be- rübrt worden wäre, ist au biervon nit das Mindeste erwähnt. Ich komme dann zur Diätenfrage, die aud von den Abag Müller und Schädler berührt worden ist Zu diefer Frage hat în der Sißung des hohen Hauses vom 25. Juni 1902 der Staatsminister der Finanzen die eine Erklärung abgegeben, daß die boverische Regierung einer Abänderung des Artikels 32 der Reichsverfassung im Sinne der Diätengewährung nicht grundsätlich entgegenstebe, vielmehr bereit sei, unter gewissen Vorausseßungen für eine solche Abärderung im Bundes- rate zu stimmen, und im Laufe der Dedatie hat dann der Finan minister seine Erklärung noch dahin erläutert, daß die dayerische Regierung unler den Vorauésctungen , unter denen die Diâtengewährung eventuell in Aufsicht zu selbsiverständlih nicht soldbe denke, üder die cine Verständigung von vornherein ausgeschlossen wäre. Dieser Erklärung babe ic deute nihts hinzuzufügen Es find keine neuen Momente dinzugetreten, es müßte denn cin soldes in der Erklärung des NReichékanulers Grafen Blilow vom Februar 1903 erblickt werden, worin er erklärte, daß er nit in der Lage ei, die Zuttimmung des Bundesrats zur Diätengewährung in Ausficht zu stellen. Eine Be- \hlußfassung des Bundesrats in diefer Angelegendeit hat seither nicht slattgefunden. Sollte eine solche l so wird die bayerische Regierung ihren Standpunkt in dem vorbezeichneten Siane zur Geltung bringen. Ich muß aber daran erinnern, daß es nh um eine Verfassungsänderung handelt, d schon dann als ab- gelehnt gilt, nern im Bundetrale sch 14 Stimmen dagegen ausspreen würden. Der Adg j bat dann noch die Playkarten erwätnt. Playkarten fink den D)-Zügen in fal allen größeren deutschen Eisenbahnen cingeführt worden, a: s berectigtes Gutgeit für die Leiftangen ter Eisenbadnen in bezug auf Schnellig- keit und Bequemlichkeit der Reisenden. Der bayerische Gisenbahnrat hat diese Maßnahme einstimmig begutachtet. Ih muß sagen, es wundert mich. daß gerade der Abg Müller diese Einrichtung bemängelt hat, die doch ausschließlich die wohlhabenden Klassen deirifst Bas nun die Stellung der Sozialdemokratie zur Regierung deirifst, so hat der Abg. Müller gesagt, daß diese Stellungnabme un- detändert bleibe. Dem habe ih zu erwidern, daß hinfichtlich der Stelluna der Sozialdemokratie zur Regierung das nämliche gilt wie für die Stell mg der Regierung zur sozialdemokratischen Partei. (Heiter- keit.) Dies schlicht in sich, daß wir Anträge, die von Ihrer Seite lemmen, nah wie vor gewisscahaît und objektiv prüfen und uns freuen werden, wenn sie uns gangbare Wege zu Taten jim Wobdble des Volkes von den arbeitenden Klassen reriien (Beifall bei den Sozialdemokraten.) Viele Vorredner sind auf die Nessortsverteilung im Ministerium des Aeußern zu sprechen ommen. Jch hade aus diesen Andeutungen entnehmen müssen, daß rüber sowie insbesondere über den Rest, der dem Ministeriuni des Aeußern nah Abtrennung der Verkehrtanstallen übrig bleiben wirt,

mAritrhen BTOH R 9 4

| vative, 8 Nationall

nehmen sei, si |

vielfa unklare Vorstellungen obwalten, und daß diese unsere Tätig- feit leider da und dort eine geringshäßige Beurteilung erfahren hat. Es mag diese irrtümlihe Beurteilung ja zum Teil darauf zurück- zuführen sein, daß das «Ministerium des Aeußern weniger als andere Behörden einen Verkehr nach außen hin hat. Man kennt unsere Tätigkeit draußen zu wenig, aber ich muß doch Wert darauf legen, daß in diesem hohen Hause eine rihtige Beurteilung herrsche und, wenn ih so sagen muß, zurückehren möge. Ich erinnere daran, daß noch vor wenigen Fahren mein Herr Amtsvorgänger gerade unter dem ausdrücklihen Hinweis darauf, daß die erste Ab- teilung des Ministeriums des Aeußern - überlaslet sei, ein Mehr- postulat für eine Legationsratsstelle eingestellt hat und daß Sie sich von dieser Forderung des Grafen Crailsheim, damals so weit haben überzeugen lassen, daß Sie diese Stelle bewilligt haben. Diese Stelle is die einzige, um die der Persoualbestand des Ministeriums des Aeußern seit 30 Jahren vermehrt worden ist, seit einer Zeit, in welcher die Arbeitslast des Ministeriums sich genau verdoppelt hat. Ich will niht wieder mit Zahlen aufwarten, ih habe damit neulih fein Glüd gehabt, als ih gesagt habe, daß von 30000 Nummern 8000 dem Ministerium des Aeußern weggenommen werden. Es ist mir erwidert worden, dem sei nicht so, es gingen drei Viertel von dem Ministerium an Arbeitslast ab. Diese Aufstellung kann ih für rihtig nun und nimmermehr erklären auf Grund jener Erfahrungen, von denen der Abg. von Vollmar in der Ausschuß- sigung mit vollem Recht gesagt hat, daß ih mir dieselben nach einer achtmonatigen Führung des Ressorts wohl angeeignet haben dürfte. Außerdem möchte ih denn do daran erinnern, daß zu einer Zeit, als das Handelsministerium bestand, als also die 2. Abteilung noch nicht bei dem Ministerium des Aeußern war, daß auch damals {on Männer wie Bray, Pfretzschner, Hohenlohe, die wahrscheinlih keine folchen Saulenzer waren wie ih, {on in dem Ministerium des Aeußern, und zwoar in der Abteilung 1 genügende Arbeit gefunden zu haben scheinen. Ganz kurz möchte ich Ihnen ein gedrängtes Bild der einzelnen Syparten meines Ministeriums vorführen. Als ersten \pezifischen Nessortgegenstand erwähne ih die Reichsangelegenheiten, insbesondere die Bundesrats- und Reichstagssachen, Vollzug der Reichsgeseße und den hierauf bezüglihen Verkehr mit der Reichsleitung. Der An- shauung, daß in dieser Beziehung das Ministerium des Aeußern lediglich ein Vermiitelungsorgan, ein Briefträger zwischen den einzelnen Nessortministern und der Neichsleitung und dem Bundesrat und vics versa sei, brauhe ih doch wchl nicht ausdrülih entgegenzutreten. Diese Vorstellung übersieht ganz einfach nur das eine, daß das Ministerium des Aeußern in dieser Beziehung eine sehr selbständige eigene \taatsrechtliche Kompetenz hat, die sich in der Korrespondenz mit der Neichsleitung, mit den Bundesratsbevollmächtigten, in Sonderheit mit unserem \timmführenden Bevollmächtigten und mit den einzelnen Bundesstaaten vermöge der vielen politischen Ge- sichtspunkte, die hier hereinragen, fehr vielfah praktis{ch betätigt. Was ih zu diesem Punkte noch alles erwähnen könnte, fasse ih nur dahin zusammen: Wie groß die Materie ist, die hier das Ministerium des Aeußern zu beherrschen hat, das mögen Sie unter anderem aus der Masse von Fragen ershauen, die auf diesem Gebiet der Abg. Müller allein an mich ge:ichtet hat. (Heiterkeit.) Der Minister bespricht die einzelnen Obliegenheiten, die dem Ministerium des Aeußern nach Abtrennung der Verkehrsanstalten bleiben, und bemerkt dabei u. a.: Das Ordenswesen! Ja, wir geben in Bayern weitaus am wenigsten Orden, ein Drittel fo viel wie beispielsweise Baden, ein Fünftel wie Sachsen. Aber nicht die vielen Orden sind es, die die Arbeit machen, sondern die wenigen Orden, die Orden, die man nicht hergibt. (Heiterkeit.) Ich {ließe diesen Absaß meines Vorbringens damit, daß ih sage: er ist nicht so gemeint, als ob das Mini- sterium nach Abtrennung der einen Hälfte nunmehr genug hätte. Was ich in dieser Beziehung wegen der Ergänzung des Ministeriums des Aeußern bei meinen Ausführungen im Ausschusse am ersten Tage erklärt und in der Folge vervollständigt habe, das halte ih vollständig aufrecht und werde, wenn es gewüns{t wird, genau den Wünschen des hohen Hauses entsprehend, in dieser Be- ziehung diejenigen Erklärungen noch abgeben, von denen ih hoffen darf, daß fie den Wünschen und Anregungen des hoben Hauses aus- reihend und vollauf ent\prechen werden. Die Abgg. Beckh und Wagner haben an mich ferner die Froge gestellt über meine Stellung zu den Parteien und den Konfessionen. Ich darf Sie bitten, in dieser Beziehung den Schlußsaß der vor- gestern von mir abgegebenen vrogrammatishen Erklärung sich ge- neigtest vergegenwärtigen zu wollen. Wir haben darin gesagt, daß fch die Regierung nit dur Parteirücksihten, sondern dur Bedacht- nabme auf die Interessen der Krone und des Landes leiten lassen werde. Darin, meine i, lag doch auch die bündigste Zusicherung, daß die Regierung die verfassungsmäßige Gleichberehtigung der Konfessionen gewissenhaft und pflihtgemäß hochhalten und ihr ganzes Bestreben auf die Erhaltung des Friedens zwischen den Konfessionen richten werde, die nah meiner tiefsten Ueberzeugung die allererste Vorautsezvng für die Wohlfahrt des Volkes bildet Ueber den Parteien zu stehen, das bat mir biéber immer ein bißhen als Ueberbebdung gescbienen, aber frei fich halten von allen parteilichen Tendenzen, frei ch halten davon zur o‘jektiven und unparteilichen Vertretung und Führung der uns anvertrauten Interessen des Landes und Volkes, frei fich halten davon, wenn es not tut, selbst von jenen Geneigibeiten, von jenen persönlichen und freundschaftlichen Geneiathbeiten, die uns anwandeln möchten, das halte ic für das ciserne gcbotene Muß, von dem keine Rückficht ent- bindet und dessen \ch{ zu entscblagen, s{Gwerste Schuld und Febler sein

würde, (Beifall) Sachsen.

Bei den gestrigen Landtaaswahlen in 29 Wahlkreisen wurden, dem „Dresdner Journal“ zufolge, gewählt: 18 Konser- libera 1 Mitglied der Reform- partei, 1 Wildliberaler u | Deutschfreisinniger. Die Zweite Kammer wird sih infolgedessen zusammenseyen aus 67 Konservativen, 22 Nationalliberalen, 1 Wildliberalen, 1 Deutschfreisinnigen und 1 Mitgliede der Reformpartei

Sachsen-Coburg-Gotha.

Ihre Königliche Hoheit die Prinzessin von Rumänien it wie „W. T. B.“ berichtet, Coburg eingetroffen

Ferdinand gestern in

Oesterreich-Ungarn. In der gestrigen Situng des bôbmisGen Landtages brachte

der Rektor der deutschen Universität. Profesor Rabl einen Antrag auf die deutsche Universität sowie auf

Errichtung cines neuen Gebäudes für Errichtung eincs neuen Gebäudes für die Uaiversitätsbibliothek in Prag igen feyten die Deutschen

ein. Im weiteren Verlaufe der Verdantl

die Obstruktion mit Anträgen auf Verifizierung der Protokolle der leyten drei Siyungen fort. Da sich bei der Abstimmung über den ertien diescr Anträge die Besdblußunfäbigkeit des Hauses derausstellte, wurde die Sitzung unter lavtem Widerspruch der Tichechen, ins- besondere der radikalen, die den konservativen Großgrundbesiy für die Beschlußranfähigkeit vcrantwortlih matten, geschlossen

Grofzbritannien und Frland,

Jn einer gestern in London abgehaltenen Versamm- lung des Bergarbeiterverbandes des Vereinigten Königrei chs sand, wie „W. T. B.“ berichtet, eine Nesolution einstimmige Annahme, die Chamberlains zollpolitishe Vor-

schläge verurteilt Frankreich.

In der Devutier.enkammer beaûte gestem wie „W. T. B.“ erfährt, der Deputierte GSauthier (Nationalis)) eine Înter-

pellation über die Politik der Regierung ein und warf dem

Ministerpräsidenten Combes vor, daß er n getan habe, sowie daß er die Freiheit des wolle. Gauthier sprach dann über die Unruhen in Hennebout, Lorient und Armentières, wo die Internationale gesungen und das rote Banner gehißt worden sei. Er wies auf den Rückgang der Rente hin und {loß mit der Anklage gegen die Regierung, daß sie das Land der Anarchie ausliefere. Der Deputierte Pugliesi-C onti (Nationalist) beschuldigte die Regierung, daß sie anarchistishe Kundgebungen und das Absingen der Internationale bei offiziellen Festlichkeiten dulde. Der Deputierte Dansette (liberal) warf der Regierung vor, daß sie niht die Nuhestörungen während des Ausstandes im Norden unterdrückt habe. Der Deputierte Delory Deny erklärte, daß die Ausschreitungen nicht von den Aus- tändigen, sondern von Elementen, die sich unter diese gemengt hätten, begangen worden seien. Die Vorkommuisse seien im übrigen übertrieben worden. Der einzige Fehler der Regierung sei der, daß fie zu viel Truppen entsandt habe. Der Deputierte Lamy (liberal) ließ fich über die Unruhen in Hennebout und Lorient aus. Der Deputierte Guieysse (radikal) verteidigte die Art, in der die Truppen gegen die Ausständigen vorgegangen seien, und verlangte eine Unter- fuhung. Der Ministerpräsident Combes erwiderte, er beabs sichtige, weiter mit den Republikanern gegen die fklerikale und monarcistishe Reaktion die Regierung zu führen. Er wolle nicht auf seine Methode verzichten, die auf der Ver- einigung aller Republikaner begründet sei und die den Treibereien der fklerikalen Reaktion einen Strich durch die Rechnung gemacht habe, bevor sie die erwarteten Vorteile daraus habe ziehen können. Der Minister warf sodann den liberalen Republikanern vor, daß fie sich mit den Reaktionären verbündet und zu Verteidigern der Kon- regationen aufgeworfen hätten. Man: könne diefen deshalb keinen Plaß in der Kammermehrheit einräumen. Er übernehme keine Ver- antwortung für das Absingen der Internationale, für ihn bleibe die Marseillaije das offizielle Lied. Der Ministerpräsident beîprah darauf die Unruhen in Armentières und erklärte, daß die dortigen Plünderungen ganz unerwartet stattgefunden hätten. Seitdem er am Ruter sei, habe er niemals veranlaßt, daß Blut fließe. Bezüglih der Ereignisse in Hennebout sagte der Ministerpräsident, er werde die Freiheit der Be- fenntnisse zu \chüßen wissen. Den Interpellanten sei nicht daran ge- legen, die Wahrheit festzustellen, sondern die Regierung zu stürzen. Der Ministerpräsident {loß : wenn das gegenwärtige Programm er- ledigt sei, werde die Regierung ein neues vorlegen, das eine Militär- vorlage, die Aufhebung des Gesetzes sea und die Abschaffung des

ts für die Demokratie nterrihts unterdrüdcken

kongregationistishen Unterrihts umfasse. Der Deputierte Aynard (Progressist) wandte gs gegen den Ministerpräsidenten, dem er vor- warf, er vernachlässige die allgemeine Politik und beschäftige \sich lediglich mit der religiösen Frage. Seine Politik sei nur ein reli- giöser Krieg. Der Redner befürwortete eine Politik der Freiheit und wies die Beshuldigung zurück, daß die liberalen Republikaner fich mit der Rechten verbündet hätten. Im weiteren Verlaufe der Sißung kam es zu Neibereien zwischen den Deputierten Motte (Progressist), der die ihm von Sembat (Sozialisi) zugerufene Bezeichnung „Ausbeuter“ zurückwies, und Sem- bat, der erklärte, er übernehme die Verantwortung für seine Worte. Der Präsident Bourgeois drohte, er werde den Präsidentensiß verlassen. Schließlich wurden 7 Tagesordnungen eins gebraht. Der Ministerpräsident Co mbes erklärte, er nehme nur die von dem Deputierten Sarrien eingebrahte Tagesordnung an, in der es heiße, die Kammer billige die Erklärung der Regierung und gehe unter Ablehnung jedes Zusatzes zur Tagesordnung über. Diese Tages- ordnung wurde mit 329 gegen 227 Stimmen angenommen und die Sitzung sodann geschlossen. Ftalien.

Der König empfing gestern, wie „W. T. B.“ meldet, in San Rossore den Botschafter in St. Petersburg Grafen Morra di Lavriano. Heute wird Allerhöchstderselbe in Rom eine Besprehung mit Zanardelli haben. Wie die Blätter melden, hat der König Biancheri, Giolitti, Vis- conti-Venosta, Villa, Sonnino und Fortis aufgefordert, nah Rom zu kommen, um ihre Ansicht über die Lage zu hören.

Spanien.

Die Deputiertenkammer wählte, dem n T e zufolge, gestern Romero Robledo zum Präsidenten.

Niederlande.

Die Königin-Mutter is gestern von Utreht nach

Friedrihshafen abgereist. Türkei.

Wie dem „W. T. B.“ aus Konstantinopel berichtet wird, haben der österreihisch - ungarishe und der russishe Botschafter gestern der Pforte Noten über die in Mürzsteg gefaßten Beschlüsse überreicht.

Die Pforte hat den Botschaftern der Entente- mächte ein Verzeichnis der Personen zugehen lassen, die wegen Ausschreitungen bestraft worden sind, und ders jenigen, über deren Verhalten die Untersuhung noch shwebt. Darin sind nur Offiziere und Soldaten von 6 Nizam-, 4 Redif- und 14 Jlawebataillonen, einem Kavallerieregiment und einigen Gendarmeriekompagnien aufgeführt, während von den343 mobilisierten Bataillonen des [[. und 111. Korpsbereichs Adrianopel und Saloniki mindestens die Hälfte größere oder kleinere Ausschreitungen begangen haben sollen. In dem leßten Ministerrat wurde nah Maßgabe der Umstände eine langsame Abrüstung der mobilisierten Redifs grund- säßlih beschlossen. Diese wird aber vorläufig noch nicht beginnen.

Die zur Neformierung der Gendarmerie in Mazes donien bestimmten vier belgishen Offiziere sind gestern in Konstantinopel eingetroffen.

Uebereinstimmende Konsularberihte aus Uesküb, Monastir und Saloniki melden, daß die Truppenauss shreitungen, besonders seitens der Redifs 2. Klasse, fortdauerten. Aus Uesküb wird "die Töôtung eines Christen durch einen Uamwesoldaten gemeldet.

Das Wiener „Telegr.-Korresp.-Bureau“ meldet, es ver- laute, daß der Gouverneur des Wilajets Yemen Asir von Arabern ermordet worden sei. Der Kommandant der dortigen 14. Division Hadi Pascha sei an seine Stelle berufen und mit der Züchtigung der Mörder beauftragt worden.

Bulgarien.

Die „Agence Télégraphique Bulgare“ meldet, daß die vereinigte Opposition, um die Wahlen zur Kammer zu stören, die Praxis befolge, überall Ruhestörungen hervorzurufen und Proteste an die Blätter zu rihten. Dies dewiesen die Gemwalttätigkeiten in Tirnowo und Stara-Zagore und ein Vorfall, der sih am Mittwoch in Jamboli ereignet habe. Dort sei der sozialistishe Kandidat Sakyzof einer Anzahl dewaffneter Parteigenossen begegnet, die er für Gegner halten und auf die er geschossen hade. Dur den Schuß fei ein junger Mensch getôtet worden, der gerade vor

deigegangen sei, Der Mörder sei flühtig und bisher nicht fesigenommen

worden Schweden und Norwegen. Wie dem „W. T. B.“ aus Christiania derichtet wird, ist das neue Kabinett gestern ernannt worden und, wie zusammengesezt: Profesor Hagerup Min |