1926 / 28 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 03 Feb 1926 18:00:01 GMT) scan diff

ander in Verbindung zu bringen. Der Staat würde damit auf das wichtigste aller Kraftmittel, über das die Wirtschaft ver- füge, seine Hand legen können, und er würde es so sichern, daß weit in das Land hinein bis in die kleinsten Dörfer Elektrizität geliefert würde, wie sie der Landwirtschaft, dem Handwer? und dem Gewerbe von großem Nuyven sein würde. Sm weiteren Verlauf dieser Pläne hat der Minister von Breiten- bah im Fahre 1917 ein eingehendes Projekt übér die Bete.ligung des Staates an der Elektrizitätsversorgung entwidelt. Die Be- {chlüsse des Landtags, die 1920/22 gefaßt sind und erhebliche Be- träge für die Elektrizitätsversorgung zur Verfügung gestellt haben, knüpfen an diese alten Pläne an. Jh möchte ausdrücklih unter- streichen, was der Handelsminister im Ausshuß hervorgehoben hat, daß es nicht das Bestreben der Preußischen Staatsregierung sein fann, cin Monopol für die Elektrizitätsversorgung zu shaffen, sondern daß er das Ziel verfolgt, im Einvernehmen mit derx Reichsregierung und den Reichswerken, aber auch im Einver- nehmen mit der Privatwirtshaft die Elektrizitätsversorgung des ganzen Landes zu sihern und vorx allem die dünnbesiedelten Ge- biete mit Elektrizität zu versoygen. Wir halten dazu ein Ein- greifen des Staates für notwendig, weil die Privatindustrie nah kfapitalistishen Gesichtspunkten arbeiten muß und ihr Haupt- gewicht auf die Versorgung dexr dichtbevölkerten Gebiete legen wird. Wir wollen nicht die Privatwirtschaft an die Wand drücken, wir wollen auch nicht den Kampf mit dem Reich führen, sondern versuchen, im Einvernehmen mit Reih und Privatwirtschaft die Elektrizitätsversorgung zu sichern.

Weitere Mittel sollen für den Ausbau der Häfen zur Ver- fügung gestellt werden. Die preußishen Häfen können nicht den Vergleich aufnehmen mit den großen Häfen Hamburg und B'cmen, aber immerhin verfügt Preußen über eine Reihe wichtiger und « ausbaubedürftiger Häfen: Emden, Wesermünde, Wilhelmähurg,

Stettin, (Zuruf) für Königsberg haben wix in den ver- gangenen Fahren erhebliche Mittel bereitgestellt, er ist mit staat-

lihen Mitteln ausreihend ausgebaut. Dex Ausbau der Häfen ist deshalb besonders geboten, weil wir durch die Friedensverträge eine Umstellung unserer Gesamtwirtschaft erfahren haben. Das geigt sih bei den Häfen darin, daß wir in verstärktem Maße, nach- dem wir das Eisengeobiet im Westen verloren haben, Erze über die Häfen Emden und Stettin einführen müssen; darum dex Ausbau der Eisenkais in Stettin und Emden. Der Ausbau in Stettin ist außerdem so wichtig, weil dieser große preußishe Hafen an der Ostsee dazu berufen ist, den großen Verkehr zwishen Rußland und Deutschland, der sih immer weiter entwickeln muß, aufzunehmen. Schon heute geht ein großer Teil dieser Ausfuhr über Stettin, und diese Ausfuhr ist in ständigem Wachsen begriffen. Jch habe kürzlich aus einem Vortvage eines Vertreters der russishen Handels- vertretung entnehmen können, welhe Vedeutung diese Ausfuhr hat. Es ergibt sich, daß nahezu die Hälfte landwirtschaftliher Ma- shinen und Geräte schon heute “über die russishe Handels- vertretung nah Rußland ausgeführt wird. Außerdem w?1d die Bedeutung des Stettiner Hafens als Getreideumschlagplay immer arößer, da Stettin niht nur der Ausfuhrhafen für die öjtlichen Provinzen des preußishen Staates ist, sondern auch für die Ge- treidemengen, die von Polen und der Tscheho-Slowakei ausgeführt werden. Auch aus diesem Grunde ist der Ausbau des Stettiner Hafens notwenig. (Bravo!)

Der AuZ3baudes8HafensWesermünde soll vor allen Dingen derx Fischerei dienen. Wir haben heute noch eine starke Einfuhr von Fischen aus Holland und England zu verzeihnen. (Sehr wahr!) Wir müssen aber schon zur Entlastung der Handels=- bilanz danach streben, die deutsche Bevölkerung möglichst mit deutschen Fischen zu versehen. Das ist nur möglich, wenn neben den hanseatishen Fischereihäfen nun auch der preußische Fischerei- hafen Wesermünde in großem Maßstabe ausgebaut wird. Wenn man die Rückwirkung auf die Handelsbilanz betrachtet, dann glaube ih, daß eine solche Ausgabe auh im Sinne der Richilimien der Be- vaiungsstelle liegt.

Die preußishen Staatsbergwerke wurden bisher in ver- schiedenen Formen betrieben, nur die Hibernia hatte von vornherein die Form einer Aktiengesellschaft. Die Staatsregierung hat es mit Freuden begrüßt, daß, ihren Vorschlägen entsprechend, der Landtag duvch eine Reihe von Gesezen die Umstellung der staatlichen Berg- werksbetriebe beschlossen hat, und daß nunmehr der ganze staatliche Bergwerksbesiy in der Form von Aktiengesellschaften betrieben wird. Aber es läßt sich niht verkennen, daß es mit dieser Um- stellung allein uicht getan ist, und daß diese staatlichen Gesellschaften heute ebenso wie die Privatbetviebe unter der furhtbaren Absay- krisis des Bergbaus zu leiden haben. Um so stärker muß das Be- streben der Bergwerksyerwaltung darauf gerichtet sein, die Be- triebe zu nationalisieren und durch die Ausnugung aller Er- findungen gerade auh in Zeiten wirtschaftliher Krisen den er- forderlichen Absaymarîêt für ihre Produkte zu sichern. (Sehr richtig!) Gerade auf diesem Gebiete dürfen die staatlichen Gesellschaften nicht hinter der Privatwirtschaft zurückbleiben. Die private Wirtschaft ist in einer fieberhaften Tätigkeit begriffen; sie bemüht sich, ihre Betriebe umzustellen, zu modernisieren, die neuesten Erfindungen der Technik und der chemishen Wissenschaft auszunußen. Wenn der preußische Staatsbergbau nicht von demselben Willen und dem- selben Bestreben geleitet würde, würde er bald ins Hintertreffen fommen. All das kann aber nur durhgeführt werden, wenn au den staatlichen Bergwerksgesellschaften die - erforderlihen Mittel bereitgestellt werden. :

Dann hätte ih noch einige Worte über diejenigen Teile der An- leihe hinzuzufügen, die für Zwecke der landwirtschaftlichen Ver- waltung, insbesondere für die Siedlung und die Landes- kultur, zur Verfügung gestellt werden. Bei der Siedlung handelt es sich einmal darum, für die wachsende Bevölkerung Raum zu shaffen; ferner handelt es sich um eine hervorragend national- politishe Aufgabe, nämlich darum, die bäuerlihe Bevölkerung in den östlichen Provinzen zu vermehren. Beides wird auch dazu bei- tragen, die Produktion ‘der Landwirtschaft zu fördern. (Sehr rihtig! links.) Darüber hinaus sollen die Mittel, die für die Landeskultur im engeren Sinne angefordert werden, also für Ein deichungen, Meliorationen, Oedlandkultivierungen, den Zweck ver- folgen, die deutsche Wirtschaft von der Einfuhr ausländishen Ge=- treides immer mehr und mehr freizumachen und uns immer mehr auf eigene Füße zu stellen. Jh glaube das besonders hervor- heben zu sollen, weil in den Richtlinien der Beratungsstelle, die wix ja demnächst angehen müssen, ziemlih enge Schranken für die Aufnahme von Anleihen gegogen sind, und weil dort immer ge-

fordert wird, daß Anleihen auch produktive Zwecke verfolgen müssen, Wenn es gelingt, durch alle die Mittel, die der lawdwirt- shaftlihen Verwaltung für die Siedlung und die Landeskultur zur Verfügung gestellt werden, uns wenigstens teilweise von aus- lämdischen Einfuhren freizumachen, so ist die Verwendung dieser Mittel in hohem Maße produktiv, jedenfalls produktiv im Sinne der Richtlinien dex Beratungsstelle, (Allgemeine Zustimmung.)

Die erheblichen Mittel, die zur Durchführung aller dieser Pläne bereitgestellt sind und bereitgestellt werden mußten, sind zum Teil be- reits verausgabt worden. Die Mittel waren durch Geseße bereit- gestellt, die in dex Inflationszeit erlassen sind. Diese Geseße haben durch die Inflation ihren Wert verloren. Gleichwohl is im Haupt- aus\huß nahezu einmütig anerkannt worden, daß der Ausbau fort- geseßt werden mußte und daß man die Pläne nicht einfah zurü» stellen konnte. Infolgedessen hat die Staatscegierung aus den bereit- stehenden Mitteln bereits erheblihe Beträge verwendet. Anderer- seits ist aber auch im Hauptausschuß allgemein hervorgehoben und auch von der Staatsregierung anerkannt worden, daß dieses Vorgehen der Staatsregierung noch der etatrehtlichen Genehmigung bedarf, und daß die: Staatsregierung die nachträgliche Genehmigung des Land- tags dafür haben muß, daß sie, ohne daß die erforderlihen Goldmark- anleihegeseße vorlagen, erheblihe Beträge bereits für diesen Anleihe- zweck verausgabt hat. Die Staatsregierung hak darum im Haupt- aus\{uß um die nachträgliche Genehmigung zu diesem Vorgehen ge- beten. Der Hauptausschuß ist dem nachgekommen, und ih wäre dank- bar, wenn auch das Plenum des Landtags heute diese nachträgliche Genehmigung erteilen würde.

Im übrigen aber handelt es sich darum, durch diese Anleihe die Mittel verfügbar zu machen, die nunmehr für den weiteren Ausbau der Werke, für weitere Zwecke der Landeskultur und der Siedlung bereitgestellt werden follen. Es muß hier die Frage aufgeworfen werden: ist der Staat berechbigt, nunmehr mit einer großen Anleihe an den Markt heranzutreten? Jch glaube, wir sind es unserm Volke schuldig, daß wir alle diese großen Aufwendungen, die doch in der Hauptsache der Zukunft zugute kommen, nicht der Gegemwart auf den Nacken legen. (Sehr richtig! bei den Deutschen Demokvaten.) Denn wir leben in einer Zeit großer wirtschaftlicher .Not. Die Bedrückung des Friedensvertrags lastet auf uns. Wir haben so viele Aufgaben der Gegenwart zu bewältigen, daß wir nun nicht noch aus laufenden Mitteln die Aufgaben der Zukunft erfüllen können. (Sehr richtig! bei den Deutschen Demokraten.) Daraus rechtfertigt es sich, für diese großen Aufgaben, für diese großen werbenden Ausgaben der Zukunft auch den Anleiheweg zu beschreiten.

Ich glaube, daß die Finanzlage und die Vermögenslage des Preußischen Staates so ist, daß wir auch mit gutem Gewissen diesen Weg gehen können, mit gutem Gewissen auch denen gegenüber, von denen wir das Geld haben wolien. Der Preußishe Staat verfügt über ein großes Staat@wermögen. Allein der Besiß des Preußischen Staates an Domänen beläuft sich auf 275 000 Hektar, an Forsten auf 2 400 000 Hektar. Wenn uns auch durh den Friedensvertrag manches von der Domänenverwaltung und der Forstverwaltung genommen ist: immerhin bedeutet dieser Besiß doch noch ein gewaltiges Kapital, das au nah kaufmännischen Grundsäßen eine gute Sicherheit für die aufzunehmende Anleihe darbietet, Der Umfang der Elektrizitäts- werke, der Bergwerke und der Häfen ist in einfachen Zahlen nicht zu

greifen. Aber daß diese großen Elektrizitätswerke gesund sind und einmal eine Mente abwerfen werden, das kann

bei der großen Entwicklung dex Elektrizitätswirtschast kaum zweifel- haft sein. Jn der Begründung zu dem Bergwerksanleihegeseß wird ausgeführt, daß allein der Besiy der Bergwerksaktiengesell schaft Recklinghausen ein Grubenfeld von 21 000 Hektar umschließt, daß das Kohlenvorkommen 3,3 Milliarden Tonnen beträgt, daß der Grund- besig 2178 Hektar umfaßt, daß die Verkaufsbeteiligung beim Kohlen- syndikat 6 285 000 Tonnen beträgt, daß die Erzeugung im leßten Fahre 4,5 Millionen Tonnen betragen hat und daß in der Aktien- gesellschaft Recklinghausen allein eine Belegschaft von 20 000 Arbeitern beschäftigt wird. Die Zahlen von Hibernia bleiben hinter diesen Zahlen nicht weit zurück. Fh will sie hier im einzelaew nihi wiederholen. Jch möchte nux darauf verweisen, daß die Förderung im leßten Fahre bei der Hibernia rund 4 Millionen Tonnen be- tragen hat und daß dort 16000 Arbeiter beschäftigt werden, Wenn man das alles zusammenhält: diesen großen Besiy an Domänen und Forsten, diesen ausgedehnten Bergwerksbesiß, den Besi an Elektrizitätswerken und Häfen, so wird man, glaube ih, auch von kaufmännischen Grundsäßen aus mit gutem Gewissen zu dem Schluß kommen können: der Preußische Staat versügt über ein Vermögen, das ihn berechtigt, an den Anleihemarkt heranzugehen. Die Staatsschulden sind getilgt. Die preußischen Finangen stehen auf einer gesunden Grundlage, der Haushaltsplan für das nächste Fahr ist im Gleichgewicht und enthält unter den Ausgaben bereits die Zinsen für die Anleihe.

Meine Damen und Herren, wenn man sich die guten Finangen und die Vermögenslage des Preußischen Staates ver- gegenivärtigt, dann dürfen wir mit Recht an den Anleihemarkt her- angehen und wir dürfen darüber hinaus noch die Hoffnung haben und nur wenn sie verwirkliht würde, würden wir zum Ab- {luß derx Anleihe gehen —, daß wir erheblih bessere Bedingungen erzielen werden, als sie bisher von Ländern und Gemeinden, die den Anleihemarkt beschritten haben, erzielt worden sind. Dabei kommt auch die Veränderung der wirtschastlicen Verhältnisse, die allgemeine Senkung des Zinsfuße- in Betraht. Fh glaube, der Preußishe Staat hat ein Ret darauf, eine Anleihe zu Bedin- gungen unterzubringen, die günstiger sind als die Bedingungen, die bisher auf dem Anleihemarkt erzielt worden sind.

JFch will auf Einzelheiten nicht eingehen. Fch glaube, daß die preußishe Staatsregierung mit allen diesen Plänen gute Pläne verfolgt, und ih bin daher dankbar, daß sih bereits im Hauptaus- {huß cine große Mehrheit sür die Vorschläge dex Staatsregierung gefunden hat. Fh würde dankbar sein, wenn auch der preußische Landtag mit großer Mehrheit dem vorliegenden Geseyentwurf zu- stimmte.

Meine Damen und Herren, es handelt sich für die preußische Staatsregierung niht darum, mit diesen Plänen preußis ch e Wirtschaftspolitik zu treiben; denn die Wirtschaftspolitik ist eine Sache des gesamten deuts\chen Volkes. (Sehr rihtig! bei den Deutschen Demokraten.) Wir können nur deutsche Wintschafts- politik treiben. Aber es is die Aufgabe des preußishen Staates, gewissermaßen den preußischen Einschlag für sein Gebiet in das deutsche Gewebe zu tun und durch alle Maßnahmen, die er ergreifen kann, dafür zu sorgen, daß dié deutshe Wirtschaft stch entwidckelt. (Bravoi)

Ju der Debaite bespricht Abg. Dr. Waen t i g (Soz.) die mit

| dec Borlage zujammenhängenden verfassungspolitijchen 1nd volkss

wirtschaftspolitijhen Fragen. Bei der Einsezung des Kontroll ausscyusses handle es sich um ein Experiment. Es müsse aber daran festgehalten werden, daß ein Organ im Landtag- gejchaffen werde, das Über die Finanzp.äne der Regierung vorher unterrichtet werde. (Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Die Frage der Beziehungen zwischen Staats- und Privatwirtschaft müsse von Fall zu Fall entschieden werden. Bei der ungeheuren Bedeutung deL Krastwirtschast habe der Staat ein Fnteresse daran, die Eleftrizis tätswirtshaft zu fontrollieren. Die Sozialdemokraten würden daher den Ausschußbeschlüssen zustimmen.

Abg. He en (D. Nat.) weijt unter lebhafter Zustimmung dee Deutschnationalen darauf hin, daß auf dem durch die Vorlage bes absichtigten Wege zielbewußt die Sozialisierung durchgeführt werden würde. Es wäre besser, wenn der Staat durch maßvolle Belastung die Wirtschaft leben8fähig erhalten hätte, stati daß er jeßt selbst noch als Konkurrent austrete. (Sehr richtig! rechts.) Die Regierung müsse sih allershärfste Zurückhaltung in wirtschaftliher Selbsts betätigung auferlegen, Daß die Regierung ohne Wissen des Lands tags Vorschüsse auf die Anlethe verbraucht habe, bedeute einen Vors stoß gegen das parlamentarische System. Auch den Gemeinden dürfe B etwa auf dem Gebiete dex Wirtschaft das Selbstverwaltungs8- veht gegeben werden. Das SelbstverwaltungsSrecht finde seine Grenze in der Pflicht des Staates, für das Wohl der Wirtschaft und damit des ganzen Volkes zu sorgen. Der Redner stimmt der Vors lage nux begrenzt zu und billigt die Ausgaben für die Landeskultur.

Noiwendig sei, daß die {Fndemnitätsfrage geklärt werde. Eine Generalindemnität müßten die Deutschnationalen ablehnen. Die

Stellungnahme seiner Fraktion zu dexr Vorlage bei dex Abstimmung würde ih aus dem weiteren Verlauf der Debatte ergeben.

Abg. Hermes (Zentr.) tritt der Auffassung des Vorredners in der Fndemnitätsfrage entgegen und betont andererseits die Wichtigkeit des Koutrollausschusses. Ein besseres Kontrollreht be» deute keineswegs ein Mißtrauen, wie es der Vorredner angedeutet habe. *Der Ausschuß solle vielmehr für laufende Fnformationen sorgen. Der Redner betont des weiteren, daß in der heutigen Zeit, ivo der Druck des Auslandes nah wie vor auf uns laste, wo wix zwax von Erleichterungen hörten, aber tatsählih wenig davon verz spürten (lobhaftes Hört, hört! rechts), die geschlossene nationale Eins heit notwendiger denn je sei, Wir könnten uns wirtschaftlih ein Gegeneinanderarbeiten zwtschen Reich, Ländern und Privatwirts schaft nicht gestatten. Der Redner macht insbesondere auf die Nots wendigkeit der Förderung der Landwirtschaft und der Beziehungen zu Rußland aufmerksam. So skeptish er auch hinsichtlih der Staats form Rußlands sei, daran komme man doch nicht vorbei, daß ein enges sachlihes Ame Lait zwishen Deutschland und Ruß- land eine Lebensfrage der Nation sei. Fn der Frage der Anleihen bedürfe es großer Vorsicht.

Abg. v. Richter (D. Vp.) hebt hervor, daß die Verteilung deL Summen den Einzelvorlagen vorbehalten werde, dabei werde seine

raftion noch Stellung nehmen. Die Regie, wie die Sache von der tegierung aen worden sei, sei nicht glücklih gewesen. Der Ausschuß verlangte Unterlagen, statt einer kurzen Begründung, Das Ergebnis ware die Denkschrift, Auch sie habe nit allen Ers wartungen entsprochen. Aber die Aufklärung, die sie gebracht habe, begrüße seine Partei, wenn es auch nicht das Verdienst der Regierung sei, daß sie endlih gegeben worden wäre. Werbende Ans lagen niht aus laufenden Mitteln, sondern aus Anleihen zu finans zieren, se! hon deshalb angebracht, weil wix unmöglich die Gegen- ivart immer auf Kosten der Zukunft belasten fönnten. Leider bleibe vielleicht nihts anderes übrig, als einen großen Teil der Anleihe im Auslande aufzunehmen, jo sehr er die Bedenken, die dagegen sprächen und oft genug erörtert seten, teile. Fn der Frage -der bisa herigen Verausgabung sei ja gleichfalls bedauerlicherweise der Druck der Parteien nötig gewesen, um auch hiex die Regierung zuL Stellung ter Jndemnitätsforderung zu veranlassen. Der Standpunkt, daß die Regierung nah der Verfassung in der Lage sei, s{chlechthin übex Staatsvermögen zu verfügen, ohne den Landtag zu unter rihten, sei niht haltbar. Dex Preußische Staat habe die 50 Mils lionen vom Reich zux Entschädigung erhalten, es wären also Eins nahmen, die verfassungsmäßig durch den Etat hätten laufen müssen. (Sehr rihtig!) Mindestens, wenn L als außerplanmäßigé Einnahme faßte, hätte die Regierung bei Vorlegung der Denkschrift erflären müssen, warum sie die Ausgaben vorgenommen und daß sie um die Jndemnität dafür bitte. So eilig sei die Verausgabung niht in allen Fällen gewesen, daß der Landtag nicht hätte gefragt werden fönnen. Den Etat von 1924 könne man bei der absoluten Unübersehbarkeit dex damaligen Verhältnisse nicht zum Vergleich

herauziehen, zunial damals aus Staatsmitteln unerwartet großé

Beträge zur Hilfe für die Landwirtschaft (Wetter- und Wassers shäden) hätten gegeben werden müssen. Der Redner geht des

ioveiteren inm allgemeineren Ausführungen auf wirtschaftliche Fragen ein in Verbindung mit der Frage der Staatsbetriebe, die keines falls die Entwicklung zu einem Staatsmonopol nehmen dürften. Er spricht sih dafür aus, daß die Belange der preußischen Staatstwirt- haft im Einvecnehmen mit dem Reih und niemals gegen das Reich wahrgenommen werden müßten. Dem Beschluß des Haupt- ausschusses, betr. Einseßung eines besonderen Kontrollaus\husses, werde die Deutsche Volkspartei ablehnen, Ex bedeute keine Be- s des Staatsministeriums, wohl aber eine Beschränkung es Landtags. Für vertrauliche Mitteilungen bei {nellen Ents scheidungen, für deven Entgegennahme er gedacht sei, sei der Aus» ¡uß denkbax ungeeignet. Fn ihm seien die Parteien ebenso ver- treten wie im Landtag selbst. Der Finanzminister müsse die staat3- rechtliche Verantwortung nun mal tragen und selbständig Ent- hlüsse fassen, wenn ex dabei auch private Fühlung mit den Parteien nehmen könne. Der Ausschuß dagegen gebe die Möglich- keit, Mitteilungen an die Parteien gelangen zu lassen, die man im Landtag nicht geben könne, auf keinen Fall. Seine Partei hoffe, daß der Beschluß des Landtags über die Grundfrage des Kredits dem Preußischen Staat zum Wohle gereichen werde. (Lebhafter Beifall bei der Deutschen Volkspartei und in der Mitte.) |

Abg. Kilian (Komm.) stimmt grundsäßlih der Vorlage zUj da sie Arbcitsgelegenheiten bringe. Eigenartig sei es allerdings, daß man Mitte! fir den Bau von. Arbeiterwohnungen aus dem Aus- lcknde pumpe. statt dafür die Hauszinssteuer zu verwenden, die 1a doch dem Zweck des Wohnungsbaues dienen solle. Betriebsverbesse- rungen auf den staatlihen Bergwerken seien zu begrüßen, man dürfe aber niht auf Kosten der Arbeiter zu sehr „rationalisieren“. Ein beträchtlicher Teil der Mittel müsse zum Yusbau der Unfall verbütung Verwendung finden, Die staatliche E ektrizitäfswirtschaft treibe leider eine Politik, die nach kapitalistisGem Schema arbeite ‘und eine soziale Preisgestaltung völlig vermissen lasse. Was die An- seie angehe, so könne sehr wohl ein Teil der Anleihe im Fnlande aufgebracht werden; das Privatkapital sabotiere aber mit voller Absicht die Staatswirtschaft. Darauf habe auh unlängst der demo=- kratishe Abgeordnete Riedel hingewiesen. ;

Abg. Falk (Dem.) betonte, daß dur die Vorlage der Be- schlußfassung des Landtags über die einzelne Verwendung der Ans leihegelder niht vorgegriffen werde. Ueber die Richtigkeit der Ver=- wendung dexr vorweg ausgegebenen 70 Millionen bestehe im ganzen Hause keine Meinungsdifferenz. Die Demokraten würden daber füt Erteilung der Fndemnität eintreten, Eine Generalindemnität, die der deutshnationale Redner verweigern wollte, würde von der Res gierung gar nuit verkangt, (Zuruf rets: Die Regierung will Ge-

è neralindemnität für die ganze vorweggenommene Summe von

70 Millionen; wir wollen ihx nux für bestimmte Ausgabên Ent- lastung erteilen!) Es werde niht nux Entlastung für die S des Finanzministers Höpker-Aschoff, sondern auch für solche ]einep Vorgänger verlangt. Einstweilen wolle seine Partei dafür sorgen, daß in diesex wichtigen verfassungsrehtlichen Frage der Kontakt zwischen Landtag und Regierung hergestellt werde. Dazu sei der be- absihtigte Kontrollausschuß zwar keine ideale, abr eine annehm= bare vorläufige Leistung. Dieser Ausschuß solle aber selbstverständ= lich kein Mißtrauensausdruck gegen die Regierung sein. ‘Der Staat müsse, was das wirtschaftliche Moment anlange, das wichtige Ge- biet dex Energiewirtshast fördernd beobachten. Er könne sich der Betätigung auf diesem Gebiet so wenig entziehen, wie der alte Staat es auf dem Gebiet der Eisenbahnen habe tun können. Dabei

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y Ae 7 “ri E S 7 Se. ozialen und wirtschaftlichen Gründen mU}je der Staat zusamm t mit dem Reih und der Privatwirtschast versuchen, dem Lande Preußen die kulturellen und wirtschaftlichen Fortschritte nach Mög- lichkeit zu geben, die aus einer planmäßigen Förderung der Elet- trizitätswirtschaft sih ergäben. Fm übrigen [ehe seine Partej den einzelnen Vorlagen entgegen und würde einstweilen für die Aus- \chußbeschlüsse stimmen. A H

Abg. Frhr. von Wange wheim (Wirtschaftl._ Vereinig.) er- klärt, daß seine Partei der Regierung die Fndemnitat für die vor- weg ausgegebenen 70 Millionen zubillige. Die Wirtschaftliche Ver=- einigung sei auch grundsäßlih bereit, Anleihen sür werbende Zwedcke zuzustimmen, müsse sich aber im Einzekfall ihre Stellung- nahme vorbehalten. Dem vorliegenden Geseßentwurf stimmt der Redner in derx Ausshußfassung zu. E

Abg. Weis sermel (D. Nat.) hebt nohmals hervor, daß die Deutschnationalen dem Finanzminister die JFndemnität nicht be- willigen könnten, weil sie keine Generalindemnität für die vorweg gemachten Ausgaben zugestehen wollten. Sie würden vielmehr bei den tinzgelnen Posten genau prüfen, welche Stellungnahme e wählen würden. Die Deutschnationalen würden dem Zwölferaus- haß unter der Bedingung zustimmen, daß es fich dabei um einen SFnformationsausschuß handelt.

Finanzminister Dr. Höpker-Aschoff: Meine Damcn und Herren! Nur zwei kurze Bemerkungen! Herr Abgeordneter Hecken hat Wert darauf gelegt, daß auch von seiten der Staatsregierung festgestellt würde, daß, wenn es nit gelinge, die ganze Anleihe aufzubringen, dann die Verkürzung nit zu Lasten des einen oder anderen Projektes gehen, sondern gleihmäßig auf alle Projekte verteilt würde. Jch bin gern bereit, diese Erklärung abzugeben, glaube aber, daz sie in gewissem Sinne überflüssig ist, da der Landtag bei Beratung der einzelnen Anleihegeseße die volle Frei- heit hat, zu bestimmen, in welhem Maße die Anleihe auf die ein- zelnen Projekte verteilt werden solle.

Jch möchte dann noch eine zweite Bemerkung machen, Herr Abgeordneter Dr. von Richter hat gemeint er hat es be- dauert —, die Staatsregierung habe sih erst duxch den Landtag dazu drängen lassen, die Genehmigung für die verausgabten Be-

ô gung ( träge einzuholen. Fch darf darauf erwidern, daß sih die Staats- regierung vollkommen im klaren darüber gewesen ist, daß sie dîe Genehmigung unter allen Umständen nötig hat. Es handelte si nux um den Zeitpunkt. Fm allgemeinen ist es sonst üblich, daß, wenn von der Regierung außerplanmäßige Ausgaben gemacht

i } / g g Ÿ werden, die Genehmigung mit der Rehnung eingeholt wird. Wenn wir uns zu etwas haben drängen lassen, dann ist es das, duß wir die Genehmigung im jeßigen Zeitpunkt erbeten haben, Wir waren uns jedenfalls vollkommen klar darüber, daß wir die Genehmigung unter allen Umständen einmal einholen müssen.

__ Hierauf wird die Debatte geschlossen. Fn der Ab- stimmung wird die Vorlage in zweiter und gleih darauf auch in dritter Lesung sowie in der Schlußabstimmung ein- stimmig angenommen.

_Die Fndemnität wird dem Finanzminister gegen die. Stimmen der Deutschnationalen und Kommunisten füx die vorweg ausgegebenen 70 Millionen bewilligt. Der Zwölfer- auss{huß findet gegen einige deutshvolksparteilihe Abgeord- nete die Zustimmung der Mehrheit.

Um 4% Uhr vertagt sih der Landtag auf Mittwoch, 12 Uhr: Städteordnung und Kleine Vorlageit,

E von einem Staatsmonopo! keine Rede seit. Ans nationalen,

Parlamentarische Nachrichten.

Dem Rechtsaus\chuß des Reichstags ist nanmehr der Kom R OS der Regierungs

ur rfte nabsindung zugegangen. Nach dem

üro des Vereins deutscher Aclhngdvenleaes maßen:

__ Entwurf eines Geseßes über die vermögensxrehtliche Aus- einandersezung ien den deutschen Ländern und den vormals regierenden Fürstenhäusern,

§ 1. Für die vermögensrechtliche Auseinandersezung zwischen den deutschen Ländern und den Mitgliedern der vormals regierenden Aer sowie der übrigen 1n Artikel 67 und 58 des EGin- ührungsge ees zum bürgerlichen Geseßbuch genannten Familien wird ein ReichSjondergeriht bestellt (R Vermögensauseinandersezung zwischen den Ländern und den R, N Reichssondergericht ist untex Vorsiy des

Neichsgerichtspräsidenten zu bilden. Der Siy ist Leipzig. Es ent- cheidet in der Besezung von neun Mitgliedern. Den Vorsiß führt er Präsident des Reichsgerihts oder ein Senatspräsident beim Reichsgericht als Stellvertreter. Der Reichspräsident ernennt den Stellvertreter des Vorsitzenden. Sechs weitere Mitglieder und die notwendigen Stellvertreter müssen Mitglieder von Gerichten odet Verwaltungsgerichten des Reiches oder der Länder sein; Be werden ebenfalls vom Reichspräsidenten ernanni. Zwei weitere Mitglieder werden je eines auf Vorschlag des Landes und der anderen Partei vom Präsidenten des Reichsgerichts berufen. Soweit innerhalb einer den Parteien von ihm zu seyenden Frist ein Vorschlag nicht gemacht wird, beruft der Präsident des Reichsgerichts das Mitglied nah srejzm Ermessen. Die ernannten Mitglieder find unabseßbar.

§ 2. Das Reichssondergericht ist auss{ließlich zuständig: 1. für alle Auseinanderfseßungen, die bei Fukrafttreten dieses Gesehes nicht bereits durch ein nah der Staatsumiwälzung 1918 erlassenes Gese, ergangenes rechtskräftiges Urteil, gefällten Schieds\spruch, Vertrag oder Vergleich endgültig erledigt sind. 2. Für Streitig- keiten über die Auslegung eines die Auseinandexrseßzung betreffenden Gesegzes, Urteils, Schieds]pruchs, Vertrags oder Vergleichs. 3. Für die Nichtigkeit- und Restitutionsklagen gegen ein die Auseinander- seßung betreffendes rechtskräftiges Urteil 578 ff. der Zivilprozeß- ordnung) sowie die Klagen auf Aufhebung eines die Auseinander- seßung betreffenden Schiedsspruchs 1041 dex Zivilprozeßck ordnung). 4, Für Streitigkeiten aus Auge értuvgäanipelan. 5, Für Streitigkeiten, die sih daraus ergeben, daß eine Partei die Nichtigkeit eines über die Auseinandersezung geschlossenen Ver- trags oder Vergleichs geltend macht. 6. Für Streitigkeiten, die sich daraus ergeben, daß eine Partei mit Rücksicht auf eine wesentliche Veränderung der Verhältnisse die anderweitige Festseßung der bei‘ einer qung bestimmten wiederkehrenden Leistungen

verlangt. 7. Für Streitigkeiten §8 6 und 7 dieses Gesetzes.

__§ 3. Anträge a Einleitung eines Verfahrens nah § 2 Nr. 4 sind nux bis zum Ablauf von sech8 Monaten seit dem Jnkraft= treten dieses Geseßes zulässig. Anträge auf Einleitung eines Ver- fahrens nach § 2 Nr, 8 sind nur bis zum Ablauf von sechs Monaten jeit dem Abschluß des Vertrags oder Vergleichs und, orn sie einen vor dem Fukrafttreten dieses Geseßes geschlossenen

achrihten= lautet exr folgender-

eihssondergeriht füx die

dem Jukrasttreten dieses Gesebes zulässig. Hinsichtlih der Nichtig= feit- und Restitutionsklagen bewendet es bei der Vorschrift des § 586 der 8.-P.-O. Für Klagen auf Aufhebung eines Schieds8=- spruchs 1041 der Z.-P.-O,) gilt diese Vorschrift mit der Maß- pa entsprehend, daß an die Stelle der Rechtskraft des Urteils len Sra E Hees Sees und, wenn der A yiedsspruch vorx nkrafttreæn dieses Gesetzes zugestellt war, derx Zeitpunkt des Iean gili. IGNeE EN E , 9 4. Das Reichssondergericht stellt, wenn es dies nicht für uns erheblich hält, oder wenn nit beide Teile darauf verzichten, auf

j

arteiens-

( ertrag / oder Vergleich betreffen, bis zum Ablauf von sé{chs Monaten seit

——

Grund des Reith3-, Landes- und Gewohnheitsrechts die Rehts- und Eigentumsverhältnisse sest und nimmt die Auseinanderseßung uach Billigkeit auj Grund der Richtlinien des § 5 vor.

8 5. 1. Bei der Zustellung der Vermögensstücke ist zu berüdck- sichtigen, ob die €inzelnen Vermögensstücke von den Mitgliedern der Fürstenhäuser seinerzeit auf Grund eines Privatrechtstitels oder insbesondeve in den Zeiten der absoluten Monarchie, auf Grund des Völker-, Staats- oder sonstigen öffentlichen Rechts oder Gegenleistungen, die sie nur kraft ihrer Souveränität bewirkten fonnten, erworben worden sind. 2. Gegenstände, auf deren Besiß ein Land aus Gründen der Kultur oder Volksgesundheit Wert legen muß, Theater und zur öffentlichen Besichtigung freigegebene Schlösser, Museen, Sammlungeu, Parkanlagen und dergleichen evhält das Land auf seinen Antrag in der Regel zu Eigentum. Ob und wieweit für solhe Gegenstände oder Einrichtungen eine Ent- schädigung zu gewähren ist, richtet sih nah freiem Ermessen, ins- besondere aber danach, a) ob sie bereits vor der Staatsummwäaälzung des Jahres 1918 der Oeffentlichkeit zugänglih oder nußbar ge- macht waren, b) ob sie im ganzen oder teilweise veräußerlih sind oder nit, e) ob ein Nuzungswert vorhanden odex wie hoch er ist, d) ob oder in welchem Umfang mit der Unterhaltung Lasten ver- bunden sind. 3. Bei der Zuteilung von Land- und Forstbesig an die vormals regierendew Häuser sind die Größe des Landes und jeine staatlihen Notwendigkeiten (Siedlungsmöglichkeiten, Städteerweite- rungen, Schaffungen von Erholungsstätten und dergleichen) aus schlaggebend in Botracht zu ziehen. 4. Vermögensstücke der einen Partei sind auf die andere zu übertragen, wenn dies zur Erreichung eines billigen Ausgleichs odex einer billigen Entscheidung erforderli ist, 5. Bei der Bemessung der den Fürstenhäufern zuzusprehenden Ver- mögenéstücen, Kapitalien oder Renten ist die tod g und finanzielle Lage beider Parteien zu berüsichtigen. Hierbei soll einer- seits durch Zuwendung aus der Masse der vorhandenen Vermögens- werte den vormals regierenden Häusern eine würdige Lebenshaltung gewährleistet werden, andererseits aber berücksichtigt werden, daß die allgemeine wirtschaftliche Lage des deutschen Volks infolge des Krieges und der Nachkriegszeit eine gegenüber den früheren Verhältnissen sehr wesentlih herabgedrüdte ilt, und daß die Ausgaben in Ae gelommen sind, die den vormals regierenden Fürstenhäusern früher dadurch erwachsen sind, daß sie Träger der Staatsgewalt waren. 6. Soweit an Vermögensstücken der vormaligen Fürstenhäuser Ge- brauds- oder Nubtungsrehte an Dritte verliehen oder zugesichect worden sind, sind diele Rechte in geeigneter Weise sicherzustellen. 7. Bei der Aufwertung von Ansprüchen hat das Aufwertungsgeseß mit dec Maßgabe Anwendung zu finden, daß für Ansprüche auf Kapitalabfindungen, die für die Ueberlassung von Gebauden oder Grundstücken an ein Land den früher regierenden Sarl enero gu» estanten sind, die für die Aufwertung von hypothekarisch gelicherten Rausgeldern maßgebenden geseßlichen Bestimmungen auch dann Plaß greifen, wenn die Ansprüche auf Kapitalabfindungen hypothe?karis nicht gesichert sind.

8 6. Wenn dur Spruch des Reichssondergerihts oder in einem vor dem Reichs\ondergeriht abgeschlossenen Vergleich ein Land zur Zahlung von Kapital oder Nenten verpflichtet wird, so ist die empfangsberechtigte Partei verpflichtet, diese Beträge und ihre Er- trägnisse bis zum Ablauf des Jahres 1950 nur für die privatwirt- [an Bedürfnisse des vormals regierenden Hauses oder zu wohl- ätigen oder zu fulturellen Zwecken zu vewwenden. Die Verbringung eines ausgezahlten Kapitals ins Ausland ist nur mit Genehmigung des Landes zulässig. Bei Zuwiderhandlung gegen diese Verpflichtu fann das Land eine zu zahlende Rente oder ein zu zahlendes Kapita ganz oder teilweise einbehalten oder ein bereits gezahltes Kapital ganz oder teilweise zurüdfordern. Streitigkeiten hierüber entscheidet das Neichssondergericht,

8 7, Ist vor Inkrafttreten diesés Gesehes eine Auseinander- eßungsfache in einem Lande bereits durch Urteil, Schiedsspruch, ertrag oder Vecgleih endgültig erledigt worden, so können beide Parteien (binnen sechs8 Monaten nah Inkrafttreten dieses Gesetzes) durch übereinstimmenden Antrag tie Sache vor das Neichssonder- eridt bringen, das dann unter Aufhebung des Urieils, Schiedsspruchs, Vertrags oder Vergleichs nach den Bestimmungen dieses Gesehes zu verfahren hat.

8 8. Ein zwischen den Ae bei Inkrafttreten dieses Gefeßes bestehender Schiedsvertrag hindert .die Anrufung des Reichssonder- gerichts nicht.

8 9, Ds Neichssondergericht hat zunächst einen gütlichen Aus- leib zu versuhen. Jm übrigen bestimmt es sein Verfahren nah freiem Ermessen. Es kann Beweise erheben und Gerichte um Rechts- Ie ersuchen. Insoweit sind die für die ordentlihen Gerichte in ürgerlihen Rechts\streitigkeiten geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden.

8 10, Das Reichssondergericht sekt bei Abschluß des Ver- fahrens eine an die Reichskasse zu entrihtende angemessene Gebühr fest und bestimmt die Zahlungspflichten.

8 11. Die Entscheidungen des Neichssondergerichts sind nach Maßgabe dec Vorschriften vollstreckbar, die für die in bürgerlichen Nechts\treitigkeiten ergangenen Urteile dec ordentlichen Gerichte elten. Die Vollstrekungéklausel erteilt der Vorsißende des Rei PndetatriGis,

; L Rechis\treitigkeiten, die bei Inkrafttreten dieses Geseßes wis

den im § 1 Abs. 1 bezeichneten Parteien über Auseinander- laciren oder einzelne damit zusammenhängende Ansprüche schweben, e auf Antrag einer Partei auszusezen. Gegen den über die Aus° ebung ergehenden R findet die sofortige Beschwerde an das Reichssondergericht statt. Dies gilt für schiedsrichterliche Verfahren mit der Maßgabe entsprechend, daß über die Ausseßung das in 8 1045 der Z.-P.-O. bezeichnete Gericht entscheidei. Jede Partei kann das ausgesebte Verfahren dadurh aufnehmen, daß sie i sonderaericht beantragt, das Verfahren als Auseinandersetungssache fortzuführen oder mit einem dort bereits anhängigen Verfahren zu verbinden. In diesem Falle geht das Verfahren auf das Meichs- sondergericht über, wobei dieses an bisher getroffene # eststellungen und gefällte Entscheidungen nicht gebunden ist. Das Reichssondergeriht entscheidet auch über die in dem bisherigen Verfahren entstandenen Prozeßkosten.

8 13. Der Reichsminister der Justiz wird ermächtigt, bis zur Erledigung der bei dem Reichsfondergericht bis Ende des Jahres 1927 anhängig werdenden Verfahren für Mitglieder des Reichsgerichts, die zu Mitgliedern des Reichssondergerihts ernannt worden sind, Ee aué der Zahl der Mitglieder der Oberlandeêsgerihte und

ndgerihte sowie der Amtsrichter zum Zweck der Erledigung der Geschäfte der Zivilsenate und Strafsenate einzuberufen. Die An- ordnung eines jeden Hilfsrichters_ is bis zu dem Zeitpunkt umvider- ruflih, in welhem die Wahrnehmung seiner Tätigkeit nit mehr erforderlich ift.

Der Rechtsausschuß des Reichstags sehte gestern nachmittag die Beratung der Anträge, betrefsend die Für sten- abfindung, fort. uf der Tagesordnung stand die Weiter beratung des Sperrgeseßes. Abg. Hampe (Wirtschaftl, Vereinig.) will eine Bestimmung einfügen, wonach jede Partei au dann das Verfahren wieder aufnehmen kann, wenn die reihsgeseß- liche Regelung bis 1. Fuli 1926 nicht zustande gekommen ist. Abg. Lohmann (D. Nat.) legte nochmals die Gründe dar, die seine Freunde bestimmten, gegen das Sperrgeseß zu stimmen. Wie das ganze beantragte Geseß sei auch das Sperrgeseß nach Ansicht seiner Freunde verfassungsividrig. Abg. Fur i ck (Völk.) A die Zuständig- keit des Reiches sür ein Sperrgeseß zwar für begründet, aber es M sich um verfassunaswidrige Ausnahmebehandlung von Finzelpersonen. Bei der Abstimmung über das Sperrgeseß werde er sih der Abstimmung enthalten. Bei der Abstimmung wurden auch die Nebenlinien ausdrücklih einbezogen. Der Antrag Hampè wurde zurückgezogen, nahdem festgestellt worden war, daß das Ziel des Antrags sich mit Selbstverständlichkeit aus dem Sperrgeseß ergebe. Angenommen wurde ein Antrag Wegmann (Yentr.), DUOA Arreste und einstweilige Verfügungen von dem Sperrgeseß niht berührt werden, Das Gesez soll am. Tage nah der Ver-

ei dem Neichs- -

kündung in Krast und am Tage nach dem 30. Juni 1926 ge Kraft treten. Jn der Gesamtabstimmung wurde das Sperrgeleß (Ausfezung aller shwebenden Verfahren bis Ende Juni 1926) mit 19 gegen 6 Stimmen bei zwei Enthaltungen angenommen. Da sih inzwishen Bedenken wegen der Einbegiehung der Nebenlinien er- geben haben, wurde einjtimmig der frühere Beschluß wieder auf- gehoben und die Nebenlinien niht ausdrücklih erwähnt. Nunmehr sollte die Generaldebatte folgen. Vorher Lan Abg. Dr. O E (Soz.) die preußishe Regierung, ob es richti sei, daß die Hofkammer erst in diejem Fahre zum erstenmal arf gefordert worden sei, eine orduungsmäßige Einkommensteuer- erklärung abzugeben. Preußischer Ministerialdirektor Erythropel erklärte, er habe neulich bestimmt gesagt, daß alle Steuern richtig gezahlt seien. Dem habe er nichts ingagu igen, Ferner fragte Dr. Rosenfeld (Soz.), wie es mit den Pensionen der Mitglieder der ehemaligen Fürstenhäuser stände, soweit es sih um Militärpensionen handele, ferner, was die Regierung nah den Andeutungen des Reichskanzlers in der Abfindungsfrage zu tun ge- dente. Reichskommissar Kuenzer teilte mit, Taf eine Vorlage über verntögensvehtlihe Auseinandersezungen mit den früher regierenden Fürstenhäujern zurzeit bei der Reichsregierung nicht in Arbeit sei. Eine Entschließung über die Einbringung sei noch nit erfolgt. Die Reichsregierung beabsichtige, den Gang der Verhand- lungen dieses Ausschusses und des hohen Hauses selber abzuwarten, Ferner teilte de: Vertreter der Reichsregierung mit, daß nah einem am 19.- Fanuac gefaßten Ausshußbeschluß bereits am 20. FFanuar Schreiben dex Reichsvegierung an sämtlihe Länderregierungen hinausgegangen seien, ob über den Umfang des von der Aus- einandersezung nicht betroffenen sogen. reinen Privateigentums Angaben gemacht werden konnten. Darauf seien nur ganz wenig Antworten biéher eingegangen, die erklärien, daß eine Antwort nicht erteilt werden könne. Sobald nennenswerte Zahlen da seien, würde das Material sofort dem Ausshuß zugehen. Bezüglich der Militärpenfionen habe das Wehrministerium erklärt, daß zu seinem Ressort nur die neue Wehrmacht gehöre. Das Arbeitsministerium habe noch nicht geantwortet. Mintisterialdirektor Ex ythropel machte seinerseits Mitteilungen über die vom Arbeitsminister1um angegebenen Militärpension8bezüge von Mitgliedern des vor- maligen preußishen Königshaujes. Laut Auskunft des Arbeits ministeriums vom 28. Fanuax bekommen insgesamt fünf Mitglieder des früheren preußishen Königshauses Militärs pensionen. Drei Söhne des Kaisers, die in E e Stellen gewesen waren, Pring Eitel Friedrih, Prinz Adalbert Und Prinz Oskar Ns Pensionen, der Kronprinz niht, wie auf Zuruf der Redner ausdrücklich betonte. Ain Eitel Friedrich beziehe als früherer Divisionskommandeur in eneralmajorsstellung jährlich 10 074 Mark, Prinz Adalbert als früherer Korvettenka än jährlih 4830 Mark, Prinz Oskax als Oberst und Brigadekommandeur 7554 Mark, alles einshließlich rale und Kinderbetihilfe. L Pensionen, die auf gejeblicher Srundlage beruhen, laufen seit dem 1. Dezember 1923. Weiter beziehen Prinz Heinrich als Großadmiral und Generalinspekteux der Marine seit dem 1. März 1925 jährlich 17 127 Mark und Foachim Albrecht, Prinz von Preußen, als Major 3013 Mark jährlich seit dem 1. Mai 1908. (Zuruf: Ohne Steuerabzug?) Ohne Steuer- abzug! Bei Prinz Eitel Friedrich sind 23 Fahre, bei Prinz Oskar 18 und Prinz Adalbert 25 Fahre in R gestellt. (arie go jahre zählen doppelt.) Abg. Dr, Everling (D. Nat.) machte darauf aufmerksam, daß zeitweise die Vermögensverhältnisse der Angehörigen der Hohenzollernfamilie infolge der Beschlagnahme ihres Vermögens so bedrängt gewesen wären, daß z. B. Prinz Oskar selbst die Oefen habe heizen müssen. (Lachen bei Sozialdemo- kraten und Kommunisien und ironisher Zuruf: ershütternd!) Man solle doch nit alle Gefühle der Pietät und Dankbarkeit vergessen. (Lachen bei den Sozialdemokraten und Kommunisten.) Vielleicht, so führte der Redner aus, ist Fhnen (zu den Sozialdemokraten und Kommunisten) nicht bekannt, daß der Großherzog von Mecklenburg sih anfangs durch den sozialdemokratishen Abgeordneten zur Na- tionalversatnmlung und früheren preußishen Fnnenminister Dr. Wolfgang Heine gegen ein mir nit bekanntes Honorar vertreten ließ. Dr. Heine B deshalb auch einmal als Vertreter des A herzogs vor dem Verfassung8aus\huß des Mecklenburgishew Lan tags am 22, Mai 1919 in Schwerin ershienen. Von den vortreff lichen Worten, die Dr. Heine damals sprach, habe ih mir einige Säße notiert, die ih Fhnen mitteilen möchte: „Die Revolution muß den grobe agen Charakter einer Umwälzung des Staats und der

Gesellschaft beibehalten, sie darf niht herabgleiten auf das Niveau persönliher Kränkungen und versönliher Verlezungen, Der

E vom Thron in das Leben eine: Privatmannes ist sehr tief und sehr s{merzlich, aber-ex ist unv2rmeidbar. Man darf diese shmerzhafte Verwundung aber niht dadurch vergisten, ven mant die Entthronten in eine Vermögenslage bringt, die ihnen und zahl- reichen ihrer früheren Untertanen als eine Entwürdigung erscheint. Hierzu kommen wir niht aus Sentimentalität, sondern aus sehr praktischer politisher Klugheit. Die Zahl der Anhänger des mon- archishen Systems ist recht groß. Die radikalen Stimmen sind kein Gegenbeoweis.“ Abg. Frhr. von Richthofen (Dem.) erklärte,

daß dieser ganze Gegenstand für seine Freunde irrelevant sei. A Landsberg (Soz.) bemerkte, auch für die übrigen Länder müsse das int lägige Material bald be-

Reichskommissar Kuenzer: Das werde ge-

de werden. ehen, sobald das Reithsarbeitsministertum geantwortet hat. bg. Dr. Everling (D. Nat.) verwies darauf, daß der Kronprinz von Bayern seine ilitärpension zux Unter- stüßung von Angehörigen der ehemaligen Armee und ihrer interbliebenen ohne Rücksicht auf Rang und Grad überwiesen habe. Daß die Angehörigen der Hohenzollernfamilie in Preußen nicht dagu in der Lage wären, das gleiche zu tun, beruhe darauf, daß man ihnen ihr Vermögen beschlagnahmt und vorenthalten habe. Sonst wären sie zu gleichem Handeln bereit gewesen. Nach Erledigung dieser „Vorfragen beginnt nunmehr die Generaldebatte, Der Vorsibende Prof. D, Dr. Kahl sprah nochmals die herzlihe Bitte aus, daf oweit es irgend angängig, die Diskussion sih auf derjenigen Höhe und Sachlichkeit-+ halten möge, wie es der Tradition des Rechts» ausschusses jederzeit entsprohen habe. Zuerst erhielt das Wort Abg, Neubauer (Komm.) zur Begründung des Antrags seiner Partei auf Enteignung der früheren Fürsten ohne Entschädigung. Er begann seine Darlegungen mit einer Zusammenstellung des Besißes der vormals regierenden Häuser, wobei er selbst seine Angaben als lüdenhaft bezeichnete. Kenntnis vom Umfang des Kapitalvermögens könnte erst eine Gnteignung nach einem Volksentsheid geben. Der Redner nahm den Umfang des Kapitalvermögens auf mindestens 300 Millionen an. Dann komme der Besiß an Gemälden und sonstigen Kunstwerken hinzu. Jnégesamt rechnete der Redner 2600 Millionen Wert aus, wobei viele Schäßungén sehr gering seien. Die Oeffentlichkeit werde diese Zahlen noch ergänzen. Auch so seien die 214 Milliarden {on ungecheuerlih hoch, sie seien das Dreifacbe dev Dawes-Anleihe. Einem verarmten Volk, - das so fürchterlih ver- elendet sei, sollte nun eine solhe Summe entzogen werden! Der kfommunistishe Antrag sei der einzige Weg, der es ermögliche, das Nichtige zu tun im Jnteresse von 98 Prozent des Volks. Der Jllusion gebe sih die Kommunistische Partei nicht hin, daß mit dem Volks- entsheid die Sache erledigt sei. Die Gegenparteien würden alles versuchen, um die Enteignung zu verhindern. Jules ende alles auch hier in einer Machtfrage. Schon Bismarck habe erklärt, als er das Welfishe Haus enteignete, daß er über juristishe Zwirnéfäden nicht stolpern werde. Die Volksmassew seien in eller Empörung und würden die Enteignung erzwingen. Nunmehr wurde die General» bebatte auf Donnerstag, Vormittags 10 Uhr, vertagt,

Der Reichstagsaus\chuß für die Prüfung der Rechtsverhältnisse bei der Reihsbahn (24. Ans- chuß) beschäftigte sich gestern mit den Schwierigkeiten, die durch die Nichtdurhführung des vom Reichsarbeitsministerium für ver- bindlih exklärten Schieds\spruchs seitens der Hauptverwaltung der Deutschen Reichsbahn-Ge}ellschaft entstanden sind. Laut Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger gab er

} nah genauer Prüfung der Rechts- und Tatbestandslage einmütig

dex Auffassung Ausdruck, daß die eingetretenen Streitigkeiten über

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