1882 / 248 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 21 Oct 1882 18:00:01 GMT) scan diff

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dem Bahnhofe Erkner, 7) von Kalkberge Rüder3dorf über Erkner nach Wuhlhorst zu erbauen, gegen Uebernahme der künftigen chausseemäßigen Unterhaltung dieser Straßen, Aller- höchst verliehen worden. Auch sollen die dem Chausseegeld- tarise vom 29. Februar 1840 angehängten Bestimmungen wegen der Chaussee-Polizei-Vergehen auf alle oben bezeich- neten Straßen zur Anwendung kommen.

Die Abgaben für die Benußung des gemeinschaftlichen Lös(h- und Ladeplabßes der Gemeinden Wellingdorf und Neu- mühlen am Schwentine-Hafen im Kreise Kiel sind durch einen unter dem 18. Septcmber 1882 Allerhöchst vollzogenen Tarif geregelt worden.

Die Feststellung der Dienstzeit der preu ßi: schen Baubeamten für die Berehnung der denselben zu- stehenden Pensionen is dur einen gemeins{haftlichen Erlaß des Ministers der öffentlihen Arbeiten und des Finanz- Ministers, vom 26. September d. J., allgemein geregelt worden. Aus den Bestimmungen der Verfügung, deren Wortlaut in dem amtlichen Theile des „Centralblatts der Bauverwaltung“ mitgetheilt ist, verdient hervorgehoben zu werden, daß die Be- hörden zur Sicherung der späteren Feststellung der Dienstzeit von den Baubeamten alsbald nah deren erster etatsmäßigen Anstellung eine Darstellung ihrer bisherigen dienst- lichen Laufbahn einziehen sollen, welcher die entsprehenden

* urkundlihen Beläge oder beglaubigte Abschristen derselben

beizufügen sind. Diese Beläge sollen dann zu den Personal- akten der Betreffenden genommen werden. Dabei is der Beamte darauf aufmerksam zu machen, daß es seine Sache sei, die Thatsache seiner Beschäftigung während derjenigen Zeit, deren Anrechnung er in Anspruch nimmt , nachzuweisen, und daß es daher in seinem Jnteresse liege, alle erforderlichen Beläge zu beschaffen.

Der Erwerber einer Begräbnißstelle auf einem Kirchhofe hat, nah einem Urtheil des Reich8gerichts, II. Hülfsscnats, vom 18. September d. J., im Geltungs- bereih des Preußishen Allgemeinen Landrechts ein ding- lihes Recht an der von ihm erworbenen Stelle, welche er zu allen den Zweckten benußen kann, die in der allgemeinen Volkss\itte bei Begräbnißstellen hergebraht sind. Er darf also beispieleweise, gleichviel, ob eine Beisezung auf der Stelle bereils stattgefunden 1p oder nicht, die Stelle nah seinem Geshmack durch Anpslanzungen s{hmüdcken und verzieren, und er hat vem Eigenthümer des Kirchhofes gegenüber ein Recht auf den Fortbestand dieser Anpflanzungen.

S. M. Aviso „Möwe“, 5 Geschüße, Kommandant Korv.-Kpt. von Kyckbusch, ist am 18. d. M. in Plymouth ein- oen und beabsichtigte am 21. d. M. nach Kiel in See zu gehen.

S. M. S. „Leipzig“, 12 Geshüße, Kommandant Korv.- Kapt. Herbig, hat am 19, d. Mts. von Kiel aus die zwei- jährige Reise nah Ostasien angetreten.

Bayern. München, 19. Oktober. (Allg. 20) Der König und die Königin von Griechenland trafen mit Kindern, Gefolge und Dienerschaft heute Morgen, von Wi.n kommend, hier ein und seßten, nach einem im Königssalon des Centralbahnhofes eingenommenen Déjeuner, die Reise nach Paris fort.

Baden. Karlsruhe, 20. Oktober. (W. T. B.) Der Großfürst Nikolai Nikolajewitsch hat heute Mittag, von Baden-Baden kommend, dem Großherzog einen Besuch ab- gestattet.

Niederlande. Haag, 20. Oktober. (W. T. B.) Noch dem jeßt veröffer.tlihten Bericht über die Prüfung des indishen Budgets in den Bureaux der Zweiten Kammer hat der Etat der indishen Finan?;verwaltung im Allgemeinen eine sehr ungünstige Beurtheilung gefunden; gleihwohl haben si die Bureaux gegen eine Suspension der öffentlihen Ar- b.iten in den indischen Besißungen ausgesprochen. Auch die Lage der Dinge in Atchin hat eine gewisse Beunruhigung erzeugt. Gegen die Verlängerung der Konvention mit der niederländishen Handelsgesellshaft über den Transport der indischen Produkte wurde allgemein Widerspruch erhoben.

Großbritannien und Jrland. London, 19, Oktober. (Alla. Corr.) Die „Times“ vom Mittwoch shreibt: „Wir veröffen1lihen heute einige Nachrichten, welche andeuten, daß die Fesistelung der Grundlagen, auf denen die Reorgani- ation Egyptens ausgeführt werden soll, befriedigende Fortschriite macht. Die Pfor!e hat Lord Dufferin eine freundlic;e Note übersandt, worin sie ihrer Bereitwilligkeit Ausdruck giebt, in Unterhandlungen über diesen Gegen- ßand einzutreten, sowie q vai Hoffnung, daß die bestehenden Beziehungen zwishen Egyplen und seinem Souzerän so. wenig als möglich gcstöut- werden würden. Eine solche Botschaft zeigt zum Mindesien eine vernünsf- tige Neigung, vollendete Thatsachen anzunehmen und teren Tragweite auf künstige Abmachungen anzuerkennen. Die Melduna, daß Hr. Biédif, der \ranzösishe Generalcontroleur, seinem ehemaligen Kollegen Sir Auckland Coivin nah Egypten gefolgt ijt, dürfte auf den ersten Blick weniger beruhigend er- scheinen, wenn man die von Mitgliedern der Regierung be- trefss der Abschaffung der dualistishen Kontrole auegedrüdten deutlihen Meinungen in Betracht zieht. Thatsächlich ist aber keine wesentliheDifferenz zwischen dem französischen und dem englischen Kabinet über diese Frage vorhanden. Das französische Ministerium weiß, daß die Rekonstruktion der dualistischen Kontrole cine Aufgz2be ist, die zu lösen in unserer Macht eber.so wenig sicht als in der ihrigen. Es war ein Arrange- ment, weltes mehr oder weniger genau mit den Thatsachen, die damals ins Auge gefaßt werden mußten, correspondirte ; allein die Umstände sind Veränderungen unterzogen worden, die zu ignoriren Niemand affekliren kann, und es würde nußlos sein, mit denselten in der alten Weise zu verfahren. Nachdem dieser wesentlihe Punkt zugestanden worden, sind wir verpflichtet, uns zu erinnern, daß Frankreich als unser Genosse in dem vorhur besiandenen System auf einem Fuße sieht, der von dem anderer Nationen gänzli verschieden ist. Es würde unhöilich und unbillig sein, zu versuhen, Details ohne Berathung mi: dem französischen Kabinet zu regeln, nahdem dasselbe mit uns in der DUARg der Hauptfrage thatsächlich übereinstimmt. Herrn Brédiss Abreise nach Egypten deutet nicht an, daß er seine alte Stellung daselbst wieder ausnehmen wird, sondern muß. in dem Lichte der zwishen den zwei Regierungen be- slehenden Beziehungen dbetrahtit werden und wird sodann

als das logisckte Ergebniß ihrer wesentlihen Uebereinstimmung und eine Bürgschaft für deren uer sihtbar sein. Seine Anwesenheit in Egypten e keinem nüßlihen Zwecke ge- dient haben, bis die Tragweite der Haup!fakta des Falles in T sowie auch in London anerkannt war, und seine Rück- ehr nah dem Schauploÿ seiner früheren Thätigkeit wird fo- mit eine befriedigende Andeutung des Fortschrittes in der Richtung auf eine freundschaftliche Lösung der noch schwebenden Fragen von untergeordneter Bedeutung“ i

Die Zeitungen veröffentlichen einen Brief des Kriegs- Ministers Childers, welchen derselbe an den Vorsißenden einer jüngst abgehaltenen öffentlihen Versammlung seiner Wähler in Pontefract und in Antwort auf den ihm zuge- sandten Vertrauensbeschluß derselben gerihtet hat. Fn dem- selben ergeht sich der Kriegs- Minister mit befriedigtem Bewußtsein über die jüngsten Leistungen und nament- li die schnelle Beförderung des Expeditions-Corps der englischen Armee nach Egypten, sowie über die vor- trefflihe Disziplin der Mannsthasten im Allgemeinen und deren Haltung im Felde, troß der Abschaffung der Prügelstrafe. Der Kriegs-Minister erkennt aber auch zugleich an, daß die Schnelligkeit der Mobilisizung sowie die außergewöhnliche Art des geführten Kampfes in einem Wüstenlande mit einer mangelhasten Basis gewisse Schwächen und Mängel in den Details der militärischen Organisation zu Tage gebracht hat, auf deren Abstellung er jeßt scine Aufmerksamkeit gerichtet habe.

Aus Alexandrien wird unter, dem 18. Oktober ge- meldet: Sir Evelyn Wood cite sih heute an Bord des „Lamar“ nach England ein. Sir Garnet Wolseley ver- läßt Egypten am Sonnabend an Bord des Avisodampfers „ris“ in der Richtung nah Triest. Zeroudachi, ein hier ansässiger Grieche, hat die fünf großen Schuppen in Gabari, in denen bereits Hospitäler eingerichtet worden sind, bis Ende August zur Verfügung der Militärbehörden gestellt. Er lehnt es ab, irgend eine Remuneration für sich selber anzu- nehmen, hat aber vorgeschlagen, daß die Summe, welche die britishe Regierung sonst für Miethe von Hospitälern aus: gegeben haben würde, zum Besten kranker und verwundeter englischer Soldaten verwendet werden möge. General Harman hat Herrn Zervudachi den warmen Dank des Dber-Komman- direnden für sein hochherziges Anerbieten ausgedrüdt.

Dem „Standard“ wird aus Kairo vom 18. ds, be- richtet: Es ist mögli, daß ein Kompromiß bezüglich des gerihtlihen Verfahrens gegen Arabi in der Weise zu Stande kommen wird, daß ihn ein eingeborener Nechts-

anwalt unter dem Beistande eines englishen Bar-Risters ver- theidigt.

Frankreih. Paris, 18. Oktober. (Fr. Corr.) Das „Journal officiel“ veröffentliht ein Dekret des Prä- sidenten der Republik im Anschluß an einen Bericht des Ministers der öffentlichen Arbeiten, wodurch die bisherige Di- rektion der Staatseisenbahnen aufgehoben wird und deren Geschäfte zwischen zwei neue Direktionen: vertheilt wer- den: die eine für die Konstruktion von Bahnen und die zweite für deren Betrieb und Kontrole.

Die Deputirten der französishen Kolonien verlangen die Creirung eines besonderen Ministeriums der Kolonien. Der Conseils-Präsident hat ihnen erwidert, daß, statt ein folhes durch Dekret zuy schaffen, es ihm regel- mäßiger dünke, hierüber den Kammern ihre volle Aktions- freiheit zu lassen. Doch aber hat der Ministerrath eine Kom- mission zur vorberathenden Prüfung dieser Frage ernannt und auch die Deputirten der Kolonien in dieselbe berufen. Diese haben jedoch abgelehnt und verlangen, daß zuvor die Negierung \sih im Prinzip über die Creirung eincs Kolonien- Ministeriums entscheide.

19, Dftober. (Köln. Ztg) Im Ministerrath wurde heute angesichts der Vorgänge in Montceau erwogen, ob es geboten sci, die Blätter, welche offen den Bürgerkrieg predigten, und die Redner, welche die Vertilgung der besißen- den Klassen befürworteten, gerihtlih zu verfolgen. Sodann fam das politishe Programm Duclercs zur Sprache. Mehrere Minister erklärten sich gegen diesen Schutt: es sei besser erst die Jnterpellationen abzuwarten, ehe die Regie- rung sih über ihre Haltung auéssprehe. Da die Ver- handlungen mit dem Kaiser von Anam nicht zu dem erwarteten Ziele geführt haben, so hat die französishe Re- gierung beschlossen, daß der Feldzug in Tonking, den der Sciffskapitän Rivière eingeleitet und eröffnet hat, mit Nachdruck fortgeseßt werden soll; zu dem Zwecke werden besondere Kredite von den Kammern verlangt werden. Die Verhandlungen der französishen Kommission mit der Botschaft von Madagaskar rücken niht von der Stelle, da die Botschafter den Vertrag von 1868 so autélegen, daß die ganze Jnsel ihrer Königin gehöre. Der Prinz von Wales ist heute wieder nach London zurückgekehrt. Sir Charles D ilke traf heute aus dem südlichen Frankreich in Paris ein und reist noch heute weiter.

Macon, 19. Oktober. (Köln. Ztg.) Der Prozeß gegen die Dynamitbande hat bis jeßt noch keine Auf- schlüsse über die eigentlihen Beweggründe der Führer er- geten, welhe binter den Brandstistern stecken. Die Ver- nehmung der Angeklagten wurde heute Morgen 11 Uhr beendigt; in der Nachmittagssizung begannen die Zeugen- verhöôre. Jn der Stadt herr\cht bis jeßt vollkon:mene Ruhe.

Rußland und Polen. St. Petersburg, 0 Oktober. (W. T. B.) Aus Taschkent wird gemeldet, daß der General: Gouverneur von Turkestan, General Tschernajeff, gestern daselbst eingetroffen und feierlich empfangen worden ist.

Afrika. Egyvten. Kairo, W. Oktober. (W. T. B) Die egyptishe Regierung hat angeordnet, den englischen Ad- vokaten Broadley und Napier heute Nachmittag eine Unter redung mit Arabi zu gestatten. Es sind Verhandlungen im Gange, um tas LIORINETINILEN gegen Arabi festzusezen, cs soll darüber eine \christlihe Ausstellung gemaht werden, um späteren Schwierigkeiten vorzubeugen.

20. Oktober. (W. T. V.) Die Unterredung der englishen Advokaten Broadlcy und Napier mit Aradbi ist auf Viorgen vershobden worden. Der Prokurator hat heute

mit Broadley und Napier bezüglih des Prozeßverfahrens ein | Uebereinkommen getroffen, welches sofort von dem englischen | Ministerium ratifizirt werden soll. Dasselve gestattet Broadley |

und Napier, Arabi zu sprechen und räumt y das Recht ein, Zeugen zu berulen und zu vernehmen, sowie die Akten der Voruntersuchung zu prüfen. Broadley glaubt, die eayp: tische Regierung werde mehrere neue Mitglieder für das Kriegsgericht ernennen, welche der englishen Sprache mächtig sind.

Wie der „Times“ aus Kairo vom 20. gemeldet wird, bestchen die Hauptpunkte der Anllage gegen Ärabi darin,

daß er unter Verleßung des Völkerrechts die weiße Flagge in Alexandrien aufgehißt, unter Deckurg durch dieselbe mit den Truppen fich zurückgezogen, die Stadt dem Feuer und dex Plünderung preisgegeben, die Egypter zur Bewaffnung gegen den Khedive aufgewiegelt und zum Bürgerkriege, Massakre,

zur Verheerung und Plünderung egyptishen Gebietes auf- gereizt habe.

Zeitungsftimmen.

Jn einem „Der fortschrittliche Radikalismus“ überschrie- benen Artikel sagt die „Kölnische Zeitung“ u. A.:

«….. Der innerste Kern des uns feindlichen linken Extrems ist der lo8gelöste Individualiêmus der radikalen Gesellschafts-Ideale, die tief- gewurzelte Abneigung gegen den „Raker Staat“. Der Liberalismus strebt gleichfalls nah der möglid:\sten Erhebung und Befreiung der Einzelnen aus dem Drucke hergebrahter Zwangéordnungen; doch erkennt er zugleih die Nothwendigkeit der Wiedergeburt freier Ord- nungen aus dem eigenen Gewissen der befreiten Einzelnen selber. Aber der gemäßigte Liberalismus übertreibt sein Prinziy der Befreiung nicht bis zur rücksihtslosen Abneigung gegen den Staat selber; er begreift, daß die ungeordneten und gewalt: thätigen Leidenschasten der Einzelnen gebeugt werden müssen unter die gerechte und friedlice Ordnung eines wahrhaft freien As der auch das strafende Schwert zu seinen wesentlichen Attributen hat, Der Nadikalismus dagegen erblickt in dem Staate nicht die Blüthe und Erfüllung der erstrebten individuellen Freiheit, sondern nur die leider in gewissem Mafe noch unvermeidliche, aber immer bedauerlide Schranke derselben, die immer weiter hinauszurücken und zu \{wächen die unaufgebliche Pflicht jedes Liberalen sei. Ganz losgelöst von ein- ander, können die cinscitigen Prinzipien individueller Freiheit und Gleichheit. einerseits und sozialer Gebundenheit und Glicderung andererseits gar nit wirklich bestehen, und ein wenig Zwangsre(ht und Staatsgewalt will auch der äußerste Nadikalismus noch immer beibehalten ; die Unterschiede der Fraktionen von links nach rechts be- ruhen insofern nur auf einer quantitativ verschiedenen Mischung der genannten beiden untrennbaren ethischen Prinzipien. Von den äußersten Manchestermännern bis zu den am weitesten rechts\tehenden Sozialpolitikern giebt es viele Abstufungen. Die Bewegung des öffentlichen Geistes in Deutschland geht unserer Auffassung nach in der Richtung nah rechts, von der sogenannten „Manchesterpolitik“ zu einer neuen Sozialpolitik

Der „Politischen Correspondenz“ wird aus Drcsden, 16. Oktober, geschrieben :

In dem politischen Parteileben Sachsens hat sich neben dem in der liberalen Presse immer nachhasltiger angestrebten Projekte einer Vereinigung sämmtlicher liberalen Parteien besonders ein von konser- vativer Seite gemachter Vorschlag einer günstigen Aufnahme zu er- freuen gehabt. Dieser Vorschlag geht dahin, in Sachsen eine Kaiser- partei zu gründen, deren hauptsächliches Ziel eine erung der vom Kaiser Wilhelm so warm befürworteten sozialpolitischen Ziele des Fürsten Bismark sein würde.

In der „Norddeutschen Allgemeinen Zeitung“ lesen wir:

Dr. Jörg, bckanntlich die hervorragendste Persönlichkeit der süd- deutschen Ultramontaren, sfsagt in der von ihm herausgegebenen Zeit- \{rift „Historish-politishe Blätter“ anläßlih der preußi- \chen Landtagswahlen unter dem 14. d. M., nachdem er die in so hohem Grade vom Centrum verschuldete innere. Zerfahrenheit be- \sprohen: „Wir sagen Dies nicht aus Schadenfreude und weil wir etwa dâcbten: um so besser für uns; denn wir wissen sehr wohl, daß der Verband im Reich unauflöslih geworden, daß für eine Wieder- herstellung der Lage vom Tage vorber keine Basis mehr vorhanden ist, und daß wir Alle bei jedem Urglück, das auf dem deutschen Hauptlande lastet, die Kosten mehr oder weniger mittrogen müssen,“

Dcs „Dresdener Journal“ meldet :

In neuerer Zeit hat \sich im Bereih der großen Zwickauer Koblenwerke ein Mangel an Arbeitskräften fühlbar gemacht. Es läßt sih heute erfreulider Weise konstatiren, daß diese Erscheinung nicht nur hervorgerufen ist dur die FurÞbt vor einem zeitigen Win- ter, sondern auc dadur, daß der Kohlenkonsum dur ein Aufleben der säcbsisben Industrie wesentli gesteigert wird. Nicbt nur in der Chemnitze-Zwickau:-Meeraner Gegend, sondern im ganzen Erzgebirge und Voigtlande rauhen wiederum viele Schblote, welche noch vor einem Jahre kolt stehen mußten.

Demselben Blatt wird aus Weimar, 18. Oktober, be- riht-t:

Die bis in die letzte Zeit aufrecht erhaltene unwaßhre Behauv- tung der links-liberalen Wortführer, daß die neue Zoll- und Wirth- \caftêspolitik den deutshen Erxrportverkehr ruinire, wird durch die Thatsachen auf das Schlagertste widerlegt. Wie aus fast allen übri- gen Konsulatébezirken, so liegen jeßt aub aus dem sonne berger Bezirk amtliwe Mittheilungen vor, welche ein sebr erheb- lides Stiigen der Ausfuhr naþ den Vereinigten Staaten konstatiren. Günstig gestalteten sich die Verbältnisse inébesondere für die Spielwaaren- Industrie, welhe den \üdöstliden Theil des Thü- ringer Waldes beberrs{t. Die Ausfuhr von Spielwaaren nach der Union, welche im letzten Quartal des Vorjahres nur 58000 M und im ersten Quartal 1882 rur 48009 Æ betragen batte, stieg im ¡weiten Quartal des laufenden Jahres auf 204 000, im dritten sogor auf 257 000 M. i

Dem „Metallarbeiter“ {reibt man aus Wien, den 18. d. M :

In allen Kulturstaaten hat man im letzten Jahrzehnt mit dem Prinzip des Freihandels gebroden und ten „Schuß der nationalen Arbeit“ als obersten volkêwirtbschaftlidben Grundsay adoptirt, aller- dings aber mit durhaus nit überall dem gleichen Erfolge. Während es z. B. Deutschland gelungen ist, die Einfubr landwirtbscbaftlicher Produkte vom Osten ganz bedeutend mw ers{weren, während Rußland dur feine, den Cha1akter von Probibitivzöllen tragender, folossaien Tariferhöbunacn den Export manher Waarer- gäattungen, vor allcn von Artikeln der Eisen- und Metallbranche fast ganz aufgehoben und die ausländischen Industriellen zur Anlage zabl- rcicer Fabrikéetablissements an der Grenze auf ruïsishem Territorirm veranlaßt bat, haben unsere Sbutmaßregelyr, wenigstens was die Eisen- und Metallroaarenindustrie betrifft, biétber, d. h. bis ¡um 1, Juli d. I., soweit die amtliten Nachweise vorliegen, cine fori- währende Steigerung der Einfuhrquantitäten für die meisten Artikel nit verdbindern können Nicht ohne Grund sucht Profesor Tunner in scinem Vortrage beim „Jron & Steel Jastitute* eine Schädigung der österreibischen Eisenindustrie weniger in der unge nügenden Höhe der Zollsätze als în den vielen Ausnahmen von den sclben

Statistische Machrichten.

Nach Mütheilung des Statistischen Amtes der Stad! Berlin sind bei ten biesigen Standesämtern in der Wodhe vom s, Vfteber bis inkl, 14, ODftoder cr. zur Anmcidung gekommen! 483 Etescbliefungen, §72 Ledbendgeborene, 40 Todtgedoreae, 540 Sterbefälle.

Jn dem neuesten Bande des Behm - Waanerschen Werls „Die Bevölkerung der Erde, jährlide Uebersicht über neue Arecalberenungen, Gebietêveränderunzen, Zählungen und Schätzungea der Bevölkerung auf der gesammten Erdoberfläche* (Ergänzungébel! Nr. 69 zu Petermanns Mittheilungen. Gotha, Justus Perthes) finden wix auch eine Uebersicht der Kolonien und auswärtigen Besiyuñgen europäisher Staaten. An der Spiye derselken

| Fteht Großbritannien mit auswärtigen Besitzungen und Kolonien von

einem Gesammtareal von 19806011 gkm und 201 191 000 Be- wohnern, wenn man abec noch die Schußstaaten Indiens und Transvaal mit 1806234 gkm und 54910000 Bewohnern hinzu- rechnet, cinem Total von 21 612 245 qkm und 256 191 000 Bewohnern. Auf Großbritannien folgen die Niederlande mit 1979 939 gkm und ‘28 333 000 Bewohnern, Portugal mit 1827 970 gkm und 3 646 000 Bewohnern, Frankreih mit einem Kolonienbesiß von 877 665 gkm und 5 614 400 Bewohnern, oder, wenn man die Schußtstaaten Cambodja und Tunis mit 200299 qkm und 2990000 Bewohnern hinzurechnet, 1077874 qkm mit 8604400 Be- wohnern, Spanien mit 436647 qkm und 8839000 Bewohnern, Dänemark mit 194577 gkm und 127 400 Bewohnern und Jtalien mit 632 gkm (neu erworbene Kolonie Affsab) und 177 Bewohnern. Rußland und die Türkei endlich haben an außereuropäischen Be- fizungen: ersteres (in Asien) 16 312 604 qkm mit 14696 750 Be- wohnern, leßtere in Asien 1 299 069 gkm mit 16 357 190 Bewohnern, in Ascifka 4025249 qkm mit 17410 000 Bewohnern. Den Hauptbesiy Großbritanniens an Kolonien außer dem euro- päischen (Helgoland, 0,6 gkm mit 1913 Bew., Gibraltar 5 gkm mit 18 014 Bew. und Malta, 322,6 qkm mit 154 198 Bew. oder zusam- men 328 qkm mit 174125 Bew.) bilden in Asien (zusammen 2396 276 qkm mit 189 576700 Bew.): Britis-Indien mit 2 253 252 qkm unmittelbaren Besißes und 186040033 Bew., Ceylon mit 63976 gkm und 2606930 Bew., Cypern mit 9601 gkm und 185 916 Bew. und Nord-Bornco mit 57 000 gkm aber nur 150 000 Bew., denen sich dann die Nikokaren und Andamanen, die Straits- Settlements, Hongkong, Labuan, die Kecling-Inseln, Aden, Perim und die (allerdings in den offiziellen Kolonialtabellen nit namhaft aufgeführten) Kuria-Muria-Inseln, Mosha und Kamaran anreihen ; in Australien und Polynesien (Total 7 988942 gkm mit 2 909 866 Bew.) ; das Festland 7 627 832 gkm mit 2131 654 Bew., Neuseeland und die Chatham-Inseln 271 680 qkm mit 534032 Bew., Taëmanien mit 67 894 qkm, aber nur 115705 Bew,, die Fidschi-Inseln und Rotumah 20 837 gkm mit 127 679 Bew., wozu dann noch die (in den

"Listen nicht offiziell aufgeführten) Aukland-, Lord- Howe- und Norfolk-

Infeln sowie Caroline, Starbuck, Malden und Fanning kommen ; ferner in Afrika (Total 720382 qkm mit 2549500 Bew.) ; Britisch - Südafrika mit 677218 qkm und 1728492 Bew., die britishen Besißungen an der Westküste mit 40 108 gkm und 444 000 Bew., Mauritius und Dependenzen mit 2656 gkm und 370 730 Bew., sowie ferner St. Helena und (in den offiziellen Ko- [lonialtabellen niht aufgeführt) die Angra-Pequeïa- Bay, die JIchaboe- Insel, die Walfish-Bay, Asëcension, Tristan da Cunha, Neu-Amster- dam und St. Paul : in Amerika (Total 8 700083 gkm mit 5 980913 Bew.); das Dominion of Canada mit 8 301 503 qkm und 4324 810 Bew, Britisch: Guyana mit 221 243 gkm und nur 248 110 Bew., Neu- Fundland mit 110 670 gkm und 161374 Bew., Britisch-Westindien mit 34500 gm und 1206522 Bew., Britisch-Honduras mit 19585 qkm, aber nur 24710 Bew., die Falkland-Inseln mit 12582 gkm, aber nur 1431 Bew., und die Bermudas-Inseln; an Schußstaaten endlih unterstehen der britischen Krone in Indien 1520871 qkm mit 54 100000 Bew und die Transvaalrepublik mit 285 363 gkm und 810 158 Bew. Die Niederlande besitzen folgende Kolonien: in Asien die Sundainseln und Molukken mit 1462 400 gkm und 27 962 000 Bew. ; Neu-Guinea und Papuainseln mit 397 088 qkm und 265 009 Bew.; ferner in Amerika: Westindien und Surinam (Niederländish-Guyana) mit 120 451 gkm und 105972 Bew. Portugal besitzt in Eurova die Azoren mit 2388 qkm und 259 800 Bew,., ferner in Afrika (Total 1805 gkm), Angola, Benguela, Mossa- medes (810 000 gkm mit ca. 200000 Bew.), Sofala und Moçam- bique (9900 0 gkm und 300 000 Bew.), die Capverdischen Inseln, St. Thomé, Principe und andere Inseln, sowie Madeira und Colonien in Senegambien; in Asien (Total 19 667 gkm mit 822 (00 Bew.) Timor (Ofthälfte) mit Kambing, Diou, Goa, Damao und Macao. Frank- reis Besiß an Kolonien vertheilt ih folgendermaßen: in Asien (59 965 gkm mit 1 873 700 Bew.): Cochincbina uad Besißungen in Vorderindien; in Oceanien (23 491 qkm mit 78056 Bew.): Neu- Caledonien und Loyalty-Inseln, Marquesas-Inseln, Tahiti-Gruppe, Tubuai, Vavitao, Oparo, Tuamotu-Archipel und Klipperton-Insel ; in Afrika: Algier mit 667065 qkm mit 2867 626 Bew., ferner Französish-Senegambien (ohne Angabe des Areals und ca. 193 000 Bew.), Gabun (ungemessen und ungezählt), Reunion und die Küsten- inseln Madagaskar; in Amerika: Französish - Guyana mit 121413 qkm und 36000 Bew., ferner St. Pierre und Miquelon, Martinique, Guadeloupe und Dependenzen; dazu die Schußstaaten: Tunis mit 116 348 qkm und 21000090 Bew., Cambodja mit 83861 qkm uyd 890 000 Bero. Spanien besitt in Afrika (9728 qkm mit 315 400 Bew ): die Canarischen Insela und die Guinea-Inseln; in Amerika (128 147 qkm mit 2 178 962 Bew.) die Inseln Cuba, Portorico u. a.; in Asien (298 772 qkm mit 6 344 700 Bew.): die Philippinen und Sulu-Inseln, die Ma- rianen, die Carolinen, die Palau- und West-Carolinen. Italien hat an auéwärtigen Besitzungen nur die erst neuerdings er- worbene Kolonie Affab îin Ostafrika (632 qkm mit 177 Bew.). Dôânemark hat an Nebenländern in Europa die Insel Island (104 735 qkm mit 72 438 Bew.) und die Faröer-Jnsecln (1333 qkm mit 11220 Bew. ), in Amerika Grönland (88 109 qkm mit 10 000 Bew.) und die dänischen Antillen (359 qkm mit 33763 Bew.). Mufi- lands außercuropäiscer (asiatischer) Besi beziffert si wie folgt: Kaukasus 472 666 qkm mit 5546 554 Bew., transkaspiscbes Terris- torium 327 068,7 qkm mit 203 009 Bew., Sibirien 12495 109,5 qkm mit 3911200 Bew. uud Central-Asien 3017760 qkm mit 5036 000 Bew., also in Summa 16 312 604 akm mit 14 696 750 Bew. Die Türkei hat in Europa au unmittelbaren Besitzungen 165 438 qkm mit 4490 000 Berw., an mittelbaren 160 938 qkm mit 1141000 Bew. ; in Asien an unmittelbaren Besitzungen 1 889000 qkm mit 16 133 000 Bew., mittelbar Samos und Cypern (10 069 qkm und 224 190 Bew.); in Afrika an unmittelbaren Besinungen Tripolis mit 1038 349 qkm und 1010000 Bew., sowie ferner Ezvpten mit 2 986 900 qkm und 16 400 000 Bew,

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Gescbicbtsblätter für Stadt und Land Magde- burg. Mittheilungen des Vercins für Geschichte und Altertbumt- lunde des Herzogthums und Erzftifsts Magdeburz. Herausgegeben vom Vorstande des Vercins, 17, Jahrgang 1882, 3, Heft, Mit 2 litbographiscen Tafeln. Magdebura, Verlog der Scbäferscben Buchhandlung. Dieses neueste Heft der Zeitschrift bringt außer einer weiteren Fortseßung der „Beiträge zur Gesbichte der Buch- dructerkunst in Magdeburg“, vom Gymnasial-Oberlchrer Fricdrih Hülße, einen interessanten urkundlicben Beitrag, bestebend in den wörtli abaedruckten drei ältesten Wilikühren der Stadt Bura, aus den Jahren 1474, 1576 und 1588, mitgetheilt vom Stadtrath Wolter daselbst, Die dann folgende Beschreibung der Stadt- und Pfarrkirche ¡ju St. Matien in Aken a. d. Elbe und ihres \{höôner, etwa 400 Jahre alten Holzscbnitzaltars, vom Pfarrer W. Zahn, ist von wei Tafela mit Grundriß und lithograpbirten Ansichten begleitet, Die Grab- gewölbe der Kirche sind der Gegenstand cines besonderen Artikels Von demselben Verfasser, der darin cin Verzeichniß der dort bestatteteu alten Prediger, Rathehberren, Patrizier, Comthure und Offiziere giebt. Von der cingebenden Verfassungsgeschichte dec Stadt Magdeburg bis zum Ausgange des 13, Jabrhunderis, voa Dr. Aaton Hagedorn, be- ginnt in dem vorliegenden Heft das dritte und letite Kapitel, welches die Darstellung am Ende des 12. Jahrbunderts aufnimmt und weiter sübrt, Am Scbluß endlih wird dem verslorbenea Propst und Di- reftor des Pâdagogiums zum Kloster Unser Lieben Frauen, Prof. Dr. Albert Bormann, von K. Paulsiek ein Nachruf gewidmet.

Im Verlage von Alerius Kießling in Berlin 8, Branden- burgstr., 64, erschien soeben Kießlings Großer Verkehr8pian von Berlin bis Spandau und Lichterfelde, im Makstab von 1 : 25 000 entworfen und gestocben von H. Berger, mit volle sländigem Bebauung#plan von den Umgebungen, nebst voll- Händigem Straßenverzeichniß Berlins und sämmiliter Ortschaften der Umgegend. In „-sfarb, Dru, leg. kart. Preis 21 M, in

P

3farb. Drúuck 2 A, in farb. Druck 14 Æ Der in sauberstem Farbendruck hergestellte Plan umfaßt einen vollständigen, bis auf die jüngste Zeit fortgeführten Plan von Berlin mit seiner ein- bis zwei- meiligen Umgebung. Letztere rci&t westliw bis hinter Spandau, um- faßt alfo aub den ganzen Grunewald, geht südlich bis Lichterfelde, Mariendorf und Brit, sstlich bis hinter Lichtenberg und nördlich bis Heinerédorf, Pankow und Tegel. Sämmiliche Eisenbahnen und Pferdebahnen, sowie die elektrishe Bahn in Licterfelde sind in roth gedruckt, so daß die Verkehr8wege zwischen Berlin und den Ortschaften der Umgegend in übersitlihster Weise hervortreten. Bei den von Jahr zu Jahr stärker werdenden Beziehungen Berlins zu den Vororten füllt dieser neue Plan eine in vielen Kreisen empfundene Lücke aus ; der geringe Preis wird die Verbreitung des Planes wesentlich förderr.

In demselben Verlage erschien soeben die Winterausgabe 1882/83 von „Kießlings Berliner Verkehr“, 96 Seiten in Westen- taschen Format, Preis 30 4, mit den zuverlässigen Winter-Fahr- plänen sämmtlicher von Berlin ausgehenden Eisenbahnen, incl. der Stadt- und Ringbahn, sämmtliher Pferdebahnen, der elektrischen Bahn, dem Omnibus-, Droschkentarif und Stundenplan sämmtlicher Sehens8würdigkeiten Berlins. Das Werkchen hat sich dur seine praktische und gewissenhafte Bearbeitung sowie dur sein handliches Format bei dem Berliner und Fremden-Publikum gut eingefühct und wird auch die neue Auflage verdienten Beifall finden.

Sewerbe und Handel.

Die hiesigen Firmen Mendelssohn & Co. und Robert Warschauer & Co. laden durch Inserat zur Subskription cuf die von der russishen Regierung garantirten dreiprozentigen Obligationen der Transcaucasishen Cisenbahn-Gesellschaft cin. Die Subskription findet am 24. d. M. statt und der Subskciptionspreis beträgt 55%. Ueber die Bahn selbs entnimmt die „Berl. Börf. Ztg.“ einem vorliegenden Bericht Folgendes: Die Trans- caucasische Eisenbahn is die Fortsezung der Poti-Tiflis- Bahn. Die gesammte Linie hat eine Länge von 947 Werst (1020 km), die flih, wie folgt, auf die einzelnen Strecken vertheilt: 1) 289 Werst: Alte Linie Poti-Tiflis, 2) 520 Werst: Neue Linie von Poti nah Baku mit Zweigbahn bis zu den Quais von Baku am Kaspischen Meere, 3) 7% Werst: Zweigbahn nach Kutais, 4) 25 Werst: Zweigbahn von Baku nab den Naphtaquellen, 9) 105 Werst: Zweigbahn an der Station Samtredi nah dem Hafen von Batum am Schwarzen Meere. Das ursprüngliche Kapital der Poti-Tiflis-Gisenbahn mit den Ergänzungs-Unternehmungen belief sih auf 2824000 Rbl. Metall. Diese 28240000 Rbl. Metall (Aktien und Obligationen) sind garantirt im Verhältnisse von 5/0 Verzinsung und 1/10 "/9 Amortisation durch die Kaiserlich russische Regierung. Die Kosten der Linie von Tiflis nah Baku sind auf 34 Millionen festgeseßt worden. Für die Strecke nach Batum wird das Kapital die wirklihen Kosten aufweisen, d. h. die Kosten werden den Betrag des Kapitals bestimmen. Für die Linien von Baku und von Batum wird das ganze erforderliche Kapital in Obligationen emittirt. Auf Grund der Entscheidung des Minister-Comités ist die Transcaucasische Gesellschaft ermächtigt, zu emittiren: 445 210 Obligationen in Stücken zu 125 Rbl. Metall = 408 „6 Diese Obligationen genteßen die unbedingte Garantie der Regierung vom Tage der Emission ab, für die Zahlung von 3% jährliche Zinsen und der Tilgung (0,426 jährli) in 70 Jahren. Die ganze Linie is \chon gebaut. Betriebszüge sind bereits im Gange. Die Eröffnung für den Verkehr, für Reisende und für Waaren, wird aber erst im Januar 1883 erfolgen.

New-York, 20. Oktober. (W. T. B) Baumwollen- Wochenbericht. Zufuhren in allen Unionshäfen 241000 B,, Ausfuhr nach Großbritannien 75 000 B., Ausfuhr nah dem Konti- nent 54 000 B., Vorrath 474 000 B,

Berktebhrs-:Unftalten.

Southampton, 20. Oktober. (W. T. B.) Der Dampfer des Norddeutschen Lloyd „Elbe“ ift hier eingetroffen.

Berlin, 21. Oktober 1882.

Der Verein Concordia hatte für die beste Lösung der Frage über „Die rationellste Anlage und Errichtung von Wohnhäusern für je eine Arbeiterfamilie unter Berücksichtigung der Ver- hältnisse in verschiedenen Theilen Deutschlands, sowobl in Städten als auf dem Lande“ zwei Preise von 1200 M resp. 600 #4 ausge- seßt. Das Preisgeriht war von den Herren Geh. Regierungs-Rath Professor Dr. Finkelnburg-Bonn, Geh. Kommerzien-Rath Baare- Bochum, Ober-Stabsarzt a. D. Dr, Börner- Berlin, Bau- Inspektor C. G. Braun-Saarbrücken und Stadt-Baumeister Kreyßig-Mainz gebildet worden. In seiner vor einigen Tagen abgehaltenen Scblußsitung hat das Preiëgeribt besblossen, dem Architekten Hrn. I. Schmölcke- Holzminden den ersten Preis von 1200 Æ unter der Bedingung zu verleihen, daß einige näber bezeichnete Veränderungen und Verbesse- rungen an der Schrift würden getroffen werden. Hr. S{mölcke bat sib hierzu bereit erklärt, und die Schrift wird nun demnäcbst zur Ver- öffentlihung gelangen. Der zweite Preis kam nit zur Verleibung, dagegen wurde aus ibm dem Hrn. A. Scneeweis-Scblierbab und dem Konsortium Herren Professor Sevin- Mobëbach (Baden) und Stadt- baumeister Carl Lattner - Villingen als Ersatz für die aufgewendete Mühe und als Anerkennung der Betrag von je 300 X mit der Be- dingung zugewendet, daß, obne Auss{luß der direkten eigenen Ver- wendung, der Verein die betreffenden Schriften beliebig zu benutzen berechtigt erscheine.

Die Finanzen Frankreichs. (Stat. Corr.) Frankcei bat si nach der Katastrophe von 1870/71 rascher, als man voraus- seyen konnte, erholt. Wenn man bedenkt, daß ein Krica auf dem Boden dieses Landes selbst wüthete, der ibm direkt 10 Milliarden lostete, abgesehen von den unberecenbaren indirekten Verlusten, welche derselbe für die nationale Wirtbschaft im Gefolge batte; daß zwei Provinzen vom Staatêganzen losgelöfst rourden, obne den auf sie entfallenden Theil der Staatsschuld mitzunebhmen ; daß die Staats- cinfünfte sih dur den Fortfall der Einnahmen aus diesen Provinzen bedeutend verringerten, während der Staatébedarf \sih um fast die Hälfte steigerte, so muß die wirthschaftlihe Kraft, welchbe Frankrei an den Tag gelegt, die Schnelligkeit, mit welcher cs die Folgen jener Prüfung überrounden hat, mit Recht Staunen erwecken und die Frage nah den Ursachen einer solchen Kraftentwoickelung an- rege!

Abgesehen von den reiben natürlidben Hülfäguellen, welcbe unserem Nachbarlande inncwohnen, und der Opfecfreudigkeit seiner Bewohner darf der Grund dieser \{naellen Wiedergeburt wobl nicbt an letiter Stelle in dem Kinanzsvysteme gesuHt werdey, dessen Frank- reich i erfreut.

Das französisde Finanzwesen ist son wiederholt der Gegenstand des Studiums hervorragender Nationalökonomen gewesen. Zuletzt hat sid dieser Aufgabe der Professor der Staatéwifienshaften an der technischen Hochscbule zu Aachen, Dr. Richard von Kaufmann, in seinem Werke „Die Finanzen Frankreichs“ (Leipzig, Verlag des Bibliogcavbischen Jaslituls, 1882) unterzogen.

Der Verfasser licfert in dicsem wobldur{dabten und auf gc- wissenhaften Quellenstudien beruhenden Werke in möglichst populärer Form ein getreues und eishôvfendes Bild des gesammten französi- sen Finanzwesens in seiner gegenwärtigen Gestaltung, in seinem Svsteme und seiner ökonomishen Bedeutung. Gine ähnliche umfas- sende Darstellung der Finanzverwaltung Frankreichs ist war vor einem Vierteljahrhundert von Karl Rüter von Hock hbearhbei- tet, seitdem ader niht neu aufgelegt worden; dasselbe erin- nert auch oftmals mehr an eine Geset-Sammlung, als an eine wissenschaftlide Studie. Anders von Kausmann. Derselbe icbt, stets die Theorien der Wissenschaft und die Kritik im Auge be-

altend, ohne deshalb den objefiiren Standpunkt u verlieren, in der Einleitung seines Werkes, dem sich später die Darstellung des Finanz

wesens der andere teabtigften Kulturstaaten aureihen soll, zunä einen Ueberblick über die Finanzen Franfreichs bis zum Jahre 1879 und \chließt bieran eine gemeinfaßliwe Darstellung der konkreten Verhältnisse, wie fie das französishe Finanzrecht und die französise Finanzverwaltung, sowie die Staatseinnahmen und Ausgaben in ihrer Entwickelung bis zur Gegenwart zeigen. Der Entstebung und pen des Budgets ift ein besonderer Abschnitt gewidmet. Ein Resumé, Vergleichungen und Konklusionen erleichtern den Ueberblick des Stoffes und machen das Werk mit dem systematish geordneten Jn- haltêsverzeihnifse und dem beigegebenen ausführlichen Sachregister zu- gleih zu einem fehr braubbaren Nachschlagebuche.

Das Gesammtergebniß der „Enquete“, als welhe der Verfasser seine Arbeit bezeichnet sehen möchte, ift na den verschiedensten Seiten hin ein überaus lehrreibes.

Mit dem Jahre 1789 trat im Finanzwesen Fcankreihs eine epohemachende Wendung ein, welche si charakterisirte in der genauen, sorgfältigen und sid dabei vielfach kentrolirenden Buchführung, in der strengen, hierarchisch{ gegliederten Aufsicht und in dem die Gesammt- heit der Finanzbeamten durchdringenten Pflihtgefühle. Mitten im Ghao3 der französishen Revolution wurden die Keime zu dem neuen Finanzsysteme gelegt. Die Entwikelung desselben erfolgte \{hrittweise, aber unaufhaltsam, und der seit dem Jahre 1789 so häufige Wech\el der Regierungsform hat auf diese Entwicklung einen ‘weit geringeren Einfluß ausgeübt, als man anzunehmen geneigt ist.

Die Haupt-Einnahmequelle Frankreichs bilden die in indirekten Steuern, denen gegenüber die direkten Steuern eine nur untergeord- nete Stelle einnehmen. Letztere betrugen von den auf 2777 Milionen geshätßten ordentlichen Einkünften des Budgets für 1881 nur 379 Millionen Francs.

Die Uebersicht sämmtlicher direkten Steuern nach der franzö- sischen offiziellen Eintheilung, auf Grund des Budget8entwurfes für 1881, ergiebt Folgendes.

Die vier Grundformen der direkten Staatésteuern und ihre Be- träge find :

die Grundsteuer 2008 e « Personal- und Mobiliarsteuer 52 157 718 Thür- und Fenstersteuer 36 588 009 ,„ Gewerel 73 876 000 , An Zusätßen zu diesen Hauptsummen, motivirt durch die neu gebauten Häuser, treten : an Grundsteuer .. .. . , 474082 Fr. « Personal- und Mobiliacsteuer 592282 j, « Thür- und Fenstersteuer . . 161 991 ferner an allgemeinen Zuschlagscentimes : bei der Personal- und Mobiliarsteuer 8 967 500 Fr. «» » Thür- und Fenstersteuer . . 5806500 , « « Gewerbesteuer . e L 2E an außerordentlichen allgemeinen Zuscblagscentimes: bet der Gewerbesteuer. . , , , , 15880.009 Fr., sowie endlich für Anfertigung der Steuerzettel : 3 SuscblagdcentimeS 594 v00 Fr.

Dies ergiebt zusammen 380 647 800 Fr., wovon abzuzieben sind für den Rückkauf der Maklerchargen 1 249 500 Fr., so daß in Summe 379 398 300 Fr. als Ergebniß der direkten Steuern verbleiben, wozu noc die den direkten Steuern assimilirten Abgaben im Betrage von 23 407 670 Fr. treten.

Die indirekten Steuern nehmen dem gegenüber in Frankrei die mannichfaltigsten Formen an. Der Verfasser theilt sie in fol- gende 5 Kategorien ein: 1) Akten- und Besitwechsel-Abgaben, 2) Kon- sumsteuern, 3) Zölle, 4) Monopole, N Gebühren für geleistete Dienste. In ER Budgetvorschlage für 1881 find diese Steuern, wie folgt, ange]eßT.

die Einregislrirung . . . . . . wit 519991000 Fr. e O L 140 467 000 « Zôlle und das Salz Gia d 327 206 000 e indirektenSteucra und Monopole 1 048 563 000 Posten . S «109 492 000 Telegraphen T 26 508 000 ,„ zusammen 2 172 227 000 Fr.

Eine wichtige Einnahmcquelle haben in ers bei den in- direkten Steuern stets die Konsumsteuern gebildet, welche si nach von Kaufmann für 1881 auf 701 558 000 Fr. beliefen, und zwar:

Getränke eins{l. Licenzsteuern 404 025 000 Fr. Zuer (inländischer) . 124044 000 ,„ A 33791000 , Transportfsteucrn . 79 299 000 ,„ andere Steuern E 61 399 C00 ,„

Die Getränke bilden von den Konsumsteuern die einträgliste Einnahmequelle. Den besten Beweis für die Zweckmäßigkeit einer Konsumsteuer auf Getränke liefern folgende Zahlen: Die Konsumtion betrug pro Kopf der französiswen Bevölkerung in den Jahren:

1840 1850 1859 1875

L S 58 60 1 5990 1 77,38 1

«, Spirituosen. 1,50, 1,60 290, 2,75

o E 11,40, 1860 , 19,87

Die im Laufe der Zeit gesteigerten Abgaben baben also der Konsumtion offenbar nit geschadet.

Vergleiht man mit dem Verfosser des angezeigten Werkes die durbschnittlide Berikbeilung sämmtlicher Einnahmen, und insbesondere derjenigen aus den Steuern, auf den Kopf der Bevölkerung Frankreihs und Preußens, so ergiebt sib, daß in ersterem Lande von sämmtlihen Einnahmen durbschnittlich 62 M, in Prevßen 42 A, von den Steuern aber in Frankrei 53 M, in Preußen dagegen nur 18 M auf den Einwobner entfallen Die direkten Steuern machen in Frankreich 16 "/, in Preußen 36 9/4 sämmtlicber Steuereinnahrmnen aus; dem entsprebend beläuft sich das Verhältniß der indirekten Steuern in Frankreih auf 84%, in Preufeen dagegen nur auf 649/9 der Steuercinnabmen. Eine Ver- gleihung der durs{nittliben Besteuerung pro Kopf der Bevölke- rung in den größeren Kul!turstaaten Europas, wie sie der Verfasser im Sclußkapitel seines Werkes noch vorgenommen, zeigt ferner, daß Frankrei mit 53 M pro Kopf das meist besteuerte Land ist: am näâcbsten lommen ihm Großbritannien und Jrland mit 40 4; daun folgen Niederland mit 38 M, Italien und Spanien mit 36 4 pro Kopf der Bevölkerung. Fernec ergiebt sib, daß, wenn man Nor- wegen auênimmt, in dessen Budget überbaupt keine direkten Steuern figurirea, Fcanfrcih die verbältnißmäßig geringste Proportion an tireïten S euern aufweist, cin Umstand, der diesem Lande das Tragen sciacr S1cuerlast zweifellos nit un:ve*entlich erlcibtert und die auf Abänderung des bisherigen Steuersvstems gerichteten Bestrebungen nicht unbedenkli erscheinen läßt

Sehr interessant ist in dem Kaufmannshen Werke “noch der die franzöfisden Monopole und intbesondere die Geschihte und Organi- sation des in Frankfeih bercits vor 200 Jahren eingeführten, 1790 aufgebobenen, 1810 aber aus Finanzgründen reaftivirten Tabackmono- pols behandelnde Abschnitt, dec seit dem Jahre 1811 eine stcigende Erböbung des Ueberschusses aus dieser Einnabmequelle von dur{- s{nittlih 23 Mill. ia - dec Periode 1811/14 auf 262 Mill. Frs. im Jahre 1876 nacdweist, eine abl, welche bis zum Jahre 1880 sogar auf 284 Mig. Fr. geftiegen ift.

Im Victoria-Theater wind Hr. Friedri Haase am 3, No- vember zum Benefiz für ten Lettevercin sowie am 5. November in dem Schauspiel „Ricdclien* auftreten

Friedrich - Wilhelwstädtishes Theater. Die in kurzer Zeit so beliebt gewordene Millöcktersbe Operette „Die Jungfrau von Belleville* wird von morgen, Sonntag, ab durch eine neue eifektoolle Couplet-Einlage bercihert. Dieselbe gelangt dur Hrn. Wellbof im 2. Akt zum Vortrage.

Im Wilbelm- Theater fiadet „Die vergyügte Welt* von A. Weirauch allabendlih den größten Beifall des Publikums. Dee Reiz der Novität wird dadurch noch erbôút werden, daß eine neue Couplet-Cinalage von A. Weiraub morgen, Sonntag, von Hrn. Ascher zum ersten Male gesungen werden wird.