1903 / 286 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 05 Dec 1903 18:00:01 GMT) scan diff

Nichtamtliches. Deutsches Reih.

Preußen. Berlin, 5. Dezember.

Seine Majestät der Kaiser und König hörten

pru vormiitag, wie „W. T. B.“ meldet, im Neuen Palais

e Vorträge des Staatssekretärs des Reichsmarineamts und des Chefs des Marinekabinetts.

Jn der am 4. Dezember unter dem Vorsiß des Staats- ministers, Staatssekretärs des Innern Dr. Grafen von RRCLm n Ina IaIg lt Plenarsizung des

undesrats wurden der Antrag des Königreihs Sachsen, betreffend Zollverwaltungskosten, ferner der Entwurf zum Besoldungs- und Pensiongetat der Reichsbankbeamten mit Ausnahme der Mitglieder des Neichsbankdirektoriums für 1904, der Entwurf eines Geseßes wegen Uebernahme einer Garantie des Reichs in bezug auf eine Eisenbahn von Daressalam nah Mrogoro sowie der Entwurf einer Verordnung über die Gerichtsbarkeit der deutishen Konsuln in Aegypten den: zu- ständigen Ausschüssen überwiesen. Die Vorlage, betreffend einen zweiten Nachtrag zu der Zusammenstellung der auf Grund der 88 7 und 8 des Gesezes über die Unfallfürsorge für Gefangene vom 30. Juni 1900 getroffenen Einrichtungen, wurde zur Kenntnis genommen. Außerdem wurde über mehrere Eingaben Beschluß gefaßt.

Laut Meldung des „W. T. B.“ ist S. M. S. „Hertha“ gesiern in Nagasaki eingetroffen und geht am 7. d. M. von ort nah Tsingtau in See.

Der Korvettenkapitän Voit hat am 29. November in Schanghai das Kommando von S. M. S. „Thetis“ von dem Fregattenkapitän Dik übernommen.

Der Dampfer „König Albert“ mit den- Ablösungen für die Schiffe der ostasiatishen Station ist am 3. Dezember in Kobe (Japan) eingetroffen und hat gestern die Reise nah Yokohama fortgeseßt.

BadDen.

In der gestrigen Sißung der Zweiten Kammer legte der Ringnuuiniltex. Dr. Buchenberger den Staatshaushaltsetat für 904/05 vor und führte dabei nah einer Meldung des „W. T. Be n. a. aus: „Der Höhepunkt unserer finanziellen Entwidelung wird durch die Budgetperiode 1898/99 gegeben, die mit einem UVebershuß von 5,1 Millionen abshloß. In den weiteren Perioden s{wankten die Ueberschüsse. Zum ersten Male seit Einführung der Einkommensteuer hat die Beanlagung derselben jet eine Verminderung gegen das Vorjahr ergeben. Hierzu kommt die Ungunst der Reichshaushaltslage. Der Staatsvoranshlag {ließt in den ordentlihen Etatausgaben mit jährli 86 637 843 „6, in den Ein- nahmen mit jährli 86 166 384 4, also mit einem Fehlbetrag von 471 459 A ab. Die Mularerungen des außerordentlichen Etats be- tragen netto 9924951 A Was die Staatsbahnen betrifft, so haben die in den leßten fünf Jahren stark gestiegenen Betriebs- ausgaben ein starkes Sinken der Renten unseres Staatsbahnbesißes veranlaßt. Der Voranschlag der Eisenbahnbetriebsverwaltung [8 1904/05 stellt fih in den Einnahmen auf 75 241 300 4 jährlich, n den Ausgaben auf 61752 800 M jährli. Das außerordentliche Budget beansprucht für die beiden Jahre 41 446 700 A Hierzu kommen an aufrecht zu erhaltenden Krediten rund 46 Millionen Mark, fodaß sich ein Eifsenbahnbaubudget von 874 Millionen Mark ergibt.“ Der Finanzminister s{chloß: „Die Finanzleitung gibt ih der bestimmten Hoffnung hin, daß die nötig ge- wordene JInanspruhnahme der Bevölkerung mit einem Mehr von Steuerleistungen nur vorübergehend zu erfolgen braucht, und daß mit der zu erwartenden Erstarkung des wirtshaftlihen Lebens die regel» mäßigen Staatseinnahmen eine Vermehrung erfahren, welche in zwei Jahren die Herstellung des Gleihgewihts im Staatshaushalt ohne e der jeßt vorgeshlagenen außerordentlißhen Maßnahmen ermöglicht.“

Oesterreich-Ungarn.

Nach einer Meldung des „Fremdenblatts“ übernimmt an Stelle des in den Nuhestand tretenden Generals Freiherrn von Appel der kommandierende General in Krakau Freiherr von Albori die Leitung der Zivil- und Militär- angelegenheiten in Bosnien und der Herzegowina. gum Nachfolger des Freiherrn von Albori als Korps- ommandanten ist der bisherige Kommandant der 12. Jnfanterie- truppendivision in Krakau, Feldmarschalleutnant Horseßky Edler von Hornthal ernannt worden.

Dem österreihischen Abgeordnetenhause unterbreitete geitern, wie „W, T. B.* berichtet, der Landesverteidigungs- minister die RNekrutenvorlage für 1904, nah der für das ge- meinsame Heer, die Kriegsmarine und die Landwehr die bisherige Anzahl Rekruten beansprucht wird. Nach der wörtlihen Verlesung der Eingänge verhandelte das Haus über die Notstandsanträge. Die Vorlage der Regierung, nah welcher der Notstandskredit von 15 auf 20 Millionen Kronen erhöht wird, wurde nach längerer Debatte in allen Lesungen angenommen.

Der Staatseisenbahnrat sprach si gegen den dring- lihen Antrag auf Erhöhung der Frachttarife bei den öster- reichischen Staatsbahnen aus.

Jn einer gestern in Budapest abgehaltenen Konferenz von Mitgliedern der ungarishen Unabhängigkeits- partei wurde mit 46 gegen 28 Stimmen ein Antrag Koloman Thalys angenommen, der die Einstellung der Ob- struktion bedeutet, Diejenigen Mitglieder der Un- abhängigkeitspartei, welhe sich der Obstruktion angeschlossen hatten, im ganzen 36, fast die Hälfte, hielten gestern eine be- sondere Konferenz ab und beschlossen, die Obstruktion fort- zusehen, bis der Beschluß des ungarishen Abgeordnetenhauses, täglich zwei Sißungen abzuhalten, als hausordnungswidrig außer Kraft geseßzt ijt.

Fraukreich,

In der gestrigen Sißzung der Deputiertenkammer erklärte, wie ,W. T. H berichtet, bei der Beratung des Gtats der Finanz-

verwaltung der Finanzminister N ou vier, darauf verzihten zu wollen,

einen Teil der von der Bauk von Frankreich für den Cródit agricole auégegebenen Beträge in Höhe von ungefähr 16 Millionen Francs in den Œtat einzustellen. In olgedessen werde es unmöglich, die Ausgabe vou 27 Millionen Francs für die Œisenbahnzinsgarantien, die nihts- destoweniger dank den höheren Erträgen der Steuern aus den ordent- lichen Einnahmen des Staatshaushalts gedeckt würden, auf den Gtat

auf der Sißung nahm die Kammer immen an, ea sie sich bis zum der Sihovg teilte der an ent ncle ein Antrag, betreffe

an dem Bagdadbahnunternehmen,

feniliht das Faksimile der Tee 60s

terium in der Angelegenheit des ovant an den Seepräfekten von Toulon war und über die der Nationalist

ammer interpelliert hat. Die Depesche ist vom 28. datiert, an dem der Marineminister Pelletan- in: war. Sie lautet: „Das Disziplinar- verfahren Matrosen Kermovant ist aufgehoben und ungültig. ermovant sofort freilassen.“ Die Behauptung Rouanets, daß der Marineminister die Vernichtung der Prozeß- aften angeordnet habe, sei demnach völlig unrichtig.

Der Nationalist Berry, der die Einseßung der parla- mentarischen Kommission zur Untersuhung der Hum- bert-Angelegenheit in der Deputiertenkammer veranlaßt hat, legte in Tae estrigen Sizung der Kommission seine dieje Angelegenheit betreffenden Papiere vor, die er als sehr wichtig bezeichnet hatte. Die Enttäushung der Kom- mission war, wie „W\ T. B.“ berichtet, sehr groß, da die Papiere fast auss{hlßlich aus Zeitungsausschnitten be- standen. Während“ der Sigung kam es wiederholt zwischen einigen Mitgliedern der Kommission und Berry zu heftigen Auftritten, da leßterer durch Andeutungen und Anspielungen einzelne republikanische Politiker zu kompromittieren suchte, ohne Namen zu nennen. Jn die Enge getrieben, konnte er nur einen Namen und zwar den des Deputierten Flourens angeben, was Heiterkeit hervorrief, da Flourens gerade der nationalisti- hen Partei angehört.

Aus Belfort meldet das genannte Bureau, daß der der Spionage beschuldigte Jffenecker gestern zu einem Jahre Gefängnis und 1000 Francs Geldstrafe verurteilt worden ist. Der Aufenthalt in Frankreih wurde ihm auf 10 Zahre untersagt. Die Verhandlung fand unter Ausschluß der Oeffentlichkeit statt. Das Gericht nahm als durch die Be- weisaufnahme erwiesen an, daß Jffenecker einen Plan des Forts Roppe aufgenommen habe; die Auslieferung des Plans an eine fremde Macht wurde als niht bewiesen angesehen.

Rußland.

Der Kaiser und die Kaiserin sind, einer Meldung des „W. T. B.“ zufolge, - gestern von Skierniewice nah St. Peters- burg abgereist, wo gestern auh die Kaiserin-Mutter aus Kopenhagen wieder eintraf.

Jtalien,

Der Senat erörterte gestern die von der Regierung abgegebenen programma!ischen Erklärung. Gegenüber dem Senator Pellour führte der Ministerpräsident Giolitti, einer Meldung des „V T. B." zufolge, aus, die Vertagung der Neise des Kaisers von Rußland sei nicht auf die Ablehnung der im März d. J. von Rußland bean- tragten Auslieferun des russishen Staatsangehörigen Göô zurückzuführen. Auf die Bemerkung aus, der Aufschu der Neise des Kaisers von Rußland habe auch die in Paris gelegentlih des Besuchs des Das Viktor Emanuel veranstalteten Festlichkeiten beeinflußt, erwiderte Giolitti, diese Feste seien so glänzend und so herzlich gewelen, daß Fs 4- Italiener und kein Franzose sie großartiger hätten wünshtWinen (Lebhafte Zustimmung.) Die Diskussion über die Negiertngserklärung, zu der nur Pelloux das Wort ergriffen hatte, wurde darauf ohne Abstimmung geschlossen.

Spauien.

_ Der bisherige Ministerpräsident Villaverde hat, wie „W. T. B.“ aus Madrid berichtet, darauf verzichtet, das Kabinett zu reorganisieren. Auf seinen Rat betraute der König den Deputierten Maura mit der Neubildung des Kabinetts, der den Auftrag angenommen hat.

Die Deputiertenkammer hat sih bis zur Beendigung der Krisis vertagt.

Rouanet in de

Türkei.

_Der Wiener „Politishen Korrespondenz“ zufolge bestätigt es fich, daß die Ernennung des österreihisch-ungarischen und des russishen Zivilagenten für die Kontrolle der Durchführung der M in den mazedonischen Wilajets in allernähjster peit, vielleicht {hon in einigen Tagen vollzogen wird. Zu ihrem Siz ist zunähst Mona stir ausersehen.

Bulgarien.

Bei der Beratung des Adreßentwurfs erklärte gestern in der Sobranje der Ministerpräsident Petroff, wie „W. T. B.“ aus Sofia berichtet: Bulgarien sei bestrebt und werde immer bestrebt sein, mit den Nachbarländern und \peziell mit seinem Befreier Rußland in Frieden zu leben. Bulgarien wolle nit’ die Initiative unter den Balkanstaaten ergreifen, sondern werde dem natürlichen Lauf der Begebenheiten und den Wünschen des europäischen Konzerts folgen. Es werde si zu keiner den Landesinteressen zuwiderlaufenden Politik verstehen. Bulgarien habe nie Eroberungspolitik getrieben, Petroff erklärte fih weiter mit der Aeußerung Danews einverstanden, die mazedonishe Frage müsse mit Hülfe der Mächte gelöst werden; die MNegierung werde aber alles tun, um bei der Lösung die eigenen Interessen zu wahren. Danews Aeußerung über ein Zusammengehen mit Serbien aber fei unberechtigt, obwohl die gegenseitigen Bes ziehungen der beiden Länder die besien seien. Bulgarien wolle nur die wirtschaftlihe und materielle Besserung der Lage der mazedonischen Brüder herbeiführen. Bei den gleihen Bestrebungen Serbiens ergebe si ein Zusammengehen von selbst. Die Beziehungen zu Numänien seien so herzlih wie seit langem nicht.

Amerika.

Der Marinesekretär der Vereinigten Staaten von Amerika Moody hat, nach einer Meldung des „W. T. B.“ aus Washington, dem Kongreß eine Vorlage unterbreitet, in der die Bildung eines Admiralstabes beantragt wird; ferner werden in La Vorlage eine Reihe von Befestigungen vorgesehen, u. a. auf der Jnsel Guam, auf den Philippinen und auf den Midway-Fnseln. Auch sollen alle Kriegs- schiffe mit Apparaten für drahtlose S etéacaulie ausgerüstet werden.

Parlamentarische Nachrichten.

Der Bericht über die gestrige Sizung des Reichstags befindet sih in der Ersten Beilage.

Das Mitglied des Herrenhauses Sto pon Arnim- Mellenau ift am 3. d, M. in Berlin gestorben.

d den

Statistik und Volkswirtschaft.

Gheshließungen, Geburten und Sterbefälle des E E E ae er en E AROOte

Die neuesten Zusammenstellungen des Kaiserlichen Statistis Amts über die natürlie, in der Zahl der Geburten und Sterbefälle ¡um Ausdruck gelangende Bewegung der Reichsbevölkerung ergeben

für das | dagegen im Durch-| Auf 1000 der Jahr | im Jahre schnitt von E 1902 | 1901 1893/1902| 1902 1901 1908

Gheschließungen. 457 208 | 468 329 443582 | 7,92 8,24 8,20 Cte Sue nf 2 089 513 | 2097 838 2006827 36,19 36,89 37,11 rbe- fälle JSeburten j 187901 | 1240014 1226 580 |20,56 21,81 22,68 Es beträgt mithin der Geburten- überschuß. .. 902312 Unter den Ge- borenen waren Sn unehelich Ge- , der Geborenen borene... . 177088| 179683 180545 8,48 857 9,00 Totgeborene . 64679 65 525 64431 | 3,10 3,12 3,21. Das Wefentlichste an diesen Nachweisen ist der hohe Geburten- übershuß von 902 312 oder 15,6 auf Tausend der Bevölkerung, um den sih das deutshe Volk im Jahre 1902 vermehrte. Eine solche Höhe ist bisher (seit 1841) weder der absoluten noch der relatiyen Zahl na ermittelt worden. Die Zunahme, die der Geburtenüber- [uß gegenüber dem Jahre 1901 und dem Durchschnitt des leßten Fahrs zehnts aufweist, ist der verminderten Sterblichkeit zu danken; die Ge- burtenziffer blieb auf der ansehnlihen Höhe von rund 2 Millionen ziemlich unverändert.

857 824 780247 | 15,63 15,09 1443

Die Sterblichkeit der Säuglinge und die Häufigkeit der außerehelihen Geburten in den Großstädten Europas.

Nach einer Zusammenstellung in Nr. 9 der vom Statistischen Amt der Stadt Amsterdam herausgegebenen statistischen Mitteilungen \{hwankte, wie die „Veröffentlihungen des Kaiserlichen Gesundheitsamts" dieser entnehmen, während des Jahres 1902 in den europäischen Großftädten die auf je 1000 Lebendgeborene des Vorjahres errechnete Ziffer der Säug- lingssterblichkeit zwishen 100 in Christiania, bezo. 101 in Stockholm und 369 in Moskau, bezw. 341 in St. Petersburg. Die Großstädte des Deutschen Reichs nehmen insofern eine Mittelstellung ein, als hier die Säuglingssterblichkeit meist zwishen 140 und 235 ih be- weate und nur einmal diese obere Grenze überschritt; die höchsten Ziffern wurden innerhalb des Deutschen Reichs für Chemnitz a München (235), Mannheim (226), Nürnberg (220), Breslau 220), Straßburg (212), Cöln (212) und Magdeburg (200), die niedrigsten für Charlottenburg (140), Essen (140), Frankfurt a. M. (144) ers rechnet; mittlere Ziffern entfallen u. a. auf Berlin (177), Königs- berg (169), Dresden (161), Hannover (159).

Von außerdeutschen Großstädten fallen durch eine hohe Säuglingssterblichkeit noch auf: Lemberg (301), Rouen (248), Gent (235), Odessa (223), Triest (211), während dur eine schr geringe Sterblichkeit sich noch Lüttich (106), Paris (108), Genf (113), Bordeaux (113), Nantes (118), Lyon (120) und außerhalb Frankreihs Amsterdam (123), der Haag (123), Brüssel (129) und Nom (131) auszeichneten. Unter dem Mittel blieben ferner u. a. London (140), Prag (147), Kopenhagen (143), Budapest (151), Neapel (152), wogegen Wien (186), Madrid (194), Brünn (195), Bukarest (195) eine wesentlih höhere Ziffer als Berlin aufwiese.

Da die Säuglingssterblichkeit unter den außerehelich ge- borenen Kindern überall höher als unter den ebelih geborenen ist, liegt es nahe, die Verhältniszahl der O lebendgeborenen Kinder mit der Höhe der Säuglingssterblichkeit zu vergleichen; indes ergibt fich dabei keineswegs eine auch nur annähernd ähnliche Reihen- folge der Städte. Die auf je 100 Lebendgeborene errechnete Ziffer der außerehelih geborenen Kinder {wankte für die europäischen SER städte nah der eingangs bezeichneten Quelle zwischen 2,7 in Palermo fowie in Utreht und 342 in Prag; Hamburg und Berlin erreichten mit 122 und 13,0 noch nit den Durchschnitt. Die höchsten Ziffern wiesen nächst Prag auf: Wien (31,7), Stodck- holm (31,2), Budapest (27,5), Bordeaur (26,3), Paris (26,0), Kopen- hagen (25,2), München (24,4), St. Petersburg (23,6), Lyon (21,6), Nancy (20,7), Madrid (20,3), Dres den (20,1), Bukarest (20,0) Rouen (20,0), die niedrigsten nächst Palermo und Utrecht: Essen (2,8), der Haag (4,2), Notterdam (4,3), Amsterdam (4,4), Glberfeld peA Glasgow (6,4), Edinburg (7,6), Aberdeen (7,8), Mailand (7,8), owie innerhalb des Deutschen Reichs' noch: Düsseldorf (8,6), Mann- heim (8,8), Charlottenburg (9,1). i;

Die für die Höhe der Säuglingssterblihkeit sehr belangreiche Verhältniszahl der totgeborenen Kinder eignet st|ch{ch zu wenig für internationale Vergleiche, um hier wiedergegeben zu werden, denn in den einzelnen Staaten gelten sehr vershiedene Bestimmungen darüber, ob und wie lange nah der Geburt verstorbene Kinder noch als tot- geboren angemeldet werden dürfen, auch gelten niht überall dieselben Grundsätze hinsichtlich der Unterscheidung der nicht anmeldepflichtigen e „Leibesfrüchte" von den meist anmeldepflihtigen totgeborenen

indern.

Ausländische Arbeiter in Deutschland.

Die Aufhebung des Zwangs in der ländlihen Arbeitsverfafsung, die Gewährung der Freizügigkeit und Gewerbefreiheit, die ugd Ausgestaltung und Verbilligung der Verkehrs- und Transportmittel, die politishen Umwälzungen der 60er und 70er Jahre des vorigen Jahrhunderts das sind in geschihtliher Aufein- anderfolge die äußerlich hervortretendsten Ürsahen des unaus- geseßzten Anwachsens der Wanderungen überhaupt. Wenn man jedoch eine Klassifizierung der Wanderungen vornimmt, so hat man des weiteren die Folgeecscheinungen ihrer Ursachen auf sozialem und wirtschaftlihem Gebiet in Nücksicht zu ziehen. Die Verschiebung der Wirksamkeit der Produktionsfaktoren zu Gunsten des Kapitals änderte die E Ui aner da linie und unter deren Zwange trat ein berufliher Umbildungsprozeß ein. Dieser veranlaßte das Anwachsen der Gruppe von Wanderungen, welche aus wirtschaftlichen Gründen unternommen werden. Zu diesen gehören auch die Wan- derungen landwirtschaftlicher Arbeiter ; die sogen. Landflucht, mit der man dauernde Abwanderung mit gleiwzeitigem Berufswechsel, und die Sachsengängerei, mit der man temporäre Wanderungen ohne Berufswechsel bezeihnet, sind viel genannte Erscheinungen. Dieselben sind auch bereits mebrfach Gegenstand wissenshaftlicher Untersuhungen gewesen. Unbe- rüdsihtigt waren jedo) bis jeßt diejenigen Wanderungen geblieben, welche in der Absicht einer längeren temporären Abwesenheit von dem festen Niederlassungsroohnsiß zu wirtschaftlichen Erwerbszweden von der arbeitenden Beyölkerung unternommen werden, soweit dieselben im Auslande ihren Ursprung, in Deutschland ihr Ziel haben. Nunmehr hat Dr. F. Stußke Ls diese Art von Wanderungen zum Gegen- stande eingehender Untersuchungen gemacht, über deren Ergebuisse „er in dem soeben erschienenen dritten Heft des 51. Bandes des vom Ge- heimen Regierungsrat, Professor Dr. B. Tollens in Göttingen heraus-

egebenen „Journals für Landwirtschaft" (Verlag von Paul Parey, Berlin) ausführlih berichtet.

Je nach der wirts{aftlihen Struktur haben ih die Zuwande- rungen ausländischer Arbeiter in den etnzelnen Gebieten mit sehr ver«- schiedener Stärke entwickelt. Im Osten des Neiches findet etwa seit 1873 eine alljährliche Pa berg russisher und galizisher Polen statt; der Westen is im allgemeinen bis. jeßt davon unberührt ge» blieben *), und der Süden erhält etwa seit derselben Zeit steigen-

*) Die polnischen Zuwanderer im rheinisch-westfälishen Industrie» gebiet sind so überwiegend deutscher Staatsangehörigkeit, daß die wenigen darunter vorkommenden Ausländer nicht in Betracht gezogen

j aus Ftalien. Diese Verschiedenartigkeit is bedingt a P siebenten Effekte der inneren Wanderungen, in denen f bei näheren Unterfuhungen Se drei Gebietsteile ziemli deutlich von einander abheben: 1) der Nordosten mit den preußischen Pro- vinzen Oft- und ira Pommern, Posen, Schlesien und Brandenburg, 2) der Nordwesten mit Schleswig-Holstein und den Provinzen westlich der Elbe und nördlich des Mains, 3) der Süd- westen mit den Gebieten südlih des Mains.

Der an Städten und Jndustrieplätßzen arme Nordosten gibt unausgeseßt einen großen Teil seiner Bevölkerung an den Nord- westen ab, wo infolgedessen ausländischer Arbeiterzuzug noch nicht notwendig if, während im Osten die entstehenden Lien mit Ausländern ausgefüllt werden müssen. Im Südwesten findet feine nennenswerte Ab- oder Zurwoanderung Einheimischer statt; die dortige Bevölkerung vermag jedoch ebensowenig wie die des westlichen Gebiets den ganzen Arbeiterbedarf zu decken. Die aufblühende Fndustrie des Westens und Südens zog alle verfügbaren Arbeitskräfte durch höhere Lohnbewilligungen an sich. Es entstand entsprehend dem wachsenden Abzug in die Jndustrie bei allen Arbeitsverrihtungen, die an Kraft und Ausdauer große, an Intelligenz und Geschicklichkeit dagegen geringe Anforderungen voraus\sezen, Mangel an ein- heimischen Arbeitern: Insbesondere im Süden hat fich bet diesen allmählich eine völlige Abneigung herausgebildet, fch an Erdarbeiten, hei Cisenbahn- und Chausseebauten 2c. zu beteiligen. So ist zum Beispiel der auf Wunsh Seiner P Hoheit des Großherzogs von Baden unternommene Verfu, zum Bau der \trategishen Bahn hei Basel nur inländische Arbeiter zu verwenden, völlig mißlungen, da sh troy erhöhter Lohnbietungen niemand meldete. Auch von' dem Baugewerbe, der Steinbruch-, Berg- und Hüttenindustrie und der Be- s{äftigung in Textilfabriken wenden s\ich die dortigen Arbeiter mehr und mehr ab. Im Osten if die Entwickelung noch nicht fo weit vorgeschritten, hat aber entschieden dieselbe Tendenz.

Was nun die Zahl der alljährlich nach Deutschland kommenden Arbeiter anbetrifft, so lassen sich mangels einer Statistik darüber nur sehr lückenhafte Nahweise erbringen. Für die in das östliche Gebiet alljährlih einwandernden ausländischen Polen stehen die für die Fahre 1891 und 1892 veröffentlichten Ermittelungen der Oberpräsidenten und für die leßten Jahre etnige Nachweise der Landwirtshaftskammern zur Verfügung. Danach betrug der Wandergewinn dur Zuwande- rung von Ausländern Köpfe

in den Provinzen 1891 Ostpreußen . 3871

Pommern t

n its 7899 7511 11361 15912 99925 _— Westpreußen - 9/634 7899 —— Schlefien .- 10/329: 5014 15500 20 400 _— ,

In Italien wird über die pertodishe Auswanderung eine offizielle Statistik geführt; allein von der Zahl der tatsählich nah Deutsh- land abwandernden Italiener kommt darin nah Schäßung der italienischen Konsulate nur etwa } zum Ausdru, die übrigen + kommen teils ohne Pässe, teils über die Schweiz, Frankreih oder Oesterreich hierher; die offizielle Statiflik gibt darum zu niedrige Zahlen an, weil fie auf den: Paßregistern basiert. Nach derselben kamen 1897 21080 Perfonen nach Deutschland. Das „Sekretariat für italienishes Auswanderungswefen“ in Freiburg {äßt die Zahl auf 80 000 und gibt für die territoriale Verteilung folgendes an: Baden erhielt 25000, Elsaß- Lothringen und Rheinland 20 000, Bayern 15 000, Württemberg 7000, Sachsen 6500, Preußen 6000.

Unter den zuwandernden Ausländern find alle Alters- Laie wischen 14 und 50 Jahren vertreten. Die männli{en stehen der Mehrzahl. nah im Alter von 20—45, die weiblichen im Alter von 14—30 Jahren. Verheiratete Frauen kommen nur selten nach Deutschland, und dann auch weniger, um selbst Arbeit zu nehmen, als um einzelnen Trupps die Speisen zu besorgen. Die Zuwanderung beginnt im März und dauert während der ganzen Beschäftigungszeit bis zum November fort. Nur wenige Ausländer bleiben auch während des Winters hier; die meisten ziehen es vor, in der Hetmat von den Ersparnissen des Sommers zu leben.

Die Löhne der Ausländer bewegen sih durchweg auf derselben Höbe, wie die der einheimishen Arbeiter, und shwanken nah Art der Beschäftigung und Form der Gntlöhnung. Neben Akkord=lohn ist Zeit- lohn, entweder Tage- oder Stundenlohn, üblih. Greift man, um die für ausländische Polen üblichen Löhne zu zeigen, die Provinz Brandenburg heraus, in der si dieselben in mittlerer Höhe be- wegen, fo erhält man folgendes Bild:

a. Galizisch-polnische Wanderarbeiter, die sowohl als Monats- wie als Tagelöhner eingestellt werden könnten, erhielten in den Jahren 1901 und 1902 folgende Löhne:

1) Monatslöhner für den für Männer für Frauen, Monat: und Mädchen u. kleine große Burshen Burschen 1901 1902 1901 1902 H A M Á s. N uu L Vini «A 20 18 10)

in den Jahren

1892 1898 1899 3281 6 000 2100

1900 1901 8 500 10400

b. y. 1. Juni bis z. 1. Septernber 24 22 31 19! 22

6. vom 1. September bb . . 2 20 18 17) 2 2) Tagelöhner für den Tag:

a. N zul. uni. Q

b. w. 1. Juni bis z, 1. September 1,10 0,90 0,801 Z.aLZ 0,80 0,7022

90 90,70 R 15 90,10 0,10) 2

0, L c. vom 1. September ab . . 1,— Q

flir Nebenstunden \tündliÞh . . 0,15 5

An Naturalien erhalten die Galizier für den Kopf in der Woche 54 1 Magermilch (täglich 2 1), 25 Pfd. Kartoffeln, 10 Pfd. Brot für Männer, 8 Pfd. Brot für Frauen, Mädchen, Burschen, 1 Pfd. Mehl oder !/» Pfd. Kaffee, 1 Psd. Erbsen, 1 Pfd. Graupen, 1 Pfd. Neis, 4 Pfd. Salz, 1 Pfd. Fleish oder 0,50 46 und 1 Pfd. Schmalz. Nicht verbrauchte Naturalien dürfen nit verkauft, sondern müssen zurückgeliefert werden. Außerdem erhalten die Galizier freie Wohnung mit nach Geslechtern getrennten Schlaf- râumen, mit je einer Strohmatraze-und Schlafdecke für jede Person, ferner Feuerung.

b. NRusfsish-polnishe Wanderarbeiter erhielten sowohl 1901 als auch 1902 an Tagelohn:

außer d. Grnte während d. Grnte A ÁÁ E 1,60 2, ace R ee 1,20 1,60 Frauen, Mädchen, kleine Burschen 1,10 1,50. An Naturalien erhielt jede Person in der Woche 25 Pfd. Kartoffeln und täglich 1 1 (1902 F 1) Magermil.

Vom: Standpunkte des Arbeitgebers betrachtet, sind ferner den WVhnen hinzuzurechnen die Kosten der Vermittelung, Reise und Verpflegung, welche für galizish-polnische Arbeiter bei Uebernahme in

1902 1901 1900

b Ah Myslowiz. . …. 2—5 10,— 12,50 Sa u «M 14,— 15,50 Kohlfurt . 11,— 16,— 18,50 Si 11,75 16,75 19,25 iat D. 13,50 18,50 21,—

E s a, aue a, Mrde 20,-— 2200. pro Perfon betrugen und ebenso wie die Rükreisekosten für die big ¡ur Beendigung ihrer Arbeitszeit verbleibenden Arbeiter vom Arbeit- geber zu tragen sind. Für Vermittelung und Reise der russisch - pol- G iden Acbitee sind je nach der Entfernung 12 bis 17 4 für die Person

zagtlen.

ind. Es waren nah der Zusammenstellung des Gaues „Ruhr und e des Alldeutshen Verbandes in der Schrift „Die Polen im

heinisch-westfälishen Steinkohlenbezirke" 1893 17 919 Leute mit

polnischer: Mutter]prache, davon aus Rußland nux 125 und 1897 von 361 nur 268 dort bejchäftigt.

Ferner find in leßter Zeit wenn auch niht in großer Zahl in dieser Provinz anzutreffen:

c. die deutshen Wanderarbeiter aus Süd-Ungarn, welche in den Jahren 1901 und 1902 folgenden Tagelohn erhielten :

änner und rauen, Mädchen große Tui: und kleine Burschen h a. bis zum 1. April... 1,— 0/65 b. vom 1. April bis 1. November 1,20 0,85 c. vom 1. November ab Ér 0,65 d. während d. Ernte G Wochen) 1,60 1,20. An Naturalien erhielt jede Person in der Woche 12 Pfd. Kar- toffeln, 8 Pfd. Brot, A Pfd. Mehl, 1 Pfd. Erbsen, 1 Pfd. Reis, 14 Pfd. Fleish oder 75 A, 1 Pfd. Schmal oder 0 4. JW 1 agermilch tägli und Salz na Bedarf. Sonstige Gebührnisse waren gleih denen der Galizier. Die Vermittelungs- und Reisekosten betrugen bis 1902 1901 1900 db A db. Breslau ... Y— 8,— 12,— Kohlfurt . . l— 10,— [4,— Som .… .… , LUO 10,75 14,75 Frankfurt a. O. 13;50 12,50 16,50 Berlin... .. „Ros 14,— 18, —.

Alle drei ausländische Arbeitergruppen arbeiten am liebsten

in Akkord (bei Rüben- und Erntearbeiten nur in Afkord) und erhalten dafür die für fremdländishe Arbeiter orts- üblichen Akkordlohnsäße. Für die snuenen Naturalien werden während der Akkordarbeitstage den Desterreihern 40 4 yro Arbeits- tag vom Verdienste in Abrechnung gebracht, den wenig Naturalien er- haltenden Russen wird nichts dafür abgezogen. __ Alle genannten Arbeitergruppen sind aus\{ließlich in der Landwirtschaft beschäftigt und daher auch stets für die ganze Arbeitsperiode eines Sommers engagiert. Anders die im Süden beschäftigten Italiener. Diese stellen das am stärksten fluk- tuierende Element unter den ausländishen Arbeitern dar. Sie erscheinen aus eigener Jnitiative auf der Arbeitsstätte, beschaffen sich Wohnung und Unterhalt selbst und gehen nur auf Arbeitsverträge ein, die ihrer Beweglichkeit entsprehen: Akkord-, Stunden- oder längstens Tagelohn. Es verdienen durchf{chnittlich für den Tag: Erd- arbeiter 3,00 bis 4,50 46, Bergleute 3,40 bis 4,20 4, Maurer 4,00 bis 5,80 4, Steinhauer bis. 6,50 A und mehr.

Die in einer Tertilfabrik beschäftigten Mädchen verdienen während der Lehrzeit 1,30—1,35 #, später, wenn sie geübter sind, 1,83—2,83 4 täglich bet Stundenlohn und bis 3,35 #4 bei Akkordlohn.

n ihren Lebensansprüchen sind die ausländishen Arbeiter beschetdener als die einheimischen. An Wohnung, Ernährung und Kleidung stellen sie so geringe Anforderungen, daß z. B. die Italiener fie mit 70—80| F täglich bestreiten. Ersparnisse von 200—350 Æ bei den Polen und 400-——500 4 bei den Ftalienern am Ende der jährlichen Arbeitsperiode sind daher nichts Seltenes. Nur die Unruhigen, welche die Arbeitéstätten oft wechseln und viel für Bahnfahrten ausgeben, kommen zu \{chlechteren Ergebnissen. Die Ersparnisse dienen in erster Linie zur Bestreitung des Lebensunterhaltes während der Winterpause. Die dann noch übrig bleibende Summe wird regelmäßig in der Heimat zinsbar an- gelegt und erlangt bei vielen Arbeitern bis zum 50. Lebensjahre eine folhe Höhe, daß sie auf fernere Wanderarbeit verzihten können.

Die Leistungen der ausländischen Arbeiter und Arbeiterinnen ent- \sprehen, wo es sich um Kraftaufwand und Ausdauer handelt, voll- kommen denen der einheimischen; bet qualifizierten Arbeiten bleiben sie jedoch hinter denen der einheimischen Arbeiter er- heblih zurück, was mit ihrem niedrigen Bildungsniveau zusammen- hängt. Von den JItalienern find mindestens 30 9/6, von den Polen 70 9/6 Analphabeten. Bet der: Arbeit sind die Îtaliener nühtern, ruhig und willig, jedoch leiht und oft aus ganz geringfügigen Anläfssen zum Wechsel der Arbeitsstätten geneigt. Die Polen: sind im allge- meinen träge und bedürfen strenger Aufsicht.

Was nun die W des ausländischen Arbeiterzuzugs anbe- trifft, so sieht man überall, daß die einheimifhrn Arbeiter dadurch vollkommen unberührt bleiben. Eine Herabdrückung des Lohnniveaus tritt nicht ein (eine übermäßige Steigerung desselben wird aber durch die fremden Arbeiter vermieden). Den Verkehr beschränken die einheimishen Arbeiter mit den ausländischen auf das Not- wendigste und unterlassen denselben während der freien Stunden vollständig, ebenfalls eine Folge des verfhiedenen Bildungsgrades. Die Arbeitgeber urteilen zwar über die Brauchbarkeit der Ausländer verschieden, sind sich aber darin einig, daß eine Ausfüllung der Arbeiter- lücken mit einheimischen Arbeitern unmöglich wäre. Sie betrachten den Zuzug daher als unentbehrlich, solange einheimishe Arbeiter niht in genügender Anzahl vorhanden sind.

Der Berichterstatter {ließt seine Abhandlung mit der Bes merkung: „Nationalpolitisch wird man einen Unterschied machen müssen zwischen den Ausländern polnischer und denen italienischer Herkunft. Die in den östlihen Provinzen Arbeit findenden Polen ver- stärken den ohnehin hon hohen Prozentsaß fremdsprachliher Bevölke- rung dieser Provinzen. Man wird darum ¡um mindesten eine Nieder- lassung derselben unter allen Umständen verhindern müssen. Die jeßt zu diesem Zwecke geforderte sechswöchentliche Abwefenheit in der Heimat bietet nicht die genügende Gewähr gegen eine Schädigung des deutschen Volks» tums, zumal diese Bestimmung nicht selten umgangen wird. Die Italiener dagegen bedeuten unter keinen Umständen eine Gefahr für unser Volkstum. Schon des ihnen bei uns zu rauhen Winters halber geben fie alljährlih in ihre Heimat zurück, und die wenigen, welhe, um sich der Militärdienstpfliht in ! er Heimat zu entziehen oder infolge Vere heiratung mit einer Deutschen, dauernd hier bleiben, werden in kurzer Zeit vom deutschen Volkstum absorbiert.“

Zur Arbeiterbewegung:

Der Ausftand der Arbeiterinnen der Glühlampenwerke der Firma Siemens u. Lee in Berlin (vgl. Nr: 284 d. Bk.) ist, wie die „Deutsche arte* mitteilt, durch Verhandlungen des Arbeiteraus\husses mit dem Leiter der betreffenden Ab- teilung beigelegt. Die Schreiber der Rechtsanwälte Berlins bereiten, demselben Blatte zufolge, eine Lohnbewegung vor. Eine aus Mitgliedern sämtliher Berussorganisationen: bestehende Kommission hat Forderungen ausgearbeitet, die in der Hauptsache lauten: Einführung eines Korporativvertrags, Achtstundentag. völlige Sonntagsrubhe, Gehalt für Angestellte unter 19 Jahren im Minimum 60 M, bis zu 25 Jahren 75 #4 und darüber hinaus 1€0 „6 Ma- schinenshreiberinnen erhalten 25% Aufschlag ¡u obigen Säßen.

Land- und Forfttwvirtschaft: Saatenstand und Getreidehandel in Rußland.

Der Kaiserliche Generalkonsul in Odessa berichtet unterm 29. v. M.: Nach einer Trockenheit, die fast vier Monate gewährt hai, haben fih in den legten Wochen endlich aus8giebige Nieder- \chlä ge bei warmem Wetter eingestellt. Sie dürften im Gouverne- ment Seékaterinodlaw, in dem schon früher etwas Regen gefallen war, noch rechtzeitig genu eingetroffen sein; ob dies- jedo auch in. den Gouvernements Bessarabien Cherson und Taurien der Fall ist, ers {eint zweifelhaft. Jn vielen Gegenden, in denen man die Winter- bestellung dexr Felder überhaupt unlerlassen hatte, wurde die feuchte Witterung {nell benußt, um en auszusäen. Jedenfalls ist in diesem Jahre eine weit geringere - Fläche mit Winterkorn bestelit worden als sonst, und Winterweizen wird in den Gouvernements Cherson, Taurien und Bessarabien wohl nahezu ganz ausfallen.

Die in den Konsumländeru angesichts: der starken Vorräte in den südrussishen Häfen aud im ai N ber d. J: Zas ab, wartende Tallung konnte die: h Ute versichè au eine Steigerung der Preise nicht ersMüttern. Die Marktlage bli

d h i dex ungewöhnlih milden Witt ist die Sit tate" idre fili Minaeda ena ge E ecung

immer eine Menge Ware auf dem ae ¡ugeführt wird. Da die Barsen meist nur etne kurze Liegefrist ha La Le mußten manche Ladungen zwar unter dem Tagespreise losges{lagen werden, im übrigenüber erzielten alle Getreidearten fast immer den vollen Markt- preis. Das Geschäft in Leinsaat war gedrückt und verfügbare Ware shwer verkäuflich. Auch Raps und Rübsen konnten nur zu niedrigerem ai uVens ‘aus Preise fink e gegenwärtigen Preise sind: Osima S Qu.

Ua T,

IL

UEL

Roggen T.

TL

TTI.

96—98 Kop. 7 . 87—90 . 90—-94 . 86—90 . 82—86 . 70—72 . 67— 69 . 60—63 Gerste L. . 60—65

V e o 2H

E n o a O

e A o E Zenn . 1,25—1,28 Rubel

Raps und Rübsen . .. 1,18—130 4

Die im November d. J. stattgehabten Ver\chiffungen werden in Weizen auf 655000 dz, in Roggen auf 165 000 dz, in Gerste und Mais auf je ungefähr 328 000 dz geshäßt.

Die Vorräte am Plagze betrugen am 14 d. M. neuen Stils: in A a ain Ce d u R A dia nämli Rec E R A 1558557 dz E v a A. t G O 29484 , Sandomirka . —_— Arnautka . 57300

47987 ,

das Pud | (16,38 kg) frei an Bord.

verschiedene Arten .

Roggen . Gerste

Aue E Naps und Nübsen T A e A L i; Für Oelkuchen zeigte sih keine Kauflust. Die Preise sind: U e R Qn O S e U L OO Z das Pud E «e 6 L O0 s (16,38 kg) SUBAOUIUON «A0 L frei an Bord. Ravisonbauernkuhen . . .. 40 , Die Seefrachten konnten sich nicht wieder erholen und werden zur Zeit, wie folgt, notiert : London, Hull, Antwerpen und Rotterdam 8}—8{ E die Sani e e e E N Tours Mittelmeerhäfen 7&—8 Fr. E

Verdingungen im Auslande.

Spanien.

12. Dezember 1903, 12 Uhr. Baukommission für das neue Ge- fängnis (Junta de construcción de la nueva cárcel) n Barcelona: Lieferung des elektrishen Stromes, Legung von Kabeln und Anbringung von Apparaten für die elektrische Beleuchtung des enannten Gefängnisses. Sicherheitsleistung 3000 Pesetas. Näheres eim „Reichsanzeiger“.

345 405 268 558 64 816 63 202 E A 57 330 y E 22 637

Belgien.

14. Dezember 1903, 10 Uhr. Banc d’épreuve des armes de feu in Lüttich, 22 Rue Navette: Lieferung von: 1) 3—25000 kg s{chwarzem Jagdpulver; 2) 1000—1500 ke s{warzem Fagdpulver, ertrafein ; 3) 12—15 000 kg Minenpulver; 4) Patronen und Patronen» hülsen für Jagd- und Kriegsfeuerwaffen.

Serbien.

Bis 12. Dezember 1903, 12 Uhr. Post- und Telegraphen- abteilung des Bautenministeriums in Belgrad: Lieferung der not- wendigen Schreibmaterialien während des Jahres 1904 für den eigenen sowie für den Bedarf aller Poft- und Telegraphenstationen. Offerten sind in geschlofsenen Kuverts einzureichen und jedes Angebot mit einer 10-Dinars-Stempelmarke zu versehen. Sicherheitsleistung für serbishe Staatsangehörige 2000 Dinars, für Ausländer 4000 Dinars, ohne deren Erlegung Offerten nicht angenommen werden. Muster und Bedingungen im Oekonomate der genannten Abteilung.

Theater und Musik.

Berliner: Theater:

Im Berliner Theater ging gestern August Sirindbergs Schauspiel in fünf Akten „Gustav Adolf“ in der Uebersezung Emil Scheerings in einer bis gegen Mitternahßt währenden Auf« führung zum erften Malé in Szene. Große Absichten haben un- ¡weifelbaft den Dichter geleitet, als er es unternahm, die Gestalt des shwedishen Heldenköntgs für die Bühne zu gewinnen; es modte ihn reizen, sein Charakterbild, welches wie das feines großen Gegner# Wallenftein, von der: Parteien Haß und Gunfk verwirrt, in der Ges hihte s{chwankt, in feiner ganzen Kompliziertheit darzustellen und die geheimen Triebfedern seines Handelns bloßzulegen: Aber mebr als diefe Absicht vermag man bei seinem Werk mcht anzuerkènnen; das ift kein Drama, das sich folgerihtig aufbaut, sondern: eine- Folge lofe ancinandergereihter Bilder, die witllkürlih in Gruppen von: ¡weien und“ dreien in Abschnitte eingeteilt sind, die- als Akte bezeichnet werden, und in denen, soweit niht nur- längatmige- politische; philofophishe und religiöse Gesprähe gepflogen werden, das Anekdotische- vorherrscht. Die Anekdote aber ist ein: Feld; auf’ dem: man: erst nach der: großen Etrnte- der: schichte eine Nachlese hält, so etwa- sagt Voltaire- in seinem „Leben: Ludwigs X1V.“ + das gilt zwar in: eriter Linie: für den Ges shihtsfchreiber,: aber au der Dichter darf si von: diesem Grundsagz nicht allzufehr entfernen: Naturgemäß wird erauf dem Gebiete: der Anekdote, gleichviel ob sie beglaubigt oder erfunden; na kleinen intimem Zügen feines Helden forschen, nah Merkrmalen, die ihm befonder® vshchos» logtsch vonBeiang erscheinen, aber auch bei ihm muß die Vorratskämmer;. in der-die Früchte der Ernte aufgefstapelt find, die Hauptfache- bleiben: Von dieser großen geschichtlichen Auffassung ift leider: bei dem Gustaw Adolf Strindbergs wenig zu beimnerkèn, und gerade für uns Deutfe; die wir im Wallenstern Schillers ein von Meisterbandentworfenes dichter: \he# Kulturbild aus jener Zett besißen, sind die Mängel der Fompvosittow um so offénsichtlicher. Schwankender noch al8 der Charakter uns in: der Geschichte erscheini, wirkt diejer Gusiav Adolf; er ist ein Syielbaili der Laune des Schicksal3, von feiner Umgebung bald: vergöttert, balt» verachtet, unschlüffig und eigensinnig und im ganzen ohne jedes: Ziel bewußtsein. Dazu kommt noch ein stark sentimentaler Zug, der: sogar-al& unangenehm empfunden wird, weil er auf billige ffefte hinzuziesen scheint. Gs sollte offenbar gezeigt werden, wie die urfprüngli: gutem Absichten des Königs dur politishe Zwangslagen, durch: Meuteresü der Truppen, durch Geldnot und allerlei Zwistbenfälle: mit dene enr Feldberr_in fremdem Land zu rechnen hat, geradezu: inm: ihr Gegenteill verkehrt werden kounten, wie er; der: zuerft als der-Befreier vergüttert wurde, zulegt als lästiger Gindringling verwünscht wird; aber: die Act der Verzetteluug des Stoffes in: lauter kleine Einzelhilder überzeugt und pact nicht. Mit der- Aufführung, die nmcht weniger als elf Verwandlungen: und die Be’chumg von über: A Gbr und kleineren Rollen erfordert, hoite- fich das: Berliner ene gewaltige Aufgabe gestellt, die in Pee Wige! wiertgkeit i ganzen glüdtih gelöst wurde: Den- Gustav: Adolf f mit guten Mitteln ret verständig; e& war: nicht seine es. ihm nicht gelang, für- die Gestalt ein tiefere J * zut: orrecton, Ae as läßt sich von den: anderen Mitwirkènden: sagen, bei: derem: graues r Zahl die Anführung der einzelnen: Namen: von: sélbst vers.