1882 / 289 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 08 Dec 1882 18:00:01 GMT) scan diff

bereit3 eingestellt der Betrag von 104 Millionen Mark in Folge des bekannten Aatrages bei der IIT. Lesung des laufenden Etats, es bleiben also no% zur Verfügung für den Etat pro 1883/84 144 Millionen Mark, die Sie au in diesem Etat als Ueberschuß aus früheren Jahren eingestellt finden. .

Wenn ih kurz die Ausgaben und Einnahmen des abgelaufenen Rechnungsjahres in Betracht ziehe, so kann ih mich dahin resumiren, daß fih die Ausgaben im Wesentlichen innerhalb der veranschlagten Grenzen bewegt haben, daß sie den Etatsansblag unter Gegen- rechnung der Ersparnisse nur um etwa 825 000 4 im Ganzen über- \{ritten haben, und daß dagegen die Einnahmen durchweg fast ein außerordentlich günstiges Ergebniß aufzuweisen haben. Jch erwähne nur die Rübensteuer, die, abgesehen von den in den Etat des Jahres 1882/83 übertragenen 12000000 4, noch mit cinem Mehr von 9 Millionen Mark? abgesclossen hat; es ist das zurücfzu- führen allerdings auf die Veränderung der Fristen für die Zahlung der Ausfuhrvergütungen. Es hat ferner namentlich einen sehr günstigen Abschluß aufzuweisen gehabt die Post- und Tele- graphenverwaltung und die Eisenbabnverwaltung. Jede {ließt mit cinem Ueberschuß von mehr als 5 Millionen Mark ab, ein \prechen- der Beweis für den Aufschwung des wirthschaftlichen Lebens und des Verkehrs, und zugleich auch der Beweis sür die Energie und Umsicht, mit der diese Verwaltungen geleitet worden. Auch fonst ergeben {ih bei den übrigen Einnahmeposten fast durchweg Steigerungen, zum Theil erhebliherer, zum Theil weniger erheblicher Art; ih will nun uo hinweisen auf die Steigerung der Branntweinsteuer, der Brau- steuer, ‘der Wechselstempelsteuer und hervorheben, daß nur eine Steuer anscheinend fortwährend zurübleibt hinter den etatsmäßigen Erwar- tungen, das ist die Spielkartenstempelsteuer, es is das aber wohl kein besondéres Unglück. Jch möchte dann noch kurz einen Blick werfen auf die Ergebnisse der Zölle und der Tabalksteuer, die ja für den Reichshaushalts - Etat die besondere Bedeutung durh- laufender Post haben, aber doch von hoher Bedeutung * sind sowohl für die Beurtheilung der allgemeinen Saclage, als auch für die Finanzen der Einzelstaaten. Die Zôlle haben mit einem Ausfalle von gegen 7 Millionen Mark abges{blossen. Derselbe erklärt si, wie \{chon im vorigen Jahre von dieser Stelle aus gesagt worden ist, da- dur, daß bei der Veranshlagung des Etats für 1881/32 in der That der Das in Folge von Anlässen, die ih hier nicht weiter auseinanderzuseßen habe, zu hoc gegriffen ist. Immerhin ergeben die Zölle günstige Erträge und eine thatsählihe Steigerung gegenüber den früheren Einnahmen. Die Tabacksteuer hat in Folge der Aus- dehnung des Tabackbaues mit einem Plus von 2 Millionen abge- \{lo}sen. Es würde also die Auszahlung an die Bundesstaaten für das Jahr 1881/82 gegenüber dem Etat um 4,7 Millionen sich ver- ringert haben. Daß dies nicht eingetreten ist, ist darauf zurückzufüh- ren, daß die Resultate der Reichsstempelabgabe in dem Etat pro 1881/82 nicht veranschlagt worden waren, weil diese erst später geseßlih eingeführt worden sind. Der Ertrag der Neichs-Stempel- abgabe beziffert sih pro 1881/82 auf etwa 6 Millionen Mark, wer- den diese 6 Millionen auf den vorhin erwähnten Ausfall von 4 700 000 M angerenet, so ergiebt sich immer noch die Heraus- zahlung einer um 13/10 Millionen größeren Summe, als der Etat voraus3!eßte. :

Meine Herren! Ich kann übergehen auf die laufende Rechnungs8- periode, auf das Jahr 1882/83, um Jhnen ein Bild von den Schähungen zu geben, die über die Ergebnisse dieses RNeich8haushalts gemacht worden sind. Die entspre{henden Mittheilungen hatten in früheren Jahren vorwiegend ein mehr allgemeines kolorirendes Inter- esse, während sie fer die vorliegende Ctatsbehandlung in doppelter Hinsicht von praktisher Bedeutung sind. In den Etat pro 1883/84 ist als Ueberschuß aus früheren Jahren eingestellt das Rechnungs8- ergebniß des Reichshaushalt3 von 1881/82, soweit darüber nicht be- reits durch den Gtat des jeßt laufenden Jahres- dis8ponirt war. Es würde also in den Etat 1884/85 einzustellen sein das entsprechende Ergebniß des laufenden Jahres. Das liegt nun rechnungsmäßig noch nicht vor, und es bildet die Behandlung dieses JahreLergebnisses einen der Punkte, in welchem diese Etatsaufstellung abweicht von der des nächsten Jahres. Es war, um überhaupt einen Ueberschuß ein- zustellen, nöthig, anstatt eines wirklihen Ergebnisses ein muthmaß- lies anzuseßen, Jn zweiter Beziehung waren bet den Fraktions- re{nungen für die einzelnen Spezialetats gleichfalls die rechnungs- mäßigen Ergebnisse dieses leßten Jahres anzunehmen. Auch sie lagen noch nit vor, und die Regierung hatte sich zu fragen, ob dem Etat für 1884/85 in Betreff des noch laufenden Jahres die Etatsanschläge für Leßteres oder die vorausfihtlihen wirklichen Ergebnisse bei den Fraktionsrechnungen zu Grunde zu legen seien. Sie hat bei den minderwichtigen Positionen geglaubt, wo es sich um erhebliche Beträge nit handeln kann, die Etatsansäße benuzen zu können, als das bei der izraktion zu berücksihtigende Ergebniß des laufenden Jahres. Dagegen hat sie bei allen wihtigen Positionen, bei den Einnahmepositionen sowohl als bei einzelnen Ausgabepositio- nen an Stelle der noþ nicht vorliegenden Rechnungtergebnisse des laufenden Jahres die wahrsceinliden Ergebnisse, wie sie zur Zeit sib schäßen lassen, dem Etatsanscblage zu Grunde gelegt. Unter diesen Umständen war es doppelt geboten, daß die Shäßzungsergeb- nisse des laufenden Jahres mit möglichster Vorsicht aufgestellt würden. Es ift deshalb an alle Verwaltungen das Ersuchen ergangen, in dieser N ames an der Hand des ibnen zugänglichen Materials die nöthigen Erhebungen zu veranstalten und die geshäßten Beträge mitzutheilen. Das if} erfolgt na dem Stand vom 1. Oktober des laufenden Jahres, und es darf nah der Gründlichkeit und Umsicht, mit welcher verfahren is, angenommen werden, daß diese muthmaßlichen Ergebnisse, wenn nicht besondere Umstände eintreten, die natürliÞ dann entsprehenden Einfluß auf die Gestaltung der Verhältnisse gewinnen würden, in nicht sehr erbeblihem Maße von den demnächstigen rechnungämäßigen Nachwcisen abweichen. Meine Perern, es kann sich hierbei doch nur voraus\ichtlih böchstens um wenige Millionen bandeln; bei der Gründlichkeit, mit welcher die muthmaßliden Ergebnisse ges{äßt worden sind, ift niht wohl abzu- sehen, daß sich größere Differenzen ergeben sollten. Sollte sich aber au eine solche herausstellen, so kann dieselbe doch gegenüber einem Etat von 600 Millionen und gegenüber der Frage, ob cs überhaupt Cms zulässig ist, cinen zweijährigen Etat aufzustellen, nicht aus- \s{laggebend scin. Die Wirklichkeit gebt ihren eigenen Weg und die Etatveransblagung kann die Wirklihkeit nicht flussen. Eine Schädigung kann den Bundesregieruagen nit erwachsen, weil, wenn etwa Uebershüsse sich herausstellten, diese den Staaten später zu ute fommen würden. für die späteren Etatsjahre und wenn Defizits entstehen würden, diese vorauésichtlich Deckung finden würden aus anderen Einnahmen; äußersten Falles würden der Reichstag gemeinschaftlich mit dem Bundesrath über dic Mittel zur Deckung des Defizits Beschluß zu fassen haben.

Wenn ih nun auf die Ergebnisse dieser Schäßung über die muthmaßlichen Resultate des Reichshaushalts für 1882/33 näher cin-

hen darf, ih sche dabei vollständig ab von den dur(laufenden Poften, die auf den Abs{luß der Reichshaushaltung keinen Einfluß

ben, so wird sich wahrscheinlih ein Ueberschuß im laufenden Jahre berautstellen in Höhe von etwa 2400000 M, nah dem Stande vom Oktober des laufenden Jahres. Dieser Ueberschuß seyt sich in folgen- der Weise On: auf der cinen Seite steht eine Autgabenerspar- niß in Höhe von etwa 400 000 X, ih nenne nur runde

ummen und zwar pre gegenüber ciner Minderautgabe von eiwa 1 250 000 4, cine Mehrausgabe von 850 000 4 Wenn i kurz auf die einzelnen Rubriken eingehen darf, so seht si die Minderautgabe jsammen aus einer Minderausgabe im Auswärtigen Amt in Höhe von etwa 100000 M, bei der Marine in Höhe von 350000 M, bei- des bei dea fortlaufenden Autgaben z bei dem Reichs-Schahzamt in Höbe ron etwa 69000 4, namentlih bei dem Fonds über Münz- wesen, in Folge ongerie Auéprä ung; erner eine nicht uabedeu- teade Ersparniß bei der Reichssbuid îin Höhe von 650 000 4, ins- e bei den Auleibezinsen, weil die ung den vorautgesetzten

etrag nicht erreicht hat; ferner bei den Zinsen auf Reichs-Schatz- arweisungen zur Verstärkung der Betriebämittel der Reichskaffe.

beein-

Bei der Reichs- ustizwerwaltung bt sih eine Minderausgabe von circa 100 000 Li und zwar en Data Ausgaben für die Hülfssenate. Das ergiebt zusammen eine Minderausgabe von etwa

1250 000

Dieser Minder®ausgabe steht gegenüber eine Mehrausgabe, und zwar, abgesehen von dem Etat des Reichsamts des Innern, wo die sächlidben Bedürfnisse einen geringen Mebraufwand erfordern, bauptsählih beim Reicbsheer, hier in Höhe von 750000 A Diese Mehbrausgabe seßt fb in fehr mannigfacher W-ise zusammen. Es besteht ein Mehr- edarf bei der Naturalverpflegung in Folge höherer Naturalpreise in Höhe von über 1 120 000 Æ, ferner bei den Reise, Vorspann- und Tranévortkosten etwa 400 000 M und ein geringerer Betrag bei den Militärerziehungsanstalten. Diesen Mehrbeträgen steht gegenüber ein Minderbedürfniß von 1 200000 K, namentlich bei der Geldver- pflegung und anderen Verwaltungszweigen des Reicbsheeres, die ich hier niht weiter namhaft mache. Außerdem wäre vielleicht noch zu erwähnen eine Mehrausgabe bei dem allgemeinen e: Der Bedarf an Pensionen wird voraussihtlih sich etwas höher stel- len, als er veranschlagt ist, nämlich etwa um 14000 Æ Also, wie ih schon vorgetragen habe, Alles in Allem, wird fih eine Ausgaben- - ersparniß von etwa 409 000 4 ergeben. Dieser Aus8gabenersparniß tritt eine Mehreinnahme hinzu in der Gesammthöhe von etwa 2 (00 000 #4, und zwar seßt sich diese zusammen aus einer Mehrein- nahme von 10 250 000 4, der gegenübersteht eine Mindereinnahme von 8 250000 M6, fo daß resultirt eine Slußmehreinnahme in Höhe von ctwa 2 Millionen Mark. Es werden Mehrerträge sich heraus- stellen bei fast allen Einnahmezweigen, namentli bei der „Salz- steuer, Branntweinsteuer, Brausteuer im Betrage von “je über 1 000 000 A Auw bei der Wechselstempelsteuer wird sich eine Mehr- einnahme herausstellen von über 400 000 4. Insbesondere werden aber sowohl Post- und Telegraphenverwaltung als auch die Eisen- bahnverwaltung îm laufenden Jahre wieder schr erhebliche Uebershüsse liefern, und zwar die Post- und Telegraphenverwaltung um min- destens 2800000 # und die Eisenbahnverwaltung um etwa 3000000 A Es werden wahrscheinli auch erhebliche Mehr- einnahmen von den Zinsen aus belegten Reichsgeldern, und zwar in Höhe von- 700 000 4, si herausstellen, weil die Kapitalien lang- samer verbraucht werden, als im Etat vorgesehen war. Dieser Mehr- einnahme bei fast allen Verwaltung8zweigen steht nun gegenüber cine Mindereinnahme in Gesammthöhe von 8 250 000 6, und zwar fast aus\cließlih bei der Rübenzudersteuer, wo der Ausfall si voraus- sichtlich stellen wird auf etwa 8000000 46 Meine Herren! Es ist das ja eine Erscheinung, die zu den ernsteséen Erwägungen Anlaß bietet. Ih möchte nur vorausscicken, wie ih mir {hon erlaubt habe, vorhin anzudeuken, daß die Veranschlagung der Ergebnisse des lau- fenden Jahres im Allgemeinen auf zuverlässiger Grundlage beruhen, daß aber namentlich die Veranschlagung der Rübenzuckensteuer in der That als eine so zuverlässige angesehen werden kann, daß es im höchsten Maße unwahrscheinlich ist, daß irgendwie eine erhebliche Ab- weichung von diesem Anschlage sich noch herausstellen wird. Jch unter- lasse cs, auf diesen Punkt hier näher cinzugehen, es wird si ja wohl beider zweiten Berathung des Etats Gelegenheit finden, auf diese Ver- an sragung näher zurückzukommen. Ih möchte auch ganz besonders darauf hinweisen, daß in der That die Verhältnisse der leßten Campagne bei der Rübenzuckerfabrikation ganz außergewöhnlih günstige für die Fabrikation und entsprechend ungünstige für die Steuererhebung ge- wesen sind. Die Rüben haben in der leßten Campagne einen Gehalt an Zucker gehabt, der in der That dasjenige crheblih übersteigt, was in den E Jahren erlebt worden ist. Wie zuckerhaltig die Rübe gewesen ist, ergiebt sich in Kürze daraus, daß, während im leßten Jahre 1 000 000 Ctr. Rüben weniger verbraut worden sind, der Gewinn an Zucker troß dieses Minus an Rohmaterial sich zwischen 7—800 000 Ctr. höher stellt. Diese Verhältnisse mußten natürlich eine äußerst ungünstige Einwirkung auf die Gestaltung der Steuer- einnahme haben. Ih möchte auch der Auffassung von vornherein entgegentreten, als ob nun dieser Ausfall an Steuern aus\{ließlich oder doch zu seinem überwiegenden Theile zurückzuführen wäre auf die Exportprämien, das heißt äuf Zahlungen bei. der Ausfuhr von

ucker, die höher wären als die von den Ausführenden gezahlte Steuer. Das ift zweifellos nicht der Fall. Jin Jahre 1869, bei Erlaß des Rübenzucker-Steuergesetzes, ging man davon aus, daß nach den damaligen Fabrikation8verhältnissen 127 Ctr. Rüben erforderli wären zur Herstellung eines Centners Zucker. Die Absicht des Ge- seßes war, den Konsum mit einer Abgabe von 10 #4 vom Centner Zucker zu treffen. Demgemäß ergab fi eine Steuer für den Centner Rüben von 80 4: für die Ausfuhr wurde aber nicht ein gleicher Say von 10 Æ für den Centner Zucker als Bonifikation zugestanden, sondern ein nicdrigerer Satz, nämlich von 9,40 ( und zwar in der Grwägung, daß der ausgeführte Zucker allgemein von geringerer Qualität wäre, als der Robzucker, welcher durchschnittlich im Inlande zum Konsum gelangt. Diese Annahme war aber, wie die Erfahrung nere hat, nit zutreffend. In der That werden, wie nach den angestellten Frmittelungen fich ergeben bat, vorwiegend hochwerthigeZucker ausgeführt. Wenn nun in Folge der Fortschritte der Fabrikation die Steuerlast, die auf einem Centner Zuer liegt, sih vermindert hat von 104, ih will beispielsweise sagen auf 9 , dann ergiebt si, daß die Steuer um 1/10 erleichtert wurde um 1 &, während die Ausfuhrvergütung, die nur 9,40 #4 beträgt, über die bezahlte Steuer nit um 1 M, sondern nur um 40 „S binaus geht. Meine Herren! Jh habe bei diesem Punkte etwas länger verweilt, weil ih Werth darauf legen möchte, daß nicht die Auffassung Platz greift, als ob der erhebliche Ausfall durch die Exrportprämien veranlaßt sei; die Exportprämien sind bei diesem Ausfall, wenn überhaupt, so doc jedenfalls in einem verbältnißmäßig geringeren Grade betheiligt, als die Ermäßigung der Konsumsieuer, denn wenn die Fortschritte der Fabrikation derartige gewesen sind, dann ist eben eine EGrleihterung in der Steuerlast ein- getreten, noch viel weiter gehend als eine Steigerung der Ausfuhr- vergütung. Ich wiederhole aber, dieser erhebliche Ausfall muß zu ernst- lichen Erwägungen Anlaß geben, und die Reichsregierung wird nicht unter- lassen, hieraus Veranlassung zu nehmen, dem Gegenstand unverzüglich ihre erasteste Anfmerksamkeit zuzuwenden.

In Folge der Beschlüsse des Reichstags bei der vorjährigen Etatsberathung hat der Herr Reichskanzler die verbündeten Megie- rungen ersucht, darüber Ermittelungen anzustellen, ob in Folge der Fortschritte der Fabrikation das Verhältniß zwishen Steuer und Ausfuhrrergütung, wie es in dem Geseß vom Jahre 1869 bestimmt ist, sich wesentlih vershoben bat: wenn diese Ecmittelungen zur Be- jabung der Fcage führen, so wird in Erwägung zu nchmen sein, welche Mittel nothwendig find, um den hervorgetretenen Mißständen abzuhelfen. Die Aeußerungen der Bundedregierungen sind erft in den leßten Tagen vollzählig eingelaufen; es darf dies nicht verwundern, deun naturgemäß erfordern die Acußerungen vorherige eingehende technis&e Untersuchungen und Ermittelungen. Es wird das Resultat des reiWhaltig vorliegenden Materials jeßt zusammengestellt und als- dann die Frage, inwiefern Abänderungen der bestehenden Rübenzucker- steuergesetgebung vorzubereiten sind, einer eingehenden Prüfung zu unterwerfen sein.

Das muthmaßlihe Ergebniß des ReichEbauthalts für 1882/83 wird also wenn ih es wiederholen darf das sein, daß er mit cinem Ueberschuß von ca. 2400 000 M abs{ließt.

Ich möchte dann noch einen kurzen Blick werfen auf das mutb- maßliwe Ergebniß der Zölle, der Tabacksteucer und der Reichs- Stempelabgade im laufenden Jahr, also auf die Herautzablungen, die den einzelnen Staaten aus diesen Einnahmen zu leisten sein werden. Es darf angenommen werden, daß aus Zöllen im laufenden Jahre cin Mehr von 2 Millionen eingehen wird. Es ist das nah dem Stand vom 1. November bemessen. Es spricht si dbierin eine niht unerheblihße Steigerung des Einnah:neertrages aus; in- dessen würden die Zölle den Grundlagen des Etats vom laufenden ore gegenüber cin noch höheres Erträgniß liefern. Wie in der

nkschrift schon hervorgehoben ist, hat der Bundesrath geglaubt, in Folge von Anregungen, die von verschiedenen eiten und auch aus der itte dieses hohen Hauses an ihn berangetreten sind, die Vergütung, welche den die Zölle verwaltenden Staaten für die Erhebung der Îólle an der Grenze zusteht, - erhöhen

¿u sollen, um die Ungerechtigkeiten, die bervongelrelen sind, tbunli zu beseitigen. In Folge dieser Anordnung, die bei der Veranschla- gung des Etats pro 1882/83 noch nit in Recnung gestellt werden konnte, wird den betheiligten Bundesstaaten eine um 5 300 000 46 böhere Vergütung für die Erhebung der Zölle zufließen, als bisher. Diese 5 300 000 Æ sind hinzuzucehnen dem Mehrertrag aus den Zöllen, denn wenn sie aub nicht allen Bundesstaaten gleihmäßig zu- fließen, so fließen sie doch aus der Reichskasse heraus und kommen den betheiligten Bundeëstaaten zu Gute. Findet diese Zusammen- fassung statt, so würde sie gegen den Etat ‘ein Mehr von etwa- 7 300 000 liefern; die Tabacksteuer wird ein Mehr von 500 000 4 ergeben. Dem Méhr der zur Herauszahlung gelangenden Summe, welches sich unter Mitberücksihtigung der Aversen der Zoll- aus\chlüfe auf 2700000 M beziffert, steht gegenüber ein Minderertrag der Stempelsteuer von gegen 1 Million Mark, die in der That immer noch zu hoc veranschlagt zu fein \{heint, so - daß Alles zusammen genommen ein Mehr der Herauszahlung von 1-700 000 fich ergeben wird, wenn man von den höheren Ver- gütungen für die Erbebung der Zölle gänzlich absiecht. Meine Herren, ih mö@te mich dann zur Bilanz der beiden heute zur Be- rathung stehenden Reichshaushalts-Etats für 1883/84 und D wenden und dabei zunächst die ordentlichen Einnahmen und Ausgaben in Betracht ziehen.

Das Bild, welches die Veranschlagung des Etats für 1883/34 gewährt, ist ein ganz außerordentli günstiges. Denn während die Ausgaben für 83/84 sich gegen die des laufenden Jahres nicht uner- heblib erhöhen werden, und zwar bei den fortdauernden Ausgaben um über 340000 A und bei den einmaligen Auëgaben um den Betrag von 65000 4, wird doch zur Herstellung der Bilanz des Etats ein erheblih niedrigerer Matrikularbeitrag er- forderlich sein, als im laufenden Jahre von dem Bundesstaate zur Reichskasse abzuführen ist. Der Matrikularbeitrag wird sid für 1883/84 nur auf etwas über 100 Millionen Mark l während er für das laufende Jahr \sih auf 103—104 Millionen bezifferte. Es ergiebt das eine Herabminderung der Matrikularbeiträge um etwa 3 650 000 46 Dieses günstige Resultat beruht zunächst darauf, daß aus den Uebershüssen aus früheren Jahren in den Etat pro 1883/84 ein Betrag von 14 700000 #4 hat eingestellt werden können, es ist das ein Mehr von 4180 000 4 gegen die Uebershüsse, die im Etat von 1882/83 eingeftellt sind. Außer diesen erhöhten Uebershüssen wird auch die Eisenbahnverwaltung und die Post- und Telegraphenverwols tung sehr erheblih höhere Ueberschüffe für 1883/84 an die Reichskasse abliefern können, und zwar die Eisenbahnverwaltung etwa um 3 300000 6 und die Post- und Lelegraphenverwaltung etwa um 2250000 4 Es belegt das wiederum die günstige Entwickelung unseres Verkehrs wesens, Außerdem werden sch noch Steigerungen ergeben bei den

g. verschiedenen Verwaltungseinnahmen in Höhe von rund 700 000 M und bei den dem Reiche verbleibenden . Stempelabgaben etwas über 200000 «A Ic sehe dabei ab von den Zöllen und der Tabadllsteuer, die bei dieser Beirabtung nicht zu nennen sind. Aus- fälle werden sih ergeben bei den Einnahmen, zunächst bei den Zinsen aus belegten Reich3geldern, und zwar in Höhe von - 1 700000 4 Nachdem mit dem Bau des Reichstagsgebäudes begonnen ist, sind Zinserträge aus dem Reichstag8gebäudefonds zu den Reich8ausgaben nicht mehr abzuführen. E wird sich dann ferner ein Ausfall herausstellen bei den Ver- brauchs\teuern, und zwar in der Höhe von etwas über 2 000 000 Auch hier ist es die Rübenzuckersteuer, welche einen recht erheblichen AusfaU leider in Aussicht stet und zwar in Höhe von 3 Millionen Mark. Diesem Ausfall stehen Mehr-Ansäße von anderen Verbrauchs- steuern gegenüber, aber dieselben decken nicht den Ausfall bei der Rübensteuer, so daß sich im Ganzen ein Minderbetrag von den Ver- o ainein für das Jahr 1883/84 berechnet von 2 Millionen

ark.

Wenn ich nun die Auëgaben näher ins Auge fasse, so wird sich eineSteigerung bei den fortdauernden Ausgaben ergeben beimAuêwärtigen Amt in Höhe von etwa 150000 4, beim Reichsamt des Innern in Höhe von 96 000 Æ, es handelt sich bei beiden hauptsäcblich um die Vermehrung des Beamtenpersonals, beim Auswärtigen Amt ins- besondere zur Errichtung neuer Konsulate. Eine erheblichere Ver- mehrung der Ausgabe wird auch bei dem Reichs8heer erforderlich sein in Höhe von 1 310 000 Æ, hauptsächlich in Folge der höheren An- forderungen für die Naturalverpflegung, sowie zur Beschaffung kleiner Feuer- und Handwaffen; auch die Marine wird einen Mehrausgabebedarf aufweisen in Höhe von 220000 #, gleich- falls in Folge der Naturalverpflegqung und Entwicklung des Torpedowesens. Ich will kleinere Posten übergehen und jeßt nur nohch hervorheben, daß die Ausgabe für die Reichs\{huld erhöht werden mußte um etwa 1 000000 M in Folge des allmählihen Anwachfens der Reichs\culd, und daß eine höhere Ausgabe für den allgemeinen E E E deren Mehrbetrag sih auf 440 000 6 beziffert, in Folge des steigenden Pensionsbedarfs zum Etat gebracht ist. Es er- giebt sib danach an fortdauernden Ausgaben ein Mehrbedarf von 3 400 000 M

Bei den einmaligen Ausgaben bälanziren si ungefähr die Ec- böbungen der Ausgaben mit dea Verminderungen. Ich will auf das Detail nit weiter eingehen und möchte nur hervorheben, daß bei der Post- und Telegraphenverwaltung sich ein erhöhter Auêgabebedarf von 800 000 G ergeben wird und daß namentlich beim Reichsheer der Bedarf an einmaligen Ausgaben ein erheblich höherer sein wird als im laufenden Jahr, nämlih ein um 2260 000 M gesteigerter, und zwar in Folge des nothwendigen Austausches und der Reparatur der jeßigen Gewehre und sodann des Baus von Kasernen. Bei der Neichsjustizverwaltung ergiebt fic bei den einmaligen Ausgaben ein erhöhter Bedarf und zwar von 330 000 G in Folge des Beginnes des Baues des Reichégerichts und zwar des Grundercwerbs für dasselbe. Dagegen tritt eine Verminderung der einmaligen Ausgaben ein bei dem EsGagamt von 2700000 Æ, hauptsäcbli in Folge des WegfaUs der Gotthardsubvcntion die letzte Rate ist in diesem ci der Reichs\chuld ein en in Höbe von 220 000 K,

Jahre gezablt worden —; ferner wird sid Ausfall bei den einmaligen Ausgaben erge 20 000. es ist das der diesjährige Ansa zur Herstellung neuer Kassenscheine.

Meine Herren! Wenn ih nun übergehe zu dem Reicht haushalts- Etat pro 1884/85, so gewährt derselbe cin weitaus ungünstigeres Bild als derjeuige von 1883/84 und zwar rührt das davon her, daß, während im Neichshausbhalt 1883/84 ein Uebers{huß von 14 700 000 4 aus früheren Jahren hat eingestellt werden können, eiu solcher Uecber- {uß für den Etat des Jahres 1884/85 nur in Höhe von 2 600 070 vorgeschen werden konnte; ih nenne nur runde oblen, es wird das dazu beitragen, die Uebersicht zu erleihtern. Cs stellt das dar einen Autfall an Ucberschüssen in r von mehr als 1200] 000 M Wenn gleichwohl nicht um diesen Betrag die Matrikularbeiträge gegen das Jahr 1883/84 zu erhöhen jen werden, sondern nur um einen nicht unwesentlih geringeren Betrag, nämlich um dea Betrag von 9470000 M4, so ist das darauf zurückzuführen, daß cine Ersparniß bei den Autgaben eintreten wird in der Gesammthöhe von etwa einer Million und 2—300 009 #4, und daß sih auch einige Steigerungen bei den Einnahmen voraussehen lassen. L

Wenn ich auf diesen letzteren Punkt übergehe, so wird die Eisen- Gre rwarinng und die: Post- und Telegraphenverwaltung voraus- sichtlich einen höheren Ueberschuß als für 1883/84 abgeben könncn, und zwar die Eisenbahnverwaltung in Höhe von 705 000 H, die Boi und Telegraphenverwalrung in Höhe von 845 820 M Auch die

rbrauchéstcuer werden, wie gehofft werden darf, nicht in gleichem Maße ein Minus aufzuweisen haben, wie es für das Jahr 1883/84 vorgesehen war, so zwar, daß sich bei denselben ein Mehransay recht- fertigt für 1884/85 gegen 1883/84 von etwa 700000 A Dagegen werden wiederum die Zinsen aus belegten Reichsgeldern einen Aus« fall in der Einnahme bringen von etwa 480 000 „M, ebenso die ver- schiedenen Verwaltungseinnabmen in Höhe von 475 000 M

Was die Ausgaben im Jahre 1884/85 anlangt, so werden dle fortdauernden Ausgaben sh naturgemäß wiederum steigern. Es wird eine hôhere Ausgabe vorwsehen sein beim Reichöhbeer iz Höhe von 670 000 A und bei der Marine in Höhe von 633 000 « Nament- lih wird aber bei der Reichsshuld, rntsprehend tem Anwachsen der

von den Anleihen begebencn Beträge ein höherer Ausgabebetrag er- cheinen von 1400 000 Æ. ebenso wicderum bei dem allgemeinen sionsfonts von 620000 G Diesem Mehr an fortdauernden Aus- aben von zusammen 3 300 000 M steht nun gegenüber eine Ersparung Fei den einmaligen Ausgaben, die nicht auf Anleihen zu nehmen sind, und zwar werden diese Ersparungen bei den einmaligen Ausgaben betragen zusammen etwa 44 Millionen, so daß sich diese beiden Sum- men zu dem Resultat vereinigen, daß eine Gesammtausgabeersparniß eintritt von eiwa 1230 000 &- Diese Umstände bewirken es, daß die Matrikularbeiträge im Jabre 1884/85 um 9 470000 Æ böher sein werden als im Jahre 1883/84.

Wenn man nun, um ein Bild von der Belastung der Einzel- ftaaten zu gewinnen, E der einen Seite die Matrikularbeiträge, auf der andercn Seite die Herauszahlungen aus Zöllen und Taback{steuer gegenüber stellt, so wird sich für das Jahr 1883/84 ergeben, daß die Matrikularbeiträge gegen 1882/83 sih vermindern um 36C0000 „s, daß dagegen die Ueberweisungen höher sein werden, als im laufenden Jahre verans{lagt wurde, um über 8 000000 #, so daß die Be- lastung der Einzelstaaten für die Reichsaus8gaben im Jahre 1883/84 um 11700 000 G geringer sein wird, als es nah dem- Etat pro 1882/83 der Fall war. Es ift das zuzuschreiben dem günstigen Resultate der Veranschlagung der ip und Tabalsteuer. Die Zölle und Tabadsteuer inclusive der Aversen werden für 1883/84 mit einem Mehrertrag von über 8 000 000 4 gegen das Vorjahr abschließen. Ich darf gleich hinzufügen, ic will bei dem Gegenstand nicht länger verweilen daß auch im Jahre 1884/85 die Zölle und Tabacksteuer noch mit einem Ueberschuß gegen das Jahr 1883/84 ab- \chlicßen werden von 2701 200 4

Meine Herren! Ich möchte dann noch kurz einen Blick auf die MVittwen- und Waisengeldbeiträge werfen. Sie finden die Zusammen- stellung darüber auf der leßten Seite der Denkschrift, und es- ergiebt fich, daß die Wittwen- und Waisengeldbeiträge sowohl im Jahre 1883/84 als auch im Jahre 1884/85 noch einen Uebershuß an die Reichskasse abliefern, der si allerdings fortlaufend vermindert. Er wird im Jahre 1883/84 1 585 000 4 betragen, das ist gegen den Etat von 1882/83 ein Minus von etwa 74000 4 Im Jahre 1884/85 wird er sich bereits vermindern auf etwa 1 500000 44 Es ist das wiederum eine Abnahme um 88 000

Scließlid darf ih noch kurz die Anleihebeträge berühren. Während im Jahre 1882/83 die Anleibe sih auf 30674000 M stellte, wird sie nah dem vorliegenden Etat des Jahres 1883/84 {ih beziffern auf 32639000 #, wocunter aber die Zahlung von 4 Millionen begriffen is, die an Ham- burg zu leisten sein wird, mit Rüdcsiht darauf, daß voraus- Ps der Generalkostenans{hlag über den Zollanshluß Ham-

urgs noch im Laufe dieses Jahres hierher , mitgetheilt wird.

Im Jahre 1884/85 wird der Anleihebetrag sich nur auf die Summe von 23747214. 4 stellen. Darunter ift die zweite Zablung von 4 Millionen Mark für Hamburg; in Betreff beider Raten ist eine geseßlihe Ecmächtigung nicht nachgesuht, weil das Geseh vom 16, Februar d. J. der Regierung die Vollmacht zu dieser Jnans\pruch- nahme des Kredits {on giebt. Jm Uebrigen sind die auf die An- leihen angewiesenen Beträge bestimmt namentlih für Weiterentwicke- lung der Marine gemäß des Flottengründungsplans, und für die Zwecke des Heerwesens, zum Ausbau der Festungen 2c.

Endlich ist noch hinzuzufügen, daß die Anleihcbeträge von 1883/84 und 1884/85 auch nit unbeträcbtlihe Mittel enthalten für eine Erweiterung der Schießpläße, eine Maßregel, die nothwendig ist zur Erhaltung der Kraft unjerer Armee.

Meine Herren! Jch möchte hiermit diese Spezialangaben {ließen und die Bitte aus\prechen, daß Sie die beiden Ihnen vorge- legten Etats in sorgfältige Berathung ziehen, und wenn Sie zu der Ueberzeugung kommen, daß wesentliche Bedenken etatstechnischer Natur uit entgegenstehen, daß Sie beide Gesetze zur Feststellung ge- langen laffen.

Der Abg. Nikert bedauerte, daß die s{chwierigen s{chweben- den finanziellen Fragen noch mit Verfassungsfragen von sol- her Tragweite vermisht würden. Die verbünvdeten Regie- rungen legten, wie der Vorredner sage, einen „großen Werth“ auf die Beseitigung einer verfassungsmäßigen Bestimmung, die niht blos auf der Linken, sondern auch früher von der Rechten hochgeshäßt und vertheidigt worden sei. Das Eigen- thümlichste fei, daß die Bundesregierungen dabei anfangen wollten mit dem Neichstage, der höchsten Nepräsentation des deutschen Volkes. Ob es in Preußen ähnlih dur{zuführen sein würde, lasse der Vertreter des Bundesraths dahin- gestellt. Wenn nun die finanztehnishen Bedenken, de man im Reiche so leiht nehme, in Preußen shwerer wiegen sollten, und die Aenderung dort nicht vorgenommen werde, degradire wan nicht den Reichstag und stelle denselben unter die Vertretungen der Einzelstaaten ? Der Vertreter der Bundesregierungen meine, es handle sih nur um eine Probe ; derselbe nenne das Vorgehen der Negierungen einen Boden für die Verständiguna. Wenn das der Boden für eine Verständigung sein solle, dann möchte er erst einmal sehen, wie es sei, wenn die Regierung rücksichtelos vorgehe. Im Jahre 1880 habe man noch eine Verfassungsände- rung für nothwendig gehalten. Damals aber habe die Reichsregierung der Unterstüßung eines großen Theiles des Hauses für die Fertigstellung des Militärgesezes bedurft ; dieselbe habe gewußt, daß die betreffende Verfassungsbestim- mung auf der linken Seite des Hauses als unantastbar gelte. Als das neue Militärgeseß in den sicheren Hafen gebraht gewesen sei, sei das Gese wegen zweijährigen Etats und die Aenderung anderer wichtiger Bestimmungen der Verfassung wieder- gekommen. Das Gesch sci abgelehnt. Jeßt begnüge man sih mit der Einleitung in einer Denkschrift zum Etat, in welcher in zwei Absäßen der Nachweis geliefert werde, daß eine Ab- änderung. der Verfassung gar niht nothwendig sei. Die Denkschrift erkläre im ersten Saß, daß es sich nur um einen zweijährigen Etat auf Probe handele; man behalte eventuel die Aenderung der Verfassung vor. Schon im zweiten Absaÿ aber werde cin kühner Sprung über die Verfassungsbestimmung hinweg gemacht, da heiße es hon: re{htlihe Bedenken sländen der Feststellung zweier Etats nicht entgegen. Die Herren vom Bundesrath meinten, der Reichstag sollte die Sache kühl behandeln, es sei nur ein harmloser Versuch, der eine Vercinfahung der Geschäfte her- beiflihren sollte. Das deutshe Volk solle sein vornehmstes Necht aufgeben im Jnteresse einer Ersparniß von 13 Sißungs- tagen eines diätenlosen Parlamentes in jedem Jahre. Stelle man einmal dem Volke die Frage richtig, ob das Volk es wolle, daß seine Vertreter die dauernde Kontrole über die ge- sammte Verwaltung niht mehr haden sollten, um nicht etwa

en, sondern nur 13 Tage im Jahre zu sparen. Er sei nicht im Zweifel, wie die Antwort ausfallen werde. Vereinfahung der Verwaltung sage man. Wie viel Beamte werde man denn preisgeben, wenn zwei-

rige Etatéperioden eingerihtet würden? Die Geheim- und Sekretäre wüchsen ja überall neu aus den

Etats hervor; Abschaffung von Stellen kenne man in Deutsch- land gar nicht. Wo liege denn die Vereinsahung? Aller- dings zur Ausstellung des zweiten Etats brauche man nicht einmal einen Geheim:-Nath, das könne auch ein Kalkulator machen, derselbe nehme den Durchschnitt, addire, subtrahire, und die L sei fertig. Daß die Bundesregierungen srüher eine andere Auffassung bezüglih der Verfassungsfrage gehabt

“gaben „in ‘sollten. Nach Art. 72 solle über die

Lätten, hätten die Motive der Vorlage wegen Aenderung der Verfassung von 1880 und 1881 bewiesen, in welchen es u. A. heiße, daß in mehreren Bundesstaaten ebenfalls (d. h. wie im Reiche) einjährige Etateperioden beständen. Der zweite Absay der Denkschrift leiste an Jnterpretationen mehr, als bisher je geleistet worden. Aus dem Art. 69 der Verfassung, daß der Etat vor Beginn des Etatsjahres fest- gestellt werden solle, folgere man, daß derselbe auch für zwei Zahre vorher festgestellt werden könne, warum dann nicht auch auf 3 oder 5 Jahre oder gar auf ein Dezennium? Damit könnte Jemand die Volksvertretung ganz aus der Welt eskfamotiren. Wenn man die folgenden Verfassungsartikel ansehe, dann könne kein Zweifel sein, wie die Sache gemeint sei; eine oder zwei Bundesregierungen hätten ja diese Auf- fassung auch vertreten. Was heiße es denn anders als ein- jährige Etatsperioden, wenn im Art. 71 stehe, daß die Aus- der Negel“ für ein wahr bewilligt werden i erwendung allec Ein- nahmen jährlih Rechnung gelegt werden. És wäre doch eine kuriose Verfassung, welche zweijährige Etatsperioden ge- statte, die Rechnungen aber jährlih vorgelegt haben wolle. Wenn man die Sache so vertheidige, wie die unter Verant- wortung des preußischen Ministers des Fnnern herausgegebene „Provinzial-Correspondenz“, dann sci Alles zu vertheidigen möglich, Redner führte Autoritäten wie die früheren Abgg. Miquel, Graf Bethusy - Huc und Dr, Frieden- thal für die Richtigkeit feiner Auffassung an: er wünsche, daß namentlich die deutsche Reichspartei ihre früheren Anschauungen über geordnete Finanz- wirthschaft nit vergessen möge! Der Etat von 1884/85 sei lediglich eine falkfulatorishe Fiktion. Am praktiscsten sei es, dieselbe a limine von der Berathung zurückzuweisen. Der Etat stelle sih übrigens erheblih günstiaer nah seiner Mei- nung, als die Regierung annehme. Es werde ein Leichtes sein, denselben in der Budgetkommission mindestens um zehn Millionen günstiger zu balanciren. Der vorjährige Etat sei eingeführt mit dem Hinweis auf den erfreuliczen Aufshwung in Folge der Zollpolitik. Diesmal sei davon nicht die Rede. Die Einnahmen der Zölle, Post und Eisenbahnen zeugten auch niht von einem großen Vertrauen auf den wirth- schastlihen Aufshwurg. Namentlich bemerkenswerth sei das Stagniren der Zölle. Wenn man von dem Tabtakszoll, der allerdings erheblich gestiegen sei, absehe, so zeigten die Brutto- einnahmen der Zölle im Etat für 1883/84 und 1884/85 eine Verininderung gegen 1881/82, Diese pessimistishe Anshauung der Bundesregierung rechtfertige sich allerdings, wenn man fernerhin auf Einnahmen verzichte, wie z. B. in Folge des bevorstehenden Einfuhrverbots von S{hweinen und Fleisch aus Amerika. Diese Einfuhr sei bereits zurückgegangen in Folge der höheren Zölle und der höheren Preise. Jett solle noch die leßte Million durch Einfuhrverbote gestrichen werden. Unrichtig sei übrigens die Bemerkung der Uebersicht der Einnahmen und Ausgaben , daß weniger Vieh eingeführt sei. Es handele sich lediglich um ein Minus von 3300000 /4 beim Schmalz. Weshalb seße man Vieh statt Schmalz? Dieser Artikel werde der Rechten niht erspart werden ; die Linke werde immer daran erinnern, daß dieser Zoll vollkommen ungerecht sei, die Ernährung des Volkes schädiae und Nie- mand nüße. Troßdem die Vorzequhr 1881/82 gerin- ger geworden sei, - drohe die Reichsregierung in näch- ster Zeit mit cinem höheren Holzzoll, weil die arme preußische inanz ohne höheren Zoll niht auskommen könne. Dieser Holl werde nur einer Anzahl von Großgrundbesißern, nim- mermehr dem kleinen Manne zu Gute kommen. Daß man in einem Augenblick mit einem Einfuhrverbot vorgehen wolle, wo Amerika. eine für die ganze deutsche Jndustrie sehr wich- tige Aenderung in der Zollpolitik vornehme, halte er für kaum glaublih; die höchsten FJnteressen der deutshen Jndustrie ständen auf dem Spiele. Jn Betreff der Rübenzuckersteuer wolle er eine Aenderung nicht beantragen. Die Frage müsse aber baldigst entschieden werden. Eine fieberhafte Thätigkeit in der Jndustrie zwinge dazu. Seine Meinung gehe übrigens nicht dahin, die Exportprämie ohne Weiteres zu ermäßigen und die Jndustrie zu bedrohen; es handele sih hier um sehr wichtige Interessen, die man nicht rücksicchtélos verlegen könne. Auch er neige dahin, daß eine Ermäßigung der Exportprämie Hand in Hand gehen müsse mit einer Ermäßigung der Zuckersteuer. Jedenfalls müsse bald Hand angelegt werden, damit die Land- wirthschaft und die Zuckerindustrie in Zukunft vor größeren Schäden und Jllusionen bewahrt würde. Redner ging dann über auf die anderen Verbrauchssteuern ; derselbe wies nach, daß bei der Salzsteuer 11/2 Millionen, bei der Branntwein- weinsteuer 71/4, Millionen weniger angeseßt seien, als der Jst- ertrag des laufenden Jahres betrage. Schon 1883/84 seien fast 6 Millionen mehr eingekommen, als der Etat pro 1883/84 ergebe. Bei der Brausteuer sei 1/, Million weniger angesett, kurz in Summa 9 Willionen weniger, als man hätte ansehen töônnen, wenn man auch nur annehme, daß die Einnahmen des nächsten Jahres nicht höter sein würden, wie die des lau: fenden, also eine Steigerung des Wohlstandes nicht stattfinden werde. Die Stempelabgaben auf Schlußnoten hätten ein We- niger von 11/4 Millionen Mark aufgewiesen, ein Beweis, in welhen JZllusionen man si über den Ertrag der sogenanten Börsensteuer befunden habe. Der Antrag Wedell werde diese Jllufionen nicht nehmen. Wäre man Pessimist, dann müßte man wünschen, daß die Herren ihr Ziel erreichten und eine weitere Enttäushung erführen. Die vielen Millionen, die man davon erwarte, seien einfa Fiktionen; das zeige Frankreih. Aus den übrigen Etatsiteln werde sich ebenfalls eine Summe von mehreren Millionen durch Zuseßen und Absetzen erzielen lassen; fast eine Million durch Ansa der Zinsen aus dem Reichstagsbaufonds. Der Jnvoalidenfouds könne ebenfalls mehr tragen; die Budget- kommission solle dies erwägen. Der Fonds be 1873 561 000 000 M betragen und habe noch immmer einen Bestand von 520 000 000 &; seine Amortisation sei er- heblich langsawer gegangen, als man bei der Gründung desselben angenommen habe. Jm Etat des Kriegs-Ministeriums ver- diene besondere Aufmerksamkeit der Posten von 711/, Millionen Mark für NOturtverp aue, Derselbe sei nah dem zehn- jährigen Durschnitt der Preise augestellt, troß des wiederholt ausgesprohenen Wunschés, die wirkl Preise des laufen Jahres bei der Hälste in Änsay zu bringen. Diesen Weg habe man, im Jahre 1879 auf Empfehlung des Abg. von Schmidt Württemberg) eingeshlagen. Troh des Abstriches von 2 000 000 ark sei noch eine Minderausgabe von 4 000 000 M entstanden, au in diesem Etat kônne man mit Rücksiht auf die segen, wärtigen Getreidepreise ca. 2000000 F absehen, ohne Ue s{reitungen beslrhten zu müssen. Redner dann die übrigen Positionen dea Militär: und Etats dur:

gegangen, berührte derselbe noch den Post-Etat, dessen Extra- Ordinarium leider wieder um 800000 e höder sei. Er müsse eine genaue Prüfung der Positionen verlangen, und er fordere die Budgetkommission auf, ähnlich wie in Preußen eine Uebersicht der Ausgaben und E EES seit 1870 dem Reichstage mitzutheilen. Daraus werde si ergeben, daß man in Deutschland Hunderte von Millionen verbaut, und infolge dessen auch das Ordinarium belastet habe. Wenn mar fort- während von der Nothwendigkeit der Steuerentlastungen in Preußen spreche, wenn ausgeführt werde, daß die Steuerzahler - die drückenden Ausgaben nicht mehr tragen könnten, so sei die einzigrichtige Konsequenz, rückfihtslose Ersparung der Ausgaben. Steuerentlastung und Vermehrung der Ausgaben neben einander seien Dinge der Unmöglichkeit. Auch der Kriegs-Minister möge si nicht wundern, wenn das Volk aus den Steuerentlastungstheorien Konsequenzen ziehe, die auf seinen (des Kriegs-Ministers) Etat übergriffen. Man möge sich überlegen, ob es richlig sei, es dahin zu bringen, daß solche Konsequenzen gezogen werden müßten. Die preußische Thronrede und im Anschluß daran der preußische Finanz-Minister hätten erklärt, daß das Defizit in Preußen nit durch Steuerreformen in Preußen, sondern nur dur Reichssteuern gedeckt werden könne, und daß daher der Neichs- tag zur Bewilligung neuer indirekter Steuern verpflichtet sei, obwohl derselbe bereits 109 Millionen neue Steuern im Fahre 1879 bewilligt habe. Werde sih der Deutsche Reichstag wirk- lih dahin drängen lassen, auf Forderung eines Einzelstaates Hunderte von Millionen zu bewilligen, bei deren Verwendung der Reichstag niht mitzusprehen und über deren Ausgabe derselbe absolut keine Kontrole habe? Es würde damit eine völlige Verschiebung der verfassungsmäßigen Gewalten eintreten. Mit welchem Nechte verlange der preußische Finanz- Minister, daß das Reich das preußische Defizit decke, während die Deckung desselben auf eigenem preußishen Bereih dur eine dortige Steuerreform sehr wohl möglich sei? Der preu- ßishe Finanz-Minister wolle aber diese Reform der dortigen direkten Steuern niht. Wenn man die Bedürfnisse des Reichs nah den Ängaben der Regierung, und die Forde=- rung von Preußen zusammenrehne, so handele cs ih um eine Summe von 8300 bis 400 Millionen Mark und der Reichstag habe das Recht, endlih einmal von den Herren am Bundestisch zu hören, wie sie diese Summe aufbringen wollten. Es könne nicht oft genug betont werden, daß die jeßige Politik nichts anderes bedeute, als die Wiederaufnahme des Tabackmonopols. Ja noch mehr, denn das Monopol reiche lange nit aus, un die geforderten Beträge zu erhalten. Das Resultat der diesmaligen Etatsverhandlung werde hoffent- li sein: günstigere Balanzirung des Etats um 10 Millionen, Klarheit über die Steuerprojekte der Regierung. Der Reichstag werde hoffentlih nicht die Hand bieten, sein wih- tigstes Neht zu beseitigen. Hoffentlih werde derselbe die Frage nicht vom fkalkulatorischen, sondern vom konstitutionellen und nationalen Standpunkt ansehen. Jm vorigen Jahre habe man auh auf der Rechten die Sache niht so harm= los angesehen; man habe die Aufre{thaltung des ein- jährigen Etats als Schritt zur parlamentarishen Re= gierung angesehen, die Kufrehthaltung einer Bestim- mung, die sogar so konservative Minister wie Bodelshwingh und Manteuffel in Preußen für selbstoerständlih gehalten hätten. Was verstehe man denn unter parlamentarischer Regierung ? Auch das sei eins jener Märchen, die in das Land geschleudert würden, als ob die Liberalen keine größere Sehnsucht hätten, als die Stühle jener Herren am Bundes- tis einzunehmen. Auf der linken Seite des Hauses gebe es Männer, die es bedauern würden, unter gewissen Umständen Minister zu sein; die es für höchste Genugthuung eines Mannes hielten, unabhängig ihrer Ueberzeugung und ihrem Gewissen folgen zu können. Seine Ueberzeugung sei ihm nicht feil für cinen Ministerstuhl. Nicht nach einer parlamentarishen Regierung strebe seine Partei, sondern sie wolle das, was auch der Reichskanzler wiederholt verlangt habe, daß eine Regierung für die Dauer nur in Uebereinstimmung mit dem Willen der Nation regieren \önne. Er sci der Meinung, daß in einem geordneten konstitutionellen Staat derartige Versuche wie der, den einjährigen Etat zu beseitigen, gegen den ausgesprohenen Willen der Majorität der Volksver- tretung nicht vorkommen sollten. Die Regierung solle sih beugen vor dem Willen des Volkes, wenn derselbe sich dauernd unzweideutig kundgebe. Man sei nicht sicher, daß die Regierung dauernd konservativ bleibe. Der Reichskanzler habe erklärt, es gebe Zeiten, in denen liberal, und solche, in denen diktatorisch regiert werden müsse. Seine Partei sei nicht {huld daran, daß man von Uebersättigung des Volkes dur Parlamentarismus \prehe. Seine Partei sei es niht, die wolle, daß jährlich in Preußen und im Reih fünf der größten Fragen nebeneinander in ders selben Session zur Verhandlung kämen. Er wünsche mit dem Volke Ruhe und langsameren Gang in der Gesehgebung. Wie es aber auch kommen möge, er habe zu dem jetzigen Reichstag das Vertrauen, daß man von demselben niht werde sagen können, 12 Jahre nah der Wiedererstehung des Deutschen Reiches habe derselbe seine Hand dazu geboten, eine der wih= tigsten Grundlagen des konstitutionellen Lebens ohne irgend einen andern Grund als den, 13 Siyzungstage im Jahr zu ersparen und den Kalkulatoren iw. Reichsshayamt das Leben bequemer zu machen, leihten Herzens preiszugeben. glaube, der Reihstag werde mit großer Majorität den Versu der Regierung a limine abweise'a.

Von den Abgg. Rickert, “Züsina, Stephani, Frhr. von A Richter (Hagen), und Büchtemann wurde bean- tragt, einzelne Kapitel aus den Etats des Reichsheercs, der Marine, des Reihs-Schaÿav tes, der Reichsshuld, das Extra- ordinarium und die Einw ¡hmekapitel der Budgetkommission zu überweisen, und zwar "M aus dem Etat sür 1883/84.

Der Abg. Frhr. von Minnigerode beantragie, auh die entsprehenden Kapitel de 6 Etats für 1884/85 an die Budget« kommission zu verweiser ;.

i * eau vertagte ,.ch das Haus um 4 Uhr auf Sonuahend