1926 / 29 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 04 Feb 1926 18:00:01 GMT) scan diff

c) Bezeichnung: „Misßfutter D. L. G. IIL.“ Nährstoffgehalt 10,8 9/9 Wasser, 40,7 9/0 Protein, 5,0 9/9 Fett, 97,5 9% Stickstoffr. Erxtraktstoffe, 7,5 9% RNohfafser, 8,9 9/0 Ache Handelsübliche Bezeichnung der Gemengleile: Zertl. Setamkuchen, Zerfl. Sojaschrot, Zerkl. Leinkuchen. Name des Herstellers: Deutshe Landwirtschafts-Gesellschaft, Futterstelle, Berlin SW. 11.

11. Durch Erlaß vom 4 Januar 1926 ITI M 1634 —3; Bezeichnung: „Shwäbisches Milchfutter“. Näh1stoffgehalt 9 09 9/4 Wasser 26 94 9/4 Protein, 75009 0 ‘Fett, 40,68 9% Sticfstoffreie Extraktstoffe, 9,65 9/9 Nohtaser, 6,14 % Asche Handelsüblihe Bezeichnung der Gemengteiles: WBenuentleite, (Frdnußmehl,

di 1 péfud cenmebi

Kohlensaurer Kalk (Sch{hlemmkreide). Name des Herstellers: Firma Hans Sailer, Mittelstetten bei Zcwabmünchen. B. 1. Dur Erlaß vom 16. November 1925 II M 1458 —: Bezeichnung: Dr. E. Kuliga’s gewürzter Futterkalk mit ca. 60 9%

Pphoëphor}. Kalt

Oandelsüblihe Bezeichnung der Gemengieile: einer kfohlensaurer Kalk, Phoéphorsaurer Futterkalk (Dikalziumphosphat), Fenchel, Rochjalz,

Name des Herstellers: berger Allee 49.

ir Erlaß vom 16

Bezeichnung: „Gewürnzter Futterkalk“ jauren Futterkalf)

Handelsüblihe Bezeichnung der Bemengteile: Phosphor]aurer Futterkalk (Dikalziumphosphat), gemahlener reiner kfohlensaurer Kalk, ¿cenchel,

Kochsalz.

Name des Heistellers: Kaufmann Franz Dortmund, Kampstr. 118.

Durch Erlaß vom 2. Dezember 1925 11 M 1537 —:

Bezeichnung: „Gewürzter Futterkalk Marte W“.

Haudelsüblihe Bezeichnung der Gemengteile:

Neiner kohlensaurer Kal,

Phosvphorsaurer Futterkalk (Dikalziumphosphat), ¡Fenchel,

Kochsalz.

Name des Herstellers: Heinr. von Werden, fabrik, Düsseldorf, Jmmermannstr. 14.

Dr. Erich Kuliga in Düsseldorf, Grafen-

M

November 1925 I1 M 1475 —: (enthält 50%, phosphor-

Kortkendieck sen.,

©&5

Viehnährmittel-

4. Tuirch Erlaß vom 16. Dezember 1925 —- II M 1581 —s Bezeichnung: „GVewürzter Futterkalk“. Handelsübliche Bezeichnung der Gemengteile : Meiner fkfohlen]aurer Kalk, Phoëpborsaurer Futterkalk (Dikalziumphosphat), Fencdhel, Kochsalz. Name des Herstellers: land 4D, L, », Durch Erlaß vom 6 Januar 1926 I[ M 12 —: Bezeichnung: „Gewürzter Futterkalk“. Handelsübliche Bezeichnung der Gemengteile : Phoësphor)aurer Futterkalk (Difalziumphosphat), Neiner kohlensaurer Futterkalk (Schlemmfkreide), Fenchelypulver Name des Herslellers* Firma N. Bitter (Inh. Johs. Eich) in Quakenbrück (Prov Hannover), 3 Dur Erlaß vom 12. Januar 1926 Il M 1631 —: Bezeichnung: Gewürzter Futterkalk, Marke „Dret Gleichen“ (eingetr, Warenzeichen ). Handeléübliche Bezeichnung der Gemengteile: Meiner fohlensaurer Kalk, Phosphorjaurer Futterkalk (Dikalziumphosphat), E Fenchel, Koch)alz. Name des Herstelle1s: Firma Karl Kaufmann, Arnstadt i. Thür. Durch Erlaß vom 14. Januar 1926 11 M 38 —: Bezeichnung: „Gewürzter Fulterkalfk“. Handelsübliche Bezeichnung der Gemengteile: Neiner kohlensaurer Kalk, Phosphor1aurer Fukterfalk (Dikalziumphosphat), (Gem. Fenchel, Kochsalz. Name des Herstellers: Firma Edm. Romberg & Sohn, Ham- burg, Gröninger Str. 25, Asiahaus. Durch Erlaß vom 18. Januar 1926 I1 M 50 —: a) Bezeichnung: Nichters gewünzler kohlensauxer Futterkalk, Marke „Ingo“ R (eingetr. Warenzeichen). Handelsübliche Bezeichnung der Gemengteile : Neiner fobhlen)aurer Kalk, Kochsalz, Gei. Fenchelsamen.

Kaufmann Erhard Winkler, RuhH-

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b) Bezeichnung: Nichters gewürzter phosphorsaurer Futterkalk Marke „Ingo“ P (eingetr. Warenz ) Handelsübliche Bezeichnung der Gemengteile : Phosphorfaurer Futterkalk (Dikalziumphosphat), Kochialz, Gem. Fenchelsamen.

C Bezeichnung: Richters gewürzter Futterkalk, Marke „Jngo" (eingetr Warenz.). Handelsüblihe Bezeichnung der Gemengteile: einer fohlensaurer Kalk, Phosphor)aurer Futterkalk (Dikalziumphosphat), Koch1alz, : Gem. Fenchelsamen. Name des Herstellers: Firma Richter & Co, Bad Blanken- burg, Thüringen.

C. 1. Die dem Kaufmann Adam Marmulla in Potsdam durch Erlaß vom 2. Februar 1925 11 M 225 erteilte Genehmigung zur erstellung der Mischung „Gewürzter Futterkalk (bestehend aus Shlorfalzium, fobhlenjamem Futterkalk und Kochsalz)“ ist auf die D „Marmulla’s Nährmittelfabrik „Mars“ G. m. b. H. in Pots- am, Gr. Weinmeisterstr. 2, übertragen worden. Zugleich it die Bezeichnung der Mi\chung abgeändert in „Gewürzter Futterfalk, Marke Kalzium-Futterkalk „Mars“ eingetragenes Warenz (bestehend aus Chlorkalziuin, fohlensaurem Futterfalk und Rohsalz)“ = Erlaß vom 2. November 1925 II M 1422 —,

9 Der BayerisGen Warenvermititlung landwirtshaftlihßer Ge- nossenschaften, Akt -Ges, in München ist tür die ihr unter dem 5 Mai 1929 IT M 857 und 3. August 1925 I1 M 1149 jenehmigten Miich!uttermittel:

Ma|tfutter für wach)ende Schweine,

Milcbfutter T,

Weilchrutter I,

Kälber: und Iungviehfutter,

ckchweinemastfutter die Führung der Zusatzbezeichnung „Baywa“ eingetr. Warenz. bewilligt worden Erlaß vom 16. November 1925 11 M 1492

3. Den Kraftfuttermittelwerken der Germania-Biauerei Münster i. W. ift für die unter dem 28 Juli 1925 11 M 1118 und 12. Dezember 1921 V/3 M 1611 genehmigten Misch- futtermittel

„Melassemis{futter für Pferde“ und „Germania-Pterde-Kraftfutter" die Führung der Zutatbezeichnung „Castor 1“ bezw. „IT* eingetr. Warenz. bewilligt worden. (Érlaß vom 24, November 1929 IL M 1485. Berlin, den 2. Februar 1926. Der Reichsminister für Ernährung und Landwirtschaft. J. A.: Dr. Hoffmann.

Wreußen.

Ministerium Ur Landwirts aäst, Domanen und Forsten.

Die Oberförsterstellen Hohenbucko im Regierungs- bezirk Merseburg und Wanfried im Regierungsbezirk Cassel find zum 1. März 1926 zu besetzen. zum 20. Februar 1926 eingehen.

Bewerbungen müssen bis

¡s 4 A e Lo -- Nichtamtliches. Deutsches Reich. Der tschecho-slowatische Gesandte Dr. Krofta hai Berlin verlassen. Während seiner Abwesenheit führt Legationsrat Dr. Blahoz die Geschäfte der Gesandtschaft.

Deutscher Reichstag.

152. Sißung vom 3. Februar 1926, Nachmittags 3 Uhr. (Bericht des Nachcichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger ®.)

Am Regiecungstische: Reichsjustizminister Dr. Mar x.

Präsident L ö b e eröffnet die Sizung um 3 Uher 15 Mis nuten. und richtet, während das Haus sich erhebt, folgende An- sprache an die Abgeordneten:

Dex Deutsche Reichstag sendet mit dem gesamten deutschen Volke seinen Gruß an den Rhein und beglückwünscht die Lands- leute dex sogenannten ersten Zone zu ihrer Befreiung vom Drudck fremder Besaßung. Ex dankt ihnen für die unwandelbare Treue, mit der sie auch in den schwersten Tagen zux deutschen Heimat hielten, für die Festigkeit und Tapferkeit, mit derx sie jedem Druck standgehalten. Wie wix ihnen oft von diesem Playe aus, entgegen allen Drohungen von draußen und allen Zweifeln von innen, zu- riefen: der Tag Eurer Befreiung kommt!, so versichern wix heute den Volksgenossen in den übrigen Gauen des Westens, daß all unser Trachten und unsere Arbeit darauf gerichtet sind, nicht nur ihre Lasten zu vermindern, sondern auch die Fristen der Besaßung abzu- kürzen, die mindestens nah den lezten völkerrechtlichen Verein- barungen ihren Sinn verloren haben. So hoffen wir, daß wir bald den leßten Deutschen am Rhein und an.der Saar die gleichen Glüdwünsche sagen können, wie heute den Landsleuten im nörd- lichen Besaßungsgebiet. (Lebhafter Beifall.)

Dex Präsident teilt dann mit, daß der Abg. Freiherr von Richthofen -Breslau (D. Nat.) sein Manda1 nieder- gelegt hat.

Nach Eintritt in die Tagesorduung folgt die erste Be- ratung des von dem Abg. von Raumer (D. Vp.) einz gebrachten Gesehentwurfs zux steuerlihen Erleichte- LUNAg, wintschaftlih notwendiger Betriechs- zusammenschlüsse. :

Abg. von Raumer (D. Vp.) beantragt Ueberweisung dex Vorlagen an den Steuerauss{huß.

Aba. Neubauer (Komm.): Die Antragsteller halten es nit einmal für nötig, thren Antrag zu begründen. Die Steuecn der Armen will man nicht exleichtern, wohl aber die Steuecn dex Großindustrie. Es hat eine neue Periode ungeheuerer Konzentra- tionsbestrebungen in der Fndustrie eingeseßt, wodurch 1ausende fleiner Betriobe vernichtet werden. Und diese Zusammenschlüsse dex Großbetciebe will man durh Stenererleichterungen beguün'tigen! Den Anstoß hat die Elektrizitätsindustrie gegeben. Wo bleiben die Demokraten mit ihrer Wahrnehmung der Interessen des Mittel- Es gegen die Herren der Großindustrie, die die Henker des Mittelstandes sind? Die Mittelstandsvertreter in der Demokrati- hen und in der Wirtshafstspartei haben die größte Mühe, ihre Wähler mit Jllusionen einzushläfern, die sie nie exfüllen fönnen Dex Mittelständlex hat die größte Angst, Proletarier zu werden, aber, wenn er sih an den Schwanz der Großbetriebe hängt, wird ex proletarisiert werden. Wir haben uns bei der Steuerreform des vorigen Sommers mit allen Kräften gegen die Senkung der Fusionssteuer gewehrt, die auf Kosten der kleinen Betriebe gcht, aber hier will man die Fusionen noh weiter erleihtern. Alle Be- sibsteuern sind hinter den Voranschlägen zurückgeblieben, dagegen kind alle Massensteuern weit über das Steuersoll hinausgegangen. Die Regierung hat ein unehrliches Spiel getrieben, indem sie die Einnahmen aus den Besißsteuern zu niedrig, die aus den Massen- steuern zu hoh geshäßt hat. Jede Verminderung der Besibsteuern zieht automatish eine Erhöhung der Massensteuern nach sich. Jst es rihtig, daß Fusionssteuern gestundet worden sind oder gar chL- lassen oder wenigstens teilweise erlassen sind, z, B. beim Montan- trust? Es ist Aufgabe der Arbeiterklasse, die Steuern auf die Kapitalistenklasse abzuwälzen. Fm Parlament ist das niht möglich, aber es muß dur den Klassenkampf erreicht werden.

Ein Vertreter des Reichsfinanzministeriums erklärt: Die Regierung wird in dieser wirtschaftlich bedeutsamen Frage inr Steuerausshuß mitwirken und dort selbst dazu Stellung nehmen. Dabei wird Gelegenheit sein, auf die Fragen des Abg. Neubauer zurückzukommen. Fedenfalls ist das, was bisher geschehen ist, nah den bisherigen und niht nach kommenden Geseßen zu beurteilen.

_ Der Gesetzentwurf wird an den Steueraus\schuß über- wiesen.

E83 folgt die zweite Beratung des Gesezentwurss zur Verein Ag E Militärstrafrechts auf Grund des Berichts des Rechtsauss{husses. Die Vorlage ändert das bestehende Geseß in vielen formalen Punkten; so wird Das Wort „Kaiserlich“ überall durch „Reichs-“, das Wort „Kaiser“ durch „Reichspräsident“ erseßt. Ferner soll die Nichtbefelgung eines Besehls nicht nur bei Gefährdung der Sicherheit des Reichs oder der Schlagfertigkeit dexr Truppe bestraft werden, *) Mit Ausnahme der durh Sperrdruck hervorgehobenen Peden der Herren Minister, die im Wortlaute wiedergegeben sind.

sondern auch {hon dann, wenn dadurch in bedeutendem Umfange fremdes Eigentum gefährdet wird. Statt des bisherigen strengen Arrestes soll nux mittlerer vera hängt werden, jedo soll bei Gehormsamsverweigerungen ein geschärfter Arrest eintreten. Bei Bestrafungen wegen Duells unter Soldaten soll zugleich auf Dienstentlassung erkannt werden.

Abg. Dr. BartX1h (D. Nat.) gibt der Befürhtung Ausdcudk, daß manche Strafen zu milde bemessen seien, so daß die Disziplin darunter leide. Das gelte besonders von Gehorjaméverweigerungen, wo eine lediglih- disziplinarishe Ahndung leicht die Heereszucht ges fährden könnte. Auch die Strafen für Beleidigungen seien milder als die im Zivilstrafgeseßbbuch vorgesehenen. Seine Partei habe also verschiedene Bedenken, werde aber diese zurückstellen, weil sie Vec- tráuen zar Heeresleitung habe. Absolut unannehmbar aber seien ihr die Bestimmungen über Bestrafung des Duells, wie sie der Aus- \chuß beschlossen habe. Der Wehrminister habe mitgeteilt, daß in dev Neichewehr fein Fall von Zweikampf vorgekommen sei. Um so unvers ständlicher sei das Vorgehen der Mehrheitsparteien. Das Duell werde sh durch Strafbestimmungen mcht ausrotten lassen zumal wenn dec Schuß gegen Beleidigungen so unvollkommen bleibe wie jekt. Die Zustimmang, seiner Partei zu der Vorlage hänge davon ah, daß Milderungen bezüglich der Duellstrafe einträten. In leichteren Fallen zum mindesten dürfte nicht unbedingt auf Dienstentlassung erkannt werden.

Abg. Buchholz (Zentr.) wüvde es begrüßen, wenn“die Neichs- wehr zu einer einheitlihen wirklichen Volkewehr gemacht werden könnte. Der Nedner geht dann auf Einzelheiten des Entwurfes ein. Bor allem sei eine möglichst schnelle Bestrafung kleinerer Vergehen erwünscht, Die Unterstellung der Neichéwehr unter den Zivils- \trafrichter sei auf die Dauer nicht erträglih. Der Nechtsaus[huß habe den Entwurf fast unverändert gelassen. Das Zentrum werde den Entwurf in seiner jeßigen Fassung annehmen und alle Abände- rungéanträge ablehnen. Es müsse ein möglichst gutes Verhältnis wischen Neichswehr und republikanisher Staatsform hergestellt und die Neichéwehr zu einem brauchbaren Instrument des Staakes werden. Da das Zentrum den Zweikampf grundsäßlih ablehne, stimme es auch dem sozialdemokratishen Antrag auf Dienstentlassung im Falle des Zweikampfes zu. Fahnenflucht müsse nah wie vor ftreng E werden.

Fn dem Entwurf sei nur der qualifizierte Ungehorsam a strafbar ausgenommen, der gewöhnliche Üngehorsam falle unter die Disziplinar|trafordnung. Der Untergebene solle gegen Mißhandlung wirksam geschüßt werden. Der Redner beschäftigt sich dann ein- gehend mit der Frage des Zweikampfes. Schon vor dem Kriege habe ih insonderheit das Zentrum gegen das Duell eingeseßt, Der Oberste Krieasherr habe dem aber nicht zugestimmt. In England sel das Duell dagegen infolge der Zustimmang des Kriegsherrn schon seit dem Jahre 1845 jo gut wie vershwunden. In Deutschland habe lediglich der Wille des Obersten Kriegsherrn das Hemmnis einer vom Parlament gewünschten Aufhebung der betreffenden Kabinettsorders ge» bildet. Jekt seien die geseßlichen Hindernisse beseitigt, die Bolksyertretung babe daher die Pflicht, alles zu tun, um hier vorbeugend zu wirken, Der Zweikampf sei in dem Entwurf lediglih von dem Standpunkt der erhöhten Pflicht der Reichswehrangehörigen gegenüber dem Bater- land behandelt. Strafmaß und Strafart seien durhgus angemessen. Die Bestimmungen in dem Geseß dürften geeignet ‘fein, den Zwei- kampf dauernd aus der Reichswehr zu verbannen. Aber auch das Lben tedes Beamten sei für das Vaterland unentbehrlich. Einer entsprechenden Entschließung werde daher das Zentrum zustimmen. Nor allem müsse auch auf die akademische Jugend eingewirkt werden, den Zweikampf gegen Gottes Gebot und als unmoralisch zu betrachten and zu meiden. Seit jeher habe die katholische Kirche sh mit An» drohung strenger Strafen gegen das Duell gewandt. Auch evangelischs Kreise seien dagegen aufgetreten. Das Duell sei nicht nur unmoralisch, sondern auch undeutsch. Nach der Schrift von Below fei der Zweis fampf zuerst in Spanien aufgetreten und habe sih dann zunächst in den romanischen Ländern verbreitet, troß der Gegenmaßnahmen deu tatholishen Kirhe. Die Kreise, die das Deutschium von allem Uns deutschen befreien wollten würde seine Partei daher in ihrem Bes streben wirksam unterstüßen. Das Duell sei auch nicht als geeignetes Mittel zur Schlichtung von Ehrenhändel anzusehen. L Abg. Lamdsberg (Soz.) betont, daß auch Disfziplinarstrafen vor ihrer Rechtskräftigkeit nicht mehr vollstrekt werden dürften, Zu Unrecht verhängte Disziplinarstrafen würden die Disziplin aufs \{werste shädigen. Redner erkennt zahlreihe Verbesserungen in den Bestimmunoen des Militärstrafgeseßbuches an, sie seien aber n: niht weitachend genug. Die abwartende Haltung mit Rücksicht au das in absehbarer Zeit zu erwartende neue Bürgerliche Strafgesehz- buch sei an sich ja durhaus berechtigt. Vewisse, nicht mehr zeitaemäße Bestimmungen über die Arreststrafen müßten aber [chleunigst geändert iverden. Ein „verschärfter Arrest“ fei nicht erforderli, für einen ehr- liebenden Menschen sei die Tatsache der Beraubung seiner Bes wegungsfreiheit vollkommen ausreichend. Die betreffende Be=- stimmung müsse daher fallen, Auch auf junge Soldaten müßten die

strasmildernden Bestimmungen sür Fugendliche angewendet werden.

Die Prügel!strafe seße den Wert eines Heeres herab; daher sei mit aller Schärfe gegen Soldatenmißhandlungen einzuschreiten. Die Todesstrafe sei auch im Felde nicht berechtigt. Die Erschießung deL beiden Matrefen in Wilhelmshaven sei kein Fustizmord, sondern eint glatter Msrd gewesen. Mit um so größerem Nachdruck bleibe die jozialdemokratische Fraktion dahex bei threm Antrag A Beseiti- gung dex Todesstrafe. Jn der Duellfrage müsse niht nux der Zwei- kampf im Heere, sondern auch das Duell. in bürgerlichen Kreisen auf das s{ärfste bekämpft werden. Man könne an das Wunder nicht glauben, daß die Anshauungen dex aus dex alten Armee stammenden Berater des Reichswehrministers sich so völlig ge- ivandelt haben sollten. (Ein sozialdemokratisher Abgeordneter uuft, auf die hinter den Regierungsbänken stehenden Reichswehroffiziere weisend: Die da oben shmunzeln über den Redner! Frechheit! Vizepräsident Dr. Rießer erteilt dem Rufer einen Ordnungsruf.) Mit der Beseitigung des Duells aus dem Heere sei auch das Vera schwinden des Zweikampfes aus dem bürgerlichen Leben zu erhoffen.

Abg, Dr. Ko x | ch (Komm.): Als bei der Kaiser-Gebhuristags- feier der Hofprediger Vogel sagte, daß die Abschaffung der Mon- arie die Ab\chaffung der Autorität bedeute, fragte ein demotkratis ses Blatt: „Läßt sih Hindenburg das gefallen?“ Ebenso kann maw fragen: „Läßt sich Herr Geßler das gefallen?“ Er behauptet doch von sich, daß exr Revublikaner und Demokrat sei, (Dex Reichswehr- ini Dr. Geßlex erhebt sich und verläßt unter Heiterkeit den Saal.) Für die Ylestenapfindung ist ein Kompromiß im Werke, das den Fürsten eine „würdige Lebenshaltung“ sihern soll; in der Verfassung heißt es, daß allen Staatsbürgern cin amenschens. würdiges“ Dasein gesichert werden soll. Diese Novellen zum Miliî- tärstrasrecht sind ein Verstoß im Sinne der militärischen Restauva= tion. Fn Deutschland ist der Militarismus eine Kran heit, Deutsch« land ist das Land des Hauptmanns von Köpenick. (Große Heiters- keit.) Der Soldat ist nux ein Proletarier und Lohnarbeiter. Vom den Offizieren heißt es: die Herren, von den Soldaten: die Leute. Jn der Begründung der Vorlage heißt es, im Militärstrafverfahrewn gegen Vorgeseßte dürften Untergebene niht Richter sein, und in icdem Militärgericht soll mindestens ein Offizier siven, Die Be- seitigung der Offiziersrichter dur die Soldatenräte soll wieder rück- gängig gemacht werden. Die Soldaten können aber niemals in Offizieren Leute ihres Vertrauens sehen. Als wirklicher Republi- kaner muß man ren Vorstoß gegen das letzte Ueberbleibsel der Revolution mit allen Kräften abwehren. Deshalb beantragen wir: „Das Militärstrafgeseßbbuch wird aufgehoben.“ Die Reichêwehr braucht kein besonderes Strafgesebbuh. Braucht etwa die Schupo ein solhes? Unser heutiges Heer ist gar kein eigentlihes Heer mehr, sondern eine Polizei. Es sind ja verschiedentlich hon mili- tärrechtliche Strafen ausgehoben worden, die man früher für un- entbehrlih hielt, wie z. B. der strenge Arrest. Wir wehren uns auch gegen die Ausdehnung des militärischen Disziplinarstrafrechts. Man kann das allgemeine Strafgeseßbuch sehx wohl auf Militär- personen anwenden. Sobald man aber für das Duell im Militär \härfere Strafen beantragt, kommen der Reichswehrminister, die Kriegsgerichtsräte und die Rechtsparteien und sagen, man könne doch nicht für einen Stand besondere Strafen einführen. ae ihre Ständesvorrechte wollen die Herren volle Freiheii haben, aber

ein Menschenleben odex

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eine Selbstverstümmelung bei den Soldaten wird sehr streng be- strasr. Wenn zwei Bauernburschen mit Messern aufeinander los=-

gon und einer verletzt oder getötet wird, trifft den Täter die volle trafe des Geseßbuchs für Körperverleßung oder. Tötung. Das Offiziersduell soll aber nur mit Festung bestraft werden. ir be-

antragen die Anwendung des allgemeinen Strafgeseßbuhs auf das Offiziersduell. Wir wollen Shluß machen mit diejem feudalen Ueberrest aus einer vorsintflutlichen Epoche. Die Nichtbefolgung eines Befehls aus religiösen Bedenken wollen wix von der harten Bestrafung entlasten. Wir verlangen ferner, an wie im all-

meinen Strafrecht, auch im Militärstrafrecht die Trunkenheit bei

egehung einer strafbaren Handlung als strasmildernd gilt. Wir beantragen endlich die Streichung des ganzen Abschnitts über die Strafen wegen Vergehens gegen die militärische Zucht und Ord- nung, (Beifall bei den Kommunisten.)

(Dex Reichsaußenminister ist wieder im Saal erschienen.)

Vizepräsident Dr. Rieß er stellt aus dem Stenogramm fest, baß Aeußerungen des Abgeordneten Korsch, die unverständlich g2- blieben sind, dahin gelautet hätten, daß der Reich8&wehrminifter ein Stehaufmännchen (Heiterkeit) und ein Begünstiger monarchistischer Putsche, von Mördern usw. sei; er rufe den Abgeordneten Korsh wegen dieser gröblihen Beleidigungen nachträglich zur Ordnung.

Abg. Ham pe (Wirtschastl. Vereinig.) stimant der Vorlage zu, weil sie Fortschritte bringe. Es wäre durchaus zu begrüßen, wenn es gelänge, das Duell aus dem Volksleben zu beseitigen. Das Grundübel sei, daß unsere persönliche Ehre im Strafgeseßbu) nit

enügenden Schuß finde. Der Rückgang des Duells in England sei in der ganz anderen Einstellung der Engländer bégründet, vit in den sharfen Strafen. Der Redner wendet sich gegen ein besonderes Vorgehen gegen die Angehörigen der Reichswehr. Man kranke überdies shon an einem Uebermaß von Paragraphen. Aach das

entrum müsse unbeschadet seiner grundsäßlichen Stellung zum Duell gegen eine Ausnahmegeseßgebung sein.

Abg. Dr. Fri ck (Völk) ist mit dex Tendenz des Entwuxfs an ih einverstanden, wünscht aber Streihung der Bestimmung über ie obligatorische Dienstentlassung im Falle eines Duells. Der

„Züitgeist“, von dem der Abgeordnete Landsberg gesprochen habe, sei aber der undeutshe jüdishe Geist, der Geist des Fnternationalis- mus und Pazifismus, der nationalen Ehr- und Wäürdelcsigkeit. Komme die Bestimmung der Dienstentlassung niht aus dem Ent- wurf hinaus, so werde seine Fraktion gegen das ganze Geseh stimmen.

Abg. Loi bl (Bayer. de stimmt dex Vorlage unter dex Voraussetzung gu, daß die Zusage der Regierung erfüllt werde, daß auch das Zivilstrafgejeß entsprechend geändert wepde.

Reichswehrminister Dr. Geßlerx und der Reichsjustiz= minister Dr. Max x ergreifen hierauf das Wort zu Ausfüh- rungen, die nah Eingang des Stenogramms werden mitgeteilt twerden.

Abg. Hanemann (D. Nat.) bekämpft die kommunistischen und sozialdemokratishen Anträge.

Fn dex Abstimmung wird die Fassung des Ausschusses unter Ablehnung dex Anträge der Kommunisten und Sozial- demokraten in den ersten Artikeln angenommen.

Zu dem Artikel über die Duellstrafen erklärt

Abg. Dr. Wundexrlich (D. Vp.), daß seine Freunde diesen Abschnitt aus den vom Reichswehrminister angeführten Guünden nicht annehmen könnten. Sollten die betreffenden Bestimmungen augenommen werden, so müßte der größte Teil seiner Freunde gegen das ganze Gesetz stimmen.

Dex Antrag auf Streichung der Strafbestimmungen über das Duell wird gegen die Stimmen der Deutschnationalen, Deutschen Volkspartei und der Völkischen abgelehnt. Der Rest dex Vorlage wird nach dex Ausschußsassung angenommen, alle Abänderungsanträge werden abgelehnt.

Nach Erledigung dex Vorlage in zweiter Lesung wird auch B die dritte Lesung vorgenommen. Ohne Debatte wird die

‘orlage im einzelnen angenommen. Fun der Gesamt- abstimmung zum Schluß kommt es zu einex Auszählung. Die Vorlage wird endgültig mit 167 gegen 137 Stimmen an-

enommen. Dagegen stimmten O Deutschnationale, dölfische, Kommunisten, ferner der überwiegende Teil der Deutichen Volkspartei.

Nunmehc vertagt sich das Haus auf Donnexstag 1 Uhr (Sperrgens in Sachen der Fürstenabfindung; Antrag, be- treffend Erlaß eines Antiduellgeseßes und kleinere Vorlagen).

Schluß gegen 74 Uhr.

Preußischer Landtag. 124. Sizung vom 3. Februar 1926, Mittags 12 Uhr. {Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger.)

Der Landtag überwies ohne Aussprache den Zentrums- anirag Dr. P or ch auf Vorlegung einer Denkschrift über den Stand der Oedlandkultivierungen und Be- reitstellung weiterer Mittel zur Förderung derprivatenSiedlungen sowie den gemeinsamen An- trag der bürgerlichen Parteien auf Anerkennung der in Oberschlesien durch Aufruhr und Polenein- fall verursahten Schäden als Reichsschukld und über die Beschleunigung der Entschädigungszahlungen der Ausschußberatung.

Die Große Anfrage B o x ck (D. Nat.) über die Dn des Polizeihauptmanns Bender und des Polizeiober- leutnants Nagel wegen ihrer Stellungnahme bei Ausfüh- xungen in öffentlichen Versammlungen geht gleichfalls ohne Aussprache an den Hauptausshuß.

Hierauf beginnt das Haus die zweite Beratung der neuen Städteordnung.

Abg. von Eynern (D. Vp.) gibt als Berichterstatter einen Rückblick auf die bisherigen Verhandlungen des Entwurfs, der den verflossenen Landtag E ausführlich beshäftiat habe und s{ließlich in der von diesem beschlossenen n ußfässung als Fnititativ- antrag vom Zentrum vor den neuen Landtag gebracht worden sei. Der Redner gedenkt des Hinscheidens des früheren Berichterstatters Dr. Preuß, das eine empfindliche Lüdcke in die weiteren Beratungen gerisson habe. Wenn die Beratungen sich an e hinzögen, ss liege

s am der Schwierigkeit der Materie. Man brauche nux an die ÁAuswirkungen des Verhältniswahlrechts zu denken, die ja jeßt er- neut lebhaft in der Oeffentlichkeit besprochen würden. Zur Be- s{leunigung dräânge andererseits die wirtschaftliche Not, die zur größten Sparsamkeit zwinge, wie sie s diese Verwaltungsreform gleihfalls zum Ziele habe. Besondere Bedeutung verdiene die Neu- vegelung der Eingemeindungsfragen und die Frage, ob Magistrats- verfassung oder Bürgermeistereiverfassung vorzuziehen sei. Der Ausschuß lasse beide Systeme bestehen. Neu sei, daß an den städti- chen Deputationen niht nur Stadträte, sondern auch andere Per- onen, wie die Leiter einzelner Verwaltungszweige und wir:schast- icher Kommunalbetriebe teilnehmen können. Jn wichtigen g ei die staatliche Genehmigungs-

fliht festgelegt worden, so bei der Aufnahme einer Anleihe Vei ‘rrihtung einer städtishen Bank und Beteiligung der Stadt an einer Bank. Wichtig sei E: die Frage der Bestätigung der Stadträte, zu der ja in der Debatte noch A esprehen werden würde. Berecßtigt sei der Wunsch, die dritte flikg nicht ofort an die zweite Lesung an p sondern die Beratung der andgemeindeordnung dazwischenzus ü

Das sei zu begrüßen.

ieben. Das würde zweifellos auch der weiteren Klärung strittiger Fragen dienen.

Abg. Ha as (Sog.) schließt fich der Anerkennung der Tätigkeit des Abgeordneten Dr. Preuß an. (Beifall.) Der Redner weist so-

damn auf die Finanznoi der Städte hin. Wenn die7Ueberzeugung durhgedrungen sei, daß der Vorwurf der Mißwirtschaîft gegen die Städte unzutreffend sei, dann werde der Zeitpunkt gekommen sein, an die große Verwaltungsreform zu gehen. Auch rür die Städte- und Landgemeindeordnung sei der Zeitpunkt nicht günstig, da viele Bestimmungen ledigli auf ein Mißtrauen gegen die Städte zurückzuführen seien. (Sehr richtigs) Der Entwurf Drews sei dreimal geändert worden und s{chließlich als „Geheimrats- entwurf“ vom Minister Severing vorgelegt worden; er habe dem Ausschuß viel Arbeit gemacht. Wenn die Rechtsparteien jeßt be- antragten, das B von 20 auf 25 Fahre hinaufzujeßen, wenn ferner die Wirtschaftspartei etn Jahr Ansäsigkeitsdauer als Vorbedingung für das Wahlrecht fordere, so zeige das daß die Tendenz bestehe, wieder kräftig rückwärts gzu revidieren. Das Einkammersystera, nah dem Stadtverordnete und Stadtver- waltung gemeinsam beraten und beschließen, sei nah Ansicht seiner Freunde das beste System. Deshalb sei das Bürgermeistersystem vorzuziehen. Es sei einfacher, arbeite schneller und erziehe zur Verantwortlichkeit. Troydem habe man nicht den Mut gefaßt, fh vom Alten zu trennen, und habe die Magistratsverfassung bei behalten. Lerder hätten wir heute Mangel an Menschen, die real- volitisch und verantwortungsvoll dähten. Man müsse die Ver- antwortung den Stadtverordneten übertragen; das ge|chehe aber in dex Bürgermeistereiverfassung. Erfreuliczerweise habe sih dex Deutsche Städtetag, der vor 2 Jahren in Goslar davon noch nichts wissen wollte, im Sommer 1925 füx ei n System, nämlih für das Bürgermeistereisystem, erklärt. Wenden müsse sih seine Partei dagegen, daß für Volksbegehren und Volksentscheid eine BZwceis drittelmehrheit erforderlich sein solle; diese große Mehrheit würde nicht nötig sein. Ferner dürfe der Bürgermeister nicht „geborener“ Vorsißender im Verwaltungskollegium sein; man solle diesen nah Ansicht seiner Freunde vielmehr durch Wahl bestimmen. Der Redner trägt eine Reihe weiterer Aenderungsvorschläge vor, die ges Fraktion in besonderen Anträgen niedergelegt hat. Eine tlare rennung zwischen Selbstverwaltungs- und Auftragsangelegen- heiten sei nótig, um klare Bestimmungen übex die Staatsaussicht zu ermöglichen. Die vorgeschlagenen Bestimmungen seien sehr dehns- bar. Beschlüsse könnten so allzuleiht im Wege der Staatsaufsicht als geseßwidrig hingestellt und so unwirksam gemacht werden. Eine solche Gefahr für die Selbstverwaltung müsse vermieden werden. Leider sei die ursprünglihe Einshränkung des Bestäti- gungsrets, die die erste Lesung beschlossen habe, infolge der Hal- tung des Zentrums wiedex aufgehoben und das Recht auch auf die Nichthesoldeten ausgedehnt worden. Seine Partei se? grundsäßlih egen ein Bestätigungsrecht, da sie dex Ansicht sei, daß die Stadt fh hon selbst die rehten Leute auswählen werde; gum mindesten beantrage seine Partei, daß das Bestätigungsreht nux für den Bürgermeister und jeine Stellvertreter gelten solle. Wenden müsse sie sih auch gegen den deutshnationalen Antrag, wonach die Staatsaufsicht eingreifen könne, niht nux wenn das bestehende Recht, sondern auch wenn das Gemeinde- odex das Staatswohl verleßt sei. Die Ansichten über Gemeindewohl und Staatswohl gingen doch zu weit auseinander! Revidiert werden nte gleich falls die Bettimmaungen über Eingemeindungsfragen. Man sollte nicht unnötig den Landtag anrten oder den fostspieligen Apparat des Volksentscheids in kleinen Dingen in Bewegung segen. Die endgültige Haltung und Abstimmung seiner Freunde werde sich danach richten, wie man den Reformvorschlägen gegenüberstehe.

Abg. Dr. Manet !ky (D. Nat.) erkennt namens seiner Frak- tion die Verbesserungen der Vorlage an. Besonders sei es zu be- grüßen, daß dex Grundsay, keine Ausgaben ohne Deckung, in der neuen Städteordnung zum Geseÿ erhoben worden sei. Die Städte hätten die Pflicht, auch ihrerseits der völlig veränderten Wirtschasts- und Finanzkraft des Volkes in jeder Hinsicht Rechnung zu tragen. Dex Ehrgeiz der Bürgermeister dürfe nicht sowohl sich darauf er- streckten, möglichst viele und großartige städtische Neueinrihtungen zu schaffen, als vielmehr darauf, die öffentlichen Aufgaben der tadt unter möglichster Schonung der Steuerkraft der Bürgerschaft zu erfüllen. TFmmerhin aber lehne sih das neue Geseß auf das engste an die alte Städteordnung an und die angestrebten Aende- rungen hielten sih in verhältniêmäßig engen Grenzen. Es liege darin vielleicht ungewolltes Lob der alten Zeit, deren Gele ung die glänzende Entwicklung unseres Städtelebens ermöglicht habe. Es fei dies aber auch eine Stüße dex deutshnationalen Forderung, die Beratung der Städteordnung hinter die angekündigte Reform der staatlihen Verwaltung zurücfzustellen. Der Redner befürchtet, daß der Hauptgrund für das Drängen der Linksparteien, die Städte- ordnung schon jeßt zu verabschieden, darin zu suchen sei, daß die städtishe Verfassung eine gewe Forinaldemottatiihe Weiter- entwicklung erfahren solle. So nähme man in die neue Städtever- lassung in Nahahmung des Volksentscheids den sogenannten

üUrgerschastsentsheid auf. Diese Art Volksabstimmung sei aber lediglich geeignet, in das kommunale Leben Unruhe und Unsach- lichkeit hineinzutragen. Bedenklicher noch sei das Bestreben in dem neuen Geseh, die Stellung der Bürgermeister gegenüber dem Magistrat und der Stadtverordnetenversammlung gu \chwächen, Dex Bürgermeister dürfe Beschlüsse der städtishen Körperschasten nur noch beanstanden, wenn sie das bestehende Recht verleßten. Die Beanstandung wegen Gesährdung des Staatswohls oder des Ge- meindjuteresjes die bisher möglich gewesen, sei aufgehoben worden. Das sei um so folgenschiverer, als auch der staatlihen Aufsichts behörde ein Beanstandungsreht nur wegen Geschwidrigkeit städti: her Beschlüsse eingeräumt worden sei, Hierin liege eine dem Stagtsgedanken schädlihe Zuspibung des Selbstverwaltungs- prinzips. Ebenso sei es eine ungerehtfertigte Beeinträchtigung der natürlihen Rechte des Staates, daß die staatliche Bestätigung der Wahl der Magistratsmitglieder in Zukunft lediglich auf besoldete Mitglieder beschränkt werde. Mitglieder eines Gemeindevorstands dürften nux Personen sein, die Gewähr böten, daß sie das All- gemeinwohl zu fördern in der Lage und willens seien. Es sei (ufgabe des Staates, durch Ausübung des Bestätigungsrehts dar- über zu wachen. Fnsbesondere, wenn der Staat, wie jeßt, in {hwerer Bedrängnis sei, müßten alle mittelbaren oder unmittel- baren Organe des Staats, also auch die städtishen Körperschaften, besonders straf} auf das allgemeine Staatswohl eingestellt werden. Aus diesem Grunde würde die Deutschnätionale Volkspartei Ahb- änderungen der preußischen Städteverfassung niht gutheißen, die eine Lockerung in dem Verhältnis zwishen Gemeinde und Staat zux Folge haben müßten.

Abg, Bergmann a nis verlivies p At darauf, daß das Schi&sal des Gesezentwurses infolge des mangelnden Jnteresses der Hering und aus anderen Motiven der Rechtsparteien mehrmals an dem "daran ses, da Faden hing. Das Zentrum

halte nach wie vor daran fest, daß eine Verabschiedung der Ge- e GS Ia gerne zweckdienlih sei. Vereinheitlihung des vielgestaltigen Gemeinderehts, Vereinfachung der Vertwaltungs- praxis, Hineinarbeitung der neuzeitlichen Bürgerrehte in Städte- und Landgemeindeordnung u Aufgaben, die man nicht länger wie unbedingt notwendig hinaus\cieben sollte. Der Einwand, daß man bei der allgemeinen Verwaltungsreform wicht unten bei den Gemeinden, sondern oben beim Staat beginnen müsse, werde vom Zentrum niht als ausreihender Grund angesehen, um die Verabschiedung der Städte- und Landgemeindeordnung hinaus-

uschieben. Zum Jnhalt des Geseßentwurfs" selbst bemerkt der edner: Wenn man die Beseitigung des früheren Dreiklassen-

wahlrechts durch das gleihe und geheime Wahlrecht in Abzu bringt, so bleibt bei der Städteordnung an großen Reformen noch weniger übrig als bei der Landgemeindeordnung. Es galt, per- fonte Wünsche zurückzustellen. Bezüglich der meinde- verfassungsfrage hat das Zentrum dringenden Wünschen aus dem Lande Rechnung getragen, die eine Beibehaltung der GB erqu Berta angen dringend verlangen. Es ist ein wichtiges Postulat der Sel stverwaltung, daß die Gemeinden selbst über die Grundlagen ihres Bra mng s bestimmen können. Eine derx wichtigsten Aufstcten ist das Verhältnis der Gemeinde zum Staat. as Aufsicht8reht des Staates darf unter keinen Umständen über das notwendige Maß hinaus aus edehnt werden. Diesen Standpunkt, den die Regierung früher selbst eingenommen hat, hat fie während der Ausshußberatungen nicht mehr gang aufrechterhalten. Ein wichtiger Teil des vorliegenden Géeseventwurfs ist auch das

Verhältnis der Gemeinden untereinander. Wir werden für die Beschlüsse des Ausschusses in der Frage der Eingemeindungen stimmen, durch die an dem bisher geltenden Reht wenig geändert ivird. Wir werden die Anträge ablehnen, die am Bürgerrecht, am Wahlrecht Aenderungen vornehmen wollen. Das Zentrum wird alle Anträge ablehnen, die auf eine Verkümmerung der Bürger- rechte in der Gemeindeverfassung hinauslaufen. Es ist aber feine Beeinträchtigung der Bürgerrehte, wenn dîe Fus e des Bürgers schaftsbegehrens einer Korrektur unterzogen wird, Bei der Einzelso beratung werden die Redner des Zentrums noch zu verschiedenen Anträgen Stellung nehmen. Wir hoffen, daß nunmehr endlich das erste Gese aus der geplanten großen Verwaltungsreform zur Verabjichiedung kommt.

Abg. Dr. Rose (D. Vp.) fragt, ob die mühevolle Arbeit, die Le geleistet sei, nötig gewesen wäre. Das Stein-Hardenbergsche Zerk habe die Jahrhunderte überdauert. Den Wunsch nah einer neuen Ordnung habe die Regierung mit formellen Gründen wegen der Unübersichtlichkeit der seither ergangenen Aenderungen und aus dem materiellen Wunsch nach Modernisiecung begründet. Als durchschlagend könne er diese Gründe der Regierung nicht ansehen. Die heutige Zeit sei überdies wenig zu eber Reformarbeît ge- eignet. Jn den Ministerien seien eine Reihe von Personen, die noch wenig von Verwaltung, mehr von Agitation verstünden. Man habe ein großes Ziel vor Augen, die Ermäßigung einex ver- antwortungsvollen freien Entwicklung; aber man erkenne, daß zur- zeit fast unüberwindlihe Schwierigkeiten der Erfüllung des Zieles entgegenstünden. ans richtig! rechts.) Ein Mangel sei auch, daß man die Ersahrungen der außerpreußischen Länder auf dem Kommunalgebiet niht herangezogen habe. Er müsse z. B. an die Kommunalkamme:n in Thüringen evinnern. Man müsse schon sagen: ein großes Reformwerk sei diese Städteordnung nicht, eher ein ge- dankenarmes Werk einer gedankewarmen Zeit. (Zurufe.) Jet handele es sich sogar mehr um eine Parteiakttion. Es fehle die Führung der Regierung. Eine homogene Regierung stehe nicht hinter dem Entwurf. (Zurufe.) Nach den Anträgen der Demo- ratischen Partei zu urteilen, jei die Homogenität tatsächlih nicht vorhanden. Freilih werde nihts weiter übrig bleiben, als Schritt für Schritt vorzugehen; die Reform in einem Guß werde nicht möglich sein. Seine Partei habe darum auch nichts gegen die Be- ratung einzuwenden. Endgültige Stellungnahme müsse sie si aber bis zur dritten Lesung vorbehalten. Der Redner bespricht dann die einzelnen Gebiete. Ein so niedriges Wahlalter wie das 20. Lebensjahr halte seine Pactei nicht für richtig. (Sehr richtig! rechts. Zurufe bei den Kommunisten.) Weggefallen sei der Heevesdienst, geblieben sei die Radikalisierung der Jugend links und vechts. (Sehr wahr! vechts und in der Mitte.) Die Karenz- v eines fech8monatigen Wohnsißes erscheine jeiner Partei zu urz, sie beantrage ein Jahr Aufenthalt in einer Gemeinde als Vorausseßung füx das kommunale Wahlreht. Die Geschäst8- ordnungsbestimmungen der Stadtverordnetenversammlung wolle seine Partei shon in der Städteordnung festtegen, um den Streit darüber von den Städten /EROA, Als liberale Partei wolle sie die Stellung des leitenden verantwortlichen Beamten stärken, darum verlange sie für die größeren Städte mindestens ein juristisch ausgebildetes Magistvratsmitglied und sei gegen den sozialdemokratischen Antvag, die Amtsdauer der Bürgermeister von 12 auf 6 Jahre herabzuseßen. Der Redner {ließt mit der Bes merkung, daß wir ganz anders dastehen würden, wenn hinter dem Entwurf eine homogene Regierung stünde. Die gegenwärtig Regierung sei niht homogen und besiße niht die E ie Arbeitsfähigkeit für ein solches Werk.

Ministecialdirektor Mulert exklärt, die Staatsregierung wolle positiv an dem Werk der neuen Städteordnung mitwirfen und auch ihrerseits zu einem gedethlihen Ergebnis beitragen. Fn der Frage ‘des O a citOriens wolle die Staatsregierung anstatt der früher maßgeblih gewesenen subjektiven Gesichtspunkte jezt die objeftiven Gesichtspunkte jeyen. Wie sich aus den Ums- gemeindungen im rheinish-westfälijchen Fudustrregebiet ergebe, set es überhaupt bei Fntweressenkonflikten nur mögli, nah objektiven Gesichtspunkten zwischen den Wünschen der einzelnen Gemeinden zu entscheiden, Dabei handle es sich um einen fundamentalen Grundsaß, der nicht toieder verlassen werden könne. Die Staat3- regierung lege außerordentliches Gewicht auf größte und ume fassende wirtschaftlihe Betätigung der Gemeinden. Dabei er- inuert der Redner an die großen Versorgungsbetriebe, Gas- und Elektrizitätswerke usw,, wo die wirtschaftliche Betätigung der Ge- meinde im allgemeineu Fnuteresse liegt. Die Staatsregierung wolle in dieser Beziehung ihren Standpunkt in der Städteordnung zum Ausdruck bringen, nicht etwa um auf diesem Gebiete mit ihrem Aufsichtsrecht einzugreifen, sondern nur un materielle Richtlinien zu geben, die dann in den Stadtverwaltungen von selbst die nôtige Beachtung finden würden, weil sie im Jnteresse der Gemeinden lägen. Schließlich bitiet der Ministerioldirektor um die Streichung der gegen den Willen dex Regierung in den Entwurf aufs- genommenen Bestimmung, daß werbende Betriebe in wirtschaft» licher und steuerliher Hinsicht wie Privatbetriebe zu führen sind. Für dies: Bestimmung sei in der Städteordnung tein Play; ste ge- hôre in ein besonderes Geseß, das sih mit steuerlihen Dingen bee fasse 1.nd das bei der endgültigen Regelung des Finanzausgleichs zwischen Reich und Ländern geschaffen werden könne.

Abg. Kilian (Komm.) wendet sich gegen die Ancväge zur Heraufsezung des Wahlaltzers. Das Leitmotiv aller Gemeindes politik müsse die [soziale Fürsorge sein. (Sehr richtig! bei den Kommunisten.) Die gemeindlihe Selbstverwaltung müsse sih in der Zusammenfassung ailer in der Gemeinde vorhandenen Kräfte, insbesondere für die notletdende mäinderbemittelte Bevölkerung be- tätigen. Dex Redner kritisiert, daß die Sozialdemokratie, als sie noch mächtig genug gewesen, niht moderne Gesichtspunkte in die Städteordnung hineingebract habe. Dann verweist ex auf die Neuregelung der Kommunalverwaltung in Sowjetrußland, die ganz den sozialen und hygienishen nteressen der avbeitenden Be- völkerung dienten. Jn Preußen sei schon 1923 der Demokrat Dr. Preuß niht mit den Zugeständnissen des Staates an die Ges meinden bezüglich der Selbstverwaltung zufrieden gewesen. Der gegenwärtige Entwurf bringe noch weitere Ver chlechterungen, fo daß ex ohne Aenderungen unanmnehmbar sei. Die Kommunisten verlangten vollkommene C und das Eins kammersystem für die Gemeinden. Diese Auffassung habe in ¡einex Denkschrift aus formalen Gründen auch der tadtetag vertreten.

Um 5% Uhr E der Landtag die Mee era ung auf Donnerstag, 12 Uhr: Außerdem nochmalige Beschlußfaïsung übex das Geseh bezüglih der preußischen Vertretung im Reichsrat.

Parlamentarische Nachrichten.

Dex Auswärtige Au8schuß des Reichstags be- nen gestern untex dem Vorsiß des Abg. Her gt (D. Nat.), laut eriht des Nahvichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger, unächst das Dor aide Wirtschaftsabkommen zwischen emDeutshen Reih unddemKönigreih Spanten vom 18, November 1925 sowie den Zusayvertrag vom 9%. November 1925 zum deutsh-utederländishen Handels- und Shiffahrtsvertrag vom 31, De- zember 1851 und den beuti niger n Ren Zolls und Kreditvertrag vom 26. November 1925. Nach längerer die f „Dau Lp Vp.), Dr. Reichert tat.), v. Graefe (Völ 9: Dr. Hilferding (Soz.), Graf Lerchenfeld O Vp.), Stoeck ex (Komm.), . Kaas Pert und Graf Berns orff (Dem.) beteiligten und in deren erlauf auch der Reichsminister des Auswärtigen Dr. S Sale mann das Wort ergriff, wurden die diesbezüglichen Gejeß- entwürfe nah Kenntnisnahme durch den Auswärtigen Ausschuß an den Handelspolitishen Ausshuß weiter geleitet. Es folgte die Besprechung über die Frage des Eintritts Deutschlands in den Völkerbund. Der Beratung dieser Frage wohnte im Auswärtigen Ausschuß das gesamte Reich kabinett bei. Bei Beginn der Beratung Ne Abg. Stoecker (Komm.) die Herstellung der Oeffentli

Aussprache, an der si D. N