1882 / 291 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 11 Dec 1882 18:00:01 GMT) scan diff

Leitung des Ministeriums des nern entbunden und wiederum zum Präsidenten der Könialichen Regierung in berufen. Unter dem 28. Juni 1866 wurde er sodann

unter dem Ausdruck dec besonderen Zufriedenheit mit seiner bisherigen Thätigkeit und des ungeänderten Vertrauens Sr. Mojestät zum Präsidenten der iglichen Regierung zu Düsseldorf ernannt. y

Am 14. August 1870 auf Allerhöchsten Befehl in das Haupt- quartier nah Herny berufen, wurde ihm am 26. August 1870 dur Allerh. Ordre d. d. Bar-le-Duc die Civilverwaltung im Elsaß übertragen. Unter dem 2. Juni 1871 erfolgte seine Ernennung zum Ober-Präsidenten von Wesifalen und zugleich zum Wirklichen Geheimen Rath mit dem Prädikat Excellenz.

Am 83. August 1880 promovirte ihn die Königliche Akademie zu Münster zum Ehren-Doktor der Philosophie.

Die Verdienste des Verewigten um König und Vater- Iand sind Allerhöchsten Orts durch Verleihung des Rothen Adler-Ordens 1. Klasse mit Eichenlaub, des Königlichen Kronen- Ordens 2. Klasse mit dem Stern, des Komthurkreuzes des Königlichen Haus-Ordens von Hohenzollern und des Eisernen Kreuzes anerkannt worden.

Konsulatsberichte.

Bericht über die Wollverschiffungen aus den australishen Häfen in der Saison 1881/82.

Sydney, den 10. Oktober 1882.

Die überseeishen Wollverschiffungen aus den australischen Kolonien Queensland, Neu - Süd - Wales, Victoria und Süd - Australien haben in der Saison vom 1. Sep- tember vorigen Jahres bis zum 30. August dieses Jahres nah Ausstellungen von kaufmännischer Seite einen Gesammtum- fang von 767 391 Ballen erreicht, was gegenüber dem Vor- jahre eine Zunahme von 35 245 Ballen ergiebt. Für die gegenwärtige Saison wird angenommen, daß aus Anlaß einer anhaltenden Dürre, welche in mehreren Kolonien große Ver- luste unter den Schasheerden verursaht hat, die Summe der Gesammiverschiffsungen eine niedrigere sein wird als in 1881/82. Was die Betheiligung der einzelnen Kolonien an- geht, so erwartet man eine Zunahme für Neu-Süd-Wales ols Folge der weiteren Auédehnung des dortigen Eisenbahn- neyes auf diejenigen Wolldistrifte, die bisher Melbourne als Verscbiffunashafen benußten, und desgleichen eine Zunahme für Queensland, wo die Witterungsverhältnisse günstiger waren, als in den anderen Kolor.ien.

Ueber den Bestimmungsort der Wolle in der Saison 1881/82 liegen folgende, allerdings nur annähernd zuverlässige Nachrichten vor. Es wurden verschifft :

nach London . e 741 335. Bâllen,

dem europäischen Kontinente. 18 280 den Vereinigten Staaten .. 7 686 R l auth lo G E N D

Die in Betracht kommenden Häfen des europäischen Kon- tinents sind Antwerpen, Hamburg und Havre. Für diese Häfen war Melbourne der wichtigste Verschiffungsplaß, indem von dort allein 16 919 Ballen Wolle versandt wurden. Der Woll: xport nach Hamburg wurde dur vier Dampfer der Slomanschen Linie vermittelt und betrug nach den Angaben auf den Schiffsmanisesten im Ganzen 3311 Ballen. Hiervon

kamen: aus Melbourne. . 2998 Ballen, S QOD E «M0;

Das Gros der für deutshe Rehnung in den hiesigen Kolonien gekauften Wolle geht über Antwerpen, ein nicht ge- ringer Bruchtheil auch noch über London, troy der jeßt be- stehenden direkten Dampferverbindung mit Hamburg.

Von den überhaupt verschifften 767 391 Ballen wurden auf Segelschiffen 582384 und auf Dampfschiffen 185 007 Ballen befördert, also auf ersteren ungefähr 3/,, auf leßteren 1/4 des Gesamnmitexportes, eine bemertens8werthe Thatsache

egenüber der sonst im überseeischen Transporte hervortreten: Verdrängung der Segelschiffe durch die Dampfschiffe.

Die Zahl der Dampfer (189) erscheint dadurch größer, daß die Mehrzahl derselben in verschiedenen Kolonien anläusft, um Wolle einzunehmen, und somit derselbe Dampfer e bis

"1

dreimal in den Lisicn aufgeführt wird. Segelschiffe (151 im Ganzen) dagegen kompletiren gewöhnlich ihre Wollladung in einem einzigen Hafen. Außerdem nehmen die einzelnen Segelschiffe dur{hschnittlich bei Weitem größere Quantitäten Wolle an Bord, als die Dampfer, bei denen Wolle nur einen Theil der überhaupt beförderten Ladung bildet. Es ist nament- lih zu Anfang der Saison nihts Ungewögnliches, daß 6 bis 8000 B-lUen in einem Segelschiffe expedirt werden, während Dampfer selten mehr als 3000 Ballen auf einmal erhalten.

In der vergangenen Saison klarirten in Melbourne 2 Segelschiffe mit einer Ladung von 8847 resp. 8238 Ballen Wolle aus, während die beiden größten Dampferladungen 6863 und 4447 Ballen betrugen.

Von denjenigen englishen Dampserlinien, die einen regel- mäßigen Verkehr zwischen Europa und Australien unterhalten, find die Peninsular and Oriental Steamship Company und die Orient Line in erster Linie am Weollexport betheiligt. Die Orient Line, welche mit billigeren Frachten zu arbeiten sucht, hat, wie in der Saison 1880/81, jo auch in der leßten die größten Wollversch1ffungen aufzuweisen, nämlich 66420 Ballen, während die andere oben genannte englische Linie im Ganzen 48 593 Ballen verschiffte.

Die von der Kolonie Queensland subventionirte Dampfer- gesellshast beförderte von Brisbane aus auf 12 Schiffen 17 158 Ballen. 7 sonstige englishe Dampfer betheiligten sich an den Wolverschiffungen mit 30 214 Ballen. Jm Ganzen gann daher unter englischer Flagge 162 385 Ballen auf

Dawrxfern zur Verschiffung. Der Antheil der fremden Flaggen stellte sih wie folgt :

Nationalität: Zahl der Dampfer: Zahl der Ballen: deuts 7 16 231

amerifkanish 6G 3 949

französis 1 2 442 zusammen 14 22 622

Von den 7 deuts Dampfern gehörten, wie {hon er-

wit, 4 der Slomanschen LiniE an, welche zusammen 8989 beförderten.

Von dem gesammten Wollexport auf deutshen Dampsern

famen aus Melbourne . . 12899 Ballen Adelaide . .. 2817 w gn ì bee: Saison wird bi Zahl der an den er gegen n on wird die an VerjFiffungen theilnehmenden französischen Dampfer voraua-

sihtlich eine bedeutend größere werden, da die Messageries maritimes im fommenden November mit Hülfe einer Staats- subvention cine regelmäßige monatlihe Verbindung zwischen Marseille und den hauptsäthlit sten australishen Häfen zu er- öffnen beabsichtigen.

Was die in dem Wolltransport engagirten Segelschiffe betrifst, so dominirt die englishe Flagge noch ausschließliher als bei der Dampfs\chiffahrt. Die fremde Konkurrenz ist während der Berichtsperiode nur in ganz vereinzelten Fällen auf dem Frachtmarkte erschienen.

Pünktlib, wie alljährlib, no6 vor Weihnachten sind die im Verlage von Justus Perthes in Gotha erscheinenden genealo-

gischen Taschenbücher in der Ausgabe für das neue Jahr ver-

öffentliht worden. Es sind mieder jene bekannten vier Bändchen in ihrem praktischen Format und der gefälligen saubercn typischen Aus- stattung, welche hier in“ neuen Jahrgängen vorliegen. Der Hof Kalender in deutscher und als „Almanach de Gotha*® in französischer Sprache, sodann die genealoaischen Tascyenbücher der gräflichen und freiherrlihen Häuser. Die Nütlichkeit dieser mit großer Sorgfalt bergestellten weitverbreiteten Handbüchcr und ihre allgemein anerkannte Zuverlässigkeit mat es überflüssig, zu ihrer Empfehlung noc ein Wort zu sagen. Aller Orten, wo man Über genealogische Verhält- e sichere Auskunft nöthig hat, wird man ihrer nicht entrathen ‘onnen,

Der gothaishe| genealogische Hofkalender nebst diplo- matisch-statistischem Jahrbuch hat mit dec Ausgabe für 1883: feinen 120sten Jahrgang angetreten. Man kann der Redaktion nah Durchsicht des Buches die Anerkennung nicht versagen, daß sie si redlic bestrebt bat, auf Grundlage des reichen und werthvollen Materials, über das sie zu verfügen gehabt, ein in allen Theilen neu bearbeitetes Werk zu bieten. Das Buch enthält wiederum erheblihe Veränderungen gegenüber dem leßten Jahrgange, obwohl die politishen Verhältnisse der in demselben aufaeführten Staaten, abgesehen von den Ereignissen in Egypten, verhältnißmäßig ruhig gewesen sind. Zunächst in Frankrei bat der mehrfache Wechsel der Ministerien bedeutende Neuerungen in der Aemterbesezung mit si geführt, die nicht nur im Innern, sondern na- mentlich auch in der auê8wärtigen Vertretung merklich wurde. Fast noch ausgedchntere Veränderungen waren für das russishe Reich zu ver- zeihnen, wo Neubeseßungen der wichtigsten Ministerposten und Er- nennungen in allen Ressorts der Civil- und Militärverwaltung vor si gingen, die von Modifikationen der von früher her bestehenden gouvernementalen und administrativen Behörden begleitet wurden. In Großbritannien beschränken ih die Veränderungen in der Haupt- sache auf die durch den egyptishen Feldzug in Anspruch genommenen Faktoren der Land- und Secmacht. Bei den übrigen Staaten hat der ruhigere Verlauf der Ereignisse nur geringere Modifikationen in den staatlichen Organen zur Folge gehabt. Im Allgemeinen je- doch und in Bezug auf sämmtliche Staaten zeigt sich von Neuem jene schon mehrfach hervorgehobene Ausbreitung und Verdichtung des Neßes internationaler Vertretung, welche auf die zunehmende Ver- mehrung der Handel8beziehungen, wie der politisdben ÎInteressenver- tnüpfung {ließen läßt. Mit Bezug hierauf verspricht die Redaktion das in der Mitte des Jahres 1882 von ihr herausgegebene „Annuaire diplomatiqne et consulaire des Etats des deux Mondes“ aub im fom- menden Jahre, und zwar {on Ende Mai, in neuer Ausgabe erscheinen zu lassen und thut die Absicht kund, dieses umfassende Verzeichniß der ge- sammten diplomatischen und konsularischen Vertretung alljährlich neu herauszugeben. In den statistischen Notizen sind die definitiven Er- gebnisse der Volkszählungen eingestellt, welche 1880 und 1881 über einen großen Theil der civilisirten Welt fih eistreckten Bei einer Reibe von Staaten haben {on wieder neuere Berechnungen gebracht und die Unterscheidung der Bevölkerung na Nationalität und Re- ligionsbekenntniß, sowie die Einwohnerzahlen der Städte den neuen Zählungen gemäß beigefügt werden können. Ebenso kann man bei den sonstigen Angaben des statistischen Theiles be- merken, daß die Junformation bis auf die jüngste Zeit fortgeführt wurde. Aus den entferntesten Theilen der Erde sind die neuesten Angaben über Finanzen, Schulden, Handel und Schiffahrt beigebracht. In dieser Hinsicht sind besonders die Artikel Argentinien , Brasilien, China, Hawaii, Japan, Uruguay und Venezuela zu erwähnen. Gleicer- weise haben die Angaben über die militärishe Organisation mehrerer Staaten cine Umarbeitung erfahren, so vornehmlich bei Belgien, Italien, ODesterreih-Ungarn und Spanien. Auch Rußland bat er- heblicbe Veränderungen bei seiner Armee eintreten lassen, zu denen namentlich die Umgestaltung aller Husaren- und Ulanen-Regimenter der Linienarmee zu Dragoner-Negimentern und die Einführung einer dem Nationalkostüm nahgebildeten Uniformirung gehören.

An Bildnissen sind dem neuen Jahrgange des Hofkalenders fol- gende vier beigegeben: Vier Kaiser- und Königs-Generationen des Deutschen Reichs und von Preußen 1882 (na der bekannten photo- graphischen Aufnahme); Natalie, Königin von Serbien; Milan H König von Serbien; C. A. Arthur, Präsident der Vercinigten Staaten von Amerika.

Der „Almanach de Gotha“, der das gleidbe Alter, wie der Hofkalender zählt, stellt si ledigli als eine wörtliche Uebertragung des letzteren in französisder Spracbe dar; er stimmt mit dem Origirale in Form und Inhalt, sowie in dem Vildersbmuck voll- ständig überein.

Das in scinem 56. Jahrgange vorliegende gencalogisbe Taschen - bub der Gräflihen Häuser ist na den bisherigen Gesichts- punkten fortgeführt und ciner eingehenden Revision bezw. Ecneuerung unterzogen. Die Angaben über die Standeserhebungen sind aufs Neue ergänzt und berichtigt worden, Die cingetretenen Erweiterungen be- treffen die neuaufgenommenen Familienattikel: Klot-Trautvetter (Neues Grâfl. Haus). Lagczyúski und Lanckoroúski-Brzezie. (11, Linie.) Zur Förderung der Geschichté- und Wappenkunde der Gräflichen Geschlechter sind die alljährlich wechselnden historis-genealogiscben und beraldishen Mittheilungen dur ch neue Materialien ersetzt worden.

Das dem vorlicgenden Jahrgange bcigegebene Titelbild stellt den Grafen von Waldeisee, Königlih preußishen General-Lieutenant, General-Quartiermeister und General à la suite Sr. Majestät des Kaisers, dar.

Das qgenealogishe Tascbenbuch der Freiberrlichen Häuser erscheint in scinem 33, Jahrgange. In demselben baben von den seither dargestellten Freiherrlichen Genealogien diejenigen eine Erc- neuerung gefunden, welcde nicht in der letiten Autgabe des Taschen- bus zur speziellen Aufführung gelangt sind. An diese reiben si an neunzehn ganz reu aufgenommene Familien sowie cine Anzabl der vorjährigen Artikel, bei denen zum Theil umfassende Zusäße und Ab- änderungen erforderli waren. Somit ergänzen der 33. und 32. Jahr- gang sih wiederum gegenseitig und gewäbren die neueste Uebersicht über den Fortgang dieses genealogischen Unternehmens.

Der übliche Titelsbmuck besteht hier in tem Bilde des Freiberrn Leopold von und zu Edelsheim-Gyulai, K. K. österr. Kämmerers, Geh. Rath, Generals der Kavallerie und kommandirenden Generals zu Pest.

_Am Mittiwo, den 13. d. M., Abends 7 Uhr, wind Ober- Pfarrer von Cölln aus Brück (Regierungebezirk Potsdam) im Saale des Evangelischen Vereinshauses (Oranienstraße 106) cinen Vortrag über „Das Evangelium in Agram und Belgrad“ den beiden Save-Residenzen der Südslawen halten. Ja Agram soll jeyt eine evargelische Kirche gebaut werden, die erste in Kroatien seit dem Tage der Reformation; dicses Ziel läßt sich aber nur er- reichen, wenn bis zum Februar nächsten Jahres die Glaubens- genossen Deutschlands die Summe von 11000 4 aufbringen, welbe - den Baukosten noch fehlea. Bekanntlich ist zu diesem Zweck im Mai d J. n allen Theilen Deutschlands ein Comité zusammengetreten, welches bis eft iBon etwa 6500 M zusammengebrathat. Ju Belgrad war der

‘Pfarrer von Côlln 6} Maire selbst Pfarrer, und x zur Zeit der harten Kämpfe mit den Türken, deren Mittelpunkt das Bom- bardement von Belgrad im Jahre 1862 bildete. Die Theilnahme an diesem Vortrage steht Jedermann unentgeltlich frei, doch können

reservirte Sißpläße durch Postkarte bei dem Hauéêverwalter Vetter bestellt werden, für welhe bei Empfang der Nummer je 1AM zu entrichten ist. Am Slusse des Vortrages wird Denen, in welchen durch das Gehörte der Wunsch erweckt worden is, namentlich der armen Gemeinde zu Agram in ihrer Bedrängniß beizustehen, die Ge- legenheit hierfür geboten werden.

Paris, 8. Dezember. (Fr. Corr.) Die Seine is seit 24 Stunden abermals um 22 cm gestiegen und richtet in der Um- gebung von Paris immer größeren Schaden an, so daß die Presse eine Kollekte für die Ueberschwemmten veranstaltet. Zu den Plagen der Wassersnoth gehören, wie versichert wird, auch die Ratten, welche längs der Quais in die Häuser dringen und auf den Treppen und in den Wohnungen Furcht und Abscheu verbreiten.

Barcelona, 10. Dezember. (W. T. B.) Während der gestrigen Vorstellung im Odeon- Theater entstand auf den Ruf „Geuer“ eine große Aufregung. In dem Tumult wurden viele Zu-

sauer niedergetreten ; eine Person ist umgekommen, 18 andere wur- den verleßt.

Im Königlichen Schauspielhause kam gestern „O pfer um Opfer“, ein fünfaktiges Schauspiel von Ernst von Wildenbruch, jenem Dichter, zur ersten Aufführung, der mit seinem „Harald“ im vorigen Jahre auf derselben Königlichen Bühne einen widerspruchs- losen Erfolg erzielte. Mit diesem neuen Drama wendet \ih der Dichter von dem historischen Trauerspiel ab und dem modernen Schau- spiel zu. Der Konflikt ist, wie {on der Titel bedeutungsvoll an- zeigt, höchst ernster Natur und zu einer dramatischen Steigerung der Affekte durchaus gecignet, wie denn auch Fitger in seiner „Hexe“ eine ähnlide Idee verwerthet hat. Es handelt sich um die Liebe zweier Schwestern zu einem Mann, der vor Jahren der älteren, klugen und verständigen Schwester ein größeres Interesse bewiesen hat, aber na mehrjähriger Abwesenhcit von der natürlichen Frische ter jüngeren Schwester bezaubert wird. Jede der Schwestern bringt mit ihrem Lebens- glüdck ein Opfer, um die andere glücklich zu sehen, bis am Schluß Wernshaufen die Jüngere heimführt. Der hochbegabte Dichter fizdet hierbei Gelegenheit, qualvolle Seelenkämpfe mit ergreifender Wahrheit und durs{lagender Wirkung zu schildern. Die Zuschauer bleiben dauernd angeregt und gefesselt ; abèr in anderer Art als in dem modernen französishen Schauspiel suht der Dichter hier auf Seele und Gemüth zu wirken. Nicht die Unlauterkeit und Fri- volität, in welche die sinnlibe Natur versinken kann, bildet hier die Angel, um die sih das Wohl und Wehe der Menschen dreht: der Dichter stellt vielmehr an seine Gestalten in Bezug auf Adel der Gesinnung und Muth der Entsagung die höchsten Anforderungen und weist auf die selbstlose Pflichterfüllung als auf den Weg bin, der zum Frieden führt. Der Autor hat so dem Publikum ein geistig bedeu- tendes Werk geschaffen, in welchem seine dramatishe Begabung ven Neuem in das hellste Licht geseßt wird. Er hätte deshalb auch manchen Beiwerks entbehren können, das, nur auf theatralischen Effekt berecnet, auf feinfühlige Naturen störend wirkt. Die Darstellung war von Seiten aller Mitwirkenden eine vorzügliche Im Vordergrunde stehen die beiden Schwestern Hedwig (Frau Kahle-Keßler) und Christine (Frl. Meyer). Beiden Darstellerinnen gebührt das größte Lob für die charakteristische Jndividualisirung der verständigen, pflichttreuen Hedwig einerseits und der jugendfrishen hochherzigen Christine andererseits. Hr. Ludwig (Wernshausen) stattete seine Rolle mit dem Ernst des Gelehrten und dem warmen Herzen des Liebhabers aus. Als recht tüchtiger Darsteller voll Kraft und Feuer zeigte sich Hr. Keßler (Paul Kellenberg) in seiner \{wierigen und äußerst gewandt durcgeführten Rolle. Fr. Frieb-Blumauer war in unübertresfliber Weise die weicherzige, oberflächliche alte Tante; sie nebst Hrn. Vollmer (Windeband) vertraten mit Geschick das humori- stisbe Element in dem Stück. Die Darsteller wurden. mit Beisall übershüttet, der sich vom zweiten Akte an auch auf den Dichter aus- dehnte, welcher mehrmals auf der Bühne erscheinen mußte.

„Der Richter von Zalamea“, eines der bedeutendsten dramati- {ben Werke des spanischen Shakespeare, Calderon de la Barca, geht morgen, Dienstag, im Victoria-Theater in Scene, und ¿war in der Bühneneinrichtung des neuengagirten Regisseurs dieses Theaters, Hrn. Albert Ellmenreib, welchem ein vortheilhafter Ruf als Dar- steller und scenischer Leiter vorangeht. Derselbe wird die Titelrolle spielen. Es stebt sonach ein interessanter Abend in Aussicht, umso- mehr als das Stück bisher nur selten auf der deutschen Bühne er- schienen ist. L

Im Friedrich-Wilhelmstädtisben Theater wird morgen „Der lustige Krieg“ von Strauß neuerdings gegeben. Es haben sich im Bureau des Theaters in der letzten Zeit soviele dies- bezüglihe Wünsche und Gesuche, namentlih aus Fremdenkreisen, an- gehäuft, daß die Direktion nicht umhin kann, denselben wieder Rech- nung zu tragen. „Donna Juanita* wird daher' vorläufig vom Repertoire abgesetzt.

Belle-Alliance-Theater. Das interessante Lustspiel „Rosenkranz und Güldenstern* von Michael Klapp hatte gestern, Sonntag Abend das Haus vollständig gefüllt und verschaffte dem Publikum einige genußreibe Stunden, den Hauptdarstellern aber, Hrn. Direktor Lebrun, Fr. Carlsen, Frls. Schwarz und Bicbler, den Hrrn, Kadelburg, Wallner, Kurz, Helyig und Dorn woblverdienten Beifall und Hervorrufe.

Concerthaus. Morgen, Dienstag, findet das 3000. der im Concerthause veranstalteten Bilse-Concerte statt, 15 Jahre sind es her, seitdem Hofmusikdirektor Bilse bier zum ersten Male den Tafkftstock \{wang. Ein Rückblick auf den verflossenen Zeitraum ge- währt ein interessantes Bild. Unter der Zahl der 3000 Concerte waren etwa 850 Abende unter dem Namen von Sinfonieconcerten der ernstesten und s{wierigsten Kunstgattung gewidmet, etwa 2000 ge- hôrten der Gattung der Gesellshaftsconcerte an. Es hat 130 Kom- ponisten- und Virtuosenabende gegeben, und dazu kamen 10 Monstre- concerte, 5 Hofconcerte, in welen der ganze erste Rang des Hauses dem Kaiserlichen Hofe zur Verfügung gestelit wurde; cinmal wurde ein Oratorium aufgeführt. Abgesehen davon, daß diese Concerte Vielen die Werke cines Haydn, Mozart, Beethoven, eines Schubert, Mendelssohn, Schumann ins Herz geprägt haben, haben bedeutende Zeitgenossen, wie Richard Wagner, Anton Rubinstein, Camille Saint - Saëöns, hier ihre eigenen Werke dirigirt, haben Vir- tuosen von dem Range cines Joachim, Pablo de Sarasate, Anton Rubinstein, Saint-Saëns, Frl. Marie Krebs und Fr. Annette Efsipoff bier ihre köstlihen Gaben gespendet, sind Sängerinnen und Sänger von zum Theil evroräisber Berübmthbeit wie Fr. Etelka Gerster, Fr. Peschka Leutner, Fr. Mallinger, Fr. von Voggenhuber, Fr. Lammert, Fr. Materna, Fr. Ronneburger, Frl. Brandt und Frl. Grossi, die Herren Niemann, Fricke, Betz, Krolop, Ernst, Müller, Junk in diesen Concerten thätig gewesen, Dankbar dürfen alle Diejenigen, welche diesen Concerten ihre Kräfte gewidmet haben, auf den durhmessenen

eitraum und \cine Erfolge zurückbliden. Allerdings gehörte eine Stadt wie Berlin und ein Publikum wie das der Hauptstadt dazu, um ein Unternehmen wie dieses zu ermöglichen und ibm einen dauernden Bestand zu sichern. Nur um die Tageskosten zu decken, ist ein täglicher Besuch von durschnittlich 800 Personen erforderlich. Möge denn das 3000, Concert einen neuen Aufschwung zu erhöhtem Gedeihen bedeuten !

Redacteur: Riedel.

Verlag der Expedition (Kessel). Druck: W, Elsner. Fünf Beilagen (eins{lleßilid Börsen-Beilage), und die Besondere Beilage Ne. 12.

Berlin:

(14394)

Erste Beilage

zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlich Preußischen Staats-Anzeiger.

Me 291.

Berlin, Montag, den 11. Dezember

Deutsches Reich.

Nachweisung der in der Zeit vom 1. Januar bis 30. November 1882 innerhalb des deutschen Zollgebiets mit dem Anspru auf Zoll- oder Steuervergütung „abgefertigten Zuckermengen. 1)

Menge des abgefertigten Zuckers.

Kandiszucker und Zucker in weißen, vollen, harten Broden, Staaten, (Nr. 470 des statistischen bezw Waarenverzeichni}ses)

Verwaltungss-

Bezirke. in E

der Zeit | der Zeit vom vom

1, Januar bis| 16. bis zusammen

15, Nvbr. |30. Nvbr.

kg kg kg

—-

Preußen.

Provinz Ostpreußen . J Westpreußen . i

ù Pommern . A 6 392 599

ü S e 101 803

Ï Sachsen ecins{ließlich der L

Schwarzb. Unterherrschaft 6 550 276

J Schleswig-Holstein . 4 585 099| 183 743 J Ano a 11 850

Rheinland 8 460 579

372 196! 7264795 n 101 803

651 996| 7 202 272

| 4 768 842 h It A0 661 539| 9 122 118

Aller übrige harte Zucker, sowie alle weißen, trockenen Zucker in Krystall-, Krümel- und Mehlform von mindestens 98 9/0 Polarisation (Nr. 471 des statistischen Waarenverzeichnisses)

in

Robzucker von mindestens 88 9/9 Polarisation (Nr. 472 des statistischen Waarenverzeichnisses)

in in in |

der Zeit | der Zeit der Zeit | der Zeit |

vom vom vom vom

1. Januar bis| 16. big | zusammen |1 Fanuar bis| 16. big [zusammen 15. Nvbr, | 30. Nvbr. 15. Nvbr. | 30. Nvbr. | |

kg ) kg kg Kk | kg

E 48 000 _— 48 000 E 15 706 134| 3 711 261/19 417 395

525 943 639 785) 6 203 380/ 2420 090| 8 623 380 60 147 60 147 E ns

40809 145 1053 360/ 5 133 505| 19 908 731| 2 562 678/22 471 409 3599 677| 756 740) 4316 417} 64 005 968/17 034 422/81 040 390 2 368 9501| 833 815} 3 202 316} 64641 500 11 535 397/76 176 897

2 636 2636| 4490622 50 100/ 4 540 722

Sa. Preußen Bayern . 3 067 822

Württemberg . Ra j E O T 340 130

Oldenburg

Braunschroecig 4 233 960! Anhalt . 2

Luxemburg. . R R -——

26 602 2086| 1 869 474/28 471 680

Ï U U A 3 340 642} E e C R A 89 858 89 858 99 32: 399 452

C S 2 842 2 842 E E | f 5 288

4 548 815

10 597 049 2757 7513 354 806] 175 004 335/37 313 858 212318193 60106) 2968) 630744 826135) 50000/ 876 135 -—— | m ————

—s | 71 346 71 346

143 684 769) 144453) 12222 125 222

19 997 9994| 99991 l 743119 74066] 817185) 2047577| 246 808] 2294 385 39 793 | 39793) 83152732/ 1170 941! 4 323 673 | 530 828 | 530828

|

Veberhaupt im deutschen Zollgebiet | 34 336 818; 2521 759

136 858 577

11 603 748 2 845 554/14 449 302] 181 758 175/38 781 607 220539782

1) Die Nachweisung bezicht si auf diejenigen Zuckermengen, welche zum Export oder zu einer öffentlichen Niederlage abgefertigt und dadurch dem inländischen Markte entzogen worden sind, nicht also auf die wirklich zur Ausfuhr über die Zollgrenze gelangten Mengen.

Kaiserliches Statistishes Amt. Betcker.

Berlin, im Dezember 1882.

Nichtamíliches.

Preußen. Berlin, 11. Dezember. Jn der vor- gesirigen (25.) Sißung des Reichstages wurde die erste Berathung des Entwurfs eines Gesehes, betreffend die Fest- stellung der Neihshaushalts-Etats für die Etatsjahre 1883/84 und 1884/85 in Verbindung mit der ersten Be- rathung des Entwurfs eines Gesetzes, betreffend die Aufnahme einer Anleihe für Zwecke der Verwaltungen des Reichsheeres, der Marine und der Reichseisenbahnen, fortgeseßt. Demnächst nahm der Staatssekretär des Neichs-Schaßamts Burchard, wie folgt, das Wort:

Meine Herren! Es liegt nit in meiner Absicht, auf die Aus- führungen und Behauptungen des Hrn. Abg. Rickert jeßt näher ein- zugehen ; ih darf mir das bis zu cinem späteren Stadium der Dis- kussion vorbehalten. ergreifen, das ist die direkt Seitens des Herrn Abgeordneten bierhber gericbtete Frage, wie hoh sich denn die Regierung das Mehrbedürfniß im Reiche denke, und wie sie denke, die nöthigen Mittel zur Dis-

osition stellen zu können. Meine Herren, dicse Frage aus dem

unde des Herrn Abgeordneten kann ja elwas verwundern, denn, \o- weit mir bekannt ift, ist er ebenfalls unter der Zahl derjenigen ge- wesen, die überhaupt ein Mehrbedürfniß, ein Bedürfniß zur Auf- bringung neuer Mittel im Reiche in Abrede gestellt haben. Ih will aber nicht zögern, diese Frage zu beantworten, um dadur die Stellung der Regierung, so weit sie noch ¡u Zweifeln Anlaÿ geben kann, völlig klar zu fslellen. Die Re- gierung hat wiederholt ihre Ueberzeugung ausgesprochen , daß es unbedingt nothwendig sei, erhebliche Mittel im Reihe mehr auf- zubringen, um dadurch die Ziele der Steuerreform iu errcidben. Von diesem Standpunkte aus hat sie im Frübjahr dicses Jahres dem Reichétage auch die Einführung Tabackmonopols vorgesblagen und dabei insbesondere ausgeführt, daß nicht eine besondere Vorliebe für das Monopol, sondern nur die vollste Ueberzeugung von der Noth- wendigkeit der Beschaffung erheblicher weiterer Mittel dazu geführt habe, dieses Monopol dem Reichstage vorzuschlagen.

Der Reichôtag hat den Vorschlag abgelehnt und zwar aus ver- \s{hicdenen Gründen. Zum Theil lagen die Gründe in der Form der Worlage, in der Form des Monopols, was von Vielen als nit an- nehmbar angesehen wurde; zum Theil wurde aber au das Bedürfniß, neue Einnahmen in erheblihem Umfange zu \chbaffen, überhaupt be- stritten. Es wurde in dieser Beziehung autgeführt, daß schon die jetzt bewilligten Steuern im Laufe der Zeit erhebliche Mitteln dem Reiche zuführen würden, und daß man abwarten müsse, bis dieser Erfolg eingetreten sel.

Meine Herren, die Regierung hält auc jett noch fest an ihrer Ueberzeugung. Was ¡unächst die Mecbrbedürfnisse des Reiches selbst betrifft, so sind die ja in erheblichem Umfange bercits in Sicht. Es liegen Jhnen zwei Gesche von der allergrößten Tragweite vor, die beiden sozialen Gesetze. Die Regierung hofft, daß sie für dieselben in der einen oder anderen Form Ihre Zustimmung finden werde, und wenn das der Fall sein wird, \o0 werden da- durch unzweifelhaft gauz erhebliche Mehranforderungen an das Neich gestellt, die es zu befriedigen haben witd, Ih weise ferner bin auf dic beiden Pensionènovellen, die Jhren Berathungen unterliegen,

Was mi veranlaßt, {hon jeßt das Wort zu |

ferner auf die beiden Wittwenkassengesche, Gesetie, de je länger je mehr erdcbliche Anforderungen an dic Reichskasse stcllen. Außerdem wird

ja auch naturgemäß ein Wachsen der Ausgabebedür fnifse eintreten, es ist das |

nur zu wünschen im Interesse der Fortentwicktelung der Neichsiostitutionen. Aber au nach der andern Richtung bin sind bie Regierungen nach wie vor überzeugk, daß das Neid fich nitt der Ausgabe entziehen Tann, den Einzelstaaten in erbeblidenm Umsang Mittel aus Reitd8- mitteln zuzuführen, dur welche diese Sta- ten in die Tage geseut werden, dringende Bedürfnisse bei sich zu befriedigen, die Steuerlast zu erleichtern und neue nothwendige Aufgaben zu lösen,

ohne die bei ihnen hon hoch angespanntien Steuern

nod stärker anzuspannen. Meine , Herren, die Regierung hält an dieser ibrer Ueberzeugung fest, fie erkennt aber voll an, daß sie nicht in der Lage ist, wenn der Reichttag dauernd anderer Ansicht ist, ihre Intentionen zu verwirklichen ; sie muß auch zugeben, daß aus den einzelnen Landesvertretungen heraus bestimmte Wünsche in un- zweifelhafter und niht mißzuverstehender Form noch nicht ausge- Iprochen worden sind.

Was zunäch{st die anderen Staaten mit Aus\chluß Preußens betrifft, so sind Wünsche und Kundgebungen in dieser Beziehung aus den Landtagen an die Reichsregierung nicht herangetreten.

Was die Landesvertretung des größten Bundetstaats betrifft, so ist an dieselbe wiederholt das Verlangen gestellt worden, daß sie sich auêësprehen möge über das Bedürfniß. Der Landtag hat sich der Beantwortung dieser Frage bisher wiederholt entzogen. Es liegt dieselbe Frage, nur in etwas anderer Form, eben jeßt von Neuem vor, und man wird abzuwarten haben, welchwe Stellung der preußisde Landtag zu derselben einnehmen wicd, Der Herr Reichskanzler, der zu seinem großen Bedauern dur Krankheit ver- bindert ist, heute hier im Neichstage zu erscheinen, hat sid) über die Stellung der Regierung zu der Steuerrcformfrage im Frübjahr dieses Jahres bei Berathung des Tabackmonopols in ganz klarer und nit mißzuverstehender Weise ausgesprochen. Seine Worte lauteten dahin: „Ist kein Bedürfniß vorhanden, so brauen wir au keine neuen Steuern. Es handelt sich also zunächst um die Frage, ob cin Bedürfniß vorhanden ist; wird diese bejaht, so wird man weitere Anträge zu stellen baben. Wird sie verneint, so ist ja alles in dieser Welt ganz vorzügli, wir braucben uns nit weiter zu bemühen, und ih bin der für mich sehr unbequemeren weiteren Sisyphuesarbeit gegenüber dem passiven Widerstande oder der dilato- rishen Behandlung durch die Fraktionen überboben

Meine Herren, an dieser Auffassung bält die Negierung au"

heute noch fest, sie ist nicht gewillt, der im Lande geflifsentlih verbreiteten, so überaus unbegründeten Auffassung, daß die Regierung aus Vergnügen an erhöhten Abgaben die Steuerlast zu erhöhen be- absichtige, irgend wie Nahrung zu geben. Wenn kein Bedürfniß ange- meldet ist, so hat die Regierung ganz gewiß keinen Anlaß auf Auf- bringung neuer Mittel hinzuwirken, Die Regierung kann deêbalb ruhig abwarten, bis das Bedürfniß in glaubhafter und unzweifelhafter Form hier kundgegeben wird. Sie ist sich bewußt, daß ke ihre Sculdigkeit gethan hat. Wenn aber der Hr. Abg. Rickert sagt, es wäre mögli durch Er- sparung bei den Ausgaben cin Mehrbedürfniß zu decken, so möchte ih doch darauf hinweisen, daß der Ausgabenetat in der That auf das Knappefte bemessen ist und zwar unter ibrer Kontrole, und daß bis- ber eine Möglichkeit sih nit gezeigt hat, die angemeldeten Ausgabe- bedürfnisse einzushränken,. Wenn der cine oder andere Kalkulator in Wegfall gebracht werden würde, so würde dadur nur die Rett- zeitigkeit der zu liefernden Vorlagen in Frage gestellt werden, Streichungen beim Militär- oder Marine-Etat würden aber nur dazu beitragen, die Wehrfähigkeit des Militärs und der Marine wu verringern, und ih darf die Hoffnung autsprecben, daß alle reichs- erhaltenden Parteien bemüht sein und zusammenhalten werden, zu verhindern, daß die Axt an die Wurzel desjenigen Baumes gelegt wird, unter dessen Schatten Deutschland groß geworden ist und dessen es fortdauerd in bohem Maße bedarf.

Aba. Frhr. von Minnigerode wandte sih zunächst gegen die Ausführungen des Abg. Rickert. Jn Betreff der „beiden Etats erkannte er an, daß die Negierung früher andere Wege gegangen sei, und daß der ch? entwurf, betrefsend die Einführung pweijähriger Etals- perioden, eine Verfassungsänderung plane. behaupte aber pojitio, daß die regierung mit dem, was sie jeht vorlege, sich durhaus auf dem Boden und in dem Rahmen der Verfassung bewege. Die Ausführungen des Abg. Rickert sireisten an eine eiwas weitgehende Au

le Elnnahmen und

Art. 69 der Verfassung verlange nur, daß

1882

Ausgaben vorweg veranschlagt und festgestellt würden. Das sei aber auch mögli, wenn zwei Jahresetats nebeneinander- gingen. Ebenso erfülle sich die Forderung, daß vor Beginn des Etatsjahres die Festseßung erfolgen solle, in der Weise, daß die beiden Etats gleichzeitig zur Beurtheilung des Reichs- tages vorlägen, und er möchte davor warnen, an diesem Ar- tikel zu deuteln und zu künsteln, weil derselbe über das Verhältniß nichts enthalte, das das Haus beschäftige, derselbe \{chweige sih ganz einfach darüber aus. Auch bleibe die jährliche Rechnungslegung nach Art. 72 in Krast, auch wenn der Reichstag zwei Etats feststelle. Der Art. 99 der preußishen Verfaffung sage ganz präzis und bindend: „Der Staatshaushali wird jährli - dur Geseß festgestellt.“ Daraus, daß diese Bestimmung in der Reichsverfassung fehle, folge, day derx fraglive Punkt über- haupt nicht durch die Verfassung geregelt sei, derselbe unter- liege also zunächst der Vereinbarung zwischen Neichstag und Regierung. Die vom Abg. Nickert aufgebauschtên politischen Bedenken vermöge er nit zu theilen, weil er nicht begreifen könne, inwiefern durch die Berathung zweier aufeinander- folgender Etats die Rechte der Volksvertretung auch nur im Geringsten beeinträhtigt würden. Daß weiter die durch die Annahme der betreffenden Vorlage gewonnene Zeit sehr werthvoll sei, bedürfe keines Beweises. Man habe keine Garantie, daß bei der augenblicklich befolgten Methode eine Etatsberathung nicht einmal Monate in Anspru nehme, und das wäre bei der schon jeßt bemerkbaren Parlaments- müdigkeit nicht gerade wünschenswerth. Die Rechte des Hauses sei ebenso eifersüchtig bereit, das Ausgabe- und Be- willigungsrecht zu wahren, wie die Linke, aber es solle ihm noh bewiesen werden, daß dem Reichstage auch nur ein Posten in der Form der Doppeletats entzogen bleiben würde, den das Haus bei der jährlihen Bewilligung im Sinne der Linken besser regeln könnte. Die Macht des Reichstags leide durch das Vorgehen der Regierung niht im Mindesten, es verhindere dasselbe nur, daß so viel über den Etat gesprochen werde, wie bisher; im vielen Reden liege aber keine besondere Macht. Das Volk sei durch das viele Neden parlamentsmüde ge- worden, nur kurze und schnelle Entscheidungen scien noch ge- eignet, die Autorität des Reichstages aufrecht zu erhalten. Er und seine politishen Freunde scien der Meinung, daß wenigstens der von der Regierung verlangte Versuch mit der Berathung der beiden Etats in der Kommission gemacht werden follte, weshalb er den Antrag gestellt habe, auch die betreffenden Theile des Etats pro 1884/85 an die Budget- kommission zu verweisen; in derselben könne man dur Rede und Gegenrede den Gegner überzeugen. Nedner rieth den Liberalen , die Erfolge, welche sie bei dem Etat zu erringen hofften, sich durch das Doppelbudget doch auf zwei Jahre zu sihern. Bayern und Sachsen hätten das zweijährige Budget , ürttemberg sogar ein dreijähriges, und ér habe nicht vernommen, daß irgend welcher Schaden dadurh entstanden wäre. Sein Antrag, auch gewisse Theile des Etats von 1884—85 der Budgetkommission zu überweisen, habe den Zweck, das Versteckspielen zu vermeiden, und entsprehe dem Jnteresse derer, die den Versuch zweijähriger Etats machen wollten. Den Etat für 1883/84 halte er relativ für einen sehr gün- stigen auf Grund der ungewöhnlichen Ueberschüsse des Vor- jahres, welche 41/4 Millionen mehr betragen hätten als in dem diesjährigen Etat , der sich doch auc in günstigen Ver- hältnissen bewege. Das wenn auch mäßige Steigen der Ein- nahmen s\prehe sür seine Auffassung von der Richtigkeit der indirekten Steuern im Verhältn;ß zu den direkten, welche leßte- ren in den Einzelstaaten meist stagnirten. Die Ausgaben seien um 111/, Millionen Mark höher als im Vorjahr, aber nur scheinbar, weil über 8 Millionen aus den neu bewilligten Steuern und Zöllen den Einzelstaaten überwiesen werden könnten. Der Ret von 3!/2 Millionen vertheile sih auf Heer, Marine, Schuld und einzelne Ressorts. Also 111/, Millionen würden die Einzelstaaten an Matrikularbeiträgen im Vergleich zum Vorjahr ersparen. Der Etat für 1884/85 versüge nur über 21/2 Millionen Ueberschüsse, weise ein Mehr von 91/, Millio- nen an Matrikularbeiträgen auf, und gebe damit ein richtiges Bild der Finanzlage, das noch vieler Nahbesserung bedürfe. Der Abg. Rickert wolle hon den Etat für 1883/84 um zehn Millionen günstiger stellen dur einen kleinen Raubzua, den derselbe gegen den Jnvaliden- oder Reichêtagsbaufonds aus- uführen im Sinne haben müsse, und doch stelle der Abg. idert diesen Etat als einen ungünstigen dar. Ueber das Plus von 589 000 #4 bei der Verpflegung der Armee, der Neubau von Kasernen, die Vermehrung des Jnspektionsperso- nals sei ebenso unvermeidlich, wie die Forderung zu Gunsten des Umtausches der Gewehre, gleihsam als erste Nate; denn dem möglichst gut ausgebildeten YJnfanteristen müsse man auch das geeignete Gewehr in die Hand geben und denselben nicht zwingen, mit \{lechterem Gewehr dem Feinde entgegenzutreten. Das Plus von 3 Millionen bei den einmaligen Auêgaben für die Armee entstehe durch die große Mehrforderung für die Artillerieschießplähte, die hier zum ersien Maie hervortrete. Es sei wahrlih kein Spaß, 10/, Millionen in dieser Form anzulegen, aber er möchte den, der mit dea Armeeverhältnissen vertraut sei, sehen, der den Muth hätte, diese Forderung abzulehnen. Die Artillerie habe solche Umsormungen erfahren, die Entfernungen, auf die die Treffer fielen, seien so groß geworden, daß ganz andere Uebungspläze beschaffi werden müßten, und daß vollends im Osten nicht nur die vorhandenen erweitert, sondern au) ueue beschafft werden müßten. An die wiederholte Neuforderung des E az fee ür den „Prinz Adalbert“ werde man mit einiger t anzutreten haben, und sie um so eher ablehnen können, als man gleichzeitig für das Torpedowesen Sid sorgen wolle. D mir der defensive Charakter der nisation zum rchbruch fomme, um so vo:si&tiger hade man Ausgaben zu behandeln, die noch an der alten Tradition einer großen lotte Vor den 4 Millionen als ersie Nate sür den Zollanshluß Hamburgs scheue er nicht , auch wenn ag. hedn Zabre dem se entgegentreten sollte. Denn vorwärts habe

daß d einen wesentlihen SÖehritt gemacht

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